Kitabı oku: «Die großen Literaten der Welt», sayfa 5

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Wichtige Werke:

Kai ōi (1672)

Oku no hosomichi (Auf schmalen Pfaden durchs Hinterland, 1689)

Sarumino (Das Affenmäntelchen, 1691)

1 Der Begriff entstand im 19. Jahrhunderts aus der Zusammenziehung der ursprünglichen Bezeichnung haikai no hokku (= Erstgedicht in einer Kettengedichtsequenz).

1 Besonders die Werke des ›Dichterheiligen‹ Du Fu (712–770) mit ihrer melancholisch-reflexiven Grundstimmung und die weinseligen, lebensfrohen Verse des großen Li Bai (701–762) übten Einfluss auf Bashōs eigene Lyrik aus.

1 Irmela Hijiya-Kischnereit: »Matsuo (Munefusa) Bashō«. in: Axel Ruckaberle (Hg.): Metzler Lexikon der Weltliteratur. Stuttgart/Weimar: Metzler 2006. Band 2. S. 119–20. hier: S. 120.

1 vergl. Gero von Wilpert (Hg.): Lexikon der Weltliteratur. Band I. Stuttgart: Körner 1988. S. 122.

SOR JUANA INÉS DE LA CRUZ (JUANA INÉS DE ASBAJE Y RAMÍREZ DE SANTILLANA)

(1651–1695)

Die zehnte Muse – Der Impuls moderner Poesie

Die Nonne Juana Inés de la Cruz war die herausragende intellektuelle Figur im Mexiko des 17. Jahrhunderts. Sie war Universalgelehrte, Proto-Feministin und weltliche wie mystizistische Liebespoetin und ist ohne Zweifel die bedeutendste Dichterin des kolonialen Amerikas. Aus ihren Versen spricht eine Modernität, die ihrer Zeit weit voraus war.

Ich und nur ich allein muss

mir Familie und Stammbaum sein.

Was kann sich schon messen mit dem Wissen,

dass ich von niemandem abhängig bin?

Ich wähle den Tod, um mich selbst zu gebären,

wann immer mir danach der Sinn steht.

[…]

Mein Tintenfass ist der schlichte Scheiterhaufen,

auf dem ich mich selbst in Flammen setze…

Die Poesie von Sor Juana Inés de la Cruz trage den Impuls der Moderne in sich, schrieb der mexikanische Dichtergigant und Nobelpreisträger Octavio Paz (1914–1998) in seiner monumentalen Studie/Roman Sor Juana Inés de la Cruz oder die Tücken des Glaubens (Sor Juana Inés de la Cruz o la trampa de la fe, 1982). Das obige Gedicht ist eindrucksvoller Beweis dafür, dass sich in der Dichtung der mexikanischen Nonne ein modernes, und dazu weibliches, Ich eine Stimme kreiert, wie sie zu ihrer Zeit noch nie gehört worden war – und, das zeigt das tragische Verstummen der Dichterin, aller Sprachgewalt zum Trotz auch noch nicht bereit war, gehört zu werden.

Sor Juana war in der Tat eine singuläre Erscheinung. Sie wurde unter dem Namen Juana Inés de Asbaje y Ramírez de Santillana als illegitime Tochter einer Kreolin geboren, jedoch im Haushalt ihres Großvaters erzogen, wo das hochintelligente Mädchen eine ungewöhnlich umfassende Ausbildung erhielt. Schon mit drei Jahren, so heißt es, konnte Juana lesen und verschlang von da an jedes Werk, das sie aus der Bibliothek ihres Großvaters in die Finger bekam. Besonders gern beschäftigte sie sich mit Poesie, Philosophie, Astronomie und Medizin. Im Alter von 15 Jahren galt das Mädchen als die gebildetste Frau Mexikos und wurde an den Hof des Vizekönigs geholt und in den Stand einer Hofdame der Vizekönigin erhoben. Ihre Schönheit, ihre scharfe Zunge, ihr wacher Verstand, ihr ungeheures Wissen, ihre zarte Poesie – all dies sicherte ihr die Bewunderung des gesamten Hofes. Und doch entschied sich Juana im Alter von zwanzig Jahren, den Schleier zu nehmen. Die Spekulationen über ihre Motive gehen auseinander; während manche Quellen nahelegen, dass die junge Hofdame verheiratet gewesen war und nach dem Tod ihres über alles geliebten Mannes nur noch ein Leben als Braut Christi in Betracht ziehen konnte, gehen die meisten Forscher davon aus, dass trotz des Mäzenats des Vizekönigs letztendlich das Kloster der einzige Ort war, an dem eine unverheiratete Frau sich der Gelehrsamkeit hingeben konnte. Und lange Zeit schien Sor Juana auch genau das zu gelingen: Sie verwandelte das Kloster San Geranium in einen Ort intellektueller Begegnung, schuf dort eine Bibliothek mit über 4.000 Büchern und verfasste philosophische wie theologische Abhandlungen – und natürlich Poesie. Letztere bestand nicht nur aus Auftragsarbeiten von Kirche und Königshof (darunter Vokalmusik und Dramen), sondern auch aus mystizistischen und weltlichen Liebesgedichten. Letzteres erregte nicht selten den Unmut der kirchlichen Obrigkeit. Der Bischof von Puebla rügte die Nonne mehrmals öffentlich wegen ihrer weltlichen Gelehrsamkeit und unangemessenen Verse, was Sor Juana mit scharfzüngigen offenen Briefen beantwortete. Diese – z. B. die berühmte Antwort an Schwester Philothea (La Requesta de la poetisa a la muy ilustre Sor Philotea de la Cruz, um 1690)1 – können als frühe feministische Manifeste gelesen werden, in denen Sor Juana das Recht der Frauen auf Bildung verteidigt, wie sie es etwa auch in dem folgenden zu Ehren der Heiligen Katharina von Alexandria verfassten Gedicht tut2:

Einer Frau ist es gelungen

all den Weisen von Ägypten

zu beweisen, dass Erkenntniskraft

nicht bedingt ist durchs Geschlecht.

Triumph! Triumph!

Ein Wunder, ja, ein Mirakel.

Aber nicht, dass sie obsiegte

war das Wunder, sondern dass

die Männer sich vor ihr beugten.

Triumph! Triumph!

Sie forscht, diskutiert und lehrt,

tätig im Dienste der Kirche,

weil er, der ihr den Verstand gab,

nicht will, dass sie nichts erkenne.

Triumph! Triumph!

Es ist wenig verwunderlich, dass Sor Juana, die in diesem Gedicht recht unverblümt die Gottgewolltheit ihrer eigenen Gelehrsamkeit propagiert, die innigste Beziehung in ihrem Leben zu einer anderen Frau hatte: der Vizekönigin María Luisa de Padera. Die beiden Frauen pflegten eine intellektuelle Zweisamkeit, und Sor Juanas schönste – und leidenschaftlichste – Liebesgedichte, in den Konventionen höfischer Liebesdichtung verfasst, sind der Vizekönigin gewidmet. Diese werden nur übertroffen von Sor Juanas großem philosophischen Gedicht Erster Traum (Primero sueño, 1685), das von ihrer Stellung als Universalgelehrte an der Schwelle der anbrechenden Moderne zeugt.

Bei ihrer Rückkehr nach Spanien brachte María Luisa de Padera die Poesie Sor Juanas mit in die Alte Welt und trug so wesentlich zur Verbreitung des Ruhms ihrer gelehrten Freundin bei. Gleichzeitig jedoch verlor die Dichterin durch die Ablösung von María Luisas Ehemann als Vizekönig von Mexiko dessen Protektorat – und war von da an den Kirchenoberen ausgeliefert. Im Jahr 1691 beugte sie sich schließlich dem Druck unter dem Schatten der Inquisition, unterschrieb ein Sündenbekenntnis, verkaufte ihre wissenschaftlichen Instrumente und ihre gesamte Bibliothek – und hörte auf zu schreiben. Sor Juana Inés de la Cruz überlebte dieses poetische Verstummen nur um zwei Jahre. Ihr Ruf und ihre Poesie jedoch lebt noch heute. Nicht nur Octavio Paz’ Biographie der großen Dichterin zeugt davon, sondern auch die Verfilmung derselben von der argentinischen Regisseurin María Luisa Bemberg (1922–1995) aus dem Jahr 1990, Yo, la peor de todas (Ich, die Unwürdigste von allen). Eine deutsche Sammlung von Sor Juanas Werken findet sich unter dem Titel Es höre mich dein Auge.

Wichtige Werke:

Primero sueño (Erster Traum, 1635)

La Requesta de la poetisa a la ilustre Sor Philotea (Die Antwort an Schwester Philothea, um 1690)

1 Der Bischof hatte seine rügenden Worte der fiktiven Sor Philothea in den Mund gelegt.

2 Die Heilige Katharina von Alexandria soll, so die Legende, 50 heidnische Philosophen allein durch die Kraft ihrer Argumentation zum Glauben an Christus bekehrt haben.

EDGAR ALLAN POE

(1809–1849)

Nimmermehr – Der Nachtseitenpoet

Der Name Edgar Allan Poe wird populärerweise am ehesten mit exquisiten Schauergeschichten und grotesk-unheimlichen Gedichten – wie sein berühmtestes lyrisches Werk Der Rabe (The Raven, 1845) – in Verbindung gebracht. Poe war jedoch viel mehr als der Master of Horror, nämlich Initiator verschiedener Neuentwicklungen der amerikanischen wie europäischen Literatur, sowohl auf dem Gebiet der Prosa als auch der Lyrik. Seine poetologischen Überlegungen beeinflussten die französischen Symbolisten nachhaltig, er war der Begründer der Gattung der Detektivgeschichte und eröffnete in seinen Erzählungen und Gedichten den Zugang zu den Nachtseiten der menschlichen Psyche wie kaum ein Dichter vor ihm. Auch heute noch ist Poe einer der meistgelesenen US-amerikanischen Schriftsteller überhaupt.

Nicht nur die Literatur Edgar Allan Poes ist von einer Aura des Mysteriösen umgeben, sondern auch sein Leben. Es ist schwer, in seinem Fall Fakt von Legende zu trennen, nicht nur, weil er sich ähnlich wie der englische Romantiker George Gordon Lord Byron (1788–1824) als eine Art Byronic hero1 zu inszenieren pflegte, sondern auch wegen der Verleumdungskampagnen, die Poes angeblicher Freund Rufus Griswold nach dessen Tod unter anderem durch Fälschung von Korrespondenzen führte. Selbst was von Poes Leben als relativ gesichert bekannt ist, hat den Touch des Melodramatischen. Er wurde in Boston als Sohn der Schauspielerin Elizabeth Arnold Poe und von David Poe Jr. geboren. Als der kleine Edgar gerade mal zwei Jahre zählte, starb seine Mutter und der Vater ließ die drei Kinder im Stich, die von verschiedenen Familien aufgenommen wurden. Edgar kam zu der Familie des wohlhabenden Tabakhändlers John Allan in Richmond (daher der mittlere Name des Schriftstellers). Von 1815 bis 1820 lebte die Familie in England, wo Edgar zur Schule ging, 1826 besuchte der junge Poe die University of Virginia, die er jedoch aufgrund seiner Spielschulden trotz seiner außergewöhnlichen Leistungen bald wieder verlassen musste. In der Zeit von 1827 bis 1831 versuchte sich der Universitätsabgänger recht erfolgreich an einer militärischen Karriere, gab diese jedoch wieder auf. Die `30er Jahre verbrachte Poe in relativer Armut in Baltimore, Richmond, New York und Philadelphia, wo er für verschiedene Zeitschriften tätig war. Der eifrige Literat hatte bis 1831 zwar schon drei Gedichtbände veröffentlicht2, mit Metzgengernstein 1832 seine erste Kurzgeschichte publiziert und im Laufe des Jahrzehnts seine größten Erzählungen verfasst, aber der Publikumserfolg blieb aus. Dafür machte sich Poe während seiner Zeit beim Southern Literary Messenger (Richmond, 1835–1837) einen nationalen Namen als genialer Rezensent und Literaturkritiker, den er bis heute behalten hat. Erst das Jahr 1845 brachte dem Dichter Poe, der inzwischen wieder in New York lebte, den literarischen Durchbruch, und zwar mit der Veröffentlichung seiner berühmten Schauerballade Der Rabe, die eine Sensation auslöste und ihm den Zugang zu den literarischen Kreisen New Yorks erschloss. Gerade Letzteres genoss Poe in vollsten Zügen. Poes Glück zerbrach jedoch abrupt, als seine geliebte Frau Virginia1 tödlich erkrankte. Poe blieb als gebrochener Mann zurück, der zwar weiterhin literarisch tätig war – etwa veröffentlichte er 1848 mit seinem philosophischen Prosagedicht Heureka (Eureka) eine Summe seines sowohl romantisch wie naturwissenschaftlich geprägten Weltbildes –, verfiel aber zusehends der Paranoia und Halluzinationen. 1849 verschwand er während einer Reise nach Philadelphia und wurde drei Tage später verletzt und halluzinierend gefunden. Kurz darauf verstarb der Poet im Alter von 40 Jahren.

Edgar Allan Poe nimmt eine Sonderstellung unter den Dichtern der sogenannten Amerikanischen Renaissance ein. Während es seinen poetischen Zeitgenossen ein Anliegen war, eine eigenständige amerikanische Nationalliteratur zu kreieren, verstand sich Poe als Kosmopolit und die gesamte Welt als die einzig angemessene Bühne für die Literatur. Er thematisierte nicht die Alltagsrealität der jungen Staatengemeinschaft, sondern schuf in seinen Gedichten und Geschichten eine zeitlose, surreale, universale und archetypische Atmosphäre. Er kann als einer der europäischsten der amerikanischen Literaten bezeichnet werden, und zwar sowohl von seinen Wurzeln her (seine Vorbilder waren die englischen und deutschen Romantiker) als auch von seiner Wirkung her: Es waren die französischen Symbolisten – allen voran Charles Baudelaire (1821–1867), der Poes Gedichte ins Französische übersetzte und so dessen Erfolg in Europa tatkräftig Vorschub leistete –, die ihn als den Wegbereiter einer neuen Poesie feierten. Im konservativen intellektuellen Klima der damaligen USA dagegen wurde Poe als Exzentriker betrachtet, und noch heute gilt er dem Augsburger Amerikanisten Hubert Zapf zufolge »als Prototyp des Schriftstellers, als romantischer Außenseiter, der in der materialistisch eingestellten amerikanischen Gesellschaft keine Überlebenschancen hat«1.

Gerade in dieser Autonomie von der äußeren Wirklichkeit, seinem Interesse an den Nachtseiten der menschlichen Psyche und seiner symbolischen ›Traumsprache‹ liegt der große Einfluss begründet, den Poes Werke auf die französische Lyrik ausübten, die ihrerseits wegbereitend für die literarische Moderne war. Auch seine theoretischen Überlegungen hinsichtlich des Wesens der Lyrik erwiesen sich als höchst wirkungsmächtig; der ›Nachtseitenpoet‹ war einer der Wegbereiter der pure poetry oder poésie pure, die die Kunst selbst als alleinigen Zweck der Kunst betrachtete. Für Poe stand allein das Schöne im Mittelpunkt des Gedichts – das Schöne in der Sprache, im Rhythmus, in der Metrik und im Gegenstand der Lyrik, wobei er allerdings die Melancholie zur höchsten ästhetischen Emotion erklärte. Deren angemessenstes Sujet, so Poe, sei der Tod einer schönen Frau, und so drehen sich seine bekanntesten Gedichte, wie Der Rabe, Anabel Lee und Lenore, um diese Thematik. Poe erhob außerdem die Musikalität zum höchsten Prinzip seiner ästhetizistischen Dichtung und führte eine ganz neue Verssprache in die englischsprachige Literatur ein, die in erster Linie auf der Rhythmik der Sprachmelodie beruht. Des Weiteren proklamierte er die Verbindung von »symmetry and strangeness«, wie er in seiner Erzählung Ligeia schreibt, von idealisierter Schönheit mit bizarren Verfremdungselementen. Dadurch entstanden in seiner Lyrik oft dunkle, apokalyptische Bilder, welche die für Poe so typische Atmosphäre des Unheimlichen erzeugen.

Obwohl Poe auch satirische und humoristische Erzählungen verfasste, ist auch seine Prosa für dieses Unheimliche bekannt; er selbst bezeichnete sie als ›grotesk‹ oder ›arabesk‹. Damit meinte er die Atmosphäre der Irrationalität und Fantastik, der Exotik und des inneren Verfalls, die er in seinen Geschichten erzeugt. Diese sind von der europäischen Schauerromantik inspiriert, verwandeln dieses Genre jedoch in ein Medium der Erforschung innerseelischer, dysfunktionaler Zustände. Poes Erzählungen werden so zu einem frühen Ausdruck der Krise des Subjekts, die die Entwicklung zur Moderne charakterisiert. Dies schlägt sich auch in Poes Erzählstil nieder, der von analytischer Beobachtung bis hin zur dramatischen Unmittelbarkeit reicht. Nicht selten wählt sich der Nachtseitenpoet vom Wahnsinn gezeichnete narrative Stimmen.

Nicht nur auf dem Gebiet der grotesken Erzählung betrat Poe Neuland. Vielmehr schuf er mit seinen tales of ratiocination – von denen Der Mord in der Rue Morgue (The Murders in the Rue Morgue, 1841) die erste ist – das Genre der Detektivgeschichte mit all seinen charakteristischen Merkmalen: die analytischen Verfahren der Wahrheitsaufdeckung; die Inkompetenz der Polizei; die Figur des naiven Freundes, der als Erzähler fungiert; und die Figur des Meisterdetektivs mit seiner überlegenen Verstandesschärfe. So ist Edgar Allan Poe und nicht Sir Arthur Conan Doyle (1859–1930) der Vater des ›Helden der Logik‹, der in Sherlock Holmes seinen berühmtesten Vertreter gefunden hat.

Nicht zuletzt ging Edgar Allan Poe als einer der Schöpfer und Theoretiker der short story, der Kurzgeschichte, in die Literaturgeschichte ein; er argumentierte für die Dichte und Kürze einer Prosaerzählung und etablierte die unity of effect (›Einheit des Effekts‹), das heißt die Erzeugung einer ganz bestimmten, einheitlichen Atmosphäre, als entscheidendes Merkmal der Kurzgeschichte (im Gegensatz zum Roman). So war es dem Nachtseitenpoeten Poe, der die Lyrik als seine Leidenschaft bezeichnete, letztendlich beschieden, als Meister der Kurzprosa in das literarische Gedächtnis einzutreten.

Wichtige Werke:

Ligeia (Ligeia, 1838)

The Fall of the House of Usher (Der Untergang des Hauses Usher, 1839)

William Wilson (William Wilson, 1839)

The Murders in the Rue Morgue (Der Mord in der Rue Morgue, 1841)

The Masque of the Red Death (Die Maske des roten Todes, 1842)

The Black Cat (Die schwarze Katze, 1843)

The Tell-Tale Heart (Das verräterische Herz, 1843)

The Raven (Der Rabe, 1845)

Eureka. A Prose Poem (Heureka. Ein Prosagedicht, 1848)

The Poetic Principle (Das dichterische Prinzip, 1850)

1 Unter dem Byronic hero, dem Byronschen Helden, versteht man die Figur des geheimnisvoll-düsteren romantischen Helden, den Lord Byron in seinen Dichtungen popularisierte und in gewisser Weise selbst lebte.

2 Poes erster Gedichtband erschien bereits 1827 unter dem Titel Tamerlane and Other Poems.

1 Als Poe und Virginia Clemm im Jahr 1836 heirateten, zählte die Braut zarte 13 Jahre – eine Tatsache, die das ihrige zum Ruf des Dichters und Literaturkritikers als verruchter Byronic hero beitrug. Manche behaupten allerdings, die Beziehung zwischen Poe und Virginia sei eher geschwisterlicher und asexueller Natur gewesen.

1 Hubert Zapf: »Romantik und ›American Renaissance‹ «. in: Hubert Zapf (Hg.): Amerikanische Literaturgeschichte. Stuttgart/Weimar: Metzler 2004. S. 85–153. hier: S. 110.

HERMAN MELVILLE

(1819–1891)

Ishmael – Der Seefahrer und der amerikanische Prometheus

Die Frage nach dem amerikanischen Nationalepos kann nicht eindeutig beantwortet werden; vielmehr teilen sich diesen Titel drei Werke von gleichgroßer Bedeutung: Huckleberry Finn (Adventures of Huckleberry Finn, 1855) von Mark Twain (1835–1910), die Grashalme (Leaves of Grass, Endfassung 1881/82) von Walt Whitman (1819–1892) und Herman Melvilles Moby Dick (1851). Letzterer gehört zu den berühmtesten Romanen der Weltliteratur überhaupt. Die mythisch überhöhte Jagd Captain Ahabs auf den Weißen Wal ist zum kulturellen Symbol geworden für den Kampf des sich selbst absolut setzenden Individuums gegen eine Naturgewalt, die jenseits des Beeinflussbaren liegt.

Die US-Literatur des 19. Jahrhunderts ist geprägt von der Suche nach der eigenen Stimme, dem Versuch der Emanzipation von der Alten Welt im Allgemeinen und England im Besonderen. Das Werk Herman Melvilles stellt einen bedeutenden Schritt auf diesem Weg dar, auch wenn es von seinen Zeitgenossen nicht in dem ihm gebührenden Maße anerkannt wurde. Erst in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde Melvilles Werk wiederentdeckt und entsprechend gewürdigt.

Herman Melville, einer der bedeutendsten amerikanischen Schriftsteller überhaupt, war Autodidakt. Der Vater, ein New Yorker Kaufmann, starb früh, und so musste sein Sohn bereits mit dreizehn Jahren die Schule verlassen. Es folgten verschiedene Tätigkeiten, etwa als Bankangestellter, als Farmarbeiter und als Lehrer, bis Melville 1839 seinem bisherigen Leben den Rücken kehrte und cabin boy auf der Redburn wurde, die nach Liverpool segelte. 1841 heuerte er dann auf dem Walfänger Acushnet an – der Beginn einer Reihe von ›Irrfahrten‹ durch die Südsee, die 1844 endeten, als Melville als Matrose der US-Navy nach Norfolk zurückkehrte. Die Seefahrt ist Melvilles großes Thema, und das Meer mit seiner unfasslichen Weite und wilden Elementarität ist das symbolische Feld, dem die intensiven Bilder entspringen, die so charakteristisch für sein Gesamtwerk sind. Moby Dick kann dabei als die Summe von Melvilles Erfahrungen, Reflexionen und autodidaktischen literarischen Studien betrachtet werden. Zunächst allerdings begann Melville hauptsächlich aufgrund seiner schwierigen finanziellen Lage nach seiner Rückkehr an Land und dem Fehlen jeglicher Berufsausbildung zu schreiben. Bereits zu dieser Zeit allerdings verkehrte der aufstrebende Literat in einem Kreis von Dichtern und Intellektuellen, die darum bemüht waren, eine von Europa unabhängige US-amerikanische Literatur zu etablieren. Zwischen 1846 und 1850 erschienen Melvilles ›Reisebücher‹, die auf seinen eigenen Erlebnissen basieren und mit denen er bekannt wurde; sie trugen ihm lange Zeit den Ruf eines lesenswerten Reiseschriftstellers ein, der auf der Welle der allgemeinen Beliebtheit der Reiseliteratur im 19. Jahrhundert schwamm. Die Bücher brachten Melville genug ein, dass er sich 1850 auf einer Farm in Massachusetts niederlassen konnte, wo er dreizehn Jahre lang verweilte. Doch schon in den ´50er Jahren begann die Popularität des ›Reiseschriftstellers‹ zu schwinden; das Erscheinen von Moby Dick 1851 konstituierte sowohl den Gipfel von Melvilles Schaffen als auch den Beginn seines nachlassenden Erfolgs. Der Roman kam bei der US-amerikanischen Kritik nicht an; die düstere Welt von Moby Dick, in der der sich selbst überschätzende Mensch den Kampf mit dem Schicksal aufnimmt und letztendlich verliert – wenn auch heroisch-ungebrochen –, passte nicht zu dem proklamierten US-Optimismus der Zeit. Außerdem stieß Melvilles Erzählstil, der jegliche Gattungsgrenzen sprengte, auf Irritation. Der nachfolgende Roman Pierre oder im Kampf mit der Sphinx (Pierre, or the Ambiguities, 1852), löste durch die verwirrend intensive, hochgradig religiöse Symbolik und die unverblümte Thematisierung problematischer Sexualität geradezu Schockreaktionen aus. Dies führte dazu, dass Melville wieder verschiedene berufliche Tätigkeiten aufnehmen musste (z. B. als Vortragsreisender und als Zollinspektor im Hafen von New York), mit seiner Prosa zum Zeitgeschmack zurückkehrte und sich in den letzten Jahren mit angemessenem Erfolg der Lyrik zuwandte.

Während Moby Dick ohne Zweifel als Melvilles Meisterwerk bezeichnet werden kann, sind seine frühen Reisebücher essentiell für die Entwicklung seines Stils, den er in seinem großen Seefahrtsroman zur Perfektion brachte. Nicht nur erforscht er hier bereits die Thematik der Begegnung mit anderen Kulturen, die ihm als Medium der Zivilisationskritik sowie als Quelle exotischer Symbolik diente, und experimentierte mit dem uralten Motiv der Seereise als Lebensreise, das das Kernthema seines Schaffens konstituiert; Melville übte sich in den Reisebüchern auch in der für ihn charakteristischen Verknüpfung von Erlebtem und Fiktivem. Des Weiteren kann die Episodenform dieser Texte als eine Vorstufe der mosaikhaften Struktur von Moby Dick betrachtet werden, der vom Reisebericht über Forschungsergebnisse, dem Essay und der Predigt bis hin zum dramatischen Monolog alle Spielarten des Erzählens beinhaltet und so ein amerikanisches Epos konstituiert, das Abenteuer- und Bildungsroman, Drama, philosophische Reflexion und lyrische Diktion in sich aufnimmt. Diese Sprengung der Gattungsgrenzen führt zu einer Offenheit des Romans, die neu für das 19. Jahrhundert war, und gleichzeitig das Hauptthema Moby Dicks formal umsetzt: Captain Ahab, der das zentrale Symbol des Romans, den Weißen Wal, auf die Inkarnation des Bösen reduziert, steht für die dogmatische, monomane Weltsicht des sich selbst absolut setzenden Individuums, das nichts als seine eigene Wahrheit kennt. Der Ich-Erzähler Ishmael dagegen stellt eine demokratisch-humanistische Alternative zu Ahab dar; auf seiner Initiationsreise auf der Peqod, Ahabs Walfänger, lernt er, andere Perspektiven in die eigene zu integrieren (als pars pro toto dafür steht seine Beziehung zu dem Südseeinsulaner Queequeg, des fatalistischen noble sauvage1). Ishmaels Offenheit äußerst sich auch in seiner Wahrnehmung des Weißen Wals; er sieht nicht nur das Dämonische in Moby Dick, sondern auch das Sublime und die Kraft der Natur, die der Wal verkörpert. Sein Wirklichkeitsbegriff – sowie der, den der Roman an sich proklamiert – ist weiter und offener als der des Captains und stellt somit die Antwort auf Ahabs selbstzerstörerische Jagd und promethische Auflehnung gegen Natur und Schicksal dar. Diese verliert dennoch nichts von ihrem dämonischen Heroismus. Trotz allem steht die faszinierende Figur Ahabs, ein amerikanischer Prometheus, im Mittelpunkt des Romans. Seine Jagd auf den Wal, der ihn verstümmelt hat, kann als archaisch-mythischer Kampf des Menschen mit der übermachtigen elementaren Natur (und metonymisch gesprochen mit dem Schicksal an sich) gelesen werden, aber auch als Allegorie der expansionistischen, fortschrittsoptimistischen US-amerikanischen Geisteshaltung. Ahabs »ins Kosmische gesteigerte Individualität«1 verbindet das Heroische mit dem Grotesken und fasziniert nicht zuletzt durch seine episch-poetische Sprache, die von einer ungeheuren bildhaften Dichte ist und auf William Shakespeare (1564–1616) als ihren Ahnherren zurückblicken kann; die Metamorphose Shakespeare’scher Diktion in eine distinktiv neue Sprache, die als amerikanisch bezeichnet werden kann, und ihre Vermischung mit Melvilles eigener rhetorischer Stärke macht einen weiteren Reiz von Moby Dick aus und ist eine Erklärung für seinen immensen Einfluss auf die amerikanische Literatur. Besonders hervorstechend jedoch ist Melvilles Kreation eines amerikanischen mythischen Helden, dessen Problematik ihm von Anfang an inhärent ist; so schreibt der US-Literaturkritiker Harold Bloom über Ahab: »He is the hero as American, our tragic Don Quixote.«2

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