Kitabı oku: «Immanuel Kant: Der Mann und das Werk», sayfa 10

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3. Fragmente zur Naturgeschichte der Erde

Von der allgemeinen Erörterung des Kraftbegriffes, die seine Erstlingsschrift vollzogen, war Kant zur "Naturgeschichte und Theorie" des Himmels übergegangen; von da aus schreitet er weiter, zur Naturgeschichte der Erde fort. Dass ihm dieser innere Zusammenhang auch vor Augen gestanden hat, dürfen wir aus dem Schluß seiner Abhandlung über die Achsendrehung der Erde schließen, wo er von seiner bevorstehenden "Kosmogonie" schreibt: sie werde "dasjenige im großen oder vielmehr im unendlichen" sein, "was die Historie der Erde im kleinen enthält". Was er unter der Geschichte der Natur im Unterschied von der Naturbeschreibung verstand, hat er allerdings erst in einer späteren Schrift (Von den Rassen der Menschen 1775) auseinandergesetzt: jene, an der es uns "fast noch gänzlich" fehlt, habe zu zeigen, "durch welche Reihe von Veränderungen die Naturdinge hindurchgegangen sind, um an jedem Orte in ihren gegenwärtigen Zustand zu gelangen", also "die Veränderung der Erdgestalt, ingleichen die der Erdgeschöpfe (Pflanzen und Tiere), die sie durch natürliche Wanderungen erlitten haben, und ihre daraus entsprungenen Abartungen von dem Urbilde der Stammgattung" zu lehren. Wir sehen: ein großartiges Programm! Trotz aller Schwierigkeit müsse man eine solche Geschichte der Natur "wagen", die dann "nach und nach von Meinungen zu Einsichten fortschreiten könnte". Kant selbst hat gegen Ende der 70er Jahre vorübergehend einmal daran gedacht, zu dem "allgemeinen" Teil einer solchen Naturgeschichte einen Beitrag zu liefern, wenn auch "mehr durch Ideen als deren ausführliche Anwendung". Allein die schwer auf ihm lastende Arbeit an der Vernunftkritik hinderte ihn damals daran. Im Vergleich damit war eben doch die Naturgeschichte, wie er sich ausdrückte, nicht sein "Studium", sondern nur sein "Spiel". Dazu kam ein Bedenken, das er noch 1785 in die Worte kleidet: im Gegensatz zu der in der "ganzen Pracht" eines wissenschaftlichen Systems prunkenden Naturbeschreibung seien von der Naturgeschichte vorerst nur "Bruchstücke oder wankende Hypothesen" vorhanden. In den 50er Jahren indes, wo ihm mit der Idee einer "Naturgeschichte" des Himmels auch eine solche der Erde aufgestiegen war, hat er mutig eine Anzahl "Bruchstücke", d. h. kleinerer Arbeiten zu diesem Thema geliefert, zu dessen Bearbeitung die in jener Zeit vielfach umlaufenden geologischen Theorien Anregung genug gaben. Er hat diese erdgeschichtlichen Studien dann mit Vorliebe beinahe vier Jahrzehnte hindurch fortgesetzt, wie eine Anzahl Aufsätze und noch mehr Notizen in seinem Nachlaß bezeugen.

Schon vor dem Erscheinen seiner Kosmogonie hatte er, wie bereits erzählt, in der heimatlichen Zeitung – an dieser, dem sogenannten "Intelligenzwerk", fleißig mitzuarbeiten, wurden die Professoren und Magister der Akademie von der Behörde aufgefordert – die beiden Aufsätze über die Achsendrehung und das Veralten der Erde veröffentlicht. Von Januar bis April 1756 folgten drei Abhandlungen über das Erdbeben von Lissabon, die das Königsberger Publikum gerade von ihm, der offenbar schon als eine Art Autorität auf geologischem Gebiete galt, begehrte, in derselben Zeitung bzw. ihrem Verlage. Ungefähr gleichzeitig erschien das Universitätsprogramm: 'Neue Anmerkungen zur Erläuterung der Theorie der Winde' (Ende April 1756). Es schließen sich an der 'Entwurf und Ankündigung eines Collegii der physischen Geographie' (Ostern 1757), und vor allem die von da an 40 Jahre hindurch jedes Sommersemester sich wiederholenden viel besuchten Vorlesungen über letzteren Gegenstand. Endlich gehören in diesen Zusammenhang die zeitlich freilich sehr viel später entstandenen kleinen Aufsätze 'Über die Vulkane im Mond' (1785) und 'Etwas vom Einfluß des Mondes auf die Witterung' (1794) in der 'Berlinischen Monatsschrift', die wir bei dieser Gelegenheit gleich mit berücksichtigen. Denn wir wollen im folgenden nicht die zufälligen und verhältnismäßig unwichtigen Umstände der Entstehung dieser verschiedenen kleinen Abhandlungen schildern, sondern aus ihnen Kants Gesamtanschauung von der Geschichte des Erdkörpers und Seines Trabanten kennen zu lernen suchen, soweit sich dieselbe aus solchen "Bruchstücken" zusammenstellen läßt. Wir können das um so eher, da der Philosoph zwar, wie der genaueste Kenner und langjährige Bearbeiter seines Nachlasses E. Adickes ausführt, beständig an Einzelheiten seiner Theorien "gemodelt", aber "gewissen Grundüberzeugungen … sein Leben lang treu geblieben ist".

Kants Theorie von der Entwicklung des Erdkörpers schließt sich unmittelbar an die 'Theorie des Himmels' an. Im Anfang bestand unser Planet, ebenso wie die Sonne, aus einer chaotischen flüssigen28 Masse, in der alle Elemente – "Luft, Erde, Wasser usw." – miteinander vermengt waren. Sie nahm durch ihre Rotation die Gestalt einer abgeplatteten Kugel an und begann an der Oberfläche allmählich hart zu werden. Inzwischen bildeten sich unter derselben, infolge des natürlichen Aufsteigens der leichteren Elemente, weite, von Luft und Wasser erfüllte Hohlräume, die dann wiederholte Einstürze und infolge deren Gebirge und Täler, abwechselnd mit weiten, jedoch nicht allgemeinen Überschwemmungen hervorriefen. Über die Entstehung der letzteren, von denen eine die sogenannte "Sündflut", hat der Philosoph allerdings (nach Adickes' genauen Untersuchungen) zu verschiedenen Zeiten verschieden gedacht. Nach ihrem Verschwinden stieg nach und nach das heutige Festland aus dem einstigen Meeresboden empor. Die weitere Entwicklung der Erdoberfläche konnte sich nach solchen "Revolutionen" in größerer Ruhe vollziehen. Kants Aufmerksamkeit ziehen naturgemäß in erster Linie Probleme auf sich, die seinem scharf beobachtenden Blicke durch die Natur der Heimat gegeben waren: so die Grenzverschiebungen zwischen Meer und Land, die Bildung der Dünen und Haffe, die Entstehung und Bedeutung der Flußbetten, die er einmal den "eigentlichen Schlüssel der Erdtheorie" nennt; in den 70er Jahren auch die der Wüsten u. a. Im ganzen huldigt unser Denker mehr dem sogenannten Neptunismus (Entstehung durch Wasser) als dem Plutonismus (Entstehung durch Feuer). Vulkanische Ausbrüche scheinen ihm erst später stattgefunden zu haben und haben bloß vereinzelte Berge gebildet; die meisten "kraterähnlichen Bassins" auf der Erde, wie auf dem Monde, scheinen ihm nicht vulkanischen Ursprungs zu sein. Das Innere der Erde ist wahrscheinlich auch jetzt noch ein Chaos; magnetische Kräfte innerhalb desselben verursachen vielleicht die sonst unerklärbaren periodischen Klimaschwankungen der Erde. Zur Erklärung der Erdbeben muß freilich ein in jenen unterirdischen Höhlungen loderndes Feuermeer angenommen werden, das nur auf die Gelegenheit wartet, sich verheerend auf die Erdoberfläche zu ergießen oder sie doch mindestens zu erschüttern. In den Erdbebenaufsätzen des Jahres 1756 spielt naturgemäß das Wirken des Feuers – das ja auch, wie wir bereits sahen, das Thema seiner Promotionsschrift von 1755 bildete – eine größere Rolle. Er hält es für möglich, dass die "Feuerschätze" dieses "Reichs des Vulkan" dereinst der Erde vielleicht ein unvorhergesehenes Ende bereiten; aber das wäre ein Zufall, wie wenn ein Gebäude durch eine Feuersbrunst zerstört wird. Im ganzen neigt er, dem durch Leibniz in die Wissenschaft eingeführten Kontinuitätsgesetz und der eigenen wissenschaftlichen Grundanschauung folgend, der Annahme einer allmählichen, in "unmerklichen Stufen" vor sich gehenden Entwicklung zu, die gleichwohl durch beständige Summierung in langen Perioden große Veränderungen hervorzubringen vermag.

Andere Abhandlungen beziehen sich auf ein Thema, zu dem ihm das Königsberger Klima mit seinem häufigen Umspringen des Windes eine günstige Beobachtungsgelegenheit bot: die Entstehung der Winde; woran sich Untersuchungen über das Drehungsgesetz der Passate, das Wehen der Monsune, die Feuchtigkeit der Westwinde schlossen. Seine Vorlesungen über physische Geographie, auf die wir in einem späteren Kapitel noch zu sprechen kommen werden, betrachten die Erdoberfläche hauptsächlich in ihrem gegenwärtigen Zustand. Aber, wie auf Vergangenheit und Gegenwart, so richtete sich auch auf die fernste Zukunft unseres Planeten sein Blick. Dem ewigen Werden und Vergehen "aller Naturdinge" nach streng mechanischen Gesetzen ist auch die Erde unterworfen. Sie altert. Ihr immer stärkeres Hartwerden und die Zunahme ihrer Eigenwärme werden zur Folge haben, dass keine Dünste mehr aus ihrem Innern aufsteigen und so ihrer Fruchtbarkeit ein Ende machen, so dass sie vermutlich auch aufhören wird, bewohnbar zu sein. Ebbe und Flut, ihrerseits durch die Anziehungskraft des Mondes veranlaßt, bewirken gleichfalls durch ihren Reibungswiderstand eine zwar sehr langsam, aber sicher vor sich gehende Abnahme ihrer Rotationsgeschwindigkeit, bis ihre Drehung einst ganz aufhören wird. Die Erde hatte einen Anfang – ein von Ewigkeit her bestehender Erdkörper würde schon "abgespült" sein – und wird auch ein Ende haben; denn Ruhe ist der erste und letzte Zustand aller Bewegung. Zuletzt wird sie mit allen anderen Planeten in den allgemeinen "Senkungspunkt", die Sonne, zurückfallen, aus deren Schoß sie einst "gewaltsam erhoben ward"29, um aber vielleicht aus demselben neue Welten erstehen zu lassen.

Auch die zur Naturgeschichte der Erde gehörenden Aufsätze ruhen auf dem Grunde von Newtons Theorie, den gleich die erste Abhandlung und zwar ihn allein zweimal nennt, als den Urheber des "glücklichsten Versuches, den der menschliche Verstand in der Erkenntnis der Natur noch getan hat". Ferner: Kant will in ihnen zwar als "Naturkundiger", nicht als historischer Forscher auftreten, sich unmittelbar an die Natur halten und deren "Arbeit" beschreiben, aber er ist doch alles weniger als ein Naturforscher im modernen Sinne. Er treibt keine methodisch geregelte oder gar experimentelle Detailforschung, wie wir es heute von jedem Naturwissenschaftler fordern, sondern schöpft seine ausgebreiteten Einzelkenntnisse, wenn wir von Beobachtungen gewisser Naturerscheinungen der Heimat absehen, aus reicher Belesenheit in naturwissenschaftlichen Schriften und Reisebeschreibungen jeder Art. Auch in Einzeltheorien zeigt er sich, auf geologischem Gebiete noch stärker als auf dem astronomischen, vielfach beeinflußt von den Lehren früherer und zeitgenössischer Gelehrter, unter denen Adickes, der genaueste Kenner dieser Dinge, vor allem Leibniz, Buffon und Buache namhaft macht. Allein Kant macht auch gar nicht Anspruch darauf, auf diesem Gebiete ein Bahnbrecher der Wissenschaft zu sein. Seine Aufsätze wollen mehr zum Nachdenken anregende, populär geschriebene Betrachtungen für die Leser der Königsberger Lokalblätter und Universitätsprogramme, später der Berliner Monatsschrift sein.

Charakter der naturwissenschaftlichen Schriften

Das Verdienst und das Charakteristische von Kants naturwissenschaftlichen Schriften und Ideen besteht überhaupt nicht in der Feststellung von Einzelergebnissen oder in exakter mathematischer Begründung und Berechnung, die in der Regel überhaupt fehlt oder auch gelegentlich in die Irre geht, sondern im Erfassen und Verkünden neuer, fruchtbarer, geistvoller, zum Teil genialer Leitgedanken, denen die von anderen übernommenen Einzeltatsachen und -gedanken sich unterordnen, kurz im eigentlich Philosophischen. "Mit seltener Kraft der Intuition durchdringt er die Natur und sucht überall nach großen, durchgehenden Gesetzmäßigkeiten: so entdeckt er bald hier, bald dort verborgene Fäden des Zusammenhanges" und "vermag Wirkungen wahrzunehmen, an denen andere gebundenen Auges vorübergehen", "entdeckt in dem längst Bekannten ganz neue Seiten", "stiftet zwischen scheinbar Fernliegendem überraschende Verbindungen" (Adickes, a. a. O. S. 52, 53). Und wie die Kraft der Synthese, die in seiner Kosmogonie zur Herstellung eines großartigen Gesamtbildes führte, sich, obschon in vermindertem Grade, auch in seinen Fragmenten zu einer Naturgeschichte der Erde offenbart, so tritt uns auch die andere wichtige Seite der dortigen Untersuchung hier wiederum entgegen: die Abgrenzung der Wissenschaft gegen Theologie und falsche Teleologie.

Gewiß kommen auch in diesen Aufsätzen, namentlich soweit sie aus der vorkritischen Periode stammen, teleologische Wendungen von der von der Vorsehung beabsichtigten "Ordnung", "Schönheit", "Nützlichkeit" der Natureinrichtungen vor. Dagegen macht sich der Philosoph von Anfang an über jene grobe Art von Zweckbetrachtung lustig, die z. B. von dem Erscheinen der Kometen oder bestimmter Planeten allerlei Unheil für die Erdenbewohner befürchtet; von solchen Grillen habe Newton glücklicherweise die Naturwissenschaft "gesäubert". Selbst anscheinend so regellose Ereignisse wie die Erdbeben gehen auf mechanische Naturgesetze zurück. Gott steht wohl hinter ihnen, greift aber nicht in sie ein. Auch moralische Betrachtungen werden, zumal wenn es sich um ein so verführerisches Thema wie das Erdbeben von Lissabon handelt, nicht ganz ausgeschlossen. Aber sie beschränken sich doch im wesentlichen auf den vernünftigen Gedanken: solche traurigen Ereignisse sind keine göttlichen Strafgerichte, sollen vielmehr uns nur demütig stimmen und daran erinnern, dass der Mensch "nicht geboren ist, um auf dieser Schaubühne der Eitelkeit ewige Hütten zu bauen", und uns von dem "sträflichen Vorwitz" abhalten, als vermöchten wir Gottes Ratschlüsse einzusehen und den Plan des Ganzen zu verstehen, von dem wir nur ein Teil sind. So ruhige Erwägungen, selbst wenn wir ihnen heute nicht mehr zustimmen, unterscheiden sich wie Tag und Nacht von den rührseligen, faden und breitmäuligen Moralsalbadereien seiner Zeit, von denen Adickes (a. a. O. S. 70 f.) zwei ergötzliche Beispiele gibt.

Auch auf die biblische "Offenbarung" nehmen nur die beiden frühesten Aufsätze, je einmal, Bezug. Ein aus seiner ersten Magisterzeit stammender Entwurf über die Geschichte der Erde in den ältesten Zeiten (Akad. Ausg. XIV, 572 ff.) betont schon: "Wenn wir die Geschichte der Erde physikalisch untersuchen wollen, so müssen wir uns desfalls nicht an die Offenbarung wenden." Die "Sündflut" wird in der "Physischen Geographie" zwar noch als wirklich angenommen, aber doch naturgeschichtlich umgedeutet, worin er übrigens nur Leibnizens Vorgang in dessen "Protogäa" folgte; sie wird, wie sich Adickes (S. 48) nicht übel ausdrückt, "eigentlich nur honoris causa aufgenommen und geduldet". Am unzweideutigsten sprechen sich die beiden spätesten, bereits der kritischen Epoche angehörenden Abhandlungen über das Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft aus. Eine gesunde Naturwissenschaft wird sich keinerlei "verborgene Kräfte" zur Erklärung gewisser Erscheinungen ausdenken. Allerdings ist es unmöglich, eine absolut erste Ursache aller Naturveränderungen, beispielsweise der Sonnenhitze, anzugeben. Gleichwohl darf die Wissenschaft nicht aus Verzweiflung zu einer "unmittelbaren göttlichen Anordnung" als Erklärung ihre Zuflucht nehmen. Eine solche "muß zwar, wenn von Natur im ganzen die Rede ist, unvermeidlich unsere Nachfrage beschließen"; aber das befreit uns nicht von der "Verbindlichkeit, unter den Weltursachen zu suchen, soweit es uns nur möglich ist, und ihre Kette nach uns bekannten Gesetzen, so lange sie aneinander hängt, zu verfolgen" ('Über die Vulkane im Monde', Schluß).

4. Die übrigen naturphilosophischen Schriften

Nur im Vorübergehen sei dreier weiterer naturphilosophischer Abhandlungen – sämtlich Universitätsschriften – gedacht, die sich auf speziell physikalische Probleme beziehen.

Von ihnen haben wir die Promotionsschrift Deigne (1755) schon mehrfach erwähnt. Sie versucht die Wärmeerscheinungen als Wellenbewegung einer elastischen Äther-Materie zu erklären, demnach aus der Lagerung und den Kraftverhältnissen kleinster Teilchen abzuleiten. Die am 10. April 1756 zum Behufe der Bewerbung um eine Professur (s. oben) erforderliche dritte öffentlich verteidigte lateinische Dissertation: Monadologia physica, führt diese Atom-Theorie weiter. Die Monade (einfache Substanz, ursprünglicher Teil eines Körpers) erfüllt den Raum und bestimmt so der Nachbarmonade das "Maß der Nähe". Der Begriff der Undurchdringlichkeit wird zu dem der Kraft vertieft, da nur eine solche einer anderen Kraft zu widerstehen vermag. So überwindet der Philosoph den widerspruchsvollen Begriff des leeren Raumes. Die Schrift, in der er "Metaphysik", d. h. Leibnizsche Monadenlehre, durch "Geometrie", d. h. Newtonsche Physik, zu verbessern sucht, erregte Hamanns besonderen Beifall. Einer der "Opponenten" war der erst 16jährige Borowski.

Eine neue Weiterbüdung der physikalischen Grundbegriffe erfolgte in dem Osterprogramm 1758: "Neuer Lehrbegriff der Bewegung und Ruhe und der damit verknüpften Folgerungen in den ersten Gründen der Naturwissenschaft". Alle Bewegung, d. h. Ortsveränderung, kann nur relativ sein, in Beziehung auf andere Gegenstände bzw. Bewegungen; ebenso die Ruhe. Daraus werden die Stoßgesetze abgeleitet. Kein Körper, gegen den ein anderer sich bewegt, kann als in absoluter Ruhe befindlich angesehen werden. Es gibt keine besondere Trägheitskraft. Die kurze Abhandlung – es waren nur acht Quartseiten – erregte bei ihrem Erscheinen viel Aufsehen und enthält schon wichtige Grundgedanken der erst 28 Jahre später erschienenen "Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft". Im Bewußtsein des Neuen, das er mit ihr geleistet, zeigt er denn auch, namentlich in der Vorrede, ein starkes Kraftgefühl gegenüber aller "Autorität" und dem "einstimmigen Urteil der Weltweisen". Er würde sich kaum "wider das entscheidende Gutachten des ehrwürdigen großen Haufens" diejenige Freiheit genommen haben, "die durch nichts weiter als durch – die gesunde Vernunft gerechtfertigt ist". Aber er erblicke eine Menge "unternehmender Köpfe" um sich, die gleichfalls "mit dem Gesetze des Ansehens nichts wollen zu schaffen haben"; und so wage er es darauf hin, seine "Einfälle" zu äußern: "ob ich gleich weiß, dass diejenigen Herren, welche gewohnt sind, alle Gedanken als Spreu wegzuwerfen, die nicht auf die Zwangmühle des Wolffischen oder eines anderen berühmten Lehrgebäudes aufgeschüttet werden, bei dem ersten Anblick die Mühe der Prüfung für unnötig und die ganze Betrachtung für unrichtig erklären werden."

Wir verdanken die als Programmschriften erschienenen Abhandlungen Magister Kants der an sich nicht zu lobenden Zeitsitte, dass in das offizielle Vorlesungsverzeichnis der Universität die Collegien dei Privatdozenten nicht aufgenommen wurden. So waren diese genötigt, ihre Vorlesungen in besonderen Druckschriften anzuzeigen. Anders steht es mit dem letzten naturphilosophischen Werk aus der vorkritischen Zeit.

Naturwissenschaft und Religion

Den Abschluß nämlich der in erster Linie dem Nachdenken über naturphilosophische Probleme gewidmeten Periode seiner Magisterzeit bildet eine Ende 1762 erschienene größere Schrift, die nach des Autors eigener Versicherung ein "mühsam gesammeltes Baugerät" war und "die Folge eines langen Nachdenkens" darstellte: Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes.

Diese Schrift ist nicht, wie man nach dem Titel und dem ersten, kürzeren Abschnitt vermuten könnte, theologischen, sondern – wenigstens in ihrem weitaus größten Teile – naturphilosophischen Inhalts. Sie hat zwar die Absicht, "vermittelst der Naturwissenschaft zur Erkenntnis Gottes aufzusteigen", verfolgt aber dabei den Zweck, der "natürlichen Weltweisheit" bzw. "Erklärungsart" ein freieres Feld zu eröffnen. Sie will das Thema endgültig abschließen, das wir in der Kosmogonie von 1755 angeschlagen sahen: das Verhältnis von Naturwissenschaft und Gottesglauben; nur dass dort das Hauptgewicht auf die naturwissenschaftlichen Ausführungen fiel, während jetzt die Frage nach der Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Gottesbeweise eine größere Rolle spielt. Noch bestimmter wird diesmal die Grenzlinie gezogen. Immer wieder protestiert der Verfasser gegen die "gewöhnliche" Physiko-Theologie seiner Zeit, die möglichst viele Naturerscheinungen aus unmittelbaren göttlichen Eingriffen erklären will und anstatt der natürlichen überall "Zweckursachen" ausfindig zu machen strebt. Ein solches Verfahren bringe die Philosophie ins Gedränge, setze der Naturforschung Grenzen, begünstige unter dem Scheine religiöser Andacht wissenschaftliche Faulheit, ja mache aller wahren Naturforschung ein Ende. Wunder, d. i. übernatürliche Begebenheiten, soll man im gewöhnlichen Lauf der Dinge ohne "erheblichste" Ursache nicht annehmen. Gewiß will Kant der Religion keinen Eintrag tun; aber der Begriff "Gott" bedeutet ihm im Grunde nichts anderes als: Einheit, Harmonie und Ordnung des Mannigfaltigen.

Selbst die anscheinend "freiesten" Handlungen sind doch einer "großen Ordnung" unterworfen, wie z. B. die Statistik der Ehen beweise, wenn auch auf diesem Gebiete noch nicht alles "gehörig eingesehen" sei. Wir müssen in der Naturwissenschaft – auch in der organischen, wo es schwieriger ist – nach immer größerer Einheit streben, die in der Notwendigkeit allgemeiner Gesetze besteht. Mit genialer Voraussicht ahnt Kant hier bereits die Einheit aller Naturkräfte, die erst in unseren Tagen zur wissenschaftlichen Wahrheit zu werden begonnen hat: dass Wärme, Luft, Elektrizität, ja vielleicht auch der Magnetismus nur verschiedene Erscheinungsweisen der nämlichen Materie seien.

Die Opposition gegen den Dogmatismus der Metaphysik hat sich verstärkt, ist fast schon zur Skepsis gediehen. Er vergleicht sie einem "finsteren Ozean" ohne Ufer und rettende Leuchttürme, mit "bodenlosen Abgründen". Er will nicht mehr mit fertigen Definitionen arbeiten, mit denen die Metaphysik es der Mathematik gleichzutun strebt, sondern solche erst zu finden suchen. Er empfindet Abneigung gegen die "überfeine Weisheit" der "logischen Schmelzküche". Von den sogenannten Gottesbeweisen verwirft er sowohl den des Descartes wie den der Wolffianer, die beide aus bloßen Begriffen das Dasein Gottes folgern. Aber auch der gebräuchlichste, aus der Zweckmäßigkeit der Welt – von ihm damals noch der "kosmologische" genannt – sei zwar "schön", aber ohne strenge Beweiskraft. Nur eine gewisse Form des ontologischen, wonach die Aufhebung von Gottes Dasein alles denkbare Sein aufheben würde, will er als "einzig möglichen" Beweisgrund noch gelten lassen. Wenn nicht, nun, "so schlaget Euch von diesem ungebahnten Fußsteige auf die große Heeresstraße der menschlichen Vernunft!" Denn, wenn es auch "durchaus nötig" ist, "dass man sich vom Dasein Gottes überzeuge", so ist es doch "nicht ebenso nötig", dass "man es demonstriere". Damit schließt das merkwürdige Buch.

Die ziemlich umfangreiche Schrift machte den Namen des Königsberger Magisters zum erstenmal in weiteren Gelehrtenkreisen bekannt. Moses Mendelssohn pries in den "Literaturbriefen" den Verfasser als "Selbstdenker" und forderte ihn auf, das dauerhafte philosophische System zu errichten, zu dem der bescheidene Kant bloß "die ersten Züge eines Hauptrisses" hatte liefern wollen. Mehrere Theologen entgegneten; in Wien kam sie auf den Index, während die freier Gesinnten zustimmten. Jacobi schreibt noch 1786, nach dem Erscheinen von Herders pantheistisch gehaltenem "Gott", an Hamann: "Mit dem Herderischen (sc. Gott) hat uns Kant schon anno 1763 begnadigt." Der Philosoph aber hatte sie vor allem zum Zweck der eigenen Klärung geschrieben. Sie schloß für ihn die erste, wesentlich naturphilosophische Epoche seiner Magisterjahre ab und bildet, zugleich mit ihren oben zitierten Schlußworten und ihrer Bevorzugung der natürlichen Vernunft vor allen scholastischen Tifteleien, den Übergang zu der folgenden empiristisch-skeptischen und zugleich mehr anthropologisch-ethischen Periode seines Philosophierens.

28.Bis etwa 1775 kalt-, seitdem heiß-flüssig gedacht (vgl. Adickes, Kants Ansichten über Geschichte und Bau der Erde. 1911. S. 129f.). Woher die Flüssigkeit kam, dass sie sich erst aus der Wärme entwickelt, hat er erst 1785 erkannt. Das Feuer ist ihm in der Dissertation "De igne" (1756) noch ein weiter nicht erklärbares Element, das als ursprünglich elastische Materie allerdings schon die Hauptmerkmale des Flüssigen, leichte Verschiebbarkeit der Teilchen und gleichmäßige Druckverteilung, besitzt. Die mechanische Wärmetheorie existierte eben zu seiner Zeit noch nicht.
29.Aus Herders Kollegheft bei Menzer (Kants Lehre von der Entwicklung in Natur und Geschichte, 1911), S. 75.
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18+
Litres'teki yayın tarihi:
13 kasım 2024
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ISBN:
9788027226443
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