Kitabı oku: «Menschenbilder», sayfa 5

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3.2.3.3. ‹Radikale› bzw. Glaubensmissionen140

In Reaktion auf die zunehmende Institutionalisierung und Konfessionalisierung der älteren Missionsgesellschaften und der daraus resultierenden Einschränkung individueller Initiative versuchten die Glaubensmissionen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die Unmittelbarkeit missionarischer Erweckung und eschatologischen Glaubenslebens vor dem ‹Erkalten› zu bewahren. Die Linie der überkonfessionellen Missionsgesellschaften wurde hier in radikalerer Weise fortgesetzt und eigenständig gedeutet. Eine Gemeinsamkeit bestand in der eschatologischen Motivation der Mission. Doch nun sollte die endzeitliche Gottesherrschaft durch Missionsengagement und -erfolge herbei gezwungen und vorweggenommen werden.141 Die Missionare zogen ohne Vorbildung und finanzielle Sicherheit, nur mit ihrem Glauben |60| und ihrem Enthusiasmus ausgerüstet, ins Missionsgebiet. Die Ausbildung sollte dann als learning by doing vor Ort geschehen. Nicht langwierige Bemühungen um einzelne Gemeindegründungen standen im Vordergrund, sondern die ‹Schnellevangelisation›.142 Die Vertreter der Glaubensmissionen waren davon überzeugt, dass auf diese Art und Weise der Missionsgedanke von allen unsachgemäßen Schranken befreit war.

Die Idee für eine so genannte ‹Glaubens›- oder ‹Freimission› war nicht neu. Schon in den älteren Missionen gab es Ansätze zu einer von organisatorischen und konfessionellen Begrenzungen losgelösten Missionsarbeit, deren Missionare sich und ihre Arbeit selbst finanzieren mussten. So wurde bereits 1835 der erste Basler Inspektor Blumhardt durch den englischen Freimissionar Anton Norris Groves zu einer unabhängigen und freien Missionstätigkeit nach dem Vorbild der Apostel angeregt und brachte eine Gruppe von Missionaren, angeführt von Hermann Mögling, dazu, ohne festen Lohn, unter Einhaltung des Zölibats und in apostolischer Genügsamkeit zu arbeiten. Nach Unruhe unter den anderen Missionaren sowie Bedenken von Seiten der Church Missionary Society und aus den eigenen Reihen gegen eine Mission ohne Anweisungen aus dem Heimatgebiet wurde von der Freimission wieder abgerückt.143 Auch Christian Friedrich Spittler und die Goßnersche Mission hatten diese Missionsrichtung vorbereitet.

Zum Vorbild für die späteren Glaubensmissionen wurde dann aber besonders Karl Gützlaff, missionarischer Einzelkämpfer in China. Seine Arbeits­methode der Wanderpredigt und Schriftenverteilung durch chine­sische Mitarbeiter wurde zunächst in Europa begeistert zur Kenntnis genommen. Sein Werk brach jedoch nach seinem Tod zusammen und nachdem ­Missstände in seinem Chinesischen Verein bekannt wurden, machte sich Ernüch­­terung breit. Seine langfristige Wirkung ist dennoch nicht zu unterschätzen: Gützlaffs Arbeit bereitete der Basler, der Rheinischen und der Berliner Mission den Weg nach China und war das Vorbild der Glaubensmissionen, allen voran der China Inland Mission (CIM).144 |61|

Die Goßner Mission und die Predigermission, welche sich von überkonfessionellen zu Glaubensmissionen entwickelten, zeigten es schon an: Von einer ‹Publikationsfreudigkeit› konnte bei den Glaubensmissionen keine Rede sein. Sie beschränkten sich meist auf eine Zeitschrift, in der sie von ihrer Arbeit berichteten und für die Sache der Mission warben. Immerhin gab die Allianz-Mission ihr Monatsblatt zusammen mit der Frauenhilfe der Allianz-Mission heraus und die Neukirchener Mission hatte eine Beilage für Kinder und Jugendliche in ihrem Missions- und Heidenboten.145

Die Beschränkung auf wenige Schriften war auch aus der Not geboren: Waren die Missionszeitschriften für alle Missionsgesellschaften ein anerkanntes Mittel zur Spendenbeschaffung, so hatten sie für die Glaubensmissionen eine noch existenziellere Bedeutung. Sie verzichteten ja bewusst auf eine organisatorische Absicherung in Form von Hilfsvereinen oder einer Notkasse, die im Fall eines finanziellen Engpasses einspringen konnten. Die Missionsarbeit war eine private Angelegenheit, und die benötigten Mittel sollten allein durch Gottes Hilfe, in Form von freiwilligen, nicht einkalkulierten Spenden zustande kommen. Die einzige Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen und Spenden zu generieren, waren deshalb mündliche Vorträge und die Verbreitung von hauseigenen Zeitschriften und Traktaten, wie die Grundsätze der Waisen- und Missionsanstalt in Neukirchen zeigen: «Es giebt auch keine irgendwie organisierte Missionsgemeinde, an die wir uns halten können; aber wohl haben wie einen weiten Kreis zerstreuter Freunde und Freundinnen, meist Leser unseres Blattes, die treu für uns beten und in Gottes Hand das Werkzeug sind, daß uns immer wieder zur rechten Zeit das Nötige freiwillig zugeht. […] Grundsätzlich nehmen wir auch in unseren Ansprachen nur selten auf die Anstalten Bezug, da es uns anliegt, alles direkte Werben für die eigene Sache möglichst zu meiden».146 Hier wird der gnadenhafte, apostolisch-ursprüngliche Charakter der Missionsarbeit und des Missionserfolges unterstrichen. Die ‹zerstreuten Freunde und Freundinnen› bekamen den Eindruck, an einer sehr exklusiven, besonders frommen und ernsthaften Unternehmung teilzuhaben. Trotz aller Distanzierung von institutionalisierten Formen der Mission wurde so eine gemeinsame Identität gestiftet, die eine der wichtigen Voraussetzung für die Entstehung eines treuen Unterstützerkreises war. Obwohl die Verlautbarungen der Missionsleitung suggerieren wollten, dass für den Erhalt und den Erfolg der Glaubensmission allein die göttliche Gnade verantwortlich sei, fand doch eine Form von Institutionalisierung und Absicherung durch einen Unterstützerkreis statt. |62|

3.2.3.4. Kolonialmissionen

Ein Phänomen des späten 19. Jahrhunderts waren die Kolonialmissionen. Wie den deutschen Kolonialbestrebungen insgesamt, so war auch den daran anknüpfenden Missionsgesellschaften kein allzu großer Erfolg beschieden. Mit ihr erlebte der Typus der herrschaftsnahen Missionsgesellschaft eine Renaissance, sie gerieten durch ihre enge Verbindung zur Politik geradezu zur Karikatur einer solchen.147

Alle Missionsgesellschaften kamen in den Kolonien in Berührung mit der kolonialen Obrigkeit und Gesellschaft sowie deren weit reichender Problematik, schon bevor das Deutsche Reich 1884 aktiv in die Kolonial-Politik eintrat.148 Die Mehrheit in den Missionsgesellschaften war hinsichtlich einer engeren Zusammenarbeit zwischen Mission und den Kolonialbehörden zurückhaltend, da die durch die koloniale Expansion ausgelösten Probleme wahrgenommen wurden. Der deutsche Kolonialismus war allerdings eine Realität, die man auch in Missionskreisen explizit auf die eine oder andere Weise zur Kenntnis nehmen musste. Eine aktive Minderheit sprach sich dafür aus, dass man die aus der Situation entstehenden Möglichkeiten nutzen sollte. 1887 wurde in Bayern die Evangelisch-lutherische Missionsgesellschaft für Ostafrika gegründet, die sich fünf Jahre später mit der Leipziger Mission vereinigte.

Die Deutsch-ostafrikanische Evangelische Missionsgesellschaft, gegründet 1886, war in den ersten Jahren eine Art Appendix der Deutsch-ostafrikanischen Kolonialgesellschaft. Die Ausrichtung der Missionsgesellschaft war in den ersten Jahren jedoch so diffus, dass nicht klar war, welche Ziele sie verfolgte.149 Erst als 1890 Friedrich von Bodelschwingh in das Führungsgremium der Gesellschaft eintrat, setzte eine neue Entwicklung ein. Er wandelte sie in eine diakonische Mission um und bewahrte sie so vor der Auflösung. Innere und äußere Mission gingen eine enge Verbindung ein. Diakone, Diakonissen und Theologen, in den Betheler Anstalten ausgebildet, standen für die Mission zur Verfügung. 1906 wurde der Sitz der Gesellschaft nach Bethel verlegt und 1920 der Name in Bethel-Mission geändert. Das Kapitel der deutschen Kolonialmission |63| war damit abgeschlossen.150 Das Modell der Kolonialmission als Teil des kolonialen Projektes musste als gescheitert angesehen werden.

3.2.3.5. Die liberale Missionsgesellschaft

Auch liberale Kreise partizipierten an der kritischen Reflexion, die ab den 1840er Jahren über die bisherige Missionstätigkeit einsetzte. Im Juni 1884 konstituierte sich der Allgemeine Evangelisch-Protestantische Missionsverein (AEPMV) in Weimar.151 Dieser Ort war bewusst gewählt, da man «im Sinne der besten Traditionen des deutschen Idealismus Mission […] treiben» wollte.152 Ernst Buss, von 1884 bis 1893 Leiter des Missionsvereins, entwarf den Plan eines neuen Missionsunternehmens, das allen Christen offen stehen sollte: Auf dem Boden eines freisinnigen Protestantismus sollte die christliche Religion und Kultur unter den Heidenvölkern ausgebreitet werden.153

Die Missionare sollten ein lebendiges Zeugnis in Wort und Tat geben. Religionen und Kulturen wurden wertgeschätzt, an die in ihnen enthaltenen Wahrheitselemente angeknüpft. Die Missionare genossen eine akademisch-theologisch Ausbildung und waren bereit, sich mit fremdartigem Gedanken- und Kulturgut auseinander zu setzen.154

Der AEPMV gründete sich als kirchenpolitisch überparteiliche und übernationale Alternative zu den positiven und konservativen Missionsgesellschaften, welche die Mission bis dahin hauptsächlich getragen hatten. Das Ziel, für alle kirchlichen und theologischen Richtungen offen zu sein, konnte er jedoch nicht einlösen, er blieb «ein von den Liberalen getragener Verein».155 Die liberale Missionsbewegung wurde von Protestantenvereinen, Ritschl-Schule, Religionsgeschichtlicher Schule und namhaften Theologen wie Adolf von Harnack, Otto Pfleiderer, Richard Lipsius, Heinrich Bassermann und Max Müller unterstützt. Getragen wurde der AEPMV in Deutschland und in der |64| Schweiz durch die von anderen Missionsgesellschaften gut bekannte Form der Hilfsvereine. Trotz der schweizerischen Beteiligung war der Verein eine überwiegend deutsche Missionsgesellschaft mit einem starken nationalen und, daraus folgend, auch kolonialen Element.156

Als ‹Missionsobjekte› wurden nicht ‹ungebildete Naturvölker› angesehen, der geografische Schwerpunkt lag vielmehr vor allem auf den alten Kulturländern Asiens, Japan und China.157 Diese lagen nach Ansicht des AEPMV moralisch danieder und sollten durch die Mission kulturell wieder ‹aufgehoben›, den heimischen, rein äußerlichen Religionen das Christentum entgegengesetzt werden.158

Auf die Bildung eigener Gemeinden wurde verzichtet, weil man die bereits existierenden, vor allem amerikanischen und englischen Gemeinden nicht spalten wollte. Damit folgte man Adolf von Harnack, nach dem Missionare nicht den Protestantismus verkündigen sollten, sondern die Gotteskindschaft.159 Der AEPMV nahm fremde Kulturen und Religionen auf eine neue Art in ihren Eigenheiten wahr. Ansätze zu einer – vor allem kulturellen – Kontextualisierung christlicher Inhalte hatte es zwar in den anderen Missionen schon lange und immer wieder gegeben, doch lagen diese im Ermessen einzelner Missionare vor Ort und wurden von den Missionsleitungen in der Heimat nicht immer geduldet.160 Der Missionsverein hielt die Kontextualisierung sowie eine stark religionswissenschaftliche Ausrichtung seinen Statuten fest: «Sein Zweck ist, die christliche Religion und Kultur unter den nichtchristlichen Völkern auszubreiten, in Anknüpfung an die bei diesen schon vorhandenen Wahrheitselemente. […] Er sucht seine Aufgabe zu lösen: […] durch Förderung des Studiums der nichtchristlichen Religionen […]».161 Auch im Titel der liberalen Zeitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft (1886-1911), in der – neben Beilagen im Kalender des Protestantenvereins, auf Flugblättern und durch Postkarten – für die liberale Missionssache und für Spenden geworben wurde, kommt dieser religionswissenschaftliche und akademische Anspruch zum Ausdruck.

Die etablierten Missionsgesellschaften blieben auf Distanz. Aus ihrer Sicht wurden die Ziele des AEPMV bereits kompetent von ihnen in Theorie |65| und Praxis erreicht. Die bewusst allgemein gehaltenen theologischen Leitlinien, die möglichst viele Missionsfreunde ansprechen sollten, kritisierten sie als dogmatisch zu beliebig. Trotz der in den Statuten festgehaltenen evangelischen Fundierung störten sich die anderen Missionsgesellschaften am Begriff der ‹Kulturmission›, für die das Evangelium immer nur in Verbindung mit Kultur, im Sinne einer ‹Völkerpädagogie› weitergegeben werden sollte und der christlichen Religion nur ein relativer Stellenwert eingeräumt wurde.162 Zu den Missionskonferenzen wurde der AEPMV deshalb gar nicht erst eingeladen und keine Redner aus seinem Umfeld angefragt.163

Im Umfeld der Missionsgesellschaften wurde der AEPMV offenbar vor allem im negativen Sinne wahrgenommen.164 Die ‹Kulturmission› war den Veränderungen unterworfen, welche die Bedeutung des Kulturbegriffs im ausgehenden 19. Jahrhundert durchlief. Theologisch und in seiner Missionsmethode wollte der Missionsverein mit seiner starken Betonung von kulturellem und religiösem Kontext in Ansätzen eine Alternative zu den anderen Missionsgesellschaften eröffnen und sich für alle kirchlichen Kreise öffnen. Einerseits stellte er tatsächlich eine Alternative zu den positiven und erwecklichen Missionsgesellschaften dar, andererseits war er als liberale Organisation theologisch genauso festgelegt wie pietistische, erweckliche und lutherische Missionsgesellschaften. In seinem Gebrauch von Druckmedien zur Schaffung einer eigenen Öffentlichkeit, schloss sich die liberale Mission an die Praxis der etablierten Missionsgesellschaften an. Die angestrebte Relativierung von konfessionellen Grundlagen rückte den AEPMV in die Nähe der überkonfessionellen Missionsgesellschaften. Mit der hohen Wertschätzung, den der AEPMV der akademischen Bildung der Missionare einräumte, lag er auf einer Linie mit den konfessionellen Missionsgesellschaften.

Die Frage, ob der liberale Missionsverein dem herrschaftsnahen oder dem herrschaftsfernen Missionstyp näher stand, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Für den herrschaftsnahen Missionstyp sprechen die starke Verankerung an den Universitäten und die Betonung der Kultur, die immer auch mit einer nationalen Mission einherging. Andererseits wurde auf die Erhaltung bzw. Sicherung des eigenen Amtes, ganz im herrschaftsfernen Sinn, kein Wert gelegt. Im Gegenteil: Es sollten keine eigenen Gemeinden gegründet werden, sondern die individuell Missionierten in ihren bereits bestehenden Gemeinden bleiben. «Deshalb wird man vergeblich nach handfesten Zahlen |66| suchen, nach Erfolgsbilanzen, die sich in getauften Seelen und gebildeten Gemeinden niederschlagen.»165 Und auch der Missionsverein selbst war dezidiert antihierarchisch aufgebaut und gegliedert.166 Gab es also aus missionstheologischer Sicht viele Elemente, welche den AEPMV mit den anderen Missionsgesellschaften verband, so unterschied er sich in seiner demokratischen Ausrichtung, die sich in der praktischen Arbeit vor Ort zeigte, deutlich von der Arbeit der anderen Gesellschaften.

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4. Die Basler Missionsgesellschaft
4.1. Entstehung und Vernetzung

Die Basler Missionsgesellschaft wurde 1815 als eines der zahlreichen ‹Reich-Gottes-Werke› der in Basel gegründeten Deutschen Christentumsgesellschaft gegründet.167 Sie sah sich ihrem Selbstverständnis nach in der Tradition des «guten, alten, gesunden Pietismus» stehen, dessen Erhalt eine Voraussetzung für den Fortbestand der Missionsgesellschaft war.168

Schon in der Person ihres Gründers, Johann August Urlsperger, der enge Kontakte nach England, aber auch nach Halle pflegte, wird die enge personelle und kommunikative Verknüpfung deutlich, an der die Christentumsgesellschaft und damit auch ihr ‹Ableger›, die Basler Missionsgesellschaft, partizipierte.169

Karl Friedrich Adolf Steinkopf, von 1795 bis 1801 Sekretär der Christentumsgesellschaft, aus Württemberg und eng mit den englischen Missionen verbunden, knüpfte erste Kontakte zu Mitarbeitern und Unterstützern sowie zu bereits bestehenden Missionsgesellschaften, von deren Unterstützung die zukünftige Missionsgesellschaft profitieren konnte. Durch ihn kam die Basler |68| Missionsgesellschaft in Verbindung mit der London Missionary Society und der Church Missionary Society. Zunächst wollte man in Basel nach dem Vorbild des Berliner Missionsseminars in einer eigenen Missionsschule die Missionare nur ausbilden, um sie dann im Dienst anderer Missionsgesellschaften in deren Missionsgebiete zu entsenden.170 Dies hatte pragmatische Gründe – die Basler Missionsgesellschaft verfügte anfänglich nicht über die Infrastruktur und die Mittel, ein eigenes Netz von Missionsstationen aufzubauen und zu erhalten. Steinkopf empfahl eine Zusammenarbeit mit der theologisch ähnlich ausgerichteten London Missionary Society.171 Weil die London Missionary Society jedoch genügend eigene Bewerber hatte, scheiterte dieses Vorhaben. Stattdessen ging die Basler Missionsgesellschaft eine enge Verbindung mit der Church Missionary Society ein.172 Jedoch unterstützte die London Missionary Society die Basler Missionsbestrebungen in der Anfangszeit und beschloss auf Anregung Steinkopfs eine Spende in Höhe von 200 Pfund «as a contribution to the first establishment of their Seminary».173 Von 1819 bis 1858 sandte die Church Missionary Society 102 Missionare aus, die im Basler Missionshaus ausgebildet worden waren.174 Ab Mitte des 19. Jahrhunderts arbeitete Basel eng mit der Norddeutschen Missionsgesellschaft zusammen. 1850 war diese finanziell nicht mehr in der Lage, eine eigene Missionsschule zu unterhalten. Die Basler Missionsgesellschaft sprang helfend ein. Sie bildete in den folgenden |69| Jahrzehnten nicht nur eigene Missionare, sondern auch Missionare für die Norddeutsche Missionsgesellschaft aus.175

Erst ab den 1820er Jahren begann die Basler Missionsgesellschaft mit einer selbständigen Missionsarbeit. Die ersten Missionsversuche waren nicht von Dauer. Das erste Missionsgebiet ab 1821 in den deutschen und schweizerischen Kolonien an der Wolga musste 1835 auf Geheiß des Zaren Nikolaus I. aufgegeben werden. Die Missionsarbeit in der Kolonie Liberia in Westafrika dauerte nur von 1827 bis 1831. 1828 sandte sie dann jedoch erfolgreich die ersten Missionare an die Goldküste in Ghana, weitere Missionsgebiete waren Südindien ab 1834, China ab 1846 und ab 1886 Kamerun.176 Damit wurde sie zu einer der wichtigsten Vertreterinnen der kontinentalen Missionen.177


Abb. 1: Missionshaus in Basel. Es handelt sich hier um das Haus an der Leonhardstraße, das ab 1819 das Missionsseminar, Lehrerwohnungen und Verwaltungsräume beherbergte. 1860 zog die Missions­gesellschaft in die Missionsstraße in der Nähe des Spaltentores um. Auf dem dortigen Grundstück errichtete sie das Missionsseminar, die Voranstalt, das Kinderhaus, Verwaltungs- und Ökonomiegebäude neu. |70|

4.2. Konfessionelles und theologisches Profil

Wie oben schon gezeigt, gehört die Basler Mission als erste Missionsgesellschaft im deutschsprachigen Raum zum Typus der überkonfessionellen Mission. Die Arbeit in den Missionsgebieten sollte frei sein von konfessionellen Einflüssen und sich allein auf die Botschaft des Evangeliums konzentrieren. Dadurch wurde eine Entscheidung für eine bestimmte Kirchenzugehörigkeit, deren Positionen die Missionare dann in ihrer Arbeit zu vertreten hätten, von vornherein ausgeschlossen. Und umgekehrt gab es keine kirchliche Gemeinschaft, ob frei- oder staatskirchlich, in welcher die Basler Mission ihre Positionen uneingeschränkt vertreten sah.178

In der Missionsgesellschaft arbeiteten von Anfang an Menschen aus der reformierten Schweiz und aus dem lutherischen Württemberg zusammen, wobei die Unterschiede in der religiösen, regionalen und sozialen Herkunft durch eine gemeinsame pietistische Überzeugung zumindest bis zu einem gewissen Grad ausgeglichen wurden. Dabei zeichnete sich die Missionsgesellschaft durch eine Unsensibilität, vielleicht auch Ignoranz gegenüber der besonderen Problematik von Konfession und Kirche und den daraus resultierenden möglichen Gewissenskonflikten ihrer Mitarbeiter aus. Dies fiel vor allem bei der Zusammenarbeit mit der Church Missionary Society ins Gewicht, welche die pietistisch bzw. erwecklich geprägten Missionszöglinge aus dem lutherischen Württemberg und der reformierten Schweiz auf das anglikanische Bekenntnis ordinierte.179 Laut dem ersten Inspektor, d.h. Leiter der Missionsgesellschaft, Christian Gottlieb Blumhardt sollten Missionsgesellschaften keine eigene Theologie entwickeln, sondern lediglich die «Bibellehre» vertreten.180 Für ihn hatten weiterführende Gedanken über Ekklesiologie, Bekenntnis, Amt und Ordination keinen Platz in der Mission. Der Gewissenskonflikt, in den manche Basler Missionare durch die anglikanische Ordination gerieten, wurde zunächst von der Missionsleitung weder wahr- noch ernst genommen.

Die theologische Linie der Basler Missionsgesellschaft konnte leicht als «pragmatisch, ja opportunistisch begründete Anpassung an die bestehenden |71| Verhältnisse» gedeutet werden.181 Doch lässt dieser Vorwurf außer Acht, dass hier starke biblizistische, universalistische und eschatologische Motive aus der pietistischen Tradition und dem erwecklichen Umfeld eine Rolle spielten: Bekenntnisse waren von Menschen gemacht, was zählte, war die Konzentration auf das Wort Gottes und die aktive imitatio Christi und imitatio apostolorum, da nur diese für das Kommen des Reiches Gottes eine Rolle spielten. Zudem wurde das Kommen des Reiches Gottes nach den Berechnungen Johann Albrecht Bengels im Jahr 1836 erwartet. Die Naherwartung der Parusie machte viele weltliche Dinge sekundär. Es ist daher vermutlich kein Zufall, dass die Bereitschaft zu ‹konfessionellen Kompromissen› nach dem Ausbleiben von Christi Wiederkunft 1836 nachließ, was sich in der Entstehung der konfessionellen Missionsgesellschaften, aber auch in der zunehmend eigenständigen Missionsarbeit der Basler Mission auf eigenen Missionsgebieten äußerte.

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