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Kitabı oku: «Satan und Ischariot III», sayfa 14

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»Das hätte nicht den geringsten Vorteil für Sie!«

»Nicht? Wirklich nicht?«

»Durch den Tod des einen Erben, der noch mehrere Nebenerben hat, werden Sie noch lange nicht der rechtliche Besitzer der Erbschaft. Das Verbrechen bleibt Verbrechen. Sie werden sich wohl hüten, den jungen Mann zu ermorden.«

»Ich? Nun ja, mir ist es sehr gleichgültig, ob er stirbt oder ob er leben bleibt. Aber Jonathan und sein Vater werden ihn gewiß töten, wenn ich unverrichteter Sache von Ihnen zurückkehre.«

»Unverrichteter Sache! Sie haben uns also gewisse Anträge zu Stellen, gewisse Vorschläge zu machen?«

»Ja. Wir sind bereit, Ihnen gewisse Vorteile abzulassen —«

»Und verlangen dafür noch größere Vorteile für sich selbst!«

»Wohl kaum! Hören Sie, was ich Ihnen alles biete! Sie bekommen Ihre Pferde wieder, auch den jungen Menschen, der sich Vogel nennt und mit Hunter verwandt gewesen zu sein behauptet —«

»Schön!«

»Vogel erhält hunderttausend Dollars in guten Wertpapieren und Sie bekommen zehntausend Dollars in ebenso sichern Papieren.«

»Für mich?«

»Ja. Bedenken Sie, was das heißt, da Sie dem Onkel Melton, als Sie ihn erstachen, sein Geld abgenommen haben. Sie gelangen also in den Besitz eines Vermögens!«

»Sehr richtig, Sennora!«

»Dafür verlangen wir weiter nichts, als daß —«

Sie stockte und sah mich forschend an, was ich zu dem Folgenden wohl sagen würde.

»Nun, als daß —?« fragte ich.

»Als daß Sie die Verfolgung Jonathans und seines Vaters aufgeben, nie wieder gegen irgend einen Menschen von dieser Angelegenheit sprechen.«

»Natürlich, natürlich!«

»Und Vogel und seine Verwandten bestimmen, sich mit den hunderttausend Dollars zufrieden zu geben und ebenso verschwiegen zu sein, wie Sie sein werden.«

»Welch eine Bescheidenheit, welch eine wirklich großartige Bescheidenheit!«

»Nicht wahr? Für das viele Geld ein wenig Verschwiegenheit! Kann man etwa weniger verlangen?«

»Nein, auf keinen Fall.«

»Sie sind also einverstanden?«

»Ja.«

»Das freut mich! Ich glaubte wirklich nicht, daß Sie so verständig sein würden, so schnell Ihren Vorteil zu erkennen. Wenn Sie alle drei einverstanden sind, so —«

»Wir sind einverstanden,« unterbrach ich sie, »vollständig einverstanden. Nur haben Sie sich noch nicht erkundigt, auf welchen Punkt sich das Einverständnis bezieht.«

»Nun, auf welchen?«

»Darauf, daß die Meltons die allergrößten Schurken sind, welche es unter der Sonne giebt.«

»Das gehört doch nicht hierher!«

»Gehört vielleicht auch die andere Wahrheit, über welche wir gleichfalls so einverstanden sind, nicht hierher, nämlich die, daß Sie eine ebenso große Schurkin sind wie die beiden Meltons zusammen?«

»Sennor, wozu die Redensarten! Wollen Sie unser schönes Uebereinkommen zerstören?«

Sie mochte wirklich geglaubt haben, daß ich auf ihren Vorschlag eingehen wolle, denn ich hatte so ruhig und gleichmütig gesprochen, wie es trotz meiner Empörung möglich war. Erst jetzt schien sie zu bemerken, daß eine Ironie des Grimmes aus mir gesprochen hatte. Sie war bei ihren letzten Worten aufgestanden, als ob sie sich im Zorne entfernen wolle. Ich erhob mich nun auch aus dem Grase und antwortete:

»Unser Uebereinkommen? Haben Sie denn in Wirklichkeit annehmen können, daß ich mit Ihren mehr als wahnsinnigen Forderungen einverstanden sei?«

»Wahnsinnig nennen Sie dieselben? Wahnsinnig?« rief sie aus. »Ueberlegen Sie sich doch, was ich Ihnen biete!«

»Ich brauche es mir nicht zu überlegen! Vogel wird ohnehin alles bekommen, alles, außer dem natürlich, was bis jetzt schon von dem Gelde verschwunden ist!«

»Das zu sagen, ist Wahnsinn. Greifen Sie zu?«

»Nein.«

»So bekommen Sie Ihre Pferde nicht wieder!«

»Ich hole sie mir!«

»Und Vogel stirbt!«

»Wird ihm auch nur ein Haar gekrümmt, so bezahlen Sie es mit Ihrem Leben, Sennora Judith! Merken Sie sich das! Es ist mein bitterster Ernst!«

»Möchte wissen, wie und wann Sie an mich kommen wollten!«

»Das werden Sie erfahren! Ich dächte, Sie hätten allen Grund, nicht allzu zuversichtlich zu sein. Sie haben Winnetou und Old Shatterhand ja kennen gelernt!«

»Dafür werden Sie uns nun auch kennen lernen. Also gehen Sie auf meine Vorschläge ein?«

»Nein und wieder nein!«

»So sind wir fertig!«

»Für diesen Augenblick, nicht aber für später. Ich denke vielmehr, unser neues und schönes Verhältnis wird erst jetzt beginnen!«

»Drohen Sie immerhin; ich lache Sie doch aus!«

Sie gab der Indianerin, die während unserer Unterhaltung fern gestanden hatte, einen Wink, den Sessel aufzunehmen, und schritt dem Hohlwege zu. Dort angekommen, blieb sie stehen, blickte eine kurze Zeit sinnend nieder, kehrte dann um, kam wieder zu mir und sagte:

»Sennor, ich will Sie trotz alledem noch einmal warnen. Trauen Sie sich wirklich zu, in unser Felsennest einzudringen?«

»Ja. Es ist nicht eine Spur von Gefahr dabei!«

»Und ich sage Ihnen, daß wir uns bis auf den Tod verteidigen werden!«

»Ist mir gleichgültig. Ich habe noch ganz andere Gegner vor mir gehabt, als die Meltons sind. Sie selbst rechne ich natürlich gar nicht.«

»O, ich bitte, mich doch zu rechnen, und zwar sehr! Wenn es Ihnen trotz aller Erwartung durch irgend einen günstigen Zufall gelingen sollte, in meine Nähe vorzudringen, würde ich Sie ohne Gnade niederschießen!«

»Thun Sie das, Sennora!«

»Ja, ich werde es thun; darauf können Sie sich verlassen. Ich kämpfe um einen Preis, der mir hoch genug ist, einen Mord zu begehen. Ich habe mich an den Reichtum gewöhnt; ich kann und mag ohne ihn nicht leben; er wird mir jetzt wieder geboten, und Sie wollen mir ihn rauben. Nehmen Sie sich also auch vor mir in acht!«

Sie machte eine Bewegung, sich wieder fort zu wenden, besann sich aber und fügte noch hinzu:

»Wir glaubten, Sie würden auf meine Vorschläge eingehen, dennoch —«

»Dann wäre ich ein Subjekt, welches Ihnen und den Meltons gleichgestellt werden müßte,« unterbrach ich sie.

Sie fuhr, ohne auf meine Worte zu achten, weiter fort:

»Dennoch dachten wir auch daran, daß Sie sich doch vielleicht weigern könnten. Für diesen Fall erhielt ich den Auftrag, Ihnen bis morgen mittag eine Frist zur Ueberlegung zu geben.«

»Sehr freundlich von Ihnen!«

»Allerdings, denn es ist eine Gnadenfrist. Morgen mittag werde ich wieder hierher kommen. Werden Sie hier sein?«

»Jedenfalls, nämlich wenn wir uns nicht schon vorher wiedergesehen haben.«

»Das werden Sie nicht fertig bringen!« lachte sie. »Also morgen mittag. Leben Sie wohl, Sie großer Held und Retter von Leuten, die Sie nichts angehen!«

»Nicht so schnell, nicht so schnell, Sennora! Wir gehen ein Stückchen mit.«

»Warum?« fragte sie verwundert, indem sie stehen blieb.

»Weil wir als Caballeros wohl wissen, was sich schickt, wenn man den Besuch einer Dame erhalten hat. Wir bringen Sie zu den Ihrigen.«

»Da wird man auf Sie schießen!«

»Höchstens auf Sie, nicht aber auf uns!«

»Nein, nein, auf Sie! Bleiben Sie, bleiben Sie ja!«

»Pah! Gehen Sie nur; wir fürchten uns nicht.«

»Nun, wenn Sie erschossen werden wollen, so habe ich nichts dagegen; es kann mir nur lieb sein. Also machen Sie, was Sie wollen!«

Sie ging mit ihrer Indianerin den Hohlweg hinab; ich schritt dicht hinter ihr; dann folgten mir Winnetou und Emery, die wohl nicht gleich begriffen, was ich eigentlich für eine Absicht verfolgte. Unten am Flusse angekommen, wendete sich die Jüdin links, in den engen Cañon hinein. Als sie sah, daß ich ihr auch da auf der Ferse blieb, hielt sie den Schritt an und sagte erregt:

»Ich glaube gar, daß Sie weitergehen wollen!«

»Natürlich will ich das!«

»Aber ich sagte Ihnen schon, daß die Indianer, welche da oben auf mich warten, auf Sie schießen werden!«

»Meine teuere Sennora, haben Sie doch um uns keine Angst! Sie sehen ja, daß wir ganz dicht hinter Ihnen gehen. Sobald jemand auf uns schießt, wird er Sie treffen, doch nicht uns. Sie sind unser Schild!«

Sie erschrak.

»Gehen Sie; gehen Sie! Kehren Sie zurück!« rief sie aus. »Ich gehe sonst keinen Schritt weiter!«

»Nicht? Nun, Sie werden mit sich sprechen lassen. Es war eine große Thorheit von den Meltons, Sie zu uns zu schicken. Wir sind zwar anständig genug, Sie zurückkehren zu lassen, ja, wir werden Sie sogar zwingen, zurückzukehren, aber wir gehen mit.«

»Nein, nein, Sie bleiben!« zeterte sie.

»Fällt uns gar nicht ein! Es ist Ehrensache für uns, Sie zu begleiten. Sie lachten mich aus, als ich sagte, daß es uns sehr leicht sein würde, durch die Felsenenge zu kommen; nun muß ich Ihnen doch beweisen, daß wir von Ihnen unschuldigerweise verlacht worden sind. Sie werden heute wieder erfahren, daß Winnetou und Old Shatterhand sehr genau wissen, wie man etwas anzufangen hat. Also bitte, gehen Sie weiter!«

»Ich gehe nicht!«

»So zwinge ich Sie! Zürnen Sie mir nicht, schönste Sennora, wenn Ihr Schwanenhals ein wenig mit meiner Faust in Berührung kommen sollte.«

»Wagen Sie es, Unverschämter!«

»Pah! Vorwärts, Fräulein Silberberg!«

Ich nahm sie hinten beim Genick; da ließ sie sich niedersinken und blieb sitzen, indem sie ausrief.

»Und wenn Sie mich töten, bringen Sie mich nicht fort!«

»Sie Spaßvogel! Töten werde ich Sie nicht, und dennoch werden Sie gehen. Also vorwärts, ich habe keine Lust, mich an dem, was ich thun will, von einer Person Ihres Schlages hindern zu lassen. Auf mit Ihnen!«

Ich nahm sie nur bei dem einen Oberarme, aber mit einem Drucke, unter welchem sie sofort mit einem Schmerzensschrei auffuhr. Sie schritt weiter. Wenn sie den Schmerz nicht mehr fühlte, blieb sie Stehen; sobald ich aber die Hand wieder zusammenschloß, ging sie schnell vorwärts. Winnetou und Emery folgten eng hinter mir. Der erste hielt seine Büchse auf der rechten und der andere auf der linken Seite an mir vorüber schußbereit. So konnten sie schießen, während jeder, der uns eine Kugel senden wollte, Judith treffen mußte.

Es war mit keineswegs angenehm, so verfahren zu müssen, denn die Jüdin mochte moralisch noch so tief stehen, sie war doch ein Weib; aber es handelte sich nicht nur um die Befreiung Vogels, sondern um das Gelingen unseres ganzen Planes; da konnte ich mich nicht von zarten Bedenken abhalten lassen.

Der Cañon wurde immer enger. Bald sahen wir Indianer, welche hinter einem Strauche an einem Felsen auf der Lauer lagen. Auch sie sahen uns. Die junge Indianerin war mit dem Stuhle vorausgeeilt und hatte sie benachrichtigt. Sie konnten nicht schießen, ließen uns aber so nahe kommen, daß ich meinen Revolver zog und, die Jüdin immer vor mich herschiebend, einige Schreckschüsse abgab. Da rissen sie aus. So trieben wir sie von Strecke zu Strecke immer weiter zurück, bis ich einen nach dem andern seitwärts verschwinden sah, und zwar, wie wir dann wohl bemerkten, in der Felsenenge, welche aus dem Cañon des Flujo blanco nach dem Felsenkessel des Pueblo führte.

Wir kamen bei dieser Enge an. Das war die Stelle, welche uns heute früh so gefährlich hatte werden sollen. Darum sagte ich zu Judith:

»Hier sollten wir erdrückt werden. Die Hälfte der Yumas wollte uns in der Enge erwarten, und die andere Hälfte, welche unten am Bache im Hinterhalte lag, hatte die Aufgabe, uns dann von hinten zu drängen. Sie sehen, daß es nicht so leicht ist, mit uns Komödie zu spielen, während es uns gar nicht schwer geworden ist, dahin zu gelangen, wohin wir wollten.«

»Sie sind ein Teufel, ein wahrer Teufel!« zischte sie mich an.

»Dem widerspreche ich nicht, Sennora. Ich gestehe sogar sehr gern, daß es mir allerdings ein wirkliches Vergnügen machen wird, jedem eine Kugel entgegenzuschicken, der es wagen sollte, das Pueblo durch diese Felsenenge zu verlassen. Da drinnen stecken jetzt alle Ihre Leute beisammen; sie sind eingeschlossen. Wir setzen uns jetzt vor den Eingang und lassen niemand heraus. Wir sind zwar nur drei Personen, aber bedenken Sie, daß wir außer unsern Gewehren sechs Revolver haben, wozu mein Stutzen kommt, von denen der alte Melton Ihnen einige Stückchen erzählen kann. Wir haben in Summa über sechzig Schüsse, ohne daß wir zu laden brauchen. Sagen Sie das Ihren Leuten! Sagen Sie ihnen auch, daß wir keinen Pardon geben, wenn dem Gefangenen etwas geschieht! Und vergessen Sie nicht, auch zu erwähnen, daß wir ein sehr scharfes Gehör besitzen! Wollte sich jemand trotz alledem herausschleichen, so würden wir ihn schon von weitem hören, und eine tödliche Kugel wäre ihm sicher. Und nun gehen Sie hinein! Wir brauchen Sie nicht mehr. Aber da Sie uns für morgen mittag bestellt haben, werden wir zu dieser Zeit noch hier sitzen. Haben Sie uns dann wieder etwas zu sagen, so bin ich gern bereit, zu erfahren, ob Sie noch so stolz sprechen, wie Sie heute gesprochen haben. Der »große Held und Retter« sagt Ihnen lebewohl!«

Ich ließ ihren Arm los, und sie verschwand augenblicklich in der Enge. Wir setzten uns, die Gewehre schußfertig haltend, vor derselben nieder. Es war schon nicht mehr sehr hell hier im tiefen Cañon; der Tag neigte sich zur Rüste.

»Alle Wetter, Charley, war das ein Gedanke von dir!« flüsterte Emery. »Wer hätte geglaubt, daß es möglich sei, am hellen Tage mit heiler Haut bis hierher zu kommen!«

»Pah! Der Gedanke war einfach genug; er lag so nahe, daß man jeden, der ihn nicht gefaßt hätte, für einen Idioten halten müßte.«

»Obgleich du das sagst, glaube ich nicht, daß ich auf ihn gekommen wäre. Nun haben wir gewonnen! Das Pueblo ist unser!«

»Noch lange nicht. Aber ich denke, daß die Meltons fliehen werden.«

»Alle Wetter! Dann könnten wir ihnen wieder, wer weiß wie weit, nachlaufen!«

»Daran dachte ich. Es lag also nahe, ihnen die Flucht abzuschneiden, den Weg zu verlegen. Es gibt nur einen einzigen Weg, vor welchem wir jetzt sitzen. Sie wissen, daß wir da sind, daß wir auf jeden schießen werden, der sich aus der Enge wagen wollte; sie werden sich hüten, das zu thun; wir haben sie also fest.«

»Wenn das nur so sicher wäre! Es ist doch denkbar, daß sie alle zugleich einen Ausfall machen.«

»Alle zugleich! Wie wäre das möglich? Es kann ja nur immer einer heraus. Für zwei ist kein Platz. Wie sie nacheinander kämen, würden wir sie empfangen. Wir brauchen gar nicht drei zu sein; es genügt einer von uns, den Ausgang zu bewachen.«

»Hm, hast recht. Die Kerle stecken jetzt in ihrer eigenen Falle. Aber wir können doch nicht ewig hier sitzen; wir müssen hinein!«

»Natürlich! Wenn es dunkel geworden ist, schleichen wir uns fort. Leider haben wir keine Pferde. Wir müssen also den weiten Weg zum Felsenrand hinauf zu Fuß machen.«

»Dann wird aber hier der Ausgang frei!«

»Ja, aber das wissen sie nicht. Sie denken, wir bleiben hier, und wagen sich nicht heraus.«

»Aber wenn wir uns oben herabgelassen haben, dann sehen sie uns und werden hier heraus fliehen.«

»Das kann der Fall sein, ist aber nicht zu verhindern.«

»O doch. Einer von uns muß hier bleiben.«

»Hm! Das ließe sich wohl machen. Was sagt mein Bruder Winnetou dazu?«

»Unser Bruder Emery hat recht,« antwortete der Apatsche. »Er mag hier zurückbleiben. Mit seiner Doppelbüchse und seinen zwei Revolvern kann er alle, die herauswollen, zurückhalten.«

»Ja, das werde ich,« stimmte der Englishmann bei. »Ich bin zudem kein großer Turner und Kletterer; die Partie an den Lassos herab wäre mir sehr schwer gefallen. Hier aber habe ich nichts zu thun, als loszudrücken, wenn jemand die Nase heraussteckt.«

»Aber werden wir zwei alles, was es im Pueblo zu thun giebt, fertig bringen?« fragte ich Winnetou.

»Ja« nickte er.

»Die beiden Meltons ergreifen?«

»Ja; ich den einen und du den andern.«

»Und uns gegen die Yumas wehren, die uns daran hindern wollen?«

»Sie hindern uns nicht. Sie werden gar nicht im Pueblo sein. Sie liegen gewiß da drin vor der Enge, wo sie in den Felsenkessel mündet. Wie wir hüben wachen, daß sie nicht heraus können, so wachen jene drüben, damit wir nicht hinein können.«

»Ich gebe es zu. Aber es ist immerhin ein kühner Gedanke, wenn nur zwei Männer es wagen, sich von einem so hohen Felsen in einen so tiefen Kessel hinabzulassen, in welchem sich so viele Feinde befinden. Die dümmste Kugel wirft den Tapfersten über den Haufen.«

»Die Yumas werden gar nicht schießen. Sie befinden sich nicht im Pueblo, sondern am Ausgange des Kessels. Im Pueblo sind nur die beiden Meltons und die Jüdin. Mit diesen Dreien werden wir wahrscheinlich fertig, ohne daß die Yumas etwas davon merken. Dann kann uns niemand etwas anhaben, da die Meltons uns, wie vorhin die Jüdin, dann als Schutz und Schirm dienen werden. Mein Bruder Scharlieh stellt sich die Sache viel schwerer vor, als sie ist.«

So etwas hatte Winnetou mir noch nicht gesagt. Ich wußte, daß er nicht an meinem Mute zweifelte, und doch war es mir, als ob ich mich zu schämen hätte. Die Ausführung unsers nächtlichen Unternehmens kam mir eben schwerer und gefährlicher vor, als ihm. Das Pueblo hatte einen für den Angreifer gefährlichen Bau. Wer in eine Wohnung wollte, mußte durch ein in der Decke derselben befindliches Loch steigen. Ehe man da den Fußboden erreichte, konnte man zehn Kugeln oder Messerstiche erhalten haben. Und vorher die Passage an den Lassos herab! Es gab wahrscheinlich Sternenschein. Wie leicht konnten wir, oben am Lasso hängend, unten gesehen werden! Dann wurden wir wahrscheinlich »abgeschossen«, wie zum Beispiel auf der Vogelwiese zu Tiegelhausen oder Pfannenstadt von der löblichen Schützengilde alljährlich zur schönen Sommerzeit ein hölzerner Vogel »abgeschossen« wird.

Als ich das dem Apatschen erklärte, ließ er sein bekanntes Lächeln sehen und sagte:

»Mein Bruder hat eine viel zu hohe Meinung von den Männern, welche sich jetzt da drin beim Pueblo befinden. Die Yumas bewachen die Felsenenge. Werden sie das im Dunkeln thun?«

»Nein. Sie werden sicher ein Feuer anzünden. Sie müssen jeden Augenblick gewärtig sein, daß wir von hier aus eindringen. Im Dunkeln könnte uns das gelingen; bei einem Feuer aber nicht.«

»Sie werden bei diesem Feuer sitzen. Das blendet aber ihre Augen so, daß sie nicht sehen können, was oben an der dunkeln Felsenwand geschieht. Sie werden uns nicht bemerken.«

»Aber wenn die Meltons und vielleicht auch Judith im Dunkeln oben auf der Plattform sitzen! Die können uns sehen.«

»Ja, die könnten uns sehen, werden es aber nicht. Mein Bruder darf nicht vergessen, daß sie uns auch dann noch hier an dieser Stelle vermuten. Ihre Aufmerksamkeit wird also stets nach dieser Gegend, nach dem Eingange gerichtet sein. Nach der Felswand aber werden sie gar nicht schauen.«

Ich sah ein, daß er recht hatte, und fühlte mich beruhigt. Ich war so bedenklich gewesen, weil meiner Ansicht nach der entscheidende, der letzte Schlag heute fallen sollte. Mißglückte uns dieser, so stand zu befürchten, daß wir dann nichts mehr thun konnten.

Emery hatte sich die Worte des Apatschen von dem Feuer zu Herzen genommen. Er stand auf und entfernte sich, um dürres Holz zusammenzusuchen; ich half ihm dabei. Es war besser, wenn er ein Feuer hatte, das zweierlei Nutzen zugleich gewährte. Erstens diente es zur Beleuchtung, und zweitens war es, wenn es nicht außerhalb, sondern innerhalb der Felsenenge angezündet wurde, ein Hindernis für jeden, der aus derselben heraus wollte.

Als es dunkel geworden war, kamen leichte Rauchwolken durch die Enge zu uns herausgedrungen. Die Yumas hatten also drinnen ihr Feuer angezündet. Wir häuften nun auch Holz in dem Eingange zusammen und steckten es in Brand. Wir hatten soviel Feuermaterial zusammengelesen, daß die Flamme die ganze Nacht hindurch genährt werden konnte.

Nun wäre es ein großer Fehler gewesen, hätte Emery in der Nähe des Feuers sitzen bleiben wollen. Er suchte sich einen Platz im Gebüsch, wo er im Dunkeln saß, gerade dem Feuer gegenüber. So konnte er über das letztere hinweg ein Stück in die Enge hineinblicken und schon beizeiten jeden sehen, der etwa herausdringen wollte. Nun war es für Winnetou und mich Zeit, zu gehen. Ich ließ mir den Lasso des Engländers geben, weil wir ihn brauchten. Er hatte ihn, gerade so wie wir, in Schlingen gebunden von der rechten Achsel auf die linke Hüfte herunterhängen.

»Ja hast du ihn,« sagte er. »Ich will hoffen, daß er nicht zerreißt. Wann werdet ihr oben ankommen?«

»Frühestens in fünf Viertelstunden, weil wir nicht reiten können.«

»Ist es euch nicht möglich, mir ein Zeichen zu geben, wenn ihr unten seid?«

»Nein, denn das Zeichen würde uns wahrscheinlich verraten,«

»Aber ich möchte euch doch gern helfen, wenn es zum Kampfe kommen sollte!«

»Hoffentlich brauchen wir dich nicht.«

»Und wenn aber doch?«

»So horche nach der Felsenenge. Giebt es gewöhnliche Schüsse oder sonstigen Lärm, so bleibst du auf deinem Posten und lässest niemand heraus. Hörst du aber den starken tiefen Knall meines Bärentöters, der sicherlich bis hier herausdringen wird, so befinden wir uns in Gefahr und du kommst über und durch die beiden Feuer hinein in den Felsenkessel. Sobald ich dich erscheinen sehe, werde ich dir zurufen, was du thun sollst.«

»Well! so mag es sein. Hoffentlich giebt‘s keine Schrammen oder gar Löcher in unsern Personen zu flicken. Heute haben wir die beiden Halunken endlich fest, und ich glaube nicht, daß sie uns wieder entkommen werden.«

Ich war derselben Meinung, als ich ihm nun die Hand gab, um mich mit dem Apatschen zu entfernen.

Es war jetzt hier im Cañon so dunkel, daß ein gewöhnlicher Mann die Hand vor dem Auge nicht hätte sehen können. Unsere Sehwerkzeuge aber waren so geübt, daß wir wenigstens nicht an die Bäume rannten, nicht in das Wasser strauchelten und auch leidlich schnell fortkamen. Als wir dann das Thal des Flusses und nachher auch den Hohlweg hinter uns hatten, wurde es besser, denn die Sterne leuchteten uns zur Genüge.

Wir schritten so rasch wie möglich vorwärts, und zwar ohne uns zu unterhalten, da es nichts Wichtiges zu sprechen gab. Dennoch dauerte es über eine Stunde, ehe wir oben auf der Hochebene am Rande des Thalkessels ankamen. Winnetou führte mich zu dem Baume, an welchem die Lassos befestigt werden sollten.

Unten brannte da, wo die Felsenenge in den Kessel mündete, ein großes Feuer; sonst war alles dunkel. Tiefe Stille herrschte. Wenn die Yumas sich unterhielten, wenn irgend ein Pferd schnaubte oder es sonst ein Geräusch in der Tiefe gab, so hörte man hier oben nichts davon.

»Denkt mein Bruder, daß wir gleich hinuntergehen?« fragte Winnetou.

»Ja.«

»Aber die Yumas sind jetzt noch zu wachsam. Es wäre wohl besser, wenn wir noch warteten.«

»Ganz wie mein Bruder will.«

Wir legten uns also nieder und trafen zunächst unsere Vorbereitungen, deren es nicht viele gab. Wir hatten nur die Lassos zusammenzubinden, weiter nichts. Als dann vielleicht eine Stunde vergangen war, machten wir uns ans Werk. Da gab es zunächst einen kurzen Streit. Jeder wollte der erste sein, weil das gefährlich war. Winnetou behielt schließlich die Oberhand, indem er sagte:

»Der erste darf nicht hinunterklettern, sondern er muß hinabgelassen werden, und da du stärker bist als ich, so mußt du oben bleiben und den zweiten machen.«

Wir hatten das eine Ende der zusammengebundenen Lassos an den Stamm des Baumes befestigt; er schlang sich das andere über Brust und Rücken und unter den Armen hindurch, hing seine Büchse über und kniete am Rande des Abgrundes nieder. Ich nahm das Riemenseil in die Hände, stemmte die Füße fest ein und ließ es langsam durch die Finger gleiten. Da das Seil über die Felsenkante ging, so trug dieselbe einen Teil der Last mit, und ich brauchte mich fast gar nicht anzustrengen. Die Lassos waren noch nicht ganz abgelaufen, so merkte ich, daß Winnetou unten angekommen war. Er zog sie fest an, daß ich nicht in Schwingung geraten sollte. Ich hatte es nun freilich schwerer, als er. Sich an einem starken Seile vierzig Ellen hinabzulassen, das ist leicht, aber sich an einem dünnen Lasso so tief hinabzugreifen, das ist schwer. Man kann, wenn man nicht die Füße zu Hilfe nimmt, das Fleisch von den Händen verlieren. Es ging also langsam; aber als ich unten bei Winnetou anlangte, waren meine Hände zwar glühend heiß, doch Schmerzen hatte ich nicht. Meine beiden Gewehre hatte ich natürlich, über den Rücken gehängt, mitgebracht.

Wir befanden uns auf der obersten Plattform. Gar nicht weit von uns lehnte die Leiter, und wenige Schritte davon sahen wir ein offenes Loch, den Eingang zu der unter uns liegenden Etage, auf dessen Decke oder Dach wir standen.

»Hast du etwas Verdächtiges bemerkt?« fragte ich den Apatschen.

»Nein,« antwortete er.

»Vielleicht ist jemand unter uns. Wir müssen in das Loch horchen.«

»Das ist nicht nötig, denn es ist niemand da. Befände sich irgend wer unter uns, so würde die Leiter nicht außen an- , sondern nach innen im Loche liegen.

»Das ist richtig. Steigen wir also auf die nächste Plattform hinab!«

Wir krochen nach der Leiter und stiegen nicht von Sprosse zu Sprosse, sondern rutschten gleich an derselben hinab, weil das viel schneller ging. Auch hier gab es ein Loch, welches offen stand, und auch hier lehnte eine Leiter außen an. Es befand sich also auch niemand in der Etage, auf deren Plattform wir jetzt standen. Winnetou deutete nach dem Feuer hinab und sagte:

»Da unten sitzen die Krieger alle, welche, wie wir gehört haben, die obersten Stockwerke bewohnen; dieselben sind also leer.«

Schon stand ich im Begriff, ihm beizustimmen, als wir unter uns die Stimme eines kleinen Kindes hörten.

»Was ist das!« flüsterte der Apatsche. »Es sind also dennoch Menschen hier!«

»Still!« warnte ich. »Wir haben nur an die Krieger, also an die Männer gedacht, die Frauen und Kinder aber vergessen. Wir müssen außerordentlich vorsichtig sein und dürfen nicht das geringste Geräusch verursachen, sonst kommen die Squaws heraus, um nachzusehen.«

»Das können sie nicht, weil die Männer, als sie nach unten stiegen, die Leitern mit nach außen genommen haben. Die andern Familienglieder können also nicht eher heraus, als bis die Krieger wieder heraufkommen und die Leitern in die Löcher hinablassen.«

So huschten wir unhörbar von einer Terrasse immer auf die nächst tiefere herab, bis wir auf der vierten angekommen waren, an welcher die Leiter zu unserm Leidwesen nicht außen lehnte; sie steckte in dem Loche.

»Das ist gefährlich,« raunte mir Winnetou zu. »Es kann jeden Augenblick jemand heraufkommen und uns sehen. Wir müssen fort!«

»Wieder aufwärts?«

»Nein, auf die nächste Plattform hinunter.«

»Aber wie? Es giebt ja keine Leiter da, und aus dem Loche ziehen können wir sie doch unmöglich, weil man das sofort bemerken würde. Wir holen uns die vorige her, auf welcher wir soeben herabgekommen sind.«

»Nein. Es könnte jemand hier aus der Wohnung kommen, die Leiter sehen, welche gar nicht hergehört, Verdacht schöpfen und Lärm machen.«

»So müssen wir ohne Leiter hinab!«

»Aber wie?«

»Wir helfen einander. Komm!«

Die Etagen waren nicht viel über vier Ellen hoch; man konnte also notgedrungen auch ohne Leiter hinab, aber freilich nicht springen, weil dies Lärm verursacht hätte. Wir krochen nach der Kante unserer Plattform vor. Aus dem Eingangsloche der tieferen Terrasse glänzte ein sehr matter, kaum bemerkbarer Lichtschein zu uns herauf.

»O weh!« flüsterte ich dem Apatschen zu. »Da unten liegt die dritte Plattform, also die Decke des zweiten Stockwerkes, in welchem Melton der Vater wohnt. Er ist in seiner Wohnung und hat Licht. Das ist höchst gefährlich für uns, zumal wir keine Leiter haben und also befürchten müssen, Geräusch zu verursachen.«

»Um so schneller müssen wir hinab. Ich werde meinen Bruder an seinem langen Bärentöter hinunterlassen; dann mag er sich hart an die Mauer stellen, damit ich auf seine Schultern steigen kann.«

Ich gelangte auf die angegebene Weise glücklich hinunter. Winnetou stieg von oben auf meine Schultern. Um ihm dann mit meinen verschlungenen Händen eine weitere, tiefe Stufe zu geben, mußte ich das Gewehr weglegen; ich lehnte es an die Mauer neben mich. Der Apatsche trat in meine Hände und wollte von da den einen Fuß auf den Boden setzen; der Schritt war aber zu weit; er strauchelte, stieß an den schweren Bärentöter, und dieser stürzte, einen lauten, schweren Schlag verursachend, um. Und das gerade über der Wohnung des alten Melton!

»Schnell fort und an das äußerste Ende der Terrasse!« flüsterte ich. »Dann niederducken; denn er wird höchst wahrscheinlich kommen!«

Wir huschten auf dem Dache hin und bis zum Ende desselben, wo wir uns platt niederlegten. Kaum war dies geschehen, so sahen wir den Alten erscheinen. Er kam mit dem ganzen Oberkörper aus dem Loche, und fragte im Pueblodialekte laut: »Payu ti-i – ist wer hier?«

Als er keine Antwort bekam, stieg er vollends heraus und schritt langsam über die Plattform hin, glücklicherweise in uns entgegengesetzter Richtung. Er hatte Verdacht geschöpft. Als er auf jener Seite nichts sah, kam er auf diese, doch nicht soweit, daß er uns sehen konnte. Dann kehrte er an das Loch zurück und stieg hinab. Als seine Gestalt verschwunden war, krochen wir hin und blickten vorsichtig hinab. Da das Loch nur so groß war, daß ein starker Mann hindurch konnte, so war von dem unter uns liegenden Raume nicht viel zu sehen. In die viereckige Stelle, welche wir überblickten, ragten zwei Beine eines Stuhles herein; das war alles, was sich unsern Augen bot. Das Licht brannte jedenfalls nicht unter uns, sondern in einem nebenanliegenden Gemache. Ein leises Hüsteln ließ sich von Zeit zu Zeit vernehmen, sonst war es still. Thomas Melton befand sich jedenfalls allein da unten.

»Was thun wir?« fragte ich den Apatschen leise.

»Wir müssen ihn haben,« antwortete er. »Er hat niemand bei sich; besser können wir ihn nicht bekommen.«

»Aber wie! Wollen wir hinab?«

»Nein. Ehe einer von uns hinunter käme, hätte er ihn bemerkt und machte Lärm oder griff gar zu den Waffen, was noch schlimmer wäre.«

»So muß er herauf!«

»Ja. Ruf ihn! Aber nicht mit lauter Stimme, sonst merkt er, daß es eine fremde ist.«

»Gut, ich werde ihn täuschen. Nimm du ihn bei der Kehle, aber gleich so, daß er keinen Laut ausstoßen kann. Das übrige thue dann ich.«

Ich beugte mich in das Loch hinab und rief in jenem unterdrückten, hastig heimlichen Tone, bei welchem fast alle Stimmen sich ähnlich klingen:

»Vater, Vater, bist du unten?«

»Ja,« antwortete er, und ich hörte ein Geräusch, wie wenn jemand von einem Stuhle aufsteht. »Was willst du!«

Er hielt mich also, wie ich beabsichtigt hatte, für seinen Sohn.

»Komm herauf, schnell, schnell!«

»Warum?«

»Mach nur, mach schnell!«

»So rede doch laut! Oder soll es niemand hören?«

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Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
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