Kitabı oku: «Das kalte Herz von Concarneau», sayfa 3

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Kapitel 6

Marc Solliecs Maschine von Quimper nach Paris würde in sechs Stunden gehen. In Paris hatte er den Weiterflug auf die Réunion. Er würde wieder für zwei Monate das Kommando auf seinem Schiff übernehmen.

Marc hatte sich über seine Mutter geärgert, sie hatte ihn bei seinem Hochzeitstermin nicht unterstützt. Loana hatte er noch zweimal besucht und sich vor zwei Tagen von ihr verabschiedet. Loana war distanzierter gewesen. Er schob es auf den kleinen Disput über den Hochzeitstermin und die entsprechenden Feierlichkeiten, denen er keine große Bedeutung beimaß, die aber für Loana wichtig zu sein schienen.

Simone würde sich während seiner Abwesenheit wie immer um sein Haus kümmern. Den Garten hinterließ er in perfektem Zustand. Der Rasen war gemäht, die zahlreichen Hecken geschnitten, und das Heidekraut rund um seinen kleinen See begann zu blühen. Sein See war ein wahrer Roz L´och, Heidebucht und Rosenteich. Marc hatte in den letzten Wochen noch verschiedene edle Rosen rund um den See gepflanzt.

Bevor Marc sich auf den Weg zum Flughafen machte, verabschiedete er sich noch von seiner Mutter. Er verstaute sein Gepäck in den Wagen, verschloss das Haus und fuhr nach Trégunc.

Seine Mutter erwartete ihn bereits. Sie hatte ihm ein zweites Frühstück vorbereitet, und Marc ließ es sich schmecken.

„Hast du noch einmal mit Loana gesprochen?“, fragte Simone ihren Sohn.

„Wegen der Hochzeit?“

„Natürlich wegen der Hochzeit. Loana ist eine nette Frau, du musst ein bisschen auf ihre Wünsche eingehen, du brauchst einen Menschen an deiner Seite“, insistierte Simone.

„Ich habe doch dich, Mutter“, erwiderte Marc und genoss sein Stück Baguette.

„Ich werde nicht ewig leben, ich bin beinahe 70 Jahre alt!“

„Papperlapapp, du bist gesund wie ein Fisch im Wasser, Mutter“, meinte Marc und nahm einen kräftigen Schluck von dem Rotwein, den seine Mutter auf den Tisch gestellt hatte.

Marc hatte bis jetzt immer Glück gehabt, er war nie in eine Kontrolle der Gendarmerie geraten. Sein Alkoholspiegel hätte bestimmt oft deutlich über den erlaubten 0,5 ‰ gelegen. Er verbrachte noch eine Stunde bei seiner Mutter, erzählte ihr von seiner bevorstehenden Arbeit im Indischen Ozean, und machte sich dann auf den Weg zum Flughafen nach Quimper.

Der Flughafen lag auf dem Gebiet der Gemeinde Pluguffan, südwestlich der Stadt Quimper, direkt an der voie express nach Pont-l´Abbé. Nach etwas mehr als einer halben Stunde hatte er den Langzeitparkplatz des Flughafens erreicht. Er stellte seinen Wagen ab und checkte ein. Er gab sein Gepäck auf, kaufte eine Tageszeitung und setzte sich in die Lounge. Die Überschrift im Ouest-France stach ihm sofort in die Augen.

Mysteriöser Fund in Fouesnant

Personalausweis des verschwundenen Mädchens gefunden! Ein Verbrechen wahrscheinlich?

Marc hatte die Berichte über die verschwundene Familie in den letzten Wochen genau verfolgt. Eine ganze Familie war verschwunden, einfach so untergetaucht. Für Marc stand fest, dass die Familie ausgewandert war. Bestimmt hatten sie sich heimlich auf den Weg nach Australien oder Neuseeland gemacht. Vielleicht waren sie total überschuldet und wollten ihren Gläubigern entkommen, wahrscheinlich drehte es sich um Geld. Geld und Ansehen waren ja auch wichtig im Leben, wenigstens für Marc Solliec. Er las den Artikel aufmerksam. Ein Spaziergänger hatte den Ausweis des Mädchens beim Manoir Le Stang, in der Nähe von Forêt-Fouesnant, gefunden, sowie ein altes Schulheft des Vaters. Die Polizei, so stand in dem Bericht, wusste noch nicht, ob es sich um ein Verbrechen handelte.

„In Fouesnant? wie kommt der Ausweis nach Fouesnant“, murmelte Marc vor sich hin. Der Fund in Fouesnant passte nicht zu seinen Vorurteilen. Eine Flucht aus Frankreich läuft sicher nicht über Fouesnant. Pluguffan, das hätte er sich noch vorstellen können. Wenn jemand aus dem Land verschwinden will, dann wählt er vielleicht den Flughafen. Aber Fouesnant? Dort gab es weder einen Flughafen noch ein Hafen, der groß genug für entsprechende Passagierschiffe war, nicht einmal einen Bahnhof gab es dort. Warum also Fouesnant? Er würde im Flugzeug darüber nachdenken können. Marc faltete die Zeitung zusammen und steckte sie in seine Bordtasche. Sein Boarding begann.

Kapitel 7

Zwei Monate waren inzwischen seit dem Auffinden des Personalausweises von Sema Le Guiffant vergangen. Anaïk Bruel dachte immer wieder einmal an diese Nachricht, obwohl der Fall sie eigentlich nichts anging. Sie hatte in den zurückliegenden Wochen gelesen, dass eine Schwester der verschwundenen Familie mit ihrem Mann im Finistère einen landwirtschaftlichen Betrieb führt.

Der Hof der Familie Bourret lag in der Nähe von Pont-Croix. Die Polizei von Nantes hatte den Bourrets in den ersten Tagen nach dem Verschwinden der Familie Le Guiffant einen Besuch abgestattet und nach näheren Informationen gesucht. Die Spurensicherung hatte im Haus der Familie Le Guiffant die DNA von Monsieur Bourret gefunden. Der Schwager, Monsieur Dunvel Bourret, hatte erzählt, dass Jules Le Guiffant ihm gegenüber einige Male von einem Plan gesprochen hat, eine Schafzucht in Australien aufbauen zu wollen. Da er aber zu wenig Ahnung von der Schafzucht hatte, hatte er den Plan wieder verworfen. Seine DNA im Haus der Familie Le Guiffant hatte er mit seinen Aufenthalten bei seinem Schwager begründet.

Die Bourrets lebten von ihrem kleinen Hof. Sie hatten sich auf den Anbau von Bio-Produkten spezialisiert und verkauften ihre Erzeugnisse auf den Märkten von Audierne, Pont-l´Abbé und Quimper.

Pont-Croix lag so weit von Fouesnant entfernt, dass es unwahrscheinlich war, dass das Mädchen vom Hof des Onkels zu einem Spaziergang nach Fouesnant gefahren war. Es gab auch keinerlei Hinweise, dass die Familie einen Ausflug nach Pont-Croix unternommen hatte. Anaïk vermutete, dass jemand den Ausweis dort platziert hatte.

Ohne Nourillys Formulare wären die letzten Wochen durchaus angenehm gewesen. Anaïk war gerade dabei, die Anzahl der Stunden zu schätzen, die sie mit den Fahrten zu ihren Einsatzorten verbracht hatten, als Monique ins Büro trat.

„Anaïk, wir haben einen Anruf von der Gendarmerie aus Trégunc erhalten. Der Gendarm, Dinan Le Coc, hat uns informiert, dass am Strand von Pendruc eine Jeans gefunden worden ist. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann könnte es die Jeans des verschwundenen Mädchens, Sema Le Guiffant, sein.“

Anaïk ließ den Kugelschreiber auf die Tischplatte fallen und sah Monique entgeistert an.

„Die Jeans des Mädchens Sema am Strand von Pendruc? Ist sie angeschwemmt worden?“

„Das kann ich dir nicht sagen, ich habe den Polizisten nicht danach gefragt. Monsieur Le Coc hat mir die genaue Lage des Fundortes beschrieben, wir können uns selbst ein Bild machen.“

„Dann nichts wie hin, ich freue mich über jede Abwechslung. Diese Formulare bringen mich noch um den Verstand. Ich hoffe, dass Nourilly irgendwann die Ideen zu neuen Formularen ausgehen.“ Sie verließen das Kommissariat.

Die voie express war heute Tag schwach befahren, sodass sie die Ausfahrt von Concarneau schnell erreicht hatten. Sie fuhren in Richtung des kreiz-kêr, dem Stadtzentrum, und überquerten den Moros. Monique mochte den Blick von der Brücke über den Moros, der eine herrliche Sicht auf die Altstadt von Concarneau mit ihren hohen Mauern, den sie umgebenden Hafen, das Trockendock der Firma Piriou und auf das offene Meer mit den vielen Segelbooten bot. Sie folgten der Straße weiter, passierten zwei weitere Kreisverkehre, überquerten die Anse de Minaouët und nahmen Direktion auf Lambell. Ihr Navi zeigte, dass sie jetzt auf Pendruc zufuhren, einem Ortsteil der Gemeinde Trégunc. Am Ende der Straße sahen sie den Wagen der Gendarmerie stehen. Der Beamte hatte die Kommissarinnen erwartet, begrüßte sie und wollte ihnen sofort den Weg zur Fundstelle der Hose zeigen.

„Wir ziehen uns noch unsere Gummistiefel an“, sagte Anaïk. Dann folgten sie dem Gendarmen.

„Wir müssen einige Meter zu Fuß gehen, mit dem Fahrzeug kann man nicht näher ranfahren“, sagte er und ging zügig zum sentier côtier. Der schmale Fußweg führte an den Felsformationen der Küste vorbei, die die Strände von Pendruc und Pouldohan trennten. Am Ende des schmalen Weges blieb der Gendarm an einem steinernen Obelisken stehen und machte Anaïk auf einen Felsen weiter draußen aufmerksam.

„Sehen Sie dort den Felsbrocken, sieht er nicht wie ein großes umgedrehtes Herz aus?“

„Stimmt“, meinte Anaïk, die das auf dem Kopf stehende große Herz erkannte.

„Genau unter dem Felsen ist die Hose gefunden worden. Es gibt Bewohner in der Gegend, die dem Felsen den Namen das kalte Herz von Concarneau gegeben haben, obwohl der Felsen auf der Gemarkung von Trégunc liegt. Vielleicht wollen die Einwohner von Pendruc nichts mit einem kalten Herzen zu tun haben und haben ihn deshalb Concarneau zugeschrieben.“

Anaïk und Monique stiegen über die Natursteinmauer, die den Fußweg von den Felsen trennte, und stiegen über die wirr herumliegenden Felsbrocken zum kalten Herzen.

Ein Kollege von Le Coc hatte das Gebiet abgesperrt. Jetzt hob der Gendarm die Absperrung hoch und ließ die beiden Frauen passieren.

„Claude Huet, mein Kollege“, stellte Le Coc den Gendarmen vor.

„Bonjour, Monsieur Huet“, sagte Monique, nachdem sie unter dem Band durchgegangen war.

„Haben Sie irgendetwas verändert?“, fragte Anaïk Monsieur Le Coc.

„Nein, die Hose liegt so, wie wir sie gefunden haben. Genauer gesagt, haben nicht wir die Hose gefunden, sondern der Herr dort drüben. Er hat uns informiert. Sein Name ist Koreg Férec, er wohnt in Pendruc und geht täglich hier spazieren, sucht nach Muscheln und anderen Schätzen.“

„Ich werde mich mit ihm unterhalten, Anaïk“, sagte Monique und ging zu dem Mann.

Anaïk betrachtete die Jeans. Die Hose war nicht angeschwemmt worden. Sie lag direkt unter dem Herzstein und war mit einem schweren Steinbrocken beschwert. Der Stein war in die Hose geschoben worden. Über der Hose lagen Algen und Tang. Die ist nicht erst nach der letzten Flut hier deponiert worden, sie liegt mindestens schon eine Nacht lang an dieser Stelle. Eine Spurensuche ist nicht mehr sehr ergiebig. Das salzhaltige Wasser hätte alle Spuren weggespült. Anaïk zog sich Handschuhe an und griff nach dem Stein, der die Hose hier zwischen den anderen Felsen gehalten hatte. Er war schwer.

„Können Sie mir bitte helfen“, wandte sie sich an den Gendarmen Le Coc neben sich.

„Heben Sie bitte den Stein heraus, aber nicht mit der Hand berühren. Haben Sie Handschuhe?“

Der Gendarm schüttelte den Kopf.

„Hier, nehmen Sie die.“ Anaïk reichte ihm ein Paar aus ihrer Handtasche. Der Gendarm hob den Stein aus der Hose. Der Stein war auch für Le Coc schwer.

„Wir tüten ihn ein und nehmen ihn mit ins Labor. Ich glaube zwar nicht, dass wir etwas Brauchbares daran finden, aber sicher ist sicher.“

Anaïk sah sich die Jeans an. Wie war der Gendarm darauf gekommen, dass die Hose Sema Le Guiffant gehörte? Dann entdeckte sie das eingenähte Namensetikett, Sema Le Guiffant. Vielleicht war die Hose einmal mit in eine colonie de vacances gereist. Anaïk steckte auch die Hose in eine Plastiktüte. Warum ist die Jeans hier deponiert worden? Angeschwemmt worden ist sie nicht. Sollte die Hose an dieser Stelle gefunden werden? Warum? Warum diese verschiedenen Hinweise in Abständen? Sie würde der Sache nachgehen. Ob mit oder ohne Leiche, sie ging von einem Verbrechen aus, und dieses Verbrechen spielte sich zum Teil in ihrem Zuständigkeitsbereich ab. Sie würde mit den Kollegen in Nantes Kontakt aufnehmen und sich auf den neuesten Stand bringen lassen.

Monique Dupont hatte sich in der Zwischenzeit um den Mann gekümmert, der die Jeans gefunden hatte.

„Bonjour Monsieur, mein Name ist Monique Dupont, ich bin von der police judiciaire in Quimper. Ich habe gehört, dass Sie die Hose drüben am Felsen gefunden haben. Monique zeigte auf den Felsbrocken.

„Bonjour, Madame, mein Name ist Koreg Férec. Ich wohne hier in Pendruc und gehe regelmäßig am Strand spazieren. Heute wollte ich Palourdes suchen, schließlich hatten wir gestern grande marée.

Das hatte Monique jetzt schon gelernt, sie kannte den Unterschied zwischen der normalen Flut und den grande marée, den Springfluten, die regelmäßig bei Neu- und Vollmond wiederkehren.

„Erzählen Sie mir bitte, Monsieur Férec, wie Sie die Hose gefunden haben“, forderte sie den Mann auf.

„Madame la Commissaire, da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin zu den Felsen gegangen, weil dahinter eine Sandbank ist, an der ich beim letzten Mal viele Palourdes gefunden habe. Ich wollte gerade über die Felsen zum Sand runtersteigen, da ist mir die Jeans aufgefallen. Die Hose ist mit einem schweren Stein zwischen die anderen Felsbrocken geklemmt gewesen. Ich habe mir die Hose ein bisschen angeguckt und das kleine Namensschild gesehen. Wir haben solche Etiketten in die Kleider meiner Mutter einnähen müssen, als sie ins Altersheim gekommen ist, damit man die Sachen nach der Reinigung oder Wäscherei sofort der richtigen Person zuordnen kann. Der Name Le Guiffant gehört zu der verschwundenen Familie aus Nantes, das habe ich im Ouest-France verfolgt, und dass man den Personalausweis von dem Mädchen in Fouesnant gefunden hat. Also habe ich sofort die Gendarmerie in Trégunc angerufen.“

„Haben Sie an den Tagen zuvor hier jemanden gesehen, der sich auffällig benommen hat?“

„Vorgestern ist mir ein Mann aufgefallen, den ich hier noch nie gesehen habe. Das hat natürlich nicht viel zu bedeuten, es gibt hier viele Touristen. Aber der Mann ist mir aufgefallen, weil er lange mit einem Fernglas auf die Felsen geschaut hat. Zuerst habe ich gedacht, dass er den Möwen zuguckt. Aber es waren keine Möwen da, und er hat immer nur auf die Felsen geguckt.“

„Können Sie den Mann beschreiben?“

„Nein, Madame la Commissaire. Er hat eine grüne Öljacke angehabt, wie sie die Fischer tragen. Und Gummistiefel hat er angehabt. Als der Mann gemerkt hat, dass ich ihm zuschaue, hat er sich umgedreht und ist weggegangen.“

„Wo genau hat der Mann gestanden?“

„Da drüben an der Ecke bei dem weiß angestrichenen Obelisken. Als Sie eingetroffen sind haben Sie genau an derselben Stelle gestanden. Ich habe Sie von hier aus gut sehen können.“

„Das heißt, als der Mann sich entfernt hat, ist er über den sentier côtier zum Parkplatz gegangen?“

„Genau, er ist den Weg zum Parkplatz gegangen“, bestätigte Monsieur Férec.

„Haben Sie vielen Dank für ihre Hinweise. Die werden uns bei unseren Ermittlungen helfen“, bedankte und verabschiedete sich Monique.

„Wenn ich mir noch eine Bemerkung erlauben darf, Madame la Commissaire?“

„Aber sicher, nur zu!“

„Sie sind eine sehr hübsche Kommissarin! Sie würden bei den Filets Bleus bestimmt zur Königin gewählt.“

Monique lächelte und entfernte sich ohne weitere Worte.

„Also, Anaïk, ich habe mit Monsieur Férec gesprochen, der hat die Hose gefunden. Er hat mir erzählt, dass er das Namensschild in der Hose gesehen und dadurch den Zusammenhang mit dem verschwundenen Mädchen hergestellt hat. Er hat einen Mann gesehn, der vor zwei Tagen mit einem Fernglas lange den Felsen beobachtet hat. Als der Mann sich beobachtet gefühlt hat, ist er in Richtung des Parkplatzes weggegangen. Leider konnte er den Mann nicht beschreiben. Er hat sich nur an Gummistiefel und eine grüne Öljacke erinnert“, berichtete Monique.

„Dustin soll die Jeans untersuchen. Ich habe zur Sicherheit auch den Stein einpacken lassen, mit dem die Hose beschwert gewesen ist, auch wenn ich keine Spuren darauf erwarte. Die Flut dürfte alle Spuren weggewaschen haben. Wir werden uns um den Fall kümmern, auch wenn wir keine Leiche haben. Langsam wird die Sache auffällig.“

„Ich sehe das ebenso, Anaïk. Es legt jemand seit Wochen eine Spur. Was steckt dahinter?“, meinte Monique.

„Die Frage stelle ich mir, seit wir vor zwei Monaten den Ausweis und das Schulheft gefunden haben! Wenn uns jemand auf die Spur der vermissten Familie führen will, dann würde doch ein Anruf genügen. Ich habe eher das Gefühl, dass uns jemand an der Nase herumführt. Monique, ich kann mir keinen Reim darauf machen. Ich möchte in dem Fall ermitteln und bin nicht einmal sicher, ob es sich überhaupt um einen Fall handelt, lass uns zurück ins Kommissariat fahren. Ich nehme Kontakt mit den Kollegen in Nantes auf. Die müssen sowieso erfahren, dass wir wieder einen Hinweis auf die Familie gefunden haben.

Kapitel 8

Marc Solliec hatte vom Schiff aus häufiger mit Loana telefoniert und mit ihr über die bevorstehende Hochzeit gesprochen. Sie waren übereingekommen, gleich nach seiner Rückkehr zu heiraten. Loana hatte sich in den letzten Wochen um alles gekümmert. Sie hatte die Einladungsliste mit ihm und Simone abgestimmt und die Einladungen zur Hochzeit drucken lassen. Marc hatte zur Hochzeit keinen Freund eingeladen. Hatte er keine Freunde? Sie hatte so viele Freundinnen und Freunde, dass sie locker den halben Saal hätte füllen können, was sie aber unterlassen hatte bei der bescheidenen Zahl an Einladungen, die Marc und seine Mutter ausgesprochen hatten. Abgesehen von seinem Bruder und dessen Frau hatten sie noch eine ältere Tante und einige Nachbarn von Simone eingeladen. Loana hatte sich auf neun ihrer guten Freundinnen beschränkt. Die Eltern von Loana, ihr Bruder und ihre Großeltern sollten selbstverständlich auch dabei sein. Insgesamt kamen sie auf weniger als 50 Gäste. Loana hatte das Restaurant gebucht, das Essen ausgesucht und mit dem Standesamt über den Termin gesprochen. Eine kirchliche Heirat hatte Marc abgelehnt, sodass sie nicht mit dem Pfarrer sprechen musste. Simone war ihr eine moralische Stütze bei all der Planung.

„Endlich bekommt der Junge eine Frau, die sich um ihn kümmert, wenn ich einmal nicht mehr da bin“, hatte sie mehrfach wiederholt.

Marcs Rückkehr, und damit der Tag ihrer Trauung, rückte näher. Alles war vorbereitet, die Hochzeit konnte stattfinden.

Das Flugzeug, das Marc aus Paris wieder nach Quimper brachte, landete pünktlich um 17 Uhr in Pluguffan. Loana hatte es sich nicht nehmen lassen, ihren zukünftigen Ehemann persönlich abzuholen, obwohl sie wusste, dass er seinen Wagen auf dem Flughafenparkplatz stehen gelassen hatte. Als Marc die Ankunftshalle verließ, rannte sie auf ihn zu, umarmte und küsste ihn leidenschaftlich. Marc freute sich Loana zu sehen. Dennoch stellte er sofort die Frage, warum sie denn zum Flughafen gekommen sei, er habe doch seinen Wagen hier stehen.

„Ich wollte meinen zukünftigen Ehemann so schnell wie möglich begrüßen!“

Marc nickte und meinte, dass sie hinter ihm herfahren müsse. Er könne seinen Wagen schließlich nicht am Flughafen stehen lassen.

Die Hochzeit fand vier Tage später im Standesamt der Gemeinde Melgven statt. Im Saal des Rathauses fand aktuell die Ausstellungen MEERKUNST von zwei Künstlern aus der Region statt, die der Trauungsfeier einen würdigen Rahmen verlieh. An der Stirnseite des Raumes, dort wo der Standesbeamte seinen Platz hatte, hing das übliche Porträt des Staatspräsidenten Macron, der auf das Brautpaar herabsah.

Die Hochzeitsgesellschaft hatte sich im Saal versammelt. Das Brautpaar saß auf Stühlen vor dem Standesbeamten, der gleichzeitig als stellvertretender Bürgermeister fungierte. Der kurzen Ansprache folgten die administrativen Vorgänge; die Unterschriften unter die Heiratsurkunde wurden geleistet und die Ringe getauscht. Nach 20 Minuten war aus dem Junggesellen der Ehemann geworden. Seine Mutter Simone strahlte vor Glück, die Eltern der Braut umarmten den Schwiegersohn herzlich, und Loana küsste ihren Marc stolz. Die anschließende Hochzeitsfeier, die im nahegelegenen Pont-Aven stattfand, verlief zur Glückseligkeit aller Gäste. Selbst Marc hatte nichts daran auszusetzen, obwohl er sonst meist ein Haar in der Suppe fand.

So schnell die Hochzeit stattgefunden hatte, so schnell folgte anschließend die Scheidung. Nach vier Tagen erklärte Loana Marc, dass sie sich nicht vorgestellt hatte mit Simone zu leben. Simone kochte, Simone bestimmte den Tagesablauf, Simone hat die Waschmaschine und vieles mehr. Marc zuckte mit den Schultern und meinte beherrscht ruhig:

„Wenn dir dieses Leben nicht passt, dann musst du eben wieder gehen, wir teilen gerecht!“ Marc verließ das Haus. Innerlich kochte er.

Nach wenigen Minuten kehrte er mit seiner Kettensäge zurück und durchtrennte die Küchenstühle und den Küchentisch, er war auf dem Weg ins Schlafzimmer als ihn Loanas Geschrei stoppte.

Loana hatte ihre Wohnung in Quimperlé noch nicht aufgelöst. Der Umzug hätte erst am kommenden Wochenende stattfinden sollen. Damit war ihr kurzer Traum vom Glück mit dem Kapitän Solliec ausgeträumt.

Als Marc am nächsten Mittag wie üblich bei seiner Mutter zum Mittagessen auftauchte, war ihr Erstaunen groß.

„Wo ist deine Frau?“, fragte sie ihren Sohn.

„Loana zieht es vor, wieder alleine zu leben.“

Simone wollte es nicht glauben. Schon nach vier Tagen war ihr Sohn wieder alleine. Damit begannen ihre Sorgen um seine Zukunft erneut. Solange sie lebte würde sie sich weiter um ihn kümmern, aber was wäre danach? Marc war zwar finanziell ein selbstständiger Mann, ansonsten war er von ihr abhängig. Marc hatte sich zu einem Egoisten entwickelt, der keinerlei Rücksichten auf andere Menschen nahm. Simone machte ihrem Sohn heftige Vorwürfe. Sie reflektierte nicht, dass sie ihren Teil bis heute dazu beitrug und ihm damit keinen Gefallen tat.

Marc realisierte die Abhängigkeit von seiner Mutter nicht. Er fühlte sich bedingungslos von ihr geliebt und umsorgt. Sie verwöhnte ihn mit dem täglichen Essen, kümmerte sich um seine Wäsche und um seinen Haushalt. Er erledigte im Gegenzug Einkäufe für sie und erfüllte ihr manchmal den Wunsch, am Strand spazieren zu gehen. Simones Vorwürfe perlten an ihm ab.

Mit allen Formalitäten dauerte es über ein Jahr, bis Marc rechtskräftig von Loana geschieden war.

Im Ouest-France war vor einigen Tagen ein Artikel über eine gefundene Jeans erschienen, eine Jeans, die dem verschwundenen Mädchen aus Nantes gehört haben soll. In dem Artikel war der Fundort detailliert beschrieben, sodass es für Marc eindeutig war, dass die Hose beim Felsen in Pendruc, dem kalten Herzen, gefunden worden war. Seine Mutter hatte ihm von dem Namen erzählt und ihn gemahnt, nicht auch ein kaltes Herz zu entwickeln. An genau diesem Felsen hatte man jetzt also die Jeans des jungen Mädchens Sema gefunden. Seltsam, seltsam, ging es Marc durch den Kopf. Er legte die Zeitung zur Seite und dachte nicht weiter darüber nach.

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