Kitabı oku: «Ohle und der Brunnen der sieben Schlüssel: Die Abenteuer der Koboldbande (Band 8)», sayfa 3

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Angewidert ließ der Fürst den Schattenalp los, sodass er in den Schnee zurückfiel. »Schafft mir diesen Dreck aus den Augen und verscharrt ihn irgendwo im Wald!«, sprach er voller Verachtung.

Zwei Riesen ergriffen den Schattenalp und schleppten ihn sofort weg. Der verwundete Riese sah ihm für einen kurzen Augenblick nach. Dann wendete er sich seinem Fürsten zu. »Dieser Mistkerl hat mich mit zwei von seinen Freunden im Wald überfallen. Die anderen zwei Schattenalp habe ich erschlagen und den Wölfen überlassen. Und den dritten Kerl wollte ich dir zeigen, mein Fürst. Diese Brut wird immer dreister.«

»Ja, das stimmt«, erwiderte Artem. Er hockte sich hin und steckte seine Hände in den Schnee. Er war frisch gefallen und als er sich mit ihm sein Gesicht abrieb, erfrischte es ihn. Die Freunde fielen ihm wieder ein. Hoffentlich konnte er sich bald mit ihnen treffen. »Ich muss mich mit Tritor beraten. Was wir jetzt brauchen, ist das Erbe unserer Ahnen.«

Der verwundete Riese trat erschrocken einen Schritt zurück. »Das Erbe …«, flüsterte er so leise, dass er seine eigenen Worte kaum vernahm. Dann sah er zu seinem Fürsten. »Ich hoffe, du handelst ebenso weise, wie es einst unsere Ahnen taten«, sprach er zu Artem. Dann ging er zu seiner Familie.

Das schwarze Portal

Die Nacht war gekommen und die zahlreichen Lagerfeuer erhellten die gesamte Umgebung. Zufrieden betrachtete Dämonicon die fünftausend Halbriesen, die sich in ihrem Lager aufgestellt hatten. Neben ihm stand Brando, mit einer großen Streitaxt in der rechten Hand. Mit ihr zeigte er zu seinen Kriegern.

»Sie werden für dich kämpfen und sie werden siegen«, sprach der König der Halbriesen zu Dämonicon. »Jeder von ihnen hat die Kraft von zehn Elfen. Sie waren schon zur Zeit der Erz-Elfen gefürchtet und schon bald wird ihr blutiger Ruf ihnen wieder vorauseilen.«

»Auf einen blutigen Ruf gebe ich nicht viel«, erwiderte der schwarze Prinz. »Für mich zählen nur Siege und die müsst ihr erst noch erringen. Ich habe mein Wort gehalten und euch in die Welt der Lebenden zurückgeholt. Jetzt seid ihr dran. Ich schicke euch durch ein schwarzes Portal. Sobald es offen ist, lauft ihr einfach hinein. Ihr kommt auf der anderen Seite heraus. Die andere Seite - das ist die Insel Selan. Tötet alles, was sich euch dort in den Weg stellt.«

»Wann öffnest du dieses Portal?«, fragte Brando etwas zögerlich.

»Wenn es soweit ist«, antwortete Dämonicon. »Um ein so großes Portal zu öffnen, brauche ich nicht viel Magie. Doch ich muss es auch offen halten. Und das, mein lieber Brando, kostet mich sehr viel Kraft. Deshalb muss ich einige schwarze Geister herbeirufen. Doch diese Geister fordern ein Opfer für ihre Dienste. Ich will aber weder einen Halbriesen noch einen Schattenalp opfern. Deshalb habe ich meine Mutter mit Vagho und einige seiner besten Krieger losgeschickt.«

»Und wann werden sie zurück sein?«, fragte Brando, und dieses Mal klang seine Stimme reichlich ungeduldig.

Dämonicon beugte sich zu dem König vor und er sah ihm direkt in die Augen. »Nur keine Sorge«, knurrte er los. »Ich erwarte sie bis morgen Mittag zurück. Am Abend wird es dann soweit sein. Schicke deine Krieger in aller Frühe auf die Jagd. Ich weiß nicht, ob jeder von ihnen wirklich für zehn Elfen kämpfen kann. Doch für zehn ausgehungerte Elfenkrieger essen - das können sie bestimmt. Lass die Krieger zu ihren Feuerstellen zurückgehen und sorge für Ruhe. Sicherlich werden schon bald die ersten ungebetenen Besucher erscheinen. Da solltest du genügend Wachen aufstellen.«

Dämonicon drehte sich um und ging zu Laygon. Der hatte sich die Besichtigung der Halbriesen in aller Ruhe angesehen. »Diese Krieger sind wirklich beeindruckend«, sprach der Magier zu Dämonicon, als sie zum Bluthort zurückgingen. Ich möchte lieber nicht gegen solche Ungetüme zur Schlacht antreten.«

Der schwarze Prinz musste lächeln. »Diese Halbriesen sehen in der Tat Furcht einflößend aus. Doch sie sind nicht besonders schlau.«

»Na ja«, meinte Laygon. »Sie scheinen jedoch schlauer, als die roten Kriegstrolle zu sein. Sie haben jedenfalls bessere Manieren.«

Dämonicon erreichte seinen Polsterstuhl, der vor dem Kamin stand. Ächzend ließ er sich auf ihn nieder. »Die besseren Manieren haben sie bestimmt von ihren Vorfahren«, erklärte er dem Magier. »Die sollen ja zur Hälfte Riesen und zur anderen Hälfte Elfen gewesen sein. Ich weiß nicht, wie aus dieser ungleichen Mischung die Halbriesen entspringen konnten, doch der Legende nach soll es so gewesen sein.«

»Nun ja, auf gewisse Einzelheiten lege auch ich keinen all zu großen Wert«, erwiderte Laygon. »Viel wichtiger sollte die gesunde Heimkehr der Fürstin Monga und meines Königs Vagho sein. Ich bin mir sicher, dass sie die passenden Opfergaben finden werden.«

Dämonicon sah in den Kamin. Dort tanzte das Feuer wie immer auf den glühenden Holzscheiten. Er konnte sich denken, dass seine Mutter und der König der Schattenalp in der Nähe der westlichen Bauerndörfer ihre Beute suchten.

Zur gleichen Zeit schlichen sich Monga, Vagho und zehn weitere Krieger tatsächlich an ein kleines Dorf an. Sie hatten es auf die Bewohner eines einzeln stehenden Hofes abgesehen. Der war jedoch, wie alle Höfe des Dorfes, mit einer hohen Palisadenmauer umgeben.

Ein Hund bellte, ohne dass sich jemand darum zu kümmern schien. Vagho winkte einen seiner Krieger zu sich. Er deutete auf einen Baum, der nahe der Palisadenmauer stand. »Ich will nicht unnütz im Schnee liegen und warten«, flüsterte der König dem Krieger zu. »Deshalb wirst du auf den Baum klettern. Dann erlegst du mit deinem Bogen den verdammten Köter. Den Rest erledigen wir.«

Der Krieger nickte seinem Herrn zu und schlich zum Baum. Wieder ertönte das Gebell des Hundes. Rasch kletterte der Krieger auf den Baum. Dann sah er über die Palisadenmauer. Der Hund schien ihn zu sehen, denn sein Bellen verstummte und er starrte zum Baum, dessen Wipfel er gerade noch sehen konnte. Ein Pfeil traf ihm im Hals und er jaulte vor Schmerz auf. Dann blieb er regungslos im Schnee liegen.

Für die Anderen war es das Zeichen zum Angriff. Monga und Vagho flogen über die Palisaden, öffneten das Tor und die Krieger stürmten in den Hof. Sie drangen in alle Häuser ein und trieben die Bauern mit ihren Familien aus ihren Betten. Sie legten ihnen Fesseln an und führten sie sofort weg von dem Hof. Der Marsch zum Bluthort würde einige Stunden dauern, doch die Krieger fanden in den Stallungen Pferde und drei große Schlitten. Damit transportierten die Bauern eigentlich das Holz für ihre Kamine. Jetzt mussten sie sich auf ihre Schlitten setzen. Die Kinder weinten und die Frauen hielten sie ängstlich fest. Doch die Schattenalp kannten kein Erbarmen. Sie trieben die Menschen mit ihren Speeren zur Eile an.

Vagho sah zufrieden zu Monga. »Das hat doch wunderbar geklappt«, sprach er zur Fürstin. »Zwei Männer, vier Frauen und vier Kinder. Das ist ein guter Fang. Oder bist du anderer Meinung.«

Monga sah Vagho lächelnd an. »Wenn mein Sohn das schwarze Portal geöffnet hat, bin ich ganz deiner Meinung«, flüsterte sie ihm zu. Dann ging die Fürstin zu einem der Schlitten, um sich die Beute anzusehen.

Vagho gab den Befehl zum Aufbruch. Mit den drei Schlitten zogen seine Krieger zum Hort zurück. Er selbst hatte sich auf seine Flugschale gesetzt. Dadurch hatte er einen größeren Überblick.

Gegen Mittag kam die kleine Schar mit ihrer Beute am Hort an. Sie fuhren zum Lager der Halbriesen, wo sie von Brando und seinen Kriegern erwartet wurden. In aller Ruhe sah der König der Halbriesen zu, wie die Menschen neben einem Lagerfeuer im Schnee landeten. Einige von ihnen hatten nicht viel an und sie froren entsetzlich. Brando ließ Felle und Decken bringen und eine wärmende Suppe gab es ebenfalls.

»So wie diese Bauern aussehen, hätten sie nicht mehr lange durchgehalten«, sprach er zu Monga und Vagho. »Wäre der Weg noch länger gewesen, so hättet ihr vielleicht nicht genügend Opfer für die Geister gehabt.«

»Nur keine Sorge«, knurrte Monga zurück. »Dort, wo dieses Menschenpack herkommt, gibt es noch viel mehr.«

Die Fürstin ging mit Vagho zu einem der Lagerfeuer. Sie sahen Dämonicon zu, der sich ihre Beute anschaute.

»Das ist ein guter Fang«, rief der schwarze Prinz voller Freude. »Die Geister werden zufrieden sein und wir können heute Nacht aufbrechen.«

Dämonicon ging zu Monga und beugte sich zu ihr herunter. »Und du, meine über alles geliebte Mutter …«, flüsterte er, so leise er konnte. »Du kannst dir von Laygon holen, was du braucht. Es ist alles nach deinem Wunsch angerichtet.«

Über Mongas Gesicht huschte sofort ein feines Lächeln. »Das Gift …,« sprach sie den Gedanken aus, der ihr gerade durch den Kopf ging.

Laygon hatte also alles besorgen lassen, was die Fürstin für das Gift brauchte, mit dem sie jeden Halbriesen in einen Wehralp verwandeln konnte. Sofort ging sie in den Hort, um Laygon aufzusuchen.

Als sich einige Stunden später die Sterne des Nachthimmels zeigten und der Mond aufging, war die Zeit für das schwarze Portal gekommen. Bei den Halbriesen und den Schattenalp machte sich eine gewisse Unruhe breit. Die Krieger warteten voller Spannung auf Dämonicon und sein Portal. Der schwarze Prinz war noch nicht im Lager der Halbriesen zu sehen. Dabei wurden vor dem Bluthort schon die Vorbereitungen für das Portal getroffen. Ein großer Steinkreis wurde gelegt und in ihm der Schnee weggefegt. Dann wurden um den Steinkreis zehn Holzpfähle aufgestellt. An ihnen fesselten Vaghos Krieger die Menschen. Die Kinder und die Frauen weinten und schluchzten und die Männer versuchten, ihnen gut zuzureden.

Als Dämonicon endlich aus dem Tor des Bluthortes trat und zu dem Steinkreis ging, verstummten selbst die Kinder. In dichten Reihen drängten sich jetzt die Krieger um den Kreis.

An seinem Rand standen Monga, Vagho und Laygon. Der König der Schattenalp sah in das vor Aufregung verzerrte Gesicht des Magiers und er erkannte sofort, dass in diesem Mann etwas vorging. Zu deutlich standen Laygon die Angst und die Unsicherheit im Gesicht geschrieben. Jede Regung seines Mundes und jedes Zucken seiner Augenlider verrieten ihn. Er selbst bemerkte es nicht, doch Vagho konnte die Zeichen nur zu deutlich lesen. Dieser Magier hatte große Mühe, seine Gefühle zu beherrschen.

In der Mitte des Steinkreises hatte sich Dämonicon aufgestellt. Er genoss den Jubel der Krieger, als er die Hände zum Himmel streckte. In vollen Zügen zog er die klare Nachtluft in seine Lungen und er stieß sie wie heißen Dampf aus seiner Nase heraus. Dabei schloss er die Augen und aus seinem Mund kamen die Worte, mit denen er die schwarzen Geister herbei rief. Die Krieger rückten sofort ein Stück weg von dem Steinkreis. Niemand wollte den Geistern zu nahe kommen.

Zwei schwarze Rauchsäulen schossen plötzlich aus dem Boden. Sie überragten selbst die größten Halbriesen und ein entsetzliches Kreischen drang in die Ohren der Krieger. Aus den Rauchsäulen formten sich die Gestalten der Geister. Unruhig schwebten sie im Steinkreis hin und her.

»Du bringst uns ein großes Opfer, schwarzer Prinz«, sprach der erste Geist zu Dämonicon. »Dabei hätte ich große Lust, noch mehr einzufordern. Doch für die Aufgabe, die du uns stellen wirst, reicht deine Opfergabe.«

»Wir werden viel Spaß mit den Menschen haben«, sprach der zweite Geist. »Ihre Angst wird uns stärken und schon bald werden sie uns dienen.«

Dämonicon sah sich die zwei schwarzen Geister mit einem hässlichen Grinsen an. »Dann sind wir uns einig?«, fragte er sie.

Die Geister bauten sich vor dem schwarzen Prinzen auf. »Wie du schon in der letzten Nacht sagtest«, antwortete der Erste von ihnen. »Wir bekommen die Opfergaben und du die Kraft für den schwarzen Altar. Er wird sich in zwei Portale teilen. Sie werden bis zum Morgengrauen offenbleiben, dafür hast du unser Wort.«

»Oh ja, das hast du«, bestätigte der zweite Geist. »Wann sollen wir mit unserer Arbeit beginnen?«

Dämonicon holte tief Luft. Er ließ sie langsam durch seine Nase wieder heraus. Das war ein sicheres Zeichen seiner inneren Anspannung. »Errichtet das Portal sofort«, sprach er mit bebender Stimme. »Ich will noch heute Nacht nach Selan zurückkehren und mich an meinen untreuen Untertanen rächen. Außerdem spüre ich deutlich, dass die Zeit für die Erlösung der Söhne des Schöpfers gekommen ist. Sie sollen die Herrschaft über diese Welt zurückerhalten. Niemand wird uns dann noch aufhalten können.«

»Ein großes Ziel und es ehrt dich, dass du nach so langer Zeit deinen einstigen Herren noch immer treu ergeben bist«, sprachen die Geister wie aus einem Munde. Dann sahen sie sich noch einmal die Opfergaben an. Dabei riefen sie ihre viel kleineren Diener, die sofort aus dem Boden krochen und die Menschen in die tiefe zogen. Schreiend und zappelnd versuchten die bedauernswerten Opfer, sich zu wehren. Doch es half nichts, sie mussten mit den Geistern im Boden versinken.

Als die Menschen verschwunden waren, drehten sich die beiden großen Geister so lange um sich selbst, bis sich ein Torbogen aus schwarzem Marmor im Steinkreis erhob. In diesem Torbogen zeigte sich eine glatte Masse, die wie ein matter Spiegel glänzte und in der sich das Mondlicht erkennen ließ.

Dämonicon berührte diese Masse und er spürte die Macht des Portals. Mit einem Ruck drehte er sich um. Sein Blick suchte Brando, der in der Mitte seiner Krieger stand. »Bist du bereit, mein Freund? Wir sollten gemeinsam den Boden von Selan betreten.«

Etwas unsicher sah der König der Halbriesen zu dem schwarzen Prinzen. Dann nickte er ihm zu. »Wir stehen zu unserem Wort«, sprach Brando und er ging auf den schwarzen Prinz zu.

Dämonicon deutete auf das Portal. »Auf der Insel gibt es einen Felsen, um den herum die gefesselten und versteinerten Körper der sieben Söhne des Schöpfers stehen. Damit wir auf der Insel ankommen können, müssen wir in der Nähe des Felsens durch ein zweites Portal gehen. Ich habe das schon in der letzten Nacht mit den Geistern vereinbart. Um die Söhne des Schöpfers zu schützen, wurden um sie herum große Tempel errichtet. Doch die Kriege der Inselbewohner haben sie zum Teil wieder zerstört. Trotzdem können wir gemeinsam die Schönheit der Tempel bewundern. Du wirst erkennen, dass mein Handeln nur der Auferstehung der sieben Alten dient. So wurden sie einst genannt, weil sie die ersten Bewohner unserer Welt waren.«

Brando sah mit Ehrfurcht zu dem Portal. »Zu was brauchen wir so ein zweites Ding auf der Insel?«, fragte er.

Dämonicon wurde jetzt etwas ungehalten, doch er versuchte trotzdem, mit ruhiger Stimme zu antworten. »Das Ding hier vor dem Hort ist der Beginn unserer Reise und das Ding auf der Insel ist das Ende. Es ist so etwas wie ein magischer Tunnel, durch den wir gehen. Dabei sind die beiden Portale im eigentlichen Sinn ein einziger Altar. Sie gehören untrennbar zusammen. Verstehst du das, mein Freund?«

Etwas unsicher nickte Brando. Er sah zu Vagho und der Fürstin und dann zu den Kriegern. Als sein Blick wieder das Portal traf, zog er die kalte Nachtluft tief in sich ein. »Wir sollten nicht länger zögern«, sprach er zu Dämonicon. »Vor zwei Tagen habe ich eine feine Erschütterung der Magie gespürt. Ich bin mir sicher, dass sie von unserem Ziel kam.«

Der schwarze Prinz sah zu Brando und dann zum Portal. »Das werden wir bald herausfinden«, knurrte er vor sich hin.

Die Auferstehung des Trajan

»Bei unserem Schöpfer!« rief das Gesicht im Tor entsetzt aus. »Solange ich als Tor von Dragon-Gorum der weißen Seite der Magie diene, ist mir noch kein Wesen untergekommen, dessen Seele vom Körper getrennt wurde und das mich nun bittet, Körper und Seele wieder zu vereinen!«

»Alles geschieht ein erstes Mal«, versuchte Gordal vorsichtig zu erklären.

»Was für eine großartige Weisheit!«, rief das Gesicht. »Wer hat dir denn das beigebracht?«

Der Handschuh, der auf dem leblosen Körper von Trajan vor Aufregung hin und her sprang und mit dem Auge zwinkerte, konnte jetzt nicht mehr an sich aalten. »Was ist nun?!«, rief er dem Gesicht zu. »Hilfst du mir, oder haben wir den weiten Weg umsonst gemacht?! Ich hätte gern eine Antwort!«

Das Gesicht wurde dunkelrot und seine Augenbrauen zogen sich zusammen. Dann entspannte es sich wieder und es nahm eine rosige Farbe an. »Natürlich helfe ich dir«, antwortete es erstaunlich ruhig. »Doch ihr müsst danach etwas Wichtiges erledigen. Nicht für mich selbst. Ihr sollt euren Freunden helfen. Ich schicke euch deshalb zur Insel Selan. Dort werdet ihr dem Inselkönig Platos beistehen müssen. Er ist der Bruder der weißen Fee Aella. Dieser Mann ist vom Schicksal schwer geprüft worden. Er hat sich von der Macht des Dämonicon befreien können und nun braucht er jede Hilfe, die er bekommen kann.«

»Sag uns, was wir tun sollen und wir werden nicht zögern«, erklärte Cylor.

Das Gesicht im Tor schwankte hin und her. Dann antwortete es. »Ich will zuerst, dem unglücklichen Trajan beistehen. Es wird nicht leicht sein, doch ich werde es schaffen. Danach erkläre ich euch eure Aufgabe.«

Der Körper des Elfs wurde plötzlich, wie von unsichtbarer Hand, ein Stück hochgehoben. Dann kam Trajans Seele aus dem Handschuh heraus. Auch sie schien zu schweben. Der Körper stellte sich auf und das Gesicht betrachtete ihn. Stirn und Wangen des Elfs waren hellgrau und selbst die Lippen waren so weiß wie der Schnee. Langsam öffnete sich der Mund und das Gesicht im Tor flüsterte leise eine Beschwörungsformel. Mit einem Ruck fuhr Trajans Seele zurück in den Körper. Er schlug die Augen auf und dann schnappte er nach Luft. Cylor und Gordal fingen ihn auf, da er zu fallen drohte. Sie legten ihn auf ihre Wolfsfelle und Trajan atmete so rasch, als hätte er eine schwere Arbeit verrichtet.

»Ich lebe …« flüsterte der junge Elf schließlich.

»Oh ja, du lebst wirklich und wahrhaftig, mein Freund«, sprach das Gesicht. »Lass dich von deinen Freunden umsorgen und ruhe noch eine Stunde aus. Dabei könnt ihr mir zuhören. Denn die Aufgabe, die ich für euch habe, wird nicht einfach sein.«

Während Cylor und Gordal den überglücklichen Trajan mit Wein, Brot und Fleisch versorgten, erzählte das Gesicht von Platos traurigem Schicksal. Es sprach von seiner Verführung zur schwarzen Seite der Magie und seiner Versklavung zum Iht-Dag durch Dämonicon. Vor allem Trajan fand Platos Befreiung von der schwarzen Magie überaus spannend und er hörte dem Gesicht aufmerksam zu. Als es dann zur Aufgabe kam, die es für die drei Freunde hatte, sahen sie voller Erwartung auf den Mund des Gesichts, so als könnten sie schon vorher erkennen, was es sagen wollte.

»Also, dann will ich euch erklären, was ihr auf der Insel tun müsst«, sprach das Gesicht. Dabei machte es eine sorgenvolle Miene. »Schon bald wird Dämonicon mit einem großen Heer in der Nähe der Tempel der sieben Söhne des Schöpfers eintreffen. Niemand kann das noch verhindern. Doch ihr könnt schneller sein und Platos warnen. Er darf sich nicht auf eine offene Feldschlacht einlassen. Seine Krieger sollen den Feind hinter den Mauern ihrer Stadt empfangen. Nur dann haben sie noch Aussicht auf einen Sieg. Einer von euch muss versuchen, Brando, den König der Halbriesen, unauffällig zu erreichen. Und dafür brauchen wir dich, Trajan.«

»Was soll ich denn tun?«, fragte der junge Elf. »Ich weiß doch noch nicht einmal, wer dieser Brando überhaupt ist.«

Das Gesicht nickte dem Elf nachdenklich zu. »Du hast recht. Diesen König kennen die wenigsten lebenden Wesen in unserer Welt. Doch er ist ein überaus gefährlicher Mann. Einst hat die Fürstin Monga versucht, mit seiner Hilfe Silvergard, die einstige Hauptstadt der Erz-Elfen zu erobern. Sie ließ die sterbenden Krieger der Urtaren und der Halbriesen vor den Mauern der Stadt zu Wehralps werden. Das nahmen ihr Moragh, der König der Urtaren, Albaron, der König der Erz-Elfen und Brando, der König der Halbriesen, nach der Schlacht sehr übel. Sie verbündeten sich und mit der Hilfe von Aurelia und eines grünen Gnoms konnten sie Monga besiegen. Sie starb und ihre Seele ging in das Reich der Dämonen hinein. Doch sie ist wieder da und sie will erneut die Halbriesen zu Wehralps umwandeln. Das musst du verhindern. Brando weiß noch nichts von den finsteren Plänen der schwarzen Fürstin. Zwar misstraut er ihr, doch er hat keine Ahnung, welch falsches Spiel Monga und Dämonicon treiben. Außerdem ist da noch ein gewisser Laygon. Der Kerl ist ein gefährlicher schwarzer Magier. Entwende ihm den Seelenfinder, den er immer bei sich trägt. Damit kann er sehr viel Schaden anrichten. Verstehst du das, mein junger Freund?«

Trajan nickte und er sah dabei zu Cylor und Gordal. Das Gesicht bemerkte, dass Trajan nicht wusste, wie er diese Aufgaben meistern sollte. »Ich gebe dir einige Dinge mit, die dir helfen werden. Schau zu deinen Füßen und du wirst finden, was du brauchst.«

Trajan und seine beiden Begleiter sahen, wie vor dem jungen Elf auf einem Wolfsfell ein Bogen und ein Schild erschienen. Außerdem lagen da ein goldener Helm und ein reichlich verziertes Schwert. Seine Kleidung verschwand und dafür bedeckte eine goldene Rüstung seinen Körper.

»Das sieht ja wunderbar aus, doch die Rüstung klappert bestimmt und sie wird mich bei meinen Aufgaben hindern«, sprach Trajan, als er seine Rüstung betrachtete. Dabei strich er fast zärtlich über den verzierten Brustpanzer und die glänzenden Armschienen.

Das Gesicht im Tor lächelte gütig. »Dein Helm, deine schöne Rüstung und deine Waffen haben ihre eigenen Kräfte«, erklärte es dem Elf. »Setz den Helm auf, spann den Bogen oder stell dich auf den Kriegsschild. Du wirst die Kräfte spüren.«

Trajan setzte den Helm auf und sofort verschwand sein Körper. »Was ist das!«, schrie er entsetzt. »Ich kann meine Beine nicht mehr sehen und meine Arme und wo ist mein Bauch und …!«

Er nahm den Helm ab und sofort war er wieder sichtbar. »Du meine Güte«, flüsterte der Elf. Dabei betrachtete er den Helm. »Ich habe schon von solchen Dingen gehört. Doch das ich selbst unsichtbar werden kann, das hätte ich nicht zu träumen gewagt.«

Vorsichtig legte er den Helm auf das Wolfsfell zurück. Dann nahm er den Bogen. Als er ihn spannte, hatte er sofort einen Pfeil auf der Bogensehne. Er zielte auf einen Stein, den Gordal in die Luft warf. Der Pfeil traf sein Ziel und der Stein stürzte zersplittert in den Schnee.

Nun stellte sich Trajan auf den Schild. Sofort schwebte er in der Luft und der Elf hockte sich hin. »Ich verstehe«, flüsterte er wieder. »Den Kriegsschild kann ich mit meinem Willen steuern. Das ist ja fantastisch. Ich weiß gar nicht, wie ich mich für diese Gaben bedanken soll.«

»Oh, das ist einfach«, sprach das Gesicht mit einem breiten Grinsen. »Du dankst mir am besten, wenn du deine Aufgaben erfüllst. Dann kannst du behalten, was ich dir gegeben habe.«

Trajan stieg vorsichtig vom Schild. Er legte auch ihn auf das Wolfsfell. Dann nahm er das Schwert an sich. Er zog es langsam aus seiner Scheide. Ein leichtes Summen lag in der Luft und das Gesicht von Trajan erstrahlte. Die Magie dieser Waffe durchflutete ihn und er fühlte, wie sich Blitz und Donner in ihr vereinte. Als er das Schwert in die Höhe hielt, fuhr mit lautem Donnerhall ein Blitz in den Himmel.

»Oh ja, du lernst schnell mit meinen Gaben umzugehen!«, rief das Gesicht erfreut aus. »Die weiße Magie ist stark in dir und wenn du sie richtig anwendest, wird sie dir immer dienen.«

Trajan steckte das Schwert zurück in die Scheide. Dann sah er glücklich und voller Tatendrang zu seinen Freunden.

»Jetzt bist du bereit, für die Reise zur Insel«, sprach Gordal und er stellte sich neben Trajan hin.

Cylor räumte mit einer Bewegung seiner linken Hand die Felle und die Reste der Mahlzeit weg. Dann sah auch er zum Tor.

Das Gesicht nickte ihm lächelnd zu. »Geht durch mich hindurch und erfüllt euer Schicksal, meine Freunde. Ich gebe jedem von euch so viel Kraft mit auf dem Weg, wie er brauchen wird.«

Das Gesicht verschwand und eine glatte Felswand war zu sehen. Die drei Freunde traten nahe heran. Für einen winzigen Augenblick zögerten sie. Doch dann gingen sie durch die Felswand hindurch.

Im nächsten Augenblick durchschritten sie das Tor von Selan. Es döste gerade wieder in der Sonne. Sein lautes Schnarchen nervte die drei Krieger, die das Tor bewachen sollten. Um der Hitze der Mittagssonne zu entgehen, hatten sie sich in ein großes Zelt zurückgezogen. Als sie Trajans Stimme hörten, kamen sie eilig heraus. Staunend betrachteten sie die drei Ankömmlinge.

»Seid ihr Freunde von unserem König Platos?«, wollte einer der Krieger wissen.

»Natürlich sind es Freunde«, erklärte das Gesicht im Tor. Es war aufgewacht und betrachtete die drei Gestalten, die es nur von hinten sah.

»Sie an«, sprach es weiter. »Ein Elf, noch ein Elf und ein Hoch-Elf. Und die Drei haben so starke magische Kräfte, dass sie eine ganze Armee vernichten könnten.«

»Und genau deshalb sind wir auch hier«, erklärte Cylor. »Wir müssen mit eurem König Platos sprechen. Die Zeit drängt und die Feinde nahen schon.«

Die drei Krieger erschraken und das Gesicht im Tor wankte bedenklich hin und her. Einer der Krieger erklärte schließlich, dass ihr König in der Stadt sei. Er würde sich selbst um die Ausbildung der jungen und unerfahrenen Verteidiger der Stadt kümmern. Die wenigen Priester, die noch da seien und weiter zu ihrem König hielten, kümmerten sich um die Verteidigungsanlagen der Stadt. Dann zeigten sie den drei Freunden die Richtung, die sie einschlagen mussten. Staunend sahen die Krieger zu, wie sie fliegend verschwanden.

In der einzigen Stadt der Insel waren die meisten Anwohner mit irgendeiner Arbeit beschäftigt. Platos stand vor dem Eingang des Tempels. Er erklärte einer Gruppe noch sehr junger Krieger den Umgang mit dem Speer. Als ihm gemeldet wurde, dass drei fliegende Gestalten direkt auf den Tempel zuhielten, machten sich die Bogenschützen und die Krieger mit den Speeren sofort zum Kampf bereit.

Der König hielt zum Schutz seiner Augen beide Hände über sie. Die Sonne blendete ihn und so erkannte er seine Gäste beinah zu spät. »Die Waffen runter«, rief er den Bogenschützen zu. »Das müssen Freunde sein. Unsere Feinde sehen wesentlich anders aus.«

Nur wenige Schritte vor dem König landeten die drei Freunde. Bei Trajan klappte die Landung noch nicht so gut. Er wäre beinah von seinem Flugschild gestürzt. Doch Gordal bekam seine rechte Hand zu fassen.

Lächelnd sah Platos die drei unerwarteten Gäste an. Die verbeugten sich vor ihm und Cylor grüßte überaus höflich. »Großer König Platos. Wir überbringen dir die besten Grüße von unseren Freunden, die sich gerade in der Schmiede von Erz-Hall befinden. Besonders von Aella, der weißen Fee soll ich dich grüßen.«

Der König nickte und sein Lächeln zeigte deutlich, das er über den Besuch dieser drei Gäste sehr erfreut war. Platos bedankte sich und er forderte sie auf, ihm in die kühlen Hallen des Tempels zu folgen. Dort wartete bereits ein Priester. Er scheuchte sofort einige junge dragolianische und obinarische Dienerinnen auf, die Speisen und Getränke für die Gäste holen sollten.

Einen Augenblick später hörte sich Platos an, was ihm seine Gäste zu berichten hatten. »Ich habe zahlreiche Späher in alle Winkel der Insel geschickt«, meinte er schließlich. »Sie werden mir sofort berichten, wenn Dämonicon mit seinem Heer hier ankommt. In den Augen meiner Untertanen kann ich oft genug die Angst erkennen, die sie haben, wenn sie den Namen des schwarzen Prinzen hören. Doch sie wollen tapfer für ihre Heimat und für die gerechte Sache kämpfen. Ich selbst habe die Macht, so manchen Feind niederzustrecken. Doch die einfachen Krieger von Selan haben nicht die Magie, die sie für solch eine Macht benötigen. Deshalb werdet ihr mich immer an der Spitze meines Heeres finden.«

Cylor räusperte sich, bevor er etwas erwiderte. »Wir werden dir zur Seite stehen und gemeinsam werden wir dem Feind ins Auge schauen. Doch vielleicht gelingt unserem Freund Telos das Kunststück, Brando umzustimmen. Mit seinen Halbriesen wäre er den Schattenalp weit überlegen. Das wäre für uns die Gelegenheit, Dämonicon und seine Mutter zu vernichten. Bis dahin werden wir abwarten müssen und uns um die Sicherheit deiner Stadt und ihrer Bewohner kümmern.«

Platos saß auf einem bequemen Stuhl. Als er aufstand, hüllte er sich in ein grünes Licht ein. Es leuchtete hell auf und der König hob entschuldigend beide Hände. »Das passiert mir immer wieder«, versuchte er zu erklären. »Die Wachen des Tempels nennen mich schon den grünen Zauberkönig von Selan. Und ich kann es ihnen nicht mal verübeln.«

»Das ist nicht so schlimm«, meinte Cylor. »Es bedeutet nur, dass du noch längst nicht alle magischen Quellen nutzt, die dir zustehen.«

»Woher kommt das grüne Leuchten?«, wollte Gordal wissen.

Platos winkte einen Diener herbei und befahl ihm, die große Truhe mit den Edelsteinen und Kristallen von den Wachen bringen zu lassen. Zwei starke Krieger schleppten diese Truhe herbei und Cylor öffnete sie mit einer Handbewegung.

»Diese Zauberei mit der Handbewegung kennt wohl jeder weiße Magier?«, fragte einer der Priester verblüfft. »Als die Truhe das letzte Mal hier in der großen Tempelhalle stand, hat sie der kleine Kobold mit dem lustigen Hut auf die gleiche Art geöffnet.«

»Das war Snobby«, antwortete Cylor. »Er ist ein sehr guter Handmagier und er kann viel mehr, als man ihm ansieht.«

Die Freunde schauten in die Truhe und Telos wollte schon hineingreifen. Ein Blitz, der aus einem der Edelsteine schoss, traf ihn an der Hand und er ging sofort zu Boden. Benommen versuchte er, wieder aufzustehen. Gordal half ihm dabei.

»Ich glaube, hier ist ein Wächterstein in der Truhe«, flüsterte Cylor. Er zog seinen Zauberstab und im nächsten Augenblick schwebte ein dunkelrot leuchtender Edelstein vor seiner Nase. Sofort traten alle Freunde und der Priester einen Schritt zurück.