Kitabı oku: «Reise um die Erde in 80 Tagen», sayfa 3

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SIEBTES KAPITEL
Ein neuer Beweis, wie nutzlos Pässe in polizeilichen Angelegenheiten sind.

D

er Polizeiagent begab sich wieder auf den Kai und unverzüglich ins Büro des Konsuls. Auf dringendes Verlangen erhielt er sogleich bei diesem Beamten Zutritt.

»Herr Konsul«, sagte er ohne Abschweife, »ich habe die starke Vermutung, zu glauben, dass sich unser Mann als Passagier an Bord der Mongolia befindet.«

Und Fix erzählte, was sich mit dem Bedienten in Beziehung auf den Pass ereignet hatte.

»Gut, Herr Fix«, erwiderte der Konsul, »es würde mir lieb sein, diesem Schurken ins Gesicht zu sehen. Aber vielleicht wird er nicht in mein Büro kommen, wenn er ist, was Sie vermuten. Ein Dieb lässt nicht leicht eine Spur von sich zurück und übrigens ist niemand mehr an die Formalität des Passes gebunden.«

»Herr Konsul«, erwiderte der Agent, »wenn es ein charakterfester Mann ist, wie man annehmen muss, wird er kommen!«

»Um seinen Pass mit einem Visum versehen zu lassen?«

»Ja. Die Pässe dienen nur noch dazu, die ehrlichen Leute zu genieren und den Schurken zur Flucht zu helfen. Ich versichere Ihnen, dieser wird in Ordnung sein, aber ich hoffe, Sie werden ihn nicht mit einem Visum versehen ...«

»Und warum nicht? Wenn dieser Pass in Ordnung ist, habe ich nicht das Recht, mein Visum zu verweigern.«

»Doch, Herr Konsul, weil ich diesen Menschen wohl hier zurückhalten muss, bis ich von London einen Haftbefehl erhalten habe.«

»Ei! Herr Fix, das ist Ihre Sache«, erwiderte der Konsul, »aber ich kann nicht ...«

Der Konsul hatte noch nicht ausgeredet, als man anklopfte und der Bürodiener zwei Fremde hereinführte, wovon der eine derselbe Diener war, welcher sich mit dem Detektiv unterhalten hatte. Es waren wirklich der Herr und sein Diener. Der erstere überreichte seinen Pass und bat den Konsul mit wenig Worten, sein Visum zu erteilen. Dieser nahm den Pass und las ihn aufmerksam, während Fix in einer Ecke des Zimmers den Fremden betrachtete oder vielmehr mit den Augen verschlang. Als der Konsul den Pass durchgesehen hatte, fragte er:

»Sie sind Phileas Fogg, Sq.?«

»Ja, mein Herr«, erwiderte der Gentleman.

»Und dieser Mensch ist Ihr Diener?«

»Ja, ein Franzose, Passepartout mit Namen.«

»Sie kommen aus London?«

»Ja.«

»Und gehen?«

»Nach Bombay.«

»Gut, mein Herr. Sie wissen, dass diese Förmlichkeit des Visums unnütz ist und wir verlangen die Überreichung des Passes nicht mehr?«

»Ich weiß es, mein Herr«, erwiderte Phileas Fogg, »aber ich wünsche meine Anwesenheit in Suez durch Ihr Visum nachweisen zu können.«

»Meinetwegen, mein Herr.«

Und der Konsul unterzeichnete den Pass, datierte ihn und setzte seinen Stempel darunter. Herr Fogg bezahlte die Gebühren, grüßte oberflächlich und ging mit seinem Diener hinaus.

»Nun?«, fragte der Polizeiagent.

»Nun«, erwiderte der Konsul, »er sieht wie ein ganz ehrlicher Mann aus!«

»Möglich«, erwiderte Fix, »aber darum handelt es sich nicht. Finden Sie, Herr Konsul, dass dieser phlegmatische Gentleman Zug für Zug dem Diebe gleicht, dessen Personenbeschreibung mir zugestellt worden ist?«

»Ich gebe es zu, aber Sie wissen, alle Personenbeschreibungen ...«

»Ich werde die Sache herausbekommen«, erwiderte Fix. »Der Diener scheint mir nicht so verschlossen zu sein, wie der Herr. Zudem ist es ein Franzose, der das Reden nicht lassen kann. Auf baldiges Wiedersehen, Herr Konsul.«

Nach diesen Worten ging der Agent fort und suchte Passepartout auf. Inzwischen hatte sich Herr Fogg von dem Konsulargebäude weg zum Kai begeben. Hier gab er seinem Diener einige Aufträge, fuhr dann in einem Nachen wieder an Bord der Mongolia und begab sich in seine Kabine. Hierauf nahm er sein Notizbuch, worin er folgendes eintrug:

›Abgefahren aus London, Mittwoch, den 2. Oktober, 8 Uhr 45 Minuten, abends. Ankunft in Paris, Donnerstag, den 3. Oktober, 7 Uhr 20 Minuten, vormittags. Abfahrt aus Paris, Donnerstag, 8 Uhr 40 Minuten, vormittags.

Ankunft, durch den Mont-Cenis, in Turin, Freitag, den 4. Oktober, 6 Uhr 35 Minuten, vormittags.

Abfahrt aus Turin, Freitag, 7 Uhr 20 Minuten, vormittags. Angekommen in Brindisi, Samstag den 5. Oktober, 4 Uhr nachmittags. Eingeschifft auf der Mongolia, Samstag, 5 Uhr nachmittags. Angekommen in Suez, Mittwoch, den 9. Oktober, 11 Uhr vormittags. Summe der Stunden: 158 1/2, macht 6 1/2 Tage.‹

Herr Fogg schrieb diese Daten auf ein in Spalten eingeteiltes Reisenotizbüchlein, welches vom 2. Oktober bis zum 21. Dezember angegeben enthielt: den Monat, Tag und Datum, die vorgeschriebene Ankunftszeit und die wirkliche Ankunft an jedem der Hauptorte: Paris, Brindisi, Suez, Bombay, Kalkutta, San Francisco, New York, Liverpool, London, sodass man an jedem Orte, wohin man kam, den gewonnenen Vorsprung oder die Einbuße beziffern konnte. Dieses systematische Büchlein gab also stets Rechenschaft und Herr Fogg wusste immer, ob er einen Vorsprung hatte oder zurückgeblieben war. Er trug also an diesem Tage, Mittwoch, den 9. Oktober, seine Ankunft in Suez ein, welche mit der vorgeschriebenen Ankunftszeit verglichen weder einen Gewinn noch einen Verlust aufwies. Darauf ließ er sich in seiner Kabine ein Frühstück auftragen. Die Stadt zu besehen, fiel ihm nicht ein, denn er gehörte zu der Sorte von Engländern, welche die Länder, durch welche sie reisen, von ihren Bedienten besehen lassen.

ACHTES KAPITEL
Passepartout spricht ein wenig mehr, als es sich vielleicht gehört.

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ach wenigen Augenblicken hatte Fix Passepartout am Kai eingeholt, der da schlenderte und schaute, denn er glaubte nicht, dass er verbunden sei, um nichts zu sehen.

»Nun, Freund«, redete Fix ihn an, »ist Ihr Pass mit einem Visum versehen worden?«

»Ah! Sie sind es, mein Herr«, erwiderte der Franzose. »Sehr verbunden. Wir sind völlig im Reinen.«

»Und Sie besehen sich das Land?«

»Ja, aber wir reisen so schnell, dass es mir vorkommt, als reise ich im Traum. Z.B. sind wir hier in Suez?«

»Suez.«

»In Ägypten?«

»Ägypten, ganz recht.«

»Und in Afrika?«

»In Afrika.«

»In Afrika!«, wiederholte Passepartout. »Ich kann es gar nicht glauben. Denken Sie sich, mein Herr, ich meinte, wir gingen nicht weiter als bis nach Paris, und diese berühmte Hauptstadt sah ich eben nur von sieben Uhr zwanzig bis acht Uhr vierzig Minuten vormittags, zwischen dem Nordbahnhof und dem Lyoner, durch die Scheiben eines Fiakers, während eines Platzregens! Das war mir leid! Gerne hätte ich den Pere La Chaise und den Circus in den Champs-Elysees besucht!«

»Demnach sind Sie sehr in Eile?«, fragte der Polizeiagent.

»Ich nicht, aber mein Herr. Apropos, ich muss ja Strümpfe und Hemden kaufen! Wir sind ohne Koffer abgereist, nur mit einem Reisesack.«

»Ich will Sie in einen Bazar führen, wo Sie alles finden, was Sie brauchen.«

»Mein Herr«, erwiderte Passepartout, »Sie sind wirklich sehr zuvorkommend!«

Und sie gingen miteinander. Passepartout schwatzte beständig.

»Vor allem«, sagte er, »muss ich mich davor hüten, das Boot zu verpassen!«

»Sie haben Zeit«, versetzte Fix, »es ist erst zwölf Uhr!«

Passepartout zog seine große Uhr heraus.

»Zwölf Uhr«, sagte er. »Nicht doch! Es ist neun Uhr zweiundfünfzig Minuten!«

»Ihre Uhr geht nach«, erwiderte Fix.

»Meine Uhr! Das alte Familienstück von meinem Urgroßvater! Sie weicht keine fünf Minuten im Jahre ab. Es ist ein echter Chronometer!«

»Ich sehe, woran es liegt. Sie haben noch die Londoner Zeit, welche etwa um zwei Stunden von der in Suez abweicht. Sie müssen darauf bedacht sein, Ihre Uhr nach der Mittagszeit jedes Landes zu stellen.«

»Ich! An meine Uhr rühren!«, rief Passepartout. »Niemals!«

»Ah, dann stimmt sie nicht mehr mit der Sonne überein.«

»Umso schlimmer für die Sonne, mein Herr! Sie ist im Irrtum.«

Und der wackere Bursche steckte seine Uhr mit stolzer Gebärde wieder in seine Tasche.

Nach einer kleinen Weile sprach Fix:

»Also Sie haben London in Eile verlassen?«


»Das meine ich wohl! Letzten Mittwoch um acht Uhr abends kam Herr Fogg gegen alle Gewohnheit früher aus seiner Gesellschaft und schon dreiviertel Stunden nachher waren wir unterwegs.«

»Aber wo reist Ihr Herr denn hin?«

»Immer geradeaus, um die ganze Erde herum!«

»Um die Erde herum?«, fragte Fix.

»Ja, in achtzig Tagen! Eine Wette, sagte er, aber, unter uns, ich glaub‘s nicht. Das wäre Unsinn. Es steckt etwas anderes dahinter.«

»Ei! Der Herr Fogg ist ein Original.«

»Das glaube ich auch.«

»Ist er denn reich?«

»Ganz gewiss, er hat eine hübsche Summe bei sich, in ganz neuen Banknoten! Und er spart unterwegs nicht! Denken Sie, er hat dem Maschinisten der Mongolia eine stattliche Prämie versprochen, wenn wir bei der Ankunft in Bombay einen hübschen Vorsprung haben!«

»Und Sie kennen Ihren Herrn schon lange?«

»Ich?«, fragte Passepartout. »Erst am Tage unserer Abreise bin ich bei ihm in den Dienst getreten!«

Man kann sich leicht denken, was diese Antworten auf den schon überspannten Kopf des Polizeiagenten für eine Wirkung haben mussten. Diese eilige Abreise aus London, kurz nachdem der Diebstahl vorgefallen war, die große Summe, welche er bei sich hatte, diese hastige Eile, um in ferne Länder zu kommen, dieser Vorwand einer unsinnigen Wette, – alles bestärkte Fix und musste ihn auch wohl in seinem Argwohn bestärken. Er ließ den Franzosen noch weiter plaudern und bekam die Gewissheit, dass dieser Bursche seinen Herrn gar nicht kannte, dass dieser in London vereinsamt lebte, dass man ihn reich nannte, ohne zu wissen, woher sein Vermögen komme, dass es ein verschlossener Mann sei, etc. Aber zugleich konnte sich Fix davon überzeugen, dass Phileas Fogg in Suez nicht das Boot verlasse und dass er wirklich nach Bombay reise.

»Ist es weit nach Bombay?«, fragte Passepartout.

»Sehr weit«, erwiderte der Agent. »Sie müssen dazu noch weitere zehn Tage auf der See fahren.«

»Und wo liegt dieses Bombay?«

»In Indien.«

»In Asien?«

»Natürlich.«

»Teufel! Das wollte ich noch sagen ... es beunruhigt mich etwas ... Mein Hahn!«

»Was für ein Hahn?«

»Mein Gashahn, welchen ich zuzudrehen vergaß, und der jetzt auf meine Kosten brennt. Nun habe ich ausgerechnet, dass ich für ihn zwei Schilling in vierundzwanzig Stunden zu zahlen habe, gerade sechs Pence mehr, als ich verdiene, und Sie begreifen, dass, wenn sich die Reise hinzieht ...«

Fix verstand die Sache wahrscheinlich nicht. Er hörte nicht mehr zu und machte seinen Plan. Der Franzose war mit ihm auf dem Bazar angekommen. Fix ließ denselben da seine Einkäufe machen, empfahl ihm, die Abfahrt der Mongolia nicht zu verpassen und kam in aller Eile wieder in das Büro des Konsularagenten. Fix hatte, nachdem er seiner Sache sicher war, alle Kaltblütigkeit wiedergewonnen.

»Mein Herr«, sagte er zu dem Konsul, »ich habe keinen Zweifel mehr. Der Mann ist es. Er will für einen Sonderling gelten, der in achtzig Tagen um die Erde herum reist.«

»Dann ist es ein Schurke«, versetzte der Konsul, »und er denkt nach London zurückzukommen, nachdem er alle Polizisten der beiden Kontinente an der Nase herumgeführt hat.«

»Das wird sich noch zeigen«, erwiderte Fix.

»Aber irren Sie sich nicht?«, fragte der Konsul nochmals.

»Nein, ich irre mich nicht.«

»Warum hat dann dieser Dieb darauf bestanden, seine Anwesenheit in Suez durch ein Visum bestätigen zu lassen?«

»Warum? ... Ich weiß es nicht, Herr Konsul«, erwiderte der Detektiv, »aber hören Sie mich an.«

Und er erzählte in Hauptzügen, was er aus der Unterredung mit dem Diener Foggs wusste.

»Wirklich«, sagte der Konsul, »alle Wahrscheinlichkeit spricht gegen diesen Menschen. Und was wollen Sie nun tun?«

»Eine Depesche nach London schicken, mit dem dringenden Begehren, mir einen Haftbefehl nach Bombay zu senden; mich auf der Mongolia einschiffen, meinem Diebe bis nach Indien nachspüren und mich ihm dort, auf englischem Gebiete, höflich nähern, meinen Haftbefehl in der einen Hand und die andere auf seiner Schulter.«

Nachdem der Polizeiagent dieses kalt geäußert hatte, verabschiedete er sich vom Konsul und begab sich auf das Telegrafenbüro. Von hier aus ließ er an den Polizeidirektor der Hauptstadt die Depesche abgehen, welche wir bereits kennen. Eine Viertelstunde darauf befand sich Fix, sein leichtes Gepäck in der Hand, übrigens gut mit Geld versehen, an Bord der Mongolia; und bald fuhr der rasche Dampfer unter vollem Dampf auf den Wellen des Roten Meeres dahin.

NEUNTES KAPITEL
Das Rote und das Indische Meer zeigen sich Phileas Foggs Absichten günstig.

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ie Entfernung Adens von Suez beträgt genau 1.310 Meilen und die Kompanie räumt ihren Paketbooten eine Zeit von 38 Stunden zur Fahrt ein. Die Mongolia fuhr mit stärkerer Feuerung so gut, dass sie einen Vorsprung gewann. Die meisten der in Brindisi an Bord gestiegenen Passagiere hatten Indien als Reiseziel. Die einen begaben sich nach Bombay, die anderen nach Kalkutta, aber via Bombay, weil man, seit eine Eisenbahn die Indische Halbinsel in ihrer ganzen Breite quer durchzieht, nicht mehr um die Spitze von Ceylon herumzufahren braucht. Unter den Passagieren der Mongolia zählte man verschiedene Zivilbeamte und Offiziere jedes Grades. Von diesen gehörten einige der eigentlichen britischen Armee, die anderen kommandierten Truppen von Eingeborenen, Sepoys genannt, alle mit hohem Gehalt[1], selbst seitdem die Rechte und Lasten der früheren Indischen Kompanie an die Regierung übergegangen waren.

Man lebte daher an Bord der Mongolia aufwendig, in dieser Gesellschaft von Beamten, worunter sich einige junge Engländer befanden, welche mit Millionen in der Tasche im Begriff waren, Handelskontore in der Ferne zu errichten.

Der Proviantmeister, ein Vertrauensmann aus der Kompanie, von gleichem Rang mit dem Kapitän des Bootes, sparte keinen Aufwand. Beim Frühstück morgens, beim Zwischenimbiss um zwei Uhr, beim Diner um fünf Uhr dreißig und beim Abendessen um acht Uhr beugten sich die Tische unter den Platten frischen Fleisches und den Beilagen, welche die Metzgerei und die Küchen des Paketbootes lieferten. Die Frauen der Gesellschaft – es befanden sich einige dabei – wechselten zweimal täglich die Toilette. Man machte Musik, tanzte sogar, wenn das Meer ruhig genug dazu war.

Aber das Rote Meer ist sehr launenhaft und häufig schlimm, wie alle schmalen und langen Golfe. Wehte der Wind von der asiatischen oder afrikanischen Küste her, so geriet die Mongolia, von einer Seite erfasst, in fürchterliches Schwanken. Dann verschwanden die Damen; die Pianos verstummten; Gesang und Tanz hörte auf einmal auf. Und dennoch, trotz der Windstöße, trotz der hohen See, fuhr das Paketboot, von seiner starken Maschine angetrieben und ohne langsamer zu werden, der Straße Babel-Mandeb zu.

Was trieb inzwischen Phileas Fogg? Man hätte meinen können, er habe stets unruhig und ängstlich an nichts anderes gedacht, als an die der Fahrt des Schiffes hinderlichen Windwechsel, an die wilden Bewegungen der hohen See, welche eine Störung der Maschine veranlassen könnten, endlich an alle die möglichen Beschädigungen, welche dadurch, dass sie die Mongolia zum Anlegen in einem Hafen nötigten, seiner Reise Einhalt gegeben haben würden. Dies war aber durchaus nicht der Fall, oder wenigstens, wenn dieser Gentleman auch an alle diese möglichen Fälle dachte, ließ er sich nichts davon anmerken. Er war stets der leidenschaftslose Mann, das gleichmütige Mitglied des Reformclubs, welches durch keinen Unfall oder Zufall in Verlegenheit gebracht werden konnte. Er schien von keiner anderen Bewegung getrieben, als die der Chronometer an Bord. An Deck sah man ihn selten. Es kümmerte ihn wenig, dieses an Erinnerungen so reiche Rote Meer, diesen Schauplatz der ersten historischen Szenen des Menschengeschlechts, zu betrachten. Es lag ihm nichts daran, die merkwürdigen Städte zu betrachten, womit beide Ufer zahlreich besetzt sind und deren malerische Silhouetten sich manchmal am Horizont abzeichneten. Er machte sich keine Idee von den Gefahren des Arabischen Golfs, deren die alten Historiker von Strabo bis Edrisi stets mit Schrecken gedachten, und auf welchen sich die Seefahrer nie hinauswagten, ohne sich die Götter durch Sühnopfer geneigt zu machen.

Was trieb also dieses in der Mongolia eingekerkerte Original? Zunächst hielt er täglich seine vier Mahlzeiten, ohne dass eine so merkwürdig organisierte Maschine jemals durch Schwanken oder Stampfen in Unordnung gebracht werden konnte. Nachher spielte er Whist. Er hatte Spielgenossen gefunden, die ebenso leidenschaftlich dabei waren wie er: Es waren: ein Zolleinnehmer, der sich auf seinen Posten nach Goa begab; ein Geistlicher, der ehrwürdige Decimus Smith, der nach Bombay zurückkehrte, und ein Brigade-General der englischen Armee, der sich zu seinem Korps nach Benares begab. Diese drei Passagiere hatten für das Whistspiel eine gleiche leidenschaftliche Vorliebe wie Herr Fogg und spielten ganze Stunden lang ebenso still wie er.

Passepartout spürte nicht das Mindeste von Seekrankheit. Er hatte eine Kabine im Vorderteil inne und aß ebenfalls mit Gewissenhaftigkeit. Unter diesen Bedingungen hatte die Reise für ihn allerdings nichts Unangenehmes mehr. Er machte sich dieselbe zunutze. Er hatte gute Nahrung und Wohnung, sah Länder und gab sich zudem selbst die Versicherung, der ganze Phantasieplan werde in Bombay ein Ende haben.

Am folgenden Morgen nach der Abfahrt aus Suez, den 9. Oktober, traf er zu einigem Vergnügen auf dem Verdeck den gefälligen Mann, an welchen er sich bei seiner Landung in Ägypten gewendet hatte.

»Irre ich nicht«, sagte er, indem er ihn mit dem liebenswürdigsten Lächeln anredete, »so haben Sie, mein Herr, mich in Suez so zuvorkommend geführt?«

»Wirklich«, erwiderte der Detektiv, »ich erkenne Sie wieder! Sie sind der Diener des originellen Engländers.«

»Eben der, Herr ...?«

»Fix.«

»Herr Fix«, erwiderte Passepartout. »Es freut mich unendlich, Sie an Bord wieder zu finden. Und wohin geht die Reise?«

›Eben dahin, wo die Ihrige hinführt, nach Bombay.«

›Das ist ja herrlich! Haben Sie die Reise schon einmal gemacht?«

»Bereits mehrmals«, erwiderte Fix. »Ich bin im Dienst der Peninsularkompanie.‹

›Dann sind Sie wohl in Indien bekannt?«

»Ei ... ja, ...« versetzte Fix, der nicht zu sehr herausrücken wollte.

»Und ist Indien ein merkwürdiges Land?«

»Sehr merkwürdig! Da gibt es Moscheen, Minarette, Tempel, Fakire, Pagoden, Tiger, Schlangen, Bajaderen! Doch ist es zu erwarten, dass Sie Zeit genug haben werden, das Land zu besichtigen?«


»Ich hoffe, Herr Fix. Sie begreifen wohl, dass ein Mensch von gesundem Verstand nicht fähig ist, sein Leben lang von einem Paketboot auf eine Eisenbahn und von einer Eisenbahn in ein Paketboot zu springen, unter dem Vorwand, in achtzig Tagen eine Reise um die Erde zu machen! Nein. Alle diese Sprünge werden sicherlich in Bombay aufhören.«

»Und Herr Fogg befindet sich wohl?«, fragte Fix in ganz natürlichem Tone.

»Sehr wohl, Herr Fix. Ich auch, übrigens; ich esse wie ein Wolf, der noch nüchtern ist. Die Seeluft bringt das mit sich.«

»Aber ich sehe Ihren Herrn nie auf dem Verdeck.«

»Da ist er niemals; er ist nicht neugierig.«

»Wissen Sie, Herr Passepartout, diese vorgebliche Reise in achtzig Tagen könnte wohl eine geheime Sendung verdecken ... eine diplomatische zum Beispiel.«

»Meiner Treu, Herr Fix, ich weiß nichts davon, gestehe ich Ihnen, und im Grunde gebe ich nicht eine halbe Krone dafür, es zu wissen.«

Seit dieser Begegnung plauderten Passepartout und Fix oft miteinander. Dem Polizeiagenten war daran gelegen, mit dem Diener des Herrn Fogg vertraut zu werden. Das konnte ihm bei Gelegenheit förderlich sein. Im Schankraum der Mongolia bot er ihm daher oft einige Gläser Whisky oder Dünnbier an; der wackere Bursche nahm diese ohne weiteres an und bot ihm ein Gleiches, um nicht seinerseits zurückzustehen, – hielt übrigens diesen Fix für einen recht ehrenhaften Gentleman.

Inzwischen fuhr das Paketboot rasch weiter. Am 13. bekam man Mokka in Sicht, das man von zerfallenen Mauern umgeben sah, und darüber ragten einige grünende Dattelpalmen hervor. Fern im Gebirge erblickte man ausgedehnte Kaffeeanpflanzungen. Passepartout war entzückt, diese berühmte Stadt zu sehen, und er fand sogar, dass sie mit ihren Ringmauern und einem Fort mit niedergerissenen Mauern einer enormen Untertasse glich.

Während der folgenden Nacht fuhr die Mongolia durch die Straße Babel-Mandeb und tags darauf, den 14., nahm er in Steamer-Point, nordwestlich von der Reede Aden, Nachschub auf. Hier musste man sich mit Kohlen versehen.

Dass die Paketboote in so weiter Entfernung von den Zentren der Produktion ihren Kohlenvorrat erneuern können, ist eine sehr wichtige Sache. Nur allein für die Peninsularkompanie beträgt dies einen Kostenaufwand von 800.000 Pfund. Man hat dafür in mehreren Häfen Niederlassungen einrichten müssen, und in diesen fernen Meeren kostet die Kohle achtzig Francs die Tonne.

Die Mongolia hatte noch 1.650 Meilen bis nach Bombay zu machen und sie brauchte in Steamer-Point vier Stunden Zeit, um ihre Vorratsräume zu füllen. Aber dieser Aufenthalt konnte dem Programm des Herrn Fogg durchaus nicht gefallen. Derselbe war schon vorgesehen; und zudem lief die Mongolia, deren Ankunft in Aden erst am Vormittag des 15. Oktobers geplant war, schon am Abend des 14. daselbst ein, also mit einem Vorsprung von fünfzehn Stunden.

Herr Fogg begab sich mit seinem Diener ans Land, um seinen Pass mit einem Visum ausstatten zu lassen. Fix schloss sich unbemerkt an. Als diese Formalität erfüllt war, kehrte Phileas Fogg an Bord zurück, um seine unterbrochene Partie zu Ende zu spielen.

Passepartout schlenderte seiner Gewohnheit nach mitten in dieser Bevölkerung von Somanlis, Banianen, Parsi, Juden, Arabern, Europäern, woraus die 25.000 Einwohner Adens bestehen. Er bewunderte die Befestigungswerke, welche aus dieser Stadt ein Gibraltar für die Indischen Meere machen, und stattliche Zisternen, womit die englischen Ingenieure, zweitausend Jahre nach denen des Königs Salomo, noch beschäftigt waren.

»Sehr merkwürdig, sehr merkwürdig!«, sagte sich Passepartout, als er an Bord zurückkam. »Ich merke wohl, dass das Reisen nicht ohne Nutzen ist, wenn man Neues sehen will.«

Um sechs Uhr abends rührte sich die Schraube der Mongolia zum Wellenschlag, die Reede von Aden zu verlassen, und bald fuhr sie auf dem Indischen Meere. Für die Fahrt nach Bombay waren ihr 168 Stunden eingeräumt. Übrigens zeigte sich dieses Meer günstig: Bei fortwährendem Nordwestwind konnten die Segel die Dampfkraft unterstützen. Das Boot, nun besser gestützt, schwankte weniger, und die Frauen erschienen in frischer Toilette wieder auf dem Verdeck. Gesang und Tanz begannen wieder. So ging die Reise unter den günstigsten Bedingungen vonstatten. Passepartout war über den liebenswürdigen Gesellschafter entzückt, welchen der Zufall ihm in der Person des Herrn Fix zugeführt hatte.

Sonntag den 20. Oktober, gegen Mittag, bekam man die Küste Indiens in Sicht. Zwei Stunden darauf kam der Pilot an Bord der Mongolia. Am Horizont zeichnete sich ein Hintergrund von Hügeln in harmonischen Umrissen von dem Himmelblau ab. Bald traten die Reihen von Palmen, welche die Stadt verdecken, in den lebensvollen Vordergrund. Das Paketboot lief in die Reede ein, welche von den Inseln Salsette, Colaba, Elephanta und Butcher gebildet wird, und nach viereinhalb Stunden lag es vor den Kais von Bombay.


Phileas Fogg hatte eben den 33. Robber des Tages fertig und beendete mit seinen Spielgenossen, nachdem sie dank einem kühnen Manöver dreizehn Stiche gemacht hatten, diese schöne Überfahrt mit einem bewundernswerten Schlemm.

Die Mongolia gelangte, anstatt am 22. Oktober, bereits am 20. in Bombay an. Damit waren also seit der Abfahrt von London zwei Tage gewonnen, welche Phileas Fogg methodisch in seinem Reisenotizbüchlein auf die Spalte des Guthabens eintrug.

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
304 s. 57 illüstrasyon
ISBN:
9783868209549
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