Kitabı oku: «Öffentliches Wirtschaftsrecht», sayfa 29
b) Gesamtbild und Tatsachengrundlage
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Abzustellen ist bei der Prüfung der Zuverlässigkeit auf das Gesamtbild des Verhaltens[175], so dass häufig erst aus der Kombination mehrerer Umstände auf die Unzuverlässigkeit geschlossen werden kann und die Bedeutung eines einzelnen Aspektes (auch bei der Bewertung von Gerichtsurteilen) nicht überschätzt werden darf. Die in das Gesamtbild einfließenden Tatsachen müssen auch nicht notwendigerweise auf den konkreten Gewerbebetrieb bezogen sein[176] und nicht einmal zwingend überhaupt mit der Gewerbeausübung zusammenhängen. Es reicht, dass sie Rückschlüsse auf das berufliche Verhalten des Betreffenden im Zusammenhang mit dem konkreten Gewerbe zulassen[177]. Teilweise enthält die GewO Vermutungsregeln, wonach insbes bei Wirtschaftsstraftaten die mangelnde Zuverlässigkeit vermutet wird (vgl Rn 259). Derartige Vermutungstatbestände indizieren die Unzuverlässigkeit; sie können nur (im konkreten Einzelfall) widerlegt werden, wenn besondere Umstände ein Abweichen von der Regelvermutung begründen[178]. Solche Gründe können etwa gegeben sein, wenn die Straftat aus einer besonderen, sich nicht wiederholenden Situation heraus begangen worden ist[179]. Bei der Zuverlässigkeitsprüfung ist (wie bei der polizeirechtlichen Verantwortlichkeit) ein Verschulden unerheblich[180].
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Wie beispielsweise § 35 Abs. 1 S. 1 GewO ausdrücklich bestätigt muss sich die Unzuverlässigkeit aus Tatsachen in der Vergangenheit ableiten lassen. Die Tatsachenkenntnis der Behörde kann sich aus früheren gewerbeaufsichtlichen Verfahren ergeben, in welchem dem Gewerbetreibenden die Ausübung eines Gewerbes untersagt oder eine Gewerbeerlaubnis entzogen worden war. Allerdings ist zu prüfen, ob sich die damals maßgeblichen Tatsachen (noch) auf das nunmehr betroffene Gewerbe auswirken[181]. Auch bei Straftaten ist die Annahme der Unzuverlässigkeit nicht ausgeschlossen, wenn die die Unzuverlässigkeit begründende Tathandlung bereits einige Jahre zurückliegt, selbst wenn keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Betroffene in der Zwischenzeit erneut strafrechtlich in Erscheinung getreten ist[182]. Ist der Gewerbetreibende wegen entsprechender Straftaten bzw Ordnungswidrigkeiten verurteilt bzw mit einer Geldbuße belegt worden, hat auch dies grundsätzlich in die Prognoseentscheidung der Behörde einzufließen. Bei abgeschlossenen Verfahren normiert § 35 Abs. 3 GewO eine Bindung der Gewerbeaufsichtsbehörden va hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen und der Schuldfrage[183]. Diese beschränkt sich auf Strafurteile und die ihnen in der Norm gleichgestellten gerichtlichen Entscheidungen (insbes Strafbefehl, §§ 407 ff StPO). Kenntnis erhält die Behörde von diesen Verurteilungen durch die Einholung eines Führungszeugnisses nach § 31 BZRG; insoweit sind die Verwertungsverbote des § 51 BZRG zu beachten[184]. Die Bedeutung dieser Bindungswirkung ist allerdings begrenzt. Auch bei rechtskräftigen Strafurteilen muss die Behörde anhand der tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts eine eigene Prognoseentscheidung über die (künftige) Zuverlässigkeit treffen, kann sich also nicht allein auf den Urteilsspruch stützen[185]; auch eine günstige Sozialprognose im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung oder einer frühzeitigen Haftentlassung führen deswegen nicht ohne weiteres zur Zuverlässigkeit[186]. Abweichungen zugunsten des Gewerbetreibenden sind unabhängig von § 35 Abs. 3 GewO zulässig[187]. Andere, nicht im Gesetz genannte Entscheidungen, haben keine Bindungswirkung. Dies gilt insbesondere für die Einstellungsentscheidung der Staatsanwaltschaft nach §§ 153 ff und § 170 Abs. 2 StPO[188]. Tatsachen aus laufenden Strafverfahren können bei der Prognoseentscheidung berücksichtigt werden[189]. Gleiches gilt für solche Straftaten, die von der Staatsanwaltschaft nicht verfolgt werden[190].
c) Unzuverlässigkeit beim Verstoß gegen gewerbebezogene Vorschriften
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Zum ordnungsgemäßen Betreiben des Gewerbes gehört als Mindestvoraussetzung die Einhaltung der dafür einschlägigen Vorschriften und Berufspflichten, um Gefahren für Kunden und die Allgemeinheit auszuschließen. Dies gilt erst, wenn die Nichteinhaltung dieser Verpflichtungen straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtlich sanktioniert ist. Die illegale Beschäftigung von Ausländern ohne Arbeitserlaubnis begründet stets die Unzuverlässigkeit[191]. Auch wiederholte Verstöße eines Gewerbetreibenden gegen Vorschriften des Jugendschutzes[192] bzw ein (kontinuierlicher) Verstoß gegen die Bestimmungen des LadÖffnG[193] oder gemeindlich festgesetzte Sperrzeiten[194]. Problematisch ist es, wenn man aus Verstößen gegen das Zivil- bzw Wettbewerbsrecht die Unzuverlässigkeit ableitet, was allenfalls bei nachhaltigen Verstößen bejaht wird[195].
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Die Unzuverlässigkeit ist auch zu bejahen, wenn das Gewerbe ohne die erforderliche Genehmigung betrieben wird. Soweit für das ausgeübte Gewerbe weitere Erlaubnisse erforderlich sind, sind diese – soweit nicht ausnahmsweise von einer Konzentrationswirkung auszugehen ist[196] – grundsätzlich getrennt zu betrachten. Allerdings kann ein solcher Verstoß auch die Unfähigkeit offenbaren, das andere (oder sogar jedes Gewerbe) ordnungsgemäß zu betreiben.
Beispiel:
G stellt in seiner Gaststätte Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit auf, was erlaubnispflichtig ist (s. § 33c GewO), verstößt also gegen einschlägige Bestimmungen, wenn er eine solche Genehmigung nicht beantragt. Dies kann die Unzuverlässigkeit begründen. Allerdings hat in Konsequenz des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Behörde zunächst gem. § 25 VwVfG den G aufzufordern, eine Genehmigung zu beantragen[197]. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob ihm auch die gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit fehlt; dies kann der Fall sein, wenn er kontinuierlich gegen andere Erlaubnispflichten nach der GewO oder zB dem ProstSchG verstößt. Vergleichbare Fragen stellen sich bei der erweiterten Gewerbeuntersagung (zu § 35 Abs. 1 S. 2 GewO s. unten Rn 299).
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Breiten Raum nehmen in der Praxis Verstöße gegen steuer- und sozialversicherungsrechtliche Verpflichtungen ein[198]. Während das BVerwG die Unzuverlässigkeit zunächst allein aus der Tatsache ableitete, dass es dem Gewerbetreibenden „an dem für die Ausübung seines Gewerbes erforderlichen Willen fehlt, seine öffentlichen Berufspflichten zu erfüllen“[199], sieht es in entsprechenden Verstößen nur noch dann einen Fall der Unzuverlässigkeit, wenn sie sich über einen nicht unerheblichen Zeitraum erstrecken und eine nicht unerhebliche Summe umfassen[200]. Gleichwohl lässt die Rechtsprechung – in Abhängigkeit von der Betriebsgröße[201] – im Ergebnis relativ geringe Beträge genügen[202]. Außerdem genügt bereits die Nichtabgabe von Steuererklärungen zur Begründung der Unzuverlässigkeit[203]. Gleiches gilt bei der Zahlung von „Schwarzlöhnen“[204]. Dabei besteht bei einer rigiden Handhabung durchaus die Gefahr, dass Gewerberecht zum Sanktionsinstrument für das Steuer- und Abgabenrecht mutiert[205].
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Straftaten, die im Rahmen der Gewerbeausübung begangen werden, können schon bei einmaligen Verstößen die Unzuverlässigkeit begründen, zB wenn es in Ausübung eines Bewachungsgewerbes nach § 34a GewO zu gravierenden Körperverletzungen kommt[206]. Entsprechendes gilt für Drogendelikte. Schon die bloße Duldung des Rauschgifthandels in den Geschäftsräumen kann genügen, um die Unzuverlässigkeit zu begründen[207]. Der Verdacht muss sich dann jedoch auf konkrete Umstände stützen. Solange damit kein Verstoß gegen strafrechtliche Vorschriften verbunden ist, kann allein aus dem Umstand, dass ein Gewerbetreibender Utensilien anbietet, die zum Drogenkonsum benutzt werden können, nicht die Unzuverlässigkeit abgeleitet werden[208]. Verkauft er allerdings Kräutermischungen, die erfahrungsgemäß als Alternative zu illegalen Drogen konsumiert werden an Jugendliche, begründet dies auch dann die Unzuverlässigkeit, wenn ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sie nicht zum menschlichen Verzehr geeignet sind[209]. Handelt es sich allerdings lediglich um Eigenkonsum von Drogen, so ist zu beachten, dass dieser in bestimmten Grenzen nicht strafbar ist[210]. Besonders strenge Anforderungen gelten im Gaststättenrecht; hier ist nicht einmal Kenntnis von den Drogendelikten erforderlich, wenn der Gastwirt diese bei Beachtung der ihm obliegenden besonderen Aufsichtspflicht hätte haben müssen[211].
d) Verstöße gegen Strafvorschriften ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem Gewerbe
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Bei Straftaten ohne unmittelbaren Zusammenhang mit der Gewerbeausübung ist zu differenzieren. Verfehlungen von geringerem Gewicht und ohne Tätigkeitsbezug sind gerade angesichts der schweren Folgen entsprechender gewerbebehördlicher Maßnahmen vor dem Hintergrund des Art. 12 GG im Regelfall unbeachtlich[212]. Straßenverkehrsdelikte sind zB grundsätzlich nur für straßenverkehrsbezogene Gewerbe wie etwa das Taxengewerbe relevant[213]. Anders verhält es sich bei Eigentums- und Vermögensdelikten[214]. Diese lassen regelmäßig gewerbeübergreifend bzw. gewerbeunspezifisch den Schluss zu, dass der Gewerbetreibende auch für das Betreiben eines Gewerbes nicht die erforderliche Zuverlässigkeit bietet. Dies wird teilweise in den Vorschriften ausdrücklich normiert. So enthalten zB die §§ 34a Abs. 1 S. 1 Nr 4b, 34c Abs. 2 Nr 1, 34d Abs. 2 Nr 1, 34f Abs. 2 Nr 1 GewO eine Regelvermutung, wonach ua derjenige die erforderliche Zuverlässigkeit idR nicht besitzt, der wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betrugs, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist.
e) Fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
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Eng mit der Nichterfüllung steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten hängt die allgemeine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zusammen. Bei einzelnen, kapitalträchtigen Gewerben ist der Schluss von fehlender Finanzkraft auf die Unzuverlässigkeit gesetzlich vorgesehen[215]. Inwieweit wegen des Fehlens der erforderlichen Geldmittel auch bei anderen Gewerben die Gefahr besteht, dass der Gewerbetreibende nicht zu einer ordnungsgemäßen Betriebsführung in der Lage ist, ist umstritten[216]. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn es keine Anzeichen für Besserung gibt und ein Sanierungskonzept fehlt[217]. Auf ein Verschulden oder einen „Charaktermangel“[218] kommt es nicht an.
Zur Frage, inwieweit das Vorlegen eines Sanierungskonzepts die Unzuverlässigkeit entfallen lässt (dies spielt insbes im gerichtlichen Verfahren eine Rolle, s. Rn 292 ff), hat sich eine umfangreiche Kasuistik entwickelt[219]. Grundsätzlich setzt ein erfolgversprechendes Sanierungskonzept voraus, dass mit den Gläubigern eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen und der Tilgungsplan eingehalten wird. Die bloße Bekundung der Bereitschaft, ein solches vorzulegen, genügt jedenfalls bei einem bereits lange dauernden steuerlichen Fehlverhalten nicht. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gem. § 12 GewO während eines laufenden Insolvenzverfahrens (selbstverständlich) eine Untersagung der Weiterführung des Betriebes aufgrund einer durch Überschuldung herbeigeführten Unzuverlässigkeit nicht in Betracht kommt[220]; ist das Verwaltungsverfahren jedoch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet, hat das Insolvenzverfahren keinen Einfluss mehr auf die Rechtmäßigkeit der Untersagung[221].
f) Förderung der Unsittlichkeit
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Zu den klassischen Unzuverlässigkeitsgründen gehört es, wenn der Gewerbetreibende der Unsittlichkeit Vorschub leistet; dies ist im GastG ausdrücklich normiert (s. zu § 4 Abs. 1 Nr 1 GastG Rn 433 ff) und hat dort sicherlich den wichtigsten Anwendungsfall. Hinter diesem Begriff stehen „die dem geschichtlichen Wandel unterworfenen sozialethischen Wertvorstellungen, die in der Rechtsgemeinschaft als Ordnungsvoraussetzung anerkannt sind“[222]. Dieser Wandel lässt sich an den Aktivitäten des Gesetzgebers ablesen (zum ProstG Rn 116; zur Erlaubtheit des Gewerbes Rn 216 f). Im Ergebnis wird das Merkmal der Unsittlichkeit zu einem Vehikel des Jugendschutzes bzw des Schutzes der Entscheidung des Einzelnen, mit entsprechenden Inhalten nicht gegen seinen Willen in Kontakt zu kommen[223]. Die Unzuverlässigkeit ist allerdings dann gegeben, wenn der Gesetzgeber bestimmte Erscheinungsformen weiterhin als Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt, wie es beispielsweise bei der ausländerrechtlich unzulässigen Prostitutionsausübung[224] oder bei der Prostitution im Sperrbezirk[225] der Fall ist. Die Unzuverlässigkeit kann auch dadurch begründet werden, dass sich der Gewerbetreibende selbst unsittlich verhält, wie etwa bei der sexuellen Belästigung von Kundinnen[226]. Verstößt der Gewerbetreibende demgegenüber gegen Erlaubnispflichten nach dem ProstSchG, kann dies wegen des Verstoßes gegen gewerbespezifische Vorschriften die Unzuverlässigkeit begründen (s. Rn 255), es macht die Ausübung des Prostitutionsgewerbes aber nicht unsittlich.
g) Sonstige Tatsachen
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Auch aus sonstigen Tatsachen kann sich die Unzuverlässigkeit ergeben. Dies gilt insbesondere bei übermäßigem Alkoholkonsum (vgl zB § 4 Abs. 1 Nr 1 GastG; dazu Rn 435). Allerdings sind Sinn und Zweck der Gewerbeaufsicht zu beachten. Es kann, etwa bei der Frage, inwieweit die Verbreitung neonazistischen Gedankenguts die Unzuverlässigkeit begründet, nicht um eine Bestrafung der Gesinnung gehen, sondern allenfalls darum, drohende strafbare Handlungen zu verhindern, die sich etwa aus den einschlägigen Vorstrafen bzw laufenden Ermittlungen ergeben können[227]. Auch die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Partei, die verfassungswidrige Ziele verfolgt, allein genügt nicht, um die Unzuverlässigkeit zu begründen[228].
h) Zuverlässigkeit und Sachkunde
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Besondere Probleme ergeben sich bei der Frage, ob zur Zuverlässigkeit auch eine bestimmte Sachkunde bzw die intellektuelle oder physische Eignung für das betreffende Gewerbe gehört. Die Zuverlässigkeit umfasst zunächst alle persönlichen Voraussetzungen einschließlich hinreichender Sach- und Fachkunde sowie der körperlichen und geistigen Eignung[229]. Allerdings kann sich aus der Systematik des jeweiligen Gesetzes etwas anderes ergeben, wenn die persönlichen Voraussetzungen der Tätigkeitsausübung näher ausdifferenziert sind und dabei zwischen Sachkunde und Zuverlässigkeit unterschieden wird. Verselbstständigte Elemente, insbesondere die persönliche Sachkunde, entfallen vor allem dann als Element der Zuverlässigkeitsprüfung, wenn sie durch spezielle Prüfungen nachgewiesen werden mussten[230]. Aber auch dann, wenn ausdrückliche Regelungen fehlen, darf über das Zuverlässigkeitserfordernis kein besonderer Sachkundenachweis eingeführt werden[231]. Dies gilt umso mehr, als Sachkundenachweise sich gerade beim Einzelhandel als verfassungswidrig erwiesen (dazu bereits Rn 123).
i) Vertiefung: Persönlicher Anknüpfungspunkt der Unzuverlässigkeitsprüfung
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Anknüpfungspunkt der Unzuverlässigkeitsprüfung kann ein Verhalten des Gewerbetreibenden selbst, aber auch das Verhalten einer anderen Person sein, das dem Gewerbebetrieb zugerechnet wird. Dies sind Betriebsleiter und Stellvertreter (§ 45 GewO)[232], aber möglicherweise auch sonstige Dritte.
Gegen Vertretungsberechtigte bzw Betriebsleiter kann nach § 35 Abs. 7a GewO ein eigenes Untersagungsverfahren durchgeführt werden, das allerdings akzessorisch zum Hauptverfahren ist und eine Untersagung gegen den Gewerbetreibenden voraussetzt[233]. Dem Inhaber werden also Verfehlungen des Stellvertreters direkt angelastet, ohne dass es auf seine eigene Unzuverlässigkeit ankommt[234], die aber auch im Beschäftigen eines unzuverlässigen Stellvertreters bestehen kann. Bei sonstigen Dritten erfolgt keine Zurechnung deren Verhaltens; es kann sich jedoch die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden selbst daraus ergeben, dass er einem unzuverlässigen Dritten maßgeblichen Einfluss einräumt und nicht willens oder in der Lage ist, diesen Einfluss auszuschalten[235].
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Diese Grundsätze gelten auch für die Prüfung der Zuverlässigkeit juristischer Personen oder Personengesellschaften. Diese ist selbst Gewerbetreibende und so sind die Unzuverlässigkeitsgründe der juristischen Person zuzurechnen (etwa Steuerschulden, Nichtabführen von Sozialversicherungsbeiträgen etc)[236]. Überall dort, wo Anknüpfungspunkt notwendigerweise das Verhalten natürlicher Personen ist (Beispiel Alkohol- oder Drogensucht), kommt es (nur) auf die Vertretungsberechtigten an, nicht auf die übrigen Gesellschafter, die nicht nach außen in Erscheinung treten. Deswegen spielt beispielsweise das Fehlverhalten eines nicht vertretungsberechtigten GmbH-Gesellschafters für die Frage der Zuverlässigkeit der GmbH als Gewerbetreibenden keine Rolle (s. Rn 264, 288).
Die Beurteilung hat aber nicht nur die rechtlichen, sondern auch die tatsächlichen Verhältnisse einzubeziehen. Ist eine GmbH beispielsweise so strukturiert, dass der unzuverlässige Alleingesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausübt, begründet dies die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit der juristischen Person, ohne dass es auf die Frage ankäme, ob der Geschäftsführer seinerseits unzuverlässig ist[237]. Allerdings ist davon wiederum die Frage zu unterscheiden, welche Konsequenzen aus dem persönlichen Fehlverhalten gezogen werden müssen[238]. Ob man der Gesellschaft das Verhalten ihrer Vertretungsberechtigten unmittelbar zurechnet oder Letztere als mit der Leitung beauftragte Personen ansieht, ist im Ergebnis irrelevant[239].
7. Zuständigkeit und Verfahren
a) Sachliche und örtliche Zuständigkeit
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Soweit nichts anderes bestimmt ist, entscheidet das Landesrecht über die Zuständigkeiten, § 155 Abs. 2 GewO[240]. Handelt die sachlich unzuständige Behörde, ist der VA nach allgemeinen Grundsätzen rechtswidrig, aber nicht nichtig[241]. Aus der GewO ergibt sich teilweise die örtliche Zuständigkeit (vgl zB §§ 35 Abs. 7, 61 GewO). Zuständig ist nach gewerberechtlichen Grundsätzen regelmäßig die Behörde am Ort der Niederlassung oder – (nur) beim Fehlen einer solchen – die Behörde, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder werden soll. Unterhält der Gewerbetreibende neben der Hauptniederlassung weitere Zweigniederlassungen oder Zweigstellen im Zuständigkeitsbereich anderer Behörden, so wird das Verhältnis dieser Zuständigkeiten zueinander in § 35 Abs. 7 GewO nicht geregelt; es gelten also die allgemeinen Vorschriften, insbes das Prinzip des ersten Aufgriffs, § 3 Abs. 2 VwVfG[242]. Wenn die GewO – beispielsweise in § 14 GewO – keine eigenen Regelungen trifft, ergibt sich auch die örtliche Zuständigkeit aus dem Landesrecht[243]. Fehler bei der örtlichen Zuständigkeit führen ebenfalls nur zur Rechtswidrigkeit; entsprechende Fehler können überdies nach § 46 VwVfG geheilt werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte ergehen können[244].
Für die Vollstreckung ist nach § 35 Abs. 7 S. 3 GewO neben der Erlassbehörde auch jede (sachlich zuständige) Behörde zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder werden soll[245].
b) Einheitliche Stelle
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Zur Erleichterung des Kontakts mit den Gewerbeaufsichtsbehörden wird in § 6b GewO[246] die Möglichkeit eröffnet, den Kontakt mit Aufsichtsbehörden über eine sog. „einheitliche Stelle“ abzuwickeln.
Als Regelung des Verwaltungsverfahrens fällt die Umsetzung des § 6b GewO in die Zuständigkeit der Bundesländer (s. schon allgemein Rn 174), die dabei sehr heterogene Zuständigkeitskonzepte verfolgt haben[247]. Zuständig sind teilweise die Kommunen, aber auch Kammern, Landesmittelbehörden oder Ministerien sowie Anstalten und Private. Dem Antragsteller bleibt überlassen, ob er sich an eine einheitliche Stelle wenden will. Ihre Einschaltung verschiebt nicht die Zuständigkeiten für die Entscheidung, sie nimmt lediglich Anträge entgegen und erteilt Auskunft über Zuständigkeiten und anwendbare Vorschriften (§ 71b Abs. 1 VwVfG)[248]. Die zuständige Behörde muss sich insoweit das Verhalten der einheitlichen Stelle zurechnen lassen, was insbesondere für den Fristlauf bei der Genehmigungsfiktion relevant wird. Das Verfahrensrecht wurde in §§ 71a ff VwVfG zusammengefasst, die eine Modellfunktion auch für die im gewerberechtlichen Kontext einschlägigen Landesverwaltungsverfahrensgesetze übernahmen.