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Kitabı oku: «Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band», sayfa 6

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Zweites Kapitel.
Musas Berichterstattung

Was sagt Kuku? wackerer Dschelab, rief Flore dem Ankömmling entgegen.

Er erwiederte folgendes:

Da ich zu dem Sultan kam, erhabene Nene, und mich als deinen Gesandten offenbarte, warf er sich jammernd und winselnd auf den Teppich. Alle Liebe ist von den Weibern gewichen, rief er, auch diese Nene, die ich zur Eselin der Eselinnen erhob, wollte nicht sterben.

O der Barbar! fiel Flore ein.

Jener fuhr fort: Nun mußte ich deinen Krieg gegen den Bruder berichten, und wie Tata fiel. Da zürnte er nicht. Mein Bruder war ein Krieger, sprach er, rühmlich ist Tata gesunken. Nun erzählte ich, wie du sein Grab geehrt, sein Denkmal erhöht hast, da weinte er vor Freude.

Edler Rittersinn, rief Flore. Kuku verleugnet sich nicht. Das Gute und Böse liegt in seiner Seele beieinander. Ich aber mag hier weder tilgen noch entwickeln. Weiter!

Da ich nun antrug, du wolltest ihm sein Land zurückstellen, wenn er dich mit sicherem Geleite ziehen ließe, war er halb zufrieden, halb nicht, doch erklärte er sich endlich: er müsse vor allen Dingen erst Osmanns Kopf, womit er betrogen worden sei, bekommen, diese Bedingung würde Nene nicht versagen.

Osmanns Kopf? rief Flore. Osmanns Kopf! Betrogen sagst du? Hat er ihn nicht? Mit meinem Willen zwar nimmer. Alonzo, was sagt ihr?

Ich weiß nicht anders, stockte dieser.

Musa fuhr fort: Der Sultan behauptet, einen anderen Kopf erhalten zu haben. Er besteht auf den ächten; dann sollst du ihm auch noch einen geschickten Caffern zusenden, der ihm das schwarze Pulver bereitet. Er will es wider Gigi gebrauchen, mit der es immer noch nicht zu der lange erwarteten entscheidenden Schlacht kam, denn man unterhandelt noch mit Habesch um die Mittel, jene unfehlbar zu verderben.

Der Caffer soll ihm werden, ich hab ihn schon ersehen. – Es ist ein Irrthum. Der Kopf wurde ihr zugeschickt. Doch stände der Franzose auch lebend vor mir, ich würde nimmer in die Forderung willigen.

Sie ließ hierauf Perotti aus dem Gefängnisse bringen.

Signor, erklärte sie ihm, ihr geht zum Sultan Kuku! Verseht ihn mit Kunst, mit List, so viel ihr wisset und ihm Noth thut. Wenn ihr das gehörig ins Werk gerichtet habt, so vollendet meinen Frieden mit ihm. Der ehrliche Musa wird euch begleiten. Vielleicht ziehen wir am Ende froh nach Europa.

Nach Europa? rief Perotti. Ich habe es schon vergessen, und darauf verzichtet.

„Ich nicht, Signor, ich nicht!“

Laßt uns doch in Darkulla bleiben. Zum Paradiese fehlt ihm ja nichts mehr, als eine Opera buffa, und ein maskirt Carneval. Doch Geduld, ich richte alles noch ein.

„O meinetwegen künftig bei Sultan Kuku. Genug, ich höre keinen Widerspruch, keine Bitte.“

Aber mein Amt, mein Amt!

„Werde ich einstweilen schon verwalten lassen, auch mich beim Sultan einlegen, daß es euch vorbehalten bleibt.“

O keinem Sultan mag ich dienen, einer Monarchin. Wie Essex der Elisabeth. Das bringt vortrefflich Regiment.

„Dies waren eure Abschiedsworte. Kameele vor. Glück auf die Reise!“

Er mußte gehorchen.

Alonzo wurde wieder allein befragt: Welchen jungen Mann meintet ihr?

Er gerieth in Verlegenheit. Ich bitte um Nachsicht, Sultanin. Ich weiß keinen. Es war mir nur darum, zu erfahren, wie du einen Antrag der Art beantworten würdest.

„So? – Ei! – Und Osmanns Kopf? Ihr stokt. Ihr bergt mir ein Geheimniß, auch mag ich es nicht entschleiern. In einem Fall bin ich aber unzufrieden mit euch. Das sollt ihr einst erfahren. Die Verkettung der Ereignisse, welche uns treffen, ist sonderbar. Gebe das Schicksal nur eine endliche freundliche Lösung.“

Alonzo mußte Perottis Geschäfte mit versehn. Flore drängte ihn, da durfte er seiner Trägheit weniger nachhängen. Ehrlicher wie Perotti, hing das Volk ihm lebhaft an, wiewohl es bald darauf auch genug an seinen Einrichtungen zu tadeln fand, denn mit den ersten Eindrücken der Verfeinerung, hatte sich der Geist des Widerspruchs, der in aller Busen wohnt, der uns als moralisches Vertheidigungsmittel von der Natur zugelegt zu sein scheint, auch ziemlich bei den Darkullanern ausgebreitet. Von ihm sagt Morellet, einer der geistvollsten unter den neueren französischen Autoren:

Supposons qu’on appelle au Ministère un génie élevé, d’une probité qui décourage la calomnie même, plein de la passion du bien public, et de tous les sentimens qu’on peut desirer et exiger dans un homme en place; je vais dire ce qui arrivera. S’il regarde autour de lui avant d’entreprendre; s’il étudie, non pas les principes de l’administration que l’expérience et de profondes réflexions lui ont rendus familiers, mais les moyens par lesquels on peut les mettre en pratique et vaincre les obstacles que la corruption élève de toutes parts; s’il marche avec cette sage lenteur qui conduit plus sûrement et plus promptement au but, on dira: il ne fait rien; nous ne voyons rien; c’est qu’on sera au desespoir de n’avoir rien à blâmer et à contredire; mais à la première de ses opérations, des milliers de voix s’élèveront; l’un critiquera la forme, l’autre le fonds, non pas d’après des principes réfléchis, mais uniquement par esprit d’opposition. Si le ministre eût fait tout le contraire, on se fût simplement abstenu de corriger tel abus de faire telle loi, ces mêmes gens l’auraient désapprouvé avec la même violence. On eût dit: pourquoi ne réforme-t-il pas ceci ou cela? Pourquoi ne fait-il ce bien au peuple, cette faveur à l’agriculture? S’il réforme, s’il change, s’il s’efforce d’améliorer toutes les parties de l’administration, on s’écriera: pourquoi toucher à ce qui est? Ne sommes-nous pas bien? L’esprit de système, la constitution de l’Etat, les privilèges des différens corps, le caractère de la nation, les dangers d’une liberté, qui deviendrait bientôt licence, seront les mots de ralliement que se donnera l’esprit de contradiction, et bientôt sera renversée, la statue au pied de laquelle on avait brûlé quelque encens.

Dieser Geist des Widerspruchs, tief verfolgt zur Wurzel, und dann wieder einen vielzweigigen Stamm aus der Tiefe erzogen, lieferte gar wohl den Stoff einer neuen Erklärung des gesellschaftlichen Lebens. Doch scheint die Sucht, philosophische Systeme aufzustellen, bei den Deutschen in Abnahme zu gerathen. Bliebe es dabei! Denn wohin führen sie alle? Den Mann bis zum Grabe zur Pein des Schülers zu verdammen; denn will er nicht das sogenannte Hinken nach dem Zeitalter als Vorwurf hören, muß er immerfort lernen. Und darf man Schätzen einen Werth zuerkennen, von denen es ausgemacht ist, die Mode wird früher oder später gebieten, sie wieder wegzuwerfen. Oder soll der Teutone die Weisheit inniger umschlingen, da die Klugheit sich seinem Arm so viel entwindet?

Drittes Kapitel.
Der Kriegsschauplatz

Wenden wir den Blick nach dem Kriegesgetümmel.

Immer hatte Gigi Unterhandlungen anknüpfen wollen, doch kein Gehör bei Kuku gefunden. In seiner festen Stellung trotzte er ihren Angriffen, wie wir bereits wissen, und übte daneben seine Truppen mit vieler Klugheit. Eilboten gingen fleißig nach Habesch, und kamen von daher. Der Entfernung halber, und da es nothwendig war, beträchtliche Umwege zu nehmen, verliefen aber mehrere Monate, ehe die Unterhandlung am Ziele stand. Endlich aber sagten die Verbündeten zu, Gigi mit einem großen Heere in den Rücken zu gehn, und es wurde ein Tag beraumt, wo Kuku seine Verschanzung meiden, und die Amazone im offenen Felde angreifen sollte. Der Feldherr der Verbündeten rechnete darauf, um diese Zeit auch nahe zu sein, so gerieth die Feindin zwischen zwei Angriffe, und um desto eher hoffte man sie zu verderben.

Eben war man auf das ernsthafteste mit Waffenübungen beschäftigt, da Perotti in Kukus Lager kam. Aber welche Waffenübungen. Nicht etwa so bequem wie in Deutschland, wo man die freundliche Jahreszeit, den Tag, und fein flache Gefilde dazu auswählt, dazu jedermann auf dem Papiere hat, welche Szenen aufgeführt, welche Truppen vorwärts rücken, und welche fliehen sollen. Nein, Sturm, Regen, Wolkenbruch, wie sie die nasse Jahreszeit dort viele im Gebürge gab, tiefe Nacht, hohe Felsen, Wald und Sümpfe liebte Kuku zu diesem Behuf. Immer wurden zwei Partheien aufgestellt, deren Führer nach Urtheil handelten. Daß es dabei auf blutige Köpfe nicht ankam, auf dem Exerzierplatze Todte zu begraben, ins Spital Verwundete zu bringen waren, versteht sich von selbst.

Perotti kam in der übelsten Laune von der Welt im Lager an. Er hatte so schöne Träume geträumt, und war so übel davon erwacht. Zwar besaß er viele Schätze, denn es war ihm vergönnt worden, ein Kameel mit seinen Habseligkeiten zu beladen, und was er erpreßt, und durch Bestechungen gewonnen hatte, nahm darauf Platz; gleichwohl aber sah er wenige Sicherheit für den Reichthum voraus, und dem Kriegsruhm hatte er in Europa nimmer Geschmack abgewonnen, um wie viel weniger in dieser Erdgegend. Bei dem allen mußte er der Nothwendigkeit weichen, und es galt ihm nur, sich in die Gunst des Sultans zu schmeicheln.

Das geschah denn nach aller Kraft, es wurde Pulver verfertigt, auch Kanonen, ob sie gleich zu nichts taugten, als Schrecken einzujagen, was freilich schon viel taugen heißt, besonders wenn man schreckhafte Feinde vor sich hat. Kuku wollte ihm eine Unterbefehlshaberstelle bei den Truppen anvertrauen, die er aber demüthig verbat, und dafür antrug, die eines Feldhistoriographen anzuordnen, welche er mit nicht geringem Eifer zu versehn anfing. Dabei stutzte er Zeitungsschreiber zu, und ließ alle Tage ein Palmblatt ausgeben, worauf die Kriegsvorfälle geschildert wurden. Hatte ein Darkullaner einen Fluch oder Schimpf gegen die Beduinen ausgestoßen, so sprach diese Zeitung von der begeisterten Stimmung, die das ganze Heer durchglühe. Kriegslieder enthielt sie zu Dutzenden, sie wurden in der Expedition gut bezahlt, also fand sich alles damit ein, was nur in der Landessprache reimen konnte. Hatte ein Krieger in der Nacht Wer da! gerufen, hieß es in Perottis Zeitung: ein Ueberfall sey mit großem Verlust des Feindes zurückgeschlagen. Eine ausgeschickte Patroll wurde zum Scharmützel gemacht, und eine größere Zahl von Beduinen war auf dem Platze geblieben, als ihr Heer stark seyn konnte. Da sagte Kuku aber: du bist ein Narr mit deiner Zeitung, höre auf!

Bald darauf fiel des Sultans Geburtstag ein. Perotti machte, daß im ganzen Lager Gastmahle gehalten wurden, man streute Blumen, Raketen und Schwärmer stiegen am Abend leuchtend in die Höhe. Ueber dies Fest wurde eine eigne Schrift herausgegeben, worin man den Patriotismus und die Unterthanenliebe der Darkullaner bis zu den Wolken erhob. Kuku lachte aber gar sehr, wie er die Schrift sah, und sagte zu Perotti: also meinst du, ich soll an dem Darkullaner Tugenden des Unterthans erblicken, wenn mein Geburtstag ihm einen Anlaß giebt, sich bei Mahl und Fröhligkeit zu ergötzen? Nein, da will ich andre Beweise, am meisten in der nahen Schlacht. – So gescheut war Kuku.

Einmal lag Perotti in seinem Zelte. Schon war es tiefe Nacht. Da nahte etwas durch die Stränge, womit das Haus von Linnen befestigt war. Perotti horchte bange, und wollte eben nach der Wache rufen, als eine Stimme ihm leis zuflisterte: Sei ruhig, es naht ein Freund, der dir große Schätze nachweisen kann. Dies machte, daß der Italiener die Furcht überwand. Der Fremde kam ins Zelt. Ich bin von Gigi gesandt, sprach er. Sie weiß, daß Mehemed beim Sultan gilt. Liefere ihr die beiden Caffern Mustapha und Osmann lebendig in die Hand.

Mustapha? erwiederte Perotti, das wäre so unmöglich nicht, aber Osmann ist todt. Der Sultan hat ja sein Haupt abholen lassen.

Glaubst du das Mährchen auch? entgegnete die Stimme. Osmann lebt im Felsenlande.

Osmann lebt? lebt? fuhr Perotti auf.

„Gewiß.“

Und wie kömmt es, daß Gigi das weiß?

„Man schickte ihr einen Kopf, der Osmann gehören sollte, sie erkannte ihn aber falsch.“

Falsch? Wenn sah denn diese Gigi Osmann? Fremdling, ist mir doch, als hätte ich deine Stimme schon einmal gehört.

Das wüßte ich doch nicht, versetzte die Stimme.

Seltsame, seltsame Gedanken stiegen bei Perotti auf. Endlich rief er: wie weit ist es von hier nach Gigis Lager?

„Nur wenige Tausend Schritt.“

Kannst du mich unbemerkt hinübergeleiten, und wieder zurückbringen?

„Das ginge wohl an, doch aus welchem Grunde?“

Ich muß selbst mit Gigi reden.

„Kannst du mir deinen Willen nicht vertrauen?“

Laß mich zu ihr, dann verständigen wir uns leichter. Verdacht kann sie nimmer gegen mich bergen, wie wagte ich mich zu ihr, und hier mein Leben, fühlte ich nicht gegen sie warme Anhänglichkeit. Ich habe so viel von ihren Thaten gehört, und bin schon lange ihr Bewunderer. Nicht nur die Caffern sollen ihr werden, sondern wenn sie mir Folge leistet, auch Sieg über Kuku.

Wohlan, schleiche mir nach, sagte der Fremde. Ich kann unbemerkt durch die Außenwachen finden.

Nicht ohne Zittern willigte Perotti ein. Aber eine gewisse Ahnung in seiner Seele bestimmte ihn zur Entschlossenheit.

Man tappte hinaus. Die einzelnen Wächter der Lagerkette sangen, dies verbarg das leise Rauschen der Fußtritte im Sand. Nicht lange darauf kam man bei einigen Reutern an, die den unternehmenden Späher erwarteten. Einer von ihnen mußte sein Pferd an Perotti geben, und so ging es im schnellen Galopp davon.

Wie man in das fremde Lager angekommen war, mußte Perotti etwas zurückbleiben, da sein Führer ihn erst anmelden wollte. Jener brauchte diese Zeit dazu, sich das Gesicht mit Erde zu beschmutzen, und sich möglich unkenntlich zu machen, denn er meinte: es sei wohl möglich, daß er hier gekannt wäre.

Es währte einige Zeit, bis der Beduin wiederkam. Er trug eine Fackel in der Hand. Neugierig blickte Perotti nach seinem Gesichte, aber ein tief in die Stirn gedrückter Turban, und ein bis über die Brust herabfließender Bart machten, daß nur wenige Züge kenntlich waren.

Die Fürstin ist geweckt, und ihr deine Ankunft berichtet worden, sprach Jener; folge zu ihrem Zelte.

Er ging mit der Fackel voran. Man kam durch lange Reihen von Pferden, welche theils schnarchend ausgestreckt lagen, theils wachend ihr Gras käuten, die Reuter lagen mitten unter ihnen, denn sowohl die Beduinen wie die Kalmucken halten mit dem edelsten der Hausthiere enge Freundschaft. Wachen waren in diese Gassen vertheilt, bei denen kleine Feuer brannten. Die Zelte der Vornehmen erhoben sich geordnet, und wurden durch Laternen, welche an ihrem Eingang hingen, auch in der Nacht sichtbar. Endlich gewahrte man der Königin Gezelt. Wie der Dom eines prachtvollen Tempels, zu einer Festlichkeit erleuchtet, ragte es empor, denn nicht nur seine Höhe erregte Staunen, sondern überall waren auch Laternen angebracht, welche rund umher den Platz erhellten, und alle Schildwachen zu Pferde, welche umhergestellt waren, und die blinkende Harnische bekleideten, sichtbar machten.

Die Stangen dieses Zeltes waren gerüstartig übereinander gestellt und gefügt, kunstreich die Thierhäute, welche seine Wände bildeten, verbunden. Der inwendige Theil bestand aus persischen Tapeten, und Fußteppiche in Natolien gefertigt, deckten den Boden. Die Anlage eigener Manufakturen hatte Gigi, wie wir wissen, noch wenig glücken wollen, sie ließ also die Kostbarkeiten von der Fremde hereinbringen. Einstweilen aber, bis ihre Städte eine vollendetere Gestalt zeigten, hatte sie Erfindungsgeist und Geschmack auf die Verfeinerung des nomadischen Lebens gewendet. Ein wandelnder Pallast war ihr Wohngebäude aus Häuten und Tapeten; stattlich prangten die ihrer vornehmen Beamten; bequeme und nette Einrichtung hatten die der Arbeiter; die Soldaten trugen ihre Kasernen stückweis mit fort, und so die Pferde ihre Stallungen. Nur jetzt, da man gegen den Feind stand, durfte letztere kein Obdach enthärten, und auch die Bereitschaft auf Kampf duldete kein Hinderniß.

In der That hat das Nomadisiren für die Einbildungskraft viel Anziehendes. Wenn man die Tavernier, Niebuhr, Savary, über die Wanderer in Egypten und Arabien liest, und mehr noch die Wytsen, Georgi, Haygold, Reineggs, Pallas u. s. w. über die am Caucasus, im kabardinischen und Truchmenen-Lande, Turkestan, der Bucharei, so gewinnt das Bild einer reisenden Stadt einen wesentlichen Vorzug, gegen das traurige Einerlei unserer festen dumpfen Wohnplätze. Welch ein heiteres, gesundes, an mannichfacher Abwechslung reiches Leben, unter Zelten, auch in der kultivirten Welt! Grade hier könnten die Künste ja seine Bequemlichkeit so erhöhn. So schützte z. B. das Tränken mit elastischem Harz die Leinwand gegen Nässe. Im Winter lagerte man zwischen Bergen, die die rauhe Luft abwehrten, bei Wäldern, um keinen Mangel an Feuerung zu leiden. Camine lassen sich gar wohl in Zelten anbringen, oder man gräbt in dieser Jahreszeit sich etwas in die Erde. Im Frühjahr bezöge man anmuthige Höhen, den Anblick der Naturverjüngung ins Weite zu genießen, und nicht durch die viele Feuchtigkeit belästigt zu sein. Der Sommer würde an See- oder Stromufern hingebracht, Kühlung und Bad in der Nähe zu sehen – — doch es tönen so viele Aber entgegen, daß man gern von dem Traume endet.

Perotti wurde nun in einen Vorsaal des Zeltes geführt, der wohl erleuchtet war. Die Leibwache der Heldin schimmerte in leuchtenden Kürassen, denn Gigi hatte zu viel Geschmack, Krieger mit rothen, weissen, gelben Lappen herauszuputzen, und so unkräftig wenn sie nicht, wie die Europäer, die feiger gegen die Last einer heilsamen Trutzwaffe sind, wie gegen den Schuß einer Flinte oder Stich und Hieb der Seitengewehre.

Nachher gelangte man in das innre Zimmer. Auf einem erhöheten Polster saß Gigi, angethan mit einem mehr männlichen als weiblichen Nachtkleide, von ausgewählter Eleganz. Ueber ihr Gesicht hing aber ein dichter Schleier nieder. Nur ein Helldunkel war verbreitet, also konnte man die Umrisse der Gestalt nicht deutlich erkennen.

Wie nennest du dich? fragte sie, mit einer Stimme, in der sich eine erkünstelte Veränderung wahrnahm.

Perotti antwortete mit verstellter Sprache: Ich heiße Mehemed.

„Von welchem Lande der Caffern bist du?“

Von der Halbinsel Morea.

„So – — Renegat, oder als Muselmann geboren?“

Als Muselmann geboren.

„Du fandest Gnade bei Sultan Kuku?“

Er vertraut mir Geschäfte.

„Die Sultanin sandte dich zu ihm?“

Sultanin Nene.

„So – — werden Kuku und Nene sich versöhnen?“

Sultan Kuku ist grausam und wild, sanft und gut, voll von störrischem Eigensinn, und gefälliger Nachgiebigkeit. Man kommt ihm schwer und leicht bei.

„Welche Züge aber wirken hier ein?“

Die freundlicheren. Alles ist ausgeglichen, bis auf ein oder zwei Köpfe – —

„Was? – wie? – Ein oder zwei – wie —“

Köpfe von Caffern. Lange hat Nene einen verweigert, und das kostete Tausend von schwarzen. Nun aber wird sie wohl —

„Wird sie – was, was?“

Der Klugheit nachgeben, wenigstens einen, wo nicht beide Köpfe senden.

Gigi sank etwas auf ihren Teppich zurück. Der Beduin fuhr heraus: Nein, nein, das wird sie nicht!

Perotti, der ohne Aufmerksamkeit sichtbar zu machen, alles scharf wahrnahm, fuhr nachläßig fort: Freilich wird es ihr hart angehen, am meisten bei Osmann. Dieser liebt sie und liebt beglückt.

Perotti log hier höchst unverschämt, doch hatte er Gründe.

Gigi machte eine abermalige Bewegung des Schreckens; der Beduin rief: Lüge, Verläumdung! hielt aber bald wieder an, und sagte ruhig und freundlich: Unsre Sultanin bittet dich, ihr in ihren Absichten beizustehn. Der Dienst, welchen du ihr leistest, wird das Maas deiner Belohnungen bestimmen.

Perotti versetzte mit Lebhaftigkeit: Der Thatenruf Gigis hat mir lange schon Bewunderung auferlegt, ihre Nähe begeistert mich, reißt mein Gemüth hin in ihre Sklaverei. Sie gebiete.

Ist es dein Ernst, rief die Fürstin, so sinne auf Mittel, Mustapha und Osmann lebendig in meine Hand zu liefern.

Schnell setzte der Andere hinzu: Gewisse Kunstfertigkeiten, die beide besitzen, und die sonst in diesen Gegenden nicht zu finden sind, machen der Sultanin diese Männer so theuer.

Und wo sollen diese Kunstfertigkeiten wuchern? fragte Perotti nach einigem Bedenken, und fuhr fort: Schon fielen die von Habesch in Gigis Land. Ein Feind steht hier vor ihr, der sich täglich verstärkt, und die Kunst der Schlachten übt. Zwischen zwei Angriffe gepreßt, kann sie leicht Thron und Land einbüßen.

Gigi fiel ein, obgleich nicht ohne Stocken: O dagegen bürgt mein Schwert.

Der Beduin sagte: Daß du zeitig entdeckest, was uns gefährlich überraschen soll, beweist Treue an dir. Aber schon sind wir unterrichtet, daß neue Feinde in unserem Rücken auftreten, und Anstalten dagegen sind vorgekehrt.

Perotti ging einige Schritte auf und nieder, dann brach er aus: Sultanin, die Zeit ist kurz, du mußt mich vor Anbruch des Morgens zurückbringen lassen, oder das Verständniß wird offenbar, dein Getreuer hole mich aber in der folgenden Nacht wieder ab. Bis dahin werde ich überlegt haben, was zu deinem Nutzen geschehen kann.

Dies war man zufrieden, und entließ den Italiener, den schnelle Rosse wieder in Kukus Lager brachten, wo Niemand ihn vermißt hatte.

Gegen die Mitte der folgenden Nacht holte ihn der Beduin auf die vorige Art ab, und die Heimlichkeit der Ausführung gelang vollkommen. Da er nun wieder im Gezelt erschien, hub er an:

Sultanin, ohne Zweifel hörtest du von dem inneren felsenumschlossenen Darkulla.

Es soll das schönste Land der Welt sein, versetzte Gigi.

Dort, fuhr Perotti fort, dort müßte Gigi herrschen, und das Paradies der Natur würden bald die gewähltesten Zaubereien der Kunst schmücken. Die Bahn der Verfeinerung ist gebrochen, deine Caffern, noch meistens am Leben, würden unter deiner Leitung das Wundervolle darstellen, wogegen Nene zwar hohe Entwürfe faßt, aber auch bald wieder in Ueberdruß sinkt, und nur ein Gefühl noch im Busen trägt, das Heimweh.

Gigi hörte sehr aufmerksam zu.

Perotti fuhr fort: Und welcher unendliche Vortheil in der festen Sicherheit des Ländchens. Eine geringe Wache am Paß, und inwendig ist der ewige Friede nimmer zu stören. Sultan Kuku beging die ärgste Thorheit, nur einen Fuß über die Klippengränze zu setzen. Suche dich zur Meisterin des kleinen Paradieses zu machen. Kuku hat Schlimmes um dich verdient. Nicht werth ist er des Köstlichen, sonst hätte er seinen Entschluß von damals nicht geändert. Den Tod wollte er dir geben, den Bruder unterstützte er in seinem Hohn gegen dich, er versagt deinen billigen Anträgen, Frieden, und Entehrung würde dein Loos, so er dich gefangen nähme. Deine Getreuen haben meistens Weib und Kind daheim. Gar wohl nimmt das innere Darkulla diese Bevölkerung noch auf, der harte Krieg von neulich tödtete große Schaaren, und die Fruchtbarkeit ist ungemessen.

Die Amazonin sprach: Das innere Darkulla gehört Nene, welche durch Schönheit, Muth und gewandten Sinn es erwarb. Könnt ich auch, wie dürft ich sie darum bringen!

O, gab Perotti zur Antwort, Nene tritt dir mit Freuden das Reich ab. Um ein sicher Geleit nach Egypten, will sie ja alles Kuku zurückgeben. Vergiß deine Steppen, die wilde Nachbarn unsicher machen, die Krieger von Habesch jetzt überschwemmen, und richte deine Absichten auf das innre Darkulla.

Ich gestehe unverhohlen, bekam er zur Antwort, daß dein Rath mir gefällt. Doch alle Hindernisse, die noch zwischen ihm und der Ausführung liegen —

Besiegt List, fiel der Italiener ein. Vertraue meinen Planen.

Etwas schnell entgegnete Gigi: O viel wäre auf deine List zu bauen, könnte man deiner Redlichkeit gewiß sein.

Der Beduin sprach: Zwischen unserm Lager und dem schönen Lande steht Kukus Heer, in dem wohlvertheidigten Felsenneste, das nicht anzugreifen ist.

Doch nicht lange mehr, erwiederte der Italiener. Bald wird er zum Kampf hinausstürmen. Schlägt ihn Gigi, dann ist der Weg offen, und durch den Paß bringe ich sie.

Wie aber, wenn ich geschlagen werde? fragte die weise Heerführerin.

„Das muß nicht geschehn. Kuku muß fallen. Ich werde machen, daß ein hohes weisses Fähnlein getragen wird, wo er sich beim Kampfe aufhält. Dahin mögen deine Schützen unverdrossen zielen. Sind sie demungeachtet nicht glücklich, denke ich selbst – im Gedränge – ein behender Dolchstich macht kein Aufsehn – und sank der Führer, ist gemeinlich das Heer verloren.“

Nein, pfui, nein! schrie Gigi heftig. Nur in guter Schlacht will ich siegen, nicht durch Verrath und Meuchelmord des Feindes.

Du bist ein Ungeheuer! Weg von mir!

Perotti erwiederte kalt: Wenn mich Bewunderung dir so ergeben machte, daß ich selbst das Zürnen deines Edelmuthes nicht fürchte, so ist es die Schuld deines Ruhmes. Und wußte ich ein ander Mittel, die Caffern zu retten —

Die Caffern! die Caffern! rief Gigi mit Bewegung. Höre Mehemed! Meine Schlacht mit Kuku laß mich kämpfen, und sein Leben sei dir theuer. Kann deine List mich aber nach gewonnenem Siege in den Paß führen, nehme ich sie an und lohne sie reichlich. Erobere, denke ich, man durch List, wenn der Eroberung, des Landes Heil folgen soll. Tödten aber nimmer. Würde ich aber geschlagen – geschlagen —

Dann gieb dich getrost an Kuku gefangen.

„Wie, du hast behauptet, mein Loos würde beklagenswerth seyn.“

Doch meinen Einfluß auf ihn nicht genannt. Ich werde ihm rathen, dich als Sklavin an Nene zu senden, und du wirst dort eine Freundin finden, die willig dir ihren Thron räumt. Du findest deine Caffern dort —

„Meine Caffern!“

Ich werde ihm vorstellen, nur so könne er Nenes Liebe gewinnen, sie vermögen, in Darkulla zu bleiben, an seiner Seite, wenn du ihr als Sklavin – doch mit zarter Achtung vor aller Welt Blick behandelt – zur Stelle abgeschickt – — du magst verstehen —

Gigi eine Sklavin! Wie keck der Caffer mit Einbildungen spielt! Der Gedanke könnte ihm wo anders das Haupt kosten, rief der Beduin.

Gigi lächelte aber, und beschenkte vorerst den Italiener. Käme das Schlimmste zum Schlimmen, rief sie, bleibt mir mein Ring mit dem rettenden Tropfen. Sonst mag die Zeit entscheiden, wie ich von Mehemeds Hülfe Gebrauch machen kann.

Hier wurde er entlassen, und wie in den vorigen Nächten zurückgebracht. Der Beduin redete noch Zeichenverständigung mit ihm ab, und sagte beim Abschiede: Nur Verrath lasse dir nicht einkommen, sonst bin ich es, der ihn straft.

Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
30 haziran 2018
Hacim:
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