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Kitabı oku: «Satan und Ischariot III», sayfa 24

Yazı tipi:

»Ja. Jonathan hat der weißen Squaw sogar alles erzählt, was in Tunis geschehen ist. Er gleicht der Klapper eines Kindes, welche immerfort spricht, ohne eine Seele zu haben.«

»Und sie ist ebenso schlecht, wie er!«

»Noch schlechter, denn wenn eine Squaw Böses thut, so sieht das Böse viel häßlicher aus, als wenn ein Mann es thut. Es ist aber gut für uns, daß sie sich heut und hier getroffen haben.«

»Ja, es ist ganz genau nach der Voraussagung meines Bruders Winnetou geschehen. Die Mogollons haben hier lagern wollen, und das Feuer gesehen. Du sagtest, daß wir sie alle fangen würden. Denkst du auch jetzt noch, daß dies geschehen wird?«

»Ja, am tiefen Wasser.«

»Wo ist das?«

»Du wirst es sehen. Wir müssen dort sein, ehe sie dort ankommen.«

»Aber wir müssen doch hier auf unsere Nijoras warten! Da versäumen wir viel Zeit, und Jonathan Melton will schon mit dem Tagesgrauen reiten.«

»Das thun wir auch. Wir werden sogar noch eher aufbrechen, und den Nijoras entgegenreiten. Wenn ihr Häuptling unsere Weisungen befolgt, werden wir zur rechten Zeit auf sie treffen und noch vor Melton am »tiefen Wasser« ankommen.«

»Dieses Wasser scheint ein See zu sein?«

»Es hat ein Berg dort gestanden, welcher Feuer gespieen hat; es giebt in Neu-Mexiko und Arizona ja heut noch viele solche Berge. Er ist versunken, wohl bei einem Erdbeben, und hat ein Loch zurückgelassen, in welchem sich das Wasser sammelt.«

»Liegt der See so in der Richtung nach der Quelle des Schattens, daß die Mogollons an ihm vorüber müssen?«

»Er liegt so; dennoch könnten sie rechts oder links abweichen, werden es aber nicht thun, denn sie finden auf ihrem Wege bis zur Quelle des Schattens kein Wasser, an dem sie ihre Pferde tränken können; sie werden ganz gewiß hinreiten.«

»Können wir uns dort so verbergen, daß sie uns nicht vorzeitig bemerken?«

»Ja. Mein Bruder wird das sehen, wenn wir hinkommen.«

Wir waren an die Spitze des östlichen Ausläufers des Schlangenberges gekommen und wollten eben um sie biegen, als uns zwei Männer entgegen kamen. Es war hell genug, zu erkennen, wer sie waren – Emery und Dunker. Auch sie erkannten uns, und der erstere rief, allerdings in gedämpftem Tone.

»Gott sei Dank, daß ihr da seid! Wir bekamen Angst um euch.«

»Und wolltet wohl gar kommen?« fragte ich ihn. »Ihr werdet alles erfahren. Kommt mit zum Lagerplatze!«

Die Nijora-Kundschafter waren bei den Pferden geblieben. Als wir dort angelangt waren, setzte ich mich nieder und wollte erzählen; da aber meinte der Apatsche, welcher an alles dachte und höchst selten etwas versäumte:

»Mein Bruder mag noch warten. Nötiger als sein Bericht ist das, was ich diesem jungen Krieger zu sagen habe.«

Er wendete sich an einen der Kundschafter:

»Mein junger Bruder kennt den Weg, auf dem seine hundert Krieger, die wir erwarten, hierherkommen werden?«

»Ja,« antwortete der Gefragte.

»Er mag ihnen augenblicklich entgegenreiten. Es ist so hell, daß er sie trotz der Nacht sehen kann. Sobald er ihnen begegnet, mag er ihnen sagen, daß sie so schnell wie möglich reiten sollen, denn wir brauchen sie, um fünfzig Mogollons zu fangen. Wir werden noch vor Tagesanbruch den Berg verlassen, und ihnen entgegenreiten; sie mögen also wissen, daß sie unterwegs auf uns treffen werden. Wenn mein junger Bruder mit ihnen gesprochen hat, mag er schnell weiter zu seinem Häuptlinge reiten und ihm melden, daß die Krieger der Mogollons morgen abend an der Quelle des Schattens lagern werden. Sie werden also übermorgen am Vormittage auf der »Platte des Cañons« ankommen. Der »schnelle Pfeil« muß sich also schon vorher mit seinen dreihundert Leuten dort heimlich aufgestellt haben. Das ist die Botschaft, welche wir ihm senden. Howgh!«

Der Kundschafter wendete sich still um, trat zu seinem Pferde und ritt davon, in die sternenhelle Nacht hinein und zwar nach Südwest, woher wir gekommen waren.

Nun erzählte ich den beiden Gefährten, was wir gesehen und erfahren hatten. Sie waren sehr erfreut darüber, daß Winnetou die ganz bestimmte und feste Zuversicht hegte, morgen Jonathan Melton in die Hände zu bekommen.

Heute war uns der Schlaf außerordentlich notwendig. Die Kundschafter hatten nicht wie wir mehrere Nächte die Ruhe zu entbehren gehabt; wir übergaben also ihnen den Sicherheitsdienst und legten uns schlafen. Vorher deutete Winnetou demjenigen von ihnen, der gegen Morgen die Wache hatte, nach dem Stande der Sterne die Zeit an, an welcher er uns ganz sicher wecken sollte.

Ich schlief so fest, wie selten vorher; der Nijora, welcher mich weckte, sagte mir später, daß er mich habe einigemal rütteln müssen. Wir hatten noch lange nicht ausgeschlafen, denn es war fast zwei Stunden vor Tage, als wir aufstanden. Nach einem kurzen Imbiß stiegen wir auf, um den Weg, auf welchem wir hergekommen waren, zurückzuverfolgen.

Als es Morgen wurde, hatten wir gewiß gegen drei deutsche Meilen zurückgelegt; nun ließ Winnetou sein Pferd langsamer gehen. Nach einer Stunde hielt er an und sagte, indem er nach rechts deutete:

»Dort drüben liegt das »tiefe Wasser«. Wir dürfen nicht weiter reiten und müssen die Nijoras hier erwarten.«

»Und wenn sie zu spät kommen?« fragte Emery.

»So entgehen uns die Mogollons doch nicht, denn wir fallen zwischen dem tiefen Wasser und der Quelle des Schattens über sie her. Aber Winnetou ist überzeugt, daß sie kommen werden.«

Und er hatte wieder recht; sie kamen. Wir hatten ungefähr eine halbe Stunde gewartet, so tauchte im Südwesten von uns eine Reiterschar auf, welche uns galoppierend näher kam. Das waren die Erwarteten. Wir kannten sie zwar nicht, aber die Kundschafter sagten es uns. Sie spornten ihre Pferde noch mehr an, kamen wie im Sturmwinde auf uns zu und hielten dann wenige Schritte vor uns, eine gerade Linie bildend, mitten in der Carriere an. Einer von ihnen lenkte sein Pferd näher heran und sagte:

»Ich bin »scharfes Auge«, der jüngere Bruder des »schnellen Pfeiles«. Der Häuptling sendet Winnetou und Old Shatterhand die hundert Krieger, welche meine berühmten Brüder von ihm verlangt haben.«

»Scharfes Auge ist ein tapferer Krieger,« antwortete Winnetou würdevoll. »Wir würden sehr gern die Pfeife des Willkommens mit unsern Brüdern rauchen, haben aber keine Zeit dazu, weil wir fünfzig Mogollons fangen wollen. Haben meine Brüder das erfahren?«

»Ja. Der Kundschafter hat uns getroffen und es uns gesagt. Die Hunde der Mogollons werden uns bereit finden.«

»Ja, wir werden sie ergreifen, und dann ist es auch noch Zeit, das Kalumet zu rauchen. Kennen meine Brüder den See, welcher »tiefes Wasser« heißt?«

»Ja. Er liegt da drüben, gerade gegen Sonnenuntergang von hier.«

»Sie mögen uns dorthin folgen, und »scharfes Auge« mag an meiner Seite bleiben!«

Das war eine Auszeichnung für den Unterhäuptling der Nijoras, welche dieser wohl zu schätzen wußte, denn er ritt zwar neben Winnetou, hielt sich aber um die Länge eines Pferdekopfes zurück. Seine Leute sahen ungemein kriegerisch und unternehmend aus, und als ich sie mit einem prüfenden Blicke überflog, bemerkte ich, daß sie gar nicht übel bewaffnet waren. Die meisten von ihnen kannten Winnetou, hatten uns jedoch noch nicht gesehen; daher die verstohlenen Blicke, mit denen sie uns beobachteten. Als wir uns in Bewegung gesetzt hatten, lenkten sie hinter uns ein, um uns im Gänsemarsche zu folgen. Das geschieht auf Kriegszügen stets, weil da eine nur schmale Fährte gebildet wird und ein Feind, wenn er auf die Spur trifft, nicht genau zu sagen vermag, wieviel Reiter er vor sich hat. Je tiefer die Fährte ausgetreten ist, von desto mehr Pferden wurde sie verursacht. Doch auch bei Beurteilung solcher Spuren habe ich oft Gelegenheit gehabt, den scharfen Blick Winnetous zu bewundern. Selbst in solchen Fällen irrte er sich selten um einige Pferde.

Ich ritt ihm jetzt zur rechten Seite; das »scharfe Auge« hielt sich zu seiner linken Hand. Der Apatsche sprach nicht; es war nicht seine schwache Seite, so kurz nach einer solchen Begegnung viele Worte zu machen. Wenn das Sprechen notwendig war, so überließ er es lieber mir; ich als Weißer war nicht zu der ernsten, würdevollen Schweigsamkeit der roten Krieger verpflichtet. Da es auch jetzt so manches gab, was wir erfahren mußten, so unterbrach ich nach einiger Zeit die Stille, indem ich mich an den Unterhäuptling der Nijoras wendete:

»Mein Bruder Winnetou hat das »scharfe Auge« vorhin einen tapferen Krieger genannt. Ich weiß, daß alle Nijoras tapfer sind; darum ist es gewiß, daß sie die Mogollons besiegen werden. Sind sie noch immer damit beschäftigt, ihre Medizinen herzustellen?«

»Nein,« antwortete er. »Die Feierlichkeiten wurden sofort beendet, als der Bote erschien, welchen meine berühmten Brüder zu uns sandten.«

»Das ist recht. Die Herstellung der Medizinen erfordert lange Zeit, und die Zeit, welche uns zugemessen ist, ist kurz und wertvoll, denn die Mogollons werden heute abend schon an der Quelle des Schattens sein. Kennt »scharfes Auge« die Botschaft, welche wir seinem Bruder, dem Häuptlinge, gesandt haben?«

»Ja.«

»Wird der Häuptling darnach handeln?«

»Er weiß, daß Winnetou und Shatterhand große und kluge Krieger sind; darum wird er thun, was sie ihm vorgeschlagen haben.«

»Wann wird er auf der Platte des Cañons eintreffen?«

»Morgen früh, sobald es Tag geworden ist.«

»Wenn er das thut, werden alle Feinde in seine Hand fallen.«

»Wir wissen es. Der Hund von Mogollon, welcher sich nicht ergiebt, wird erschossen.«

»Und was geschieht mit denen, welche sich ergeben?«

»Sie kommen an den Marterpfahl.«

»Wieviel Pfähle werden meine Brüder da brauchen? Es sind mehr als dreihundert Mogollons, mit denen wir es zu thun haben. Will der »schnelle Pfeil« wirklich ein so großes Morden über diesen Stamm ergehen lassen?«

Der Unterhäuptling blickte finster vor sich hin. Er hätte lieber gar nicht geantwortet; aber da das eine Beleidigung für mich gewesen wäre, sagte er:

»Die Mogollons sind unsere Feinde! Haben sie etwas anderes verdient? Wir standen in Frieden mit ihnen; wir ritten zu ihnen, und sie kamen zu uns. Da plötzlich gruben sie die Beile des Krieges aus, ohne daß wir sie beleidigt oder ihnen sonst etwas gethan hatten.«

»Wenn das geschieht, was mein Bruder sagt, wird man die Platte »Platte des Mordens« nennen können. Hat mein Bruder jemals gehört, daß Winnetou und Old Shatterhand Freunde vom Blutvergießen sind?«

»Das weiß jeder rote und jeder weiße Mann, der einmal von diesen beiden großen Kriegern gehört hat.«

»So wird man dir auch gesagt haben, daß wir niemals unsern Arm und unsere Hilfe einem Stamme leihen, welcher die Absicht hat, grausam mit den gefangenen Feinden umzugehen. Was den Kampf auf der »Platte des Cañon« betrifft, so werde ich darüber mit deinem Bruder, dem »schnellen Pfeile« sprechen; mit dir aber muß ich jetzt reden von dem Ueberfalle, welchen wir gegenwärtigbeabsichtigen. Es werden fünfzig Mogollons nach dem »tiefen Wasser« kommen; bei diesen befinden sich ein weißer Mann, eine weiße Frau und einige Yuma-Indianer, welche nicht eure Feinde sind. Willst du mir helfen, diese Leute festzunehmen?«

»Old Shatterhand wünscht es, und so mag es geschehen. Aber die Mogollons werden unser sein?«

»Unter der Bedingung, daß ihr sie nicht tötet, wenn es nicht notwendig ist. Ich will heute der Anführer sein; denn ich habe mit euerm Häuptling die Pfeife des Friedens geraucht; ich bin sein Bruder; ich habe euch von ihm erbeten, und er hat euch mir gesandt; darum fordere ich, daß ihr thut, was ich für richtig halte. Nur unter dieser Bedingung werde ich euch die fünfzig Mogollons, welche wir erwarten, überlassen.«

Er zog die Stirne in Falten, hielt den Blick gesenkt und antwortete nicht. Meine Forderung war weder nach seinem Willen, noch nach seiner Ansicht über das, was recht und billig ist.

»Warum schweigt mein Bruder? Warum sagt er nichts?« drängte ich ihn.

Da machte er eine Bewegung, als ob er etwas von sich verscheuchen wolle, und fragte:

»Da Old Shatterhand es ehrlich mit den Kriegern der Nijoras meint, so will auch ich ehrlich sein und dir sagen, daß mein Bruder, der Häuptling, mir geraten hat, dir und Winnetou, dem großen Apatschen, zu gehorchen.«

»So werdet ihr heute und morgen zwei große Siege gewinnen, ohne daß ihr eure Krieger dabei opfert. Die Klugheit ist stärker als die Gewalt, und die Milde mächtiger als der Mord.«

»Ist aber Winnetou damit einverstanden? Ich soll nicht bloß dir, sondern auch ihm gehorchen.«

Da antwortete der Apatsche:

»Was mein Bruder Shatterhand sagt oder thut, das ist ganz so, als ob ich es gesagt oder gethan hätte. Meine Brüder mögen einig sein und nicht eher über die Sache weitersprechen, als bis Old Shatterhand das »tiefe Wasser« gesehen hat.«

Er hatte jedenfalls einen guten Grund, dies Verlangen an uns zu stellen; darum war ich nun still. Ich hatte übrigens meine Absicht erreicht, zu erfahren, was von der Grausamkeit oder Humanität der Nijoras zu halten war, natürlich soweit das Wort Humanität auf Indianer in Anwendung gebracht werden kann.

Die lange Schlange unseres Zuges bewegte sich schnell und ohne Windungen über nackten Felsenboden hin. Es war ringsum kein Halm zu sehen. Darum erstaunte ich, als ich plötzlich einen Wald oder richtiger gesagt, ein Wäldchen vor uns auftauchen sah, dessen Form ein länglicher Kreis zu sein schien.

»Das ist das tiefe Wasser,« sagte Winnetou, indem er nach dem Walde deutete.

»Es liegt inmitten des Wäldchens?« fragte ich.

»Ja.«

»So ist die Stelle, wie es scheint, allerdings der Ueberrest eines früheren Kraters.«

Wir kamen von Osten her. Da machte Winnetou einen Bogen, in der Absicht, von Süden her an das Wäldchen zu kommen.

»Weshalb diesen Umweg?« fragte ich ihn.

»Weil die Mogollons von Norden kommen werden, und nicht gleich unsere Spuren sehen sollen.«

Es war ganz eigentümlich, daß die äußeren Bäume des Wäldchens ohne allen Uebergang vom Grase zur Staude, zum Strauche und Baume, gleich hoch aufgestiegen waren. Es gab eine so scharfe Vegetationsgrenze, wie ich sie noch nicht gesehen hatte. Da, wo wir den Wald erreichten, gab es eine Lücke in demselben. Winnetou stieg vom Pferde und sagte:

»Diese Lücke führt nach dem »tiefen Wasser«. Unsere Pferde dürfen nicht mit hinein, aber auch nicht hier bei den Bäumen bleiben, weil sie uns verraten würden. Zehn von den Kriegern der Nijoras mögen mit ihnen soweit nach Süden reiten, bis sie von hier aus nicht mehr gesehen werden können. Dort müssen sie warten, bis wir sie herbeirufen lassen.«

»Scharfes Auge« bestimmte zehn Männer, welche der Weisung zu folgen hatten; die übrigen drangen durch die Lücke ein. Das Innere des Platzes verwunderte mich noch mehr, als das Aeußere.

Ich sah einen kleinen, kreisrunden See von ungefähr fünfzig Ellen Durchmesser. Das Wasser war hell und durchsichtig wie Kristall. Sein Spiegel lag nicht zu unsern Füßen, sondern tiefer unten; die Tiefe mochte wohl zehn bis zwölf Ellen betragen. Dort gab es rund um das Wasser einen breiten, mit dichtem Grase bewachsenen Rand, von welchem eine sanft ansteigende Böschung, die ebenso grasig war, herauf zu uns führte. Rundum gab es hier oben wieder einen breiten, grünen Rand, welchen das Wäldchen umsäumte. Das Ganze hatte eine Aehnlichkeit mit einer doppeltgeränderten Schüssel, welche nur bis zum untern Rande mit Wasser gefüllt ist. Alles Gras, oben und unten, war niedergetreten. Winnetou machte mich darauf aufmerksam und fragte:

»Weiß mein Bruder, wer hier gewesen ist und das Gras so zerstampft hat?«

»Der »starke Wind« natürlich mit seinen Mogollons.«

»Seit wann kann er fort sein?« ich untersuchte das Gras und antwortete:

»Seit wenig über eine Stunde.«

»Das ist richtig. Wir sind nicht zu spät, aber auch nicht zu früh gekommen. Wir haben vor uns Mogollons, und hinter uns Mogollons. Die letzteren müssen hier unser werden. Mein Bruder Shatterhand mag bestimmen, in welcher Weise das geschehen soll!«

Die Aufgabe war so leicht, daß ein Kind sie lösen konnte. Es verstand sich von selbst, daß die Mogollons, wenn sie mit Jonathan Melton kamen, ihre Pferde tränken würden; sie mußten also mit ihnen hinab zum Wasser, auf den untern Rand der Vertiefung. Wenn sie sich da unten befanden, konnten sie nicht über den zehn Ellen höheren oberen Rand blicken. Wenn wir uns in dem Wäldchen versteckten, bis sie kamen, und dann warteten, bis sie ihre Pferde hinunter zum Wasser geführt hatten, so brauchten wir nur hervorzutreten und unsere Gewehre über den oberen Rand hinabzuhalten, um ihrer vollständig Herr zu sein. Widerstand von ihrer Seite konnte nur ein Blödsinniger für ratsam halten. Sie waren wenig über fünfzig und wir beinahe hundert; es kamen also auf jeden von ihnen zwei Schüsse von uns. Und dazu standen sie frei und schutzlos da unten vor unsern Läufen, während sie, wenn wir uns niederlegten, von uns nur die Gewehre zu sehen bekamen. Die Sache war, wie gesagt, reines Kinderspiel, und ihnen unsere Kugeln hinabzusenden, wäre, wenn sie nicht so wahnsinnig waren, auf uns zu schießen, mehr als nur Mord gewesen. Darum sagte ich zu dem Unterhäuptlinge, welcher bei mir und Winnetou stand:

»Mein Bruder ist ein mutiger Krieger; aber seine Tapferkeit wird hier nicht auf die Probe gestellt werden. Ich bitte dich, deine Leute einen Kreis um den See bilden zu lassen. Wenn das geschehen ist, mag jeder von seinem Orte aus sich rückwärts in den Wald verbergen und da stecken bleiben, bis die Mogollons kommen. Diese werden ihre Pferde hinab zu dem Wasser führen. Da trete ich wahrscheinlich unter den Bäumen hervor; unsere Krieger aber müssen noch stecken bleiben; sie sehen mich. Sobald ich den Arm erhebe, kommen auch sie heraus, legen sich auf den obern Rand des Sees, sodaß sie einen Kreis bilden, und zielen mit ihren Gewehren auf die unten befindlichen Feinde. Aber schießen dürfen sie nicht, auch dann noch nicht, wenn ich oder Winnetou schießen sollte. Erst wenn ich ihnen den lauten Befehl dazu zurufe, dürfen sie es thun, und dann sollen sie nur auf die Feinde schießen, welche herauf nach ihnen zielen. Es darf kein Mogollon, der sich nicht wehrt, verletzt werden. Wer gegen diesen Befehl handelt, den kann ich zwar nicht bestrafen, aber wir werden dafür sorgen, daß er bei seinem Stamme als ein Feigling gilt. Ist dir das recht?«

»Mein Bruder hat es gesagt, also ist es recht,« antwortete er.

»Das Leben der Mogollons soll euch heilig sein; aber alles, was sie bei sich haben, auch ihre Medizinen, soll euch als Beute gehören.«

»Und ihr? Was nehmt ihr für euch?«

»Nichts. Wir ziehen nicht aus, um Krieg zu führen und Beute zu machen.«

Da leuchteten seine Augen auf. Ein Indianer verliert lieber sein Leben, seinen Skalp als seine Medizin, welche das größte Heiligtum ist, welches er besitzt. Ich setze da voraus, daß man weiß, was unter der Medizin eines Indianers zu verstehen ist, nämlich nicht etwa das, was dieses Wort bei uns bedeutet, ein Heilmittel, sondern einen Gegenstand, den er nach langen Prüfungen und Kämpfen als Panier erwählt und mit seinem letzten Blutstropfen verteidigt. Wer seine Medizin verliert, wird solange für ehrlos gehalten und aus dem Stamme geschieden, bis er sich dafür die Medizin irgend eines berühmten Feindes erobert hat.

Daher die Freude des »scharfen Auges«, als ich ihm sagte, daß ihm und seinen Kriegern die Medizinen der Mogollons gehören sollten. Das war ihm lieber, als wenn ich ihm ihr Leben und ihre Kopfhäute zugesprochen hätte.

»Ich sehe, daß mein Bruder es ehrlich mit uns meint,« rief er entzückt aus. »Die Hunde der Mogollons sind ausgezogen, uns zu zerreißen; sie werden heulen vor Scham und Entsetzen, wenn sie ohne ihre Medizinen in die Löcher zurückkehren müssen, aus denen sie hervorgekrochen sind! Was haben wir noch zu thun?«

»Nichts, was ich jetzt schon bestimmen könnte; der Augenblick muß es ergeben. Sage aber deinen Kriegern, daß sie auf mich achten und jedes laute Wort, welches ich ihnen zurufe, befolgen sollen! Du selbst wirst in meiner Nähe bleiben.«

Er rief seine Leute zusammen und teilte ihnen meine Anordnungen mit, welche sofort befolgt wurden. Bald hatten sie sich so in dem Wäldchen versteckt, daß keiner von ihnen zu sehen war. Wie nach Süden, so gab es auch nach Norden eine Lücke zwischen den Bäumen, durch welche man herein zum Wasser kommen konnte. Von dieser Seite waren die Mogollons zu erwarten. Sonst gab es keine Stelle, an welcher ein Reiter herein konnte. Damit an diesen beiden Eingängen sichere Leute zu stehen kamen, besetzte Winnetou mit Emery den südlichen, ich mit Dunker und dem »scharfen Auge« den nördlichen, Daß unsere Spuren uns verraten würden, war nicht zu befürchten, denn wir hatten das Gras nicht noch mehr niedergetreten, als es schon vorher zu Boden gestampft gewesen war.

Wenn vorhin Winnetou gesagt hatte, wir seien weder zu spät noch zu früh gekommen, so hatte er recht gehabt, denn jetzt, da unsere Vorbereitungen getroffen waren, sah ich, als ich am nördlichen Eingange durch die Bäume lugte, eine Reiterschar über die Ebene auf das Wäldchen zukommen. Sie war noch so weit entfernt, daß man die einzelnen Reiter nicht zu unterscheiden vermochte, doch konnten es nicht viel mehr und auch nicht viel weniger als fünfzig sein; es waren also die, welche wir erwarteten. Darauf rief ich so laut, daß jeder es hören konnte:

»Sie kommen. Daß ja kein Nijora sich vor der Zeit sehen läßt!«

Winnetou und Emery, welche bis jetzt noch außerhalb der Bäume gestanden hatten, verschwanden darunter. Dunker, der neben mir durch den Ausgang blickte, sagte zu mir:

»Sie kommen sehr schnell näher. Man kann sie schon deutlich erkennen. Die Lady reitet mit Melton voran. Nun werden sie halten bleiben, um einen Kundschafter herzusenden.«

»Pshaw! Dazu sind sie zu unvorsichtig. Auch wäre es zu spät, da sie, wenn sich Feinde hier befänden, nun doch von diesen schon bemerkt sein würden.«

»Well! Meint Ihr, daß wir etwa keine Feinde von ihnen sind? Ich denke doch, und zwar was für welche!«

»Sie werden es sehr bald erfahren. Doch kommt; wir müssen uns nun auch verstecken!«

Wir krochen mit dem »scharfen Auge« unter die Bäume und zogen uns da so weit zurück, daß wir von draußen nicht gesehen werden, aber doch alles sehen konnten.

Jetzt hörten wir schon das Getrappel der Pferdehufe. Sie kamen; sie waren da. Sie hielten draußen, weil der Eingang zu schmal war, alle schnell hereinzulassen. Wir sahen sie hereinkommen, die Mogollons und Yumas, einen nach dem andern. Sie stiegen ab und führten, wie wir vermutet hatten, die Pferde hinunter an das Wasser, von wo wir ihre Stimmen laut heraufklingen hörten.

Zuletzt kam Melton mit der Jüdin. Sie waren zuvor vorangeritten, dann aber draußen halten geblieben, um die andern erst hereinzulassen. Er stieg von seinem Pferde und half ihr von dem ihrigen herab.

»Bist du müde?« hörte ich ihn fragen.

»Nein, ich habe mit meinem Häuptling tagelang zu Pferde gesessen.«

»Als er noch dein »lieber« Roter war; später dann aber wohl nicht mehr!« lachte er. »Bleib oben; ich will dein Pferd mit hinunternehmen. Die Tiere müssen hier trinken, weil wir nicht lange hier bleiben und bis zur Quelle des Schattens kein Wasser wieder finden.«

Er stieg mit den Pferden die sanfte Böschung hinab; sie blieb stehen; sie war die einzige Person, welche sich noch oben befand. Das Wasser lag so tief, daß sie von dort aus nicht gesehen werden konnte. Jetzt war es Zeit für mich. Ich kroch unter den Bäumen hervor und stand, den Henrystutzen in der Linken, hinter ihr.

»Guten Morgen, Sennora!« sagte ich.

Sie fuhr herum. Als sie mich erblickte, sah ich, daß sie einen Schrei des Schreckens ausstoßen wollte; er blieb aber in ihrem Munde zurück. Ihre Augen waren vor Entsetzen weit geöffnet.

»Sie staunen mich an wie einen Fremden? Hoffentlich haben Sie die Güte, sich meiner noch zu erinnern. Es ist doch noch gar nicht so lange her, daß wir uns zum letztenmal gesehen haben.«

»Old – Old – Shatter – hand!« stammelte sie.

»Ja, so heiße ich. Es freut mich, daß Sie meinen Namen noch nicht vergessen haben.«

»Was – was wollen – Sie – Sie hier?«

»Sie will ich, Sie und Ihren geliebten Jonathan.«

»Das – das ist ja Wahnsinn! Sie sind unser Feind. Wissen Sie, daß wir fünfzig und noch mehr Indianer bei uns haben!«

Sie stieß das sehr schnell und drohend hervor, aber doch nicht laut, weil der Schreck noch jetzt nachwirkte.

»Freilich weiß ich das!« sagte ich.

»Sie sind verloren, passen Sie auf!«

Sie ergriff meinen Arm, um mich festzuhalten, damit ich nicht entfliehen könne, wendete sich nach dem Wasser um und wollte einen Ruf ausstoßen; aber ehe derselbe über ihre Lippen kam, hielt ich ihr die Mündung des Stutzens vor den Kopf und drohte:

»Kein Wort, Sennora, sonst bekommen Sie augenblicklich eine Kugel! Mister Dunker!«

Der Gerufene kam hervorgekrochen und fragte:

»Was soll ich, Sir?«

»Auf die Lady Achtung geben, damit sie uns nicht spazieren geht. Behandelt sie mit liebevoller Teilnahme, Mister!«

»Well, soll mir eine Freude sein! Seht Ihr dies Messer, Mylady? Sobald Ihr den kleinsten Schritt von der Stelle thut, schneide ich Euch beide Ohren ab. Ich nenne mich Will Dunker und halte Wort!«

Er hielt ihr sein Messer vor das Gesicht. Ich wendete mich ab und hob den Arm in die Höhe. Da kamen rundum die Nijoras unter den Bäumen hervorgekrochen und thaten, was ihnen befohlen worden war. Sich am Rande der Böschung niederstreckend, legten sie ihre Gewehre auf die Untenstehenden an. Da hörte ich Meltons laute Stimme:

»Tausend Wetter! Was ist das! Gewehre rundum! Wer ist da oben?«

Er hatte heraufsteigen wollen und die auf ihn gerichteten Läufe bemerkt. Ich trat so weit vor, daß er mich sehen konnte, und antwortete:

»Hundert geladene Flintenläufe, Sir! Das ist ein Morgengruß, den ich Euch bringe.«

»Old Shatterhand! Old – —«

Er sprach den Namen zum zweitenmal nicht ganz aus, riß sein Gewehr, welches er über die Schulter hängen hatte, los, legte es auf mich an und drückte ab. Ich hatte aber Zeit, mich niederzuwerfen; die Kugel machte ein Loch in die Atmosphäre. Dann war ich schnell wieder auf, richtete den Stutzen auf ihn und rief:

»Wirf das Gewehr weg, Canaille, sonst schieße ich!«

Er behielt es in den Händen und starrte mich an.

»Weg damit, sonst gebe ich dir die Kugel! Eins – zwei – —«

Er ließ es fallen. Der Schuß war für alle seine Roten wie ein Signal gewesen, nach oben zu blicken. Sie sahen mich und sahen auch die Gewehre. Die Mogollons kannten mich nicht; aber einige Yumas riefen meinen Namen. Er wurde überall gehört.

»Ja, ich bin Old Shatterhand,« rief ich. »Dort steht Winnetou, der Häuptling der Apatschen« – Winnetou hatte, wie die andern, im Grase gelegen; jetzt stand er auf, um sich den Feinden zu zeigen – »und rundum stehen die Krieger der Nijoras. Erhebt euch aus dem Grase!«

Sie standen auf und bildeten rundum eine ununterbrochene Kette von Männern, welche die Läufe ihrer Gewehre nach unten gerichtet hielten. Da ertönte drüben neben Winnetou eine Stimme:

»Soll ich denn allein im Grase hocken bleiben! Hier steht Emery Bothwell, der Englishman. Ich werde euch zeigen, wie man es zu machen hat!«

Er stieg langsam und gemächlich hinab zu den Mogollons, ergriff die Flinte des ihm Nächststehenden, hielt sie einem Nijora empor, damit dieser sie nehmen solle und befahl mit lauttönender Stimme:

»Die Mogollons mögen ihre Gewehre hinaufgeben und ihre Messer hinaufwerfen, wenn sie nicht augenblicklich erschossen sein wollen!«

Und sich einem andern zuwendend, der ihn wie eine Geistererscheinung anstierte, schnauzte er denselben an:

»Na, wird es bald! Hinauf mit der Flinte, sonst —«

Er zog den Revolver und hielt ihn dem Roten vor die Brust. Sofort gab dieser sein Gewehr hinauf. War es das Beispiel des letzteren oder das kühne Auftreten des Englishman, waren es die vielen, drohend nach unten gerichteten Gewehre, that es die Ueberraschung oder wirkte das alles zusammen, kurz und gut, die Mogollons wagten es nicht, zu widerstehen; noch weniger aber wagte einer von ihnen einen Schuß. Sie reichten ihre Gewehre herauf und warfen dann auch ihre Messer nach oben; sie schienen keinen Willen zu haben als nur den, zu gehorchen. Es war eine Panik über sie gekommen. Desto wilder gebärdete sich Melton. Er rief ihnen zu, nicht zu gehorchen; er befahl ihnen, zu schießen; er zeterte und schimpfte; er nannte sie Feiglinge; aber seine Flinte aufzuheben, selbst Widerstand zu leisten, das wagte auch er nicht. Emery, welcher sich noch unten befand, ging hin zu ihm, hob das Gewehr auf, hielt ihm den Revolver vor das Gesicht und drohte:

»Schweig, dummer Junge, sonst bringe ich deine Zunge zur Ruhe! Noch ein Wort, so ist es aus mit aller Rede, die du halten willst! Gieb her das Zeug, welches du nicht wieder brauchen wirst!«

Er nahm ihm die andern Waffen aus dem Gürtel und kam dann herauf zu mir gestiegen.

»Alles in Ordnung, Charley,« sagte er. »Entwaffnet ist die Bande. Was soll nun geschehen?«

Fesseln. Sie dürfen einzeln, nacheinander herauf, um gebunden zu werden.«

»Well! Wer nicht kommt, erhält eine Kugel.«

Er stieg wieder hinab. Winnetou und Dunker folgten ihm, nachdem der letztere die Jüdin einem Nijora übergeben hatte. Auch »scharfes Auge« ging hinab, um die Zaudernden durch Drohungen zu veranlassen, Gehorsam zu leisten. Uebrigens handelten die meisten Mogollons klug; sie sahen ein, daß Widerstand aussichtslos war, und ergaben sich in die Gefangenschaft. Die weniger Verständigen mußten schließlich diesem Beispiele folgen. Das Binden ging außerordentlich schnell. Jeder bekam seinen eigenen Lasso um die Arme und Beine geschnürt und wurde dann ins Gras gelegt.

Der letzte, den wir uns aufgehoben hatten, war Jonathan Melton. Er hatte erst wilde, unternehmende Blicke um sich geworfen und ganz das Gebaren eines Mannes gezeigt, der nach einem Auswege zur Flucht sucht; er wäre aber blind gewesen, wenn er nicht bemerkt hätte, daß jeder Versuch nur sein Leben in Gefahr bringen mußte. Ein einzigesmal machte er drei, vier rasche Schritte an der Böschung herauf; da aber rief ihm Judith voller Angst zu:

»Bleib unten; bleib unten; sie schießen sonst auf dich! Ergieb dich drein! Ich sehe es hier oben besser als du, daß keine Rettung ist. Diese Menschen sind schrecklich!«

Da machte er die wenigen Schritte zurück, setzte sich nieder und sah dumpf vor sich hin in das Wasser. Nach einer Weile stand er auf, holte einen Stein, welcher in der Nähe lag, und setzte sich wieder nieder. Was wollte er mit dem Steine? Das fragte ich mich, ohne aber eine Antwort zu finden. Ihn als Gegenwaffe, als Wurfgeschoß zu gebrauchen? Lächerlich!

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30 ağustos 2016
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