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Kitabı oku: «Florens Abentheuer in Afrika, und ihre Heimkehr nach Paris. Zweiter Band», sayfa 7

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Viertes Kapitel.
Die gelieferte Hauptschlacht

Perotti lag Kuku mit Vorstellungen an, in jedem Fall Nene ziehn zu lassen. Dann, sprach er, bist du deines Landes zwischen den Felsen am sichersten. Wer stände sonst ein, daß sie dir, wenn du zurückgekehrt wärest, nicht die Herzen wieder entzieht, denn sie ist eine große Zauberin. Gieb mir einige hundert Mann, und Briefe an die Herrscher, deren Land zwischen hier und Egypten liegt, daß sie sicher bis zur Gränze reisen kann. Ich geleite sie und komme dann wieder. Eben jetzt, da du der eigentlichen Hauptschlacht entgegen siehst, ist der Gedanke wichtig. Denn träfe dich Unheil, könntest du ohne Sorge Rettung finden.

Der Sultan that, was die Sultane nicht immer pflegen, er gab Gründen Gehör. Allein im Lager und unter dem fortwährenden Waffengetöse, hatte seine Leidenschaft, so heißafrikanisch sie auch ursprünglich war, an Feuer abgenommen. Ziehe sie hin, hieß die Antwort, ich werde dir die Krieger geben.

Dann, versetzte Perotti, sendet sie dir auch gewiß aus Dankbarkeit die Köpfe. Es ist ein eigensinnig Gemüth, aus Zwang will sie nichts, alles mit Freiheit thun.

Er empfing nun dreihundert wohl gewaffnete und berittene Neger, die die Weisung hatten, ihm unbedingt Gehorsam zu leisten. Auch die Briefe fehlten nicht. Sein Plan war nun, Gigi zu bewegen, daß sie ihr Heer verließ, um eine Reise nach dem innern Darkulla zu machen. Die Sehnsucht, ihre Caffern zu sehn, meinte er, würde sie leicht den Entschluß ergreifen lassen. Er theilte dem Beduinen, welcher in einer der folgenden Nächte wieder bei ihm erschien, den Plan mit. Grade da die Unterredung statt hatte, nahte auch Musa dem Zelte. Er hörte gedämpfte Stimmen, verhielt sich ruhig, und lauschte. Nichts Zusammenhängendes konnte er verstehn, doch aber sahe er ein, wie ein Verständniß mit Gigi angezettelt war, und so viel war ihm wohl deutlich geworden, daß Gigi nach dem innern Darkulla kommen sollte. Ha, Mehemeds Rache! dachte er. Leicht konnte er Lärmen erregen, und den Treulosen wie den fremden Späher verhaften lassen. Doch urtheilte er, das könne vielleicht noch zu keinem vollen Lichte führen, da beide Theile hartnäckig läugnen würden. Er nahm sich daher vor, auch in künftigen Nächten aufmerksam zu sein, und die Unterredungen näher zu behorchen. Gleich aber schickte er am Morgen einen Eilboten an Nene, mit der Warnung, ja auf ihrer Hut zu sein, und den Paß noch zu verstärken. Denn Gigi würde sie vielleicht zu bekriegen suchen.

Es kam aber zu keiner weitern Unterhandlung zwischen Perotti und Gigi, denn eine Stunde, nachdem Musas Eilbote weggeeilt war, langte auch einer bei Kuku an, den der Feldherr von Habesch abgefertigt hatte. Er brachte die Botschaft, daß man eine Abtheilung der Beduinen geschlagen habe, und nun dichte im Rücken Gigis stehe. Zugleich erfolgte die Einladung, sofort anzugreifen, und das Versprechen, kraftvoll und nachdrücklich den Kampf zu unterstützen.

Kuku gab also seine Befehle, und Perotti blieb mit seinen Negern in der Nähe, um den Ausgang des Tages abzuwarten.

Allgemein war bald die Schlacht, und hartnäckiger wie je eine in Europa geliefert wurde. Gigi ließ ihre Reuterei einbrechen, ehe noch Kukus Truppen gehörig entwickelt waren. Bei jener herrschte aber der Gebrauch, den Pferden die Ohren zu verstopfen, und die Augen zu verbinden, damit weder das Getöse der Schlacht, noch der Anblick widerstehender Reihen und gefährlicher Waffen sie schrecke. Nur das Gefühl blieb ihnen, und je näher an den Feind, je mehr empfanden sie des muthigen Reuters Sporn, wogegen in einem gewissen andern Welttheil der antreibende Stachel immer weniger, und der wuthmäßigende Zügel immer mehr gebraucht werden soll. Vorgestreckte Lanzen, wenn gleich noch einmal so lang, wie die Bajonetflinte der Europäer, galten diesen Beduinen ein lächerliches Hinderniß, denn hart an der Spitze, ließ der vorderste Reuter sein wohlgeübtes Pferd einen mannhohen Satz machen, und zerbrach beim Niedersenken die Stangen, indem die Träger zu Boden geworfen wurden, oder es wurde auch das Thier aufgeopfert, und mit seiner durchbohrten Brust angerannt, um dann einen unfehlbaren Streich zu führen. Dann sprang sein Hintermann über ihn. Allein die Neger waren auch gegen solchen kühnen Angriff bereit. Sie schreckte der Anblick der Vermessenen nicht, noch weniger kehrten sie um, weil das grade der Reuterei den Sieg in die Hände geben heißt. Jeder trug zwei Lanzen, was ja auch recht wohl angeht, da die freigebige Natur den Menschen mit zwei Händen versah. Eine hielt er niedrig, die andre hoch, eine zum beliebigen Aufspießen des Pferdes beim graden Anrennen, eine beim Sprung. Daß ihn die Gewalt des Thieres nicht hinwarf, unterstützten ihn die Kameraden. Sonst war eine Lanze dem Pferde, die andere dem Reuter zugedacht. Auch wenn demungeachtet die Linie gebrochen wurde, verzagten diese Neger nicht. Sie wußten, daß es nur einen leichten Griff nach dem Beine des Reuters kostet, um ihn über das Pferd zu werfen, ein Griff, den der Mangel an Fassung sonst so selten wagt. Ein gelenker Mann kann auch schneller aus dem Wege springen, als das Pferd ihn niederwirft. Des Reuters Stiche und Hiebe sind ungewisser, als die des Fußgängers. Wie bald ist das Thier hingestreckt. Die Neger krümmten sich gern unter seinen Bauch, wo sie vor dem Reuter geschützt waren, und stachen es so mit einem Messer nieder. Andre sprangen über den Schweif desselben, und warfen den durchbohrten Feind über den Kopf, wodurch sie das Pferd gleich behielten. Die neuen Stücke des Kuku taugten gar wenig, der Materie und dem Bau nach, versagten vielfältig den Dienst, sprangen und verletzten die eignen Leute, waren schwierig von der Stelle zu bringen, das Pulver hatte schlechte Kraft, statt der Kugeln wurden auch Steine genommen, bei denen wenig auf sichern Schuß zu zählen war. Demungeachtet leisteten sie weit mehr, wie da, wo sie ganz vortrefflich sind, die Kanoniere aber in großer Entfernung zu schießen beginnen, wo nur sehr selten getroffen wird, und je näher der Feind kömmt, je ungewisser sie zielen, endlich, wenn sie ihm das Weiße im Auge sehn, davonlaufen. Im letztern Abstand fingen die Darkullaner erst zu feuern an, aber so kaltblütig, so ihr Ziel fassend, daß sie nimmer fehlten. Doch hatten die Beduinen sich wieder darauf eingerichtet. Sie sprengten in schmalen Kolonnen pfeilschnell daher. Zuvor wurde das Loos gezogen, welche Reuter die ersten sein sollten. Diese bekamen denn ein Ehrenzeichen, und die Zusicherung eines hochrühmlichen Grabes. Dies Loosziehen war darum Nothwendigkeit, weil Jeder der Vordere, Niemand hinten sein wollte. Ueber die Gefallenen setzte die Schaar unaufgehalten fort, und in wenig Minuten befanden sich die Uebriggebliebenen zwischen den Stücken. Die Beduinen suchten gern ihren Feind in die sogenannten Flanken oder Seiten der Reihen anzufallen. Leicht führten sie auch vermöge des Eilflugs ihrer Pferde die Bewegungen aus, die zu einem solchen Zweck leiten konnten. Aber der Sultan von Darkulla, Kriegern mit eisernem Sinn gebietend, sah gar keine Gefahr, wo Europäer verzweifeln. Die Truppen standen immer doppelt dick an den Enden. Wie eine Linie sich zeigte, gingen sie selbst auf diese los, durchbrachen sie als Colonne, und indem sie sich zu beiden Seiten wandten, bekämpften sie nun zwei Flanken der Angreifenden.

Wo so geschlagen wird, glänzen schöne Rückzüge nicht, sondern der Kämpfer Tod endet nur die Schlacht. Gigi führte Ueberall in die schlimmste Gefahr. Kuku zeigte sich an der Spitze, wo der Streit am hitzigsten war. Vielleicht hätte man ohne Entscheidung fortgemordet, allein die Truppen aus Habesch rissen die Schaale nieder. Gigi hatte sich ihre Zahl nicht so groß vorgestellt und nur eine geringe Abtheilung entgegen gesandt.

Diese war durch die Menge überwältigt worden, und zugleich so umzingelt, daß keine Nachricht von dem üblen Erfolg zu der Gebieterin dringen konnte. Selbst wurden einige Beduinen Verräther, und berichteten fälschlich einen günstigen Erfolg. So sahe Gigi endlich eine sehr große Anzahl neuer Feinde in ihrem Rücken, und da sie nun urtheilte, der ungleiche Kampf könne nicht mit Vortheil geführt werden, so gebot sie selbst ihren Haufen, sich zu zerstreuen, und nannte einen Ort an der Wüste, wo man sich wieder sammeln wollte. Sie selbst spornte ihr Roß, um diesen Ort so bald wie möglich zu erreichen.

Auf diesem Ritte aber ward ihr Pferd tödlich getroffen, sank, und die Amazonin fiel einem nacheilenden Negerhaufen in die Hände. Schon riß sie den Ring vom Finger, um das Leben zu enden, doch fiel ihr in diesem Augenblicke Perotti ein. Wie, wenn er es treu meinte, dachte sie bei sich, zum Sterben ist es immer noch Zeit. Sie gab also das Vorhaben auf, und den Negern ihr Schwert zum Zeichen der Ergebung.

Sie wollten ihr den Ring nehmen, sie sagte aber: ihr seht, er ist ohne Werth, aber das Andenken einer Zauberin. Ich will ihn euch zehnfach bezahlen. Das wurde geglaubt, und Gigi nach Kukus Zelt gebracht.

Dort ertönten aber Jammer und Klage. Die Siegsgesänge schwiegen traurig, und alles lief erschrocken und trostlos umher, denn eben zu Ende der Schlacht hatte Kuku eine tödtliche Wunde empfangen, an der er ohne Hoffnung auf dem Teppich lag. Die Generale jubelten indeß auf, da sie Gigi bringen sahn, auch erhob sich der Sultan ein wenig bei dem Anblick der überwundenen Feindin, allein Freude und Leid hatten mit ihm ihre Rechnung gemacht. Kaum hörbar, rief er Perotti, der auch zugegen war. Mehemed, sprach er, bringe diese Gefangene zu Nene, ihr gehört all mein Land außen und innen der Gebürge, ich bitte sie es nicht zu meiden, sie beherrscht es weise.

Hier starb der Sultan. Perotti warf sich mit heissen Thränen auf seinen Leichnam, und dennoch hatte er selbst den Sultan hinterrücks verwundet. Der Arme kam um, wie es von Gustav Adolph und Carl XII. vermuthet wird. Desto eher glaubte Perotti seine Absichten durchzusetzen. Er wollte nun auch über alles beim Heere gebieten, das ließen aber die alten Männer nicht zu, sondern errichteten einen Rath, der bis auf Weiteres die Angelegenheiten leiten sollte. Sie zeigten auch schlechte Lust, Nene zu gehorchen, welche hier viel getadelt ward, und Perotti ließ das Vorhaben in ihnen erwachen, selbst einen Sultan zu wählen, welches einer in den anderen bestärkte.

Der Rath beschloß noch, den Rest der Beduinen aufzureiben, und Sultan Kukus Leichnam in das Felsenland zu schicken, um dort neben Tata begraben zu werden; denn den Wunsch hatte der Verstorbene einst geäußert.

Perotti sah noch bei der ihm anvertraut gewesenen Kasse möglichst zu seinem Vortheil, dann machte er sich mit den zugetheilten Reutern, und der schönen Gefangenen auf den Weg. Er hatte sie in dem Zelte des Sultans nun ohne allen Schleier gesehn, und kein Zweifel bestand mehr, wer sie sey.

Fünftes Kapitel.
Perottis vernichtete Anschläge

Zwei Tagereisen ging es dem Felsenlande zu. Er ließ Gigi mit aller Bequemlichkeit reisen, ihr ein prachtvolles Zelt geben, und hohe Ehre beweisen. Sich selbst zeigte er aber nicht, doch den Sklavinnen, die ihr auch zur Aufwartung gegeben waren, schärfte er ein, sie kräftig über ihr Schicksal zu trösten, und sie zu versichern, Nene würde ihr die Herrschaft abtreten. Eine aber unter den Sklavinnen hatte er auf seine Seite gebracht.

Gigi wußte nicht, ob sie den Zusicherungen Glauben beimessen sollte, schwebte in verlegener Unruhe, und wagte die ersten Nächte keinen Schlaf. Endlich aber behauptete die Natur ihre Rechte, sie streckte sich ein wenig auf einen Teppich, und gebot den Frauenzimmern, sie, wenn irgend Jemand nahte, sogleich zu wecken. Die Verrätherin aber nahm den Augenblick wahr, entfernte unter einem ersonnenen Vorwande die übrigen, und zog, wie Perotti ihr aufgetragen hatte, Gigi den Ring leise vom Finger. Vor großer Ermüdung war ihr Schlummer ungewöhnlich fest, und sie bemerkte den Raub nicht. Am Morgen, da man schon Anstalten zum Aufbruch machte, stellte die Sklavin ihre Beute dem erwachten Perotti zu.

Sogleich schrieb dieser einen mit Spott und Bitterkeiten erfüllten Brief an Nene. „In meiner Gewalt stand es,“ sagte er in diesem Briefe, „dich nach Egypten, nach Europa zu bringen, denn ich gebiete Dreihundert Reutern unbeschränkt, und besitze Sicherheitsbriefe, allein du hast mich durch Verbannung von meiner Stelle, durch Kaltsinn gegen meine Liebe gehöhnt, und nun magst du ewig unter den Negern bleiben. Denn kein Geleit werden dir die Darkullaner außer dem Gebirge geben, die dich hassen, und die meine Rache selbst aufmunterte, sich einen andern Gebieter zu wählen.“

Dem sogenannten Osmann schrieb er Worte, welche ihn auch auf das bitterste verwunden konnten, und schickte einen der Neger mit den Briefen ab.

Nun wurde aber sogleich sein Weg verändert, und der nach Egypten eingeschlagen. Die Reuter wußten von Kukus Befehl, Gigi in das innre Darkulla zu bringen, nichts, sondern hatten nur Weisung, Mehemed zu gehorchen, was solche Menschen denn blindlings thun.

Gigi saß auf ihrem Dromedare, noch kein Unheil ahnend, da kam Perotti lachend herangeritten, und rief: „Nach Egypten zieht die Karavane. Die stolze Königin der Beduinen schläft diese Nacht in Perottis Zelt. Endlich werden Recht und Klugheit siegen!“ Er sprengte weg.

Sie gerieth außer sich vor Schrecken, wollte den Ring vom Finger reissen – er war dahin. Sie wollte sich von dem Dromedar hinabstürzen, man hielt sie ab, und hinderte jeden Ausbruch ihrer Verzweiflung. —

Der Leser lasse sich gefallen, daß die Szene des Romans wieder in das innre Darkulla verlegt werde, und wende den Blick einstweilen von Perotti und Gigi.

Flore hatte unterdessen von Perottis Unterhandlungen vieles gehofft. So wenig sie auf seinen Charakter baute, meinte sie doch, auch er würde wohl des Lebens unter den Negern müde sein, und gern nach der Heimath zurückkehren. Das mußte ihn denn bestimmen, alles zur gemeinschaftlichen Abreise einzuleiten.

Es währte aber lange, ehe eine befriedigende Nachricht einlief, Flore theilte sich unterdessen mit Alonzo und jenem treuen Neger in die Regierungsgeschäfte, deren sie aber mit jedem Tage müder ward, denn mit jedem Tage drangen mehr Bitten und Gesuche auf sie ein, weil des Volkes Begriffe so erweitert worden waren. Stolz und Habsucht forderten überall Ehrenstellen und Reichthümer, und wie konnten sie immer befriedigt werden. So häuften sich auch die Klagen, da der Verbrechen immer mehr ins Leben gerufen wurden. Oft gedachte Flore der Worte ihrer alten Räthe, wenn sie sie damals schon verlacht hatte, und sahe ein, daß: wie einmal die menschliche Natur angethan ist, Monarchengewalt, verbrüdert mit der heiligsten Religion des edelsten Willens, dennoch keine Glückliche zu erschaffen vermag. Nein, nein, in der Mansarde des Palais Royal wäre mirs besser, wie in diesem Pallast, dachte sie, denn es ist unter andern mit dem Glücke auch, wie mit dem Regenbogen, nur wenn er vor oder hinter uns steht sehen wir ihn, mitten darin nicht.

Es giebt bei dem allen Gemüther, welche in der Volkserziehung große Ausdauer zeigen, wie z. B. Numa Pompilius, (nachdem Romulus, den die Sache etwas zu langweilen begann,) den kühnen Entwurf eines neuen Reiches geboren, und die Riesenschritte eingeleitet hatte. Flattersinn geht bald in eine gewisse Philosophie über, die zwar weise Wahrheit genug in sich trägt, allein der anhaltenden Arbeit nicht frommt.

Genug, Flore war des Regierens müde, und harrte ihrer Erlösung. Da kam der Eilbote Musas an, durch welchen der Dschelab kund thun ließ, Mehemed übe Verrätherei, und wolle wie es schien, Gigi in das Innre von Darkulla führen, um Nene zu bekämpfen, und vom Thron zu werfen. Das letztere klingt auch dem hart, der freiwillig vom Thron zu steigen gewilligt wäre. Des Thrones Höhe durchglüht mit einem gar empfindlichen Stolz, und die Lear, oder Carl V würden gleich ihre volle Gewalt entgegnet haben, wenn Jemand in dem Augenblicke, da sie das Szepter niederlegen wollten, es ihnen zu entwinden versucht hätte. So empfing Flore auch kaum jenen Bericht, als sie Alonzo zu sich rufen ließ, und ihm aufgab, zur Sicherheit des Landes doppelt zu sehn.

Das geschieht ohnehin, gab er zur Antwort, es ist nicht nur der Paß wie immer besetzt, sondern es steht auch noch ein Heer nahe an demselben bereit. Der Treue, welcher es anführt, meint: Kuku könne, auch Friede heuchelnd, Arges im Schilde führen, und man müsse deshalb unter den Waffen sein.

Von Kuku fürchte ich nichts, versetzte Flore, doch Gigis wegen seid auf eurer Hut. Sie könnte jenen schlagen, und dann zu uns eindringen wollen, und ihre Rache wegen der vorenthaltenen Caffern, die Unschuldigen empfinden lassen.

So verstrich einige Zeit, bis das Gerücht einlief: Kuku habe in einer großen Schlacht das Leben verloren. Bald darauf erfuhr man, sein Leichnam würde nach der Hauptstadt gebracht werden, weil der Verstorbene ein Grab neben Tata gewünscht hätte. Dem Gerücht folgte eine förmliche Meldung, denn der Offizier, welcher den Leichnam geleitete, sendete zum Paß voraus, und begehrte Eingang. Es wurde bei Floren angefragt, und diese beschloß, mit Alonzo selbst dem Zuge entgegen zu reisen, und begab sich zur Gränze. Diese Ehrenbezeugung geschah, um das Volk noch mehr zu gewinnen, denn seine Gunst ist bei allem, was man vorhaben mag, wichtig.

Sechstes Kapitel.
Fortsetzung

Der Zug hatte mit dem Leichnam einige Tage außerhalb warten müssen, da Flore ankam. Sie wollte ihm zuerst auf der innern Gränze ein Todtenopfer darbringen.

Schon in einiger Entfernung kam ihr ein wohlgekannter Beamter entgegen, der ihr von dem letzten Willen des Sultans Nachricht gab. Die Sultanin konnte nicht anders, wie sich wahrhaft gerührt dabei zeigen. Der Neger setzte anhänglich hinzu, das Erbe außerhalb der Felsen mögte dir vielleicht streitig gemacht werden. Vornehme Krieger, von denen einige durch Heirathen ihrer Väter mit dem Sultansstamme verwandt sind, zeigen sich schwierig, und der Caffer Mehemed selbst redete ihnen zu, einen Rath niederzusetzen, der vermuthlich aus ihrer Mitte ein Oberhaupt wählt. Doch giebt es auch eine Parthei für dich, und nach der dir so eigenen Kunst, die Herzen zu gewinnen, wirst du auch da wohl durchdringen. Floren reizte diese Aussicht wenig, doch empörte sie die Falschheit des treulosen Perotti, welche sie vernommen hatte. Noch erfuhr sie, daß Gigis Truppen sämmtlich zerstreut wären, und die Feindin selbst ihr würde gefangen eingeliefert werden. Du hast die Gelegenheit deiner Rache bald in der Hand, setzte jener Neger hinzu, denn Mehemed bringt nach einem Auftrage Kukus die Gefangene.

Alles wünschte Floren Glück zu so vielen günstigen Ereignissen, mit kluger Politik aber erwiederte sie: das alles tröstet meinen Kummer über des edlen Kuku Hintritt nicht.

In geringer Entfernung vom Felsenpaß sahe sie das Heer, von dem Alonzo ihr gemeldet hatte. Darf der Führer sich dir nahen? fragte letzterer. Und warum nicht, erwiederte sie, schon lange wünscht ich ihn zu sehen, der sich meinem Anblick entzog, und dem ich den Sieg über Tata verdanke.

Ein Wink Alonzos, und der Führer ritt heran. Froh überrascht rief die Französin: Coutances! Ihr? ihr lebt? Ich glaubte dir manche Unruhe zu ersparen, sagte Alonzo, wenn du ihn todt, und seinen Kopf dem Sultan überliefert wähntest.

O meine Ahnung! versetzte Flore, wohl habe ich ihn unter den Lebenden vermuthet. Es gab eine Szene großer Freude, von allen Seiten.

Wohlan, nahm Flore wieder das Wort, nachdem sie Coutances herzlich begrüßt und ihm gerührte Dankbarkeit erwiesen hatte, wohlan meine Freunde, nun mögen diese Krieger auseinander gehn, denn keinen Feind fürchten wir mehr.

Viele davon zerstreuten sich auch sogleich; doch einen Theil davon, behielt Coutances noch beisammen, um die Begleitung des Leichnams zu machen.

Jetzt gab man am Felsenpaß das Zeichen, dem Zuge den Weg zu öffnen, und die Wache ließ die Brücken nieder. Doch wurde in der großen Sicherheit, worin man sich befand, die Masregel versäumt, welche sonst in der Gewohnheit war, nämlich einen Theil der Ankömmlinge zuvörderst über die erste Brücke zu lassen, und diese sodann wieder aufzuziehn, ehe die folgende erhoben ward, und so von einer zur andern. Das Gefolge des Leichenzuges war bekannt und nicht zahlreich genug, um von ihm, hätte es auch tückische Absichten genährt, etwas zu fürchten; sonst entdeckte sich außerhalb der Felsen Niemand, die Brücken sanken also alle nieder, langsam und feierlich ging der zusammenhängende Kondukt fort.

Flore wartete seiner, in tiefer Trauer, von ihren Höflingen umgeben; in einiger Entfernung standen Truppen mit gesenkten Waffen und rührten ihr dumpfes Spiel. Feierlich war die Anordnung.

Alonzo gab auf den Zug wenig Acht, sondern hatte sich während der Zeit zu Coutances begeben. Was meint ihr, sprach er zu diesem, wird eure Landsmännin noch daran denken, diesen reizenden Aufenthalt zu verlassen, nachdem sie hier so sicher, und keine Feinde mehr fürchtend, thronen kann?

„Vermuthlich dennoch. Ein geheimer Zug ins Vaterland zieht sie unwiderstehlich an. Und vielleicht kann sie ihm nun um so eher folgen. Denn was hindert sie nun, eine starke Bedeckung auszuwählen, und mit dieser ihre Reise anzutreten?“

Hm – wer weiß, wäre das Volk dabei gleichgültig. Es dürfte die Regierung nicht gern wieder verändert sehen, weil das nicht ohne Erschütterungen erfolgt.

„O da helfen Erdichtungen.“

Ich gestehe offen, daß ich gern den übrigen Abend meiner Tage hier verlebte.

„Auch ich. Jemehr die Spuren der Barbarei ausgetilgt werden, jemehr verdient dies Land den Namen eines Paradieses.“

Bewerbt euch um die Liebe eurer Landsmännin. Großen Anspruch habt ihr auf ihren Dank. Das Volk wünscht sie vermählt zu sehn. So ist ihr Sein an Darkulla zu fesseln. Ich deutete schon oft bei ihr dahin.

„Ich? Ihr wißt – — nein, nein!“

Ihr denkt immer noch an Isabellen, und das rührt mich innig. Allein sie schlummert im Grabe. Ihr seid jung. Denkt an die Prophezeihung, ihr würdet hier den Thron besteigen.

„Wie, an die Prophezeiung?“

Hier wurden sie durch den Anblick eines Getümmels unterbrochen, das sich da erhob, wo die Sultanin betend kniete, indem grade der Leichnam an ihr vorüber kam. Dies Getümmel war mit einem wilden unverständlichen Geschrei begleitet, und Alonzo und Coutances spornten ihre Thiere an, um dahin zu eilen.

Die Ursache dieser Bewegungen war folgende:

Langsam war der Kondukt durch den Paß gegangen, und wie das Ende desselben dem innern Ausgang nahe war, sahen die Wachen mit Schrecken und Befremdung, daß ein Trupp Beduinen vorwärts sprengte, um sich daran zu schließen. Man wollte abwehren, zu spät, sie hatten sich dieser Gelegenheit, einzuschleichen, mit vollem Glück bedient, schon waren die vorderen über alle Brücken, ein zahlreicherer Schwarm drang nach, die Wachen sahen sich geworfen, und jene dehnten sich im Innern aus.

Alles flüchtete in einen nahen Wald, Coutances flog zu den Truppen, um sie heran zu führen. Er war aber zu schwach bei der Gegner Menge, mußte vorerst auch auf einen Rückzug bedacht seyn, um die jüngst Zerstreuten in einer vortheilhaften Stellung zu sammeln. Unter dieser Zeit wuchs die Zahl der Beduinen immer stärker an.

Flore berathete mit Alonzo. Ohne Zweifel meinte dieser, sind diese Reuter von dem geschlagenen Heere Gigis, und sie treibt wilde Abentheurerei umher. Es ist großer Unfug von ihnen zu fürchten, wenn hier nicht kräftig widerstanden wird. Man traf also alle Anstalten, ein zahlreiches Heer in kurzem beisammen zu haben.

Da die Zerstreuten noch keinen weiten Weg zurückgelegt hatten, so fanden sie sich, nachdem ihnen Boten nachgeschickt waren, bald wieder ein, und Coutances konnte daran denken, dem Feinde die Spitze zu bieten. Flore und Alonzo blieben beim Heere, theils, um die Tapferkeit aufzumuntern, theils weil der Weg zur Hauptstadt durch die herumschwärmenden Feinde unsicher gemacht war. Von den Anhöhen, auf welchen nun Coutances die wieder zusammen gebrachten Truppen ordnete, erblickte man bald darauf die jetzt auch in regelmäßige Schlachtordnung gestellten Feinde, die durch die Ebene zum Kampf heranzogen. Coutances rückte ihnen entgegen, und bald standen die Heereslinien in einer geringen Entfernung von Einander.

Ein Herold erschien vor der Mitte, und gab das Verlangen nach Unterhandlung kund. Coutances ritt ihm mit Bedeckung entgegen, und fragte, was den Haufen so vermessen machte, in dies Land zu dringen?

Der Herold erwiederte: Bist du Feldherr?

„Ich bin es!“

Sultanin Gigi fordert dich auf, die Waffen zu strecken!

„Diese Aufforderung darf mir Niemand thun. Aber deine Sendung, Herold, beginnt auch noch mit einer Lüge. Gefangen ist deine Sultanin.“

Dorthin wende den Blick. Die hohe Gestalt mit der weissen Feder auf dem Helm ist Gigi. Willst du kämpfen, so sind wir bereit. Aber noch soll ich dir vorschlagen, von beiden Theilen die Waffen ruhn zu lassen, bis Gigi Bothschaft an deine Sultanin geschickt hat.

„Nicht fern ist sie von hier. Sie soll durch mich erfahren, was an sie zu bestellen ist. Doch ihr Räuber wollt nur Zeit gewinnen. Schon zu lange hauset ihr hier. Von Kuku schon seit ihr geschlagen. Vor mir streckt das Schwerdt, oder keiner wird lebend davon kommen.“

Nicht mögt ich wagen, dies an Gigi zu bestellen. Mache aber erst deiner Sultanin kund, was ihr Gigi sagt: „Ich komme in dies Land, Wohnplätze für mein Heer zu finden. Es giebt deren noch genug hier. Gieb mir meine mir lange verweigerten Caffern, vor allen Mustapha und Osmann, von denen ich weiß, daß sie noch leben, dann wollen wir friedlich zusammen wohnen. Gleich zum Zeichen des freundlichen Willens muß aber das Heer mir die Waffen liefern, und dann auseinanderziehn.“

Coutances war nicht wenig verwundert. Der Antrag, erwiederte er, ist Nene nicht zu machen. Wer würde auch mit treulosen Beduinen einen thörigten Bund eingehn. Die Caffern, wovon du sprichst, befinden sich wohl unter dem Szepter ihrer edlen Gebieterin.

Indem kam Flore selbst herzu, und vernahm den Antrag des Herolds mit Verwunderung. Ich begreife nicht, rief sie, wie mir von Gigi eine Sendung zukommen kann, die ich gefangen weiß; wäre es aber, so sage ihr: sie soll ihre Krieger die Waffen niederlegen lassen, und sich selbst mir als Geissel übergeben, dann sage ich Freundschaft und Wohnplätze zu. Wo nicht, so entscheide das Schwert.

Der Herold eilte kopfschüttelnd hinweg, und kehrte nach einer Stunde wieder. So entbietet meine Herrin der Sultanin von Darkulla, sprach er: Mich jammert des Blutes, das in dieser Fehde strömen soll, doch giebt mein hoher Sinn nicht nach, und räumen kann ich dies Land nicht mehr, denn das meinige ging verloren, und überlegene Feinde harren draußen meiner. Es mag aber der Feldherr des Heeres sich gegen mich in tapferem Zweikampf stellen, ich bin bereit, in Person das Schwert gegen ihn zu ziehn. Sinkt er, so gebiete ich im innern Darkulla, trifft mich der Tod, sind meine Beduinen Nenes Sklaven.

Ich nehme die Ausforderung an, schrie Coutances. Flore wollte abmahnen. Laßt mich, laßt mich, versetzte er, um so unblutiger wird die Entscheidung nahen. Er wartete nicht erst ab, was die Sultanin aufs Neue einwenden wollte, sondern spornte den muthigen Barbarhengst, und flog vor die Linie hinaus.

Gigi von der andern Seite, ersah ihn kaum, als auch ihr Thier angetrieben wurde. Kaum schien sein Huf den Staub zu berühren. Der Reiterin Schwerdt glänzte im Schein der heissen Sonne, hoch wallte der Federbusch an ihrem Helm empor.

Beide kamen sich näher. Gigi trug einen Wurfspieß in der rechten Hand, und wußte so fertig damit umzugehn, wie ein Beduin. Da sie nun aber auf funfzig Schritte heran war, rief sie: Wie? kein Neger, ein Weisser führt dies Heer? Wohlan, Europäerwaffen! Sie schleuderte den Spieß hin, und zückte einen breiten Degen. Coutances hatte den Griff des seinigen schon in der Hand, und hob ihn hoch über den Kopf, einen wüthenden Streich damit auf die Gegnerin zu führen.

Bis auf wenige Sprünge sind sie sich nah, da blicken sie einander an, und in plötzlicher Erstarrung reißt jede linke Hand den Zügel zurück, jede rechte läßt die Waffe sinken. Dennoch stehen die Rosse dichte zusammen, weil der Sprung sich nicht jähling anhalten läßt. Bald darauf eilen beide, hinab vom Sattel zu kommen, und sinken sich in die Arme.

Die Heere, in deren Angesicht das vorgeht, staunen, Flore, wenig von den Kämpfern entfernt, sagte zu Alonzo: Coutances umarmt die Feindin, er ist ein Verräther, oder – oder —

Kein Verräther! ruft dieser aus, und flieht bestürzt zu dem Paare. Da sprengt auch von jener Linie ein Beduin herzu. Auch mir eine Umarmung, ruft Alonzo, die stattliche, mehr herangewachsene schöner gewordene Heroin erkennend, auch mir Isabelle, und reißt sie Coutances weg. Da greift der Beduin in des Franzosen Hand. Erinnerst du dich des Mannes, Frank, dem du in der Wüste das Leben rettetest? Ich sagte dir Lohn zu, endlich kann ich zahlen. Coutances fiel ihm an die Brust.

Flore, die von fern die umarmende Gruppe sah, eilte auch hinzu, da stellte Alonzo die Tochter, Coutances die Geliebte, Gigi Vater und Geliebten vor, daß jeder Funke der Kriegesflamme erstarb. Daß die Weiber, welche durch das Gerücht schon lange Antheil aneinander genommen hatten, auch sich in den Arm fielen, ahnet der Leser schon, aber es sollte die Gruppe noch dichter werden. Denn von der andern Seite kam Musa, einen Esel führend, worauf ein sehr gebrechlich scheinender Kranker saß. Es war Perotti.

An dem Fleck, wo der Zweikampf hatte vor sich gehen sollen, wurde ein prächtig Zelt aufgeschlagen, worin die Gesellschaft Erfrischungen nahm, und sich ihre Begebenheiten mittheilte. Beide Heere traten zu einander über, und wurden köstlich bewirthet.

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12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 haziran 2018
Hacim:
260 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
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Metin
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