Kitabı oku: «Johann Wolfgang von Goethe: Gesammelte Dramen», sayfa 14

Yazı tipi:

Des Epimenides Erwachen

Den Frieden kann das Wollen nicht bereiten:

Wer alles will, will sich vor allen mächtig;

Indem er siegt, lehrt er die andern streiten,

Bedenkend macht er seinen Feind bedächtig.

So wachsen Kraft und List nach allen Seiten,

Der Weltkreis ruht von Ungeheuern trächtig,

Und der Geburten zahlenlose Plage

Droht jeden Tag als mit dem jüngsten Tage.

Der Dichter sucht das Schicksal zu entbinden,

Das, wogenhaft und schrecklich ungestaltet,

Nicht Maß, noch Ziel, noch Richte weiß zu finden

Und brausend webt, zerstört und knirschend waltet.

Da faßt die Kunst, in liebendem Entzünden,

Der Masse Wust; die ist sogleich entfaltet

Durch Mitverdienst gemeinsamen Erregens,

Gesang und Rede, sinnigen Bewegens.

Erster Aufzug

Ein prächtiger Säulenhof; im Grunde ein tempelähnliches Wohngebäude.

Erster Auftritt

DIE MUSE zwei Genien, der eine an einem Thyrsus Leier, Masken, geschriebene Rolle trophäenartig tragend, der andere einen Sternenkreis um sich her.

In tiefe Sklaverei lag ich gebunden,

Und mir gefiel der Starrheit Eigensinn;

Ein jedes Licht der Freiheit war verschwunden,

Die Fesseln selbst, sie schienen mir Gewinn:

Da nahte sich, in holden Frühlingsstunden,

Ein Glanzbild; gleich entzückt – so wie ich bin –

Seh' ich es weit und breiter sich entfalten,

Und rings umher ist keine Spur des Alten.

Die Fesseln fallen ab von Händ' und Füßen,

Wie Schuppen fällt's herab vom starren Blick,

Und eine Träne, von den liebesüßen,

Zum ersten Mal sie kehrt ins Aug' zurück;

Sie fließt – ihr nach die Götterschwestern fließen,

Das Herz empfindet längst entwohntes Glück,

Und mir erscheint, was mich bisher gemieden,

Ganz ohne Kampf, der reine Seelenfrieden.

Und mir entgegnet, was mich sonst entzückte:

Der Leier Klang, der Töne süßes Licht

Und, was mich schnell der Wirklichkeit entrückte,

Bald ernst, bald frohgemut, ein Kunstgesicht;

Und das den Pergamenten Aufgedrückte,

Ein unergründlich schweres Leichtgewicht;

Der Sterne Kreis erhebt den Blick nach oben,

Und alle wollen nur das Eine loben.

Und Glück und Unglück tragen so sich besser,

Die eine Schale sinkt, die andre steigt,

Das Unglück mindert sich, das Glück wird größer,

So auf den Schultern trägt man beide leicht!

Da leere das Geschick die beiden Fässer,

Der Segen trifft, wenn Fluch uns nie erreicht;

Wir sind für stets dem guten Geist zuteile,

Der böse selbst, er wirkt zu unserm Heile.

So ging es mir! Mög' es euch so ergehen,

Daß aller Haß sich augenblicks entfernte

Und, wo wir noch ein dunkles Wölkchen sehen.

Sich alsobald der Himmel übersternte,

Es tausendfach erglänzte von den Höhen

Und alle Welt von uns die Eintracht lernte;

Und so genießt das höchste Glück hienieden:

Nach hartem äußern Kampf den innern Frieden.

Die Muse bewegt sich, als wenn sie abgehen wollte; die Kinder ziehen voran und sind schon in der Kulisse, sie aber ist noch auf dem Theater, wenn Epimenides erscheint; dann spricht sie folgende Stanze, geht ab, und jener kommt die Stufen herab.

MUSE.

Und diesen lass' ich euch an meiner Stelle,

Der, früher schon geheimnisvoll belehrt,

Als Mann der Weisheit unversiegter Quelle

Und ihrem Schaun sich treulich zugekehrt,

Nun freigesinnt, beinah zur Götterhelle

Die wunderbarsten Bilder euch erklärt;

Doch laßt vorher die wildesten Gestalten

In eigensinn'ger Kraft zerstörend walten.

Ab.

Zweiter Auftritt

EPIMENIDES.

Uralten Waldes majestätische Kronen,

Schroffglatter Felsenwände Spiegelflächen

Im Schein der Abendsonne zu betrachten –

Erreget Geist und Herz zu der Natur

Erhabnen Gipfeln, ja zu Gott hinan.

Auch schau' ich gern der Menschenhände Werk,

Woher des Meisters Hochgedanke strahlt;

Und dieser Pfeiler, dieser Säulen Pracht

Umwandl' ich sinnend, wo sich alles fügte,

Wo alles trägt und alles wird getragen!

So freut mich auch, zu sehn ein edles Volk

Mit seinem Herrscher, die im Einklang sich

Zusammenwirkend fügen, für den Tag,

Ja für Jahrhunderte, wenn es gelingt.

Und so begrüß' ich froh die Morgensonne,

Begrüße gleicherweis' die scheidende.

Dann wend' ich meinen Blick den Sternen zu,

Und dort wie hier ist Einklang der Bewegung.

Der Jugend Nachtgefährt' ist Leidenschaft,

Ein wildes Feuer leuchtet ihrem Pfad;

Der Greis hingegen wacht mit hellem Sinn,

Und sein Gemüt verschließt das Ewige.

Dritter Auftritt

GENIEN treten rasch auf und stellen sich ihm zu beiden Seiten.

Wandelt der Mond und bewegt sich der Stern,

Junge wie Alte, sie schlafen so gern;

Leuchtet die Sonne nach löblichem Brauch,

Junge wie Alte, sie schlafen wohl auch.

EPIMENIDES.

Ein heitres Lied, ihr Kinder; doch voll Sinn.

Ich kenn' euch wohl! Sobald ihr scherzend kommt,

Dann ist es Ernst, und wenn ihr ernstlich sprecht,

Vermut' ich Schalkheit. Schlafen, meint ihr, schlafen?

An meine Jugend wollt ihr mich erinnern.

Auf Kretas Höhn, des Vaters Herde weidend,

Die Insel unter mir, ringsum das Meer,

Den Tageshimmel von der einzigen Sonne,

Von tausenden den nächtigen erleuchtet

Da strebt's in meiner Seele, dieses All,

Das herrliche, zu kennen; doch umsonst:

Der Kindheit Bande fesselten mein Haupt.

Da nahmen sich die Götter meiner an,

Zur Höhle führten sie den Sinnenden,

Versenkten mich in tiefen langen Schlaf.

Als ich erwachte, hört' ich einen Gott:

»Bist vorbereitet«, sprach er, »wähle nun!

Willst du die Gegenwart und das, was ist,

Willst du die Zukunft sehn, was sein wird?« Gleich

Mit heiterm Sinn verlangt' ich zu verstehn,

Was mir das Auge, was das Ohr mir beut.

Und gleich erschien durchsichtig diese Welt,

Wie ein Kristallgefäß mit seinem Inhalt.

Den schau' ich nun so viele Jahre schon;

Was aber künftig ist, bleibt mir verborgen.

Soll ich vielleicht nun schlafen, sagt mir an,

Daß ich zugleich auch Künftiges gewahre?

GENIEN.

Wärest du fieberhaft, wärest du krank,

Wüßtest dem Schlafe du herzlichen Dank;

Zeiten, sie werden so fieberhaft sein,

Laden die Götter zum Schlafen dich ein.

EPIMENIDES.

Zum Schlafen? jetzt? – Ein sehr bedeutend Wort.

Zwei euresgleichen sind's, wo nicht ihr selbst,

Sind Zwillingsbrüder, einer Schlaf genannt,

Den andern mag der Mensch nicht gerne nennen;

Doch reicht der Weise einem wie dem andern

Die Hand mit Willen – also, Kinder, hier!

Er reicht ihnen die Hände, welche sie anfassen.

Hier habt ihr mich! Vollziehet den Befehl

Ich lebte nur, mich ihm zu unterwerfen.

GENIEN.

Wie man es wendet und wie man es nimmt,

Alles geschieht, was die Götter bestimmt!

Laß nur den Sonnen, den Monden den Lauf,

Kommen wir zeitig und wecken dich auf.

Epimenides steigt, begleitet von den Knaben, die Stufen hinan, und als die Vorhänge sich öffnen, sieht man ein prächtiges Lager, über demselben eine wohlerleuchtende Lampe. Er besteigt es; man sieht ihn sich niederlegen und einschlafen. Sobald der Weise ruht, schließen die Knaben zwei eherne Pfortenflügel, auf welchen man den Schlaf und Tod, nach antiker Weise, vorgestellt sieht. Fernes Donnern.

Vierter Auftritt

HEERESZUG im Kostüm der sämtlichen Völker, welche von den Römern zuerst bezwungen und dann als Bundesgenossen gegen die übrige Welt gebraucht worden.

Der Ruf des Herrn

Der Herrn ertönt;

Wir folgen gern,

Wir sind's gewöhnt;

Geboren sind

Wir all' zum Streit,

Wie Schall und Wind

Zum Weg bereit.

Wir ziehn, wir ziehn

Und sagen's nicht,

Wohin? wohin?

Wir fragen's nicht;

Und Schwert und Spieß,

Wir tragen's fern,

Und jens und dies,

Wir wagen's gern.

Fünfter Auftritt

DÄMON DES KRIEGS sehr schnell auftretend.

Mit Staunen seh' ich euch, mit Freude,

Der ich euch schuf, bewundr' euch heute:

Ihr zieht mich an, ihr zieht mich fort,

Mich muß ich unter euch vergessen:

Mein einzig Streben sei immerfort,

An eurem Eifer mich zu messen.

Des Höchsten bin ich mir bewußt,

Dem Wunderbarsten widm' ich mich mit Lust:

Denn wer Gefahr und Tod nicht scheut,

Ist Herr der Erde, Herr der Geister;

Was auch sich gegensetzt und dräut,

Er bleibt zuletzt allein der Meister.

Kein Widerspruch! kein Widerstreben!

Ich kenne keine Schwierigkeit,

Und wenn umher die Länder beben,

Dann erst ist meine Wonnezeit.

Ein Reich mag nach dem andern stürzen,

Ich steh' allein und wirke frei;

Und will sich wo ein schneller Knoten schürzen,

Um desto schneller hau' ich ihn entzwei.

Kaum ist ein großes Werk getan,

Ein neues war schon ausgedacht;

Und wär' ich ja aufs Äußerste gebracht,

Da fängt erst meine Kühnheit an. –

Ein Schauder überläuft die Erde,

Ich ruf' ihr zu ein neues Werde.

Ein Brandschein verbreitet sich über das Theater.

Es werde Finsternis! – Ein brennend Meer

Soll allen Horizont umrauchen

Und sich der Sterne zitternd Heer

Im Blute meiner Flammen tauchen.

Die höchste Stunde bricht herein,

Wir wollen ihre Gunst erfassen:

Gleich unter dieser Ahnung Schein

Entfaltet euch, gedrängte Massen;

Vom Berg ins Land, flußab ans Meer

Verbreite dich, unüberwindlich Heer!

Und wenn der Erdkreis überzogen

Kaum noch den Atem heben mag,

Demütig seine Herrn bewirtet

Am Ufer schließet mir des Zwanges ehrnen Bogen:

Denn wie euch sonst das Meer umgürtet,

Umgürtet ihr die kühnen Wogen:

So Nacht für Nacht, so Tag für Tag;

Nur keine Worte – Schlag auf Schlag!

HEERESZUG sich entfernend.

So geht es kühn

Zur Welt hinein;

Was wir beziehn,

Wird unser sein:

Will einer das,

Verwehren wir's;

Hat einer was,

Verzehren wir's.

Hat einer gnug

Und will noch mehr,

Der wilde Zug

Macht alles leer.

Da sackt man auf,

Und brennt das Haus,

Da packt man auf

Und rennt heraus.

So zieht vom Ort

Mit festem Schritt

Der Erste fort

Den Zweiten mit;

Wenn Wahn und Bahn

Der Beste brach,

Kommt an und an

Der Letzte nach.

Sechster Auftritt

DÄMONEN DER LIST treten, in verschiedenen Gestalten, von derselben Seite, nach welcher das Kriegsheer abzieht, auf, schlingen sich durch die Kolonne durch, welche, in ihrem raschen Schritt gehindert, langsamer abzieht.

Wenn unser Sang

Gefällig lockt,

Der Siegesdrang,

Er schwankt und stockt;

Wenn unser Zug

Sich krümmt und schlingt,

Der Waffen Flug

Wird selbst bedingt.

Nur alle mit

Dahin! dahin!

Nur Schritt vor Schritt,

Gelassen kühn.

Wie's steht und fällt,

Ihr tretet ein;

Geschwind die Welt

Wird euer sein.

Wenn der Kriegszug das Theater verlassen hat, haben die Neuangekommenen dasselbe schon völlig

eingenommen, und indem der Dämon des Kriegs den Seinigen folgen will, treten ihm die Dämonen der List in den Weg.

Siebenter Auftritt

Dämonen der List.

ALLE.

Halt ein! Du rennst in dein Verderben!

DÄMON DES KRIEGS.

Wer also spricht, der müsse sterben.

PFAFFE.

Erkenn' ich doch, daß du unsterblich bist;

Doch auch unsterblich ist die Pfaffenlist.

DÄMON DES KRIEGS.

So sprecht!

JURIST.

Fürwahr, dein ungezähmter Mut

Läßt sich durch Güte nicht erbitten.

Du wirst mit einem Meer von Blut

Den ganzen Erdkreis überschütten.

DIPLOMAT.

Doch wandl' ich dir nicht still voran

Und folg' ich nicht den raschen Pfaden,

So hast du wenig nur getan

Und wirst dir immer selber schaden.

DAME.

Wer leise reizt und leise quält,

Erreicht zuletzt des Herrschers höchstes Ziel;

Und wie den Marmor selbst der Tropfen Folge höhlt,

So töt' ich endlich das Gefühl.

DIPLOMAT.

Du eilst uns vor, wir folgen still,

Und mußt uns noch am Ende schätzen:

Denn wer der List sich wohl noch fügen will,

Wird der Gewalt sich widersetzen.

DÄMON DES KRIEGS.

Verweilet ihr, ich eile fort!

Der Abschluß, der ist meine Sache.

Du wirkest hier, du wirkest dort,

Und wenn ich nicht ein Ende mache,

So hat ein jeder noch ein Wort.

Ich löse rasch mit einem Male

Die größten Zweifel Angesichts:

So legte Brennus in die Schale

Das Schwert statt goldenen Gewichts.

Du magst nur dein Gewerbe treiben,

In dem dich niemand übertrifft;

Ich kann nur mit dem Schwerte schreiben,

Mit blut'gen Zügen, meine Schrift.

Geht rasch ab.

Achter Auftritt

Dämonen der List.

PFAFFE.

Der Kriegesgott, er wüte jetzt,

Und ihr umgarnt ihn doch zuletzt.

DIPLOMAT.

Zertret' er goldner Saaten Halme

Mit flügelschnellem Siegeslauf,

Allein wenn ich sie nicht zermalme,

Gleich richten sie sich wieder auf.

DAME.

Die Geister macht er nie zu Sklaven;

Durch offne Rache, harte Strafen

Macht er sie nur der Freiheit reif.

HOFMANN.

Doch alles, was wir je ersonnen,

Und alles, was wir je begonnen,

Gelinge nur durch Unterschleif.

PFAFFE.

Den Völkern wollen wir versprechen,

Sie reizen zu der kühnsten Tat;

Wenn Worte fallen, Worte brechen,

Nennt man uns weise, klug im Rat.

JURIST.

Durch Zaudern wollen wir verwehren,

Und alle werden uns vertraun.

Es sei ein ewiges Zerstören,

Es sei ein ew'ges Wiederbaun.

LUSTIGE PERSON.

Steht nur nicht in so eng geschloßnen Reihen,

Schließt mich in eure Zirkel ein,

Damit zu euren Gaukeleien

Die meinigen behilflich sei'n!

Bin der Gefährlichste von allen!

Dieweil man mich für nichtig hält;

Daran hat jedermann Gefallen,

Und so betrüg' ich alle Welt.

Euch dien' es allen zum Bescheide:

Ich spiele doppelte Person

Erst komm' ich an in diesem Kleide,

In diesem mach' ich mich davon.

Zeigt sich als böser Geist, versinkt, eine Flamme schlägt empor.

DIPLOMAT.

Und nun beginnet gleich – das herrliche Gebäude,

Der Augen Lust, des Geistes Freude,

Im Wege steht es mir vor allen;

Durch eure Künste soll es fallen.

HOFMANN.

Leise müßt ihr das vollbringen,

Die gelinde Macht ist groß;

Wurzelfasern, wie sie dringen,

Sprengen wohl die Felsen los.

CHOR.

Leise müßt ihr das vollbringen,

Die geheime Macht ist groß.

HOFMANN.

Und so löset still die Fugen

An dem herrlichen Palast;

Und die Pfeiler, wie sie trugen,

Stürzen durch die eigne Last.

In das Feste sucht zu dringen

Ungewaltsam, ohne Stoß.

CHOR.

Leise müßt ihr das vollbringen,

Die geheime Macht ist groß.

Während dieses letzten Chors verteilen sich die Dämonen an alle Kulissen, nur der Hofmann bleibt in der Mitte, die übrigen sind mit dem letzten Laute auf einmal alle verschwunden.

Neunter Auftritt

Dämon als Hofmann allein. Lauschend.

Ich trete sacht, ich halte Puls und Oden

Ich fühle sie wohl, doch hör' ich sie nicht;

Es zittert unter mir der Boden;

Ich fürchte selbst, er schwankt und bricht:

Er entfernt sich von der einen Seite.

Die mächtig riesenhaften Quadern,

Sie scheinen unter sich zu hadern;

Er entfernt sich von der andern Seite.

Die schlanken Säulenschäfte zittern,

Die schönen Glieder, die in Liebesbanden

Einträchtig sich zusammenfanden,

Jahrhunderte als Eins bestanden

Erdbeben scheinen sie zu wittern,

Bei dringender Gefahr und Not,

Die einem wie dem andern droht,

Sich gegenseitig zu erbittern.

Er tritt in die Mitte, argwöhnisch gegen beide Seiten.

Ein Wink, ein Hauch den Bau zugrunde stößt,

Wo sich von selbst das Feste löst.

In dem Augenblicke bricht alles zusammen. Er steht in schweigender, umsichtiger Betrachtung.

Zehnter Auftritt

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG tritt auf, im Kostüm eines orientalischen Despoten.

DÄMON DER LIST ehrerbietig.

Mein Fürst! mein Herrscher, so allein?

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG.

Da, wo ich bin, da soll kein andrer sein.

DÄMON DER LIST.

Auch die nicht, die dir angehören?

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG.

Ich werde niemals dir verwehren,

Zu schaun mein fürstlich Angesicht;

Doch weiß ich wohl, du liebst mich nicht.

Dein Vielbemühn, was hilft es dir?

Denn ewig dienstbar bist du mir.

DÄMON DER LIST.

Herr, du verkennest meinen Sinn!

Zu dienen dir, ist mein Gewinn;

Und wo kann freieres Leben sein,

Als dir zu dienen, dir allein!

Was Großes auch die Welt gesehn,

Für deinen Zepter ist's geschehn;

Was Himmel zeugte, Hölle fand,

Ergossen über Meer und Land,

Es kommt zuletzt in deine Hand.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG.

Sehr wohl! Die Mühe mir verkürzen,

Das ist dein edelster Beruf:

Denn was die Freiheit langsam schuf,

Es kann nicht schnell zusammenstürzen,

Nicht auf der Kriegsposaune Ruf;

Doch hast du klug den Boden untergraben,

So stürzt das alles Blitz vor Blitz.

Da kann ich meinen stummen Sitz

In sel'gen Wüsteneien haben.

Du hast getan, wie ich gedacht.

Ich will nun sehn, was du vollbracht.

Verliert sich unter die Ruinen.

Eilfter Auftritt

DÄMON DER LIST zuversichtlich.

Ja, gehe nur und sieh dich um!

In unsrer Schöpfung magst du wohnen.

Du findest alles still und stumm,

Denkst du in Sicherheit zu thronen.

Ihr brüstet euch, ihr unteren Dämonen;

So mögt ihr wüten, mögt auch ruhn,

Ich deut' euch beides heimlich an.

Da mag denn jener immer tun

Und dieser glauben, es sei getan.

Ich aber wirke schleichend immerzu,

Um beide nächstens zu erschrecken:

Dich Kriegesgott bring' ich zur Ruh,

Dich Sklavenfürsten will ich wecken.

Zu dringen und zu weichen,

Das ist die größte Kunst,

Und so zu überschleichen

Das Glück und seine Gunst.

Die Wege, die sie gehen,

Sie sind nach meinem Sinn;

Der Übermut soll gestehen,

Daß ich allmächtig bin.

Ab.

Zwölfter Auftritt

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG aus den Ruinen hervortretend.

Es ist noch allzu frisch, man könnt' es wieder bauen;

Die graue Zeit, wirkend ein neues Grauen

Verwittrung, Staub und Regenschlick –,

Mit Moos und Wildnis düstre sie die Räume.

Nun wachst empor, ehrwürd'ge Bäume!

Und zeiget dem erstaunten Blick

Ein längst veraltetes, verschwundenes Geschick,

Begraben auf ewig jedes Glück.

Während dieser Arie begrünet sich die Ruine nach und nach.

Nicht zu zieren – zu verdecken,

Nicht zu freuen – zu erschrecken,

Wachse dieses Zaubertal!

Und so schleichen und so wanken,

Wie verderbliche Gedanken,

Sich die Büsche, sich die Ranken

Als Jahrhunderte zumal.

So sei die Welt denn einsam! aber mir,

Dem Herrscher, ziemt es nicht, daß er allein:

Mit Männern mag er nicht verkehren,

Eunuchen sollen Männern wehren,

Und halb umgeben wird er sein;

Nun aber sollen schöne Frauen

Mit Taubenblick mir in die Augen schauen,

Mit Pfauenwedeln luftig wehen,

Gemeßnen Schrittes mich umgehen,

Mich liebenswürdig all' umsehnen,

Und ganze Scharen mir allein.

Das Paradies, es tritt herein!

Er ruht im Überfluß gebettet,

Und jene, die sich glücklich wähnen,

Sie sind bewacht, sie sind gekettet.

Dreizehnter Auftritt

LIEBE ungesehen, aus der Ferne.

Ja, ich schweife schon im Weiten

Dieser Wildnis leicht und froh:

Denn der Liebe sind die Zeiten

Alle gleich und immer so.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG,

Wie? was hör' ich da von weiten?

Ist noch eine Seele froh?

Ich vernichte Zeit auf Zeiten,

Und sie sind noch immer so! –

Melodie jenes Gesangs, durch blasende Instrumente. Der Dämon zeigt indessen Gebärden der Überraschung und Rührung.

Doch dein Busen will entflammen,

Dich besänftigt dieser Schall?

Nimm, o nimm dich nur zusammen

Gegen diese Nachtigall!

LIEBE tritt auf.

Der Dämon ist zurückgetreten.

Ja, ich walle gern im Weiten

Dieser Pfade leicht und froh:

Denn der Liebe sind die Zeiten

Alle gleich und immer so.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG.

O, wie kommt sie da von weiten,

Ohne Furcht und immer froh!

LIEBE.

Denn der Liebe sind die Zeiten

Immer gleich und immer so.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG zu ihr tretend.

Wen suchst du denn? Du suchest wen!

Ich dächte doch, du mußt ihn kennen.

LIEBE.

Ich suche wohl – es ist so schön!

Und weiter weiß ich nichts zu nennen.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG anständig zudringlich, gehalten und scherzhaft.

Nun, o nenne mir den Lieben,

Dem entgegen man so eilt.

LIEBE.

Ja, es ist, es ist das Lieben,

Das im Herzen still verweilt!

Der Dämon entfernt sich.

Vierzehnter Auftritt

Glaube hat die Schwester am Gesang erkannt, kommt eilig herbei, wirft sich ihr an die Brust. Liebe fährt in ihrem heitern Gesange noch eine Zeitlang fort, bis Glaube sich leidenschaftlich losreißt und abwärts tritt.

GLAUBE.

O liebste Schwester! Kannst du mich

Und meine Leiden so empfangen?

Ich irre trostlos, suche dich,

An deinem Herzen auszubangen;

Nun flieh' ich leider, wie ich kam,

Mich abgestoßen muß ich fühlen:

Wer teilt nun Zweifel, Kummer, Gram,

Wie sie das tiefste Herz durchwühlen!

LIEBE sich nähernd.

O Schwester! mich so im Verdacht?

Die immer neu und immer gleich

Unsterbliche unsterblich macht,

Die Sterblichen alle gut und reich.

Von oben kommt mir der Gewinn –

Die höchste Gabe willst du lästern?

Denn ohne diesen heitren Sinn

Was wären wir und unsre Schwestern!

GLAUBE.

Nein, in diesen Jammerstunden

Klinget keine Freude nach!

Schmerzen, tausendfach empfunden,

Herz um Herz, das knirschend brach,

Leer Gebet, vergebne Tränen,

Eingekettet unser Sehnen,

Unsrer Herrlichkeit Verhöhnen,

Der Erniedrigung Gewöhnen! –

Ewig deckt die Nacht den Tag.

LIEBE.

Es sind nicht die letzten Stunden,

Laß den Göttern das Gericht!

GLAUBE.

Nie hast du ein Glück empfunden:

Denn der Jammer rührt dich nicht!

Sie treten auseinander.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG für sich.

Still! nun hab' ich überwunden –

Schwestern und verstehn sich nicht!

Zum Glauben.

Herrlich Mädchen! welches Bangen,

Welche Neigung, welch Verlangen

Reget diese schöne Brust?

GLAUBE.

Herr, o Herr! gerecht Verlangen

War, die Schwester zu umfangen,

Treue bin ich mir bewußt.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG zur Liebe.

Wie, du Holde? Das Verlangen,

Deine Schwester zu umfangen,

Regt sich's nicht in deiner Brust?

LIEBE.

Sie, die Beste, zu umfangen,

Fühl' ich ewiges Verlangen;

Komm, o komm an meine Brust!

GLAUBE.

O verzeih dem Schmerz, dem Bangen!

Kaum getraut' ich, zu verlangen

Lieb' um Liebe, Lust um Lust!

Sie umarmen sich.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG für sich.

Immer wächst mir das Verlangen,

Zu betören; sie zu fangen,

Sei mein Streben, meine Lust.

Zwischen sie tretend.

Holdsel'ges Paar, das himmlisch mir begegnet,

Es sei der Tag für euch und mich gesegnet,

Er sei bezeichnet immerdar!

Ja, dieser Stunde jedes von uns gedenke!

Kleine Dämonen mit Juwelen.

Verschmähet nicht die wenigen Geschenke

Aus meiner Hand, verehrtes Paar.

Die Liebe liebkosend und ihr Armbänder anlegend.

Hände, meiner Augen Weide,

O wie drück' und küss' ich sie!

Nimm das köstlichste Geschmeide,

Trag es und vergiß mich nie!

Den Glauben liebkosend und ihr einen köstlichen Gürtel oder vielmehr Brustschmuck anlegend.

Wie sie sich in dir vereinen,

Hoher Sinn und Lebenslust:

So mit bunten Edelsteinen

Schmück' ich dir die volle Brust.

Die kleinen Dämonen bringen heimlich schwarze schwere Ketten hervor.

GLAUBE.

Das verdient wohl dieser Busen,

Daß ihn die Juwele schmückt.

Der eine Dämon hängt ihr die Kette hinten in den Gürtel, in dem Augenblick fühlt sie Schmerzen, sie ruft, indem sie auf die Brust sieht.

Doch wie ist mir! von Medusen

Werd' ich greulich angeblickt.

LIEBE.

O! wie sich das Auge weidet,

Und die Hand, wie freut sie sich!

Sie streckt die Arme aus und besieht die Armbänder von oben; das Dämonchen hängt von unten eine Doppelkette ein.

Was ist das? wie sticht's und schneidet,

Und unendlich foltert's mich!

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG zur Liebe, mäßig spottend.

So ist dein zartes Herz belohnt!

Von diesen wird dich nichts erretten;

Doch Ende dich, du bist's gewohnt,

Du gehst doch immerfort in Ketten.

Zum Glauben, der sich ängstlich gebärdet, mit geheuchelter Teilnahme.

Ja, schluchze nur aus voller Brust

Und mache den Versuch, zu weinen!

Zu beiden gewaltsam.

Verzichtet aber auf Glück und Lust;

Das Beßre wird euch nie erscheinen!

Sie fahren von ihm weg, werfen sich an den Seiten nieder; Liebe liegt ringend, Glaube still.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG.

So hab' ich euch dahin gebracht,

Beim hellsten Tag in tiefste Nacht.

Getrennt wie sie gefesselt sind,

Ist Liebe töricht, Glaube blind.

Allein die Hoffnung schweift noch immer frei –

Mein Zauber winke sie herbei!

Ich bin schon oft ihr listig nachgezogen,

Doch wandelbar wie Regenbogen,

Setzt sie den Fuß bald da, bald dort, bald hier;

Und hab' ich diese nicht betrogen,

Was hilft das andre alles mir!

Funfzehnter Auftritt

Hoffnung erscheint auf der Ruine linker Hand des Zuschauers, bewaffnet mit Helm, Schild und Speer.

DÄMON DER UNTERDRÜCKUNG.

Sie kommt! sie ist's! – Ich will sie kirren:

's ist auch ein Mädchenhaupt, ich will's verwirren.

Sie sieht mich, bleibt gelassen stehn,

Sie soll mir diesmal nicht entgehn.

Sanft teilnehmend.

Im Gedränge hier auf Erden

Kann nicht jeder, was er will;

Was nicht ist, es kann noch werden,

Hüte dich und bleibe still.

Sie hebt den Speer gegen ihn auf und steht in drohender Gebärde unbeweglich.

Doch welch ein Nebel, welche Dünste

Verbergen plötzlich die Gestalt!

Wo find' ich sie? Ich weiß nicht, wo sie wallt:

An ihr verschwend' ich meine Künste.

Verdichtet schwankt der Nebelrauch und wächst

Und webt, er webt undeutliche Gestalten,

Die deutlich, doch undeutlich, immerfort

Das Ungeheure mir entfalten.

Gespenster sind's, nicht Wolken, nicht Gespenster,

Die Wirklichen, sie dringen auf mich ein.

Wie kann das aber wirklich sein,

Das Webende, das immer sich entschleiert?

Verschleierte Gestalten, Ungestalten,

In ewigem Wechseltrug erneuert!

Wo bin ich? Bin ich mir bewußt? –

Sie sind's! sie sind auch nicht, und aus dem Grauen

Muß ich voran lebendig Kräft'ge schauen;

Fürwahr, es drängt sich Brust an Brust

Voll Lebensmacht und Kampfeslust;

Die Häupter in den Wolken sind gekrönt,

Die Füße schlangenartig ausgedehnt,

Verschlungen schlingend,

Mit sich selber ringend,

Doch alle klappernd nur auf mich gespitzt.

Die breite Wolke senkt sich, eine Wolke

Lebendig tausendfach, vom ganzen Volke,

Von allen Edlen schwer; sie sinkt, sie drückt,

Sie beugt mich nieder, sie erstickt!

Er wehrt sich gegen die von der Einbildungskraft ihm vorgespiegelte Vision, weicht ihr aus, wähnt, in die Enge getrieben zu sein, ist ganz nahe, zu knien. Die Hoffnung nimmt ihre ruhige Stellung wieder an. Er ermannt sich.

Aufgeregte Höllenbilder,

Zeigt euch wild und immer wilder,

Und ihr fechtet mich nicht an!

Euer Wanken, euer Weben

Sind Gedanken; sollt' ich beben

Vor dem selbstgeschaffnen Wahn?

Euer Lasten, euer Streben,

Ihr Verhaßten, ist kein Leben;

Eure Häupter, eure Kronen

Sind nur Schatten, trübe Luft.

Doch ich wittre Grabesduft:

Unten schein' ich mir zu wohnen,

Und schon modert mir die Gruft.

Er entflieht mit Grauen. Hoffnung ist nicht mehr zu sehen. Der Vorhang fällt.

Zweiter Aufzug

Erster Auftritt

LIEBE erhebt sich nach einiger Zeit, wie abwesend, wo nicht wahnsinnig.

Sag', wie ist dir denn zumalen?

Was beengt dir so das Herz?

Was ich fühle, sind nicht Qualen,

Was ich leide, ist nicht Schmerz.

Ob ich gleich den Namen höre,

Liebe, so hieß ich immerfort;

Es ist, als ob ich gar nicht wäre,

Liebe, 's ist ein leeres Wort.

GLAUBE die indessen aufgestanden, aber nicht sicher auf ihren Füßen steht.

Wankt der Felsen unter mir,

Der mich sonst so kräftig trug?

Nein! ich wanke, sinke hier,

Habe nicht mehr Kraft genug,

Mich zu halten; meine Knie

Brechen, ach, ich beuge sie

Nicht zum Beten; sinnenlos,

Herzlos lieg' ich an dem Boden,

Mir versagt, mir stockt der Oden;

Götter! meine Not ist groß!

LIEBE weiterschreitend.

Zwar gefesselt sind die Hände,

Doch der Fuß bewegt sich noch;

Wenn ich, ach, dorthin mich wende,

Schüttl' ich ab das schwere Joch.

GLAUBE wie jene, nur etwas rascher und lebhafter.

Will ich mich vom Ort bewegen,

Wird vielleicht der Busen frei.

Sieht die Schwester herankommen.

O, die Schwester! Welch ein Segen!

Ja, die Gute kommt herbei.

Indem sie gegeneinander die Arme ausstrecken, sehen sie sich so weit entfernt, daß sie sich nicht berühren können.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
1350 s.
ISBN:
9783754178058
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi: