Kitabı oku: «Der letzte Funke Licht», sayfa 4
Kapitel 7
Als ich am nächsten Morgen sehr früh aufwachte, war ich schweißgebadet. Ich hatte diesen beängstigenden Traum wie in Dauerschleife zigmal hintereinander geträumt. Mein Wecker ging eigentlich erst in einer halben Stunde, aber da ich wahrscheinlich gar nicht mehr einschlafen konnte, machte ich mich schnell im Bad fertig und ging in die Küche, um zu frühstücken. Es war seltsam, im Haus zu sein, wenn niemand wach war. Es war so still und ein kleines bisschen gruselig.
Zehn Minuten später hörte ich endlich die Tür eines Schlafzimmers aufgehen. Eigentlich dachte ich, dass meine Großmutter in die Küche kommen würde, aber es war Cass, der in seinen Hausschuhen verschlafen aus seinem Zimmer schlurfte. „Hey, du Schlafmütze“, begrüßte ich ihn: „Konntest du auch nicht mehr schlafen?“
Er nahm sich ein Glas Wasser, bevor er antwortete: „Ich hatte Durst.“ Na, das war aber eine kurze Antwort. Da wir ohnehin noch Zeit hatten, bevor wir in die Schule mussten, schlug ich Cass vor, eine Runde Mau-Mau zu spielen. Er liebte dieses Spiel und es half immer, wenn er schlechte Laune hatte, so wie jetzt.
„Mau-Mau, schon wieder gewonnen“, rief Cass, als unsere Großmutter in die Küche kam. „Na warte, in der nächsten Runde nach dem Mittagessen heute, werde ich gewinnen“, gab ich zurück und wuschelte ihm durch die Haare. „Das werden wir ja sehen“, sagte er grinsend, bevor er zu unserer Großmutter ging und sie umarmte. „Guten Morgen“, sagte sie zu uns und ich stand ebenfalls auf, um sie zu umarmen. Sie fragte uns: „Seit wann seid ihr denn schon wach?“ Daraufhin antwortete ich mit einem Gähnen: „Ich konnte vor einer halben Stunde nicht mehr schlafen und da bin ich in die Küche gegangen.“
„Und danach kam ich, da ich Durst hatte, wollte aber dann, anstatt wieder zu schlafen, mit Ave Karten spielen“, beendete Cass meine Erzählung.
Eine knappe Stunde später saß ich in meiner Klasse und wartete darauf, dass Niclas und Riley kommen würden. Kaum dachte ich an die beiden, wurde die Tür aufgerissen und sie kamen herein.
„Ich habe dir doch gesagt, auch wenn du auf mich wartest, kommen wir noch pünktlich“, sagte Riley in dem Moment zu Niclas, als die beiden sich auf ihre Stühle setzten. „Hi, ihr seid aber gerade so pünktlich“, sagte ich aus Spaß, um Riley ein bisschen aufzuziehen. Diese sagte mit gespielter, strenger Stimme: „Aber trotzdem noch pünktlich. Solange wir vor dem Lehrer drinnen sind, ist alles okay.“
Wenige Minuten später kam auch schon Herr Miloski, unser Englischlehrer, in die Klasse. Er wünschte uns schnell einen Guten Morgen und erzählte, dass wir alle in Zweiergruppen eingeteilt würden, um ein Plakat anzufertigen und vorzustellen. „Diese Gruppen werden aber ausgelost und Partner tauschen ist verboten“, betonte er noch einmal, bevor er die ausgelosten Gruppen der Reihe nach vorlas: „Jack und Nick, Riley und Anne, Niclas und Michael, … Grace und Luca und als letzte Gruppe Knox und Avery. Oh mein Gott, das konnte nicht wahr sein. Da hätte ich doch lieber mit Jack zusammengearbeitet als mit Knox. „Bitte fangt jetzt in der Stunde schon einmal an, den Vortrag vorzubereiten und wehe, ich sehe jemanden, der das Handy nicht für Recherche benutzt, sondern irgendetwas anderes damit macht“, warnte uns Herr Miloski.
„Na toll. Womit fangen wir an?“, hörte ich plötzlich eine genervte, dunkle Stimme neben mir. Ich drehte mich um und es war natürlich Knox. Wer auch sonst konnte einen mit nur einem Kommentar so zur Weißglut bringen. „Wenn du willst, kannst du dich auch zu deiner ach so tollen Grace begeben und einfach mit ihr ein Plakat machen“, erwiderte ich giftig. „Erstens geht das leider nicht, da wir keine Partner wechseln dürfen. Das wüsstest du auch, wenn du mal zugehört hättest und zweites klang das gerade sehr eifersüchtig“, antwortete er mir süffisant. „Deine Belehrungen kannst du dir mal sonstwohin stecken!“, erwiderte ich. Sonst blieb ich eigentlich immer ganz ruhig, aber bei diesem Typ konnte ich es einfach nicht! Er war arrogant, eingebildet und dachte von sich, er wäre der Beste und Tollste! Was er eindeutig nicht war!
Warum muss ich nur mit so einem Typ zusammenarbeiten? Warum musste das Pech immer auf meiner Seite sein? Nie hatte ich Glück! Noch nie in meinem Leben war das Glück auf meiner Seite! „Wir müssen das jetzt zusammen machen, ob wir wollen oder nicht. Also stell dich nicht so an und hol dein Handy raus!“, belehrte er mich schon wieder.
Ich hasste es, ich hasste ihn! Aber was sollte ich machen? Also atmete ich einmal tief durch und holte mein Handy heraus. Ich gab in die Suchleiste “Australien“ ein. Ich öffnete Wikipedia und schrieb stichpunktartig ein paar Informationen heraus. „Willst du auch irgendwas machen?“, fragte ich Knox mit genervter Stimme.
Er stöhnte und antwortete: „Natürlich, was du willst!“ Sag mal, wollte dieser Typ mich eigentlich verarschen? Da ich aber nicht schon wieder einen Streit mit ihm anfangen wollte, bat ich ihn so freundlich, wie es ging, uns ein weißes Plakat zu holen. Dann hatte ich wenigstens ein bisschen Zeit für mich und fühlte mich nicht von ihm beobachtet. Es war lächerlich, aber es machte mich nervös, wenn er mich mit seinen perfekt betonten, dunkelgrünen Augen ansah.
Endlich ging er kurz weg und ich atmete erleichtert auf. Leider war er viel zu schnell wieder da. Wir schrieben uns noch ein paar Informationen auf, bis das Klingeln endlich ertönte. Knox ging zu seinem Platz zurück, ohne ein Wort zu sagen. Ich packte, verärgert über Knox, meine Sachen zusammen und wollte gerade zur Tür rausgehen, als sich von hinten eine Hand auf meine Schulter legte.
„Wir müssen uns treffen wegen des Plakats. Ich komme heute um drei Uhr bei dir vorbei. Hier ist meine Nummer“, sagte Knox nur hinter mir und kaum drückt er mir einen Zettel in die Hand, war er auch schon wieder weg. Na toll, jetzt kam er heute auch noch zu mir! Der Tag konnte ja nur noch schöner werden. Als ich schließlich auf dem Weg zur nächsten Stunde war, kamen Niclas und Riley auf mich zu.
„Du hast echt den Jackpot gezogen. Ein Plakat mit Knox, das ist der Traum jedes Mädchens!“, sagte Niclas begeistert und Riley flüsterte mir ins Ohr, „… und der Traum von Niclas.“
Daraufhin musste ich genauso wie Riley grinsen. Niclas fand dies aber eher weniger lustig: „Komm schon, ihr müsst schon zugeben, Knox sieht echt toll aus.“ Daraufhin musste ich noch mehr lachen und erwiderte mit voller Überzeugung: „Knox ist einfach ein arroganter, eingebildeter Typ, der nur an sich selbst und an diese Zicke Grace denkt!“ Niclas schmunzelte jetzt ebenfalls: „Oh, ist da etwa jemand auf Grace eifersüchtig?“
„Nein, sagt mal, warum denkt das nur jeder?“, antwortete ich genervt. Niclas und Riley guckten sich nur grinsend an. Sollten sie doch denken, was sie wollten. Ich könnte nie auf so einen Typen wie Knox stehen. Er war zwar ganz hübsch, gut, sogar sehr hübsch, aber er war auch eingebildet, selbstsüchtig, ... Warum dachte ich jetzt eigentlich an diesen Typen, der mir doch eigentlich völlig egal war?
Am Nachmittag, als ich mit Cass nach Hause kam, kündigte ich, kurz nachdem ich Knox meine Adresse geschickt hatte, an, dass er wegen eines Referates zu mir kommen würde.
Ich machte mir in der Küche schnell ein Brötchen, ging danach in mein Zimmer und bereitete schon einmal etwas für das Plakat vor. Natürlich hatte ich keinen Bock, mit Knox zusammenzuarbeiten, aber um eine gute Note in Englisch zu bekommen, musste ich das durchziehen. Ich hatte noch eine Stunde Zeit, bevor Knox kommen würde und diese nutzte ich, um etwas zu lesen.
Ich verlor völlig die Zeit aus den Augen, als es plötzlich klingelte. Ich lief schnell aus dem Zimmer, um die Tür zu öffnen, aber mein kleiner Bruder war schneller.
„Hallo“, sagte mein Bruder mit Misstrauen in seiner Stimme: „Wo willst du hin?“
Ich ging zu meinem Bruder und legte meine Hände beruhigend auf seine Schulter. „Keine Sorge Cass, das ist Knox. Er möchte zu mir, um ein Referat mit mir vorzubereiten.“
Als wir beide alleine in meinem Zimmer waren, fragte Knox mich mit seiner tiefen und irgendwie sexy Stimme: „Warum bist du eigentlich hierhergezogen?“ Seine Augen nahmen einen wunderschönen und interessanten Glanz an ... Er klang nicht so wie der eingebildete Knox in der Schule, der sich nur um sich selbst und Grace kümmerte, sondern er klang so, als ob ihn meine Antwort wirklich interessierte. Also antwortete ich nach einem kurzen Zögern: „Familiäre Gründe, die du bestimmt nicht hören willst.“ Ich wusste nicht warum, aber mir traten plötzlich Tränen in die Augen. In letzter Zeit ging mir alles irgendwie viel zu schnell und ich konnte kaum mehr in Ruhe für mich sein und nachdenken. Ich musste mich jetzt aber zusammenreißen. Knox war hier und ich würde mir ganz sicher nicht die Blöße geben, vor ihm in Tränen auszubrechen. Knox betrachtete mich einen Moment und ich sah so etwas wie Sorge oder Bedauern in seinem Blick. Dies war aber schnell wieder vorbei, denn anscheinend merkte er, genauso wie ich, dass der Moment, genauso wie diese Stille zwischen uns, immer unangenehmer wurde. Er räusperte sich: „Also, fangen wir an?“ Ich nickte und wir legten los.
Wir arbeiteten ganze zwei Stunden an dem Vortrag. Wir schrieben Informationen raus, druckten Bilder aus, bereiteten unsere Karteikarten vor und zum Schluss waren wir mit unserem fertigen Vortrag sehr zufrieden. Endlich waren wir fertig. Wir hatten uns viel Mühe gegeben und das konnte man auch sehen.
„So, dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend und bis morgen“, sagte er zu mir. Diese Freundlichkeit von ihm war neu für mich und ich runzelte kurz die Stirn, aber antwortete: „Dir auch.“
Als Knox die Tür hinter sich schloss, atmete ich einmal tief aus. Ich hatte diesen Nachmittag doch tatsächlich hinter mich gebracht und hatte das Gefühl, dass es doch eine andere Seite von Knox gab, eine gefühlvolle Seite und nicht nur diese eingebildete.
Ich überlegte, was ich jetzt noch bis zum Abendessen machen sollte und entschied mich dann schließlich dazu, draußen einen Spaziergang zu machen. Nachdem ich meiner Großmutter Bescheid gesagt hatte, nahm ich mir meinen Schlüssel und ging durch den Park. Ich machte Fotos, um dieses später auf Instagram hochzuladen. Als ich mit den Fotos fertig war, setzte ich mich einfach auf eine Parkbank, stak mir meine Kopfhörer ins Ohr und hörte Musik. Ich genoss diesen Augenblick sehr. Ich saß bestimmt über eine Stunde einfach nur auf der Parkbank und machte nichts. Danach wurde es dunkel und ich machte mich widerwillig auf den Weg nach Hause. Gerade rechtzeitig schloss ich die Tür auf, denn danach fing es in Strömen an zu regnen. Ich wollte gerade in mein Zimmer gehen, da rief Cass nach mir: „Ave, kommst du mal bitte?“
Natürlich machte ich mich auf den Weg zu ihm. Als ich sein Zimmer betrat, saß er auf seinem Schreibtischstuhl und fragte mich, ob ich heute meine Nudeln Spezial machen könnte, da er sie so liebte. Unsere Großmutter war heute Abend nämlich bei einer Freundin aus ihrem Yoga-Kurs. Da ich nichts anderes zu tun hatte, stimmte ich zu und machte ich mich an die Arbeit. Eine halbe Stunde später saßen Cass und ich am Esstisch und aßen meine Nudeln Spezial. Er erzählte mir etwas über sein Buch, das er gerade las und über das nette Mädchen Sophie in seiner Klasse, das er sehr „süß“ fand. Ich mochte es sehr, Cass bei seinen Erzählungen zuzuhören.
Kapitel 8
Eine Woche später verabredeten Niclas, Riley und ich uns am Strand. Es sollte nochmal 35 Grad heiß und somit der heißeste Tag in der Woche werden. Wir wollten das gute Wetter nutzen, nochmal ins Meer gehen und uns einfach an den Strand legen.
„Wie war das Treffen mit Knox? Erzähl uns jedes Detail! Hat er sich benommen?“ Niclas und Riley waren unmöglich! Sie mussten unwillkürlich anfangen zu lachen.
„Knox ist eben Knox, ein arrogantes Arschloch.“ Aber dennoch hatte er sich an dem Tag, als er bei mir war, ganz in Ordnung benommen. Das würde ich jedoch niemals zugeben, da ich solche Bad Boys wie Knox generell nicht leiden konnte.
Niclas zog scharf die Luft ein: „So etwas kannst du doch nicht sagen! Er ist ein echt heißer Typ!“ Riley und ich lachten laut los.
Wir verbrachten den ganzen Nachmittag damit, uns gegenseitig Witze zu erzählen, zu lachen, uns mit ekligem salzigem Meerwasser zu bespritzen und uns einfach am Strand auszuruhen. Nach zwei Stunden beschloss ich, uns jeweils eine Flasche Wasser zu holen.
Das “Haus des Gastes“ war ein kleines Restaurant mit einem Imbiss direkt vor dem Strand. Deshalb brauchte ich nicht länger als zwei Minuten, um uns die Getränke zu besorgen. Die Sonne war heute so hell, dass man die Hitze kaum aushalten konnte. Auf dem Rückweg zu Riley und Niclas schien mir die Sonne direkt ins Gesicht. Plötzlich spürte ich etwas, tief in meinem Inneren, das unbedingt rauswollte, sich mit irgendetwas verbinden wollte. Ich musste unsere Getränke kurz abstellen, da mir einen kurzen Moment schwindelig wurde. Ich schloss nur für eine Sekunde die Augen und plötzlich fühlte ich eine wohlige Wärme im Inneren meines Körpers, dachte an nichts und gab mich einfach nur diesem wunderbaren Gefühl hin. Ich sah vor meinem inneren Auge helles, warmes Licht aufleuchten. Für diesen einen Moment fühlte ich mich mit der Sonne verbunden und genoss es einfach, dort zu stehen und die Augen zu schließen. Ich stellte mir kurz vor, wie es wäre, jetzt kleine Wellen an meinen Beinen zu spüren. Wie sie langsam mehr und wieder weniger werden würden, als mir eine übernatürliche Welle direkt ins Gesicht klatschte. Was war das denn? All die Wärme und Ruhe, die ich vorhin gespürt hatte, war verschwunden. Warum musste mich denn genau jetzt so eine Scheißwelle erwischen? Toll, jetzt war ich von oben bis unten klitschnass … Ich griff immer noch sehr verärgert nach den Flaschen und ging langsam zurück zu Riley und Niclas.
Ich erzählte den beiden nur nebenbei von der Welle, denn ich wollte keine große Sache daraus machen, obwohl es sich einfach toll angefühlt hatte. Die beiden Zwillinge lachten nur, da ich pitschnass war, doch gingen nicht weiter darauf ein. Wir drei legten uns den Rest des Nachmittags einfach nochmal an den Strand, doch schon um sechs Uhr musste ich nach Hause.
In der Schule wurde uns ein Zettel für die Klassenfahrt nach Amsterdam ausgeteilt. In weniger als zwei Monaten würde es endlich soweit sein. Ich freute mich schon sehr darauf, mit Riley und Niclas auf Klassenfahrt zufahren. Meine Klasse war eigentlich eine echt coole Truppe. Es gab natürlich ein paar Ausnahmen, zum Beispiel arrogante und eingebildete Zicken und Blödmänner. Ich nenne jetzt mal keine Namen …
Aber sonst war meine Klasse eigentlich sehr nett und witzig.
In unserer Mittagspause wurde ich plötzlich von hinten angerempelt. Ich drehte mich gerade um und in dem Moment war sein Gesicht nur noch wenige Zentimeter von meinem entfernt. Schnell trat ich einen Schritt nach hinten und Knox schnaubte abfällig. „Ich schick dir meine Adresse, dann komm heute Mittag zu mir und wir proben unseren Vortrag noch einmal.“ Das kam für mich sehr unerwartet und seine Art, wie er dies zu mir sagte, wie ein Lehrer mit seinen Schülern redete, regte mich gerade dezent auf. „Warum müssen wir uns eigentlich noch einmal treffen? Ich möchte es nur noch einmal in der Schule morgen durchgehen. Das wird allemal reichen.“ Knox beobachtete mich und seine Augen funkelten zornig. Er sagte in einem Tonfall, der keine Widerworte mehr duldete: „Stelle keine Forderungen, Avery Kingston!“ Dann ging er, ohne einen weiteren Ton zu sagen, zu seiner ach so tollen Grace.
Ein paar Stunden später stand ich also vor Knox Marson´s Haustür und wartete darauf, dass mir endlich die Tür aufgemacht wurde. „Ich komme!“, erklang vom Treppenhaus eine männliche Stimme, die aber ganz sicher nicht zu Knox gehörte. Als mir die Tür aufgemacht wurde, stand ich vor einem circa 1,75 Meter großen Jungen, mit braunen Augen und hellblonden Locken. Er sah mich mit einem breiten Grinsen an und sagte: „Ah, du musst also Avery sein. Freut mich, dich kennenzulernen.“
„Hallo, ja ich bin Avery und du bist?“
„Ich bin Elijah, Knox´ kleiner Bruder. Obwohl man kleiner kaum sagen kann, ich bin, wie man sieht, größer als Knox. Also, ich verbessere mich: Ich bin sein jüngerer Bruder, genauer gesagt bin ich ein halbes Jahr jünger als er“, antwortete er und reichte mir seine Hand. Elijah, ein echt schöner Name. Er klingt mysteriös, aber wunderbar. Ich zögerte kurz, aber da ich auch nett zu ihm sein wollte, griff ich schließlich nach seiner Hand. Ich hätte mir schon denken können, dass Knox´ Familie sehr viel Geld und ein tolles Haus besaß, aber dass es so groß und schön sein würde, hätte ich nun auch wieder nicht gedacht. Das Haus hatte schöne weiße Wände und auch das Wohnzimmer, in das mich Elijah zuerst führte, stand voller schöner weißer Möbel. „Ihr habt aber ein schönes Haus.“
Ich staunte nicht schlecht. Erst lächelte Elijah mich an. „Ja, es ist wirklich sehr schön.“ Dann sah es so aus, als ob er sich an etwas erinnerte und dann sagte er mit deutlich angepisster Stimme zu sich selber: „Unser Vater, das Arschloch hoch zehn, hat uns, als er uns verlassen hat, genug Geld hiergela…“
„Elijah, das reicht!“ Knox trat hinter uns und blickte seinen Bruder einerseits wütend an, andererseits konnte ich auch so etwas wie Traurigkeit in seinem Blick sehen. Einen kurzen Moment war Knox in Gedanken versunken und wirkte einsam, gebrochen und hintergangen. Seltsam … Das dauerte aber nicht lange an, denn danach merkte er schnell wieder, dass ich auch noch in dem Raum war und sagte, als ob er seine Traurigkeit einfach runterschlucken konnte: „Komm, wir gehen in mein Zimmer.“ Ich ging zwar mit ihm, dachte aber immer noch über Elijahs Spruch, Knox und seinen Vater nach. Mir ging auch Knox´ Blick nicht aus dem Kopf.
Knox und ich übten unseren Vortrag so lange, bis wir ihn am Ende fast auswendig konnten. Nachdem wir fertig waren, nahm ich all meinen Mut zusammen und fragte Knox nach seinem Vater: „Sag mal, was war das am Anfang mit Elijah, was ist mit eurem Vater passiert?“ Schließlich hatte er mich letztes Mal über meine Mutter gefragt. Auch wenn ich ihm nicht die ganze Wahrheit erzählt hatte, hatte ich ihm jedoch freundlich geantwortet. Knox fiel das Glas Wasser aus der Hand, das er sich gerade erst eingeschüttet hatte. Er sah mich an und ich sah eine solche Dunkelheit in seinem Blick, wie ich sie noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Ich hielt die Klappe und traute mich nicht mal zu fragen, ob ich ihm bei dem Glas Wasser helfen sollte, das den ganzen Teppich nass gemacht hatte. Hinter mir krachte es plötzlich. Knox´ Kleiderschrank war direkt auf seinen Schreibtisch gefallen. Was war denn jetzt hier los?
Wie konnte das passieren? Knox wirkte mindestens genauso erschrocken wie ich. Gleich darauf stürmte Elijah ins Zimmer: „Was ist passiert?“ In seiner Stimme schwang echte Sorge mit. Er sah erst zu Knox, dann zu mir und schließlich zu dem umgefallenen Kleiderschrank. Seine Augen weiteten sich und schließlich sah er wieder zu seinem großen Bruder. Dieser nahm Elijah gar nicht wahr und sah immer noch wie gebannt auf den umgefallenen Schrank. Da Elijah immer noch nicht wusste, was nun genau passiert war, versuchte ich, es ihm zu erklären: „Der Schrank ist plötzlich wie von Zauberhand auf den Schreibtisch ge …“ Ich wollte den Satz gerade beenden, als Knox anfing zu fluchen und sich mit zittrigen Beinen auf den Weg zu dem Schreibtisch am anderen Ende des Raumes machte. Er hob einen Bilderrahmen, der zerbrochen war, vom Boden auf und sah ihn einfach nur an. Ich versuchte, einen Blick auf das Bild über seine Schulter zu erhaschen, aber ich konnte nicht sehr viel erkennen. Erst als Knox das Bild fallen ließ und seinen Bruder lautlos ansah, konnte ich das Bild sehen. Es war eine jüngere Version von Knox. Ein um die dreißig Jahre alter Mann hatte einen Arm um dessen Schulter geschlungen. Ich hatte Knox noch nie so glücklich gesehen, wie er dort auf diesem Bild wirkte. Ich hatte das Gefühl, dieser Mann neben dem jungen Knox war sein Vater, denn die beiden sahen sich sehr ähnlich. Sie hatten die gleichen Augen und Haare. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass dieser Mann, wenn es Knox´ und Elijahs Vater war, die beiden verlassen konnte. Knox und sein Vater sahen auf dem Bild so glücklich und fröhlich aus. Ich interpretierte wahrscheinlich in diese Sache einfach viel zu viel hinein, da ich so etwas Ähnliches mit meiner Mutter durch gemacht hatte. Sie hatte mich zwar auch verlassen, zwar nicht mit Absicht, aber für immer …
Ich wünschte, ich könnte etwas für Knox tun, denn obwohl er sonst immer so distanziert und eingebildet war, wirkte er jetzt hilflos und zerbrechlich. In seinem Blick lag so eine Traurigkeit und Verzweiflung. Ich wollte ihm helfen, da ich früher und zum Teil auch jetzt noch eine ähnliche Gefühlsachterbahn durchgemacht hatte. Eine Sekunde später hatte ich jedoch schon wieder das Gefühl, dass ich mir alles nur eingebildet hatte, da Knox plötzlich mit seiner üblichen eisigen Stimme zu mir sagte: „Avery, es wäre besser, wenn du jetzt verschwindest. Wir sehen uns in der Schule.“ Ich war so schockiert, dass ich kein einziges Wort herausbekam, sondern einfach auf ihn. Elijah sah mir noch einmal hinterher und nickte mir zu. Ich sagte nur noch schnell: „Bis in der Schule“ und ging mit einem seltsamen Gefühl im Regen nach Hause.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.