Kitabı oku: «Hagakure», sayfa 2

Yazı tipi:

Bushidō in der Edo-Periode

Mit der Rebellion von Shimabara endete die letzte Gelegenheit für japanische Krieger, ihren Heldenmut auf dem Schlachtfeld zu beweisen. Als eine Folge des über 250 Jahre anhaltenden Friedens der Edo-Periode verlor die Kriegerklasse ihren wichtigsten Zweck, nämlich ihre Daseinsberechtigung als Krieger. Gleichzeitig boten auch die Verwaltungsapparate der verschiedenen Domänen nur begrenzte Möglichkeiten für umfangreiche und sinnvolle Beschäftigung. Bushi entwickelten sich daher zu einer meist unproduktiven sozialen Klasse, größtenteils ohne geregelte Beschäftigung, der es außerdem verboten war, sich in Berufen außerhalb ihres sozialen Standes zu betätigen. Hohe Preise in den Städten und der steigende Lebensstandard, also steigende Ausgaben bei gleich bleibenden Einkommen, führten langsam aber sicher zur Verarmung vieler Mitglieder des Kriegeradels.24

So war zum Beispiel die Genroku-Periode (1688–1704), die auf die Verfassung des Hagakure erheblichen Einfluss haben sollte, dadurch gekennzeichnet, dass es kaum noch bushi mit eigener Kriegserfahrung gab. Der »Weg des Kriegers« hatte sich in dieser Zeit bereits mehr und mehr von einer alltäglichen Realität zu einem symbolischen Ideal gewandelt. Die Wirtschaftskraft der japanischen Stadtbürger erstarkte immer mehr und zog mit der politischen Macht des Kriegeradels gleich. Die Ökonomie entwickelte sich weg von einer Reiswirtschaft immer mehr zu einer Geldwirtschaft hin, die sich auch auf dem Land durchsetzte und ein allgemeines Wirtschaftswachstum ermöglichte. Dieses Wachstum spiegelte sich auch in dem bunten und fröhlichen Kulturleben dieser Periode wider, ging aber an einem Großteil des Kriegeradels vorbei, denn die Stipendien der Samurai wurden weiterhin nach dem festgelegten Reisstandard berechnet.

Regelmäßige Reformen der Administration und des Finanzhaushaltes vieler Domänen erwiesen sich am Ende als fruchtlos, weil das konstante Bestehen auf Fleiß und Sparsamkeit einerseits und die Betonung von Samurai-Idealen und -Pflichten andererseits allein nicht in der Lage waren, die hausgemachten Probleme des Systems selbst zu lösen, sondern diese eher noch intensivierten. Die Diskrepanz zwischen den sozialen Ansprüchen der bushi und ihrem finanziellen Status, zwischen ihren hohen moralisch-ethischen Idealen in Bezug auf ihre Mission in der Gesellschaft und der ziellosen Gleichförmigkeit in der Lebensführung der meisten Krieger führte zu einem weitverbreiteten Verlust von Arbeitsmoral und zur Aufgabe von Idealen jenseits der Aufrechterhaltung von Status und Einkommen, denn »es war die Aufrechterhaltung der Samurai-Vorherrschaft, von der das ganze System abhing.«25

Die strikte Trennung des Kriegeradels von der übrigen Bevölkerung, seine Privilegierung sowie sein alleiniger Anspruch auf politische Macht und militärische Gewalt erzeugten während der Pax Tokugawa soziale und ethische Probleme und somit das Bedürfnis nach philosophischer Legitimierung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Dabei zeigten sich der Neo-Konfuzianismus der Chu-Hsi-Schule (shushigaku), die Wang-Yang-Ming-Schule (yōmeigaku) oder auch Strömungen des klassischen Konfuzianismus besonders hilfreich, eine intellektuelle Begründung für die statusorientierten sozialen Strukturen der Edo-Zeit zu liefern und der Rolle des Kriegers in Friedenszeiten Bedeutung zu verleihen. Der Konfuzianismus spielte eine bedeutende Rolle für die Verbreitung solch zentraler Konzepte wie Loyalität (chū) und kindliche Pietät () als ideologischer Basis auch der Samuraierziehung und ihrer politischen Philosophie, die damit sowohl der Kriegerherrschaft über die Gesellschaft als auch den Forderungen der daimyō an die absolute, bedingungslose Loyalität ihrer Vasallen Legitimität verlieh.

Darüber hinaus produzierten Gelehrte innerhalb und außerhalb der öffentlichen Verwaltung zahlreiche Vorschläge für die Lösung der besorgniserregenden Lebensumstände der bushi, die sowohl Ideen für eine Reform der Kriegerklasse selbst als auch Neuformulierungen dessen enthielten, was es bedeutete, ein wahrer bushi zu sein. Viele Erforscher der japanischen Kriegerethik übersehen heutzutage aber oft, dass diese Neuformulierungen nicht als konkrete Beschreibungen der bushi-Realität damals verstanden werden können, sondern als idealisierte Konstrukte darüber interpretiert werden müssen, wie der Meinung solcher Gelehrten nach ein wahrer Krieger beschaffen sein sollte: »Der ›Boom‹ einer Literatur, die den Samurai einen neokonfuzianisch geprägten Verhaltens- und Moralkodex aufzuerlegen oder nahezubringen suchte, spiegelt gleichsam nicht die Wirklichkeit dieser Vorgaben, sondern vielmehr deren Mangel.«26

Der erste Gelehrte, der einen systematischen Versuch machte, eine neue Philosophie für Krieger in Friedenszeiten zu formulieren, war der einflussreiche Militärstratege und konfuzianische Philosoph Yamaga Sokō (1622–1685), der heute als Vater der Bushidō-Ethik betrachtet wird, obwohl er selbst diesen Begriff nie benutzte. Unter dem Namen shidō, einem Begriff aus dem Konfuzianismus, der mit »Weg des konfuzianischen Edelmanns« übersetzt werden sollte, konstruierte Yamaga tatsächlich eine Philosophie, die daraufhin konzipiert war, den japanischen bushi eine neue Identität zu verleihen. An die Stellen, wo frühere Bezeichnungen wie kyūba-no michi (»Weg des Bogens und Pferdes«) oder mononofu-no michi (»Weg der Recken«) nur eine rein militärische Bedeutung hatten, führte Yamaga, wie auch sein Zeitgenosse Kumazawa Banzan (1619–1691), die konfuzianische Vorstellung vom »Weg« als »Ethos« als eine neue Dimension in die Kriegerexistenz ein. Er rechtfertigte den unproduktiven, quasi parasitären Lebensstil der bushi, indem er ihnen eine neue soziale Funktion zusprach, nämlich die, ein ideales Beispiel an Moral und Tugend für die anderen Klassen zu verkörpern.27 Indem er die soziale Rolle der Samurai hauptsächlich in moralistischen Begriffen definierte, versuchte Yamaga also, die japanischen bushi mit dem konfuzianischen Edelmann (shi) von überlegenem moralischen Niveau zu identifizieren. Dabei kam der konfuzianischen Moral und Gelehrsamkeit eine zentrale Bedeutung zu. Das hatte unter anderem zur Folge, dass Begriffe, die normalerweise als »Weg des Kriegers« übersetzt werden, eine zweite Bedeutung erhielten.

Während das Selbstverständnis der bushi, nämlich in erster Linie ein Kriegeradel zu sein, durch ständige Betonung der Notwendigkeit von militärischer Bereitschaft seitens der Obrigkeit unterstützt wurde, rationalisierte Yamagas Philosophie die Umwandlung der Kriegerklasse zu einer gebildeten Klasse von Beamten und Bürokraten. Diese Entwicklung wurde fortgesetzt in den Schriften von Schülern Yamagas wie Daidōji Yūzan (1639–1731), der, wie sein Lehrer, die Bedeutung von Gelehrsamkeit und rationalem Denken betonte.28 Im Hagakure sollte demgegenüber diese Art der konfuzianischen Argumentation vom »wahren Weg« als einem »Weg der menschlichen Moral« kritisiert werden, weil der Konfuzianismus einem Krieger, der als Mensch natürlicherweise dem Leben verhaftet sei, nur zu einer intellektuellen Ausrede verhelfe, in extremen Situationen am Leben bleiben zu können und diese Einstellung dann auch noch zu legitimieren. Im Hagakure sollten im Gegenteil Reinheit und Unverfälschtheit betont werden, die nur im Tod und im Abwerfen des »Ich« und der Bindung an das Leben zu finden seien.29

Zeitgenössische Beobachter wie Daidōji oder auch der berühmte Schriftsteller aus der Edo-Zeit Ihara Saikaku erkannten, dass der »ideale Krieger« die Ausnahme ist.30 Aber gerade weil die realen Lebensumstände der bushi der unteren Ränge und des einfachen Volks kaum zu unterscheiden waren, hing die Identität der Krieger von dem Anspruch darauf ab, dass ein essentieller Unterschied zwischen den Ständen besteht. Die Kluft zwischen dem sozialen Status und der aktuellen wirtschaftlichen Situation sowie der politischen Machtlosigkeit der meisten Krieger machte die ideologische Instrumentalisierung solcher Unterschiede, real oder fiktiv, umso notwendiger. Von bushi wurde erwartet, dass sie sich in einer Art und Weise verhielten, die sich fundamental von den angeblich niedrigen Verhaltensweisen des gemeinen Pöbels unterschied. Diese Art der Arroganz gegenüber Nicht-Samurai war genauso ein Teil des Selbstverständnisses japanischer Krieger wie Bekundungen von Bereitschaft zum militärischen Einsatz von bushi, die in ihrem Leben nie an einer Schlacht oder einem Kampf teilgenommen hatten. Aus den gleichen Gründen wurden Krieger auch für verhältnismäßig geringe Vergehen in der Regel strenger bestraft als das einfache Volk.31

Ein weiteres Bild der eher grauen Samurai-Realität zeichnet Fukuzawa Yukichi (1835–1901), dessen Beschreibung der Lebensbedingungen von bushi in seiner eigenen Domäne eine tiefe Kluft in der Samuraiklasse selbst aufzeigt. Das, was als der ideale Bushidō betrachtet wurde, d. h. ein »selbstperfektionierendes« Gelehrtenleben mit einer Betonung auf Etikette und erblichem Status, wurde und konnte in der Realität nur von den wenigen Angehörigen der höheren Ränge praktiziert werden, weil nur sie über die entsprechenden finanziellen Mittel und Freizeit verfügten. Samurai der mittleren und niederen Ränge, die die Mehrheit dieser Klasse darstellten, hatten weder die Ressourcen noch die Zeit, sich mit Fragen einer hehren Kriegerethik zu beschäftigen, sondern waren gezwungen, durch Nebenarbeiten ein produktives Leben zu führen, obwohl dies weder legal noch mit dem Kriegerideal vereinbar war.32 Daher erscheint es in diesem Zusammenhang signifikant, dass jene bushi, die eine instrumentale Rolle in der Meiji-Restauration 1867–68, der japanischen Modernisierung und letztendlich der Auflösung der Kriegerklasse spielen sollten, sich hauptsächlich aus den unteren Rängen der Samurai rekrutierten. Das Bushidō-Ideal erzeugte so eine Atmosphäre von selbstgewissem Klassenbewusstsein und Arroganz nicht nur zwischen der Krieger- und den anderen sozialen Klassen, sondern auch in der bushi-Klasse selbst. Vor diesen historischen Hintergründen gilt es nun das Milieu zu betrachten, in dem das Hagakure entstand.

Die Saga-Domäne

Die Saga-Domäne, auch Hizen-Domäne genannt, gehörte zu den tozama oder außenstehenden Fürstentümern, weil sie sich erst nach der Schlacht von Sekigahara im Jahre 1600 den Tokugawa unterworfen hatte. Gleichzeitig nahm sie, wie oben beschrieben, aufgrund der Verwandtschaftsbeziehungen der Nabeshima zur shogunalen Familie und ihres Wachauftrages in Nagasaki, wo der gesamte japanische Außenhandel abgewickelt wurde, eine besondere Stellung ein. Durch Einflüsse zum Beispiel aus Holland, die Saga über Nagasaki erfuhr, sollte die Domäne im 19. Jahrhundert neben Satsuma, Chōshū und Tosa deutlich zur Meiji-Restauration und der Modernisierung Japans beitragen. Dass Saga sich Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts derart behaupten konnte, ist größtenteils den militärischen Fähigkeiten und dem politischen Geschick von Nabeshima Naoshige (1538–1618) und seinem Nachfolger und erstem Nabeshima-daimyō Nabeshima Katsushige (1580–1657) zu verdanken.

Nachdem Ryūzōji Takanobu, der sengoku daimyō von Saga, 1584 gefallen war, musste die Domäne zwar erhebliche Landverluste verkraften, konnte aber letztendlich unter der Führung Naoshiges überleben und ihren Bestand beim Tokugawa-bakufu durchsetzen. Weil das Fürstenhaus von Saga nicht in eine andere Domäne versetzt wurde, konnte es seine angestammten Territorien behalten und festigen. Aus diesem Grund behielt das Haus die alten Feudalstrukturen seiner Vasallengruppierung auch größtenteils bei, und dies bedeutete, dass viele Vasallen ihre eigenen Ländereien als Lehen verwalteten und Abgaben bezahlten, ihre militärischen Pflichten ableisteten und ihre eigenen Gefolgsleute unterhielten. Das hatte eine große Belastung der Klan-Finanzen und eine verhältnismäßig geringe Zentralisierung der Domäne zur Folge, die während der Edo-Zeit erst allmählich zentraler organisiert wurde.

Nachdem Nabeshima Katsushige 1607 den Fürstentitel von Saga übernommen hatte, wurden von 1606 bis 1611 umfassende Landvermessungen durchgeführt, um die Jahresproduktivität der Agrarflächen zu berechnen. Die Vermessungen ergaben 357 036 koku, nach denen sich nicht nur die Steuereinnahmen berechneten, sondern auch der Status des daimyō gegenüber anderen Fürsten ermessen wurde. Darüber hinaus konfiszierte Katsushige zur Festigung der Klanfinanzen die Lehen und Einkommen aller Krieger unter 50 koku, enthob sie ihrer Ämter und bezahlte ihnen als Ausgleich ein Gehalt aus den Vorratsspeichern der Domäne. Trotzdem hatten diese niederen bushi der unteren Ränge weiterhin die Pflicht, zu Kriegszeiten mit Speer und Rüstung Militärdienst zu leisten. 1611 setzte Katsushige zusätzlich durch, dass alle Vasallen 30 Prozent ihrer angestammten Lehen, d. h. ihrer angestammten Ländereien, an die Domäne abgeben mussten. Mit diesen zusätzlichen Einkünften wurden für den Erhalt des Klans vier Zweigfamilien des Nabeshima-Hauses eingerichtet und mit Ländereien ausgestattet, nämlich die Häuser der Kashima, Ogi, Hasunoike und Shiraishi. Außerdem wurden den Familien von Vasallen Kinder des Nabeshima-Hauses zur Adoption gegeben bzw. wurde ihnen das Recht verliehen, ihrem Familiennamen den Namen Nabeshima anzuhängen. Auf diese Weise errichteten die Nabeshima eine breite Basis für den Erhalt und erreichten einen starken Zusammenschluss ihrer Domäne.

1642 wurden allerdings die Oberhäupter der Kashima-, Hasunoike- und Ogi-Nebenlinien aufgrund der Höhe ihrer Einkommen selbst zu daimyō mit ihren eigenen Domänen erklärt, die sich als Zweigdomänen von Saga abspalteten und so praktisch wieder eine Zerstückelung der Klan-Finanzen nach sich zogen. Die militärische Bewachung Nagasakis im Zweijahresrhythmus ab 1642 bedeutete zusammen mit allen anderen obligatorischen Ausgaben, wie z. B. die Pflichtaufenthalte in Edo, die Klan-Villen und Haushalte in Edo und Kyōto, die Klan-Vertretung in Ōsaka usw., eine zusätzliche Belastung des Finanzhaushalts. Deshalb verfügte der daimyō von Saga selbst nur über ein reales jährliches Steuereinkommen von rund 60 000 koku. Auch darum entwickelte es sich in Saga fast schon zu einer Tradition, Ländereien der Zweigfamilien in »Leihe« zu nehmen, um sie dann bis zum Ende der Edo-Zeit nicht wieder zurückzugeben.33 1652 fasste Katsushige dann die Klan-Gesetze unter dem Namen Tori-no-ko Gochō zusammen, das praktisch eine Verfassung der Saga-Domäne darstellte, auf der die Regierungs- und Verwaltungsstrukturen fußten.

Mit Fürst Mitsushige (1632–1700), dem Enkel Katsushiges und damit Tokugawa Ieyasus Urenkel, übernahm dann 1657 der erste Saga-daimyō den Klan-Vorstand, der weder Kriegserfahrung hatte noch in Saga selbst geboren und aufgewachsen war. Aufgrund seiner Erziehung in Edo, dem damaligen politischen und kulturellen Zentrum Japans, zeichnete sich Mitsushiges Führungsstil hauptsächlich durch zivilrechtliche und zivilisatorische Maßnahmen aus. Am berühmtesten jedoch ist er für sein Verbot des junshi, d. h. das Verbot, einem Lehnsherrn durch Selbstmord in den Tod zu folgen. Als Fürst Katsushige 1657 gestorben war, hatten 28 Männer seines direkten Gefolges junshi oder auch oibara, wie es in Saga genannt wurde, begangen. Weil das einen erheblichen Verlust an Erfahrung und Talent für die neue Administration bedeutete, stand Mitsushige dieser im 17. Jahrhundert besonders um sich greifenden (Un-)Sitte äußerst kritisch gegenüber. Im 10. Monat des Jahres 1662 erließ er daher für die Saga-Domäne ein allgemeines Verbot, das Oibara Hatto. Diesem Beispiel folgte bereits ein Jahr später erst eine Seitenlinie der Tokugawa, das Kishū-Tokugawa-Haus, das dann das bakufu veranlasste, dem Buke Shohatto ein allgemeines junshi-Verbot für ganz Japan hinzuzufügen. Weil ein diesem Verbot trotzender junshi-Tod Konsequenzen sowohl für die engere Familie als auch für den Klan des Selbstmörders hatte, wie z. B. eine erhebliche Verringerung des Lehens einer Domäne, unterblieb er in der Folgezeit fast völlig.34

Darüber hinaus legte Mitsushige einen weiteren Schwerpunkt auf die Umstrukturierung der feudalen Rangordnung. So ließ er 1659, im gleichen Jahr, in dem Yamamoto Jōchō geboren wurde, den Rang der chakuza als Rang unter dem der Klan-Ältesten (karō) einrichten, um die Basis derjenigen Vasallen, die hohe Regierungsämter übernehmen konnten, zu erweitern. Weiterhin wurden 1683 die drei Zweigdomänen Kashima, Hasunoike und Ogi wiederum unter die Schirmherrschaft der Hauptdomäne gestellt und ihre Fürsten unter dem neuen Rang gosanke – »die drei ehrenwerten Häuser« – wieder der Saga-Hierarchie einverleibt. Im gleichen Jahr regelte er auch die Erbfolgerechte für bushi des Klans neu und ermöglichte dadurch auch Minderjährigen die Nachfolge und Übernahme der Lehen ihrer Väter. Schließlich ließ er 1691 zur Förderung der Gelehrsamkeit auf dem Gelände der Burg von Saga eine große konfuzianische Gebetshalle errichten, bevor er 1695 in den Ruhestand trat und den Fürstentitel an seinen Sohn Tsunashige (1652–1707) abgab. Nachdem dieser 1699 die vier verbleibenden Ryūzōji-Seitenlinien zu shinrui dōkaku, d. h. als gleichrangig mit den Seitenlinien der Nabeshima, erklärt hatte, ergab sich damit die folgende Hierarchie des Saga-Klans:

gosanke, die »drei ehrenwerten Häuser«, d. h. die Kashima-, Hasunoike- und Ogi-daimyō,

shinrui, die »Verwandten«, d. h. die übrigen Seitenlinien der Nabeshima-Familie,

shinrui dōkaku, die »den Verwandten Gleichrangigen«, d. h. die vier Ryūzōji-Seitenlinien der Taku-, Takeo-, Isahaya- und Suko-Häuser,

karō, die »Klan-Ältesten«, die höchste Posten in der Klan-Regierung und -Verwaltung innehatten,

chakuza, die »Sitzenden«, d. h. höhere Vasallen mit einem festen Sitz in der Regierung und Verwaltung, die auch die Aufgaben eines karō übernehmen konnten,

dokurei, die »einzeln Grüßenden«, d. h. die etwas höherstehenden Samurai mit dem Recht, dem Fürsten ohne Begleitung ihre Aufwartung machen zu dürfen,

samurai, die »Dienenden«, d. h. die normalen Lehnsmänner,

teakiyari, die »Speerträger«,

kachi, die »Läufer« und

ashigaru, die »Leichtfüßigen«.

Die unteren drei Ränge hatten unter Katsushige ihre Lehen verloren und entsprachen dem, was man in westlichen Armeen »leichte Infanterie« nennen würde. Dabei konnten die teakiyari auch die Führung über die unteren beiden Ränge und andere öffentliche Aufgaben übernehmen. Mitglieder der unteren drei Ränge waren gōshi, d. h. Provinzkrieger, die also auf dem Land und nicht in der Stadt lebten, Landwirtschaft betrieben, Militärdienst leisten mussten und gegenüber den heimin, den Mitgliedern des normalen Volks, gewisse Privilegien genossen. Sie bildeten also eine Zwischenschicht zwischen dem Kriegeradel und der übrigen Bevölkerung. Damit übten sie einerseits eine soziale Kontrolle über die Landbevölkerung aus – in Saga kam es deshalb vergleichsweise selten zu Bauernaufständen. Andererseits wirkte diese Aufteilung wieder der politischen Zentralisierung entgegen und zog z. B. durch Steuerbefreiungen Finanzverluste für die Domäne nach sich. Das Hagakure muss in nicht unerheblichem Maße also auch als Reaktion bzw. Kritik an diesen Maßnahmen zivil- und verwaltungsrechtlicher Politik und der Umstrukturierung der Feudalstrukturen Sagas bewertet werden. Besonders in der Einführung, aber auch in späteren Passagen werden diese »Neuregelungen«, die von althergebrachter Tradition abweichen, kritisch erwähnt, um so zu einer Rückkehr zu den »glorreichen« Ursprüngen des Kriegertums und des Klans aufzurufen.35

Gleichzeitig jedoch hält sich das Hagakure in anderen Bereichen mit offenerer Kritik extrem zurück. So tat sich Fürst Mitsushige neben seinen Regierungsmaßnahmen auch als Förderer der Künste hervor und leistete sich privat einen umfangreichen Harem mit drei offiziellen Ehefrauen und 13 Konkubinen, mit denen er 41 eigene Kinder hatte und acht Adoptivkinder annahm. Er führte also einen ausgesprochen luxuriösen und nach damaligen Ansichten schamlosen Lebenswandel, der ihm durchaus den Ruf eines »unmoralischen« Herrschers hätte einbringen können. Die nötigen Unterhaltsausgaben, die Vetternwirtschaft und die Postenschieberei, die sich aus den komplizierten Familienbeziehungen des Harems ergaben, bedeuteten eine verhängnisvolle Belastung für die Klan-Kassen. Schulden in Ōsaka und Kyōto häuften sich derartig an, dass Saga bald die anfallenden Zinsen nicht mehr bezahlen konnte und keine neuen Darlehen mehr erhielt. Das führte wiederum in Edo zu einem ausgesprochenen Verfall von Sagas Ruf und 1689 in der Domäne selbst zu einer Wirtschaftskrise mit weitreichenden Konsequenzen für die bushi der niederen Ränge und die einfache Bevölkerung. Erst als der Klan-Älteste Nakano Shōgen Masakane, ein Onkel Yamamotos, für diese Krise die Verantwortung übernahm und seppuku beging – bei dem ihm Jōchō übrigens als Sekundant (kaishaku) assistierte –, konnte die Krise fürs Erste beigelegt werden. Obschon der wirklich Verantwortliche, Fürst Mitsushige, letztlich ungeschoren davonkam, finden sich im Hagakure dazu keine weiteren Details, weil das eine direkte Kritik am Lehnsfürsten bedeutet hätte, für den Shōgen praktisch als Sündenbock herhielt.

Auch wegen seiner Vorliebe für die Poesie kann man Mitsushige kaum als idealen Fürsten, der seinen Aufgaben als Landesherrscher gerecht wurde, bezeichnen. Entgegen dem Verbot seines Großvaters Katsushige, sich mit Poesie zu beschäftigen, nahm Mitsushige diese Liebhaberei nach dessen Tod wieder auf und ließ in Kyōto eigens das Amt des gokashokata einrichten, der für die Anschaffung von Gedichtsammlungen zuständig war. Als Inhaber dieser Funktion sollte Yamamoto Jōchō den größten Erfolg seiner Karriere feiern dürfen. Hierin liegt aber auch der Grund, warum Jōchō die Poesieliebe seines Lehnsherrn schlecht direkt kritisieren konnte.

Um das Verhältnis zwischen Mitsushige und seinem Sohn und Nachfolger Tsunashige war es aufgrund dieser Eskapaden nicht zum Besten bestellt, sicherlich auch wegen der vielen Probleme, die Mitsushige in Form von Schulden, Finanzproblemen und Kindern hinterließ. Solche Probleme ignorierte Jōchō im Hagakure allerdings und beschrieb ausschließlich die aufrichtigen und redlichen Seiten seiner Domäne und seines Fürsten. Auf diese Weise war, so Matsuda Osamu, eigentlich schon garantiert, dass das Hagakure später, trotz seiner Kritik an offizieller Klan-Politik, inoffiziell als »Chronik« des Nabeshima-Hauses übernommen werden würde.36

₺678,66
Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
349 s. 16 illüstrasyon
ISBN:
9783159618241
Tercüman:
Editör:
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip