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Kitabı oku: «Der Schatz im Silbersee», sayfa 28

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»Im Vorteile? Wieso?«

»So viele gegen vier.«

»Pshaw! Was sind alle eure Waffen gegen meine Todesflinte! Nur derjenige, welcher sich fürchtet, verlangt einen Vorteil vor dem andern.«

»Sich fürchtet?« fragte der Wolf mit blitzenden Augen. »Willst du mich beleidigen? Willst du etwa behaupten, daß wir uns fürchten?«

»Ich sprach nicht von euch, sondern im allgemeinen. Wenn ein schlechter Läufer mit einem bessern um die Wette läuft, so pflegt er eine Vorgabe zu begehren. Indem du uns in das Nachteil versetzest, gibst du mir das Recht zu der Ansicht, daß du uns für bessere Krieger hältst, als ihr seid. Und das würde ich als Häuptling der Utahs nicht thun.«

Der »große Wolf« blickte eine ganze Weile vor sich nieder. Er konnte dem Jäger nicht unrecht geben, mußte sich aber hüten, ihm beizupflichten; darum sagte er endlich: »Wir haben euch schon so viel Nachsicht erwiesen, daß ihr keine weitere verlangen dürft. Ob wir uns vor euch fürchten, werdet ihr beim Kampfe erfahren.«

»Gut; aber ich fordere ehrliche Bedingungen.«

»Wie meinst du das?«

»Du sagst, daß der Sieger das Recht habe, den Besiegten zu töten. Wie nun, wenn ich einen deiner Krieger besiege und töte, kann ich dann frei und sicher diesen Ort verlassen?«

»Ja.«

»Es wird mir niemand etwas thun?«

»Nein, denn du wirst nicht siegen. Es wird überhaupt keiner von euch siegen.«

»Ich verstehe dich. Ihr werdet eure Auswahl unter den Kriegern so treffen und die Art des Kampfes so bestimmen, daß wir unterliegen? Irre dich nicht! Es kann leicht anders kommen, als du denkst.«

»Wie es kommen wird, das weiß ich so genau, daß ich sogar noch eine Bedingung stelle, nämlich die, daß der Sieger alles Eigentum des Besiegten erhält.«

»Diese Bedingung ist sehr nötig, da sich sonst wohl niemand melden würde, der mit uns kämpfen wollte.«

»Hüte dich!« fuhr der Häuptling auf; »du hast einfach nur zu sagen, ob ihr einverstanden seid oder nicht.«

»Und wenn wir es nicht sind?«

»So brecht ihr euer Versprechen, denn du hast gesagt, daß ihr keine Gegenwehr leisten wollt.«

»Ich halte mein Versprechen, aber ich will euer Wort, daß derjenige von uns, welcher aus dem Kampfe als Sieger hervorgeht, von euch als Freund betrachtet werden soll.«

»Ich verspreche es dir.«

»Rauchen wir die Pfeife des Friedens darüber!«

»Glaubst du mir nicht?« rief der Wolf.

Old Shatterhand sah ein, daß er nicht so schroff auftreten dürfe, wenn er nicht auf die bisher errungenen Vorteile verzichten wolle; darum erklärte er: »Wohlan, ich glaube dir. Frage deine Krieger, wer sich melden will!«

Jetzt gab es eine große Bewegung unter den Indianern; sie gingen und wogten fragend und schreiend durcheinander. Old Shatterhand sagte zu seinen Gefährten: »Leider durfte ich die Saite nicht allzu straff anspannen, sonst wäre sie zerrissen. Ich bin mit den erhaltenen Bedingungen keineswegs zufrieden.«

»Wir müssen eben zufrieden sein, da wir keine bessern bekommen können,« sagte der lange Davy.

»Ja, was mich betrifft, da habe ich keine Sorge. Die Roten haben eine solche Scheu vor mir, daß ich neugierig bin, ob sich ein Gegner für mich finden wird.«

»Ganz gewiß.«

»Wer?«

»Der »große Wolf« selbst. Da kein andrer sich melden wird, muß er die Ehre seines Stammes retten. Er ist ein riesiger Kerl, ein wahrer Elefant.«

»Pah! Ich fürchte ihn nicht. Aber ihr! Man wird euch die gefährlichsten Gegner wählen und für jeden von uns eine Kampfesart bestimmen, von welcher man annimmt, daß er in derselben nicht bewandert ist. Zum Beispiel mit mir wird sich mein Gegner nicht in einen Faustkampf einlassen.«

»Warten wir es ab,« meinte Jemmy.

»Jetzt ist alle Sorge und Angst vergeblich. Halten wir die Muskeln fest und die Augen offen!«

»Und den Verschtand helle und klar,« fügte der Hobble-Frank hinzu. »Was mich betrifft, so bin ich so ruhig wie een Meilenzeiger im Schtraßengraben. Ich weeß gar nich, wie das kommt, aber es is wirklich wahr, daß mir nich im geringsten bange is. Diese Utahs sollen heut eenen sächsischen Moritzburger kennen lernen. Ich werde kämpfen, daß die Funken bis nach Grönland fliegen.«

Jetzt stellte sich die Ordnung unter den Roten wieder her. Der Kreis wurde wieder gebildet, und der »große Wolf« brachte drei Krieger herbei, welche er als diejenigen vorstellte, die sich freiwillig gemeldet hatten.

»So bezeichne jetzt die Paare,« bat Old Shatterhand.

Der Häuptling schob den ersten zu dem langen Davy hin und sagte: »Hier steht Pagu-angare, welcher mit diesem Bleichgesichte um sein Leben schwimmen will.«

Die Wahl war für die Roten gut getroffen. Dem langen, klapperdürren Davy war es anzusehen, daß er vom Wasser nicht leicht getragen wurde. Der Rote hingegen war ein Kerl mit runden Hüften, breiter, fleischiger Brust und starken Arm- und Beinmuskeln. Jedenfalls war er der beste Schwimmer des Stammes. Hätte sein Name dies nicht erraten lassen, so wäre es aus dem verächtlichen Blicke, den er auf Davy warf, zu ersehen gewesen.

Dann stellte der Häuptling einen hohen, sehr breitschulterigen Menschen, dessen Muskeln wie Wülste hervortraten, dem kleinen, dicken Jemmy gegenüber und sagte: »Dieser hier ist Namboh-avaht, welcher mit dem dicken Bleichgesichte ringen wird. Sie werden mit den Rücken gegeneinander zusammengebunden werden. Jeder erhält ein Messer in die rechte Hand, und wer den andern zuerst unter sich bringt, darf ihn erstechen.«

Der »große Fuß« trug seinen Namen mit vollem Recht. Er hatte ungeheure Füße, auf welchen er wohl so fest stand, daß der kleine, dicke Jemmy vor Angst hätte davonrennen mögen.

Nun stand noch der dritte da, ein knochiger Kerl, fast vier Ellen lang, schmal, aber mit hochgewölbter Brust und ewig langen Armen und Beinen. Der Häuptling stellte ihn vor den Hobble-Frank hin und meinte dabei: »Und hier steht To-ok-tey, welcher bereit ist, mit diesem Bleichgesichte um das Leben zu laufen.«

Armer Hobble-Frank! Während dieser »springende Hirsch« mit seinen Siebenmeilenbeinen zwei Schritte machte, mußte der Kleine zehn machen! Ja, die Roten waren außerordentlich auf ihren Vorteil bedacht gewesen. »Und wer kämpft mit mir?« fragte Old Shatterhand.

»Ich,« antwortete der »große Wolf« in stolzem Tone, indem er seine Hünengestalt hoch aufrichtete. »Du glaubtest, wir fürchten uns; ich will dir zeigen, daß du dich irrtest.«

»Das ist mir lieb,« antwortete der Weiße freundlich. »Ich habe meine Gegner bisher stets unter den Häuptlingen gesucht.«

»Du wirst unterliegen!«

»Old Shatterhand wird nicht besiegt!«

»Und Ovuts-avaht auch nicht! Wer könnte erzählen, daß er mich besiegt habe!«

»Ich werde es schon heute erzählen!«

»Und ich werde Herr deines Lebens sein!«

»Kämpfen wir nicht mit Redensarten, sondern mit der Flinte!«

Old Shatterhand sagte das in leicht ironischem Tone; er wußte, daß der Häuptling nicht darauf eingehen werde. Und wirklich antwortete dieser schnell: »Ich habe nichts mit deinem Todesgewehre zu schaffen. Zwischen uns soll das Messer und der Tomahawk entscheiden.«

»Ich bin auch dies zufrieden.«

»So wirst du in kurzem eine Leiche und ich werde im Besitze all deines Eigentums, auch des Pferdes, sein!«

»Ich glaube, daß mein Pferd deine Wünsche erregt; aber die Zauberflinte ist noch wertvoller. Was wirst du mit ihr beginnen?«

»Ich mag sie nicht, und auch kein andrer trägt Verlangen nach ihr. Sie ist zu gefährlich, denn wer sie berührt, der trifft seine besten Freunde. Wir werden sie tief in der Erde vergraben, wo sie verrosten und verfaulen mag.«

»So mag derjenige, welcher sie dabei berührt, sehr vorsichtig sein, sonst wird er böses Unheil über den ganzen Stamm der Yampa-Utahs bringen. Und nun sag, wann und in welcher Reihenfolge die Einzelkämpfe vor sich gehen sollen.«

»Erst soll geschwommen werden. Aber ich weiß, daß die Christen gern vor ihrem Tode geheimnisvolle Gebräuche befolgen. Ich will euch dazu diejenige Zeit geben, welche ihr Bleichgesichter eine Stunde nennt.«

Die Roten hatten den Kreis um die Weißen wohl nur deshalb wieder geschlossen, um alle deutlich sehen zu können, wie erschrocken die Bleichgesichter über die ihnen zuerteilten Gegner sein würden. Aber sie hatten nichts derartiges gesehen und gingen nun wieder auseinander. Man schien sich jetzt gar nicht um die Jäger zu bekümmern; aber diese wußten gar wohl, daß sie sehr scharf beobachtet wurden. Sie saßen bei einander und sprachen über die Chancen, welche ihnen bevorstanden. Dem langen Davy war die Gefahr am nächsten getreten, da er der erste war, welcher zu kämpfen hatte. Er machte zwar kein verzweifeltes, aber doch ein sehr ernstes Gesicht.

»Der »rote Fisch«!« brummte er. »Natürlich hat dieser Halunke seinen Namen nur aus dem Grunde erhalten, weil er ein vorzüglicher Schwimmer ist.«

»Und aber du?« fragte Old Shatterhand. »Ich habe dich zwar schwimmen sehen, aber nur beim Baden und bei Flußübergängen. Wie steht es mit deiner Fertigkeit?«

»Nicht allzugut.«

»O weh!«

»Ja, o weh! Ich kann nicht dafür, daß mein Korpus nur aus schweren Knochen besteht. Und ich glaube, meine Knochen haben ein noch viel größeres Gewicht als diejenigen eines jeden andern Menschenkindes.«

»Also mit der Schnelligkeit ist‘s nichts. Hältst du denn aber aus?«

»Aushalten? Pah! So lange wie Ihr wollt. Kräfte habe ich ja genug; aber mit dem Vorwärtskommen hapert es. Ich werde meinen Skalp wohl hergeben müssen.«

»Das ist noch nicht so bestimmt zu sagen. Noch verliere ich nicht die Hoffnung. Hast du vielleicht auch schon auf dem Rücken geschwommen?«

»Ja, und da scheint es leichter zu gehen.«

»Allerdings macht man die Erfahrung, daß hagere und ungeübte Leute hinten besser schwimmen als vorn. Lege dich also auf den Rücken; nimm den Kopf recht tief und die Beine hoch; stoße recht regelmäßig und ausgiebig mit den Füßen aus, und hole stets nur dann Atem, wenn du die Hände unter den Rücken schlägst.«

»Well! Aber das kann nichts nützen, denn dieser »rote Fisch« wird mich trotzdem ausstechen.«

»Vielleicht doch nicht, wenn mir meine List gelingt.«

»Welche?«

»Du mußt mit der Strömung schwimmen und er gegen dieselbe.«

»Ach, wäre das zu machen? Ist denn eine Strömung vorhanden?«

»Ich vermute es. Wenn sie fehlte, wärst du freilich verloren.«

»Wir wissen ja noch gar nicht, wo geschwommen werden soll.«

»Natürlich drüben auf dem See, welcher eigentlich nur ein Teich ist. Er ist länglichrund, fünfhundert Schritte lang und dreihundert breit, ungefähr, wie man von hier aus zu schätzen vermag. Das Berggewässer stürzt sich mit großem Gefälle hinein, und zwar, wie es scheint, nach dem linken Ufer hin. Das ergibt also eine Strömung, welche an diesem Ufer hingeht, drei Viertel um den See bis an den Ausfluß desselben. Laß mich nur machen. Wenn es menschenmöglich ist, werde ich es dahin bringen, daß du mit dieser Strömung den Gegner schlägst.«

»Das sollte ein Gaudium sein, Sir! Und ich setze den Fall, es gelänge mir, soll ich da den Kerl erstechen?«

»Hast du Lust dazu?«

»Er würde mich jedenfalls nicht schonen, schon um meines bißchen Hab und Gutes willen.«

»Das ist richtig. Aber auch ganz abgesehen davon, daß wir Christen sind, liegt es in unserm eigenen Vorteile, Milde walten zu lassen.«

»Schön! Aber was werdet Ihr thun, wenn er mich besiegt und mit dem Messer auf mich loskommt? Ich darf mich doch nicht wehren!«

»In diesem Falle werde ich es zu erzwingen wissen, daß mit dem Töten so lange gewartet wird, bis alle Einzelkämpfe zu Ende geführt sind.

»Well, das ist ein Trost selbst für den schlimmsten Fall, und ich bin nun beruhigt. Aber, Jemmy, wie steht es mit dir?«

»Nicht besser als mit dir,« antwortete der Dicke. »Mein Gegner heißt »großer Fuß«. Weißt du, was das zu bedeuten hat?«

»Nun?«

»Er steht so fest auf den Füßen, daß ihn niemand niederbringt. Und ich, der ich um zwei Köpfe kleiner bin als er, soll das vermögen? Und Muskeln hat dieser Mensch wie ein Nilpferd. Was ist da mein Fett dagegen!«

»Nicht bange machen lassen, lieber Jemmy,« tröstete Old Shatterhand. »Ich bin ja ganz in derselben Lage. Der Häuptling ist bedeutend höher und breiter als ich. aber an der Gewandtheit wird es ihm wohl mangeln. und ich möchte behaupten, daß ich auch mehr Muskelkraft besitze, als er.«

»Ja, Ihre Muskelkraft ist ein Phänomen, eine Ausnahme. Aber ich gegen diesen »Großfuß«! Ich werde mich wehren, solange ich es vermag, aber unterliegen werde ich dennoch. Ja, wenn es hier auch so eine Strömung, so eine List gäbe!«

»Die is ja da!« fiel der Hobble-Frank ein. »Wenn ich‘s mit diesem Florian zu thun hätte, so wär‘ mirsch gar nich angst.«

»Du? Du bist doch noch schwächer als ich!«

»Am Leibe, ja, aber nich am Geiste. Und mit dem Geiste muß man siegen. Verschtehste mich?«

»Was thu‘ ich mit dem Geiste gegen einen solchen Muskelmenschen!«

»Siehste, so biste! Alles und ooch schtets, alles weeßte besser als ich; aber wenn sich‘s ums Leben und Schkalpieren handelt, so sitzest du da wie die Fliege in der Buttermilch. Du zappelst mit Händen und Füßen und kommst doch nich raus.«

»So schieße los, wenn du einen guten Einfall hast!«

»Einfall! Was das nu schon wieder für eene Rede is! Ich brauch‘ keenen Einfall, ich bin ooch ohne Einfälle schtets geistreich. Denke dich nur mal richtig in deine Lage hinein! Ihr zwee beede schtellt euch mit dem Rücken gegenenander, und man bindet euch über dem Bauche zusammen, grad wie das schöne Schternbild der siamesischen Zwillinge von der Milchschtraße herunter. Jeder kriegt een Messer in die Hand, und dann geht das Reitergefecht los. Wer den andern unter sich bringt, is Sieger. Wie aber kann man in eener solchen Schtellung den Gegner unter sich bringen? Doch nur dadurch, daß man ihm den Halt aus den Füßen nimmt, was dadurch geschehen kann, daß man ihn von hinten mächtig an die Waden tritt oder den Fuß um den seinen schlingt und diesen wegzureißen sucht. Habe ich recht oder nich?«

»Ja. Nur weiter.«

»Nur sachte! Das muß alles mit Bedacht geschehen und hat keene Eile. Gelingt das Experiment, so purzelt der Gegner off die Nase und man kommt off ihn zu liegen, aber nämlich leider mit dem Rücken off seinen Rücken, wobei man das europäische Gleichgewicht sehr leicht selber verlieren kann. Eegentlich müßtet ihr so zusammengebunden werden, daß ihr mit den Gesichtern gegenenander schteht. Ob die Roten mit dem umgekehrten Schtaatsverhältnisse irgend eene List verbinden, das kann ich jetzt noch nich durchschauen; aber so viel weeß ich genau, daß ihre Hinterlist dir nur Nutzen bringen wird.«

»Auf welche Weise denn? So rede doch nur endlich!« drängte Jemmy.

»Herrjemerschneeh, ich rede doch schon eene ganze Viertelschtunde lang! So höre nur! Der Rote wird dich von hinten mit den Füßen treten, um dir das Been auszuheben und dich aus dem Gleichgewichte zu bringen. Das schadet dir gar nischt, denn bei der konfessabeln Schtärke deiner Waden fühlst du seine Tritte erscht vierzehn Monate hinterher. Jetzt wartest du eenen Oogenblick ab, an welchem er wieder schtößt und also nur off eenem Beene schteht. Da beugst du dich mit aller Gewalt nach vorne nieder, hebst ihn also off deinen Rücken, schneidest rasch den Schtrick oder Riemen entzwee, mit dem ihr zusammengebunden seid, und wippst ihn mit eenem schnellen Schwipps über deinen Kopf weg off die Erde runter. Dann aber oogenblicklich droff, den Kerl bei der Gurgel gepackt und ihm das Messer offs Herz gesetzt. Haste mich begriffen, alter Schneesieber?«

Old Shatterhand hielt dem Kleinen die Hand hin und sagte: »Frank, du bist kein übler Kerl. Das hätte ich wirklich nicht besser aussinnen können. Diese Anweisung ist ausgezeichnet und muß zum Ziele führen.«

Franks ehrliches Gesicht glänzte vor Entzücken, als er die ihm dargebotene Hand schüttelte und dabei sagte: »Schon gut, schon gut, liebster Obermeester! Off so etwas ganz und gar Selbstverschtändliches kann ich mir nich viel einbilden. Meine Meriten und Astern blühen wo ganz anders. Aber es is eben wieder mal een Beweis dafür, daß der Diamant von unvernünftigen Menschen oft für eenen Ziegelschteen gehalten wird. Darum denke – —«

»Kieselstein, nicht Ziegelstein,« unterbrach ihn Jemmy. »Himmel, wäre das ein Diamant, welcher die Größe eines Ziegelsteines hätte!«

»Schweigste wohl gleich schtille, du alter, unverbesserlicher Krakehler! Ich rette dir mit meiner Geistesüberlegenheet das Leben, und du wirfst mir als Dank dafür meinen ungeschliffenen Ziegelschteen an den Kopp! Een schöner Kerl, wer solche Mucken hat! Haste denn mal eenen Diamanten gefunden?«

»Nein.«

»So rede doch nich von solchen Dingen!«

»Hast denn du einen gefunden?«

»Ja. Der Moritzburger Glaser hatte den seinigen verloren, und ich hob ihn von der Gasse off. Ich war damals een junger Mensch und bekam für meine Ehrlichkeet een Geschenk, welches ungeheuern Wert hatte. Der Glaser war nämlich zugleich Krämer und schenkte mir eene thönerne Tabakspfeife für zwee Pfennige und een halbes Päckchen Kraustabak für eenen Dreier. Das is mir unvergeßlich geblieben, und du siehst also, daß ich gar wohl von Diamanten schprechen kann. Wenn du nich endlich mal offhörst, dich so an mir zu reiben, so kann es leicht so weit kommen, daß ich dir meine Freundschaft offsage, und dann wirschte ja sehen, ob du ohne mich durch die Welt zu kommen vermagst. Hier is doch weder die Zeit noch der Ort zu Zank und Schtreit. Wir schtehn alle vor unserm letzten Lebenslichte und haben die heilige Verpflichtung, eener dem andern mit Rat und That beizuschtehen anschtatt uns zu ärgern. Wenn wir in eener Schtunde abgemurxt werden sollen, warum wollen wir uns da jetzt noch die kostbare Gesundheet schädigen und uns durch Grobheeten das Leben verkürzen? Ich dächte, es wäre nu endlich gerade Zeit, Verschtand anzunehmen.«

»Das ist vollständig richtig,« stimmte Old Shatterhand bei. »Denken wir jetzt nur an die Kämpfe, welche uns bevorstehen. Jemmy wird wohl seine Sache machen; ich sehe es ihm an, daß ihm das Herz leicht geworden ist. Was aber wirst du anfangen, lieber Frank?«

»Lieber Frank!« wiederholte der Kleine. »Wie schön akustisch das klingt! Es is doch wirklich was ganz andres, wenn man mit gebildeten Gentlemännern verkehrt! Was ich anfangen werde? Nu, loofen werde ich, was denn andres?«

»Das weiß ich wohl, aber du wirst zurückbleiben!«

»Das weeß ich wohl!«

»Du brauchst drei Schritte, wenn er einen macht!«

»Leider Gottes!«

»Es fragt sich aber, welche Strecke ihr zu durchlaufen habt, und ob du aushältst. Wie steht es mit dem Atmen?«

»Ganz vorzüglich. Ich habe eene Lunge wie eene Hummel; ich summe und brumme den ganzen Tag, ohne daß mir die Luft ausgeht. Loofen kann ich schon. Das habe ich als königlich sächsischer Forschtgehilfe lernen müssen.«

»Aber mit so einem langbeinigen Indianer kannst du es nicht aufnehmen!«

»Hm! Das fragt sich noch!«

»Er heißt der »springende Hirsch«; also ist Schnelligkeit seine Haupteigenschaft.«

»Wie er heeßt, das is mir Wurscht, wenn ich nur eher als er ans Ziel gelange.«

»Das aber wirst du eben nicht.«

»Oho! Warum nich?«

»Ich sagte es ja schon, und du gabst es zu. Vergleiche deine Beine mit den seinigen!«

»Ach so, die Beene! Sie denken also, es kommt off die Beene an?«

»Natürlich! Auf was soll es denn bei einem Wettlaufe, bei welchem es sich gar um Tod und Leben handelt, ankommen?«

«Off die Beene, ja, ooch mit, aber die sind noch lange nich die Hauptsache. Merschtenteels hat‘s der Kopp zu entscheiden.«

»Der läuft doch nicht mit!«

»Freilich leeft er mit. Oder soll ich etwa meine Beene ganz alleene fortschpringen lassen und mit dem übrigen Korpus warten, bis sie wiederkommen? Das wäre eene gefährliche Geschichte. Wenn sie mich nich wiederfänden, könnte ich sitzen bleiben, bis mir neue gewachsen wären, und das soll nur bei den Krebsen geschehen. Nee, der Kopp muß mit, denn der hat die Hauptarbeit.«

»Ich begreife dich nicht!« rief Old Shatterhand aus, ganz erstaunt über die Ruhe des Kleinen.

»Ich ooch nich, wenigstens jetzt noch nich. In diesem Momente weeß ich nur, daß een eenziger guter Gedanke besser is als een ganzes Hundert Schritte oder Schprünge, die am Ziele vorüberführen.«

»So hast du einen Gedanken?«

»Noch nich. Aber ich denke, wenn ich dem Jemmy eenen guten Rat habe geben können, so werde ich mich doch nich selber im Schtiche lassen. Jetzt weeß ich doch noch gar nich, wo geloofen werden soll. Wenn das entschieden is, dann werde ich wohl sehen, wo und wie das Häkchen anzunageln is. Lassen Sie sich‘s nur um mich nicht bange werden! Es sagt mir eene innere Tenorschtimme, daß ich der Welt hier noch nich den Rücken kehre. Ich bin noch zu Großem geboren, und weltgeschichtliche Persönlichkeeten schterben niemals vor der Erfüllung ihrer Aufgabe und so abseits von den sanften Genüssen der Zivilisation.«

Jetzt kam der »große Wolf« wieder mit den andern Häuptlingen herbei, um die Weißen aufzufordern, sich mit an den See zu begeben. Dort wimmelte es bereits von Menschen jeden Alters und Geschlechts, denn es sollte da der Schwimmkampf entschieden werden.

Als sie am Ufer anlangten, sah Old Shatterhand, daß er nicht falsch vermutet hatte; es gab eine bedeutende Strömung. Der See hatte beinahe die Gestalt einer Ellipse. Oben, an der einen Schmalseite, trat das Bergwasser ein und strömte erst der linken Lang-, dann der unteren Schmalseite entlang dem Ausflusse zu, welcher sich auf der rechten Langseite und gar nicht weit von dem Einflusse befand. Diese Strömung folgte also fast zu drei Vierteilen der Uferstrecke. Wenn sie für Davy benutzt werden konnte, war dieser vielleicht gerettet.

Die Frauen, Mädchen und Knaben verbreiteten sich weit am Ufer hin. Die Krieger ließen sich an der unteren Schmalseite nieder, denn dort sollte der Kampf beginnen. Aller Augen waren auf die beiden Interessenten gerichtet. Der »rote Fisch« blickte stolz und selbstbewußt über das Wasser hin wie einer, welcher seiner Sache vollständig sicher ist. Auch Davy schien ruhig zu sein, aber er schluckte oft; sein Kehlkopf war in steter Bewegung. Wer ihn kannte, dem war das ein Zeichen innerer Erregung. Endlich wendete sich der »große Wolf« zu Old Shatterhand: »Denkst du, daß wir beginnen sollen?«

»Ja, aber wir kennen die näheren Bedingungen noch nicht,« antwortete der Gefragte.

»Die sollt ihr hören. Gerad hier vor mir steigen beide in das Wasser. Wenn ich mit einem Klatschen der Hände das Zeichen gebe, stoßen sie ab. Es wird einmal um den ganzen See geschwommen und die Schwimmer haben sich stets genau eine Manneslänge vom Ufer zu halten. Wer einbiegt, um den Weg zu kürzen, ist besiegt. Der, welcher zuerst hier ankommt, stößt den andern mit dem Messer nieder.«

»Gut! Aber nach welcher Seite schwimmen sie ab? Nach rechts oder links?«

»Links. Sie kehren dann von rechts her zurück.«

»Sollen sie nebeneinander schwimmen?«

»Natürlich!«

»Also mein Gefährte zur rechten und der »rote Fisch« zur linken Hand?«

»Nein, umgekehrt.«

»Warum?«

»Weil derjenige, welcher links schwimmt, dem Ufer näher ist und also den weitesten Weg zurückzulegen hat.«

»So ist es falsch und ungerecht, sie beide nach derselben Richtung gehen zu lassen. Du liebst nicht den Betrug und wirst zugeben, daß es richtiger ist, wenn sie nach verschiedenen Seiten abgehen. Der eine schwimmt von hier aus am rechten, der andre am linken Ufer hin; oben begegnen sie sich, und dann kehrt jeder am gegenseitigen Ufer zurück.«

»Du hast recht,« erklärte der Häuptling. »Aber welcher soll rechts, und welcher links?«

»Um auch hier gerecht zu sein, mag das Los entscheiden. Siehe, ich nehme hier zwei Grashalme auf, und die beiden Schwimmer wählen. Wer den längeren erhält, schwimmt nach links, wer den kürzeren, nach rechts.«

»Gut, so soll es sein. Howgh.«

Dieses letztere Wort wurde zu Davys Glück gesprochen, denn es zeigte an, daß an diesem Beschlusse nichts zu ändern sei. Old Shatterhand hatte zwei Halme gepflückt, aber so, daß sie von genau gleicher Länge waren. Er trat zuerst zu dem »roten Fisch« und ließ diesen wählen; dann gab er Davy seinen Halm, knipp aber einen Augenblick vorher ein kleines Stückchen davon ab. Die Halme wurden verglichen; Davy hatte den kürzeren und mußte also nach rechts. Sein Gegner zeigte sich darüber nicht im mindesten zornig; er schien jetzt noch gar keine Ahnung von dem Nachteile zu haben, in welchem er sich befand. Aber desto heller war Davys Gesicht geworden. Er musterte die Wasserfläche und raunte Old Shatterhand zu: »Ich weiß nicht, wie ich zu dem kleinen Halm gekommen bin; aber er rettet mich, denn ich hoffe, daß ich eher anlange. Die Strömung ist stark und wird ihm zu schaffen machen.«

Er warf seine Kleider ab und stellte sich in das hier seichte Wasser. Der »rote Fisch« that ebenso. Jetzt klatschte der Häuptling in die Hände – ein Sprung, beide befanden sich auf tieferer Stelle und ruderten auseinander, der Rote nach links und der Weiße längs des Ufers hin nach rechts. »Davy, halte dich schtramm!« rief der Hobble-Frank dem Freunde nach.

Zunächst war kein großer Unterschied zwischen beiden zu bemerken. Der Indianer strich langsam aber weit und kraftvoll aus wie einer, welcher im Wasser zu Hause ist. Er blickte nur vor sich hin und hütete sich, sich nach dem Weißen umzusehen, weil er damit, wenn auch nur einen einzigen Augenblick, Zeit verloren hätte. Davy schwamm unruhiger, unregelmäßiger. Er war kein geübter Schwimmer und mußte erst in den richtigen, taktmäßigen Ausstrich kommen. Als sich dieser nicht bald einstellen wollte, legte er sich auf den Rücken, und nun ging es besser. Die Strömung war hier nicht mehr bedeutend, aber sie half ihm doch so vorwärts, daß er gegen den Roten nicht zurückblieb. Sie befanden sich jetzt beide auf den Langseiten des Sees.

Nun aber begann der Indianer einzusehen, daß der schwierigere Teil ihm zugefallen sei. Er hatte die ganze Seite des Sees bis hinauf an die Mündung des Bergbaches zu durchschwimmen, und bei jedem Striche, den er vorwärts that, fühlte er, daß die Strömung stärker wurde. Noch nahm er seine Kräfte zu Rate, bald aber sah man, daß er sich anstrengen mußte. Er stieß so kräftig aus, daß er bei jedem Stoße bis zur halben Brust aus dem Wasser kam.

Drüben bei Davy wurde die Strömung immer schwächer, aber sie hatte eine ihm günstige Richtung. Dazu kam, daß er sich mehr und mehr in die notwendigen Bewegungen fand. Er arbeitete regelmäßiger und bedächtiger. Er beobachtete den Erfolg jedes Stoßes und lernte schnell die falschen Bewegungen kennen. Darum verdoppelte sich seine Schnelligkeit, und bald war er dem Roten voraus, was diesen veranlaßte, seine Kräfte noch mehr anzustrengen, anstatt dieselben für die Überwindung der späteren, größeren Schwierigkeiten aufzusparen.

Jetzt näherte sich Davy dem Ausflusse. Die Strömung wurde stärker; sie wollte ihn ergreifen und mit sich fort aus der Bahn, aus dem See reißen. Er kämpfte schwer und kam gegen den Roten wieder zurück. Das war der Augenblick, auf welchen alles ankam.

Seine Gefährten standen am Ufer und sahen ihm in größter Spannung zu. »Der Rote holt ihn wieder ein,« sagte Jemmy in ängstlichem Tone. »Er wird verlieren.«

»Wenn er sich nur noch drei Ellen weiter arbeitet,« antwortete Old Shatterhand, »so hat er die Abströmung überwunden und ist gerettet.«

»Ja, ja,« stimmte Frank bei. »Er scheint das einzusehen. Wie er schtößt und schtampft! Da, recht so, er kommt vorwärts; er is drüber weg. Halleluja, vivat hoch!«

Es war dem Langen gelungen, den Widerstand zu besiegen, und er kam nun in ruhiges Wasser. Bald hatte er die rechte Langseite hinter sich, während der Rote seine linke noch nicht zurückgelegt hatte, und bog nun auf der Schmalseite nach dem Bacheinflusse ein.

Der Rote sah das und arbeitete wie wahnsinnig, um sein Leben zu retten; aber jeder, auch der kräftigste Stoß, brachte ihn kaum eine Elle vorwärts, während Davy das doppelte Resultat erzielte. Jetzt erreichte der letztere die Einflußstelle. Die Wasser des Baches faßten ihn und rissen ihn mit sich fort. Er hatte noch das dritte Drittel seines Weges zurückzulegen, während der Indianer noch kaum sein erstes überwunden hatte. Beide schossen aneinander vorüber.

»Hurra!« konnte Davy sich nicht enthalten zu schreien. Der Rote antwortete durch ein weithin hörbares wütendes Gebrüll.

Jetzt war es für Davy keine Anstrengung mehr, sondern eine Lust, zu schwimmen. Er brauchte nur leise zu rudern, um sich in der vorgeschriebenen Richtung zu halten. Nach und nach, je schwächer die Strömung wurde, mußte er wieder mehr Kraft anwenden, aber es ging so leicht, und es war ihm, als ob er all sein Leben lang nur immer geschwommen habe. Er erreichte die bestimmte Stelle des Ufers und stieg an das Land. Als er sich umdrehte, sah er, daß der Rote soeben den Ausfluß erreicht hatte und dort abermals mit der Strömung rang.

Ein kurzes, aber markerschütterndes Geheul der Roten erscholl; sie sagten damit, daß der »rote Fisch« verloren habe und dem Tode geweiht sei. Davy aber fuhr eiligst zunächst in seine Kleider und dann auf seine Gefährten los, um sie, wie zu einem zurückgeschenkten Leben erwacht, zu begrüßen. »Wer hätte das gedacht!« sagte er, indem er Old Shatterhand die Hände schüttelte. »Ich habe den besten Schwimmer der Utahs besiegt!«

»Durch einen Grashalm!« antwortete der Jäger lächelnd.

»Wie haben Sie es angefangen?«

»Später davon. Es war eine kleine Künstelei, die aber kein Betrug zu nennen ist, da es die Rettung deines Lebens galt, ohne daß die Roten einen Schaden davon haben.«

»So is es!« stimmte Frank bei, welcher unendlich glücklich über den Sieg seines Freundes war. »Dein Leben hat nich mal an eenem Schtroh-, sondern gar nur an eenem Grashalme gehangen. So is es ooch beim Wettloofen. Die Beene alleene thun es noch lange nich. Wer weeß, welcher Halm mir meine Rettung bringt. Ja, in den Beenen muß man‘s ooch en bißchen haben, aber im Koppe noch viel mehr. Da schaut, hier kommt der Unglücksfisch!«

Der Indianer kam jetzt von rechts herbei, über fünf Minuten nach dem Weißen. Er stieg an das Land und setzte sich dort nieder, das Gesicht nach dem Wasser gewendet. Keiner der Roten blickte zu ihm hin; keiner bewegte sich; sie warteten, daß Davy dem Besiegten den Todesstoß gebe.

Da kam eine Squaw herbei, an jeder Hand ein Kind führend. Sie trat zu ihm. Er zog das eine Kind rechts, das andre links an sich, schob sie dann leise von sich, gab seinem Weibe die Hand und winkte ihr, sich zu entfernen. Dann suchte er mit dem Auge nach Davy und rief ihm zu: »Nani witsch, ne pokai – dein Messer, töte mich!«

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30 ağustos 2016
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