Kitabı oku: «Hagakure», sayfa 3

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Yamamoto Jōchō und Tashiro Tsuramoto, die Autoren des Hagakure

Yamamoto Jin’emon Tsunetomo (oder Gyokuzan Jōchō, wie er, nachdem er im Jahr 1700 Laienmönch wurde, sich nannte), wurde am 11. des 6. Monats 1659 in Katatae Yokokōji, nahe der Burg von Saga, geboren. Das bedeutet, dass Jōchō 27 Jahre jünger als Fürst Mitsushige und sieben Jahre jünger als dessen Nachfolger Tsunashige war. Er war das jüngste Kind von Yamamoto Jin’emon Shigezumi, der bei Jōchōs Geburt bereits 70 Jahre alt war, und Enkel von Nakano Jin’emon Kiyoaki. Beide hatten sich sowohl auf dem Schlachtfeld als auch in der Wirtschaftspolitik der Saga-Domäne verdient gemacht. Da Shigezumi als Kiyoakis dritter Sohn nicht erbberechtigt war, ging er als Adoptivsohn in die nahestehende Yamamoto-Familie, um dort den Familienvorstand zu übernehmen. Laut Matsuda Osamu hatte Jōchō diesen beiden Männern gegenüber einen Minderwertigkeitskomplex, weil er während seiner gesamten Laufbahn zwar immer in nächster Nähe zum Fürsten diente, aber deren Leistungen bei weitem nicht gleichkommen konnte.37

Aufgrund seines hohen Alters bei der Geburt seines jüngsten Kindes sowie wegen dessen kränklichen Gesundheitszustandes wollte Jōchōs Vater ihn eigentlich einem Salzverkäufer zur Adoption geben. Davon hielt ihn allerdings Taku Zusho Shigetomi aus einer der Seitenlinien des Hauses Ryūzōji ab, der nicht nur Shigezumis militärischer Vorgesetzter war, sondern auch Jōchōs Pate wurde und ihm den Kindernamen Matsukame gab.38

1667 erhielt Jōchō in seinem neunten Lebensjahr unter dem Namen Fukei als osoba kozō, d. h. als Laufbursche, seine erste Dienststelle an der Seite Fürst Mitsushiges, den er noch im selben Jahr bei dessen Respektsbesuch nach Edo begleitete. Dort diente er auch Mitsushiges sieben Jahre älterem Stammhalter Saemon, dem späteren Fürsten Tsunashige, als Spielgefährte.

Nach dem Tod seines Vaters am 13. Tag des 10. Monats 1669 wurde Jōchō von seinem 20 Jahre älteren Neffen Yamamoto Gorōzaemon Tsuneharu im Militärhandwerk ausgebildet und trainiert. Mit 12 Jahren erhielt Jōchō von Mitsushige den Befehl, als Vorstufe zur Volljährigkeit seine Stirnhaare wachsen zu lassen. Daraufhin trat er 1672 unter dem Namen Ichijūrō als kogoshō, als Juniorpage, wieder in Dienst. Nach seiner genpuku-Zeremonie zur Volljährigkeit 1678 wurde er unter dem Namen Gon’nojō Assistent bzw. Juniorsekretär des oshomotsu-Beamten, des Dokumentenverwalters und Sekretärs des Fürsten. In dieser Funktion beschäftigte er sich mit dem Kopieren wichtiger Dokumente und dem Schreiben von Poesie. Im gleichen Jahr wurde auch Tashiro Tsuramoto geboren, der später die Erzählungen Jōchōs notieren und im Hagakure zusammenfassen sollte.

Jōchō verlor aber bald darauf Posten und Gehalt, weil er dem Nachfolger des Fürsten als Poesiepartner gedient, womöglich sogar Unterricht erteilt und damit die Missgunst Mitsushiges geweckt hatte. Diese Episode mutet etwas merkwürdig an, zumal das Schreiben von Gedichten zu Jōchōs Aufgaben gehörte. Aus diesem Grund könnte es sich bei seiner Kündigung möglicherweise auch um ein kleines Eifersuchtsdrama seitens Fürst Mitsushiges gehandelt haben, der es nicht guthieß, dass sein eigener Poesiepartner fremdging.

In der folgenden Zeit als rōnin, also als Krieger ohne Anstellung, studierte Jōchō Buddhismus unter Abt Tannen Ryōjū (gest. 1680), einem Priester der Sōtō-Schule des Zen-Buddhismus, der auch seinem Vater nahegestanden hatte. Im 4. Monat 1679 wurde Jōchō von seinem Lehrer als Mönch initiiert und im 12. Monat, wie sein Vater vor ihm, lebend einer Bestattungszeremonie unterzogen (ako nenju), um ihn so von seiner Verwachsenheit mit dem Leben zu befreien.39 Dabei erhielt er den buddhistischen Totennamen Gyokuzan Jōchō, den er auch nach 1700 als Laienmönch benutzen sollte.

Als elfter Abt des Nabeshima-Familientempels Kōdenji hatte Tannen einerseits strikt die Einhaltung der Mönchsregel durchgesetzt, andererseits sich durch seine Betonung der menschlichen Barmherzigkeit und Anteilnahme einen Namen gemacht. Unter den vier Gelübden in der Einleitung des Hagakure, die zu den zentralen Werten des Werkes gezählt werden, wird das vierte Gelübde, »ein Herz von großer Barmherzigkeit und Anteilnahme zu fassen und zum Wohle der Menschen zu wirken«, auf Abt Tannens Einfluss zurückgeführt.40

Parallel zu seinen buddhistischen Studien erhielt Jōchō unter dem konfuzianischen Gelehrten Ishida Ittei (1629–1693) eine eigene Ausbildung. Dieser hatte als einziger Gelehrter Sagas intensiv Shintō, Konfuzianismus und Buddhismus studiert und seit seinem 17. Lebensjahr als einziger offizieller Gelehrter der Saga-Domäne in der direkten Umgebung Fürst Katsushiges gedient. Nach dessen letztem Willen wurde Ittei auch Berater des drei Jahre jüngeren Fürsten Mitsushige. 1662 zog er durch seine Integrität allerdings den Zorn Mitsushiges auf sich, wurde strafversetzt und der Zweigdomäne Ogi zur Bewachung übergeben. Dass seine Strafversetzung ein Jahr nach dem junshi-Verbot kam, mag darauf hinweisen, dass seine Meinung über dieses mit der Mitsushiges kollidiert war. Nach acht Jahren im Exil, in denen er es sich trotzdem nicht nehmen ließ, in Briefen an die Moral Mitsushiges zu appellieren, wurde ihm 1669 erlaubt, nach Saga zurückzukehren. Daraufhin empfing er die Tonsur, nannte sich fortan Ittei und ließ sich in Shimoda nieder, wo er vielen als Lehrer diente, unter anderem dem 30 Jahre jüngeren Jōchō.

Unter Ishidas vielen Schriften sticht sein Werk Yōkanshō hervor, in dem er eine Vereinheitlichung von Shintoismus, Buddhismus und Konfuzianismus versucht, den Weg des Kriegers erläutert und dessen Essenz in Loyalität und Pietät begründet. In diesem Buch stellt er auch drei Gelübde vor, auf die Jōchō später seine eigenen vier Gelübde als die ethische Basis des Hagakure stellen sollte.

Noch während Jōchō seinen Studien nachging, erhielt er 1680 eine außerordentliche Reisration von 20 koku zugesprochen, von der er im Hagakure selbst erwähnt, dass sie ihm geholfen habe, sich wieder als Vasall der Nabeshima zu fühlen.

Im Jahr 1682 wurde er im 4. Monat zum osoba gokoshō, zum Seniorpagen an der Seite des Fürsten, berufen. Im 6. Monat des gleichen Jahres heiratete er die Tochter Yamamura Rokudayū Shigetsugus, ein Ereignis, das er jedoch in seiner eigenen Lebenschronik, die er später verfasste, nur am Rande erwähnt. Im 11. Monat sekundierte er beim seppuku, dem rituellen Selbstmord, seines Vetters Sawabe Hirazaemon und wurde noch im gleichen Monat zum vollen Sekretär befördert.

Zwei Jahre später wurde Jōchō als Kopiermagistrat nach Edo beordert und danach als Diensthabender nach Kyōto geschickt: Dies bedeutete gleichzeitig eine Erhöhung seines Stipendiums um fünf koku. Weil aber 1687 im Haus seines Neffen Yamamoto Gorōzaemon ein Feuer ausbrach, für das Gorōzaemon die Verantwortung übernahm, indem er seppuku beging, wurde Jōchō im siebten Monat wieder aus dem Dienst entlassen. Ein Jahr später wurde er wieder eingestellt, nur um dann 1689 wieder sowohl seinen Posten als auch sein Gehalt zu verlieren, als sein Onkel, der karō Nakano Shōgen, die Verantwortung für die oben erwähnte Haushaltskrise Sagas übernahm und seppuku beging. Auch bei diesem seppuku sekundierte, wie bereits erwähnt, Jōchō. Auf diesem wiederholten Auf und Ab in seiner Karriere gründet sich Jōchōs mehrfache Feststellung im Hagakure, dass es für einen loyalen Gefolgsmann von keinem weiteren Belang sei, seine Posten und Lehen zu verlieren, weil man bald wieder in Dienst gestellt werde. Dabei zieht er allerdings nicht in Betracht, dass er sich als Mitglied einer einflussreichen und verdienten Familie keine Sorgen um seine Zukunft oder um seinen Lebensunterhalt zu machen brauchte, während sich ein solcher Einkommensverlust für Samurai mit weniger Einfluss schnell zu einer Frage von Leben und Tod entwickeln konnte.

Erst 1691 wurde Jōchō wieder als Sekretär in den Dienst zurückberufen und übernahm auf fürstlichen Befehl am 4. Tag des 9. Monats endgültig den Namen seines Vaters, Jin’emon. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er zwar ausschließlich Posten in nächster Nähe zum Fürsten inne, diese waren aber alle relativ niedrig in der Rangordnung angesiedelt und hauptsächlich von verwaltungstechnischer und literarischer Natur.41 Wie man im Hagakure erfährt, bestand Jōchōs großer Ehrgeiz darin, Klan-Ältester zu werden, um direkt an der Landesführung beteiligt zu sein und darüber hinaus die Befugnis zu haben, dem Fürsten kangen, Ermahnungen, zu erteilen, falls dieser sich unangemessen verhalten sollte. Dabei argumentierte Jōchō durchaus spitzfindig, dass er diese Position nicht etwa aus Eigennutz, sondern zum Wohl der Domäne anstrebe. Überhaupt erscheint Jōchō äußerst selbstgefällig und selbstgerecht, weil er sich einerseits bescheiden zeigt, indem er zugibt, von niedrigem Rang und begrenzten Fähigkeiten zu sein, doch andererseits die Überzeugung ausspricht, mit 50 Jahren karō werden zu können.42 Dass seine bisherige Laufbahn allerdings wenig dazu angetan war, ihm seine Karrierewünsche zu erfüllen, bedarf kaum der Erwähnung. Zu einem sozialen Aufstieg sollte ihm erst sein nächster bedeutender Auftrag Hoffnung geben. Denn 1695 ging Fürst Mitsushige mit 64 Jahren in den Ruhestand. Neuer Fürst von Saga wurde sein Sohn Tsunashige; trotzdem arbeitete Jōchō weiterhin als Sekretär für Mitsushige, der sich nun endlich ohne Vorbehalte seiner langgehegten Vorliebe für die Poesie widmen konnte.

Matsuda Osamu zufolge fühlte auch Mitsushige als Fürst sich seinem Urgroßvater und Großvater unterlegen, weil er sich nicht wie sie einen Namen im Krieg hatte machen können. Deshalb habe er es sich in den Kopf gesetzt, dass ihm in den Zeiten der ›Pax Tokugawa‹ nichts anderes übrigbleibe, als sich einen Namen als Kunstmäzen und Dichter zu machen. Zu diesem Zweck habe es ihn nach dem Kokin denju, einem geheim überlieferten Kommentar der klassischen Gedichtesammlung Kokin wakashū, verlangt.43 Darum wurde Jōchō am 20. Tag des 3. Monats 1696 mit dem persönlichen Auftrag Mitsushiges, in Kyōto das Kokin denju zu beschaffen, in die kaiserliche Hauptstadt berufen. Im gleichen Jahr wurde Tashiro Tsuramoto übrigens zum Sekretär des neuen Fürsten Tsunashige ernannt.

Während seiner fünf Jahre in Kyōto unternahm Jōchō acht Dienstreisen, um Mitsushige nach und nach die ihm von seinem Poesielehrer Sanjōnishi Dainagon Sanenori anvertrauten Teile des Kokin denju persönlich zu überbringen. Für seine Mühen erhielt er 1699 von Fürst Tsunashige eine weitere Gehaltserhöhung von zehn koku und ein Lehen von 125 koku zuerkannt. Viel wichtiger war für ihn aber vermutlich die Möglichkeit, seine enge, persönliche Beziehung zu seinem Lehnsherrn noch vertiefen zu können. In diesem Zusammenhang erscheint z. B. auch die in Paragraph II-64 beschriebene Schenkung einer Garnitur gebrauchten Bettzeugs durch Mitsushige an Jōchō symbolträchtig.44

Im Frühjahr des Jahres 1700 verschlechterte sich allerdings unversehens der Gesundheitszustand Fürst Mitsushiges in einer Weise, die ihn auf dem Krankenbett wiederholt nach Jōchō fragen ließ, weil er vor seinem Tod unbedingt die restlichen Teile des Kokin denju zu Gesicht bekommen wollte. Seine Nachfragen wurden derart drängend, dass die Mitglieder seines Leibgefolges erwogen, gefälschte Dokumente vorzulegen, falls Jōchō nicht rechtzeitig eintreffen sollte. Mit der Krankheit seines Lehnsherrn als Vorwand konnte Jōchō sich allerdings von Sanjōnishi den Auftrag geben lassen, seinem Fürsten wohlgemerkt nur einen Teil der verbleibenden Überlieferungen des Kokin denju zu überbringen. Er erreichte Saga am 1. Tag des 5. Monats, nachdem Mitsushige bereits seine letzten Worte an seine Familie und seine wichtigsten Vasallen gerichtet hatte. Mitsushige soll über Jōchōs Ankunft und die von ihm mitgebrachten Dokumente hocherfreut gewesen sein und belobigte Jōchō für seine treuen Dienste: Damit hatte dieser praktisch den Höhepunkt seiner Laufbahn erreicht. Dass Jōchō den größten Erfolg seiner Karriere durch die Beschaffung eines Poesiekommentars erzielte und auf diese Weise seine Loyalität bewies, stuft der Hagakure-Forscher Matsuda Osamu (1927–2004) jedoch als burlesk und ein wenig lächerlich ein.45

Weil sich Fürst Mitsushiges Gesundheitszustand aber immer mehr verschlechterte, kündigte Jōchō offiziell an, dass er mit dem fürstlichen Ableben Mönch zu werden gedenke, dies aber nur deshalb, weil es von Gesetzes wegen verboten sei, seinem Lehnsherrn in den Tod zu folgen. Mitsushige verschied am 16. Tag des 5. Monats 1700 im Alter von 69 Jahren. Einen Tag später wurde Jōchōs Ersuchen, Mönch zu werden, stattgegeben. Daraufhin erhielt er am 19. die Tonsur, wurde als Laienmönch ordiniert und nahm den von seinem Lehrer Tannen erhaltenen Totennamen Gyokuzan Jōchō an. Nachdem alle Beerdigungsriten beendet waren, zog Jōchō im 7. Monat in eine Einsiedlerklause namens Chōyōken am Fuße des Berges Kinryū in Raikōji-mura Kurotsuchibaru, etwa zehn Kilometer nördlich der Burgstadt Saga. Von hier aus pilgerte er fortan am 16. Tag eines jeden Monats, dem Todestag Fürst Mitsushiges, zum zwölf Kilometer entfernten Kōdenji, um für seinen verstorbenen Lehnsherrn zu beten.

Es wird immer wieder betont, das Mönchsgelübde habe Jōchō weder aus Enttäuschung darüber abgelegt, dass sein Lehnsherr gestorben und damit praktisch jede Möglichkeit zu Beförderung und Karriere dahingeschwunden war, noch deshalb, weil Sitten und Gebräuche ihn dazu gezwungen hätten, oder etwa, weil er endlich ein geruhsames Leben habe führen wollen.46 Vielmehr wird Jōchōs eigener Erklärung im Hagakure gefolgt, in der er darauf verwies, dass es sich um eine Art »lebendes junshi« gehandelt habe, er also gewissermaßen seinem Fürsten in den Tod gefolgt sei.47 Dennoch gab er es trotz dieses »symbolischen Todes« nicht auf, sich für die Belange seiner Familie einzusetzen und sich für die Umstände des Klans zu interessieren: So stellte Jōchō zum Beispiel 1707 eine Chronik seines Vaters Shigezumi und 1714 eine Chronik seines Großvaters Nakano Jin’emon Kiyoaki (Daten unbekannt) fertig, in denen ihre Verdienste und Leistungen für die Saga-Domäne im Mittelpunkt stehen. Darüber hinaus schrieb er 1708 das Gukenshū, die »Sammlung meiner bescheidenen Ansichten«, in dem 36 Verhaltensmaßregeln für »wahre« Samurai verzeichnet waren, und ließ 1715 dem späteren fünften Fürsten von Saga Nabeshima Muneshige sein »Vermächtnis« zukommen, in dem er seine Vorstellungen über das korrekte moralische Verhalten eines Feudalfürsten zum Ausdruck brachte.

Weiterhin widmete Jōchō 1715 seinem Adoptivsohn Yamamoto Gon’nojō (gest. 1715) einen Brief mit der Überschrift Senbetsu, wörtlich »Abschiedsgeschenk«, in dem er ihm in 17 Passagen Verhaltensmaßregeln und Ratschläge für dessen Arbeit mit auf den Weg nach Edo gab. Zu guter Letzt hinterließ Jōchō noch eine eigene Jahreschronik, in der er in erster Linie, wie auch in den Chroniken seines Vaters und Großvaters, Dokumente aufführte, in denen an seine eigenen Verdienste erinnert wurde. Darum handelt es sich dabei in erster Linie nicht um Memoiren, sondern um eine Geltendmachung seiner Person, in der er ausschließlich positive, vorteilhafte Dinge notierte und nachteilige Umstände unter den Tisch fallen ließ. So gesehen müsse man also, laut Matsuda Osamu, seine literarische Hinterlassenschaft als in einer Weise berechnet ansehen, die seinen eigenen, im Hagakure propagierten Idealen nicht entspricht.48 Andererseits darf man auch nicht verkennen, wie wichtig eine solche Einflussnahme für die fortgesetzte Bedeutung der eigenen Familie innerhalb der Domäne war.

All diese Manuskripte ließ er sowohl seinem Adoptivsohn Gon’nojō als auch Tashiro Tsuramoto zukommen. Tashiro Matazaemon Tsuramoto, der Protokollant oder Schriftführer des Hagakure, wurde 1678 geboren. Er zeigte früh literarisches Talent und wurde deshalb 1696 Sekretär Fürst Tsunashiges. Nach dessen Tod im 12. Monat 1706 setzte er seine Arbeit für den vierten Nabeshima-Fürsten Yoshishige fort, wurde aber im 5. Monat 1709 aus unbekannten Gründen seines Postens und seines Lehens enthoben. Weil es rōnin verboten war, in der Nähe der Burg Saga zu wohnen, zog er nach Gongenbaru im Dorf Kanadate, etwa anderthalb Kilometer von Jōchōs Einsiedelei entfernt. Dadurch kam es am 5. Tag des 3. Monats 1710 zum ersten Besuch Tsuramotos bei Jōchō: Die Notierung und Zusammenstellung des Hagakure nahm seinen Anfang. Im Verlauf der nächsten sechs bis sieben Jahre machte sich Tsuramoto Notizen von ihren Konversationen und fasste diese Notizen bis 1716 (also drei Jahre vor Jōchōs Tod) hauptsächlich in den ersten beiden Bänden des Hagakure zusammen.

Jōchō verstarb schließlich im Alter von 60 Jahren am 10. Tag des 10. Monats 1719. Seinem Wunsch gemäß wurden bei seiner Einäscherung keine rituellen Gebete gesprochen. Dies führt Koga Hideo (1917–2002) auf die religiöse Überzeugung zurück, dass solche Gebete die Seele ins buddhistische Paradies führen würden. Aber in der Einleitung zum Hagakure hatte Jōchō darauf bestanden, siebenmal als Samurai des Nabeshima-Klans wiedergeboren zu werden, um auch in Zukunft dem Fürstenhaus dienen zu können.49

Tashiro Tsuramoto dagegen wurde im 8. Monat 1731 zum Sekretär des fünften daimyō von Saga Muneshige ernannt, dem Jōchō 16 Jahre zuvor sein »Vermächtnis« überreicht hatte. Als offizieller Protokollant und geheimer Dokumentenbeschaffer wurde Tsuramoto dann in Edo stationiert: Dort wurde er für seine Verdienste belobigt und erhielt eine erhebliche Gehaltserhöhung. 1748 verstarb er im Alter von 70 Jahren.

Die Überlieferung des Hagakure

Bis heute konnte kein Originalmanuskript von Tashiro Tsuramoto gefunden werden, aber aus der Tatsache, dass über 40 handschriftliche Kopien existieren, geht klar hervor, dass das Hagakure bis zum Ende der Edo-Zeit unter dem Kriegeradel Sagas relativ verbreitet war.50 Dabei werden die verschiedenen Versionen des Hagakure in drei Zweige oder Strömungen unterteilt, nämlich in die Kashima-Fassung, die Koyama-Fassung und die Kōhaku-Fassung, die sich jeweils in einzelnen Details, wie z. B. der Zahl der Paragraphen, oder auch in einzelnen Schriftzeichen, die beim Kopieren missverstanden und falsch abgeschrieben wurden, unterscheiden.51

Die Tatsache, dass das Werk bis Ende der Meiji-Zeit nie gedruckt, sondern durch handschriftliches Kopieren und Weiterreichen überliefert wurde, bedeutet aber auch, dass über den genauen Abschluss der Arbeit am Manuskript nichts bekannt ist. Aus Daten, die in manchen Manuskripten vermerkt sind, wird angenommen, dass es zum großen Teil zwischen 1710 und 1716 geschrieben wurde, aber erstens lässt sich für das Jahr 1716 keine Bestätigung finden, und zweitens zeigt die Nennung eines Datums aus dem Jahre 1740 im fünften Band, dass das Hagakure keineswegs 1716 fertiggestellt war. Darum wird davon ausgegangen, dass die kompletten elf Bände irgendwann in den 30 Jahren zwischen 1716 und 1748 zustande gekommen sind.52

Anfangs scheint der Text nur von einzelnen Personen kopiert worden zu sein, bis es sich weit genug verbreitete, dass zum Beispiel unter den Truppführern der Wachmannschaften in Nagasaki regelmäßige Lesegruppen organisiert wurden. Gegen Ende der Edo-Zeit wurden in der Saga-Domäne dann auch Studiengruppen eingeführt, die möglicherweise aufgrund der ausländischen Gefahr, wie sie sich durch immer öfter eintreffende Schiffe der europäischen Kolonialmächte bemerkbar machte, eine spirituelle Stärkung des Militärs zur Absicht hatten.53 Allerdings, so ist zu bedenken, gibt es einerseits keinen Hinweis darauf, dass das Hagakure über die Grenzen Sagas hinaus bekannt gewesen wäre, und andererseits wurde das Hagakure nicht einmal als Lehrbuch des Kōdōkan akzeptiert, der 1781 gegründeten Domänenschule Sagas, die hauptsächlich ein konfuzianisches Curriculum verfolgte und sich die Ausbildung von »Führern der menschlichen Moral« zum Ziel gesetzt hatte. Als Gründe für die Ablehnung könnte man die Kritik ausländischer Lehren, zu denen ja auch der Konfuzianismus gehörte, die gotteslästerlichen Aussagen und das Ideal des verwegenen Haudegens im Hagakure verstehen, die nicht mit den Idealen einer konfuzianischen Ausbildung zu vereinbaren waren.54

Aber es dauerte bis 1906, bis Nakamura Ikuichi die erste allgemein erhältliche, gedruckte Version des Hagakure herausgab, die allerdings nur ungefähr ein Fünftel des Gesamttexts umfasste und wenig Beachtung fand. Erst ein Jahr zuvor hatte dagegen der einflussreiche Philosophieprofessor Inoue Tetsujirō (1856–1944) eine umfassende Sammlung von Bushidō-Texten der Edo-Zeit in drei Bänden publiziert, in der das Hagakure aber gar nicht erwähnt wurde.55

1935 veröffentlichte dann der aus Saga stammende Kurihara Kōya mit dem Hagakure-no Shinzui (»Die Essenz des Hagakure«) die erste umfassende Interpretation des Werkes und brachte 1940 mit dem Hagakure Kōchū (»Das revidierte Hagakure mit Anmerkungen«) sowohl die erste Gesamtversion als auch die erste Fassung mit umfassenden Anmerkungen heraus. Doch erst mit der Ausgabe des berühmten Moralphilosophen und Nationalideologen Watsuji Tetsurō (1889–1960) bei Iwanami Bunko – der japanischen Entsprechung des Reclam Verlags –, auf der auch die vorliegende Übersetzung basiert, wurde das Hagakure noch im gleichen Jahr 1940 einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Das auf diese Weise erwachte breite Interesse führte zu einer Welle von Veröffentlichungen, die sich auf das Hagakure bezogen, wie etwa auch Lesebücher für Schulen. Die Fülle an Publikationen in der zweiten Hälfte der 1930er und Anfang der 1940er Jahre zeugt von der um sich greifenden Einflussnahme des japanischen Militärs auf alle Aspekte der japanischen Gesellschaft. Dies äußerte sich zum Beispiel auch in dem Putschversuch vom 26. Februar 1936, bei dem mehrere Staatsminister ermordet wurden und der trotz seines Scheiterns die fortschreitende Kontrolle des Militärs über die japanische Politik zur Folge hatte, was Ende 1941 zum Angriff auf Pearl Harbor und damit zum Eintritt Japans in den Zweiten Weltkrieg führen sollte. In diesem Zusammenhang argumentiert Yamamoto Hirofumi (geb. 1957), dass das »Ideal des draufgängerischen Haudegens«, wie es im Hagakure vertreten wird, im Zweiten Weltkrieg hervorragend zur Denkart des japanischen Militarismus gepasst habe, weil man Soldaten und Untertanen brauchte, die auch in einem verzweifelten, hoffnungslosen Kampf nicht aufhören würden zu kämpfen.56

Mit der japanischen Kapitulation sowie der Entmilitarisierung Japans nach 1945 durch die amerikanischen Besatzungsstreitkräfte wurden die martialischen Traditionen im Allgemeinen und angeblich militaristisches Schriftgut wie das Hagakure im Besonderen verboten, während wirtschaftliche Not das generelle Interesse an kriegerischem Gedankengut zum Erliegen brachte. Und obwohl der Iwanami-Verlag 1965 eine revidierte Fassung von Watsujis Buch von 1940 herausgab57 – eine Fassung, die im Jahre 2006 ihre 35. Auflage erreicht hat –, fand das Hagakure nach dem Zweiten Weltkrieg erst wieder mit dem Putschversuch Mishima Yukios (1925–1970), der von vielen Kritikern für den wichtigsten japanischen Romanautor des 20. Jahrhunderts gehalten wird, weitere Beachtung.

In seiner literarischen Karriere hatte Mishima eine immer stärker werdende Obsession für Blut, Tod und Selbstmord, ein Interesse an selbstzerstörerischen Charakteren und einen Widerwillen gegen die Langeweile und Sterilität des modernen Lebens gezeigt. Er fühlte sich stark angezogen von dem strengen, unbeugsamen Patriotismus und dem martialischen Geist der japanischen Vergangenheit. Daher gründete er 1968, ein Jahr nach einem zweimonatigen Erfahrungskurs58 in den japanischen Selbstverteidigungsstreitkräften, eine Privatmiliz mit dem Namen Tate-no-Kai, die »Schildgesellschaft«, die sich darauf verschwor, den Kaiser als die Essenz der japanischen Nation zu beschützen. Am 25. November 1970 übernahm Mishima mit vier ausgesuchten Mitgliedern seiner Schildgesellschaft die Kontrolle über das Büro des kommandierenden Generals im Zentrum Tōkyōs, von wo aus er vor tausend Soldaten vergeblich zum Sturz der japanischen Nachkriegsverfassung mit ihrem festgeschriebenen Verzicht auf Krieg und Militär aufrief. Nach dem Scheitern des Putsches, mit dem er vielleicht von Anfang an gerechnet hatte, beging Mishima seppuku. Dieser schockierende Vorfall lenkte die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit unter anderem auf den 1967 von ihm veröffentlichten Kommentar Hagakure Nyūmon (»Einführung in das Hagakure«), ein Werk, in dem man nun die Ursachen für sein gewaltsames Ende suchte.59

Dass das Hagakure 1969 in einem Artikel der einflussreichen Zeitschrift Chūō Kōron von Naramoto Tatsuya (1913–2001) als einer der 17 wichtigsten Klassiker Japans beschrieben worden war, tat ein Übriges, um wieder größeres Interesse an diesem Werk zu wecken.60 Kathryn Sparlings englische Übersetzung von Mishimas Buch im Jahr 1977 und William Scott Wilsons Übersetzung von ausgewählten Passagen des Hagakure 1979 machten Letzteres dann in Folge über die Grenzen Japans hinaus bekannt. Damit gehört es zu den wenigen Bushidō-Schriften, die in westlichen Sprachen erhältlich sind.

Solange man das Hagakure isoliert betrachtet, mag man darin in der Tat hehre Idealvorstellungen und ethische Prinzipien erkennen, die durchaus auch im modernen Leben Anwendung zu finden scheinen. Diese Aspekte werden besonders von der 1985 in Saga gegründeten Hagakure-Gesellschaft betont, die im Zuge ihrer Aktivitäten 1992 das erste internationale Hagakure-Symposium organisierte – unter dem aussagekräftigen Titel »Hagakure – A Wisdom for Living in the 21st Century«.61 Dieser Devise entsprechend wird propagiert, dass die Leitprinzipien des Hagakure immer noch für die gegenwärtige Gesellschaft relevant seien,62 dass das Hagakure ein Leitfaden auf dem Weg zur menschlichen Weiterentwicklung sei, der seinen Ursprung in der Essenz der traditionellen, spirituellen Kultur Japans finde,63 oder dass es eine Chronik von signifikanter Bedeutung und eine Fundgrube meditativer Weisheit für zukünftiges Wohlbefinden darstelle.64 Ebenso wird versucht, anachronistische Elemente des Hagakure für moderne Gemüter akzeptabel zu machen, indem unter einer allgemeinen Betonung auf »humanistische Werte« behauptet wird, der spirituelle Nährwert des Buches stehe in Fragen der Ethik fundamentalen Werten der christlich-westlichen Kultur nahe.65

Aber eine solche zumindest wohlwollende Interpretation versäumt es, den Text kritisch zu hinterfragen, und verdeckt für moderne Leser ungemütlichere Aspekte, wie zum Beispiel die bedingungslose Unterwerfung unter die zweifelhafte Autorität eines allzu menschlichen Herrschers, dessen Mängel es um jeden Preis zu vertuschen gilt. Auch Matsuda Osamu weist auf die Diskrepanz zwischen der Klarheit und Leidenschaftlichkeit des Werkes einerseits und der paradoxen Vorführung des äußerst sorgfältigen und bedachtsamen, abwägenden und berechnenden Geistes des Autors andererseits hin, die den beschriebenen Idealen selbst keinesfalls gerecht wird.66 So betont Jōchō zum Beispiel in der Einleitung die Notwendigkeit einer genauen Kenntnis der lokalen Landeskunde von Saga, geht aber nirgends auf die besonderen Umstände ein, unter denen die Domäne auf die Nabeshima übergegangen ist. Diese Vorgehensweise, unbequeme Wahrheiten zu verschweigen, geschieht nicht etwa unbewusst, sondern als bewusste Manipulation der Tatsachen. Darum, so Matsuda, muss man diese Art, den Widerspruch zwischen dem Ryūzōji-Problem und Jōchōs Philosophie des unbedingten Gehorsams auszuschalten, fast schon elegant nennen.67

Der berühmte, oft zitierte Satz im zweiten Paragraphen des ersten Bandes: »Ich habe entdeckt, dass der bushidō, der Weg des Kriegers, seine Erfüllung im Sterben findet«, konnte deshalb seinen jetzigen Platz in der Vorstellung der modernen Gesellschaft erobern, weil man darin die heldenhafte Todesverachtung prototypischer Krieger zu erkennen vermeint, wie sie in der heutigen Welt kaum noch zu finden ist. Tatsächlich geht es jedoch nicht vorrangig um die Akzeptanz des Todes als eines unvermeidlichen Bestandteils des menschlichen Lebens, sondern um das soziale Dilemma eines Kriegeradels in einer friedlichen, von gesetzlichen Statuten geregelten Gesellschaftsordnung. Aufgrund des im Buke Shohatto verankerten Gesetzes des kenka ryōseibai, durch das beide Seiten in einem Streit oder nicht autorisierten Duell gleichermaßen zur Verantwortung gezogen wurden, gab es für einen bushi der Edo-Zeit im Falle eines Konflikts nur zwei Möglichkeiten: Er konnte sich entweder auf einen Kampf einlassen und sich der großen Wahrscheinlichkeit aussetzen, zu sterben oder lebensgefährlich verletzt zu werden, oder er konnte versuchen, sich mit Hinweisen auf die Gesetzeslage herauszureden und zu fliehen. Das hätte allerdings den Verlust der Ehre bedeutet, weil man, als »Feigling« abgestempelt, einen sozialen Tod gestorben wäre. Und dies führte in vielen Fällen zum Verlust von Stellung, Lehen und sogar zu einer offiziellen Verurteilung zum Tode.

Entsprechend dem Hagakure galt es also unbedingt zu vermeiden, »Schande auf sein Haupt zu laden« und seine Ehre zu verlieren. Wenn man letztendlich sowieso sterben würde, war es dem Hagakure zufolge besser, einen ehrenhaften, eines Kriegers würdigen Tod zu sterben, als sich aus einem Streit herauszureden und seinen Rückzug dann im Nachhinein mit Hinweisen auf die Gesetzeslage zu begründen. Darum lautet der Schlüsselsatz im berühmten zweiten Paragraphen: »Wenn man die falsche Entscheidung trifft und überlebt, wird man zum Feigling!« Und dies galt es um jeden Preis zu vermeiden.68

Was konnte ein bushi, der mit diesem Dilemma konfrontiert war, also tun, um keine Schande auf sich zu laden? Schande ließ sich laut Hagakure nur vermeiden, indem man aufhörte, am Leben zu hängen, sich ans Leben zu klammern. Daher legt Jōchō auch einerseits so hohen Wert auf die Entschlossenheit, ohne Zögern zu sterben, und shinigurui, also wie ein »Berserker« im Todeswahn um sich zu schlagen. Andererseits kritisiert er chie, d. h. Wissen, Weisheit und Rationalität, sowie technisches Vermögen in den Künsten. In diesem Zusammenhang darf man allerdings nicht vergessen, dass auch in der bushi-Gesellschaft Wissen und Findigkeit immer hochgeschätzt waren und gerade in der Edo-Zeit immer mehr Wert auf das Gleichgewicht zwischen Gelehrsamkeit und militärischen Fähigkeiten (bunbu ryōdō) gelegt wurde.

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