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Kitabı oku: «Der Schatz im Silbersee», sayfa 30

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»Ich kann es mir denken,« antwortete der Jäger. »Wir sollen während des Kampfes angebunden sein.«

»Du hast richtig geraten. Das eine Ende des Lassos hängt an dem Pfahle; das andre bekommen wir um den Leib gebunden.«

»Warum?«

»Damit wir uns nur in diesem engen Kreise bewegen und einander nicht entfliehen können.«

»Was mich betrifft, so ist diese Maßregel überflüssig, denn es wird mir nicht einfallen, vor dir davonzulaufen. Ich kenne den eigentlichen Grund. Du traust mir mehr Schnelligkeit und Gewandtheit als Stärke zu, und willst mich durch diese Fessel verhindern, diese Überlegenheit in Anwendung zu bringen. Sei es; es ist mir sehr gleichgültig! Mit welchen Waffen kämpfen wir?«

»Es bekommt jeder ein Messer in die linke und einen Tomahawk in die rechte Hand. Damit wird gekämpft, bis einer von uns beiden tot ist.«

Es war klar, daß der Häuptling diese Kampfesweise gewählt hatte, weil er glaubte, dem Weißen in derselben überlegen zu sein. Doch erklärte dieser sehr ruhig: »Ich bin einverstanden.«

»Einverstanden? Mit deinem Tode? Es ist gewiß, daß ich dich besiege.«

»Warten wir es ab!«

»Prüfe erst einmal deine Kraft, und versuche, ob du mir das nachmachen kannst!«

Er trat zu einem der schweren Steine und hob ihn empor. Er besaß eine ungeheure Körperkraft, und es war sicher, daß keiner seiner Roten es ihm hätte nachmachen können. Old Shatterhand bückte sich nieder, um denselben Stein aufzuheben, brachte ihn aber trotz aller scheinbaren Anstrengung nicht drei Zoll hoch empor. Ein befriedigtes »Uff!« erklang im Kreise der Indianer. Der kleine Sachse aber sagte zu dem dicken Jemmy: »Er verschtellt sich nur, um den Häuptling sicher zu machen. Ich weeß ganz genau, daß er diesen Schteen bis über den Kopf heben und ooch noch zehn Schritte weit fortschleudern kann. Warten wir es nur ab, bis es zur Perplexion kommt. Da wird der Rote sein blaues Wunder sehen.«

Dieser letztere hegte aber die entgegengesetzte Ansicht. Er hatte den Weißen mit seiner Kraftprobe mutlos machen wollen und war überzeugt, daß ihm dies gelungen sei. Darum sagte er im Tone der Nachsicht: »Du siehst, was du zu erwarten hast. Die Bleichgesichter pflegen zu beten, wenn sie vor dem sicheren Tode stehen. Ich erlaube dir, zu deinem Manitou zu sprechen, bevor der Kampf beginnt.«

»Das ist nicht nötig,« antwortete Old Shatterhand. »Ich werde erst dann mit ihm sprechen, wenn meine Seele zu ihm kommt. Du bist ein starker Mann, und ich hoffe, daß du dich in diesem Kampfe nur auf dich allein verlässest!«

»Das werde ich thun. Wer sollte mir helfen?«

»Deine Krieger. Wie es scheint, halten sie es doch für möglich, daß du von mir besiegt wirst. Warum haben sie sich bewaffnet, als ob es in den Streit gehen solle?«

»Sind etwa deine Gefährten unbewaffnet?«

»Nein. Aber wir werden alle unsre Waffen nach unserm Zelte schaffen. Das ist bei den Bleichgesichtern so Gebrauch. Der Stolz eines tapfern weißen Kriegers duldet es nicht, daß durch irgend einen Umstand der Anschein der Hinterlist erregt wird. Soll ich glauben, daß auch du ein Tapferer bist?«

»Willst du mich beleidigen?« rief der Rote zornig. »Ich brauche nicht den Beistand eines andern. Meine Krieger sollen alle ihre Waffen in die Zelte tragen, wenn die deinigen dies ebenso thun.«

»Gut! Du wirst sehen. daß wir es sogleich thun. Ich werde nur mein Messer behalten.«

Er übergab seine Gewehre dem Hobble-Frank, und Jemmy und Davy thaten desgleichen. Dabei sagte er dem Kleinen in deutscher Sprache: »Du trägst das alles scheinbar in das Zelt, schiebst es aber, wenn niemand dich beobachtet, unter der hintern Seite desselben ins Freie hinaus. Du kehrst nicht zurück. Man wird nur Aufmerksamkeit für den Kampf haben und gar nicht auf dich achten. Du kriechst hinten aus dem Zelte und machst unsre Tiere, welche sich dort befinden, reisefertig.«

»Was hast du mit diesem Manne zu sprechen?« fuhr ihn der Häuptling an. »Warum redest du mit ihm in einer Sprache, welche wir nicht verstehen?«

»Weil das die einzige Sprache ist, in welcher er bewandert ist.«

»Was hast du ihm gesagt?«

»Daß er diese Gegenstände in unser Zelt tragen und dort bewachen soll.«

»Warum bewachen? Meinst du, daß wir euch bestehlen werden?«

»Nein; aber ich kann mein Zaubergewehr nicht allein lassen, da sonst sehr leicht ein Unglück geschehen könnte. Du weißt ja, daß es losgeht und die roten Männer trifft, sobald ein andrer es berührt.«

»Ja, das habe ich gesehen. Laß es also jetzt noch bewachen. Wenn ich dich getötet habe, werde ich es tief vergraben oder in den See werfen lassen, um es unschädlich zu machen.«

Auf das Geheiß des Häuptlings legten alle Indianer ihre Waffen ab und übergaben sie den Frauen, welche sie in die Zelte bringen sollten. Auch der Hobble-Frank entfernte sich. Der Häuptling legte seine Oberkleider ab, um nicht durch dieselben gehindert zu sein. Old Shatterhand folgte diesem Beispiele nicht. Falls er siegte, hätte das Ankleiden eine Zeitversäumnis zur Folge gehabt, welche sehr leicht verhängnisvoll werden konnte. Die Frauen kehrten sehr eilig zurück, um sich ja nichts entgehen zu lassen. Aller Augen waren nach dem Innern des Kreises gerichtet, und niemand dachte an den kleinen Sachsen.

»Jetzt hast du deinen Willen gehabt,« sagte der »große Wolf«. »Soll es beginnen?«

»Vorher noch eine Frage. Was wird mit meinen Gefährten werden, wenn Du mich tötest?«

»Sie werden unsre Gefangenen sein.«

»Aber sie haben sich doch frei gekämpft und können also gehen, wohin es ihnen beliebt.«

»Das werden sie. Vorher aber sollen sie als Geiseln bei uns bleiben.«

»Das ist gegen die Verabredung; aber ich halte es für unnötig, ein Wort darüber zu verlieren. Und was geschieht ferner in dem Falle, daß ich dich töte?«

»Dieser Fall tritt nicht ein!« rief der Rote stolz.

»Wir müssen ihn aber doch als eine Möglichkeit setzen.«

»Nun gut! Besiegst du mich, so seid ihr frei.«

»Und niemand wird uns zurückhalten?«

»Kein Mensch!«

»So bin ich befriedigt, und wir können anfangen.«

»Ja, beginnen wir. Lassen wir uns anbinden. Hier hast du einen Tomahawk.«

Es waren zwei Kriegsbeile zurückbehalten worden. Der Häuptling, welcher natürlich auch mit seinem Messer versehen war, nahm eins dieser Beile und überreichte es Old Shatterhand. Dieser nahm und betrachtete es und schleuderte es dann in einem hohen, weiten Bogen über den Kreis hinaus.

»Was thust du?« fragte der Häuptling erstaunt.

»Ich werfe den Tomahawk weg, weil er nichts taugt. Der deinige ist, wie ich sehe, von vorzüglicher Arbeit; der andre aber wäre mir gleich beim ersten Hiebe in der Hand zersprungen.«

»Meinst du, daß ich ihn dir aus Hinterlist gegeben habe?«

»Ich meine, daß er mir mehr geschadet als genützt hätte, weiter nichts!«

Er wußte freilich recht gut, daß man ihm in voller Absicht eine so schlechte Waffe gegeben hatte. Man sah trotz der dicken Farbe, welche das Gesicht des Häuptlings bedeckte, daß er dasselbe in höhnische Falten zog, als er nun bemerkte: »Es war dir erlaubt, das Beil wegzuwerfen; aber du wirst kein andres dafür erhalten.«

»Ist auch nicht nötig. Ich werde nur mit meinem Messer kämpfen, von welchem ich weiß, daß ich mich auf dasselbe verlassen kann.«

»Uff! Bist du bei Sinnen! Der erste Hieb meines Tomahawk wird dich töten. Ich habe ihn und mein Messer, und du bist nicht so stark wie ich.«

»So hast du vorhin meinen Scherz für Ernst genommen. Ich wollte dich nicht einschüchtern. Nun aber magst du beurteilen, wer von uns beiden der stärkere ist.«

Er bückte sich zu einem Steine nieder, welcher weit schwerer war als derjenige, den der »große Wolf« gehoben hatte, zog ihn erst bis zur Höhe des Gürtels auf, schwang ihn dann über den Kopf empor, hielt ihn dort eine Weile still und schleuderte ihn nachher von sich, so daß er in einer Entfernung von neun oder zehn Schritten liegen blieb.

»Mach es nach!« rief er dem Roten zu.

»Uff, uff, uff!« ertönte es im Kreise. Der Häuptling antwortete nicht sogleich. Er blickte von dem Jäger auf den Stein und von diesem wieder zu dem ersteren zurück; er war mehr als überrascht und ließ erst nach einer Weile seine Stimme hören: »Meinst du, daß du mich zum Fürchten bringst? Denke das ja nicht! Ich werde dich töten und dir den Skalp nehmen, und wenn der Kampf bis zum heutigen Abende währen sollte!«

»Er wird nicht so lange dauern, sondern in wenigen Minuten beendet sein,« antwortete Old Shatterhand lächelnd. »Also meinen Skalp willst du mir nehmen?«

»Ja, denn die Kopfhaut des Besiegten gehört dem Sieger. Bindet uns an!«

Dieser Befehl wurde an zwei bereit stehende Rote gerichtet, welche dem Häuptlinge und Old Shatterhand die Lassos um die Hüften banden und dann zurücktraten. Auf diese Weise an den Pfahl befestigt, konnten sich die beiden nun nur innerhalb eines Kreises bewegen, dessen Halbmesser die Länge des noch freien Lassoteiles betrug. Sie standen so, daß die beiden Lassos eine gerade Linie, also den Durchmesser bildeten, der eine mit dem Gesichte dem Rücken des andern zugekehrt. Der Rote hatte den Tomahawk in der rechten und das Messer in der linken, Old Shatterhand nur das Messer in der rechten Faust.

Der »große Wolf« hatte sich den Kampf wohl in der Weise gedacht, daß einer den andern im Kreise herumtreiben und so nahe an ihn zu kommen versuchen werde, daß die Möglichkeit eines sichern Hiebes oder Stiches gegeben sei. Er hatte wohl einsehen müssen, daß er seinem Gegner an Stärke nicht überlegen sei; aber die Waffen waren ungleich, und er hegte die vollständige Überzeugung, daß er siegen werde, zumal nach seiner Ansicht der Weiße das Messer ganz falsch gefaßt hielt. Old Shatterhand hatte das Messer nämlich so in der Hand, daß die Klinge nicht ab-, sondern aufwärts gerichtet war; es war ihm also unmöglich, einen Stich von oben herab auszuführen. Der Rote lachte im stillen darüber und nahm seinen Gegner scharf in das Auge, damit ihm keine Bewegung desselben entgehen könne. Auch der Weiße hielt den Blick fest auf ihn gerichtet. Er hatte keineswegs die Absicht, sich im Kreise umherjagen zu lassen; er wollte nicht angreifen, sondern den Angriff erwarten, und dieser Zusammenstoß sollte sofort entscheiden. Es kam ganz nur darauf an, in welcher Weise der »große Wolf« sich seines Tomahawks bedienen werde; gebrauchte er ihn in fester Hand, so war nichts zu befürchten; wendete er ihn aber schleudernd, also im Wurfe an, so galt es, die größte Aufmerksamkeit und Vorsicht zu entwickeln. Die beiden standen nicht so weit entfernt voneinander, daß es leicht war, einem solchen Wurfe auszuweichen.

Glücklicherweise dachte der Häuptling gar nicht daran, das Beil zu werfen. Wenn er nicht traf, so war es aus seiner Hand, und er konnte es nicht wieder bekommen.

So standen sie fünf Minuten, zehn Minuten, und keiner bewegte sich vorwärts. Schon ließen die roten Zuschauer Ausrufe der Anfeuerung oder gar Mißbilligung hören. Der »rote Wolf« forderte seinen Gegner höhnisch auf, zu beginnen; er rief ihm Beleidigungen zu. Old Shatterhand sagte nichts; seine Antwort bestand darin, daß er sich niedersetzte und eine so ruhige und unbefangene Haltung annahm, als ob er sich in der friedlichsten Gesellschaft befinde. Aber seine Muskeln und Sehnen waren bereit, sofort in die schnellste und kräftigste Aktion zu treten.

Der Häuptling nahm dieses Verhalten als einen Ausdruck der Geringschätzung, also als Beleidigung auf, während es doch nichts als eine Kriegslist war, welche ihn zur Unvorsichtigkeit reizen sollte. Sie erreichte diesen Zweck vollständig. Er glaubte, mit einem sitzenden Feind leichter fertig werden zu können und diesen Umstand schnell benutzen zu müssen. Einen lauten Kriegsruf ausstoßend, sprang er auf Old Shatterhand ein, den Tomahawk zum tödlichen Hiebe erhoben. Schon glaubten die Roten, diesen Hieb sitzen zu sehen; schon öffneten sich viele Lippen zum Jubelgeschrei, da schnellte der Weiße seitwärts empor – das mit Absicht verkehrt gehaltene Messer that seine Schuldigkeit; der Hieb ging fehl; die niedersausende Faust fuhr in die blitzschnell emporgehaltene Klinge, so daß sie das Kriegsbeil fallen ließ; ein rascher Hieb Old Shatterhands gegen den linken Arm des Roten, und diesem flog auch das Messer aus der Hand, und dann schlug der Weiße seinem Gegner mit einem fast unsichtbar schnellen Hiebe den harten Griff des Bowiemessers mit solcher Kraft auf die Gegend des Herzens, daß der Rote wie ein Sack zur Erde flog und dort liegen blieb. Old Shatterhand erhob das Messer und rief: »Wer ist der Sieger?«

Keine Stimme antwortete. Selbst diejenigen, welche es für möglich gehalten hatten, daß ihr Häuptling unterliegen könne, hatten nicht geglaubt, daß es so schnell und in dieser Weise geschehen könne. Die Leute standen wie erstarrt.

»Er selbst hat gesagt, daß der Skalp des Besiegten dem Sieger gehöre,« fuhr Old Shatterhand fort. »Sein Schopf ist also mein Eigentum; aber ich will ihn nicht haben. Ich bin ein Christ und ein Freund der roten Männer und schenke ihm das Leben. Vielleicht habe ich ihm eine Rippe eingeschlagen; aber tot ist er nicht. Meine roten Brüder mögen ihn untersuchen; ich aber gehe nach meinem Zelte.«

Er band sich los und ging. Niemand hinderte ihn daran, und niemand hinderte auch Davy und Jemmy, ihm zu folgen. Jeder wollte sich zunächst überzeugen, wie es mit dem »großen Wolfe« stehe, und darum drängten alle zu ihm hin. Infolgedessen erreichten die Jäger ganz unbeachtet ihr Zelt. Hinter demselben lagen ihre Waffen, und da stand auch der Hobble-Frank mit den Pferden.

»Schnell aufsteigen und fort!« sagte Old Shatterhand. »Reden können wir später.«

Sie schwangen sich auf und ritten davon, erst langsam und hinter den Zelten und Hütten Deckung suchend. Dann aber wurden sie von den Wachen bemerkt, welche auch jetzt am Tage außerhalb des Lagers Wache standen. Diese stießen das Kriegsgeheul aus und schossen nach ihnen. Darum gaben die Weißen ihren Pferden die Sporen, um sie in Galopp zu setzen. Sich umschauend, sahen sie, daß das Rufen und Schießen der Wächter die andern aufmerksam gemacht hatte. Die Roten quollen förmlich zwischen den Zelten hervor und sandten den Entkommenen ein satanisches Geheul nach, welches von dem Echo der Berge vielfach zurückgeworfen wurde.

Die Jäger galoppierten in gerader Richtung über die Ebene nach der Stelle zu, in welcher sich das Bergwasser in den See stürzte. Old Shatterhand kannte die Gegend gut genug, um zu wissen, daß das Thal dieses Baches das schnellste Entkommen biete. Er war überzeugt, daß die Utahs sofort zur Verfolgung aufbrechen würden, und mußte sich also einer Gegend zuwenden, in welcher es den Roten möglichst schwer wurde, sich auf der Fährte zu halten.

Dreizehntes Kapitel. Edelmut Old Shatterhands

Es war an demselben Morgen, als an dem Bache, welchem gestern abend die Utahs mit ihren Gefangenen gefolgt waren, ein Reitertrupp aufwärts ritt. An der Spitze desselben befand sich Old Firehand mit der Tante Droll. Hinter ihnen ritten Humply-Bill und der Gunstick-Uncle mit den englischen Lord; kurz, es waren die Weißen alle, welche das bereits erzählte Abenteuer am Eagle-tail erlebt hatten und dann nach den Bergen aufgebrochen waren, um nach dem Silbersee zu gelangen. In Denver war Butler, der Ingenieur, mit Ellen, seiner Tochter, zu ihnen gestoßen. Er hatte sich von der Farm seines Bruders direkt dorthin begeben, da es nicht seine Absicht hätte sein können, sein Kind den Gefahren eines abermaligen Zusammentreffens mit den Tramps auszusetzen. Das Mädchen, welches sich auf keinen Fall von dem Vater hatte trennen mögen und ihm zuliebe mit in die Wildnis ging, saß in einer Art von Sänfte, welche von zwei kleinen, aber ausdauernden indianischen Ponies getragen wurde.

Winnetou war jetzt nicht zu sehen, da er als Kundschafter, wozu er sich außerordentlich eignete, voranritt. Zufälligerweise hatte der Weg, welcher von ihm und Old Firehand vorgezeichnet worden war, den Trupp nach dem Walde und über die Blöße geführt, auf welcher Old Shatterhand und seine Begleiter mit den Utahs zusammengetroffen waren. Die beiden Anführer waren erfahren und scharfsinnig genug, die Spuren lesen zu können; sie hatten gesehen, daß Weiße von den Indianern gefangen genommen worden seien, und waren sofort bereit gewesen, der Fährte zu folgen, um vielleicht Hilfe zu bringen.

Sie ahnten nicht, daß von den Utahs das Kriegsbeil ausgegraben worden sei. Sowohl Winnetou als auch Old Firehand wußten sich mit diesem Stamme in tiefstem Frieden, und beide waren überzeugt, bei demselben eine freundliche Aufnahme zu finden und ein gutes Wort für die gefangenen Weißen einlegen zu dürfen.

Wo die Roten ihr Lager aufgeschlagen hatten, wußten sie nicht genau; aber sie kannten den See, und da die Umgebung desselben sich prächtig zum Kampieren eignete, so glaubten sie, die Utahs dort zu finden. Trotz der vorausgesetzten freundlichen Gesinnung wäre es ganz und gar gegen den Gebrauch des Westens gewesen, sich ihnen zu zeigen, ohne sie vorher beobachtet zu haben. Darum war Winnetou vorangeritten, um zu rekognoszieren. Eben als der Trupp die Stelle, an welcher die Ufer des Baches auseinander traten, um die Ebene zu bilden, erreicht hatte, kehrte der Apache zurück. Er kam im Galopp geritten und winkte schon von weitem, daß man anhalten solle. Das war kein gutes Zeichen, und darum fragte Old Firehand, als Winnetou vollends herangekommen war: »Mein Bruder will uns warnen. Hat er die Utahs gesehen?«

»Ich sah sie und ihr Lager.«

»Und Winnetou durfte sich ihnen nicht zeigen?«

»Nein, denn sie haben das Beil des Krieges ausgegraben.«

»Woran war das zu erkennen?«

»Aus den Farben, mit denen sie sich bemalt hatten, und auch daraus, daß ihrer so viele beisammen sind. Die roten Krieger vereinigen sich zu so vielen nur im Kriege und zur Zeit der großen Jagden. Da wir uns nicht in der Jahreszeit der Büffelzüge befinden, kann es nur das Schlachtbeil sein, um welches sich so viele geschart haben.«

»Wie groß ist ihre Zahl?«

»Winnetou konnte das nicht genau sehen. Es standen wohl dreihundert am See, und in den Zelten werden sich wohl auch welche befunden haben.«

»Am See? So viele? Was hat es da gegeben? Vielleicht ein großes Fischtreiben?«

»Nein. Beim Treiben der Fische bewegen die Menschen sich vorwärts; diese aber standen still und blickten ruhig in das Wasser.«

»Alle Teufel! Sollte das etwa eine Exekution bedeuten? Sollte man die Weißen in das Wasser geworfen haben, um sie zu ertränken?«

Diese Vermutung Old Firehands bewegte sich auf nicht ganz falscher Fährte, denn der Apache hatte die Utahs in dem Augenblicke beobachtet, in welchem das Wettschwimmen begonnen hatte. Winnetou antwortete mit solcher Zuversicht, als ob er mit am See gestanden und alles beobachtet hätte: »Nein, man will sie nicht ertränken; aber es gilt ein Schwimmen um das Leben.«

»Hast du Grund, das zu vermuten?«

»Ja. Winnetou kennt die Gebräuche seiner roten Brüder, und Old Firehand ist mit denselben auch so gut bekannt, daß er mir beistimmen wird. Die Utahs tragen die Kriegsfarben und betrachten die bei ihnen befindlichen Weißen also als Feinde. Dieselben sollen getötet werden. Aber der rote Mann läßt seinen Feind nicht schnell sterben, sondern er martert ihn langsam zu Tode; er wirft ihn nicht in das Wasser, um ihn rasch zu ertränken, sondern er gibt ihm einen überlegenen Gegner, mit welchem er um das Leben schwimmen muß. Da der Gegner stets besser schwimmt als das Bleichgesicht, so ist der Weiße unbedingt verloren. Man läßt ihn schwimmen, nur um sein Sterben, seine Todesangst zu verlängern.«

»Das ist richtig, und ich bin also ganz deiner Ansicht. Wir haben die Spuren von erst vier und dann zwei Weißen gezählt; das sind sechs. Man wird sie nicht alle schwimmen lassen, sondern jeden auf eine andre Art um sein Leben kämpfen lassen. Wir müssen uns beeilen, sie zu retten.«

»Wenn mein weißer Bruder das thut, so wird er sich nur beeilen, selbst zu sterben.«

»Nun, das muß gewagt werden. Ich baue darauf, daß ich mich gegen die Utahs niemals feindlich gezeigt habe.«

»Darauf darfst du dich nicht verlassen. Haben sie das Kriegsbeil gegen die Weißen ausgegraben, so behandeln sie ihren besten Freund als Feind, wenn er ein Bleichgesicht ist; sie würden auch deiner nicht schonen.«

»Aber die Häuptlinge würden mich schützen!«

»Nein. Der Utah ist nicht treu und aufrichtig, und kein Häuptling dieses Volkes hat auf seine Krieger den Einfluß, welcher dich zu retten vermöchte. Wir dürfen uns nicht zeigen.«

»Aber du darfst doch zu ihnen gehen!«

»Nein, denn ich weiß nicht, ob sie das Beil nicht auch gegen andre rote Nationen geschliffen haben.«

»Dann sind diese sechs Weißen aber doch rettungslos verloren!«

»Mein Bruder mag das nicht glauben. Ich habe zwei Gründe, welche dagegen sprechen.«

»Nun, erstens?«

»Erstens habe ich bereits gesagt, daß die Gefangenen der roten Männer nur langsam sterben dürfen; es ist aber noch früh am Morgen, und wir haben also noch Zeit, das Lager zu beobachten. Vielleicht erfahren wir mehr, als wir jetzt wissen, und dann können wir leichter einen Entschluß fassen.«

»Und zweitens?«

Der Apache machte ein äußerst pfiffiges Gesicht, als er antwortete: »Es befindet sich bei den Bleichgesichtern ein Mann, welcher sich und die Seinigen nicht so leicht töten läßt.«

»Wer?«

»Old Shatterhand.«

»Was!« fuhr der Jäger auf. »Old Shatterhand, mit welchem du droben am Silbersee zusammentreffen willst? Sollte er wirklich schon hier sein?«

»Old Shatterhand ist so pünktlich wie die Sonne oder ein Stern am Himmel.«

»Hast du ihn gesehen?«

»Nein.«

»Wie willst du da behaupten, daß er sich hier befindet!«

»Ich weiß es bereits seit gestern.«

»Ohne es mir zu sagen?«

»Schweigen ist oft besser als sprechen. Hätte ich gestern gesagt, wessen Gewehr auf der Blöße gesprochen hat, so würdet Ihr nicht ruhig geblieben sein, sondern viel schneller vorwärts gedrängt haben.«

»Sein Gewehr hat gesprochen? Woher weißt du das?«

»Als wir den Waldessaum und das Gras der Lichtung absuchten, fand ich ein Bäumchen mit Kugellöchern. Die Kugeln stammen aus Old Shatterhands Wunderbüchse; ich weiß das genau. Er hat die roten Männer erschrecken wollen, und sie fürchten sich nun vor seinem Gewehre.«

»Hättest du mir das Bäumchen gezeigt! Hm! Wenn Old Shatterhand sich unter diesen Weißen befindet, so braucht uns allerdings nicht allzu bange zu sein. Ich kenne ihn; ich weiß, was er leistet, und welchen Respekt die Indianer für ihn hegen. Was sollen wir thun? Was schlägst du uns vor?«

»Meine Freunde werden mir jetzt folgen und dabei einzeln hintereinander reiten, damit die Utahs, wenn sie ja auf unsre Fährte treffen sollten, nicht zählen können, wieviel Personen wir sind. Howgh!«

Er wendete sein Pferd nach rechts und ritt weiter, ohne zu fragen, ob Old Firehand ihm beistimme, und ohne sich umzuschauen, ob man ihm folge.

Die Ufer des Baches waren, wie schon gesagt, auseinander getreten, um als erst niedriger und dann immer mehr ansteigender Höhenzug die Ebene des Sees einzusäumen. Die Ebene war baumlos, aber die Höhen standen voller Wald, welcher bis zum Fuße derselben herniederstieg und dann einen lichten Saum von Büschen bildete. Hinter diesen Büschen und unter den Bäumen Schutz und Deckung suchend, folgte Winnetou der Höhe rechts, welche die nördliche Seite der Ebene begrenzte und dann im Westen an jenen Bergstock stieß, dessen Wasser den See speiste.

Auf diese Weise umritten die Weißen die Ebene von dem östlichen bis zu dem westlichen Punkte derselben, wo sie an den Bach gelangten und, einige hundert Schritte vom See entfernt, sich unter Bäumen befanden, zwischen denen hindurch sie auf das Lager sehen konnten. Dort stiegen sie ab. Doch banden sie ihre Pferde nicht an; es behielt vielmehr ein jeder die Zügel des seinigen in der Hand, und Winnetou verschwand, um die Umgebung abzusuchen. Er kehrte sehr bald zurück und meldete, daß er nichts Verdächtiges gefunden habe. Es war kein Utah heute an diesen Ort gekommen. Nun erst band man die Pferde an und lagerte sich in das weiche Moos. Der Platz war wie dazu gemacht, das Lager heimlich und dabei mit aller Gemütlichkeit zu beobachten.

Man sah die Utahs vor demselben stehen nach Süden hin. Dann erblickte man zwei Männer, welche sich von dem Haufen trennten und aus Leibeskräften südwärts rannten. Old Firehand nahm sein Fernrohr vor das Auge, sah hindurch und rief: »Ein Wettlauf zwischen einem Roten und einem Weißen! Der Rote ist schon weit voran und wird siegen. Der Weiße ist ein sehr kleiner Kerl.«

Er gab dem Apachen das Rohr. Kaum hatte dieser den kleinen Weißen vor das Glas bekommen, so fuhr er auf: »Uff! Das ist der Hobble-Frank! Dieser kleine Held muß um sein Leben laufen und kann den Roten unmöglich überholen.«

»Der Hobble-Frank, von dem du uns erzählt hast?« fragte Old Firehand. »Wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen; wir müssen einen Entschluß fassen!«

»Jetzt noch nicht,« meinte der Apache. »Noch hat es keine Gefahr. Old Shatterhand ist ja bei ihm.«

Die Bäume standen so, daß man nicht das ganze Terrain des Wettlaufes zu übersehen vermochte. Die beiden Läufer waren rechts verschwunden; man erwartete ihre Rückkehr und war natürlich überzeugt, daß der Rote zuerst erscheinen werde. Wie erstaunte man aber, als an Stelle dessen der Kleine erschien, ganz gemächlich gehend, als ob es sich um einen Spaziergang handle.

»Der Frank zuerst!« rief Old Firehand. »Wie ist das möglich!«

»Durch List,« antwortete Winnetou. »Er hat gesiegt, und wir werden es erfahren, wie er es angefangen hat. Hört ihr, wie die Utahs zornig schreien! Sie entfernen sich; sie kehren in das Lager zurück. Und seht, dort stehen vier Bleichgesichter; ich kenne sie.«

»Ich auch,« rief Droll. »Old Shatterhand, der lange Davy, der dicke Jemmy und dieser kleine Hobble-Frank.«

Diese Namen erregten allgemeines Aufsehen. Einige kannten einen oder mehrere der Genannten persönlich; die andern hatten genugsam von ihnen gehört, um ihnen das größte Interesse zu widmen. Die Bemerkungen flogen hin und her, bis Winnetou zu Old Firehand sagte: »Sieht mein Bruder jetzt, daß ich recht hatte? Unsre Freunde haben ihre Waffen noch; es kann also nicht gefährlich um sie stehen.«

»Einstweilen noch, ja; aber wie bald kann sich das ändern. Ich schlage vor, ganz offen hinzureiten.«

»Will mein Bruder hin, so mag er es thun; ich aber bleibe hier,« antwortete der Apache in sehr bestimmtem Tone. »Old Shatterhand kennt die Verhältnisse und weiß, was er thut; wir aber kennen sie nicht und würden ihn vielleicht in der Ausführung seines Planes stören. Bleibt hier, ich werde so weit wie möglich vordringen, um zu erfahren, was geschieht.«

Er behielt das Fernrohr in der Hand und verschwand zwischen den Bäumen. Es verging eine lange halbe Stunde; da kehrte er zurück und meldete: »Es gibt mitten im Lager einen Zweikampf. Die Utahs stehen so eng beisammen, daß ich die Kämpfenden nicht sehen konnte; aber den Hobble-Frank sah ich. Er zog die Pferde heimlich und vorsichtig hinter das Zelt und gab ihnen die Decken. Die Weißen wollen fort.«

»Und heimlich? Also fliehen?« fragte Old Firehand. »So postieren wir uns hier an den Weg und nehmen sie auf oder gehen ihnen gar entgegen.«

»Keins von beiden,« entgegnete der Apache kopfschüttelnd.

»Meine Ansichten scheinen heute bei meinem roten Bruder stets auf Widerspruch zu stoßen!«

»Old Firehand mag nicht zürnen, sondern nachdenken. Was werden die Roten thun, wenn die Weißen fliehen?«

»Sie werden dieselben verfolgen.«

»Wenn man vier oder sechs Männer verfolgt, wie viele Krieger braucht man dazu?«

»Nun, zwanzig bis dreißig.«

»Gut! Diese werden wir sehr leicht besiegen. Wenn wir uns aber den Utahs zeigen, wird der ganze Stamm hinter uns her sein, und dann muß viel Blut fließen.«

»Du hast recht, Winnetou. Aber wir können die Roten doch nicht blind machen. Sie werden unsre Zahl sehr bald aus der Fährte erkennen.«

»Sie werden die Fährte betrachten, welche vor ihnen ist, aber nicht diejenige, welche sich hinter ihnen befindet.«

»Ach, du meinst, daß wir ihnen folgen?«

»Ja.«

»Ohne daß wir uns Old Shatterhand zeigen?«

»Wir werden mit ihm sprechen, aber nur du und ich. Horch! Was ist das?«

Vom Lager her erscholl ein fürchterliches Geheul, und gleich darauf sah man vier Reiter im Galopp aus demselben kommen. Es waren die Weißen. Sie schlugen die Richtung nach dem obern Ende des Sees ein, hatten also die Absicht, den Bach zu erreichen und an demselben aufwärts zu reiten.

»Da kommen sie,« sagte Winnetou. »Old Firehand mag mir folgen. Meine andern weißen Brüder aber müssen mit den Pferden schnell tiefer in den Wald hinein und dort warten, bis wir zurückkehren. Sie mögen unsre Pferde mitnehmen.«

Er nahm Old Firehand bei der Hand und zog ihn mit sich fort, immer am hohen Ufer des Baches entlang, unter den Bäumen hin, bis an eine Stelle, von welcher aus man das Lager sehen konnte, ohne von dort aus bemerkt zu werden. Da blieben sie stehen.

Old Shatterhand kam schnell näher. Er hielt sich mit seinen Begleitern nahe am Wasser, ritt also unten, während der Apache und Old Firehand oben standen. Als er die Stelle erreichte, erklang es von oben herab: »Uff! Meine weißen Brüder mögen hier halten bleiben.«

Die vier parierten ihre Pferde und blickten nach oben.

»Winnetou, Winnetou!« riefen sie zugleich.

»Ja, es ist Winnetou, der Häuptling der Apachen,« antwortete er. »Und hier steht noch einer, welcher ein Freund meiner weißen Brüder ist.«

Er zog den gewaltigen Jäger hinter einem Baume hervor.

»Old Firehand!« rief Old Shatterhand. »Du hier, du! Ich muß hinauf, dich zu begrüßen! Oder komm herab!«

Trotz der Gefahr, in welcher er sich befand, machte er Miene, vom Pferde zu springen.

»Halt, bleib!« wehrte ihm Old Firehand ab. »Auch ich darf nicht zu dir.«

»Warum?«

»Die Utahs, welche dir folgen werden, dürfen von unsrer Gegenwart nichts ahnen.«

»Ach! Seid ihr allein?«

»Nein. Wir sind wohl vierzig Jäger, Rafters und sonstige Westmänner. Du wirst gute Bekannte bei uns finden. Jetzt ist es nicht Zeit zum Erzählen. Wo wolltest du hin?«

»Nach dem Silbersee.«

»Wir auch. Reitet jetzt weiter. Sobald eure Verfolger vorüber sind, kommen wir auch und nehmen sie in die Mitte.«

»Recht so!« rief Old Shatterhand. »Welch eine Freude und welch ein Glück, euch hier zu treffen! Aber wenn wir auch keine langen Reden halten können, so müßt ihr doch in Kürze erfahren, was geschehen ist. Könnt ihr von da oben aus das Lager sehen?«

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Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
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