Kitabı oku: «Das St. Galler Management-Modell», sayfa 6

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3.4 Die Bedeutung der Interaktionsthemen für die normative und strategische Ausrichtung einer Organisation

Die Umwelt einer Organisation eröffnet sich über Stakeholder-Beziehungen. Stakeholder machen vor dem Hintergrund bestimmter Normen und Werte spezifische Anliegen, Interessen und Ansprüche geltend. Diese müssen im Rahmen von bisweilen kontroversen Klärungs-, Aushandlungs- und Legitimierungsprozessen mit verschiedensten Stakeholdern bewertet und priorisiert werden. Daraus kristallisiert sich in einer Organisation eine bestimmte normative Orientierung. Diese – häufig expliziert und dargestellt als Vision, Mission, «Value Statement» oder als Leitbild – vermittelt grundlegende Leitplanken zur Bestimmung, welche Wertschöpfung als erstrebenswert erachtet wird und was demgegenüber ausgeschlossen wird. Die normative Orientierung vermittelt auch Verhaltensmaximen, wie mit Interessenkonflikten umgegangen werden soll – beispielsweise eher machtorientiert oder eher verständigungsorientiert. Dies hat weitreichende Konsequenzen für die Erschliessbarkeit von Ressourcen und den Umgang mit Ressourcen.

Die normative Orientierung einer Organisation bildet idealerweise einen grundlegenden Entscheidungsrahmen für die Erarbeitung einer tragfähigen strategischen Positionierung im Beziehungsgeflecht aller Stakeholder. Dabei stehen der Aufbau von Erfolgsvoraussetzungen und die langfristige Existenzsicherung im Zentrum. Eine Unternehmung orientiert sich dabei primär an der ökonomischen Marktlogik, d.h. an Geschäftschancen. Bei ihrer Positionierungsarbeit greift eine Unternehmung selektiv Bedürfnisse spezifischer Zielgruppen auf, nimmt eine Priorisierung vor und definiert auf dieser Grundlage strategische Entwicklungsstossrichtungen, Umsetzungsinitiativen und Projekte. Die dabei spezifizierten Erwartungen und Ziele müssen in effiziente betriebliche Wertschöpfungsprozesse «übersetzt» werden.

Um die damit verbundenen Aufgaben und Herausforderungen angemessen verstehen zu können, muss im Folgenden die Erbringung von Wertschöpfung genauer beleuchtet werden. Dies soll dazu beitragen, die «Funktionsweise» einer Organisation besser zu verstehen. Wie kann die angestrebte organisationale Wertschöpfung adressatengerecht spezifiziert und effizient erbracht werden? Worin bestehen die hierfür erforderlichen Voraussetzungen? Wie lässt sich ein aus Sicht der Stakeholder gewünschtes Mass an Qualität realisieren und fortlaufend garantieren, und welche Aufgabenfelder ergeben sich daraus für die Management-Praxis? [69]

4Prozesse


4.1 Die wachsende Bedeutung prozessorientierter Gestaltungsarbeit

Die Wertschöpfung heutiger Organisationen ist durch ein hohes Mass an Arbeitsteiligkeit und Spezialisierung gekennzeichnet (→ EF, 2.2). Die erforderliche Arbeit für ein Produkt oder eine Dienstleistung wird mehr oder weniger differenziert in spezifische Wertschöpfungsaktivitäten aufgeteilt. Damit verbunden ist eine Spezialisierung der Mitarbeitenden.

Aufgaben und Mitarbeitende mit gleicher oder ähnlicher Fachexpertise werden zu sogenannten Funktionsbereichen zusammengefasst, wie z.B. Beschaffung, Produktion, Verkauf, Personal oder Finanzen (→ AP, 5.3.3). Diese Funktionsbereiche oder Fachbereiche sind unter Einsatz von spezifischer Expertise und Infrastruktur für die Erfüllung spezifischer Aufgaben innerhalb der gesamten Wertschöpfung zuständig. Die Bildung spezialisierter Fachbereiche erlaubt es, die für eine bestimmte Wertschöpfung erforderliche Fachexpertise gezielt zu entwickeln, zu bündeln und effizient zu nutzen.

Die organisationsspezifische Art der Gliederung der Wertschöpfungsaktivitäten in spezifische Fachbereiche lässt sich mit Hilfe eines Organigramms darstellen. Dieses visualisiert den hierarchischen Aufbau einer Organisation, d.h. die Aufbaustruktur oder Organisationskonfiguration (→ AP, 5.3). Diese strukturelle oder institutionelle Perspektive auf eine Organisation betont die Kompetenz und Verantwortung von Mitarbeitenden, Organisationsbereichen und deren Führungsverantwortlichen bei der Erfüllung wichtiger Wertschöpfungsaufgaben.

In den vergangenen Jahrzehnten haben ökonomische, technologische, politische und gesellschaftliche Entwicklungen zu einer starken Dynamisierung der Umwelt geführt. Steigende Anforderungen von Kundinnen und Kunden, die Deregulierung und Globalisierung vieler Märkte, vor allem aber die rasante Entwicklung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien (Digitalisierung) haben zu einer massiven Intensivierung des Wettbewerbs geführt.

Zeit wird immer mehr zu einer knappen Ressource, d.h. Schnelligkeit und Pünktlichkeit gewinnen neben Qualität und Preis massiv an Bedeutung und sind zu einem wettbewerbsentscheidenden Kriterium geworden. Es dominiert immer mehr ein eigentlicher Zeitwettbewerb (Stalk & Hout, 1992): [70] Nicht der Grössere «frisst» den Kleineren, sondern der Schnellere den Langsameren (oder der schneller Lernende den langsamer Lernenden). Strategische Agilität wird zu einer entscheidenden Erfolgsvoraussetzung.

Dies bedeutet, dass die zeitliche Strukturierung von arbeitsteiliger Spezialisierung und Zusammenarbeit stark an Bedeutung gewinnt. Dieses Entwicklungserfordernis kollidiert dabei mit den historisch gewachsenen, stark spezialisierten Fachbereichen. Denn diese neigen dazu, sich binnenzentriert zu optimieren («Gärtchendenken») oder gar zu kleinen «Königreichen» zu werden. Es besteht eine Tendenz, dass sie zu mehr oder weniger isolierten «operativen Inseln» in der Gesamtwertschöpfung verkommen (siehe Abbildung 8).


Abbildung 8: Fragmentierungstendenz von Organisationen

Nötig wäre stattdessen eine bereichsübergreifende Gestaltung der organisationalen Wertschöpfung «vom Kunden zum Kunden», d.h. eine sorgfältige Gestaltung von kundenzentrierten Prozessen. Dies erfordert eine sorgfältige zeitliche Strukturierung der Aufgabenerfüllung, die den neuartigen Bedürfnissen der Wertschöpfungsadressaten (z.B. Flexibilität, Schnelligkeit, Reagibilität) gerecht zu werden vermag. Die Gestaltung kundenzentrierter Prozesse erlangt Priorität (Osterloh & Frost, 2006): «Structure follows Process».

Gleichzeitig erwarten Zielgruppen heutiger Organisationen immer mehr eine integrierte organisationale Wertschöpfung wie aus einer Hand («one face to the customer») – so, als ob die gesamte Organisation aus einer einzigen, umfassend informierten und kompetenten Person bestände, die jederzeit ansprechbar wäre und sich jeweils präzise an der Bedürfniskonstellation von Kundinnen und Kunden orientieren würde. [71]

Besonders deutlich wird dieser Wunsch in dienstleistungsintensiven Organisationen artikuliert, etwa in einer Bank oder in einem Spital. Gefragt ist eine Vertrauensperson als Ansprechpartnerin («Case Manager»), konkret ein Bankberater für alle Bankdienstleistungen oder eine Ärztin für einen kompletten Behandlungsprozess. Wie sich eine Bank oder ein Spital im Innenverhältnis strukturell organisieren, ist für die Wertschöpfungsadressaten irrelevant. Wesentlich ist, dass die Beziehung zur Organisation transparent geregelt ist und die positive Erfahrung eines «one face to the customer» vermittelt wird.

4.2 Prozessorientierte Gestaltungskonzepte

Auf solche Erwartungen wird seit Beginn der neunziger Jahre unter Nutzung neuester Informations- und Kommunikationstechnologien mit prozessorientierten Gestaltungsanstrengungen geantwortet. Darunter fallen Konzepte wie Business Process Redesign, Business Process Reengineering (Hammer & Champy, 1993), Prozessmanagement und Prozessorganisation (Hammer & Stanton, 1999). Bei all diesen Konzepten geht es darum, die Wertschöpfungsprozesse einer Organisation durch eine Minimierung fehlerträchtiger Schnittstellen und durch eine systematische Elimination jeglicher «Blindleistungen» («non value adding work» wie z.B. unnötige Wartezeiten oder Transporte, mehrfach durchgeführte Abklärungen des gleichen Sachverhalts), die keinen Kundennutzen generieren, möglichst schlank zu gestalten und auf die Ausschöpfung der eigenen Kernkompetenzen auszurichten.

Ganz ähnlich dienen auch Ansätze wie Lean Production (Ohno, 1988) oder Lean Management (Womack et al., 1990) sowie prozessorientierte Ansätze zur kontinuierlichen Verbesserung der Wertschöpfungsprozesse wie Kaizen (Imai, 1996) oder Total Quality Management (Seghezzi et al., 2013) diesem Zweck.

All diese Konzepte lenken die Aufmerksamkeit verstärkt auf eine systematische prozessorientierte Vernetzung und Optimierung der organisationalen Wertschöpfungsaktivitäten anstatt auf institutionelle Fragen der formalen, hierarchischen Struktur- und Bereichsbildung. Ins Zentrum der Gestaltungsarbeit soll eine kundenzentrierte Gestaltung und Koordination der organisationalen Wertschöpfung und weniger die Bildung optimaler Organisationseinheiten gerückt werden (siehe Abbildung 9). [72]


Prozesse Abbildung 9: Zusammenspiel von Funktionen und Prozessen einer prozessorientierten Organisation

Bei einer horizontalen Ausrichtung der Gestaltungsarbeit wird die traditionell vertikale Gliederung einer Organisation nach Funktionsbereichen ergänzt durch die horizontale kundenorientierte Optimierung aller Geschäftsprozesse (z.B. Leistungsinnovation, Leistungserstellung). Die horizontale Perspektive dient dazu, die Wertkette durchgängig vom Kunden zum Kunden zu betrachten, d.h. die Wertschöpfungsaktivitäten konsequent auf eine Maximierung des Kundennutzens hin zu bündeln. Wenn wir z.B. den Auftragsabwicklungsprozess betrachten, dann steht ein Kunde sowohl am Anfang des Prozesses, z.B. bei der ersten Kontaktaufnahme mit einer Kundenberaterin, als auch am Ende, z.B. beim Versand der Ware, bei der Bezahlung der Rechnung durch den Kunden oder bei After-Sales-Dienstleistungen. Dasselbe gilt für den Bewilligungsprozess eines umfangreichen Bauvorhabens, die Abwicklung eines komplexen Kreditantrags oder die Behandlung einer schweren Krankheit.

Eine prozessorientierte Gestaltung der organisationalen Wertschöpfung, d.h. die bereichs- oder gar organisationsübergreifende Koordination und Synchronisation einer zeitgerechten Aufgabenerfüllung, wird heute durch den Einsatz geeigneter Applikationen moderner Informations- und Kommunikationstechnologien massgeblich unterstützt. [73]

Die Prozesse einer Organisation enden nicht an den Grenzen dieser Organisation. Vielmehr «koppeln» sie – über den vielfältigen Einbezug von Stakeholdern in die organisationale Wertschöpfung – eine Organisation mit ihrer spezifischen Umwelt.

Wenn wir eine Prozessperspektive konsequent anwenden, kann jede Organisation als vernetztes Zusammenspiel von Prozessen begriffen werden, zwischen denen eine Vielzahl wechselseitiger Abhängigkeiten sowie Kundenund Lieferantenbeziehungen bestehen. Dieses Zusammenspiel von Prozessen kann man auch als Prozessarchitektur bezeichnen (Österle, 1995).

4.3 Prozesskategorien

Der Gedanke einer systematischen Betrachtung der Wertschöpfung einer Organisation ist nicht neu. Porter (1986; siehe Abbildung 3, S. 31) unterscheidet in seinem Ansatz der Wertkette zwischen primären Aktivitäten, die einen direkten Beitrag zum Kundennutzen leisten, und unterstützenden Aktivitäten, die Voraussetzungen schaffen, dass die primären Aktivitäten kundenzentriert erbracht werden können.


Abbildung 10: Prozesskategorien in ihrem Zusammenspiel (Beispiel aus der Praxis) [74]

In ähnlicher Weise geht das SGMM davon aus, dass sich die Wertschöpfungsprozesse einer Organisation generell drei grossen Kategorien von übergeordneten Prozessen zuordnen lassen (siehe Abbildung 10): Managementprozessen, Geschäftsprozessen und Geschäftsmodell sowie Unterstützungsprozessen.

4.3.1 Managementprozesse

Managementprozesse umfassen wiederholt zu bearbeitende Aufgabenkomplexe, die mit der Gestaltung, Stabilisierung und Weiterentwicklung der organisationalen Wertschöpfung als Ganzes oder wesentlicher Teilsysteme einer Organisation zu tun haben. Dabei geht es beispielsweise darum, Aufgabenfelder wie die Budgetierung, die finanzielle Mehrjahresplanung, die Evaluation von Grossinvestitionen, das Initiieren und Überwachen von Projekten, die Strategie-Entwicklung, die Klärung normativer Grundfragen oder die Akquisition und Integration anderer Organisationen angemessen zu strukturieren. Das SGMM unterscheidet drei grundlegende Kategorien von Managementprozessen: normative Orientierungsprozesse, strategische Entwicklungsprozesse und operative Koordinationsprozesse.

Bevor diese drei Kategorien erläutert werden, sollen zunächst kurz die Begriffe normativ, strategisch und operativ geklärt werden. Mit diesen drei Begriffen werden zentrale Gestaltungsdimensionen der Management-Praxis bezeichnet (siehe P. Ulrich & Fluri, 1995).

• Der Begriff normativ bezieht sich auf Fragen und Aufgaben, die mit der ethischen Legitimation organisationaler Wertschöpfung (als Ergebnis und als Prozess) zu tun haben und sich aus der Wahrnehmung von gesellschaftlicher Verantwortung über die unmittelbare Primärwertschöpfung hinaus ergeben. Im Vordergrund stehen dabei ein hohes Mass an Antwortfähigkeit («Responsiveness») im Hinblick auf gesellschaftliche Wertorientierungen, Sinnfragen und die Anerkennung moralischer Eigenwerte.

• Der Begriff strategisch bezieht sich auf Fragen und Aufgaben einer langfristig ausgerichteten Zukunftssicherung einer Organisation. Dazu ist im Hinblick auf sich ändernde Erwartungen der Stakeholder sowie neue Möglichkeiten und Entwicklungstrends eine ausgeprägte Antwortfähigkeit erforderlich. Im Zentrum strategischer Anstrengungen stehen der Aufbau und die Weiterentwicklung von Erfolgsvoraussetzungen für eine langfristig erfolgreiche organisationale Wertschöpfung. [75]

• Der Begriff operativ bezieht sich auf Fragen und Aufgaben der unmittelbaren Bewältigung und Stabilisierung des Alltagsgeschäfts und dabei insbesondere auf die effiziente Nutzung knapper Ressourcen.


Abbildung 11: Managementprozesse im Überblick

Daraus ergibt sich folgendes Verständnis der drei Kategorien von Managementprozessen (siehe Abbildung 11):

• Normative Orientierungsprozesse dienen der Reflexion und Klärung der normativen Grundlagen der organisationalen Tätigkeit. Dazu kann z.B. die Erarbeitung grundlegender (prozeduraler) Verhaltensprinzipien für den Umgang mit den verschiedenen Stakeholdern im Falle kontroverser Anliegen und Interessen oder für die Anwendung riskanter Technologien gehören.

• Strategische Entwicklungsprozesse umfassen die Aufgabenfelder einer integrierten Strategie- und Wandelarbeit (Müller-Stewens & Lechner, 2011; Nagel & Wimmer, 2014), die bei der Entwicklung einer tragfähigen Strategie und bei deren erfolgreicher Realisation im betrieblichen Alltag zu leisten ist. [76]

• Operative Koordinationsprozesse beinhalten unterschiedlichste Priorisierungs- und Abstimmungsprozesse, z.B. die Priorisierung von Aufgaben und Aufträgen oder die Zuteilung knapper Kapazitäten (Personaleinsatz, Nutzung von Infrastruktur), einschliesslich Ferienregelungen, Durchführung von Unterhaltsarbeiten usw.

4.3.2 Geschäftsprozesse und Geschäftsmodell

Geschäftsprozesse, je nach Organisationstyp z.B. auch als Dienstleistungsprozesse oder als Patientenprozesse bezeichnet, erbringen die Primärwertschöpfung einer Organisation. Diese umfasst die zielgruppenorientierten Kernaktivitäten, die unmittelbar zur Nutzenstiftung für die primären Wertschöpfungsadressaten (z.B. Kunden, Bürgerinnen, Studierende, Patientinnen) beitragen sollen (→ EF, 2.3). Im Zentrum der Wertschöpfung einer Unternehmung stehen dabei kundenorientierte Geschäftsprozesse – ausgehend von der Erfassung spezifischer Kundenbedürfnisse und endend mit einer wirksamen und effizienten Nutzenstiftung für Kunden.

Geschäftsprozesse lassen sich weiter untergliedern, z.B. im Falle einer Unternehmung wie folgt: Zu den Kundenprozessen zählen die beiden Teilprozesse Kundenakquisition und Kundenbindung. Kundenprozesse münden letztlich in wiederholte Kaufentscheide. Prozesse der Leistungserstellung umfassen alle Aktivitäten, die dazu führen, dass der Kunde die vereinbarte Leistung zum vereinbarten Zeitpunkt in der vereinbarten Qualität erhält. Dazu gehören Teilprozesse wie Auftragsabwicklung, Logistik und Produktion. Zu den Prozessen der Leistungsinnovation zählen Teilprozesse, die zur systematischen Produktinnovation beitragen. Bei industriellen Gütern spielen dabei Aktivitäten in den Bereichen Forschung & Entwicklung eine zentrale Rolle (Bieger, 2019; Bieger et al., 2009).

Diejenigen Geschäftsprozesse, die einer Organisation zur strategischen Differenzierung verhelfen, werden in Anlehnung an den Begriff Kernkompetenzen (→ AP, 5.2.4) häufig als Kernprozesse bezeichnet. Bei einer Unternehmung, die sich pointiert über Innovationsführerschaft profiliert, kann der Produktentwicklungsprozess ein Kernprozess sein. Kernprozesse tragen bei einer Unternehmung massgeblich zu einer von den Kunden im Vergleich zur Konkurrenz als überlegen wahrgenommenen Nutzenstiftung bei.

Vor allem als Folge der rasanten Weiterentwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie hat sich in den vergangenen Jahren eine neue, erweiterte Sichtweise auf organisationale Wertschöpfung herausgebildet. Diese Technologien können die Voraussetzung für völlig neue [77] Formen von organisationaler Wertschöpfung schaffen – fernab von reiner Produkt- oder Prozessinnovation. Im Zentrum entsprechender strategischer Entwicklungsanstrengungen stehen daher innovative Geschäftsmodelle (Gassmann et al., 2017).

Ein Geschäftsmodell beschreibt zentrale Gestaltungsfelder organisationaler Wertschöpfung vor allem mit Blick darauf, wie sich auf innovative Weise ökonomischer Mehrwert generieren lässt und in welcher Art und Weise Kunden für diesen Mehrwert bezahlen (Kommerzialisierung).

Osterwalder & Pigneur (2010) haben zu diesem Zweck ein sogenanntes Business Model Canvas entwickelt (siehe Abbildung 12), verstanden als Arbeitsinstrument zur gemeinsamen Entwicklung eines innovativen Geschäftsmodells.


Abbildung 12: Business Model Canvas als weit verbreitetes Instrument zur Strukturierung von Geschäftsmodellen (Osterwalder & Pigneur, 2010)

Gassmann et al. (2017) haben dieses Arbeitsinstrument auf drei Gestaltungsfelder verdichtet (siehe Abbildung 13). Anhand von vier Fragen werden diese drei Gestaltungsfelder in ihrem Zusammenspiel kreativ bearbeitet, um schliesslich zu einem innovativen Geschäftsmodell zu gelangen: Wer sind die Zielkunden? Was wird angeboten? Wie wird die Leistung hergestellt? Und wie wird Wert erzielt? Die ersten beiden Fragen beziehen sich dabei auf die externe Dimension, und die letzten beiden auf die interne Dimension eines Geschäftsmodells. [78]


Abbildung 13: Vier Dimensionen eines Geschäftsmodells (Gassmann et al., 2017: 7)

Bei beiden Konzeptionen eines Geschäftsmodells ist es im Kern wesentlich, dass die Wertschöpfung – und dies schliesst sowohl Geschäfts- als auch Unterstützungsprozesse ein – über die eigenen Organisationsgrenzen hinaus übergreifend betrachtet wird. Im Zentrum eines Geschäftsmodells steht die gesamte Wertschöpfungskette bzw. Wertschöpfungskonfiguration – und oft ein neues Selbstverständnis der Wertschöpfung. So wenn sich eine Eisenbahnunternehmung z.B. über die Bereitstellung von Mietfahrzeugen, Fahrradstationen, Car-Sharing- und Park&Ride-Angeboten zu einem integralen Mobilitätsdienstleister weiterentwickelt.

Die Betrachtung der eigenen organisationalen Wertschöpfung im Kontext einer umfassenden Wertschöpfungskonfiguration soll den Blick öffnen für die Entwicklung neuer Rollen und Funktionen von Kooperationspartnern genauso wie neuer Bedürfnisse, Verhaltenspräferenzen und Rollen der Wertschöpfungsadressaten selbst (z.B. der Kunden).

Aus Sicht einer Organisation erlauben es neue technologische Möglichkeiten, wesentliche Teilprozesse der Wertschöpfung auszulagern (z.B. den Bestellprozess an die Kunden) oder vollkommen neue Wertschöpfungskonfigurationen zu entwickeln (z.B. im Bereich von Transport- oder Übernachtungsdienstleistungen). Dies entspricht einer zunehmenden und neuartigen Ausdifferenzierung der Wertschöpfung, die deshalb attraktiv ist, weil die [79] neuesten Entwicklungen der Informations- und Kommunikationstechnologie (z.B. Apps, GPS) die Voraussetzung einer ungleich effizienteren Integration von Geschäfts- und Unterstützungsprozessen aller Beteiligten in die angestrebte Wertschöpfungskonfiguration schafft.

Gassmann et al. (2017) zeigen, wie Geschäftsmodellinnovationen etablierte Branchen grundlegend transformieren können. Ein gutes Beispiel ist die Musikindustrie. Musik-Streaming-Anbieter haben nicht nur den gesamten Vertrieb der Musikindustrie neu definiert, sondern auch das Nutzungsverhalten der Musikhörenden verändert. Diese entdecken Musik nicht mehr in Musikläden, sondern finden einzelne Titel in favorisierten Playlists. Durch diese Veränderung des Konsumverhaltens mussten Organisationen des Musikvertriebs ihr Geschäftsmodell neu erfinden. Es ist heute nicht mehr entscheidend, den besten Platz in den Musikläden zu bekommen, sondern in den beliebtesten Playlists zu erscheinen. Den Grossteil der Erträge erhalten die Vertriebsorganisationen (Labels) nicht mehr über Tonträger-Verkäufe, sondern über digitale Einnahmequellen (wie Streaming und Downloads). Es geht entsprechend heute weniger um Werbung für den physischen Verkauf, sondern um Inhalte für digitale Marketinginstrumente, die direkt mit den Streaming-Anbietern verlinkt sind. Die Musikindustrie ist nicht nur durch Produktinnovationen (von der CD zum Zugriffsrecht auf Musik-Titel) oder Prozessinnovationen (digitale Werbung anstelle von physischer Tonträger-Werbung) gekennzeichnet, sondern es hat sich ein komplett neues Geschäftsmodell etabliert.

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