Kitabı oku: «Winnetou 2», sayfa 7
»Nun,« lachte Lange, »sie werden Augen machen, die Kerle, wenn sie die Vögel ausgeflogen finden. Ist aber wirklich am besten so.«
»Aber eine verteufelte Blamage für den Augenblick!« schimpfte Old Death. »Es ist mir ganz so, als ob ich ihr höhnisches Gelächter hörte.«
»Laßt sie lachen! Wir lachen später, und das ist bekanntlich besser. Ich werde Euch schon beweisen, daß ich mich nicht vor ihnen fürchte, aber auf eine Wirtshausbalgerei lasse ich mich nicht ein.«
Die beiden Schmiede nahmen uns unsere Sättel ab und versicherten, sie könnten es nicht zugeben, daß ihre Gäste eine solche Last selbst schleppen müßten. Bald standen wir zwischen zwei Gebäuden. Das eine, links von uns, lag in tiefes Dunkel gehüllt, in dem andern, rechts, schimmerte ein Licht durch die Ladenritze.
»Sennor Cortesio ist zu Hause,« sagte Lange. »Dort, wo der Lichtstreifen durchdringt, wohnt er. Ihr braucht nur an die Türe zu klopfen, so wird er Euch öffnen. Seid Ihr mit ihm fertig, so kommt da links herüber, wo wir wohnen. Klopft an den Laden, welcher sich neben der Türe befindet! Wir werden indessen einen Imbiß fertig machen.«
Sie begaben sich nach ihrem Hause, und wir beide wendeten uns nach rechts. Auf unser Klopfen wurde die Türe um eine schmale Lücke geöffnet, und eine Stimme fragte:
»Wer sein da?«
»Zwei Freunde,« antwortete Old Death. »Ist Sennor Cortesio daheim?«
»Was wollen von Sennor?«
Der Ausdrucksweise nach war es ein Neger, welcher diese Fragen stellte.
»Ein Geschäft wollen wir mit ihm machen.«
»Was, ein Geschäft? Es sagen, sonst nicht herein dürfen.«
»Sage nur, daß Master Lange uns schickt!«
»Massa Lange? Der sein gut. Dann wohl herein dürfen. Einen Augenblick warten!«
Er machte die Türe zu, öffnete sie aber bereits nach kurzer Zeit wieder und brachte Bescheid:
»Kommen herein! Sennor haben sagen, daß mit Fremden reden wollen.«
Wir traten durch einen engen Hausflur in eine kleine Stube, welche als Kontor benutzt zu werden schien, denn ein Schreibpult, ein Tisch und einige Holzstühle waren das ganze, einfache Meublement. An dem Pulte stand ein langer, hagerer Mann, mit dem Gesicht nach der Türe gekehrt. Der erste Blick in sein Gesicht brachte das Ergebnis, daß er ein Spanier sei.
»Buenas tardes!« beantwortete er unsern höflichen Gruß. »Sennor Lange sendet Euch? Darf ich erfahren, was Euch zu mir führt, Sennores?«
Ich war neugierig, was Old Death antworten werde. Er hatte mir vorher gesagt, daß ich ihn sprechen lassen solle.
»Vielleicht ist‘s ein Geschäft, vielleicht auch nur eine Erkundigung, Sennor. Wir wissen es selbst noch nicht genau,« sagte der Alte.
»Wir werden ja sehen. Setzt Euch, und nehmt einen Zigarillo.«
Er hielt uns das Zigarrenetui und Feuerzeug entgegen, welches wir nicht abschlagen durften. Der Mexikaner kann sich nichts, am allerwenigsten aber ein Gespräch, eine Unterhandlung ohne Zigaretten denken. Old Death, welchem ein Primchen zehnmal lieber war als die feinste Zigarre, nahm sich so ein kleines, dünnes Ding, brannte es an, tat einige gewaltige Züge, und – die Zigarette hatte ausgeraucht. Ich verfuhr mit der meinigen sparsamer.
»Was uns zu Euch führt,« begann Old Death, »ist nicht von großer Bedeutung. Wir kommen nur deshalb so spät, weil Ihr nicht früher zu treffen waret. Und wir wollen mit diesem Besuche nicht bis morgen warten, weil uns die hiesigen Zustände gar nicht zu einem langen Bleiben hier einladen. Wir haben die Absicht, nach Mexiko zu gehen und Juarez unsere Dienste anzubieten. So etwas tut man natürlich nicht gern aufs Geratewohl. Man möchte eine gewisse Sicherheit haben, willkommen zu sein und angenommen zu werden. Darum haben wir uns unter der Hand erkundigt und dabei in Erfahrung gebracht, daß man hier in La Grange angeworben werden kann. Euer Name wurde uns dabei genannt, Sennor, und so sind wir zu Euch gekommen, und nun habt Ihr vielleicht die Gewogenheit, uns zu sagen, ob wir uns bei dem richtigen Manne befinden.«
Der Mexikaner antwortete nicht sogleich, sondern betrachtete uns mit forschenden Blicken. Sein Auge schien mit Befriedigung auf mir zu haften; ich war jung und sah rüstig aus. Old Death gefiel ihm wohl weniger. Die hagere, nach vorn gebeugte Gestalt des Alten schien nicht geeignet zu sein, große Strapazen auszuhalten. Dann fragte er:
»Wer war es, der Euch meinen Namen nannte, Sennor?«
»Ein Mann, den wir auf dem Steamer trafen,« log Old Death. »Zufällig begegneten wir dann auch Master Lange und erfuhren von ihm, daß Ihr vor zehn Uhr nicht zu Hause sein würdet. Wir sind Nordländer deutscher Abstammung und haben gegen die Südstaaten gekämpft. Wir besitzen also militärische Erfahrung, sodaß wir dem Präsidenten von Mexiko wohl nicht ganz ohne Nutzen dienen würden.«
»Hm! Das klingt recht gut, Sennor; aber ich will Euch aufrichtig sagen, daß Ihr nicht den Eindruck macht, den Anstrengungen und Entbehrungen, welche man von Euch fordern wird, gewachsen zu sein.«
»Das ist freilich sehr aufrichtig, Sennor,« lächelte der Alte. »Doch brauche ich Euch wohl nur meinen Namen zu nennen, um Euch zu überzeugen, daß ich sehr wohl zu gebrauchen bin. Ich werde gewöhnlich Old Death genannt.«
»Old Death!« rief Cortesio erstaunt. »Ist es möglich! Ihr wäret der berühmte Pfadfinder, welcher dem Süden so großen Schaden zugefügt hat?«
»Ich bin es. Meine Gestalt wird mich legitimieren.«
»Allerdings, allerdings, Sennor. Ich muß sehr vorsichtig sein. Es darf keineswegs an die Öffentlichkeit gelangen, daß ich für Juarez werbe; besonders jetzt bin ich gezwungen, mich in acht zu nehmen. Aber da Ihr Old Death seid, so ist für mich kein Grund der Zurückhaltung vorhanden, und ich kann Euch also ganz offen eingestehen, daß Ihr Euch an die richtige Adresse gewendet habt. Ich bin sofort und sehr gern bereit, Euch anzuwerben, kann Euch sogar eine Charge in sicherste Aussicht stellen, denn einen Mann wie Old Death wird man natürlich zu verwerten wissen und steckt ihn nicht unter die gemeinen Soldaten.«
»Das hoffe ich allerdings, Sennor. Und was meinen Gefährten betrifft, so wird auch er, selbst wenn er als Soldat eintreten müßte, es sehr bald zu etwas Besserem bringen. Er hat es unter den Abolitionisten trotz seiner Jugend bis zum Kapitän gebracht. Sein Name ist allerdings bloß Müller, aber vielleicht, ja höchst wahrscheinlich habt Ihr dennoch von ihm gehört. Er diente unter Sheridan und hat als Leutnant bei dem berühmten Flankenmarsche über die Missionary-Ridge die Spitze der Avantgarde befehligt. Ihr wißt gewiß, welch kühne Raids damals ausgeführt worden sind. Müller war der besondere Liebling Sheridans und hatte infolgedessen den Vorzug, stets zu diesen gewagten Unternehmungen kommandiert zu werden. Er war auch der vielfach gefeierte Kavallerie-Offizier, welcher in der blutigen und in ihren Folgen so entscheidenden Schlacht bei Five-Forks den General Sheridan, welcher bereits gefangen war, wieder heraushieb. Darum meine ich, daß er keine schlechte Akquisition für Euch ist, Sennor.«
Der Alte log ja das Blaue vom Himmel herunter! Aber durfte ich ihn Lügen strafen? Ich fühlte, daß mir das Blut in die Wangen stieg, aber der gute Cortesio hielt mein Erröten für Bescheidenheit, denn er reichte mir die Hand und sagte, ebenfalls lügend wie ein Zeitungsschreiber:
»Dieses wohlverdiente Lob braucht Euch nicht peinlich zu berühren, Sennor Müller. Ich habe allerdings von Euch und Euern Taten gehört und heiße Euch herzlich willkommen. Auch Ihr werdet natürlich sofort als Offizier eintreten, und ich bin bereit, Euch gleich jetzt eine Summe bar zur Verfügung zu stellen, welche zur Anschaffung alles Nötigen ausreicht.«
Old Death wollte beistimmen. Ich sah ihm das an; darum fiel ich schnell ein:
»Das ist nicht nötig, Sennor. Wir haben nicht die Absicht, uns von Euch equipieren zu lassen. Zunächst haben wir nichts nötig, als zwei Pferde, die wir vielleicht bekommen können. Sättel haben wir.«
»Das trifft sich gut. Ich kann Euch zwei tüchtige Tiere ablassen, und wenn Ihr sie wirklich bezahlen wollt, so werde ich sie Euch für den Einkaufspreis geben. Wir können morgen früh in den Stall gehen, wo ich Euch die Pferde zeigen werde. Es sind die besten, die ich habe. Habt Ihr schon ein Unterkommen für die Nacht?«
»Ja. Master Lange hat uns eingeladen.«
»Das trifft sich ausgezeichnet. Wäre dies nicht der Fall, so hätte ich Euch eingeladen, bei mir zu bleiben, obgleich meine Wohnung eine sehr beschränkte ist. Wie meint Ihr, wollen wir das übrige gleich jetzt oder morgen früh abmachen?«
»Gleich jetzt,« antwortete Old Death. »Welche Formalitäten sind denn zu erledigen?«
»Für jetzt gar keine. Ihr werdet, da Ihr alles selbst zahlt, erst nach Eurem Eintreffen beim Korps in Pflicht und Eid genommen. Das einzige, was zu tun ist, besteht darin, daß ich Euch mit Legitimation versehe und außerdem mit einem Empfehlungsschreiben, welches Euch die Chargen sichert, die Ihr nach Euern Eigenschaften zu beanspruchen habt. Es ist freilich besser, diese Schriftstücke sofort anzufertigen. Man kann hier nie wissen, was im nächsten Augenblicke geschieht. Habt also hier eine Viertelstunde Geduld. Ich werde mich beeilen. Da liegen Zigarillos, und hier will ich Euch auch einen guten Schluck vorsetzen, von welchem ich sonst niemandem gebe. Davon ist leider nur eine einzige Flasche vorhanden.«
Er schob uns die Zigaretten hin und holte eine Flasche Wein herbei. Dann trat er an das Pult, um zu schreiben. Old Death zog mir hinter dem Rücken des Mexikaners eine Grimasse, aus welcher ich ersah, daß er sich höchst befriedigt fühle. Dann goß er sich ein Glas voll, brachte die Gesundheit Cortesios aus und leerte es auf einen Zug. Ich war bei weitem nicht so befriedigt wie er, denn die beiden Männer, auf welche ich es abgesehen hatte, waren noch gar nicht erwähnt worden. Das flüsterte ich dem Alten zu. Er antwortete mit einer Gebärde, welche mir sagen sollte, daß er das schon auch noch besorgen werde.
Nach Verlauf einer Viertelstunde hatte Old Death die vorher volle Flasche ganz allein ausgetrunken und Cortesio war fertig. Der letztere las uns vor dem Versiegeln das Empfehlungsschreiben vor, mit dessen Inhalte wir sehr zufrieden sein konnten. Dann füllte er nicht zwei, sondern vier Blanketts aus, von denen jeder von uns zwei erhielt. Zu meinem Erstaunen sah ich, daß es Pässe waren, der eine in französischer, der andere in spanischer Sprache gedruckt, und der erstere war von Bazaine und der letztere von Juarez unterschrieben. Cortesio mochte mein Erstaunen bemerken, denn er sagte unter einem Lächeln schlauer Befriedigung:
»Ihr seht, Sennor, daß wir imstande sind, Euch gegen alle möglichen Vorkommnisse in Schutz zu nehmen. Wie ich zu der französischen Legitimation komme, das ist meine Sache. Ihr wißt nicht, was Euch begegnen kann; und es ist also gut, dafür zu sorgen, daß Ihr für alle Fälle gesichert seid. Andern diese Doppelpässe zu geben, würde ich mich wohl hüten, denn sie werden nur ganz ausnahmsweise ausgestellt, und diejenigen Mannschaften, welche unter Bedeckung von hier abgehen, erhalten überhaupt keine Legitimation.«
Dies benutzte Old Death endlich zu der von mir so heiß ersehnten Frage:
»Seit wann sind die letzten dieser Leute hinüber?«
»Seit gestern. Ich hatte einen Transport von über dreißig Rekruten, welchen ich bis Hopkins Farm selbst begleitet habe. Es befanden sich diesesmal zwei Sennores in Privat dabei.«
»Ah, so befördert ihr auch Privatleute?“ fragte Old Death in verwundertem Tone.
»Nein. Das würde zu Unzuträglichkeiten führen. Nur gestern machte ich eine Ausnahme, weil der eine dieser Herren ein guter Bekannter von mir war. Übrigens werdet Ihr ausgezeichnet beritten sein und könnt, wenn Ihr morgen zeitig von hier fortreitet, das Detachement einholen, bevor es den Rio Grande erreicht,«
»An welchem Punkte wollen die Leute über den Fluß gehen?«
»Sie nehmen die Richtung auf den Eagle-Paß. Da sie sich aber dort nicht sehen lassen dürfen, so halten sie sich ein wenig nördlicher. Zwischen dem Rio Nueres und dem Rio grande durchschneiden sie den von San Antonio kommenden Maultierweg, kommen an Fort Inge vorüber, welches sie aber auch vermeiden müssen, und gehen zwischen den beiden Nebenflüßchen Las Moras und Moral über den Rio grande, weil es dort eine leicht passierbare Furt gibt, welche nur unsere Führer kennen. Von dort an halten sie sich westlich, um über Baya, Cruces, San Vinzente, Tabal und San Carlos die Stadt Chihuahua zu erreichen.«
Alle diese Orte waren mir böhmische Dörfer. Old Death aber nickte mit dem Kopf und wiederholte jeden Namen laut, als ob er die Gegend sehr genau kenne.
»Wir werden sie sicher einholen, wenn unsere Pferde wirklich nicht schlecht und die ihren nicht allzu gut sind,« sagte er. »Aber werden sie es erlauben, daß wir uns anschließen?«
Cortesio bejahte lebhaft. Doch mein Freund fragte weiter:
»Werden indessen die beiden Masters, welche Ihr Privatleute nanntet, auch damit einverstanden sein?«
»Jedenfalls. Sie haben gar nichts zu befehlen, ja, müssen sich freuen, unter dem Schutze des Detachements reisen zu dürfen. Da Ihr mit ihnen zusammentreffen werdet, so kann ich Euch sagen, daß Ihr sie als Gentlemen behandeln dürft. Der eine, ein geborener Mexikaner, namens Gavilano, ist ein Bekannter von mir. Ich habe schöne Stunden in der Hauptstadt mit ihm verlebt. Er hat eine jüngere Schwester, welche allen Sennores die Köpfe verdrehte.«
»So ist wohl auch er ein schöner Mann?«
»Nein. Sie sehen einander nicht ähnlich, da sie Stiefgeschwister sind. Sie heißt Felisa Perillo und war als reizende Cantora und entzückende Ballerina in der guten Gesellschaft eingeführt. Später verschwand sie, und jetzt erst habe ich von ihrem Bruder gehört, daß sie noch in der Umgegend von Chihuahua lebt. Genaue Auskunft konnte er mir nicht geben, da auch er sich erst nach ihr erkundigen muß, wenn er dorthin kommt.«
»Darf ich fragen, was dieser Sennor eigentlich war oder ist?«
»Dichter.«
Old Death machte ein sehr verblüfftes und geringschätzendes Gesicht, so daß der brave Cortesio hinzusetzte:
»Sennor Gavilano dichtete umsonst, denn er besitzt ein bedeutendes Vermögen und braucht sich seine Gedichte nicht bezahlen zu lassen.«
»So ist er freilich zu beneiden!«
»Ja, man beneidete ihn, und infolge der Kabalen, welche man deshalb gegen ihn schmiedete, hat er die Stadt und sogar das Land verlassen müssen. Jetzt kehrt er mit einem Yankee zurück, welcher Mexiko kennen lernen will und ihn gebeten hat, ihn in das Reich der Dichtkunst einzuführen. Sie wollen in der Hauptstadt ein Theater bauen.«
»Wünsche ihnen sehr viel Glück dazu! Also hat Gavilano gewußt, daß Ihr Euch jetzt in La Grange befindet?«
»O nein. Ich befand mich zufällig am Flusse, als der Dampfer anlangte, damit die Passagiere hier die Nacht zubringen könnten. Ich erkannte den Sennor sofort und lud ihn natürlich ein, mit seinem Begleiter bei mir zu bleiben. Es stellte sich heraus, daß die beiden nach Austin wollten, um von da aus über die Grenze zu gehen, und ich bot ihnen die passende Gelegenheit an, schneller und sicherer hinüber zu kommen. Denn für einen Fremden, zumal wenn er nicht sezessionistisch gesinnt ist, ist es nicht geraten, hier zu verweilen. In Texas treiben jetzt Leute ihr Wesen, welche gern im Trüben fischen, allerhand nutzloses oder gefährliches Gesindel, dessen Herkommen und Lebenszweck man nicht kennt. Man hört allerorts von Gewalttaten, von Überfällen und Grausamkeiten, deren Veranlassung niemand kennt. Die Täter verschwinden spurlos, wie sie gekommen sind, und die Polizei steht dann den Tatsachen völlig ratlos gegenüber.«
»Sollte es sich etwa um den Ku-Klux-Klan handeln?« fragte Old Death.
»Das haben viele gefragt, und in den letzten Tagen sind Entdeckungen gemacht worden, welche es wahrscheinlich machen, daß man es mit dieser Geheimbande zu tun habe. Vorgestern hob man unten in Halletsville zwei Leichen auf, denen Zettel mit der Inschrift »Yankee-Hounds« angeheftet waren. Drüben in Shelby wurde eine Familie fast tot gepeitscht, weil der Vater derselben unter General Grant gedient hat. Und heute habe ich erfahren, daß drunten bei Lyons eine schwarze Kapuze gefunden worden ist, auf welche zwei weiße, eidechsenartig geschnittene Zeugstücke aufgenäht waren.«
»Alle Wetter! Solche Masken tragen die Kukluxer!«
»Ja, sie hängen sich schwarze, mit weißen Figuren versehene Kapuzen über das Gesicht. Jeder einzelne soll sich einer besonderen Figur bedienen, an welcher man ihn erkennt, denn ihre Namen sollen sie nicht einmal untereinander wissen.«
»So steht allerdings zu vermuten, daß der Geheimbund anfängt, sein Wesen auch hier zu treiben. Nehmt Euch in acht, Don Cortesio. Sie kommen sicher hierher. Zuerst waren sie in Halletsville, und die Kapuze hat man in Lyons gefunden. Der letztere Ort liegt doch wohl bedeutend näher nach hier als der erstere?«
»Allerdings, Sennor, Ihr habt recht. Ich werde von heute an Türen und Fenster doppelt sorgfältig verschließen und meine geladenen Gewehre bereit halten.«
»Daran tut Ihr sehr recht. Diese Kerle dürfen nicht geschont werden, denn sie schonen auch nicht. Wer sich ihnen ohne Gegenwehr ergibt, weil er auf ihre Milde rechnet, der hat sich getäuscht. Ich würde nur mit Pulver und Blei zu ihnen sprechen. Übrigens scheint es drüben im Wirtshause nicht ganz geheuer zu sein, denn wir sahen da Gentlemen, denen nichts Gutes zuzutrauen ist. Ihr werdet klug tun, alles sorgfältig zu verstecken, womit man Euch beweisen kann, daß Ihr zu Juarez haltet. Tut das heute schon! Es ist besser, einmal unnötigerweise vorsichtig zu sein, als sich wegen einer kleinen Unterlassung durchpeitschen oder gar erschießen zu lassen. Jetzt denke ich, daß wir fertig sind. Morgen früh sehen wir uns wieder. Oder hättet Ihr uns heute noch etwas zu bemerken?«
»Nein, Sennores. Für heute sind wir fertig. Ich freue mich sehr, Euch kennen gelernt zu haben, und hoffe, später recht Gutes von Euch zu hören. Ich bin überzeugt, daß Ihr bei Juarez Euer Glück machen und schnell avancieren werdet.«
Damit waren wir entlassen. Cortesio reichte uns freundlich die Hand, und wir gingen. Als sich die Haustüre hinter uns geschlossen hatte und wir nach Langes Wohnung hinübergingen, konnte ich mich doch nicht halten, dem Alten einen gelinden Rippenstoß zu versetzen und dabei zu sagen:
»Aber Master, was fiel Euch ein, den Sennor in dieser Weise anzuflunkern! Eure Lügen waren ja häuserhoch!«
»So? Hin! Das versteht Ihr nicht, Sir! Es war immerhin möglich, daß wir abgewiesen wurden. Darum erweckte ich bei dem Sennor möglichst großen Appetit nach uns.«
»Und sogar Geld wolltet Ihr nehmen! Das wäre der offenbare Betrug gewesen!«
»Nun, offenbar gerade nicht, denn er wußte nichts davon. Warum sollte ich nicht nehmen, was er uns freiwillig anbot?«
»Weil wir nicht die Absicht haben, dies Geld zu verdienen.«
»So! Nun, in diesem Augenblicke haben wir diese Absicht freilich nicht. Aber woher wißt Ihr denn so ganz genau, daß wir nicht Gelegenheit finden werden, der Sache Juarez zu dienen? Wir können sogar um unser selber willen dazu gezwungen sein. Doch kann ich Euch nicht unrecht geben. Es ist sehr gut, daß wir kein Geld nahmen, denn nur dadurch sind wir zu den Pässen und zu dem Empfehlungsschreiben gekommen. Das Allerbeste aber ist, daß wir nun wissen, wohin sich Gibson gewendet hat. Ich kenne den Weg sehr genau. Wir brechen frühzeitig auf, und ich bin überzeugt, daß wir ihn einholen werden. Infolge unserer Papiere wird der Kommandeur des Detachements sich nicht eine Sekunde lang weigern, uns die beiden auszuliefern.«
Wir brauchten bei Lange nicht zu klopfen. Er lehnte unter der geöffneten Türe und führte uns in die Stube. Diese hatte drei Fenster, welche mit dicken Decken verhangen waren.
»Wandert Euch nicht über diese Vorhänge, Mesch‘schurs!« sagte er. »Ich habe sie mit Absicht angebracht. Wollen überhaupt möglichst leise sprechen. Die Kukluxer brauchen nicht zu wissen, daß Ihr bei uns seid.«
»Habt Ihr die Halunken gesehen?«
»Ihre Kundschafter wenigstens. Ich hatte, während Ihr so lange drüben bei Sennor Cortesio waret, Langeweile und ging hinaus, auf Euch zu warten, damit Ihr nicht erst zu klopfen brauchtet. Da hörte ich jemand heranschleichen von der Seite, wo das Wirtshaus liegt. Ich schob die Türe bis zu einer schmalen Spalte zu und lugte durch diese letztere hinaus. Drei Männer kamen und blieben nahe bei der Türe stehen. Trotz der Dunkelheit sah ich, daß sie sehr lange, weite Hosen, ebenso weite Jacken und dazu Kapuzen trugen, welche über die Gesichter gezogen waren. Diese Verkleidung war aus dunklem Stoffe gemacht und mit hellen Figuren besetzt.«
»Ah, wie es bei den Kukluxern der Fall ist!«
»Ganz recht. Zwei von den dreien blieben bei der Türe stehen. Der dritte schlich sich an das Fenster und versuchte, durch den Laden zu blicken. Als er zurückkehrte, meldete er, daß nur ein junger Mensch in der Stube sei, welcher der junge Lange sein müsse; der Alte sei nicht da, aber es stehe Essen auf dem Tische. Da meinte einer der beiden andern, daß wir jetzt zu Abend essen und dann schlafen gehen würden. Sie wollten rund um das Haus gehen, um zu sehen, wie man am besten hineinkommen könne. Dann verschwanden sie um die Ecke, und Ihr kamt, nachdem wir soeben die Fenster verhängt hatten. Aber über diesen Schuften darf ich nicht vergessen, daß Ihr meine Gäste seid. Setzt Euch nieder! Eßt und trinkt! Ihr findet heute nur die Kost eines Hinterwäldlers bei mir; doch was ich habe, gebe ich herzlich gern. Wir können auch während des Essens über die Gefahr sprechen, welche mir droht.«
»Eine Gefahr, in welcher wir Euch nicht verlassen werden, wie sich ganz von selbst versteht,« sagte Old Death. »Wo habt Ihr denn Euren Sohn?«
»Als Ihr drüben herauskamt, schlich er sich davon. Ich habe einige gute Freunde, Deutsche, auf welche ich rechnen kann. Die soll er heimlich holen. Zwei von ihnen kennt ihr schon. Sie saßen im Wirtshause mit an unserm Tische.«
»Sie werden doch trachten, unbemerkt ins Haus zu kommen? Es ist Euer Vorteil, die Kukluxer denken zu lassen, daß sie es nur mit Euch und Eurem Sohne zu tun haben.«
»Habt keine Sorge! Diese Leute wissen schon, was sie tun, und übrigens habe ich meinem Will gesagt, wie er sich verhalten soll.«
Das Essen bestand in Schinken, Brot und Bier. Wir hatten kaum begonnen, so hörten wir, scheinbar einige Häuser weit, das Winseln eines Hundes.
»Das ist das Zeichen,« sagte Lange, indem er aufstand. »Die Leute sind da.«
Er ging hinaus, um zu öffnen, und kehrte mit seinem Sohne und fünf Männern zurück, welche mit Gewehren, Revolvern und Messern bewaffnet waren. Sie nahmen schweigend Platz, wo sie irgend einen Gegenstand zum Sitzen fanden. Keiner sprach ein Wort, aber alle musterten die Fenster, ob dieselben auch gut verhangen seien. Das waren die richtigen Leute. Nicht sprechen und viele Worte machen, aber bereit zur Tat. Unter ihnen war ein alter, grauhaariger und graubärtiger Mann, welcher kein Auge von Old Death wendete. Er war der erste, welcher sprach, und zwar zu meinem Begleiter-.
»Verzeiht, Master! Will hat mir gesagt, wen ich hier treffen werde, und ich habe mich sehr darüber gefreut, denn ich meine, daß wir uns schon einmal gesehen haben.«
»Möglich!« antwortete der Fährtensucher. »Habe schon vieler Leute Kinder gesehen.«
»Könnt Ihr Euch nicht auf mich besinnen?«
Old Death betrachtete den Sprecher genau und sagte dann:
»Ich kalkuliere allerdings, daß wir uns bereits einmal begegnet sein müssen, kann mich aber nicht besinnen, wo das geschehen ist.«
»Drüben in Kalifornien vor etwa zwanzig Jahren und zwar im Chinesenviertel. Besinnt Euch einmal! Es wurde scharf gespielt und nebenbei Opium geraucht. Ich hatte all mein Geld verspielt, nahe an tausend Dollars. Eine einzige Münze hatte ich noch; die wollte ich nicht auf die Karte setzen, sondern verrauchen und mir dann eine Kugel durch den Kopf jagen. Ich war ein leidenschaftlicher Spieler gewesen und stand am Ende meines Könnens. Da – —«
»Schon gut! Besinne mich!« unterbrach ihn Old Death. »Ist nicht notwendig, daß Ihr das erzählt.«
»O doch, Sir, denn Ihr habt mich gerettet. Ihr hattet die Hälfte meines Verlustes gewonnen. Ihr nahmt mich beiseite, gabt mir das Geld wieder und nahmt mir dafür das heilige Versprechen ab, nie wieder zu spielen und vor allen Dingen auf die Bekanntschaft mit dem Opiumteufel ein für allemal zu verzichten. Ich gab Euch dieses Versprechen und habe es gehalten, wenn es mir auch sauer genug geworden ist. Ihr seid mein Retter. Ich bin inzwischen ein wohlhabender Mann geworden, und wenn Ihr mir eine große Freude machen wollt, so erlaubt Ihr mir, Euch das Geld zurückzugeben.«
»So dumm bin ich nicht!« lachte Old Death. »Bin lange Zeit stolz darauf gewesen, auch einmal etwas Gutes verbrochen zu haben, und werde mich hüten, dieses Bewußtsein gegen Euer Geld zu verkaufen. Wenn ich einmal sterbe, so habe ich nichts, gar nichts Gutes vorzubringen als nur dieses Eine, und das gebe ich also niemals her! Reden wir von andern Dingen, die jetzt viel notwendiger sind. Ich habe Euch damals vor zwei Teufeln gewarnt, welche ich leider genau kannte. Aber Eurer Willenskraft habt Ihr allein Eure Rettung zu verdanken. Reden wir nicht mehr davon!«
Bei diesen Worten des Scout ging mir eine Ahnung auf. Er hatte mir in New Orleans gesagt, seine Mutter habe ihn auf den Weg gesetzt, welcher zum Glücke führe, er aber habe seine eigene Richtung eingeschlagen, Jetzt bezeichnete er sich als einen genauen Kenner der beiden fürchterlichen Laster des Spieles und des Opiumrauchens. Konnte er diese Kenntnis allein durch die Beobachtung Anderer erlangt haben? Wohl schwerlich. Ich vermutete, er sei selbst leidenschaftlicher Spieler gewesen, sei es vielleicht noch. Und was das Opium betrifft, so wies seine dürre, skelettartige Gestalt auf den zerstörenden Genuß desselben hin. Sollte er noch jetzt heimlicher Opiumraucher sein? Vielleicht doch nicht, denn das Rauchen dieses Giftes setzt einen gewissen Überfluß an Zeit voraus, welcher dem Scout während unsers Rittes nicht zur Verfügung stand. Vielleicht aber war er Opiumesser. Auf alle Fälle war er dem Genusse dieser gefährlichen Substanz noch jetzt ergeben. Hätte er demselben entsagt, so wäre es seinem Körper wohl schon gelungen, sich nach und nach von den Folgen zu erholen. Ich begann, den Alten mit andern Augen zu betrachten. Zu der Achtung, welche er mir bisher eingeflößt hatte, trat ein gutes Teil Mitleid. Wie mochte er gegen die beiden Teufel gekämpft haben! Weich einen gesunden Körper, welch einen hochbegabten Geist mußte er besessen haben, da das Gift es bis heute noch nicht fertig gebracht hatte, beide völlig zu zerstören. Was waren alle Abenteuer, die er erlebt hatte, alle Anstrengungen und Entbehrungen des Lebens in der Wildnis gegen die Szenen, die sich in seinem Innern abgespielt haben mußten! Er rang vielleicht ebenso wild gegen die unerbittlichen, übermächtigen Leidenschaften, wie der dem Aussterben geweihte Indianer gegen das überlegene Bleichgesicht. Er hatte erfahren, daß jede Phase dieses Kampfes mit seiner Niederwerfung endige, und dennoch wehrte er sich weiter, selbst am Boden liegend, noch immer widerstehend. Old Death, dieser Name hatte von jetzt an einen grauenhaften Beiklang für mich. Der berühmte Scout war einem Untergange geweiht, gegen welchen das rein körperliche Sterben eine unbeschreibliche Wohltat ist!
Old Deaths letzte Worte: »Reden wir nicht mehr davon«, waren in einem solchen Tone gesprochen, daß der alte Deutsche auf Widerspruch verzichtete. Er antwortete:
»Well, Sir! Wir haben es jetzt mit einem Feinde zu tun, der ebenso grimmig und unerbittlich ist wie das Spiel und das Opium. Glücklicherweise aber ist er leichter zu packen als diese beiden, und packen wollen wir ihn. Der Ku-Klux-Klan ist ein ausgesprochener Gegner des Deutschtums, und wir alle müssen uns seiner wehren, nicht nur derjenige allein, der zunächst und direkt von ihm angegriffen wird. Er ist eine Bestie, welche aus tausend und abertausend Gliedern besteht. Jede Nachsicht wäre ein Fehler, der sich unbedingt rächen würde. Wir müssen gleich beim ersten Angriffe zeigen, daß wir unerbittlich sind. Gelingt es den Kukluxern, sich hier festzusetzen, so sind wir verloren; sie werden sich über uns hermachen und einen nach dem andern abwürgen. Darum bin ich der Meinung, daß wir ihnen heute einen Empfang bereiten, der ihnen einen solchen Schreck einjagt, daß sie es nicht wagen, wiederzukommen. Ich hoffe, daß dies auch eure Meinung ist.«
Die andern stimmten ihm alle bei.
»Schön!« fuhr er fort, da man ihm als dem Ältesten das Wort ließ. »So haben wir unsere Vorbereitungen so zu treffen, daß nicht nur ihre Absicht mißlingt, sondern daß sie es selbst sind, gegen welche der Spieß gerichtet wird. Will einer von euch einen Vorschlag machen? Wer einen guten Gedanken hat, der mag ihn hören lassen.«
Seine Augen und diejenigen der Andern richteten sich auf Old Death. Dieser wußte als erfahrener Westmann jedenfalls besser als sie alle, wie man sich gegen solche Feinde zu verhalten habe. Er sah die erwartungsvollen Blicke und die in denselben liegende stille Aufforderung, zog eine seiner Grimassen, nickte leise vor sich hin und sagte:
»Wenn die Andern schweigen, so will ich einige Worte sagen, Mesch‘schurs. Wir haben nur mit dem Umstande zu rechnen, daß sie erst dann kommen werden, wenn Master Lange sich niedergelegt hat. Wie ist Eure Hintertüre verschlossen? – Durch einen Riegel?«
»Nein, durch ein Schloß, wie alle meine Türen.«
»Well! Auch das werden sie wissen, und ich kalkuliere, daß sie sich mit falschen Schlüsseln versehen haben. Wenigstens wäre es unverzeihlich von ihnen, wenn sie das nicht getan hätten, Die Gesellschaft wird jedenfalls auch Mitglieder haben, die Schlosser sind oder mit einem Dietrich umzugehen wissen. Sie kommen also ganz gewiß herein, und es liegt nun an uns, zu beraten, wie wir sie empfangen werden.«
»Natürlich mit den Gewehren. Wir schießen sofort auf sie!«
»Und sie schießen auf Euch, Sir! Das Aufblitzen eurer Gewehre verrät ihnen, wo ihr euch befindet, wo ihr steht. Nein, nicht schießen. Ich kalkuliere, daß es eine wahre Wonne wäre, sie gefangen zu nehmen, ohne uns der Gefahr auszusetzen, mit ihren Waffen in Berührung zu kommen.«
»Haltet Ihr das für möglich?«