Kitabı oku: «Fachdidaktik Englisch - Fokus Literaturvermittlung», sayfa 3
1.3 Literaturunterricht in der SEK II: Bildungspolitische/curriculare Rahmungen
Nach dem Forschungsüberblick zur Lehrwerkkritik ist nun zum einen darzulegen, in welcher Hinsicht bildungspolitische Rahmenwerke und Standardformulierungen den praktischen Literaturunterricht beeinflusst haben. Zum anderen werden drei aktuelle Beispiele von Systematisierungen literarischer Kompetenz angeführt, die in kritischer Distanz zu sprachlich-kommunikativen Standard-Setzungen stehen und diese als Korrektive zu optimieren suchen.
Für die verschiedenen Kompetenzbereiche gibt es Beschreibungskriterien, die von supranationalen Curricula bis zu schuleigenen Jahreslehrplänen eine Standardisierung der Leistungen leisten sollen. Die Akzentuierung des aktuellen Literatur-Unterrichts an der gymnasialen Oberstufe, wie sie von den jeweils landeseigenen Kernlehrplänen auf der Basis des CEFR 2001 vorgegeben wurde, hatte in den vergangenen zwei Jahrzehnten zur Folge, dass ästhetische Texte nur mehr äquivalent zu referentiellen Gebrauchstexten – oder im unmittelbaren Zusammenhang mit diesen – gelesen werden: „literature is treated in the same way as a factual text“ (Fenner 2012/13: 379; vgl. Steininger 2014: 46-47). Das bedeutet nicht nur, dass das Verständnis für den fiktionalen, ästhetischen Charakter eines literarischen Textes unterentwickelt bleibt. Es bedeutet darüber hinaus, dass mit dem überhöhten Anspruch auf den fachdidaktisch vielstimmigen Begriff „Authentizität“ (vgl. dazu Abschn. 1.4) im Umgang mit solchen hyperkodierten Texten den Lernenden unter Umständen die grundsätzliche Kompetenz abhanden geht, zwischen Fakten und Fiktionen, zwischen Realität und Realismus, zu unterscheiden – eine verheerende (und womöglich durch derlei curriculare Ansprüche ungewollt begünstigte) Dynamik gerade in einem postfaktischen Zeitalter. Daher ist zunächst der Blick auf die curricularen Taktgeber zu richten, die den ‚traditionellen‘ Literatur-Unterricht stark beeinflusst und verändert haben.
Seit Einführung des CEFR im Jahr 2001 war dem fremdsprachlichen Literaturunterricht an deutschen Schulen das Dilemma zwischen kommunikativer Kompetenz und Wissenschaftspropädeutik eingeschrieben. Dieses wurde schon bald nach dessen Einführung von Literaturdidaktiker:innen erkannt und moniert: Hingewiesen wurde dabei auf den marginalisierten Stellenwert von fremdsprachlicher Literatur in einem eher kommunikativ-pragmatisch gewendeten, berufsvorbereitenden Unterricht, der dem Anspruch auf die wissenschaftspropädeutisch ausgerichtete Kursstufe konträr entgegenstehe (vgl. dazu auch Freese 2009: 13). Dieses Dilemma und die damit einhergehende Abwertung der textnahen Erarbeitung von Literatur wurde als „unproduktiver deadlock“ (Surkamp 2012: 79) beschrieben, und Eva Burwitz-Melzer stellte fest:
Der Sinn eines Textes, der sich durch seine Analyse und seine Interpretation erschließt, hat [für die Formulierung von Deskriptoren im CEFR, JM] auf den Kompetenzstufen A1 bis C1 noch keine Rolle gespielt. Es kann aber nicht angehen, dass zentrale Kompetenzen wie ‚den Textsinn erschließen‘ erst in der letzten Niveaustufe eingeführt werden, wenn zuvor nicht einmal Vorstufen oder vorbereitende Leistungen auf niedrigeren Niveaustufen erwähnt worden sind. (Burwitz-Melzer 2007: 129; Herv.i.Orig.)1
„Wissenschaftspropädeutik“? An dieser Stelle ist es sinnvoll, einen kurzen Blick in die aktuellste Fassung der „Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung“ seitens der Kultusminister-Konferenz (KMK) zu werfen. Dort wird man feststellen, dass gegenüber berufsvorbereitenden kommunikativen Kompetenzen folgende Kriterien als privilegiert hervorgehoben sind: „vertiefte Allgemeinbildung, allgemeine Studierfähigkeit sowie wissenschaftspropädeutische Bildung“, in deren Verlauf insbesondere der Unterricht der Qualifikationsphase „exemplarisch in wissenschaftliche Fragestellungen, Kategorien und Methoden“ einführt (KMK 2018: 5). Die Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache (Englisch / Französisch) für die Abiturprüfung präzisieren den Ausdruck wie folgt:
Im Unterricht in der gymnasialen Oberstufe geht es darüber hinaus um die Beherrschung eines fachlichen Grundlagenwissens als Voraussetzung für das Erschließen von Zusammenhängen zwischen Wissensbereichen, von Arbeitsweisen zur systematischen Beschaffung, Strukturierung und Nutzung von Informationen und Materialien, um Lernstrategien, die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit sowie Team- und Kommunikationsfähigkeit unterstützen. (KMK 2012: 5)
Diese grundlegenden Aspekte werden auf der anschließenden, tertiären Bildungsstufe laut dem revidierten Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse von 2017, in deutlicher „Differenzierung zu den Bildungsaufträgen anderer Bildungsbereiche, insbesondere der beruflichen Bildung“ (Bartosch et al. 2017: 4) schon auf dem ersten akademischen Level (Bachelor-Ebene) „wesentlich“ ausgeweitet und in ein „kritisches Verständnis der wichtigsten Theorien, Prinzipien und Methoden“ überführt, ehe auf Master-Ebene die „Besonderheiten, Grenzen, Terminologien und Lehrmeinungen […] zu definieren und zu interpretieren“ sind (KMK 2017: 7-8).
Die deutlich anti-ästhetische, utilitaristische Einstellung des ursprünglichen CEFR lässt, in Vorwegnahme der folgenden Kritik, das vage Bekenntnis zur Bedeutung von nationalen Literaturen im Unterricht in ihrer Funktion als ‚kulturelles Erbe‘ als Lippenbekenntnis („lip service“, Grimm/Meyer/Volkmann 2015: 176) erscheinen.2 Folgender Abschnitt des Referenzrahmens, „Aesthetic uses of language“, war für viele literaturdidaktische Urteile über den CEFR wesentlicher Stein des Anstoßes:3
Imaginative and artistic uses of language are important both educationally and in their own right. Aesthetic activities may be productive, receptive, interactive or mediating […], and may be oral or written. They include such activities as:
singing (nursery rhymes, folk songs, pop songs, etc.)
retelling and rewriting stories, etc.
listening to, reading, writing and speaking imaginative texts (stories, rhymes, etc.) including audio-visual texts, cartoons, picture stories, etc.
performing scripted or unscripted plays, etc.
the production, reception and performance of literary texts, e.g.: reading and writing texts (short stories, novels, poetry, etc.) and performing and watching/listening to recitals, drama, opera, etc.
This summary treatment of what has traditionally been a major, often dominant, aspect of modern language studies in upper secondary and higher education may appear dismissive.
It is not intended to be so. National and regional literatures make a major contribution to the European cultural heritage, which the Council of Europe sees as ‘a valuable common resource to be protected and developed’. Literary studies serve many more educational purposes – intellectual, moral and emotional, linguistic and cultural – than the purely aesthetic. It is much to be hoped that teachers of literature at all levels may find many sections of the Framework relevant to their concerns and useful in making their aims and methods more transparent.
Users of the Framework may wish to consider and where appropriate state:
which ludic and aesthetic uses of language the learner will need/be equipped/be required to make.
(CEFR 2001: 56, Herv.i.Orig.)
Es wurden seit 2001 verschiedene Versuche unternommen, die Literaturkompetenzen angemessener zu evaluieren und – falls überhaupt möglich – zu standardisieren. Lothar Bredella hat dies für die Englischdidaktik in einem ausführlichen Beitrag versucht, in dem er verschiedene (entwicklungspsychologische) Stadien als Leser:in, die ein/e Heranwachsende/r zwischen Grundschulalter und fortgeschrittener Adoleszenz durchläuft, beschreibt. Er postuliert dabei eine Sukzession von mehreren Stufen, ausgehend vom „mythische[n] Verstehen“ im Kleinkindalter über ein identifikatorisches „romantisches Verstehen“, gefolgt von einem distanzierten, beobachtend-kritischen Zugang zur Literatur bis hin zum „philosophischen Verstehen“ bei jungen Erwachsenen, das eine ironisch-subversive Lesart von literarischen Texten ermöglicht (vgl. Bredella 2004: 81-138). Burwitz-Melzer (2007) macht in ihrer Kritik an den supranationalen und bundesweiten Referenzwerken einen Vorschlag zur Formulierung von schulischen Lesekompetenzen in einem modellhaften Entwurf für die Jahrgangsstufen 12/13. Dabei unterscheidet sie, im Gegensatz zu den „nicht begründeten und schwammig formulierten“ Kriterien der drei Anforderungsbereiche (im folgenden: AFB) Comprehension / Analysis / Activities für gymnasiale Aufgabenstellungen, wie sie seit Herausgabe der Einheitlichen Prüfungsanforderungen (KMK 2003) auch für die neueren Bildungsstandards verbindlich sind (KMK 2012), fünf unterschiedliche Kompetenzbereiche. Diese lassen sich psycholinguistisch begründen bzw. der Lernprogression und Lesesozialisation folgend organisieren: Es handelt sich um motivationale, kognitive, interkulturelle Kompetenzen sowie solche der Anschlusskommunikation und Reflexion (vgl. Burwitz-Melzer 2007: bes. 139-143). Letztere führen, wie die zuvor genannten Kriterien mit ihren unterschiedlich komplexen Stufen von Sinnkonstitution, zur schriftlichen Textproduktion bzw. zu mündlichen Sprachleistungen der Schüler:innen, die ihrerseits im Unterricht einsetzbar bzw. zu bewerten sind. Im Anschluss an diesen Vorschlag entwickelt Hallet seine vier Kompetenzebenen, die die Lernenden von der „literarischen Lesefähigkeit“ über die „literarische[n] als kulturelle Kompetenzen“ und die „Reflexionsfähigkeit“ bis hin zur „fremdsprachlichen Diskursfähigkeit“ führt (Hallet 2009: bes. 77-85). Es waren all dies Bemühungen, die dazu beitragen sollten, „kulturelle, interkulturelle und transkulturelle Kompetenzen, Lesekompetenzen (vor allem im Bereich des intensiven oder extensiven Lesens), narrative, affektive, imaginative Kompetenzen […] operationalisierbar sowie überprüfbar“ zu machen (Volkmann 2017: 218).
Drei aktuelle literaturdidaktische Korrekturvorschläge. Im Jahr 2018 erschien der Companion Volume zum CEFR, der eine deutliche Reaktion auf die zuvor geäußerte Kritik erkennbar werden lässt, insofern ästhetischen (als Subspezies von „kreativen“) Texten und ihrer Betrachtung mehr Platz eingeräumt wird als zuvor. Es gibt im ergänzenden CEFR, analog zu den sprachlichen Kompetenz-Deskriptoren, auch solche für die Abbildung und Messung literaturbezogener Kompetenzen, die im Bereich der Sprachmittlung („mediation“, vgl. dazu Quetz 2019) und der dabei besonders hervorgehobenen Eigenschaft des „constructing new meaning“ (CEFR 2018: 103) angesiedelt sind und im Zuge der anschließenden Ausführungen ausführlich erläutert und klassifiziert werden.4 So wird der Auseinandersetzung mit kreativen Texten und der ästhetischen Literatur in diesem Ergänzungsband zwar mehr Raum innerhalb des Beschreibungsschemas zuteil als im ursprünglichen Rahmenwerk. Eine Definition dessen, was „kreative“ Texte umfasst, liefert der Ergänzungsband hingegen nicht – ob es sich dabei um z.B. ‚witzige‘ Werbetexte, um emotiv-expressive bzw. appellative Texte wie Tagebucheinträge oder Kommentare oder eben um Texte der sogenannten Höhenkammliteratur handelt, wird nicht konkretisiert.
Jedoch unterscheidet das Companion Volume unterschiedlich gerahmte Rezeptionsszenarien. Der persönlich-intuitive Rezeptionsprozess geht gemäß diesen Abschnitten dem analytisch-evaluativen voran. Die Hierarchie führt vom „engagement“ über die „interpretation“ („ascribing meaning or significance to aspects of the work including contents, motifs, characters’ motives, metaphor, etc.“, CEFR 2018: 115) zur „analysis“ („of certain aspects of the work including language, literary devices, context, characters, relationships. etc.“, CEFR 2018: 116) und „evaluation“. Die Interpretation ist also als Form der Bedeutungsgebung nominell in der Hierarchie enthalten, ihr kommt aber lediglich ein subordinärer kognitiver Status zu: „Describing a personal reaction and interpretation is cognitively far simpler than giving a more intellectual analysis and / or evaluation.“ (CEFR 2018: 116) In deutlichem Selbstwiderspruch zu den gerade dargelegten Ausführungen ordnet gleichwohl auch der CEFR 2018 die individuelle literary literacy mit der Befähigung zur Interpretation den höheren und höchsten sprachlichen Stufen zu:
Progression up the scale is characterised as follows: At the lower levels the user / learner can say whether he / she liked the work, say how it made him / her feel, talk about characters and relate aspects of the work to his / her own experience, with increased detail at B1. At B2 he / she can give more elaborate explanations, comment on the form of expression and style and give his / her interpretation of the development of a plot, the characters and the themes in a story, novel, film or play. At the C levels, he / she can give broader and deeper interpretations, supporting them with details and examples. (CEFR 2018: 116)
Es zeigt sich hier die nach wie vor deutliche Unsicherheit gegenüber der Arbeit mit literarischen Texten und Werken: So werden z.B. gängige Umstellungen im Satzbau (z.B. Inversion, Ellipse, Anakoluth) in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen poetischen Verfahren (Metapher und Ambiguität) als „abnormal syntax“ stigmatisiert. Demgegenüber ließe ein neutraler, deskriptiver Kriterienkatalog – als der sich der CEFR doch auch in der Version von 2018 ausgibt – eine weniger wertende Formulierung wie ‚non-standard‘ erwarten. Zur Veranschaulichung seien hier die im neuen CEFR abgebildeten literaturbezogenen Kompetenzniveaus und ihre dazugehörigen Deskriptoren aufgeführt:5
ANALYSIS AND CRITICISM OF CREATIVE TEXTS (INCLUDING LITERATURE) | |
C2 | Can give a critical appraisal of work [sic] of different periods and genres (novels, poems, and plays), appreciating subtle distinctions of style and implicit as well as explicit meaning. Can recognise the finer subtleties of nuanced language, rhetorical effect, and stylistic language use (e.g. metaphors, abnormal syntax, ambiguity), interpreting and ‘unpacking’ meanings and connotations. Can critically evaluate the way in which structure, language and rhetorical devices are exploited in a work for a particular purpose and give a reasoned argument on their appropriateness and effectiveness. Can give a critical appreciation of the deliberate breach of linguistic conventions in a piece of writing. |
C1 | Can critically appraise a wide variety of texts including literary works of different periods and genres. Can evaluate the extent to which a work meets the conventions of its genre. Can describe and comment on ways in which the work engages the audience (e.g. by building up and subverting expectations). |
B2 | Can compare two works, considering themes, characters and scenes, exploring similarities and contrasts and explaining the relevance of the connections between them. Can give a reasoned opinion about a work, showing awareness of the thematic, structural and formal features and referring to the opinions and arguments of others. Can evaluate the way the work encourages identification with characters, giving examples. Can describe the way in which different works differ in their treatment of the same theme. |
B1 | Can point out the most important episodes and events in a clearly structured narrative in everyday language and explain the significance of events and the connection between them. Can describe the key themes and characters in short narratives involving familiar situations that are written in high frequency everyday language. |
A2 | Can identify and briefly describe, in basic formulaic language, the key themes and characters in short, simple narratives involving familiar situations that are written in high frequency everyday language. |
Tab. 3:
Kann-Beschreibungen für den Umgang mit literarischen Texten (CEFR 2018: 117)
In unmittelbarer Reaktion auf die Veröffentlichung des Begleitbandes kritisiert Birgit Schädlich, dass die neuen Deskriptoren kaum dazu angetan seien, den „‚Mehrwert‘ des literarischen Lesens“ abzubilden (Schädlich 2019: 203) und, im Gegenteil, solche Eigenschaften wie die „Literarizität“, „Verfremdung [von Wirklichkeit]“ und „Alterität“ einfach „weg[zu]modellieren“ (Schädlich 2019: 206). Man wird den neuen Deskriptoren jedoch zugestehen können, dass sie in vielerlei Hinsicht jene zentralen Handlungstypologien und Aufgaben-Operatoren im Umgang mit Literatur reflektieren, die im fachdidaktischen Diskurs und in den Lehrwerken längst common currency geworden sind. Dies zeigt sich in den Beschreibungen der Aktivitäten in Auseinandersetzung mit Texten, die dieselben Begriffe (z.B. „describe“, „point out“, „evaluate“, „comment on“) aufweisen, die in den Lehrwerken zur Aufgabenformulierung als action verbs (Operatoren) verwendet werden, dort allerdings zusätzlich jeweils einem AFB zugeordnet und entsprechend differenziert sind.6
Dem Companion Volume seien hier zwei weitere Korrektive zum ursprünglichen CEFR zur Seite gestellt: zum einen die fremdsprachlichen Literatur-Kompetenzbeschreibungen, die Ivo Steininger vor dem Hintergrund seiner empirischen Studie zur Modellierung literarischer Kompetenz für die Sekundarstufe I vorgestellt hat, zum anderen die Deskriptoren des Literary Framework for Teachers in Secondary Education (LiFT-2): Steininger insistiert auf der holistischen Dimension der literarischen Kompetenz und unterscheidet dabei in seinem Kompetenz-Strukturmodell kommunikative, psychosoziale, reflexive, interkulturelle und methodische Teilkompetenzen, die ihrerseits vielfach aufgespalten sind und im Unterricht an geeigneter Stelle mit geeigneten Aufgaben zur synthetisierenden Interaktion gebracht werden müssen:
Kommunikative Kompetenzen | Kategorien |
Sprachvermögen Leseverstehen Textproduktion | Wortschatz, Reparaturstrategien, Grammatik hierarchie-nieder; hierarchie-höher Sprechen, Schreiben |
Psycho-soziale Kompetenzen | Kategorie |
Psycho-soziale Fähigkeiten Ästhetische Fähigkeiten | Empathievermögen, affektive Mobilisatoren Ästhetisches Lesen |
Reflexive Kompetenzen | Kategorie |
Weltwissen Sprachwissen Literarisches Wissen | Textdeixis, Wissensdeixis Sprachbewusstheit, metasprachliche Fähigkeiten Gattungswissen und Genreschemata, symbolisches Wissen |
Interkulturelle Kompetenzen | Kategorie |
Soziokulturelles Wissen Fremdverstehen | Umgang mit fremdkulturellen Konzepten Einnehmen der Innenperspektive, Einnehmen der Außenperspektive |
Methodische Kompetenzen | Kategorie |
Textbegegnung Sinnkonstitution Schreibhandeln Aufführung und Vortrag | Erwartungshaltung aufbauen, Erwartungshaltung erhalten Textinterpretatorisch orientiert, textanalytisch orientiert, Eigenständiges (Arbeiten), Informieren Text als Anlass, Text als Modell Präsentation des Textes Präsentation der eigenen performativen Produkte |
Tab. 4:
Kompetenzbeschreibungen für den Umgang mit literarischen Texten (im Anschluss an Steininger 2014: 393-398)
Diesen Kompetenzkategorien sind ihrerseits eigene Deskriptoren zugeordnet, die die jeweilige Kategorie anhand von Handlungsbeschreibungen konkretisieren, aber nicht im Sinne einer Kompetenzhierachie staffeln. Steininger betont, dass an dieses System anschließend in der Sekundarstufe II, „bedingt durch die Verwendung komplexerer Texte (Gattungsvielfalt, Themenbereiche, Erzählstrukturen, Umfang, sprachlicher Komplexität)[, sich] auch komplexere Handlungen“ (Steininger 2014: 399) initiieren lassen: zu denken ist hier insbesondere an metasprachliche diskursive Mittel, die Produktion textbezogener learning outcomes, sowie an die literaturbezogene Erweiterung der reflexiven und methodischen Kompetenzen (vgl. dazu Kapitel 3.3).
Eben solche Erweiterungen werden in einem weiteren Korrektiv zum CEFR genauer ausgeführt. Mit LiFT-2 sind – für die jeweilige schulsprachliche (i.d.R. also die jeweilige L1-) Literatur – zwei aufeinander folgende Kompetenzstufen für 12- bis 15jährige und 15- bis 18jährige Schüler:innen definiert. Dieses seit 2010 in einem multinational operierenden Forschungsnetzwerk unter Beteiligung von fünf europäischen Nationen erarbeitete Rahmenwerk definiert sechs Niveaustufen literarischer Kompetenz, die als Entwicklung von „indifferen[ten]“ (mit „geringer Übung im Lesen“) zu „fachkundigen“ Lesenden modelliert wird, welche literarische Texte auch metasprachlich erfassen, beschreiben und beurteilen können.7
Das zu entwickelnde Fachwissen innerhalb der LiFT-2-Matrix übersteigt die Kompetenzmodellierungen des CEFR 2018 erheblich. Denn gegenüber diesem tritt eine Diskursbeherrschung hinzu, derzufolge auf diesem Niveau Konzepte wie Plot, Handlungschronologie, narrative Mehrsträngigkeit, Erzählperspektive und die Semantisierung von (meta-)literarischen Motiven ebenso verfügbar sind wie die heuristische Deutung stilistischer und rhetorischer Figuren. Die Lernenden „können Literatur aus verschiedenen Perspektiven erschließen (psychologisch, politologisch, soziologisch, philosophisch, kulturell etc.) und interpretieren“ und darüber hinaus „Texte in Bezug zu anderen Schriften oder Künsten setzen (z. Bsp. Filme, bildende Kunst)“ (LiFT-2: Niveau 6 > Schüler(-innen)). Um diese Diskursfähigkeit zu erlangen, gestattet das Framework auch eine ästhetische Kompetenzausbildung der Schüler:innen:
Sie können die Eigenarten verschiedener Kunstwerke erkennen und vergleichen;
unterscheiden zwischen Lektüreansätzen für unterschiedliche Zwecke innerhalb und außerhalb des schulisch-institutionellen Kontextes;
vergleichen und synthetisieren unterschiedliche Lesarten eines Textes in einem Studienprojekt;
finden Aspekte des literarischen Diskurses und reflektieren ihn in angemessener Terminologie (Metasprache);
schließlich erkennen sie anhand „professioneller Kritiken“ (= wissenschaftliche Literatur) „ästhetische Tendenzen“
(LiFT-2: Niveau 6 > Didaktik: „Handlungen der Schüler (-innen)“)
Auffällig an der Zusammenstellung dieser Deskriptoren ist die Tatsache, dass hier Aktivitäten im Vordergrund stehen, die eine intensive Auseinandersetzung mit dem konkreten literarischen Text erfordern. So betrachtet lässt sich LiFT-2 im Sinne der vorliegenden Studie als ein Impuls zu einer re-philologisierenden Unterrichtsgestaltung für ästhetische Texte begreifen (alternativ wird im EFL-Unterricht der Begriff „deskbound approach“ konzeptualisiert, vgl. Eschbach 2019: 66-71), der auf literaturaffine Themen angewendet zu einem höheren Grad an fremdsprachlichem Literatur-Wissen verhelfen könnte.