Kitabı oku: «Der 90. Geburtstag - Eine rabenschwarze Kriminalkomödie», sayfa 2

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Gisela und Frank Krause

"Und ob ich darauf freue, mit dem alten Schwerenöter wieder mal einen zu trinken" erklärte Frank Krause seiner Frau "bei so einer Feier kann man doch schöne Studien treiben. Alle haben Schiss vor dem Alten und scheißen sich fast ein, dass er sie wieder mal Maß nehmen könnte. Dann haben aber alle aber wenig später mächtig einen in der Krone und werden plötzlich ganz mutig. Das ist dann der Augenblick, wo sich alle irgendwie gegenseitig angehen und vorwerfen, was sie doch für fiese Schweine sind. Und der Pascha beobachtet das alles und schießt dann noch zusätzlich seine Giftpfeile ab. Mal ist der dran, dann jener. Ob eigenes Kind, Schwiegersohn, Enkel oder Urenkel, alle kriegen ihr Fett weg, quer durch die verschiedenen Familien. Zum Schluss weiß dann keiner mehr was so alles an Anschuldigungen ausgesprochen worden ist, was stimmt, und was nur Gerüchte sind. Dann hat der Alte wieder genau das erreicht was er wollte: alle sind total verunsichert und sich spinnefeind. So kann man doch gut einen geschlossenen Widerstand verhindern."

"Warum sollte es einen geschlossenen Widerstand gegen meinen Vater geben müssen" fragte Gisela Krause "nun gut, er ist nicht der Feinste in seinen Umgangsformen, er ist manchmal jähzornig, aber er hat auch schon öfter geholfen. Allerdings hat er ein Herz aus Stein, und wenn er hilft tut er das nur zum eigenen Vorteil und holt sich alles dreifach wieder zurück. Aber keiner hat die Traute gegen ihn aufzubegehren."

"Ja, zum Beispiel diesem arroganten Schnösel von Schwarzbach, diesem Möchtegern-Adligen, diesem arbeitsscheuen Subjekt, dem hat er geholfen. Der hat mir beim letzten Mal erzählt, dass dein Vater ihm einen Kredit mit 8 Prozent Zinsen gegeben hat. Du kriegst heute einen Kredit fast umsonst. Aber Monsieur von Schwarzbach ist wohl so pleite, dass ihm keine Bank mehr was leiht. Deine Schwester tut mir leid."

"Wir haben sie damals alle gewarnt, aber sie hat ja nicht auf uns gehört. Aber sie ist schon ein bisschen geistig minderbemittelt. Ich meine das nicht böse, aber es ist leider die Wahrheit. Die hat ja schon in der Schule nichts auf die Reihe gekriegt. Und das Aussehen! Gut, da kann sie nichts dafür, aber sag mir mal als Mann, wie wird denn der Adlige damals einen hochgekriegt haben? Das ist doch bei mir etwas anders, oder, du geiler Bock?"

"Warte ab, du elende Nutte, wenn wir mit diesem Gespräch fertig sind, vögele ich dich so durch, wie du es lange nicht mehr erlebt hast. Ja, bei dir kriege ich immer noch einen zuverlässig hoch. Der Sport hält dich jung, alle schätzen dich mindestens 15 Jahre jünger. Und du fickst immer noch wie eine läufige Hündin. Aber erst mal zurück zu unserem Casanova. Ist doch vollkommen klar, der hat immer eine gute Balance zwischen dem Alkohol und dem Trieb finden müssen. Genug, dass er den Anblick vergisst und draufrutschen kann, aber nicht zu viel, damit er noch einen hochkriegt. So einfach ist das."

Gisela Krause war die schönste der Bockelmüller Töchter gewesen, noch schöner als ihre Schwester Renate. Alles an ihr hatte gestimmt: der Körperbau, das schöne Gesicht, die langen vollen Haare, ihre Stimme. Dazu war sie noch klug, aber in ihrem Auftreten sehr feminin. Ihre Lebensfreude strahlte auf andere aus und ihr Optimismus gab ihr Kraft. Den hatte sie auch benötigt, als ihr Sohn Bernd vor nun schon 20 Jahren bei einem Motorradunfall im Alter von 23 Jahren ums Leben gekommen war. Ihr Vater hatte ihr in dürren Worten schriftlich sein Beileid ausgesprochen und geschrieben, dass es bei dieser mittlerweile weitverbreiteten Raserei eines Tages dazu kommen musste. Wenigstens war er mit seinem mürrischsten Gesichtsausdruck auf der Beerdigung erschienen. Vielleicht hatte ihn einmal in seinem Leben so etwas wie ein schlechtes Gewissen geplagt, denn er hatte Bernds Witwe 20.000 DM überwiesen. Vorsorglich hatte Bockelmüller aber auf die Überweisung "Familienhilfe, ohne Eingestehen eines Rechtsgrundes" geschrieben, was viele Spekulationen angeheizt hatte, dass einer seiner LKW der Unfallverursacher gewesen sein könnte, denn am Unfallort war angeblich nur der verunglückte Bernd Krause aufgefunden worden. Aber wie üblich, wenn Bockelmüller im Spiel war, hatte sich nichts gegen ihn ergeben.

Frank Krause war eine schillernde Persönlichkeit. Er war eine Mischung aus Arnold Schwarzenegger, Martin Heidegger und Götz George. Seine körperliche Ausstrahlung war raumgreifend, seine Stimme dröhnte im Bass, und er konnte aus dem Stehgreif heraus philosophische Exkurse absondern. All das, und auch sein ausdrucksstarkes Gesicht, hatten ihn für die Schauspielerei prädestiniert. Er war ohne Mühe zum Studium angenommen worden und hatte im ersten Semester seine vordringliche Aufgabe darin gesehen, sich erst einmal durch das annehmbare weibliche Material durchzuvögeln. Seine speziellen Talente in dieser Hinsicht waren auch einer Sprachausbilderin aufgefallen und es lag nahe, dass Krause bei einer Sprachlehrerin, die auch über Zungenstellungen beim Sprechen unterrichtete, vor allem seine besonderen Fähigkeiten im Cunnilingus geschickt einsetzte. Nachdem er der Leckerei allerdings überdrüssig geworden war, wanderte er zu einer Tanzpädagogin weiter. Diese Frau verblüffte ihn mit ihrer enormen Beweglichkeit, und er lernte ganz neue, eigentlich für von ihm beim Beischlaf für unmöglich gehaltene Stellungen kennen. Die dritte im Bunde war eine Gesangslehrerin, die ihn durch ihre Atemübungen beeindruckte, denn sie konnte ganz hervorragend blasen. Er hatte sich nie ganz von einer der Frauen getrennt, sondern musste damals einen Kalender führen, um bei seinen Verpflichtungen nicht durcheinander zu kommen. Er verließ die Ausbildungsstätte mit besten Noten und ganz hervorragenden Empfehlungen der Lehrerschaft.

Er blieb seiner Strategie treu und machte sich am Theater seines ersten Arrangements an die Intendantin heran. Die etwa 50jährige Frau war schon ziemlich leichtfertig mit ihren körperlichen Ressourcen umgegangen, denn sie rauchte wie ein Schlot, und hing (das war allen am Theater beschäftigten Personen bekannt) an der Flasche. Krause näherte sich dieser nach Mülleimer und Schnaps Destille stinkenden Gestalt nur a tergo, und hatte vor dem Akt auch immer einen großen Schluck genommen. So kam er gut rein und auch wieder raus, und dann schnell weg. Seine Bemühungen wurden honoriert, er bekam erste größere Rollen. Da er sich jetzt erst einmal ziemlich ausgelaugt fühlte, konzentrierte er sich auf seine eigentliche Arbeit und wurde schnell zum Star der Bühne. Sein natürliches Talent brachte ihn schnell voran, und auch das Fernsehen wurde auf ihn aufmerksam. Er konnte mittlerweile auswählen, wo er ein Engagement annahm. In dieser Phase traf er nach einer Vorstellung auf Gisela Bockelmüller. Im Ergebnis seiner bisherigen Erfahrungen sah er sofort, dass ihm hier ein ausgesprochen heißer Besen vor die Flinte gelaufen war. Krause hatte sich die Hörner abgestoßen, wollte etwas zur Ruhe kommen und sich vor allem seiner Karriere widmen.

Gisela Bockelmüller machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung und trieb ihn mit ihren sexuellen Spielchen immer wieder auf die Palme, so dass er gar nicht mehr anders konnte, als sie zu heiraten. Seine Überlegung war die gewesen, dass dann in der Ehe in dieser Hinsicht Alltag und Gewöhnung einziehen würde, und er dann mit einem Mal pro Woche davonkommen könnte. Er hatte sich verrechnet, und auch nach der Geburt von Bernd und Gabi ging es munter weiter. Es gab Zeiten, da flüchtete er regelrecht zu einem auswärtigen Engagement. War er wieder zu Hause, überfiel ihn eine Furie, die ihn aussaugte. Aber mit der Zeit lernte er, sich gesünder zu ernähren und bewusster zu leben, und trieb sogar etwas Sport. Ihr Sexualleben war erfüllend, und ihr übriges Zusammensein auch. Frank Krause würde sich selbst als einen glücklichen Ehemann bezeichnen, wenn da nicht ständig im Hintergrund die böse Fratze seines Schwiegervaters drohen würde. Schon bei seinem ersten Treffen mit der Sippe im Anwesen des Patriarchen war er mit einige der Anwesenden aneinandergeraten, weil man ihm aus seiner Sicht als landesweit bekannten Mimen zu wenig Aufmerksamkeit und Respekt entgegengebracht hatte. Der alte Bockelmüller hatte dem dann doch recht lautstarken Treiben grinsend zugesehen und dann sein Fazit gezogen.

"Ein richtiger Mann muss eine richtige Arbeit leisten können. Auf dem Bau zum Beispiel. In einem Blaumann. Wer auf einer Bühne in rosa Klamotten wie eine Schwuchtel herumspaziert, den kann man nicht ernst nehmen."

Das brüllende Gelächter hatte Krause zutiefst getroffen, und er hatte für diese Demütigung Rache geschworen. Gerade seine Rolle des Papst Pius VVI. im "Der Stellvertreter" von Hochhuth hatte in der Kritik Begeisterungsstürme ausgelöst, weil Krause das sensible Thema Kirche und Holocaust darstellerisch so genial bewältigt hätte, wie keiner je vor ihm.

"Ihr unwissenden Ignoranten" hatte er in den aufgeheizten Raum gerufen "das Schicksal der Juden interessiert euch wohl gar nicht? Ihr hättet nach dem Krieg sicher auch gesagt, dass ihr von all den Verbrechen nichts gewusst habt. Immer schön die Augen zumachen, ihr satten Spießbürger!"

Damit hatte er alles noch zu seinen Lasten verschlimmert, denn er war ausgebuht, und dann von allen geschnitten worden. Keiner sprach mit ihm, nur die hässliche Frau des Adligen versuchte ihn zu trösten. Er war zu diesem Zeitpunkt schon einigermaßen angetrunken und hatte Henriette von Schwarzbach nur angeblafft:

"Zieh Leine, du hässlicher Kasten!"

Bei den nächsten Veranstaltungen hatte er seine intellektuellen Ansprüche an das Publikum der Sippe deutlich heruntergeschraubt und sich volksnah gegeben. Das war besser angekommen, und er versuchte herauszubekommen, wer mit dem alten Bockelmüller auch noch eine Rechnung offen hatte. Es schienen einige zu sein. Aber so richtig bekam er nicht heraus, was so wirklich bei den einzelnen Leuten abgelaufen war. Alle waren aber offensichtlich darauf erpicht, in der Gunst von Bockelmüller möglichst weit oben zu stehen. Der Fall war klar, es könnte viel Geld lachen. Im Straßenverkehr der Region waren die Firmenfahrzeuge sehr präsent, an jeder zweiten Baustelle stand eine Tafel von Bockelmüller. Er versuchte sich an Baumann ranzumachen, der ja in der gleichen Branche tätig war.

"Da ist schon einiges an Kapital vorhanden" sagte der "du kannst dich im Bundesanzeiger informieren, dort müsste er seine Bilanz veröffentlichen. Aber daraus siehst ja nur, wie die Firma dasteht, nicht was er privat auf der Kante hat. Aber er ist Alleingeschäftsinhaber und damit gehört ihm auch die Firma. Mit ihrem Vermögen, und mit ihren Schulden. Kuck mal, so ein Muldenkipper kostet vielleicht im Schnitt, ich sage bewusst im Schnitt, sagen wir mal 80.000 Euro. Wenn er acht davon hat, hat er schon 640.000 Euro im Anlagevermögen. Sicher, die Fahrzeuge werden abgeschrieben, weil sie verschleißen und an Wert verlieren. Aber es geht doch nur mal um eine Größenordnung. Der hat auf seinem Firmengelände bestimmt an die 50 Maschinen stehen. Und das sind keine alten Kisten. Und was der so an Gewinn rausholt weiß ich nicht, es wird ordentlich sein. Sagen wir mal, der hat eine Umsatzrendite von 3 Prozent. Das bedeutet, dass er bei 100 Euro Umsatz 3 Euro Gewinn macht. Ich weiß wirklich nicht wie viel der an Umsatz hat, aber das dürften einige Millionen sein. Rechne mal mit 10 Millionen. Was kommt da raus?"

"3.000?"

"Man merkt, dass du nicht rechnen kannst. 300.000! Und bei 20 oder 30 Millionen Umsatz sind das dann 600.000 oder 900.000. Eventuell jedes Jahr, und das seit vielen Jahren. Du kannst alle möglichen Zahlenkombinationen verwenden, aber du weißt eben nicht, wie es wirklich aussieht. Ich sage dir, der hat wie Dagobert Duck einen geheimen Geldspeicher und geht zum Frühsport dort baden."

In diesem Moment hatte sich Krause gesagt, dass er zwar nicht zum Killer geboren wäre, aber vielleicht zum Erpresser. Sein schauspielerisches Talent könnte ihm eventuell helfen, irgendeine Schwachstelle im Leben des alten Bockelmüller zu finden. Jetzt musste er noch geeignete Ansatzpunkte finden.

Helga und Herbert Baumann

"Also wieder zwei Tage voller Anspannung und Stress, ja nichts Falsches sagen, sich ja nicht mit den falschen Leuten unterhalten, jedes Wort vorher auf die Goldwaage legen, das kann ja wieder lustig werden."

"Es gibt Schlimmeres Herbert" sagte Helga Baumann zu ihrem Mann "schließlich sind ja auch vernünftige Leute dabei. Wir sollten ganz unbefangen an die Sache herangehen und uns mehr mit der jüngeren Generation abgeben. Bei meinen Schwestern ist Hopfen und Malz verloren, die suchen doch alle krampfhaft nach irgendwelchen Wegen, an das Erbe ranzukommen. Gott sei Dank haben wir das nicht nötig."

"Ich habe das nicht nötig, ich" stellte Herbert Baumann fest "es ist immer noch meine Firma, die uns unseren Wohlstand garantiert. Dafür habe ich mir in den letzten 30 Jahren täglich den Arsch aufgerissen und keinen Feierabend gekannt. Tagsüber die Arbeiten auf den Baustellen kontrolliert, dann neue Kunden und Aufträge aufgerissen, und abends dann noch den Bürokram erledigt. Gut, dass Martin und Bianca bald übernehmen werden."

"Die Abende im Büro sind aber doch nicht nur Stress pur gewesen. Frau Lauermann hat dir die Stunden doch dort öfter mal versüßt. Dieser unscheinbaren Buchhaltungstante hätte ich gar nicht zugetraut, dass sie dich noch mal so aufgeilen konnte."

"Tja Helga, wenn zu Hause nichts mehr auf den Tisch kommt, geht man eben mal auswärts essen. So einfach ist das. Aber das ist ja schon etwas länger her und abgehakt. Oder etwa nicht?"

"Doch. Wir haben uns arrangiert, und das ist vernünftig gewesen. Wegen so was rennt man nach den vielen gemeinsamen Jahren nicht gleich auseinander. Außerdem soll man nach gemeinsam bewältigten Krisen besser miteinander umgehen können. Ich für meinen Teil kann das bestätigen. Aber dir scheint irgendwas Sorgen zu machen, oder täusche ich mich?"

"Ich habe keine Sorgen, da liegst du falsch. Ich fühle mich fit, der Laden läuft, den Kindern geht es gut. In meiner großen Modellbauwerkstatt kann ich mich herrlich mit den Bastelarbeiten ausleben, ich bin sehr zufrieden."

Herbert Baumann hatte nicht die Wahrheit gesagt. Als ihre beiden Töchter Anna und Petra geboren worden waren, war Helga Baumann zu Hause geblieben, und als dann noch Friedrich dazukommen war, ganz in ihrer Rolle als Mutter und Hausfrau aufgegangen. Ihre Eheregelungen waren klar: Herbert verdiente mit der Baufirma das Geld, Helga war für Haus und Kinder verantwortlich. Baumann hatte die Firma relativ zeitig, da war er gerade einmal 23 Jahre alt, übernehmen müssen, weil sein Vater an Krebs erkrankt und dann auch schnell verstorben war. Es war für ihn ein enormer Kraftakt gewesen, der ihn manche Nacht hatte nicht schlafen lassen. Aber er hatte sich durchgebissen und nach zwei Jahren enorm viel dazugelernt, und Selbstbewusstsein und Sicherheit gewonnen. Im Nachbarkreis gab es einen mächtigen Konkurrenten, die "Bockelmüller Bau GmbH". Bislang war man sich nur am Rande begegnet und nicht in die Quere gekommen. Baumann hatte damals sieben Angestellte und einen überschaubaren und schon älteren Fuhrpark. Ihm war schnell klar geworden, dass er mit dieser Größe nicht allzu lange überleben würde. Seine Firma musste wachsen, und das ging nur über eine Auftragsausweitung. Er ließ seine Angestellten die Ohren spitzen und konnten den einen und anderen Neukunden gewinnen. Im Nachbarkreis gelang ihm jedoch gar nichts. Dort hatte dieser Bockelmüller offensichtlich ein Monopol. Rein zufällig war er einmal am Wochenende in der Nachbarkreisstadt zu einem Clubkonzert mit einer Jazzband gewesen, und hatte dort eine nette junge Frau getroffen. Sie waren ins Gespräch gekommen und es hatte sich herausgestellt, dass sie eine Tochter von Bockelmüller war. Dass sie das war, war ihm völlig egal gewesen, er hatte sich für die Frau interessiert, und nicht für ihren Vater und dessen Geschäft. Sie hatten sich dann recht regelmäßig getroffen und eines Tages war er zur Vorstellung eingeladen worden. Er hatte Helgas Mutter sofort sympathisch gefunden, und sie ihn offensichtlich auch. Der alte Bockelmüller hatte aber nur eine Botschaft für ihn gehabt:

"Wenn Helga dich will, soll sie dich haben. Das ist mir egal, muss sie ja wissen. Aber eins sag ich dir: die Kreisgrenze ist deine Grenze, dahinter ist der Zutritt für deine Firma verboten. Ist das klar? Hier gelten nämlich meine Regeln. Und es gibt hier viele Leute, die von meiner Firma profitieren. In vielen verschiedenen Positionen. Also halt dich dran, sonst wirst du es bereuen."

Da sich seine Frau überhaupt nicht für die Entwicklungen in seiner Baufirma interessierte, war sie auch nicht über deren Lage im Bilde. Baumanns Unternehmen war im Verlaufe vieler Jahre tatsächlich gut gewachsen, und er war neben Bockelmüller der Platzhirsch in der Gegend geworden. Vor gut zwei Jahren hatte er die Zeit für reif gehalten, den Konkurrenten nach und nach auszubooten. Bockelmüller war da 88 Jahre alt gewesen und führte seinen Laden immer noch mit eiserner Hand. Er zahlte gut, schmierte unauffällig viele Behördenrädchen und war eine kreisbekannte Größe. Dazu kam, dass er sich in den vergangenen Jahrzehnten wie eine Spinne ein verfilztes Netz von Abhängigkeiten geschaffen hatte, in denen viele Entscheidungsträger gefangen eingeflochten waren, und nicht mehr herauskamen. Alle schuldeten Bockelmüller etwas, und er hatte sie in der Hand. Baumann hatte einen Versuch gewagt, Bockelmüller einen Auftrag in dessen Revier wegzuschnappen. Er war um läppische 80.000 Euro gegangen. Er war abserviert worden, und zwei Wochen später begann der Rachefeldzug des alten Bockelmüller erste Formen anzunehmen. In Baumanns Kreis gab es auf einmal gehäuft Probleme bei der Abnahme von Leistungen. Während die Behördenmitarbeiter früher gnädig über kleinere Mängel hinweggesehen hatten, waren sie jetzt so pingelig, dass Baumann äußerst aufwendige Nacharbeiten ausführen lassen musste. Die Zahlungen erfolgten erst nach nochmaligen Abnahmen, und offensichtlich auch noch absichtlich schleppend. Bei Ausschreibungen zog er jetzt immer öfter den Kürzeren. Die Liquidität seiner Baufirma nahm erschreckend schnell ab. In Erwartung einer weiteren Expansion hatte er in seinen Maschinenpark investiert. Jetzt saßen ihm die Banken mit den Zins- und Tilgungsplänen im Nacken.

Herbert Baumann war 67 Jahre alt, und hatte seinen Kindern eine gut aufgestellte Firma übergeben wollen. Er hatte sicher einen großen Fehler gemacht, und den Großteil der Überschüsse wieder in den Betrieb investiert. Dort sah er eine auf den ersten Blick beeindruckende Bilanzsumme (das große Anlagevermögen in Gestalt der teuren Maschinen), aber auch einen großen Batzen an Fremdkapital. Wenn es so weiterging, würde ihm der Laden bald nicht mehr gehören, und sein Lebenswerk wäre im Eimer. Das wollte er nicht hinnehmen und hatte mit seinen Kindern Bianca und Martin schonungslos Klartext gesprochen. Beide hatte er viele Jahre behutsam so gelenkt, dass Martin Bauingenieur, und Bianca Betriebswirtin geworden waren. Sie sollten sein Erbe übernehmen und die Firma weiter fortführen. Jetzt sah es so aus, als würde der Krake aus der Nachbarkreisstadt seine Tentakelarme um den Hals der Familie legen, um ihnen die Luft abzuschnüren und sich mit der Beute, der "Baumann-Baumeister GmbH", aus dem Staub zu machen.

Herbert, Martin und Bianca Baumann waren sich einig gewesen, dass sie sich nicht ergeben würden. Da sie den Filz in der Verwaltung nicht durchdringen konnten, kamen nach ihrer gemeinsamen Auffassung nur unorthodoxe Methoden in Frage, die sie höchstwahrscheinlich mit dem Rechtsstaat in Konflikt bringen würden. Aber so wie es aussah, konnten sie eine Katastrophe nur noch abwenden, wenn sie eben nicht rechtsstaatlich handelten. Ihr Gegenspieler tat das ungestört seit Jahrzehnten.

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