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Kitabı oku: «Im Lande des Mahdi III», sayfa 22

Yazı tipi:

»Ich beabsichtige, das Wudu zu vollziehen, um zu beten!«

Hierauf kniete er nieder, tauchte die Hände in das Wasser, wusch sie dreimal und sagte dabei:

»Im Namen Gottes, des Allbarmherzigen, des Erbarmers! Preis sei dir, Allah, der du das Wasser herniedergesandt zur Reinigung und den Islam gemacht zum Licht und Leiter und Führer zu deinen Gärten, den Gärten der Wonne, und zu deinen Wohnungen, den Wohnungen des Friedens!«

Dann schöpfte er sich mit der rechten Hand Wasser in den Mund, spülte ihn dreimal aus und sprach:

»Oh Allah, hilf mir, dein Buch zu lesen und deiner zu gedenken, dir zu danken und dir richtig zu dienen!«

Jetzt brachte er mit derselben Hand dreimal Wasser in die Nase, schnaubte es hindurch und rief:

»Oh Allah, laß mich die Düfte des Paradieses riechen und segne mich mit seinen Wonnen; laß mich nicht riechen den Geruch des Feuers in der Hölle!«

Nach diesem wusch er dreimal das Gesicht mit beiden Händen und fügte die Bitte hinzu:

»Oh Allah, mache mein Gesicht weiß mit deinem Lichte an dem jüngsten Tage, da du wirst weiß machen die Gesichter deiner Lieblinge, und schwärze nicht mein Gesicht an dem Tage, da du wirst schwärzen die Gesichter deiner Feinde!«

Diese Worte bezogen sich auf die Ansicht der Moslemim, daß am Tage des Gerichtes die Guten mit weißen, die Bösen aber mit schwarzen Gesichtern auferstehen werden. Daher sagt man, das Gesicht eines Menschen sei weiß, wenn er in einem guten, aber schwarz, wenn er in einem schlechten Rufe steht. »Möge Allah dein Gesicht schwarz machen!« ist eine Verwünschung, die man sehr oft zu hören bekommt. —

Nach dieser Reinigung des Gesichtes wusch der Fremde dreimal die rechte Hand und den rechten Arm bis an den Ellbogen und ließ das Wasser auch dreimal von dem Handteller bis an den Ellbogen am Arme herablaufen, wobei er sagte:

»Oh Allah, gieb mir mein Buch des Lebens in meine rechte Hand, und rechne mit einer leichten Rechnung mit mir!«

Dann folgte dieselbe Prozedur mit der linken Hand bis zum Ellbogen, die er mit der Bitte begleitete.

»Oh Allah, gieb mir nicht mein Buch in meine linke Hand noch auf meinen Rücken, und rechne mit mir nicht mit einer schweren Rechnung, und mache mich nicht zu einem von dem Volke des ewigen Feuers!«

Dann nahm er mit der linken Hand sein Kopftuch ab, fuhr sich mit der nassen rechten Hand über den Scheitel und sprach:

»Oh Allah, bedecke mich mit deiner Gnade, und schütte deinen Segen auf mich herab. Beschatte mich mit dem Schatten deines Baldachins an dem Tage, da kein Schatten sein wird außer in seinem Schatten!«

Nun bestrich er den Nacken mit den nassen Fingerspitzen beider Hände und sagte:

»Oh Allah, befreie meinen Nacken von dem ewigen Feuer und bewahre mich vor den Ketten, Halseisen und Fesseln des Teufels!«

Zuletzt wusch er die Füße bis an die Knöchel, strich mit den Fingern zwischen den Zehen hindurch und betete dabei:

»O Allah, mache meinen Fuß sicher auf Esch Schireth, der Brücke des Todes, an dem Tage, da die Füße auf derselben gleiten! Oh Allah, laß meine Arbeit gebilligt, meine Sünden vergeben, meine Werke wohlgefällig sein, als eine Ware, die nicht zu Grunde geht, durch deine Verzeihung! Oh du Mächtiger, oh du Vergebender! Bei deinem Erbarmen, oh du Barmherzigster unter den Barmherzigen!«

Jetzt war die Waschung vollendet. Der Mann stand auf und rief, indem er seinen Blick erst zum Himmel und dann zur Erde richtete:

»Deine Vollkommenheit, oh Allah, erhebe ich mit deinem Preise. Ich bezeuge, daß kein Gott ist, als du allein. Du hast keinen Genossen. Ich flehe um deine Vergebung und wende mich zu dir mit Reue. Ich bekenne, daß es keinen Gott giebt außer Gott, und ich bekenne, daß Muhammed sein Diener und sein Gesandter ist!« —

Diese Waschung hat der Moslem täglich fünfmal vor den fünf vorgeschriebenen Gebeten vorzunehmen. Ist, wie beim Wüstenreisenden, kein Wasser vorhanden, so darf man an dessen Stelle Sand oder Staub nehmen. Eine solche trockene Waschung wird Tajemmum genannt.

Nun konnte der Fremde das Gebet des Asr beginnen. Er legte das Kopftuch auf den Boden, um es als Seggadeh134 zu benutzen, kniete mit gen Mekka gerichtetem Gesichte darauf nieder und begann mit lauter Stimme den Adahn135:

»Gott ist sehr groß; Gott ist sehr groß; Gott ist sehr groß! Ich bekenne, daß es keinen Gott giebt außer Gott; ich bekenne, daß Muhammed der Gesandte Gottes ist! Kommt zum Gebete; kommt zum Heile! Gott ist sehr groß; es giebt keinen Gott außer Gott!«

Hierauf folgte das eigentliche Gebet, welches sehr lang war und von den verschiedensten Verneigungen und anderen Bewegungen des Körpers, der Arme und der Beine begleitet wurde. Da sich vielleicht mancher Leser dafür interessiert, möchte ich es niederschreiben; andere aber würde es ermüden, besonders wegen der vielen Wiederholungen, und so mag es mit der Beschreibung der Waschungen seine Genüge haben. Jedes Wort, welches der eine Fremde sprach, sagte der andere in halblautem Tone nach, und ebenso ahmte er jede Bewegung so genau und peinlich nach, daß man sich eines Lächelns nicht erwehren kann, wenn man sich eine Versammlung vieler solcher Beter in einer Moschee vorstellt, wo alle Köpfe, Rücken, Hände und Füße den Bewegungen des Kopfes, des Rückens, der Hände und der Füße des Vorbeters mit einer Genauigkeit folgen, welche der hölzernen Uebereinstimmung am Draht gezogener Marionetten gleicht. Der Geist wird durch diese Aeußerlichkeiten getötet, und das Gebet verwandelt sich in ein gedankenloses Plappern. Auch sage man mir ja nicht, daß diese vorgeschriebenen islamitischen Phrasen infolge der dabei vorkommenden Worte wie Barmherzigkeit, Gnade, Reue, u.s.w. denn doch Aehnlichkeit mit christlichen Gebeten haben! Das sind nur leere, hohle Silben, die keinen Inhalt haben und ohne wahres Herzensbedürfnis ausgesprochen werden. Das wahre, zermalmende Zentnergewicht des Wortes Sünde ist nur dem Christentum bekannt, und ebenso kennt auch nur der Christ den hellen, unbeschreiblichen Jubel, der aus dem Worte Gnade klingt.

Als das Gebet zu Ende war, banden die beiden Muselmänner ihre Tücher wieder um die Köpfe und nahmen dann die Arbeit an dem Floße wieder auf. Sie waren dabei nicht so schweigsam wie vorher, sondern sie unterhielten sich, und zwar über einen Gegenstand, welcher mein ganzes Interesse in Anspruch nahm. Sie schienen die Anwesenheit eines andern Menschen für eine Unmöglichkeit zu halten, denn sie sprachen so laut, daß wir sie verstanden hätten, auch wenn die Entfernung zwischen uns und ihnen die doppelte gewesen wäre.

Wie horchte ich auf, als ich den Namen Ibn Asl nennen hörte! Der, welcher ihn ausgesprochen hatte, fügte den Stoßseufzer hinzu:

»Wenn er doch recht bald zu den Seinen zurückkehrte! Er war streng, ja hart, und ahndete jede Widersetzlichkeit mit dem sofortigen Tode; aber unter ihm waren wir doch freie Männer, die sich selbst vor dem Teufel und dem Reis Effendina nicht fürchteten. Nun aber sind wir arme Knechte, deren Lohn in die Taschen anderer fällt, und die Botendienste leisten müssen, wenn sie nicht verhungern wollen. Allah verdamme die neue Lehre, welche sagt, daß es Sünde und Verbrechen sei, Reqiq zu machen!«

»Diese Lehre ist von den Christenhunden ersonnen worden, um den Pascha in ihren Schlingen zu fangen,« stimmte der andere bei. »Wollen wir uns zwingen lassen, ihm und ihnen zu gehorchen?«

»Nein! Was geht uns das Christentum und was geht uns der Pascha an, welcher den Ungläubigen gehorcht? Wir sind Söhne des Islam, welcher Sklaven braucht. Predigt nicht auch der neue Murabit136 von Aba mit gewaltiger Stimme, daß Allah befohlen habe, alle Ungläubigen, schwarze oder weiße, sollen Sklaven der wahren Gläubigen sein?«

»Ja, das thut er, und Allah steigt des Nachts hernieder, um ihm solche Worte einzugeben. Es ist seit Muhammed kein Prophet erschienen, der diesem neuen Propheten gleicht. Wenn er von Allah den Befehl erhielte, die heilige Fahne zu entfalten, würde er sie über den ganzen Erdkreis tragen und viele Millionen Sklaven wären unser!«

Was ich da hörte, war mir ein Rätsel. Der Murabit von Aba! Wen hatte ich mir unter diesem »neuen Heiligen« zu denken? Aba ist eine Insel des weißen Niles; das wußte ich; aber nie hatte ich gehört, daß ein Murabit dort wohne. Aber der Heilige wurde »neu« genannt. War er vielleicht erst erstanden, seit wir diese Gegend des Niles verlassen hatten, um südwärts zu segeln? Die heilige Fahne sollte er entfalten? Da mußte er sich für den erwarteten Mahdi ausgeben. Ich dachte unwillkürlich an Ssali Ben Aqil, den Kurden, welcher den Mahdi suchte, und zugleich an jenen Fakir el Fukara, mit dem wir damals am Brunnen in der Chala zusammengetroffen waren, als ich den Löwen von El Teitel schoß; er hatte sich hinreißen lassen, mir einzugestehen, daß er sich für den Mahdi halte, aber diese Rede von seiner »Sendung« war von mir nicht ernst genommen worden. Wenn ich mich recht entsinne, hatte er sich Mohammed Achmed genannt. Ich hatte ihm das Leben gerettet und er uns dafür an Ibn Asl verraten wollen; zur Vergeltung dafür war ihm vom Reis Effendina die Bastonnade geworden. War es möglich, daß dieser Mann der »Heilige von Aba« sein konnte?

Ich hatte weder Zeit noch Lust, mich mit dieser mir so unwichtigen Frage weiter zu beschäftigen; die Gegenwart nahm meine Gedanken in Anspruch, denn die beiden Araber setzten ihre Unterhaltung fort und waren dabei so unvorsichtig, über Dinge zu sprechen, die ihrer Verschwiegenheit anvertraut worden waren. Ich erfuhr da, daß sie von einem Händler in Takoba nach dem Chor Omm Karn abgeschickt worden waren, wo ein zweiter Händler lagerte und auf ihre Botschaft wartete. Der erstere wollte eine Anzahl von sechzig Sklaven nach der Furt liefern, an welcher wir uns befanden, und der andere sollte sie von heut ab in drei Tagen gegen sofortige Bezahlung von dort abholen, wahrscheinlich um sie, wie ich für mich hinzufügte, auf der Tana-Karkoger Karawanenstraße weiterzuschaffen. Ben Nil, welcher dies alles natürlich auch hörte, stieß mich an und sagte leise:

»Wollen wir, Effendi?«

»Was?«

»Diese Leute gefangen nehmen.«

»Nein.«

»Aber wir müssen die armen Sklaven doch befreien!«

»Allerdings!«

»Dazu gehört, daß wir diese Boten nicht fortlassen!«

»Dazu gehört grad, daß wir sie fortlassen!«

»Das begreife ich nicht, Effendi!«

»Es genügt vollständig, daß ich es begreife. Paß auf; jetzt sind sie fertig!«

Die zwei Boten waren mit der Herstellung des Floßes zustande gekommen; sie machten sich noch Ruder, indem sie an zwei langen Aesten dicke Zweigbüschel banden, schoben das Floß in das Wasser, setzten sich darauf, stießen vom Ufer und ruderten sich nach der nächsten Insel hinüber. Nachdem sie das Floß quer über diese getragen hatten, setzten sie über den zweiten, seichten Arm des Flusses. So sahen wir sie sich entfernen, bald rudernd und bald laufend, bis sie jenseits des Niles verschwanden.

»Da sind sie fort, Effendi! Und wir hätten sie doch so schön und leicht erwischen können!« klagte Ben Nil.

»Hab‘ nur keine Sorge; wir bekommen sie schon noch!«

»Bei ihrer Rückkehr?«

»Ja.«

»Hm! Sei mir nicht bös, wenn ich etwas sage, was gegen die Achtung verstößt, welche ich dir schuldig bin. Sie werden nicht allein zurückkommen, sondern mit den Leuten, welche die Sklaven hier abholen sollen; dann sind aber auch schon die Männer des Sklavenhändlers in Takoba hier. Zum Transporte von sechzig Sklaven gehören wohl fünfzehn Mann; wir haben es also dann mit dreißig Personen zu thun; diese zwei aber konnten wir ganz mühelos ergreifen. Wir werden uns vom Reis Effendina Hilfe holen müssen.«

»Nein.«

»Wie? Wir sind nur sechs Mann. Denkst du, daß wir mit dreißig fertig werden?«

»Ja.«

»Allah! Da machst du schon wieder dein pfiffiges Gesicht! Bin ich etwa sehr dumm gewesen?«

»Nur vorsichtig bist du gewesen, dumm aber nicht. Du rechnest fünfzehn Mann auf jeder Seite. Glaubst du, daß wir sechs mit so viel fertig werden?«

»Wenn du dabei bist, ja.«

»Fünfzehn an diesem und fünfzehn an jenem Ufer. Wir fangen erst die eine und dann die andere Truppe ab. Und selbst wenn wir ihre Vereinigung nicht hindern könnten, wird sich eine Art und Weise finden lassen, ihrer Herr zu werden. Ich würde den Reis Effendina nur höchst ungern um mehr Asaker bitten. Die Prämie können wir uns allein verdienen.«

»Da hast du recht, sehr recht, Effendi! Aber das könnten wir noch leichter, wenn wir die Boten nicht fortgelassen hätten. Wir brauchten nur dem Transporte aus Takoba hier aufzulauern und hätten dann nicht auch noch mit den Leuten aus dem Chor Omm Karn zu kämpfen!«

»Ich denke nicht, daß es zu einem Kampfe kommen wird. Grad diese Leute aus Omm Karn sollen kommen, ihres Geldes wegen.«

»Ihres Geldes? Wie meinst du das?«

»Sie haben die Sklaven hier an der Furt zu empfangen und zu bezahlen, was mit Geld oder Waren geschehen muß. Der einen Truppe nehmen wir die Sklaven ab und der anderen das Geld; auf diese Weise werden beide bestraft, euer Lohn vervielfältigt sich und der Reis Effendina wird gezwungen, einzusehen, daß es für ihn nicht vorteilhaft ist, uns wegzuschicken, wohin es ihm beliebt.«

Da schlug er froh die Hände zusammen und rief aus:

»Effendi, das ist ein Gedanke, wie er schöner, besser und für uns vorteilhafter gar nicht ausgesonnen werden kann. Wenn dein Plan glückt, woran ich gar nicht zweifle, denn ich kenne dich ja, so fällt uns eine große Bezahlung zu; darüber freue ich mich ja; noch mehr aber werden sich die Asaker freuen. Höher, viel höher jedoch als dieses Geld steht mir die Genugthuung, welche wir empfinden werden, wenn wir dem Reis Effendina einen solchen Fang bringen, während er keinen gemacht hat. Da muß die Röte der Scham über sein Angesicht ziehen, und wenn er aufrichtig ist, wird er sich wenigstens still in seinem Herzen sagen, daß er dir und somit auch allen, die dich lieben, unrecht gethan hat. Ja, wir wollen diese sechzig Sklaven befreien! Wie das geschehen kann, das weiß ich freilich nicht; doch steht mein Vertrauen zu dir so felsenfest, daß ich von dem Gelingen so unerschütterlich überzeugt bin, als ob diese That schon geschehen wäre.«

Wir kehrten nun zu unserem Boote und den vier Asakern zurück. Ben Nil erzählte ihnen, was wir gesehen und erfahren hatten, und als sie hörten, welche Absicht ich nun verfolgte, waren sie nicht nur einverstanden damit, sondern sogar so begeistert davon, daß sie mir erklärten, zu jedem Wagnisse, und sei es noch so groß, bereit zu sein. Sie wollten sofort hören, in welcher Weise ich mein Vorhaben auszuführen gedächte; ich erklärte ihnen, daß jetzt von einem bestimmten Plane noch keine Rede sein könne, denn ich müsse vorher nicht nur die diesseitige Mischrah, sondern auch jenseits des Flusses die Stelle genau kennen lernen, an welcher die Leute aus dem Chor Omm Karn den Uebergang über den Nil bewerkstelligen würden.

Nun wollten sie mich sofort hinüberfahren, damit ja keine Zeit verloren gehe; doch so zu beeilen brauchten wir uns nicht, weil die Uebergabe der Sklaven erst in drei Tagen vor sich gehen sollte. Für heute genügte es, das diesseitige Ufer kennen zu lernen, was ich allerdings nicht bis morgen aufschieben durfte, weil da die Spuren der beiden Boten verschwunden sein würden, nach denen ich mich zu richten hatte.

Ich wollte nur Ben Nil mitnehmen; die Asaker baten mich aber so herzlich, mit dabei sein zu dürfen, daß ich ihnen die Erfüllung dieses Wunsches gewährte. Einer freilich mußte bei dem Boote bleiben; er wurde durch das Los bestimmt; dann stiegen wir anderen zur Höhe des Ufers hinauf, von wo aus wir geradeaus gingen, bis wir den allerdings nicht scharf gezeichneten Rand des Waldes erreichten, welcher das Ufer des Flusses begleitete.

Hier galt es nun, die Fährte der zwei Boten aufzufinden, um zu erfahren, ob sie ihre eigenen Gedanken als Wegweiser genommen hatten oder ob es einen bestimmten und stets eingehaltenen Pfad nach der Furt gab, nach welchem sich die hierher bestimmten Sklavenhändler alle richteten. Die Spuren wurden sehr bald entdeckt; sie führten rechtwinkelig vom Nile weg in die Chala137 hinaus. Wir folgten ihnen und erreichten schon nach einer halben Stunde die Linie, welche den Einfluß der Stromesfeuchtigkeit hier begrenzte: schon seit einiger Zeit hatte es keine Büsche, auch keine einzelnen, mehr gegeben; nun hörte auch der Graswuchs auf, derjenige nämlich, welchen der Nil stets frisch und grün erhält; denn die Chala hat auch nicht nur ihr Gras, sondern sie ist kurz nach der Regenzeit sogar mit einem so dichten Blütenteppich bedeckt, daß die schreienden Farben desselben den Augen des Europäers wehe thun. Diese üppige Vegetation stirbt aber ebenso schnell ab, wie sie entstanden ist, und dann bietet die Steppe eine kahle, lederfarbene Oede, welche den Menschen fast noch tiefer als der Anblick der wirklichen Wüste ergreift.

»Sie dehnt sich aus von Meer zu Meere;

Wer sie durchritten hat, dem graust;

Sie liegt vor Gott in ihrer Leere Wie eine leere Bettlerfaust«, so beschreibt Freiligrath die Steppe, und eine solche Bettlerfaust war es, über welche wir jetzt dahinschritten. Es war nicht leicht, hier, wo es keine Fußeindrücke geben konnte, der verfolgten Fährte treu zu bleiben; es gelang mir aber doch. Wir waren sogar so glücklich, hier und da zu finden, was ich suchte, nämlich die Reste von Kamelexkrementen, welche bewiesen, daß es hier einen nicht selten benutzten Karawanenweg gab. In der Wüste und in der ausgedorrten Chala pflegt man diese Exkremente sorgfältig zu sammeln, weil sie da das einzige Feuerungsmaterial bilden; hier aber hatte man das nicht mehr nötig gehabt, weil der nahe Nil Holz mehr als genug zum gleichen Zwecke bot.

Da ich nun wußte, woran ich war, kehrten wir wieder um und trafen bei unserm Boote grad wieder ein, als die kurze Dämmerung der Dunkelheit des Abends wich. Der Mond stand zwar schon am Himmel, hatte aber noch nicht seinen spätern Glanz.

Wir zogen uns der Stechfliegen wegen eine tüchtige Strecke vom Flusse zurück und brannten heut kein Feuer an, weil die verkohlte Stätte desselben uns später leicht hätte verraten können. Es fehlte uns also der Rauch zur Vertreibung der grad hier sehr lästigen und blutdürstigen Insekten, und so mußten wir unsere Zuflucht zu den Mückennetzen nehmen, mit denen wir glücklicherweise versehen waren.

Am andern Morgen fuhren wir dann Ueber, um das rechte Ufer des Flusses kennen zu lernen. Auf dieser erstreckte sich die Vegetationszone viel weiter in das Land hinein, und wir hatten nicht nötig, über dieselbe hinaus zu gehen, weil wir schon oder noch in ihrem Bereiche mehr als genug Anzeichen entdeckten, welche uns den Karawanenweg verrieten. Wir fanden sogar ziemlich leicht die Stelle, wo er auf den Fluß mündete. Die Händler schienen es nicht für nötig gehalten zu haben, hier dieselbe Vorsicht walten zu lassen, wie am linken Ufer.

Dorthin zurückgekehrt, ruderten wir eine gute Weile aufwärts, bis wir eine Stelle fanden, welche sich zum Verstecken unseres Bootes eignete; denn in der Nähe der Furt durften wir es nicht lassen. Da blieben wir die zweite Nacht. Die dritte Nacht mußten wir wieder in der Nähe des Ueberganges zubringen, denn es war möglich, daß der Sklaventransport aus Takoba eher als an dem bestimmten Tage eintraf. Diese Möglichkeit wurde zu meiner Freude zur Wirklichkeit. Wir marschierten am Spätnachmittage bis an den Rand der Chala, um Ausschau zu halten. Da sahen wir denn auch am fernen Horizonte eine Reihe von großen und kleinen Punkten, deren Bewegung den Fluß zum Ziele hatte. Die großen Punkte waren Kamelreiter; die kleinen waren die Sklaven, welche zu Fuß gehen mußten. Die Karawane hielt sich genau auf dem Wege, den uns die Fährte der beiden Boten verraten hatte. Wir standen, als wir den Zug kommen sahen, natürlich nicht auf diesem Wege, denn wir waren so vorsichtig gewesen, uns so weit seitwärts von demselben zu halten, daß unsere Spuren nicht gesehen werden konnten.

Kaum hatten wir das Nahen der Karawane entdeckt, so bemerkten wir, daß sich zwei Reiter von ihr trennten, um ihr voranzueilen. Sie wollten sich jedenfalls überzeugen, ob der Aufenthalt an der Furt heut sicher für sie sei oder nicht. Wir kehrten also rasch nach dem Flusse zurück und versteckten uns da an einer Stelle, welche wir uns vorher als Observatorium eingerichtet hatten.

Als wir dort anlangten und nach dem Flusse blickten, sahen wir ein Floß, welches zwei Männer über den letzten, tiefen Arm herüberruderten. Das waren die Boten, die grad zu derselben Zeit zurückkehrten, in welcher die Karawane eintraf. Ob dies aus Zufall oder auf Verabredung geschah, das konnte uns gleichgültig sein; aber lieb war es mir, denn ich konnte bei der Begrüßung, die jedenfalls laut geschah, vielleicht etwas für uns Wichtiges hören, ohne daß ich mich erst anzuschleichen brauchte. Unser Beobachtungspunkt lag nämlich so, daß wir alles, was an der Furt gesprochen wurde, wenn es nicht ganz leise war, verstehen konnten.

Die beiden Ruderer erreichten das Ufer, stiegen an das Land, zogen das Floß halb auf das Trockene und suchten die Umgebung ab. Als sie nichts Verdächtiges gefunden hatten, schickten sie sich eben an, die Mischrah emporzusteigen, als von oben herab ein scharfer, kurzer Pfiff zu hören war. Einer von ihnen antwortete mit einem ebensolchen Pfiff; dann blieben sie stehen, um zu warten. Nach kurzer Zeit sahen wir zwei wohlbewaffnete, bärtige Männer erscheinen, jedenfalls die beiden Reiter, welche ihre Kamele oben gelassen und angebunden hatten.

Die Boten verneigten sich demütig; die beiden neuen Ankömmlinge erwiderten diesen Gruß mit kurzem, stolzem Kopfnicken, und einer von ihnen fragte:

»Wann seid ihr hier angekommen?«

»Vor einigen Minuten,« erhielt er zur Antwort.

»Habt ihr die Muchada abgesucht?«

»Ja; sie ist sicher. Es ist weder ein Mensch noch die Spur eines solchen da.«

»Konntet ihr eure Botschaft ausrichten?«

»Wir fanden alles so, wie du es uns beschrieben hast. Die Männer aus dem Chor Omm Karn werden morgen zwei Stunden nach Tagesanbruch am Flusse erscheinen.«

»Hoffentlich verlangen sie nicht, daß wir zu ihnen hinüberkommen sollen?«

»Nein; sie kommen herüber, um die Sklaven hier in Empfang zu nehmen.«

»Womit wollen sie bezahlen?«

»Sie wollten sich nicht mit Waren schleppen, weil sie da mehr Kamele brauchten, und werden dir also Goldstaub bringen.«

»Was thue ich mit dem Golde, für welches ich mir hier nichts kaufen kann! Ich habe Beda‘i138 erwartet, denn ich komme während dieser Reise an keinen Ort, wo ich bekommen kann, was ich brauche. Wenn sie mit Gold bezahlen, werde ich höhere Preise machen. Wie viel Männer zählen sie?«

»Zwölf.«

»Grad so viel wie wir. Das genügt vollständig, da der Reis Effendina mit seinem Adschnabi139, den Allah ersäufen möge, nicht mehr da ist. Geht hinauf zur Höhe, und gebt der Karawane das Zeichen, daß sie kommen soll. Wir werden hier auf sie warten. Bringt auch die Hudschun140 mit herab, daß sie trinken können!«

Der Sprecher ging mit seinem Begleiter nach einem Baume, an dessen Stamme sie sich niedersetzten, während die beiden andern sich nach der Höhe entfernten. Die beiden ersteren sprachen nicht miteinander; sie waren augenscheinlich von der Reise ermüdet. Ihrer Gesichtsbildung und Hautfarbe nach schienen sie zu den Messerijeh oder Habanijeh zu gehören, beides Stämme, bei denen der Sklavenhandel keine Seltenheit ist.

Es dauerte nicht lange, so kam die Karawane die Mischrah herabgezogen, sehr langsam, weil den Kamelen das Abwärtssteigen schwer fiel und weil, wie wir sogleich sahen, die Sklaven so erschöpft waren, daß sie sich kaum mehr schleppen konnten. Diese armen Teufel hatten einen sehr weiten Weg hinter sich, den sie in Fesseln und im glühendsten Sonnenbrande zu Fuße durch die ausgetrocknete Chala hatten zurücklegen müssen. Wie sahen sie aus! Zum Erbarmen! Zwar war die mit Recht so gefürchtete Schebah, die ich selbst auch mehr als zur Genüge kennen gelernt hatte, nicht in Anwendung gebracht, doch durfte ihre Fesselung trotzdem keine leichte genannt werden. Die Hände waren ihnen nämlich durch Stricke je mit dem Fuße der andern Seite so verbunden, daß sie nur ganz kurze Schritte machen und die Finger nicht zum munde, ja kaum bis zur Höhe der Brust bringen konnten. Von einem Handgelenke zum andern ging ein dritter Strick, in dessen Mitte ein schwerer Holzklotz hing, den sie tragen mußten, wenn er ihnen nicht die Beine zu Schanden schlagen sollte. Außer einigen Fetzen, die um ihre Lenden hingen, waren sie unbekleidet, und da auch ihre Köpfe vollständig entblößt waren, mußten sie bei der jetzt herrschenden Hitze fürchterliche Qualen ausgestanden haben. Ich sah an ihren Körpern handgroße Stellen, von denen die Sonne die Haut weggefressen hatte. Und das waren keine Neger, keine Heiden, sondern muhammedanische Bagara el Homr, wie ich später hörte, welche in die Kriegsgefangenschaft ihrer jetzigen Herren geraten waren! Sie hatten so lange gedürstet, daß sie, als sie das Wasser sahen, vor Freude aufschrieen und sofort nach dem Ufer laufen wollten, doch wurden sie von ihren Wächtern durch Gewehrstöße zurückgehalten. Erst durften die Kamele saufen, und dann erhielten auch sie zu trinken, und zwar aus hohlen Kürbisschalen. An das Wasser durften sie nicht, denn man fürchtete, es möchte sich einer von ihnen aus Verzweiflung hineinstürzen, um sich zu ertränken.

Als sie ihren Durst gelöscht hatten, bekam jeder von ihnen eine Handvoll trockener Hirsekörner, die sie nur im Sitzen essen konnten, weil es ihnen nur in dieser Stellung möglich war, den Mund mit den Händen zu erreichen. Dann wurden sie nach einer morastigen Sumpfgrasstelle gebracht, wo sie sich, paar- und paarweise zusammengebunden, niederlegen mußten. Dabei zündeten ihre Wächter zwei große Feuer an, um sie während der Nacht beobachten zu können.

Dadurch hatten sie sich alle von unserem Verstecke so weit entfernt, daß wir nicht mehr hören konnten, was gesprochen wurde. Ich hatte doch nicht gedacht, daß die Armen würden in dem Sumpf kampieren müssen. Aber daß wir nichts verstehen konnten, das machte uns keinen Schaden. Je weiter diese Händler von uns saßen, desto weniger konnten sie uns entdecken. Wie jetzt die Sache lag, mußte ich meine Absicht, die Sklaven zu befreien, auf alle Fälle erreichen; mehr konnte ich hier doch wohl nicht verlangen.

Es war inzwischen dunkel geworden, und das Moghreb141 wurde gebetet; diesem folgte das Aschia, das Abendgebet, einige Zeit nach dem vollständigen Eintritte der Finsternis. Diese beiden Gebete wurden mit einer Feierlichkeit und Inbrunst gesprochen, auch von seiten der Sklaven, die mit der Situation im grellsten Widerspruche stand. Auch abgesehen vom Sklavenraube und Sklavenhandel, den schon die allgemeine Menschenliebe verbietet, der Islam aber erlaubt, so sollten hier Muselmänner verkauft werden, was nach dem Islam ein todeswürdiges Verbrechen ist. Trotzdem beteiligten sich diejenigen, welche sich dieses Verbrechens schuldig machten, und diejenigen, an denen es begangen wurde, mit einer Eintracht an den vorgeschriebenen Gebeten, welche das gerade Gegenteil von erhebend wirkte. Es konnte weder dem einen noch dem andern Teile wirklich ernst mit dieser seiner Andacht sein!

Die Herren der Situation, also die Männer aus Takoba, welche mit den beiden Boten vierzehn Köpfe zählten, nahmen erst nach Vollendung der Gebete ihr Abendessen zu sich, welches aus eingerührtem Mehlbrei, getrocknetem Fleische und Datteln zu bestehen schien; genau konnten wir nicht sehen, was sie aßen. Der Anführer, nämlich der, welcher vorhin das Wort geführt hatte, gab dann seine Befehle für die Nacht, die wir zwar nicht verstanden, aber aus ihren Wirkungen erkannten: Zwölf von ihnen wickelten sich – der Insekten wegen – bis über die Köpfe in ihre Decken, während die übrigen zwei wach bleiben mußten; diese machten sich so nahe wie möglich an das eine Feuer heran, um in dem dicken, scharfen Rauche desselben einen Schutz vor den Stechmücken zu haben. Wie schlimm waren dagegen die fast ganz nackten Gefangenen daran! Von keinem wirklichen Kleidungsstücke bedeckt und auch nicht im stande, alle Körperteile mit den Händen zu erreichen, waren sie den schmerzhaften Stichen der Blutsauger vollständig wehrlos preisgegeben. Nur wer die schrecklich verschwollenen, bis zur Unkenntlichkeit entstellten Gesichter solcher Menschen gesehen hat, der weiß, was es bedeutet und welche unendliche Qualen es bereitet, wenn es einem unmöglich ist, sich dieser zwar kleinen aber erbarmungslosen und in wolkigen Massen auftretenden Teufel zu erwehren. Ich hatte die Moskiten des untern Missisippi, Mittel- und Südamerikas und auch Ostindiens kennen gelernt und oft infolge ihrer Stiche ein blutig verschwollenes Gesicht gehabt; aber mit diesen Nahmuhs142 des oberen Niles verglichen, möchte man sie noch sehr liebenswürdige und menschenfreundliche Wesen nennen. Die Sklaven kamen von Dar Tagaleh, also von dem mächtigen Bergstocke des Tegeli herab, wo es keine Stechfliegen giebt; sie waren also gegen die Stiche dieser Insekten nicht im mindesten abgehärtet und wälzten sich unter so schmerzvollem Wimmern und Stöhnen hin und her, daß es mich geradezu empörte, die Händler dabei ruhig schlafen zu sehen. Es stand fest, daß ich alles daran setzte, sie zu befreien, aber die Schmerzen, welche sie ausstanden, mußten mich veranlassen, dies nicht nur überhaupt, sondern auch so schnell wie möglich zu thun. Ben Nil schien denselben Gedanken zu hegen, denn er fragte mich:

»Denkst du, daß wir diese armen Menschen noch heute nacht retten können, Effendi?«

»Ja,« antwortete ich.

»So bitte ich dich darum, daß wir dies so schnell wie möglich thun, selbst wenn die Gefahr dadurch für uns größer wird, denn ich kann die Pein und die Martern, welche sie auszustehen haben, nicht länger mit ansehen und anhören. Willst du mir diesen Gefallen thun?«

»Sehr gern, zumal ich nicht glaube, daß die Gefahr für uns dadurch erhöht wird.«

»So sag, was wir dabei thun sollen! Wir sind bereit, uns auf die vierzehn Halunken zu werfen, und zwar sofort. Auch dein Zaubergewehr, mit dem du sie alle niederschießen könntest, gar nicht gerechnet, würde es genügen, wenn jeder von uns nur einen Schuß thäte; das würden sechs Kugeln sein; die übrigen acht schlagen wir dann rasch, ehe sie sich wehren können, mit dem Kolben tot!«

134.Gebetsteppich.
135.Aufforderung zum Gebete.
136.Heilige.
137.Steppe.
138.Tauschartikel.
139.Fremden.
140.Reitkamele.
141.Kurze Zeit nach Sonnenuntergang.
142.Stechmücken.
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
580 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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