Kitabı oku: «Winnetou 2», sayfa 15
»Das junge Bleichgesicht ist vorhin über den Fluß geschwommen! Du hast diesen roten Krieger niedergeschlagen?«
Old Death nahm sich meiner an, indem er herbeitrat und den Anführer fragte, was er mit seinen Worten wolle. Der Gefragte erzählte, was geschehen war. Der Alte aber lachte lustig auf und sagte:
»Die roten Krieger scheinen sich nicht darauf zu verstehen, die Angesichter der Weißen zu unterscheiden. Es fragte sich überhaupt, ob es ein Bleichgesicht gewesen ist, welches dieser Sohn der Comanchen gesehen hat.«
»Ein Weißer war es,« antwortete der Betreffende in bestimmtem Tone. »Und kein anderer als dieser hier. Ich habe sein Gesicht gesehen, als er schwimmend auf dem Rücken lag. Auch hatte er dasselbe weiße Gewand an.«
»So! In den Kleidern ist er über den Fluß geschwommen? Dein Anzug ist noch naß. Der seinige müßte es auch noch sein. Fühle ihn aber an, so wirst du dich überzeugen, daß er vollständig trocken ist.«
»Er hat den nassen ausgezogen und im Hause einen andern angelegt.«
»Wie ist er hineingekommen? Haben nicht eure Krieger hier an dem Tore gestanden? Kein Mensch kann in das Haus oder aus demselben, ohne diese Treppen zu besteigen, an welchen sämtliche Krieger der Comanchen standen. Kann mein junger Gefährte also außerhalb des Hauses gewesen sein?«
Sie gaben das zu, und der überlistete Posten war endlich auch selbst der Meinung, daß er sich geirrt habe. Als dann der Haciendero bemerkte, es treibe sich seit einiger Zeit eine Bande von Pferdedieben in dieser Gegend herum, zu denen der Mensch jedenfalls gehöre, so war die Angelegenheit erledigt. Nur der Umstand blieb rätselhaft, daß keine Spur vorhanden gewesen war, aus welcher man hätte ersehen können, nach welcher Richtung dieser Mann davongegangen sei. Um dieses Rätsel zu lösen, ritt der Anführer mit dem Posten und einigen andern durch die Furt und dann nach der betreffenden Stelle. Glücklicherweise aber begann es bereits dunkel zu werden, so daß eine genaue Untersuchung des Ortes nicht mehr stattfinden konnte. Old Death, der Schlaue, nahm mich mit sich, um am Flusse entlang zu spazieren. Die Augen auf die Reiter am jenseitigen Ufer gerichtet und uns scheinbar nur mit diesen beschäftigend, gingen wir langsam fort und blieben bei den Petunien stehen, Dort sagte der Alte so leise, daß nur ich und der im Kahne Befindliche es hören konnten:
»Old Death steht da mit dem jungen Bleichgesichte, welches den »guten Mann« hier versteckt hat. Erkennt mich der Häuptling der Apachen vielleicht an der Stimme?«
»Ja,« lautete die ebenso leise Antwort.
»Die Comanchen glauben jetzt, daß sich der »gute Mann« nicht hier befindet. Sie werden beim Anbruche des Tages fortreiten. Aber wird mein Bruder es so lange im Kahne aushalten können?«
»Der Apache hält es aus, denn der Duft des Wassers erquickt ihn, und das Fieber wird nicht wiederkehren. Der Häuptling der Apachen möchte aber gern wissen, wie lange Old Death mit seinen Gefährten hier bleibt.«
»Wir reiten morgen mit den Comanchen fort.«
»Uff! Warum gesellt sich mein Freund zu unsern Feinden?«
»Weil wir einige Männer suchen, welche bei ihnen zu finden sind.«
»Werden die weißen Männer auch mit Kriegern der Apachen zusammentreffen?«
»Das ist leicht möglich.«
»So möchte ich dem jungen Krieger, welcher sein Leben wagte, um mich hier zu verbergen, gern ein Totem geben, welches er den Söhnen der Apachen zeigen kann, um ihnen stets willkommen zu sein. Old Death ist ein schlauer und erfahrener Jäger; ihn werden die Hunde der Comanchen nicht ertappen, wenn er mir, sobald es dunkel geworden ist, ein Stück weißes Leder und ein Messer bringt. Vor Anbruch des Tages kann er dann das Totem abholen, welches ich während der Nacht anfertigen werde.«
»Ich werde beides bringen, das Leder und das Messer. Wünschest du noch anderes?«
»Nein. Der Apache ist zufrieden. Möge der gute Manitou stets über die Pfade Old Deaths und des jungen Bleichgesichtes wachen.«
Wir kehrten jetzt wieder zurück. Keinem war es aufgefallen, daß wir eine Minute lang am Flusse gestanden hatten. Der Alte erklärte mir:
»Eine große Seltenheit ist es, daß ein Weißer das Totem eines Indianerhäuptlings bekommt. Ihr habt viel Glück, Sir! Die Handschrift des »guten Mannes« kann Euch von großem Nutzen sein.«
»Und Ihr wollt es wirklich wagen, ihm das Leder und Messer zu besorgen? Wenn Ihr dabei von den Comanchen erwischt werdet, so ist es um den Apachen und um Euch geschehen!«
»Unsinn! Haltet Ihr mich für einen Schulknaben? Ich weiß stets sehr genau, was ich wagen kann und was nicht.«
Der Anführer der Indsmen kehrte unverrichteter Sache zurück. Die Spur war nicht mehr deutlich zu erkennen gewesen.
Der Tag verging ohne Störung und die Nacht ebenso. Früh wurde ich von Old Death geweckt. Er gab mir ein viereckiges Stück weißgegerbtes Leder. Ich betrachtete dasselbe und konnte nichts Besonderes bemerken, denn einige feine Einschnitte auf der glatten Seite des Leders schienen mir ganz bedeutungslos zu sein.
»Das ist das Totem?« fragte ich. »Ich kann nichts Außerordentliches an ihm entdecken.«
»Ist auch nicht nötig. Gebt es dem ersten Apachen, der Euch begegnet, und er wird Euch darüber aufklären, weichen Schatz Ihr besitzt. Die Schrift dieses Totem ist jetzt noch unsichtbar, weil der »gute Mann« keine Farbe bei sich hatte. Aber wenn Ihr es einem Apachen gebt, wird er die Einschnitte färben, worauf die betreffenden Figuren erkennbar sein werden. Doch laßt dieses Leder um Gottes willen nicht einen Comanchen sehen, da man Euch für einen Freund der Apachen halten würde. jetzt zieht Euch um, und kommt hinab. Die Comanchen sind in kurzer Zeit zum Aufbruche bereit.«
Die Wilden waren beschäftigt, ihr Frühmahl zu halten, welches aus den gestern abend übrig gebliebenen Fleischresten bestand. Dann holten sie ihre Pferde zusammen, um sie am Flusse zu tränken. Dies geschah glücklicherweise oberhalb der Stelle, an welcher der Apache versteckt lag. Nun kam auch der Haciendero mit seinen beiden Damen zum Vorscheine, welche vor den Roten nicht mehr die mindeste Sorge sehen ließen. Als er unsere Pferde Sah, welche von den Vaqueros herbeigebracht wurden, meinte er kopfschüttelnd zu Old Death:
»Das sind keine Pferde für Euch, Sennor. Ihr wißt, welchen Wert ein gutes Pferd besitzt. Dieser Sennor Lange und sein Sohn gehen mich nichts an, ebensowenig der Neger. Ihr aber seid ein alter Freund von mir, und da Ihr diesen jungen Herrn so in Euer Herz geschlossen habt, so habe ich ihm auch das meinige geöffnet. Ihr beide sollt bessere Pferde haben.«
Wir nahmen das Anerbieten das Hacienderos dankend an. Auf seinen Befehl fingen die Vaqueros zwei halbwilde Pferde ein, welche wir an der Stelle der unserigen nehmen mußten. Dann verabschiedeten wir uns von ihm und seinen Damen und brachen mit den Comanchen auf.
Die Sonne war noch nicht über den Horizont emporgestiegen, als wir über den Elm-Creek setzten und dann im Galoppe nach Westen flogen, voran wir Fünf mit dem Anführer der Comanchen, und dessen Leute hinter uns her. Ich hatte dabei ein Gefühl der Unsicherheit, denn es war mir immer, als müsse mir ein Pfeil oder eine Lanze in den Rücken fahren. Die auf ihren kleinen, struppigen, mageren und doch so ausdauernden Pferden sitzenden Indianer machten in ihrer Bewaffnung, Bemalung und der ganzen Art und Weise, sich zu geben, nicht den Eindruck, als ob wir uns ihnen anvertrauen könnten. Old Death beruhigte mich aber darüber, als ich eine darauf bezügliche Bemerkung machte. Noch war nicht darüber gesprochen worden, wann und wo wir den Haupttrupp der Comanchen treffen würden. Jetzt erfuhren wir, daß derselbe nicht etwa angehalten habe, um die Rückkehr der abgesandten Fünfzig zu erwarten, sondern daß der Anführer der letzteren den Befehl erhalten hatte, den »guten Mann« auf der Hacienda gefangen zu nehmen und unter einer Bedeckung von zehn Mann nach den Dörfern der Comanchen zu schicken, wo der Marterpfahl seiner wartete. Die übrigen vierzig sollten im Eilritte nach dem Rio Grande kommen und dort der Spur des Haupttruppes folgen, um zu demselben zu stoßen. Da der »weiße Biber« von Gibson erfahren hatte, daß Winnetou über den Fluß entkommen sei und die Apachen natürlich sofort alarmieren werde, so hielt er die größte Eile für geboten, um die Feinde doch noch zu überraschen, bevor sie sich im Verteidigungszustande befanden. Für uns kam es vor allen Dingen darauf an, Gibson noch bei den Comanchen zu finden.
Nach ungefähr zwei Stunden kamen wir an die Stelle, an welcher sich unsere indianischen Begleiter gestern von der Hauptschar getrennt hatten. Im Süden von uns lag am Rio Grande der Eagle-Paß mit Fort Dunkan, welches die Roten zu vermeiden hatten. Nach abermals zwei Stunden zeigten sich spärliche Grasspuren, und wir hatten die Nueces-Wüste hinter uns. Die Fährte, welcher wir folgten, bildete eine schnurgerade Linie, welche von keiner andern gekreuzt wurde; die Comanchen waren unbemerkt geblieben, Der Boden schmückte sich nach und nach mit einem intensiveren Grün, und endlich sahen wir im Westen Wald auftauchen. Das verkündete die Nähe des Rio Grande del Norte.
»Uff!« meinte der Anführer im Tone der Erleichterung. »Kein Bleichgesicht ist uns begegnet, und niemand wird uns verwehren, sogleich über den Fluß zu gehen. Die Hunde der Apachen werden uns bald bei sich sehen und vor Schreck heulen beim Anblicke unserer tapferen Krieger.«
Wir ritten eine Zeit lang langsam unter Platanen, Ulmen, Eschen, Hackberries und Gummibäumen hin, und dann erreichten wir den Fluß. Der »weiße Biber« war ein guter Führer der Seinen. Die meilenweite Spur, welche uns als Wegweiser gedient hatte, führte linienrecht auf die Stelle zu, an welcher es eine Furt gab. Der Rio Grande war hier sehr breit; er hatte aber wenig Wasser. Nackte Sandbänke ragten aus demselben hervor, aber sie bestanden aus losem Triebsande, in welchem es gefährliche Stellen gab, wo man leicht versinken konnte. Hier am Ufer hatten die Comanchen während der verflossenen Nacht ihr Lager aufgeschlagen, wie man aus den Spuren ersehen konnte. Wir mußten annehmen, daß sie ebenso zeitig wie wir aufgebrochen seien; aber so schnell hatten sie nicht reiten können wie wir, denn sie befanden sich nun im Streifgebiete der Apachen und waren infolgedessen zu Vorsichtsmaßregeln gezwungen, durch welche ihrer Schnelligkeit Abbruch geschehen mußte. So sah man, daß ihr Übergang über den Fluß nicht ohne große Vorsicht bewerkstelligt worden war. Zahlreiche Fußstapfen bewiesen, daß einige von ihnen abgestiegen seien, um die trügerischen Sandablagerungen zu untersuchen. Die gangbaren Stellen waren mit in den Boden gesteckten Zweigen bezeichnet worden. Für uns war es leichter, hinüber zu kommen, da wir nur ihren Spuren zu folgen brauchten. Der Fluß wurde durch die Bänke in mehrere Arme geteilt, welche unsere Pferde zu durchschwimmen hatten. Drüben hatten wir wieder eine schmale Baum- und Strauchregion zu durchqueren, welcher Gras und endlich wieder Sand folgte. Wir befanden uns in der zwischen dem Rio Grande und der Bolson de Mapimi gelegenen Region, die so recht zum Umherstreifen wilder Indianerhorden geeignet ist. Eine weite Sandebene, welche nur durch große oder kleinere Kaktusstrecken unterbrochen wird. Durch diese Ebene führte die sehr deutliche Spur in beinahe westlicher, nur ein wenig nach Süden geneigter Richtung. Aber wenn ich der Ansicht gewesen war, daß wir die Comanchen heute erreichen würden, so hatte ich mich geirrt. Der durch die Pferdehufe weit nach hinten geschleuderte Sand bewies uns, daß sie sich großer Eile befleißigt hatten. Gegen Mittag durchkreuzten wir eine schmale, niedrige und öde Hügelkette, worauf nun wieder dieselbe sandige Ebene folgte.
Ich mußte die Ausdauer der indianischen Pferde bewundern. Der Nachmittag war weit vorgeschritten, und doch zeigten sie noch keine Spur von Ermüdung. Die drei Gäule von Lange, Sohn und dem Neger konnten nur mit Mühe folgen. Old Deaths und mein Pferd aber bewiesen, daß wir bei dem Tausche sehr im Vorteile gewesen waren. Schon drohte es, dunkel zu werden, als wir zu unserem Erstaunen sahen, daß die Fährte plötzlich ihre bisherige Richtung änderte. Vor ungefähr einer Viertelstunde hatten wir den von San Fernando nach Baya führenden Reitweg durchschnitten; jetzt brach die Spur nach Südwesten ab. Warum? Es mußte ein Grund dazu vorhanden gewesen sein. Old Death erklärte es uns. Man sah aus den Hufeindrücken, daß die Comanchen hier gehalten hatten. Grad von Norden her stieß die Fährte zweier Reiter auf diejenige der Roten. Der Alte stieg ab, untersuchte die erstere und sagte dann:
»Hier sind zwei Männer, welche Indianer waren, zu den Comanchen gekommen. Sie haben ihnen eine Nachricht gebracht, welche die Krieger des »weißen Bibers« veranlaßt hat, ihre Richtung zu ändern. Wir können nichts als dasselbe tun.«
Der Anführer stieg auch ab und bestätigte die Ansicht des Alten, nachdem er die Fährte untersucht hatte. Wir wendeten uns infolgedessen auch nach Süden, So lange es möglich war, die Fährte zu erkennen, ritten wir, denn es sollte heute eine möglichst große Strecke zurückgelegt werden. Selbst als es dämmerte, waren die Hufstapfen noch von der glatten Sandfläche zu unterscheiden. Dann aber verlief alles schwarz in schwarz. Wir wollten halten. Da blies mein Pferd die Nüstern auf, wieherte laut und wollte weiter. Es roch wahrscheinlich Wasser, und darum tat ich ihm den Willen. Nach einigen Minuten kamen wir wirklich an einen Fluß, an welchem wir Halt machten.
Nach einem so anstrengenden und heißen Ritte, wie dem heutigen, war das aufgefundene Wasser eine wahre Erquickung für Menschen und Tiere. In kurzer Zeit war ein Lagerplatz gewählt; die Roten stellten Wachen auf und ließen die Tiere unter Aufsicht derselben weiden. Wir Weißen setzten uns zueinander, Old Death erging sich in Berechnungen, was für ein Wasser es sei, an welches wir so unerwartet geraten waren, und kam endlich zu der Überzeugung, daß es der Morelos sei, welcher bei Fort Dunkan in den Rio grande fließt. Die am nächsten Morgen angestellte Untersuchung ergab, daß wir uns an einem ganz hübschen Wasserlaufe befanden, über den nicht weit von uns die Comanchen geschwommen waren. Wir taten dasselbe und folgten ihrer Spur von neuem. Um die Mittagszeit wendete sich die Fährte nach Westen, und wir sahen in dieser Richtung nackte Berge vor uns aufsteigen. Old Death machte ein bedenkliches Gesicht. Von mir über die Ursache desselben befragt, antwortete er:
»Die Geschichte gefällt mir nicht. Ich kann den »weißen Biber« nicht begreifen, daß er sich in diese Gegend wagt. Wißt Ihr etwa, was für eine schöne Gegend da vor uns liegt?«
»Ja, die Bolson de Mapimi.«
»Und kennt Ihr diese Wüste?«
»Nein.«
»Diese Mapimi ist ein wahrer Mehlwürmertopf, aus welchem zu allen Zeiten die wilden Völkerschaften hervorgebrochen sind, um sich räuberisch auf die angrenzenden Länder zu werfen. Dabei dürft Ihr aber nicht etwa denken, daß es ein fruchtbares Land sein müsse, weil es eine solche Menschenzahl ausbrütet. Aber man hat immer die Erfahrung gemacht, daß wüste Gegenden der Ausgangspunkt von Völkerwanderungen sind. Den Stämmen, die da oben auf dieser Hochebene und in den Schluchten, Gründen und Tälern wohnen, ist nicht beizukommen. Ich weiß ganz genau, daß sich mehrere Horden der Apachen dort festgesetzt haben. Ist es die Absicht der Comanchen, diese zu überfallen, so können sie mir ungeheuer leid tun, nicht die Apachen, sondern die Comanchen. Im Norden streifen die Apachen zwischen dem Rio del Norte und dem Rio Pecos, und den ganzen Nordwesten bis über den Gila hinüber haben sie inne. Die Comanchen wagen sich also in eine Falle, welche sehr leicht über ihnen zuklappen kann.«
»O weh! Da stecken auch wir mit drin!«
»Ja, aber ich fürchte mich nicht allzusehr. Wir haben den Apachen nichts getan, und so hoffe ich, daß sie uns nicht feindselig behandeln. Im Notfalle wird Euer Totem von guter Wirkung sein.«
»Ist es nicht unsere Pflicht, die Comanchen zu warnen?«
»Versucht es doch einmal, Sir! Sagt einem zehnmal, daß er dumm sei, er glaubt es dennoch nicht. Ich habe vorhin dem Anführer gesagt, was ich denke. Er schnauzte mich ab, und sagte, er habe der Spur des »weißen Bibers, zu folgen. Wenn wir das nicht tun wollten, so stehe es uns frei, zu reiten, wohin es uns behebe.«
»Das war grob!«
»Ja, die Comanchen nehmen keinen Kursus in Anstandslehre und Konversation. Soll mich wundern, wenn sich da oben nicht irgend etwas über uns zusammenbraut. Über die Grenze sind wir hinüber; ob und wie wir wieder herüberkommen, das steht in einem Buch gedruckt, welches ich noch nicht gelesen habe.«
Durch die Mapimi
Ich war der Überzeugung gewesen, Gibsons noch im Bereiche der Vereinigten Staaten habhaft zu werden. Nun mußte ich ihm nach Mexiko und sogar in die allergefährlichste Gegend dieses Landes folgen. Der Weg, welcher erst hatte eingeschlagen werden sollen, um Chihuahua zu erreichen, berührt den Norden des wüsten Gebietes der Mapimi und führt meist durch freies, offenes Land. Nun aber hatten wir uns südlich wenden müssen, wo Gefahren uns erwarteten, denen wir wohl kaum gewachsen waren. Zu diesen niederschlagenden Gedanken trat die körperliche Ermüdung, deren sich selbst die Comanchen nicht mehr erwehren konnten. Wir hatten von der Hacienda del Caballero aus einen wahren Parforceritt gemacht. Den Roten war das getrocknete Fleisch ausgegangen, welches ihren Proviant gebildet hatte, und auch wir besaßen nur noch wenig von dem Speisevorrate, welchen uns der Haciendero hatte einpacken lassen. Das Terrain stieg nach und nach höher an. Wir erreichten Berge, welche wir am Mittage gesehen hatten, steinige Massen ohne alles pflanzliche Leben. Wir wandten uns zwischen ihnen hindurch, immer nach Süden. Zwischen den steilen Abhängen war die Hitze noch größer als draußen auf der freien Ebene. Die Pferde verlangsamten ihre Schritte immer mehr. Auch der Haupttrupp der Comanchen war hier sehr langsam geritten, wie man aus den Spuren ersah. Über uns schwebten mehrere Geier, welche uns seit Stunden gefolgt waren, als ob sie erwarteten, daß unsere Erschöpfung ihnen eine Beute bringen werde. Da färbte sich plötzlich, als wir um eine Felsenecke schwenkten, der Süden dunkler. Dort schien es bewaldete Berge zu geben, und sofort fielen die Pferde, als ob auch sie diese Bemerkung gemacht hätten, in lebhafteren Schritt. Das Gesicht Old Deaths heiterte sich auf.
»Jetzt ahne ich, wohin wir kommen,« sagte er. »Ich rechne, daß wir uns in der Nähe des Flußgebietes des Rio Sabinas befinden, welcher aus der Mapimi herabkommt. Wenn die Comanchen sich entschlossen haben, seinem Laufe aufwärts zu folgen, so hat die Not ein Ende. Wo Wasser ist, gibt es Wald und Gras und wohl auch Wild, selbst in dieser traurigen Gegend. Wollen den Pferden die Sporen zeigen. Je mehr wir sie jetzt anstrengen, desto eher können sie sich ausruhen.«
Die Fährte hatte sich wieder ostwärts gewendet. Wir gelangten in eine lange, schmale Schlucht, und als dieselbe sich öffnete, sahen wir ein grünes Tal vor uns liegen, welches durch einen Bach bewässert wurde. Nach diesem Bache stürmen und dort aus dem Sattel springen, war eines. Selbst wenn die Comanchen sich hätten beherrschen wollen, so hätten sie doch ihren Pferden den Willen lassen müssen. Aber als die letzteren getrunken hatten, saßen wir gleich wieder auf, um weiter zu reiten. Der Bach ergoß sich nach kurzer Zeit in einen größeren, welchem wir aufwärts folgten. Derselbe führte uns in einen Cañon, dessen steile Wände stellenweise mit Büschen bewachsen waren. Als wir diesen durchritten hatten, kamen wir an grünenden Berglehnen vorüber, deren Färbung unseren geblendeten Augen wohl tat. Mittlerweile hatte es zu dunkeln begonnen, und wir mußten uns nach einem Lagerplatz umsehen. Der Anführer der Comanchen bestand darauf, noch ein Stück weiter zu reiten, bis wir auch Bäume finden würden, und wir mußten uns seinem Willen fügen. Die Pferde stolperten über Steine, welche im Wege lagen. Fast war es Nacht; da wurden wir plötzlich angerufen. Der Anführer gab seine Antwort in freudigem Tone, denn der Ruf war in der Sprache der Comanchen erfolgt. Wir blieben halten. Old Death ritt mit dem Anführer vor, kehrte aber bald zurück und meldete:
»Die Comanchen lagern vor uns. Ihrer Fährte nach war das Zusammentreffen jetzt noch nicht zu erwarten. Aber sie haben sich nicht weiter gewagt, ohne die Gegend zu erkunden. Darum haben sie sich hier gelagert und am Mittag Kundschafter ausgeschickt, welche bis jetzt noch nicht zurückgekehrt sind. Kommt vor! Ihr werdet sogleich die Lagerfeuer sehen.«
»Ich denke, daß auf einem solchen Kriegszuge keine Lagerfeuer angebrannt werden,« sagte ich.
»Das Terrain wird es ihnen erlauben. Da sie Kundschafter vor sich her gesandt haben, so sind sie sicher, daß sich kein Feind in der Nähe befindet, welcher die Feuer sehen kann.«
Wir ritten vorwärts. Die Schlucht war zu Ende, und wir sahen wohl gegen zehn Feuer brennen, nicht mit hohen, sondern gedämpften Flammen, wie es bei Indianern stets der Fall ist. Es schien ein runder, baumleerer Talkessel zu sein, welchen wir vor uns hatten. Die Höhen stiegen, so viel ich bei der Dunkelheit erkennen konnte, rundum steil an, ein Umstand, welchen die Comanchen als günstig für ihre Sicherheit zu betrachten schienen.
Die Roten, bei denen wir uns befunden hatten, ritten stracks auf das Lager zu, während uns bedeutet wurde, zu warten, bis man uns holen werde. Es dauerte eine ziemliche Weile, bis einer kam, um uns zum Häuptling zu führen, der seinen Platz am mittleren Feuer hatte, um welches die andern im Kreise brannten. Er saß in Gesellschaft von zwei Männern, welche wohl ausgezeichnete Krieger waren. Sein Haar war grau, aber lang und in einen Schopf gebunden, in welchem drei Adlerfedern befestigt waren. Er trug Mokassins, schwarze Tuchhose, Weste und Jacke von hellerem Stoffe und hatte ein Doppelgewehr neben sich liegen. Im Gürtel sah man eine alte Pistole. Messer und ein Stück Fleisch hielt er in den Händen, legte aber, als er uns sah, beides weg. Er war eben mit dem Essen beschäftigt gewesen. Der Geruch gebratenen Pferdefleisches lag in der Luft. Dicht neben der Stelle, an welcher er saß, murmelte ein Quell aus der Erde hervor. Wir waren noch nicht von den Pferden gestiegen, so hatte sich schon ein weiter Kreis eng aneinander stehender Krieger um uns gebildet, unter denen ich mehrere weiße Gesichter bemerkte. Man bemächtigte sich sofort unserer Pferde, um sie fort zu schaffen. Da Old Death es geschehen ließ, ohne Einspruch zu erheben, konnte ich nichts Gefährliches darin sehen. Der Häuptling stand auf und die beiden Andern mit ihm. Er trat Old Death entgegen, reichte ihm ganz nach Art der Weißen die Hand und sagte in freundlich ernstem Tone:
»Mein Bruder Old Death überrascht die Krieger der Comanchen. Wie hätten sie ahnen können, ihn hier zu treffen. Er ist willkommen und wird mit uns gegen die Hunde der Apachen kämpfen.«
Er hatte, wohl damit auch wir ihn verstehen könnten, im Mischjargon gesprochen. Old Death antwortete in eben demselben:
»Der weise Manitou leitet seine roten und bleichen Kinder auf wunderbaren Wegen. Glücklich ist der Mann, welcher auf jedem dieser Wege einem Freunde begegnet, auf dessen Wort er sich verlassen kann. Wird der »weiße Biber« auch mit meinen Gefährten die Pfeife des Friedens rauchen?«
»Deine Freunde sind auch meine Freunde, und wen du liebst, den liebe ich auch. Sie mögen sich an meine Seite setzen und aus dem Calumet des Häuptlings der Comanchen den Frieden trinken.«
Old Death setzte sich nieder, und wir folgten seinem Beispiel. Nur der Schwarze trat zur Seite, wo er sich ebenfalls im Grase niederließ. Die Roten standen stumm und bewegungslos wie Statuen im Kreise. Die Gesichtszüge der einzelnen Weißen zu erkennen, war mir unmöglich. Der Schein des Feuers reichte dazu nicht aus. Oyo-koltsa band sein Calumet vom Halse, stopfte den Kopf desselben voll Tabak aus dem Beutel, welcher ihm am Gürtel hing, und brannte ihn an. Nun folgte fast ganz genau dieselbe Zeremonie, welche beim Zusammentreffen mit seinem Sohne stattgefunden hatte. Dann erst gewannen wir die Gewißheit, keine Feindseligkeiten seitens der Comanchen befürchten zu müssen.
Während wir vor dem Lager warten mußten, hatte der Anführer der Fünfzig dem Häuptling über uns Mitteilung gemacht, wie wir jetzt aus dem Munde des Letzteren hörten. Er bat Old Death, ihm nun auch seinerseits zu erzählen, wie die Angelegenheit sich zugetragen habe. Der Alte tat es in einer Weise, daß -weder auf uns, noch auf Sennor Atanasio ein Mißtrauen fallen konnte.
Der »weiße Biber« blickte eine Zeit lang sinnend vor sich nieder und sagte dann:
»Ich muß meinem Bruder Glauben schenken. Selbst wenn ich zweifeln wollte, finde ich in seiner Erzählung nichts, woraus ich schließen könnte, daß er mich täuschen will. Aber auch dem andern Bleichgesicht muß ich trauen, denn er hat keinen Grund, die Krieger der Comanchen zu belügen, und eine Lüge würde ihm das Leben kosten. Er befindet sich bei uns und hätte sich längst von uns entfernt, wenn er uns die Unwahrheit gesagt hätte. Ich kann also nichts anders denken, als daß einer von euch sich getäuscht hat.«
Das war sehr scharfsinnig gedacht, nämlich von seinem Standpunkte aus. Old Death mußte vorsichtig sein. Wie leicht konnte der Häuptling auf den Gedanken kommen, noch einmal eine Abteilung zurückzusenden, um den Haciendero des Nachts zu überraschen! Am allerbesten war es, eine glaubliche Erklärung des vermuteten Irrtums zu geben. Das dachte auch der Scout. Darum sagte er:
»Eine Täuschung liegt allerdings vor; aber nicht ich, sondern das Bleichgesicht wurde getäuscht. Wo wäre der Mann, welcher Old Death zu täuschen vermöchte! Das weiß mein roter Bruder auch.«
»So mag mein Bruder mir sagen, wie sich die Sache zugetragen hat!«
»Zunächst muß ich da sagen, daß der Häuptling der Comanchen selbst getäuscht worden ist.«
»Von wem?« fragte der »weiße Biber« indem er plötzlich ein sehr ernstes Gesicht machte.
»Von den sämtlichen Bleichgesichtern, welche du bei dir hast, vermute ich.«
»Auf eine Vermutung darf ich nicht hören. Gib mir den Beweis! Wenn die mich täuschen, mit denen wir die Pfeife des Friedens geraucht haben, so müssen sie sterben!«
»Also nicht nur die Friedenshand hast du ihnen gegeben, sondern sogar das Calumet mit ihnen geraucht? Wäre ich bei dir gewesen, so hätte ich dich gehindert, es zu tun. Ich werde dir den verlangten Beweis geben. Sage mir, wessen Freund du bist, etwa des Präsidenten Juarez?«
Der Gefragte machte eine wegwerfende Handbewegung und antwortete:
»Juarez ist eine abgefallene Rothaut, welche in Häusern wohnt und das Leben der Bleichgesichter führt. Ich verachte ihn. Die Krieger der Comanchen haben ihre Tapferkeit dem großen Napoleon geliehen, welcher ihnen dafür Waffen, Pferde und Decken schenkt und ihnen die Apachen in die Hände gibt. Auch die Bleichgesichter sind Napoleons Freunde.«
»Das ist eben eine Lüge. Damit haben sie dich getäuscht. Sie sind nach Mexiko gekommen, um Juarez; zu dienen. Hier sitzen meine Gefährten als Zeugen. Du weißt doch, wen der große, weiße Vater in Washington in seinen Schutz genommen hat?«
»Juarez.«
»Und daß drüben jenseits der Grenze Soldaten angeworben werden, welche man auf heimlichen Wegen an Juarez herübersendet, weißt du auch. Nun, zu La Grange wohnt ein Mexikaner, welcher Sennor Cortesio heißt. Wir selbst sind bei ihm gewesen, und diese beiden Männer waren seine Nachbarn und Freunde. Er selbst hat es ihnen und uns gesagt, daß er viele Männer für Juarez anwirbt, und am Tage, bevor wir zu ihm kamen, einige der bei dir befindlichen Weißen zu Soldaten des Juarez gemacht hat. Die andern aber sind Truppen, welche die Angeworbenen begleiten müssen. Du bist ein Feind des Juarez und hast doch mit seinen Soldaten die Pfeife des Friedens geraucht, weil sie dich belogen haben.«
Das Auge des Häuptlings flammte zornig auf. Er wollte sprechen, doch Old Death fiel ihm in die Rede:
»Laß mich vor dir sprechen! Also diese Bleichgesichter sind Soldaten des Juarez. Sie kamen auf die Hacienda des Sennor Atanasio, der ein Freund Napoleons ist. Er hatte einen hohen, alten Anführer der Franzosen als Gast bei sich.
Die Bleichgesichter hätten diesen Mann getötet, wenn sie ihn erkannt hätten. Darum mußte er sich krank stellen und sich niederlegen. Man bestrich sein Gesicht mit dunkler Farbe, um ihm das Aussehen eines Indianers zu geben. Als nun die Bleichgesichter ihn sahen und fragten, wer er sei, wurde geantwortet, er sei der »gute Mann«, der Häuptling der Apachen.«
Der Häuptling zog die Augenbrauen hoch. Er glaubte dem Erzähler, war aber doch so vorsichtig, zu fragen:
»Warum sagte man grad diesen Namen?«
»Weil die Apachen es mit Juarez halten. Die Bleichgesichter mußten also in diesem Manne einen Freund erkennen. Und er war alt und hatte graues Haar, welches er nicht verbergen konnte. Man wußte, daß der »gute Mann« auch graues Haar hat; darum gab man ihm den Namen dieses Apachen.«
»Uff! Jetzt verstehe ich dich. Dieser Sennor muß ein sehr kluger Mann sein, daß er auf eine solche Ausrede gekommen ist. Aber wo war der Anführer des Napoleon, als meine Krieger kamen? Sie haben ihn nicht gesehen.«
»Er war bereits wieder fort. Du siehst also, es ist nur eine Ausrede gewesen, daß Winnetou den »guten Mann« gebracht habe. Die Bleichgesichter haben das geglaubt. Dann sind sie auf dich und deine Krieger gestoßen. Sie haben gewußt, daß die Comanchen Freunde der Franzosen sind, und sich also auch für deren Freunde ausgegeben.«
»Ich glaube dir, aber ich muß einen sicheren Beweis haben, daß sie Anhänger des Juarez sind, sonst kann ich sie nicht bestrafen, denn sie haben aus unserm Calumet geraucht.«
»Ich wiederhole, daß ich dir diesen Beweis geben werde. Vorher aber muß ich dir sagen, daß sich unter diesen Bleichgesichtern zwei Männer befinden, welche ich gefangen nehmen will.«
»Warum?«
»Sie sind unsere Feinde, und wir haben unsere Pferde viele Tage lang auf ihrer Spur gehabt.«
Das war die beste Antwort. Hätte Old Death eine lange Erzählung über Gibson und William Ohlert gemacht, so hätte er das nicht erreicht, was er mit den kurzen Worten »Sie sind unsere Feinde« erreichen konnte. Das zeigte sich sofort, denn der Häuptling sagte: