Kitabı oku: «Teufelskatz», sayfa 3
Dienstag
»Grüß Gott, mein Name ist Anke Schäfer, ich bin die Exfrau von Franz Gruber. Sie haben mich herbestellt.«
In der Tür stand eine attraktive Frau Anfang 40. Sie trug einen beigen Rollkragenpullover und blaue, künstlich abgetragene Jeans. Ihre Augen waren stark gerötet und ihr Gesicht verquollen. Offensichtlich hatte sie geweint.
»Nehmen Sie doch Platz, Frau Schäfer«, sagte Steinböck und schob ihr einen Stuhl dicht vor seinen Schreibtisch.
Anke Schäfer ließ ihren Blick durchs Büro schweifen. Schließlich landete ihr Blick auf Frau Merkel, die hinter dem Kommissar auf der Fensterbank saß. Sie lächelte. »Was ist mit Franz passiert, ist er wirklich ermordet worden?«, fragte sie, ohne den Blick von der Katze zu nehmen.
»Im Moment spricht vieles dafür, aber genau wissen wir es noch nicht. Wie viel Kontakt hatten Sie noch zu Ihrem Exmann?«
Jetzt blickte sie Steinböck an.
»Wir hatten regelmäßig Kontakt. Wir telefonierten oft miteinander. Außerdem besuchte er zusammen mit meinem jetzigen Mann und den Jungs nahezu jedes Heimspiel der Bayern.«
»Ihr Ex und Ihr jetziger Mann hatten also einen guten Kontakt zueinander?«
»Ja, die beiden sind befreundet. Oder muss ich jetzt sagen, waren befreundet?« Anke Schäfer fing zu weinen an. »Warum sollte jemand Franz umbringen?«
»Hatte Herr Gruber Feinde?«
»Nein, das würden Sie nicht fragen, wenn Sie ihn gekannt hätten. Jeder mochte ihn.«
»Und es gab da niemanden, mit dem er Probleme oder Streit hatte?«
»Nein, na ja, mit der Diözese, mit der hatte er sich gern angelegt.«
»Die Diözese?«, fragte Steinböck erstaunt.
»Es ging um Wohnungen für Asylsuchende. Franz war der Meinung, die Münchner Diözese könnte noch viel mehr Wohnraum zur Verfügung stellen. Da gab es ein ständiges Hick-Hack.«
»Hatte er etwas gegen die Kirche?«
»Oh, sie haben ihm früher böse mitgespielt. Als Franz mich kennenlernte und wir beschlossen hatten, zu heiraten, gab er über Nacht sein Priesteramt auf. Das haben sie ihm damals nicht verziehen. Er war zusätzlich Lehrer für Englisch und Religion. Sie haben dafür gesorgt, dass er keine Anstellung bekam. Meine Stelle in einem katholischen Kindergarten wurde plötzlich gestrichen. Franz hat dann noch mal studiert und bekam einen Job bei der Stadt. Der Einfluss der katholischen Kirche bei den Roten war dann doch nicht stark genug, um das zu verhindern. Franz hat über all die Jahre immer wieder Leuten geholfen, die Probleme mit der Diözese hatten. Also geliebt haben die ihn dort bestimmt nicht. Aber ihn deshalb umbringen? Wohl eher kaum.«
In diesem Moment kam Ilona Hasleitner ins Zimmer. Sie gab Steinböck einen Zettel, flüsterte etwas und setzte sich dann hinter ihren Schreibtisch.
»Eine persönliche Frage, Frau Schäfer, Sie hatten angeblich ein tolles Verhältnis zu Ihrem Exmann. Warum haben Sie sich dann scheiden lassen?«
Anke Schäfer schwieg einen Moment. Von Neuem fing sie leise an zu weinen. Dann zog sie hörbar die Luft ein.
»Mein größter Traum war es immer, Kinder zu haben. Wir haben es zehn Jahre versucht, bis die Ärzte feststellten, dass Franz unfruchtbar war. Ich wurde depressiv. Franz bestand darauf, dass wir uns scheiden lassen und ich mir einen neuen Mann suchen sollte.«
»So einfach?«
»Ja, so einfach, und so ist es dann auch gekommen. Ich habe Martin, meinen jetzigen Mann kennengelernt und zwei wunderbare Kinder bekommen. Franz war immer irgendwie dabei. Er liebte die Jungs über alles, so als wären sie seine eigenen.«
»Wussten Sie, dass er Sie als Alleinerbin eingesetzt hatte?«
»Ja, er hat es mir mal gesagt. Er wollte, dass es später den Jungs zugutekommen soll. Für ihre Ausbildung.«
»Haben Sie eine Ahnung, wie groß sein Vermögen ist?«
»Nein, aber von Vermögen wird man da kaum sprechen können. Er hat sich in den letzten Jahren etwas zusammengespart, aber das war in erster Linie für seine Reise gedacht.«
»Gibt es denn noch andere Verwandte?«
»Er hatte einmal etwas von einem Onkel in Hamburg erzählt, auf den er nicht besonders gut zu sprechen war. Die beiden hatten jedenfalls nie miteinander Kontakt.«
»Wussten Sie, dass dieser Onkel vor zwei Monaten gestorben ist und Herrn Gruber ein nicht gerade unbedeutendes Vermögen hinterlassen hat?«, fragte Steinböck, während er den Zettel, den Ilona eben gebracht hatte, noch einmal studierte.
»Davon hat er mir nichts erzählt«, erwiderte Anke Schäfer sichtlich erstaunt. »Außerdem hätte er das Erbe bestimmt ausgeschlagen.«
»Wie kommen Sie darauf?«
»Er hatte seinen Onkel verabscheut.«
»Warum?«
Anke Schäfer schwieg einen Augenblick. Ihr Blick wanderte wieder zu Frau Merkel. Wieder lächelte sie, wandte sich an den Kommissar und sagte: »Ich weiß es nicht, er hat mir den Grund nie gesagt.«
Steinböck wusste, dass sie log, trotzdem wechselte er das Thema.
»Gab es etwas, das ihn in letzter Zeit bedrückt hat? War er anders als sonst?«
»Natürlich war er anders, er stand kurz vor der Abreise. Er hatte noch viel zu erledigen.«
»Herr Gruber wollte sich gestern Abend mit einer Reporterin des Abend-Journals treffen. Können Sie sich vorstellen, warum?«
Einen Moment zögerte Anke Schäfer. »Vielleicht wegen des Briefes.«
»Welcher Brief?«
»Er hatte vor ein paar Wochen einen Brief von einem ehemaligen Kollegen bekommen. Ich meine damit einen Priester. Er war sehr betroffen. Hatte das Ganze aber nie wieder erwähnt.« Ihre Sätze kamen jetzt stakkatohaft, dabei blickte sie mehrmals auf ihre Armbanduhr. »Mehr kann ich Ihnen dazu nicht sagen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn ich jetzt gehen könnte. Ich muss die Jungs von der Schule abholen.«
Steinböck blickte zu Hasleitner und Mayer.
»Hat einer der Kollegen noch eine Frage?«
Emil Mayer junior schob seinen Rolli nach hinten: »Frau Schäfer, Kennen Sie das fliegende Spaghettimonster?«
»Natürlich«, antwortete sie jetzt laut lachend.
»Sind Sie denn auch ein Pastafari?«, fragte er.
»Sollten wir denn nicht alle Pastafaris sein«, entgegnete sie und verließ eilig das Büro.
*
»Und, was hältst du von ihr?«, fragte Steinböck und schaute dabei Ilona an.
»Eine durchaus sympathische Frau und so intelligent. Der nächste Gutmensch in diesem Fall«, hörte der Kommissar den zynischen Kommentar der Katze, den er jedoch ignorierte.
»Also, Ilona.«
»Ich weiß nicht, die san mir alle a bisserl zu perfekt.«
»Siehst du, das Mädel hat doch Verstand«, sagte die Katze und sprang auf Steinböcks Schreibtisch.
»Das Erbe des Onkels beträgt fast sechs Millionen Euro«, erklärte Steinböck Mayer, der den Zettel noch nicht kannte.
»Puhh«, sagte Mayer und fuhr sich mit der Hand über den kurz rasierten Schädel.
»Soll das heißen, sie erbt jetzt die sechs Millionen?«
»So sieht’s im Moment aus«, antwortete Steinböck. »Da wird sich der Fiskus freuen. Zweimal Erbschaftssteuer innerhalb ein paar Monaten.«
»Glaubst wirklich, er wollte die Erbschaft ausschlagen?«, fragte Mayer und fuhr dann fort: »Dann würde auch die Schäfer keinen Cent davon sehen. Durchaus ein Mordmotiv.«
»Aber warum erzählt sie uns das dann? Das macht sie umso verdächtiger«, stellte Ilona fest.
»Vielleicht doch ein Gutmensch«, stellte Steinböck grinsend fest.
»Aber was ist mit diesem Brief? Sollten wir da nicht nachforschen?«
»Genau, das wird deine Aufgabe sein, Ilona. Du gehst noch mal in Grubers Wohnung und suchst speziell nach dem Brief. Vor allem zwischen den Büchern. Der muss ja irgendwo sein. Und du, Emil, schaust, was du über die Familie der Schäfer rausfindest und vor allem, was es mit diesem Onkel auf sich hatte. Die Frau weiß, warum der Gruber seinen Onkel hasste, und ich will es auch wissen.«
»Und was machst du?«, fragte Hasleitner neugierig.
»Ich geh jetzt in die Kantine, und dann werd ich der Diözese einen Besuch abstatten.«
*
Als Steinböck sein Büro verließ, verschwand auch die Katze durch das Fenster. Etwas unruhig war er schon, jetzt wo Staller wieder da war. Er wusste nicht, wem von den beiden er mehr misstrauen sollte. Frau Merkel, die es immerhin geschafft hatte, Staller für ein halbes Jahr in die Klapse zu bringen. Oder dem Kollegen von der Spurensicherung, dessen heiliger Krieg gegen die vermeintlich tollwütige Katze sein ohnehin labiles Hirn noch etwas mehr aufgeweicht hatte.
Fleischpflanzerl mit Bratkartoffeln oder Rahmpfifferlinge mit Knödel versprach das Schwarze Brett vor der Kantine. Da es bereits kurz vor zwei war, waren die Pfifferlinge natürlich bereits aus.
»Schwammerl mit Knedel sind aus«, brummte Tamara in ihrem bayerisch-ostpreußischen Dialekt. »Kannste haben Fleischpflanzerl.«
Steinböck nickte und nahm sich zum wiederholten Male vor, das nächste Mal rechtzeitig in die Kantine zu gehen.
»Was ist los, Steinbeeck, haste schlechtes Launee«, und diesmal zog sie das e von Laune besonders lang. »Hier, lass dir schmecken«, sagte sie und knallte ihm den Teller auf die Glasplatte.
»Was ist das«, flüsterte Steinböck heiser und deutete auf den Teller. Dann drehte er sich um und ging langsam zur Tür.
»Bratkartoffeln sind aus. Mechtest doch sonst auch immer gern meine Spaghetti essen. Nu, Fleischpflanzerl sind heut a bissle kleen. Hat der neue Praktikant gekugelt. Ist doch kein Grund, wegzulaufen. He, Steinbeeck, soll ich dir den Teller warm halten?«
*
Raspin Kamin zog seine Maske herunter und betrat das fensterlose Zimmer. Leise schloss er die Tür hinter sich. Die fünf Männer im Raum verstummten. Alle trugen sie Skimützen, nur mit einem kleinen Schlitz dort, wo die Augen zu vermuten waren.
»Grüß Gott, liebe Clubmitglieder. Ich freue mich, dass Sie alle erschienen sind. Vermutlich können Sie sich denken, warum ich Sie hab rufen lassen.« Zustimmendes Murmeln war hinter den Wollmützen zu hören.
»Ich erwarte neue Ware. Hier schon mal ein paar Fotos.« Raspin Kamin legte vor jeden der Maskierten ein Kuvert auf den Tisch. »Übrigens, der Preis hat sich verdoppelt. Jammern Sie nicht, Sie können es sich alle leisten.«
»Sie gehen zu weit«, sagte einer der Maskierten.
»Waren nicht Sie es, der sich beschwert hat, dass es so lange dauert? Es wird immer schwieriger, die Ware zu besorgen und sie ins Land zu bekommen. Und das kostet Geld.«
»Was ist mit den Flüchtlingen? Könnt ihr dort nicht etwas organisieren?«
»Dort schleichen schon genug Pädophile rum. Und außerdem ist das Personal im Bezug darauf äußerst wachsam. Wir sind hier nicht bei Aldi. Warum ziehen Sie nicht selbst los und klappern die Aufnahmelager ab? Wir sind ein exklusiver Club und wir bieten ausgezeichnete Ware und vor allem Anonymität. Oder sind Sie schon mal enttäuscht worden?«
Die Vermummten murmelten zustimmend, und der Meckerer schwieg.
»Bitte verlassen Sie jetzt im Abstand von zwei Minuten den Raum. So hat jeder genügend Zeit, in der Menge unterzutauchen. Ich werde Sie benachrichtigen, sobald die Ware da ist.«
Als der Letzte gegangen war, öffnete sich die Tür hinter Raspin Kamin und ein kleiner untersetzter Mann trat ein.
»Mich kotzt dieser Kinderficker-Club gehörig an«, sagte er und stieß mit dem Fuß wütend einen Stuhl durch den Raum.
»He, vergiss nicht, die Jungs bringen uns eine Menge Kohle«, beruhigte ihn Kamin.
»Ein Politiker, ein Staatsanwalt, ein Fabrikant, ein Star der Volksmusik und ein Pfaffe. Fürwahr ein Querschnitt durch unsere noble Gesellschaft.«
»Reg dich nicht auf, sondern denk an das Geld. Hast du die Sache mit dem Pfaffen erledigt?«
»Wir sind dabei, aber warum müssen wir uns darum kümmern?«
»Weil er dafür zahlt, weil er sehr viel dafür zahlt, und außerdem möchte ich nicht meinen besten Klienten verlieren. Und vergiss nicht, wenn sie ihn kriegen und die Sache auffliegt, dann können wir erst mal dichtmachen. Also bringt die Sache zu Ende. Euch erwartet ein dicker Bonus, wie man in deren Kreisen so schön sagt.«
*
Das erzbischöfliche Ordinariat in der Rochusstraße lag um die Ecke. Steinböck entschloss sich, zu Fuß zu gehen. Eine regelrechte Odyssee durch die heilige Arroganz erwartete Steinböck, bis er schließlich beim persönlichen Sekretär des Bischofs landete. Martin Häckel empfing ihn an der Tür eines riesigen Büros, in dessen Mitte ein ebenso riesiger Schreibtisch stand. Die Wände hingen voller Bilder, und Steinböck war sichtlich erstaunt über die Auswahl der Künstler. Da waren doch hauptsächlich Münchner Maler aus dem letzten Jahrhundert zu sehen.
Martin Häckel war etwa in Steinböcks Alter, Anfang 50, vielleicht ein paar Jahre jünger. Zumindest besserte sich die Stimmung des Kommissars merklich, nachdem er zuvor durch ein Spalier von Scheinheiligkeit und Selbstherrlichkeit geschritten war.
»Entschuldigen Sie die Reserviertheit unserer Mitarbeiter, aber davon sind einige noch vom alten Schlag. Natürlich helfen wir der Münchner Polizei, wo immer wir nur können. Man hat mir gesagt, Sie wären von der Mordkommission. Nicht gerade eine Abteilung, mit der wir oft zu tun haben«, sagte er lächelnd. »Nehmen Sie doch Platz. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Eine Tasse Kaffee und vielleicht ein Stück Apfelkuchen? Selbst gebacken. Lachen Sie nicht, ich backe leidenschaftlich gerne.«
Steinböck dachte kurz und hungrig an das fliegende Spaghettimonster, das ihm Tamara auf den Tresen geknallt hatte, und er nahm dankend an.
»Was kann ich für Sie tun, Herr Kommissar.«
»Kennen Sie einen Franz Gruber?«
»Oh, ja«, sagte Häckel lachend, »den kenn ich sehr wohl.«
»Franz Gruber wurde am Sonntagabend tot in seiner Wohnung aufgefunden.«
»Franz tot? Und da Sie von der Mordkommission sind, gehe ich davon aus, dass er keines natürlichen Todes gestorben ist.«
»Das ist richtig. Woher kennen Sie ihn?«
»Ich kenne ihn schon seit dem Studium.«
»Wann haben Sie ihn das letzte Mal gesehen?«
»Das war erst vergangene Woche. Er war bei mir im Büro.«
»Hier bei Ihnen?«, fragte der Kommissar erstaunt. »Warum war er hier?«
»Es ging wieder mal um Wohnungen für Asylbewerber. Er war der Meinung, dass die Kirche mehr ihrer Wohnungen kostenlos zur Verfügung stellen sollte.«
»Und Sie sind anderer Meinung?«
»Nicht unbedingt, ich war durchaus seiner Meinung, aber ich entscheide das nicht. Das entscheidet die Finanzabteilung.«
»Nicht der Bischof?«
»Natürlich hat der Bischof das letzte Wort. Deswegen war Franz ja bei mir. Ich versprach ihm, mit seiner Exzellenz zu sprechen, sobald dieser aus Rom zurückkehren würde.«
»Kannte der Bischof Franz Gruber persönlich?«
»Ja, die beiden kennen sich schon lang, aber ehrlich gesagt, sie mochten sich nicht besonders.«
»Darf ich fragen, warum?«
»Na ja, im Bezug auf die Diözese war Franz ein Stänkerer, wie man bei uns in Bayern so sagt. Seine Exzellenz und Franz Gruber trugen so manchen kirchlichen Disput aus. Franz war ein sehr streitsamer Mensch, wenn es um Angelegenheiten zwischen kirchlicher und weltlicher Verwaltung ging.«
»So, so, ein Stänkerer, also waren seine Angriffe oft unberechtigt?«
»Das kann man so nicht sagen«, sagte der Sekretär und wand sich unbehaglich auf seinem Stuhl. »Die Diözese hatte Franz, nachdem er sein Priesteramt aufgegeben hatte, nicht gerade fair behandelt. Man hatte ihm eine große Karriere innerhalb der Kirche zugetraut und hatte enttäuscht etwas überreagiert. Daraufhin wurde Franz so etwas wie der Kämpfer für die, die sich von der Kirche ungerecht behandelt fühlten.«
»Das klingt ja aufregend. Robin Hood der Exkommunizierten.«
»Na ja, vielleicht habe ich auch etwas übertrieben, aber ich mochte ihn eben. Sagen Sie, Herr Kommissar, welcher Zusammenhang mit Franz Grubers Tod führt Sie ausgerechnet zu uns?«
»Reine Routine. Übrigens, hatte er in letzter Zeit auch mal einen persönlichen Termin beim Bischof?«
»Warum fragen Sie? Er hätte tatsächlich vor drei Tagen einen Termin beim Bischof gehabt. Leider musste seine Exzellenz letzte Woche plötzlich nach Rom und ich war gezwungen, ihm abzusagen.«
»Wann kommt er denn wieder?«
»Wir erwarten ihn heute Abend zurück.«
»Schön, dann grüßen Sie ihn von mir. Vielleicht möchte ich ihn in den nächsten Tagen persönlich sprechen.«
Jetzt lachte Martin Häckel laut auf.
»Ich werde es ihm ausrichten, aber denken Sie daran, es handelt sich hier um den Erzbischof, der vermutlich auch bald Kardinal sein wird.«
»Wie meinen Sie das?«, fragte Steinböck mit treudoofem Blick.
»Sie wissen schon, wie ich das meine«, erwiderte Häckel mit arrogantem Lächeln. »Ich bitte Sie, mich jetzt zu entschuldigen.« Mit diesen Worten stand er auf, öffnete die Tür und wies Steinböck mit offener Hand den Weg nach draußen.
Im Gang angekommen, drehte sich der Kommissar noch einmal um. »Eine Frage noch. Kennen Sie das fliegende Spaghettimonster?«
Häckel sah ihn verdutzt an. »Das fliegende Spaghettimonster?«, fragte er.
Steinböck versuchte, ernst zu blicken, und nickte bejahend.
»Nein, noch nie davon gehört«, antwortete Martin Häckel verständnislos.
*
Nachdem bis zum Nachmittag weder Ilona Hasleitner noch Emil Mayer besonders erfolgreich gewesen waren, beschloss Steinböck, früher nach Hause zu gehen. Unterwegs besorgte er sich eine Flasche schottischen Single Malt und bei Aldi Katzenfutter und ein Rumpsteak. Ihm war klar, dass sich die Katze wieder über die CO2-Bilanz des argentinischen Rindfleisches mokieren würde, aber ehrlich gesagt war ihm das heute scheißegal. Auch Ilona war nicht besonders gut auf ihn zu sprechen, nachdem sie bereits an die 2.000 Bücher erfolglos durchgeblättert hatte. Immerhin war sie in einer Sonderausgabe von »Krieg und Frieden« auf einen 1000-DM-Schein gestoßen. Sie war sich jedoch sicher, dass sie morgen Vormittag fertig würde. Bei Emils Recherchen über Grubers geheimnisvollen Erbonkel versprach ihm ein Hamburger Kollege, am nächsten Tag dessen langjährige Haushälterin, die in einem Seniorenheim lebte, aufzusuchen.
Zuerst öffnete er der Katze eine Dose »Fisch und Karotte«, und nachdem Steinböck sich ein Weißbier eingeschenkt hatte, haute er sich das Steak in die Pfanne, das er mit zwei Spiegeleiern garnierte. Um sein Gewissen zu beruhigen, schnitt er in den restlichen Salat vom Vortag noch eine Tomate hinein und machte es sich dann im Wintergarten bequem. Frau Merkel kontrollierte natürlich die Verpackung des Steaks, beließ es aber bei einem abfälligen Blick und machte sich dann über ihr Futter her.
Nach dem, wie Steinböck überzeugt war, ausgezeichneten Abendessen räumte er den Teller in die Küche, lümmelte sich in seinen Korbstuhl, fischte seinen »Schwarzer Krauser« aus der Sakkotasche und drehte sich eine Zigarette. Die Katze sprang auf den Tisch und begann sich zu putzen, ohne dabei Steinböck aus den Augen zu lassen.
Nachdem er sich die zweite Zigarette gedreht hatte, wurde es der Katze zu bunt.
»Wolltest du heute Abend nicht etwas googeln?«, fragte sie schließlich.
»Du meinst, über das fliegende Spaghettimonster?«, fragte er und öffnete den Laptop. Die Katze setzte sich dicht neben den aufgeklappten Bildschirm, und die nächste halbe Stunde surften sie durch die Geschichte der Pastafari und des fliegenden Spaghettimonsters. Und dieses Mal drängte ihn Frau Merkel auch nicht, sich zu beeilen, wenn er etwas zu lang auf einer Seite blieb. Schließlich klappte Steinböck den Deckel zu.
»Woher wusstest du das mit den Fleischbällchen und den Stielaugen?«
»Woher ich das wusste? Ich bin doch nicht blind. Schließlich haben wir uns doch lange Zeit unterhalten.«
»Und worüber habt ihr euch unterhalten?«
»Na ja, über Gott und die Welt.«
»Welchen Gott? Über seine ›Nudligkeit‹ oder dessen Sohn Jesus?«, fragte Steinböck grinsend.
»Dein Sarkasmus ist überflüssig. Wenn du so schlau bist, dann kannst du dir ja die eine Million Dollar verdienen.«
»Welche Million?«
»Ich dachte mir doch, dass du nur so getan hast, als wenn du lesen könntest. Aber ich wiederhole es gerne noch einmal für dich. Die Pastafari sind bereit, jedem, der in der Lage ist, den empirischen Beweis zu erbringen, dass Jesus nicht der Sohn des fliegenden Spaghettimonsters ist, eine Million Dollar zu zahlen.«
»Und darüber habt ihr euch unterhalten?«
»Quatsch, in erster Linie haben wir über dich gesprochen.«
»Über mich?«
»Na ja, ich habe mit seiner Nudligkeit über unsere Beziehung gesprochen. Und sie war der Meinung, ich sollte etwas netter zu dir sein und mich an das dritte Gebot halten.«
»Welches dritte Gebot?«
»Ich zitiere aus dem Kopf: ›Mir wär’s wirklich lieber, Du würdest nicht Leute wegen ihres Aussehens beurteilen oder danach, was für Klamotten sie anziehen oder wie sie reden oder wie auch immer – sei einfach nett, okay?‹«
»Schluss jetzt, es reicht«, rief Steinböck, packte die Katze unter dem Bauch und schleppte sie vor die Tür.
Den restlichen Abend verbrachte er mit der Flasche Single Malt vor dem Fernseher. Pünktlich zu Beginn von Steinböck und Frau Merkels Lieblingsserie »Jesse Stone« erschien auch die Katze wieder. Für Außenstehende kaum vorstellbar, wie die beiden einträchtig miteinander auf dem Sofa lagen. Synchron zu Tom Sellek füllte und leerte Steinböck sein Whiskyglas. Dumm, dass an diesem Abend auf ZDF Neo eine Doppelfolge gesendet wurde. So schaffte er es, mehr als ein Drittel der Flasche zu leeren, das wiederum bei ihm unweigerlich zu Träumen von leicht bekleideten Frauen führte. Diesmal war es Sabine Husup, die, nur mit einer Gardine bekleidet, versuchte, von Frau Merkel und dem fliegenden Spaghettimonster, Fotos zu machen. Dabei sprang sie wild wie Pumuckl auf und ab und näherte sich den beiden, die auf einer Mülltonne saßen. Plötzlich schleuderte seine Nudligkeit ihre Spaghetti wie Tentakeln hinaus, packte die leicht bekleidete Reporterin und schlang sie hinunter. Dann ein lauter Rülpser. Das Smartphone und die Harry-Potter-Brille wurden hinausgeschleudert und fielen krachend zu Boden.
Steinböck erwachte neben dem Sofa liegend. Die Katze, die mit ihm heruntergerutscht war, krallte sich in sein Hosenbein und blickte ihn vorwurfsvoll an. Mit schmerzverzerrtem Gesicht löste er ihre Krallen aus seinem rechten Oberschenkel.
»Ich sollte mir Gedanken über meine Träume machen. Sie beginnen langsam albern zu werden«, murmelte er vor sich hin. Dann machte er den Fernseher aus und beschloss, zu Bett zu gehen.
*
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.