Kitabı oku: «NEW PASSION», sayfa 2
Die Emotion, die mir eben noch Kraft gegeben hat, schwindet.
Sie wird ersetzt durch das Gefühl der Wehrlosigkeit, was mir erschreckenderweise die Nässe in meinen Schritt schießen lässt.
Mein Hals schmerzt zunehmend. Wieder lockert er seinen Griff und ich nicke heftig mit meinem Kopf.
„Falsche Antwort“, sagt er und in meinem Verstand ploppen die Fragezeichen auf.
Meine Augen beginnen, sich mit Wasser zu füllen. Ich kämpfe dagegen an, weil ich nicht weinen und mich nicht schwach zeigen will, aber ich muss mir eingestehen, dass diese Wehrlosigkeit in mir eine Lust ausgelöst hat, die ich zuvor noch nicht kannte.
Nur schmerzt es mich zu sehen, dass wirklich kein Fünkchen Mitgefühl in Liams Blick zu finden ist.
Von wegen ihm ist meine Gesundheit wichtig! Ungefährlich ist das mit Sicherheit nicht, was er hier gerade mit mir veranstaltet. Aber unsagbar heiß!, erwidert meine Lust.
Mir rinnt eine einzelne Träne die Wange herunter. Liam gibt mir Zeit, um zu antworten. Ich schlucke schwer und versuche, ihm mit meinem Blick flehentlich verstehen zu geben, dass ich nicht weiß, was er von mir erwartet. Er deutet meinen Blick richtig.
„Sprich mit mir und schüttle nicht wie eine Irre deinen Kopf! Ich will es hören!“
Da mein Hals brennt, bin ich nicht sicher, ob ich überhaupt noch einen Ton herausbekommen kann.
„Ja, weiß ich“, krächze ich.
„Ja, und? Warum?“ Bevor ich antworten kann, drückt er wieder zu. „Und wie sollst du mich ansprechen? Hast du so schnell deine Manieren verlernt? So lange war ich nun auch nicht weg.“ Ich darf antworten.
„Weil ich Euch meine Zunge herausgestreckt habe, Sir.“ Diese Worte auszusprechen, hat mich totale Überwindung gekostet. Dass ich ihn real »Sir« genannt habe, ist schon einige Monate her und auch damals ist es mir nicht leicht über die Lippen gegangen.
Vor allem dachte ich, wir hätten unsere D/s-Bindung aufgelöst. Wir haben uns beim Schreiben nur noch geduzt … Ich habe keine Ahnung, woran ich bei Liam bin.
Will er darüber mit mir reden? Will er die D/s-Beziehung weiterführen? Ich warte es ab.
„Geht doch.“ Und da ist es wieder. Ein sanftes Lächeln spielt sich um seine Lippen, die sich langsam auf meine zubewegen.
Mein Slip trieft vor Nässe. Als sein Mund meine Lippen berührt, die vor Aufregung total ausgetrocknet sind – im Gegensatz zu meinen Lippen im unteren Bereich meines Körpers –, schnürt er mir wieder die Luft ab. Doch diesmal drückt er nicht zu fest zu, sodass ich diesen Moment des Ausgeliefertseins total genießen kann und mich darin verliere.
Ich erinnere mich an unseren ersten Kuss in der Bar und vergleiche ihn mit dem jetzigen. Ich dachte, die Erfahrung sei kaum zu übertreffen, aber mein sexuelles Verlangen ist in diesem Augenblick erheblich größer, als es damals der Fall war.
Er löst sich von meinen Lippen. Schade. Ich hätte ihn gerne noch länger geküsst, obwohl mir die Luft doch ziemlich knapp wurde.
„Steig ein“, befiehlt er mir mit einem Lächeln, während er sich auf die Fahrerseite begibt.
Ich setze mich in meine eigene Pfütze. Ich kann mich tatsächlich nicht daran erinnern, jemals so erregt gewesen zu sein, ohne dass ich intim berührt worden bin. Mich stimmt es ein wenig traurig, da ich mir bewusst bin, dass genau solche Situationen etwas Besonderes sind. Sie sind nicht erzwingbar, nicht wiederholbar. Würde ich einem Mann in Zukunft diese Erfahrung als Beispiel dafür nennen, wie meine Lust wirklich in Fahrt zu bringen ist, wie sie über das Körperliche hinausgeht, dann wäre die Magie bereits erloschen, weil seine Bemühungen bloß Bemühungen bleiben würden. Es verliert den Reiz, wenn man jemandem erläutern muss, worauf die eigene Lust reagiert.
Ich würde mich bei jeglichen Handlungen fragen, ob er nun versucht, eine derartige Situation zu erschaffen. In dem Augenblick, in dem er dies versucht, wäre es nicht authentisch.
Die Absicht, die hinter diesen Handlungen steckt, würde mir nicht entgehen und mich sogar abtörnen.
Die wenigsten Männer verstehen, dass wahre Leidenschaft aus der Anziehungskraft heraus entsteht und nicht aus dem, was man sich in seinem Kopf zusammenbastelt, wie man es sich in seiner Fantasie vorstellt und diese dann krampfhaft versucht, real werden zu lassen …
Das Schöne an der Fantasie ist doch, dass ihr keine Grenzen gesetzt werden können. Sie ist unendlich. Sex endet. Hat moralische Grenzen. Jedenfalls für mich.
Warum sollte ich also das, was ich mit meiner Vorstellungskraft erschaffe, Realität werden lassen wollen, wenn es sich doch rein imaginär gut anfühlt? Vor allem, weil sich ein Großteil meiner damaligen Fantasien in der Realität mit Sicherheit nicht erregend angefühlt hätten.
Entführt zu werden, für sexuelle Zwecke, steht jedenfalls nicht auf meiner Bucket List.
Jegliche Szenarien, die aus dem Kopf heraus nachgestellt werden, sind für mich bloß unauthentisch und stehen in keinem Zusammenhang mit Leidenschaft. Leidenschaft ist ein Gefühl. Wie Liebe. Sie kann nicht erzwungen werden. Es geschieht oder eben nicht.
Für Kopfmenschen mag das alles vielleicht funktionieren. Für sie fühlt es sich vielleicht gut an, wenn sie ihre sexuellen Fantasien umsetzen. Ihre Gedanken lösen ihre Gefühle aus. Das klappt bei mir nur sehr begrenzt. Denn ich bin immer auf der Suche nach der Wahrheit. Gedanken kann ich mir so zurechtlegen, wie ich sie will. Mit ihnen bin ich in der Lage, mir bewusst meine eigene Realität zu erschaffen.
Wahr ist für mich das Gefühl, welches mich heimsucht und erst im Nachhinein zu einem Gedanken in meinem Verstand wird.
Dass Liam mir eben die Luft in der Öffentlichkeit abgeschnitten hat … ein Moment, den ich nie wieder erleben werde. Genau, wie den Kuss in der Bar.
Er ist einzigartig. Seine Selbstsicherheit fasziniert mich und dennoch spüre ich, dass auch sie ihre Risse hat, die wesentlich tiefer liegen.
Ist er mutig, weil er Dinge mit mir tut, für die er von anderen Frauen mit Sicherheit eine geklatscht bekommen hätte? Oder ist er schlichtweg naiv und geht unbewusst diese Risiken ein, weil er nur dem nachgeht, worauf er gerade Lust hat? Geht es ihm gar nicht um mich, um uns, sondern bloß um sich selbst?
Vielleicht basiert seine Selbstsicherheit, was seine Dominanz anbelangt, nur auf seinen bisherigen Erfahrungen. Möglicherweise kam seine Art bei allen Frauen gut an, sodass dort gar kein Platz für Zweifel sind.
„Öffne das Handschuhfach“, reißt Liam mich aus meiner Analyse.
Ich öffne es und sehe die Krokodilsklemmen aka. Teufelsklemmen darin liegen. Fragend schaue ich ihn an.
Er wirft mir nur einen kurzen Blick von der Seite zu, der mir suggeriert, dass ich wohl wissen sollte, was jetzt kommt.
„Willst du, dass ich die jetzt anlege?“, frage ich naiv.
„Kluges Mädchen“, grinst er frech vor sich hin, während er durch die Stadt fährt. Wohin es genau geht, weiß ich nicht.
„Aber wie soll ich das machen? Ich kann mich doch schlecht mitten am Tag in deinem Auto entblößen. Es ist viel zu viel los auf den Straßen“, widerspreche ich.
„Ganz einfach. Du streifst dir die Träger deines BHs runter und ziehst den unter deinem Top etwas nach unten. Dein Oberteil ist doch blickdicht.“ Liam lässt keine Diskussion zu.
Widerwillig tue ich, was er sagt. Als wir jedoch an einer Ampel halten, halte ich inne. Die Klemmen liegen in meinem Schoß. Ich brauche nur noch meine Brüste von den Körbchen befreien. Verlegen schaue ich in das Auto neben uns. Der Fahrer guckt zu mir und schenkt mir ein Lächeln. Ich grinse verkrampft zurück.
„Los jetzt!“, befiehlt Liam, als die Ampel auf Grün schaltet.
Ich ziehe mir den BH bis zu meinem Bauchnabel herunter. Das Gefühl, dass meine Brüste unter meinem Oberteil entblößt sind, kann ich nicht leiden. Es kostet mich Überwindung, die Klemmen an meinen Nippeln zu befestigen, da ich das noch nie selbst getan habe. Ich weiß, wie sehr es schmerzt; was das Ganze nicht gerade vereinfacht. Eigentlich sollte ich geübt darin sein, mich selbst zu quälen, aber ich denke, dass diese Hürde immer bestehen wird und immer wieder aufs Neue gemeistert werden muss.
Kurz nachdem ich sie mir angelegt habe, ziehe ich scharf Luft ein. Allerdings stelle ich sehr schnell fest, dass der Schmerz meine Geilheit nicht wie sonst eindämmt, sondern das Gegenteil bewirkt. Ja, es kickt mich, in Liams Auto zu sitzen, ohne BH, und seine Nippelklemmen zu tragen. Aber noch mehr reizt mich überraschenderweise das Brennen meiner Brustwarzen.
Ich genieße die Autofahrt in vollen Zügen. Ab und zu wendet Liam sich zu mir und schnipst mir gegen meine Mamillen. Statt zu fluchen, lächle ich.
Indem er mir nicht verraten hat, wo es hingeht, regt er mein Kopfkino an. Diese Art von Fantasieren mag ich durchaus. Es ist für mich nicht gleichzusetzen mit den sexuellen Fantasien, die man hegt, wenn man sich alleine liebt. Das sind Fantasien, die sexuelle Wünsche schaffen; neue Ideen für die Kopfmenschen.
Das Kopfkino, welches durch die Gegenwart eines Mannes in die Gänge gebracht wird, hängt mit der Realität zusammen, ist bezogen auf die gesamte Situation. Das, was ich mir vorstelle, kann eintreffen, ohne dass ich ihm mitteile, was ich mir wünschen würde. Natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass das, was in meiner Vorstellung lebt, eintrifft und nicht immer geht man von etwas Gutem aus … Man hofft, dass es anders kommt, als man denkt. Diese Ungewissheit macht einen großen Reiz aus.
Liam hat noch keine eigene Wohnung. Also schließe ich aus, dass wir heute gemeinsam in einem Bett miteinander vögeln werden, obwohl es genau das wäre, wonach ich mich gerade total sehne. Wie gerne würde ich diese neue Lust, die mit unbeschreiblicher Intensität anwesend ist, jetzt unbändig mit ihm ausleben.
Für ein Hotelzimmer hat er keine Kohle … und ich auch nicht. Meine Kreativität stößt schnell an ihre Grenzen. Mir fällt nichts weiter ein. Gerade im BDSM spielt das Kopfkino eine große Rolle. Ich erinnere mich daran, wie Liam in unserer ersten gemeinsamen Nacht mehrmals an dieser Wundertüte zugange war und ich mich durchgehend gefragt habe, was wohl als nächstes passieren wird … Und ich bin durchaus nicht nur von schönen Dingen ausgegangen.
Die Aufregung löste ein begieriges Prickeln aus. Wie auch in diesem Moment. Fünf Monate später. Ich bin damals nicht davon ausgegangen, dass wir über diesen Zeitraum in Kontakt bleiben werden. Das Leben ist nicht vorhersehbar.
Ob Liam und ich irgendwann an eine Mauer stoßen werden und ich durch ihn nichts Neues mehr erleben kann? Wer weiß …
Ich lasse den weiteren Tag auf mich zukommen.
Wir befinden uns im Stadtteil St.Pauli. Er biegt in die Glacischaussee ab und reduziert die Geschwindigkeit.
„Willst du hier parken?“, frage ich, um nun endlich herauszufinden, wie sein Plan ausschaut.
„Genau.“
„Aber der Hamburger Dom hat noch zu …“, merke ich an.
„Ich weiß. Da das Wetter gut ist, dachte ich, wir könnten in Planten un Blomen etwas spazieren gehen.“
„Schöne Idee. Darf ich die Klemmen abnehmen?“ Liam nickt kurz. Konzentriert schaut er nach einem freien Parkplatz.
Ein Spaziergang ist eine gute Möglichkeit, um mit mir das Gespräch zu führen, auf das ich schon viel zu lange gespannt warte.
Nachdem wir einen Parkplatz gefunden haben, gehen wir stillschweigend nebeneinander her. Erst, als wir den Eingang des Parks ein paar Meter hinter uns gelassen haben, ergreift Liam das Wort.
„Möchtest du ein Eis?“ Links vor uns steht ein Kiosk.
„Da sage ich nicht Nein“, bejahe ich seine Frage.
Ich wähle ein günstiges Eis aus. Den Flutschfinger. Obwohl ich eher Lust auf ein Magnum Mandel habe. Aber ich finde es süß genug, dass er mich einlädt, obwohl es ihm finanziell nicht gut geht. Erst, als er bezahlt, sehe ich, welches Eis er genommen hat … Magnum White. Ich verkneife mir jeglichen Kommentar und nehme dankbar mein Eis an.
„Lass uns mal eine Sitzmöglichkeit suchen.“ Liam geht voran, ich folge.
„Ich weiß auch schon wohin. Ich bin echt gerne hier. In der Zeit, als ich noch in der Bar getanzt habe, war ich oft in diesem Park. Ich mag die Anlage, die Natur. Da kann man wunderbar in Ruhe seinen Gedanken nachgehen.“
Ich erinnere mich an ein Foto, welches er auf Facebook gepostet hatte. Da saß er auf einer Bank in der Sonne. Ich verdammte Stalkerin habe sein Profil so weit heruntergesrcollt, bis ich bei seiner Anmeldung angelangt war. Hätte ja sein können, dass ich aufschlussreiche Informationen über ihn finde …
„Ich finds auch schön hier. Vor allem, dass so eine riesige Grünanlage mitten in der Stadt liegt …“, bemühe ich mich, die Unterhaltung aufrechtzuerhalten.
„Das stimmt. Das ist wirklich cool.“
Meine letzte Erinnerung an diesen Park ist allerdings nicht sonderlich positiv. Auf der anderen Seite der Anlage teilte er mir vor ein paar Monaten mit, dass er Hamburg verlassen wird …
Und nun spazieren wir hier wieder nebeneinander her. Wieder ohne körperliche Nähe. Aber wir verspeisen auch gerade unser Eis. Ich bin gut damit beschäftigt, da es sehr schnell schmilzt und ich mich nicht vollkleckern möchte.
Mein Eis droht in den nächsten Sekunden das Zeitliche zu suchen, daher schiebe ich mir den ganzen Rest in meinen Mund. Was verdammt kalt ist! Dementsprechend verzerrt muss mein Gesichtsausdruck aussehen.
„Hahaha! Da nimmt sie den Mund mal wieder zu voll!“, macht Liam sich über mich lustig.
Ich bleibe stehen, wedle wild mit meiner Hand vor meinem Mund herum, den ich leicht geöffnet habe, damit die kalte Luft entweichen kann. Gleichzeitig versuche ich, das aufgelöste Eis herunterzuschlucken, ohne mich zu verschlucken.
„Du bist echt ne Marke“, kommentiert Liam meine Gestiken und Mimiken und wuschelt mir einmal über den Kopf.
„Geht’s wieder?“, erkundigt er sich.
„Ja, das war doch etwas zu viel Eis … aber ich wollte nicht, dass es auf den Boden fällt. Das schmolz einfach zu schnell.“ Während ich mich rechtfertige, versuche ich, mit einer Hand meine Haare wieder herzurichten, denn in der anderen Hand halte ich noch den klebrigen Eisstiel.
Als wir an einem Mülleimer vorbeikommen, nimmt Liam mir diesen ab und wirft ihn mit seinem Stil vorbildlich in den Abfallbehälter. Er wischt sich seine Hand an seinem Hosenbein sauber und ergreift dann meine nicht schmierige Hand. Endlich.
Händchen haltend führt er uns zu der Bank, die er im Sinn hat.
Ich spüre, wie mein Engelchen versucht, sich an die Oberfläche zu drängeln, um mich daran zu erinnern, dass ich gefälligst keine Nähe brauche und dem Händchenhalten mit Gleichgültigkeit begegnen soll.
Doch fühlt es sich einfach viel zu gut an, wenn Liam meine Hand in seiner hält. Ich schenke dem Blondkopf keinerlei Beachtung. Obwohl ein tief verborgener Teil in mir weiß, dass es besser wäre, auf sie zu hören und ihr mehr Aufmerksamkeit zu widmen.
Die Schmetterlinge in meinem Bauch bleiben fern. Das sollte ihr genügen. Sie sollte darauf vertrauen, dass ich die richtigen Entscheidungen treffe und mir ein wenig Zweisamkeit und Glück gönnen. Auch wenn Liam nicht der Mann fürs Leben ist …
Was spricht dagegen, weitere Erfahrungen mit ihm zu sammeln? Darf ich das nur mit einem Mann, von dem ich denke, dass er der Richtige für mich ist und es auch ernst mit mir meint? Dann kann ich ja lange warten …
Und welcher Mann möchte sich auf eine Frau festlegen, die kaum Erfahrungen in ihrem Leben gesammelt hat?
Ich bin mir sicher, dass mein Engelchen spätestens jetzt Ruhe geben würde, wenn es überhaupt zu Wort gekommen wäre.
Und wer weiß … vielleicht ist er ja doch der Mann, der an deiner Seite sein wird …, flüstert mir mein Teufelchen ganz beiläufig ins Ohr.
Es hält den Funken an Hoffnung am Leben. Mein Verstand fand allerdings einige Argumente, die dagegen sprechen und dennoch fängt er an, sich plötzlich nur auf das Positive zu fokussieren. Das sah in den letzten Tagen ganz anders aus …
Liam wird das zwischen uns, was auch immer es sein mag, nicht beenden. Ansonsten hätte er es direkt getan, hätte uns kein Eis gekauft und wir würden auch nicht Hand in Hand nebeneinander herlaufen. Die Zeichen sind eindeutig.
Entweder will er die D/s-Beziehung weiterführen oder er will mehr als das. Wovon ich ausgehe, da man – wenn die negative Möglichkeit auszuschließen ist – einem nicht schreibt, dass man reden muss. Würde er nur die D/s-Bindung aufrechterhalten wollen, hätte er mir das mit Sicherheit über WhatsApp geschrieben.
Wir verlassen den gepflasterten Weg und betreten einen Steg, der zu einer kleinen Plattform auf einem Teich führt.
Dort befinden sich parallel gegenüber zwei Sitzmöglichkeiten. Links und rechts stehen jeweils zwei Steinpflöcke im Wasser, auf denen ein marodes Stück Holz liegt. Als eine richtige Bank kann man das nicht bezeichnen.
Wir setzen uns auf die Holzplatte, hinter der sich hinter dem Teich nur eine Hecke befindet. So haben wir alles im Überblick, obwohl ich mir eine schönere Aussicht hätte vorstellen können. Rechts vor uns steht ein kleines altes verglastes Häuschen auf Stelzen. Man fühlt sich zwar geschützt, weil wir abseits des Hauptweges sind, aber unbeobachtet ist man hier definitiv nicht. Ein wenig ruhiger hätte ich es mir schon gewünscht.
„Setz dich auf meinen Schoß“, unterbricht Liam unser kurzes Schweigen.
Ich setze mich auf ihn und lasse meine Beine übers Wasser baumeln. Wir sind uns ganz nah. Keiner sagt etwas. Wir schauen uns bloß in die Augen. So tief gehend war unser Blickaustausch noch nie. Meine Lust, die kurz ein Nickerchen machte, ist nun wieder hellwach. Das Feuer, welches zwischen uns entflammt, breitet sich in meinem gesamten Körper aus. Mir wird schlagartig heiß. Ich fühle mich allerdings nicht wie vorhin. Vorhin habe ich mich hilflos gefühlt. Ihm ausgeliefert. Ergeben. Wir begegnen uns gerade auf Augenhöhe. Meine Dominanz – sollte sich so Dominanz anfühlen – trifft auf seine. Zwischen uns beginnt die Energie zu brodeln, zu blitzen und zu donnern.
„Angst?“, fragt er, obwohl dieser Ausdruck definitiv nicht in meinen Augen zu lesen ist.
„Sollte ich Angst haben?“
„Solltest du.“
„Hm … wieso?“ Meine Angst befindet sich eindeutig in Abwesenheit. Ich habe mich schon lange nicht mehr so selbstsicher gefühlt.
„Ich könnte dir wieder die Luft abschnüren. Oder …“ Er spricht nicht weiter.
„Oder?“, hake ich nach, ohne den Augenkontakt abzubrechen.
„Ich könnte von dir verlangen, nackt in den Teich zu springen.“
Mir gefällt unser Spiel. Endlich spüre ich Emotionen, die meine Lust füttern. Ich lasse Liam in meinen Augen sehen, was er sehen will. Furcht. Unsicherheit. Respekt ihm gegenüber.
„Wie ich sehe, gefällt dir der Gedanke ganz und gar nicht“, springt er direkt darauf an.
Ich schüttle ganz unschuldig mit meinem Kopf.
Das, was ich gerade am intensivsten spüre, ist Überlegenheit. Liam hängt an meiner Angel. Von der selbstsicheren Frau zur hingebungsvollen Sub binnen weniger Sekunden und er kauft es mir ab.
Ob ich unauthentisch bin? Eine Schauspielerin? Möglicherweise bin ich das.
Liam bekommt das, was er braucht und mir gibt es ein gutes Gefühl, dass ich diejenige bin, die es ihm bewusst gibt. Er bekommt es nicht, weil er es sich nimmt oder weil er eine Macht über mich ausübt, die dafür sorgt, dass ich es ihm freiwillig geben will. Es ist meine freie, eigene Entscheidung. Ich hätte genauso den anderen Weg gehen können …
Die Kontrolle, die ich über die Situation und mich ausübe und die in mir herrschende Ambivalenz, sorgen dafür, dass ich mich nicht fallen lassen kann.
Somit sind meiner Lust Grenzen gesetzt, obwohl ich spüre, dass da noch mehr geht.
Plötzlich löst Liam meine Arme, die ich in der Zwischenzeit um seinen Hals gelegt habe.
„Zeig mal, was du kannst. Zwanzig Sit-ups. Lass dich nach hinten fallen und dann kommst du wieder hoch.“ Doofe Idee.
„Ich traue mich nicht. Was ist, wenn ich nicht mehr hochkomme oder mit dem Kopf auf den Boden aufkomme?“
„Dann lass ich dich halt los. Und du wirst dir den Kopf schon nicht aufschlagen. Mel, sei nicht so ein Angsthase. Du hast doch vor ein paar Tagen auf Instagram ein Bild von deinem Sixpack hochgeladen … dann kannst du auch zeigen, was deine Muskeln so können“, provoziert er mich.
Durch meine Erkältung bin ich noch nicht fit. Der Schleim hängt mir zwischen Nase und Rachen. Als Liam mir vorhin die Luft abgeschnürt hat, war ich froh, dass ich keinen Hustenanfall bekommen habe …
Dass er meine Bilder auf Instagram wahrnimmt, überrascht mich. Ich bin stark davon ausgegangen, dass er sich nicht dafür interessiert. Mit dem Foto hab ich mir wohl selbst ins Knie geschossen.
Da meinte er letztens noch, dass ihm meine Gesundheit wichtig ist und jetzt verlangt er, dass ich mich sportlich betätige. Leider siegt mein Ehrgeiz und nicht die Vernunft.
„Geht doch! Geh aber nicht ganz so weit runter, sonst verlierst du die Spannung“, korrigiert er mich.
Nach fünf Stück spüre ich schon das Brennen in meinen Bauchmuskeln und mein Kopf beginnt zu pochen.
„Ich kann nicht mehr! Ich bin noch erkältet“, jammere ich.
„Noch mal fünf Stück. Los, für mich.“
Und wieder soll ich ihm zeigen, dass ich für ihn über meine Grenzen gehe …
Ich bemühe mich und werde im Gegenzug von ihm belohnt. Jedes Mal, wenn ich oben ankomme, schenkt er mir einen Kuss.
Nach dem letzten Sit-up komme ich nicht mehr hoch und lasse mich sanft auf den Boden fallen. Da liege ich nun, wie ein Lappen. Liam lässt meine Beine los.
„Und jetzt noch Liegestütze.“
„Du spinnst!“, sage ich und lache dabei.
„Willst du direkt eine Abkühlung im Teich nehmen?“, äußert er streng.
„Nein … ich dachte, meine Gesundheit sei dir wichtig …“ Er geht nicht darauf ein.
„In zwei Wochen wirst du fünfzig Sit-ups können und Squats mindestens mit deinem eigenen Körpergewicht ausführen.“
„Ja, ist gut.“ Die Bauchaufzüge schaffe ich. Innerhalb von zwei Wochen zwanzig Kilo mehr zu drücken, wohl eher nicht.
„Zieh dein Oberteil aus. Und auch deine Schuhe. Inklusive Socken.“ Ich gucke ihn verdutzt an.
„Hier können Menschen vorbeikommen …“, gebe ich zu bedenken.
„Na und? Du sonnst dich eben. Los, ausziehen und dann legst du dich mit dem Rücken auf die Bank, Beine zu mir.“
„Darf ich meinen Kopf nicht bequem in deinen Schoß legen?“ Ich lege dabei meinen unschuldigen und bedürftigen Blick auf, in der Hoffnung, dass er sieht, dass ich ihm nah sein möchte, er sich dadurch geschmeichelt fühlt und mir deshalb den Wunsch erfüllt. Aber er bleibt hart.
„Nein. Du legst dich so hin, wie ich sage.“
Ich ziehe mein Oberteil aus und fühle mich plötzlich wirklich nackt. Obwohl ein BH sich grundsätzlich nicht sonderlich von einem Bikinioberteil unterscheidet.
Nur ähneln meine Bikinioberteile keinem Schalen-BH. Ich trage diese nicht, weil man meine Brüste sehen kann, wenn ich liege oder mich nach vorne beuge.
Wohl fühle ich mich nicht, aber auf der anderen Seite ist es mir auch egal, was andere Menschen von mir denken könnten. Es sind und bleiben ihre Gedanken. Die nackten Füße sollen wohl den Eindruck verstärken, dass ich mich bloß sonne, falls jemand vorbeikommen sollte.
Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals so unbequem gelegen zu haben.
Da war selbst mein Zimmerfußboden gemütlicher. Eine falsche Bewegung zur linken Seite und ich falle ins Wasser.
„Schließe deine Augen“, gibt Liam in einem flüsternden Ton von sich.
Die Sonne wärmt meine Haut. Ich spüre, wie mein Körper die Energie aufsaugt. Wirklich genießen kann ich es nicht, da mein Rücken schmerzt und ich mich frage, was Liam für einen Plan schmiedet. Soll ich mich jetzt wirklich nur halbnackt sonnen? Vor allem ist es wenig erniedrigend, mich vor den Besuchern des Parks bloßzustellen – falls das seine Intention ist –, wenn ich die Augen geschlossen halte. Ohne die Reaktion der anderen Leute zu sehen, ist es mir noch egaler, halbnackt hier zu liegen …
Plötzlich ergreift er jedoch meine Hand und ich merke, wie er meinen Hosenknopf öffnet. Er schiebt meine rechte Hand langsam in meinen Schritt. Mit meinem Oberteil versteckt er die Hand, die zwischen meinen Schenkeln liegt.
„Mach es dir selbst. Aber nur, während du die Luft anhältst. In dem Moment, in dem du beginnst zu atmen, hörst du auf.“
Ich habe eine kleine Lunge. Lange werde ich nicht anhalten können. Was das soll, verstehe ich nicht.
Ich atme tief ein, höre auf zu atmen und beginne, meinen Kitzler zu massieren. Obwohl ich vorhin übermäßig erregt war, spüre ich meine Berührung kaum. Ich bin viel zu sehr damit beschäftigt, die Kontrolle zu behalten. Über meine Atmung, über die gesamte Situation … Mein Gehör ist geschärft. Sollte ich jemanden kommen hören, breche ich diese Aufgabe ab. Hier sind einige Kinder unterwegs …
Nach wenigen Sekunden stoppt meine Hand das Reiben, weil der Sauerstoff in meinen Lungen knapp wird.
„Versuche, länger anzuhalten.“
Ich huste und stütze mich mit den Ellenbogen auf, um Liam besser sehen zu können.
„Ich habe kein großes Lungenvolumen und mein Hals wird langsam trocken. Ich möchte mir ungern meine Lungenflügel aushusten müssen …“, rechtfertige ich mich und hoffe, dass Liam mich erlöst.
„Dann mache kurz eine Pause.“ Nicht die Antwort, die ich hören wollte …
Ich lege mich wieder hin. Die Sonnenstrahlen bringen meine Haut zum Glühen, was man von der Aktivität meiner Finger im unteren Bereich meines Körpers nicht behaupten kann. Abermals halte ich die Luft an, berühre mich an einer meiner intimsten Stellen in der Öffentlichkeit und dennoch fühle ich nichts.
Die Kontrolle in mir lässt nicht zu, dass ich loslasse und mich entspanne.
Bedauerlich, da dies ein weiterer unvergesslicher Moment sein könnte. Einen Orgasmus am helllichten Tag in der Öffentlichkeit zu bekommen, wäre eine Premiere. Würde er an mir spielen, wäre klar, dass es unmöglich ist, einen Höhepunkt zu erlangen. Doch jetzt fasse ich mich selbst an und schaffe es einfach nicht, mich in die Lust hineinfallen zu lassen.
Dieser Ärger, der in mir hochkommt, macht die Situation nicht besser. Spiele ich ihm einfach einen Orgasmus vor oder warte ich, bis er das Ganze abbricht?
Das Schicksal nimmt mir diese Entscheidung ab.
„Hör auf“, warnt Liam mich. Ich ziehe sofort meine Hand aus meiner Hose zurück und lege sie mir auf den Bauch. Tue so, als wäre nichts gewesen und würde mich ganz entspannt sonnen. Im nächsten Augenblick kommt eine Mutter mit ihren beiden kleinen Kindern an uns vorbei. Liam grüßt höflich, die Kinder grüßen grinsend zurück, die Mutter lächelt uns bloß zu.
Liam erwartet glücklicherweise nicht, dass ich da weitermache, wo ich aufgehört habe, nachdem die kleine Familie aus unserem Blickfeld verschwunden ist.
Die Stimmung ist endgültig erloschen.
„Wollen wir weitergehen?“, fragt er, obwohl es klar ist, dass ich ihm nicht widersprechen werde.
„Gerne“, antworte ich knapp. Als ich mich aufsetze und nach meinem Oberteil greifen will, zieht er es an sich.
„Nein, du wirst so gehen. Das Top bekommst du später wieder.“
„Darf ich wenigstens meine Schuhe anziehen?“
„Natürlich nicht.“ Er schüttelt den Kopf.
„Aber hier könnten Scherben liegen“, versuche ich ihn umzustimmen.
„Dann richtest du deinen Blick besser auf den Boden. So, wie es sich gehört.“ Er grinst mich frech an.
Wir gehen los; er greift nach meiner freien Hand. In der anderen halte ich meine Schuhe. Mein Top behält er. Die Blicke der Leute stören mich überhaupt nicht, da Liam an meiner Seite ist. Bei seinen bisherigen Aufgaben, die etwas mit Nacktheit in der Öffentlichkeit zu tun hatten, habe ich ihn immer vermisst. Seine Anwesenheit schenkt mir Sicherheit.
„Autsch!“, fluche ich. Die kleinen, spitzen Steinchen des Schotterbodens bohren sich in meine Fußsohlen.
Ich bin dankbar, dass Liam sich meiner Geh-Geschwindigkeit anpasst. Die Menschen um uns herum nehme ich kaum noch wahr, da mein Blick auf den Boden fokussiert ist. Ich möchte mir auf keinen Fall die Haut aufschneiden oder in irgendetwas Widerliches treten; wie zum Beispiel in heruntergefallenes Dönerfleisch. Allein die Vorstellung, wie es sich anfühlen würde, lässt mein Gesicht zu einer angeekelten Grimasse verziehen.
Die Sonne versteckt sich hinter einer großen grauen Wolke. Ich bin kurz davor, das Frieren anzufangen.
„Hast du Lust, über den Dom mit mir zu gehen?“
„Total gerne!“, strahle ich den Mann an, dem ich meine nächste Erkältung zu verdanken haben werde. Aber die Kälte, die gerade dabei war sich auf meiner Haut auszubreiten, ist schlagartig vergessen.
Die Freude wird jedoch getrübt, als kleine kühle Tropfen auf meine nackte Haut treffen.
„Oh nein! Es regnet“, stelle ich enttäuscht fest.
„Ist bestimmt nur ein kurzer Schauer. Ziehe deine Schuhe an und das Top“, gibt Liam optimistisch und fürsorglich von sich.
Schön zu wissen, dass ihm meine Gesundheit wohl doch ein wenig am Herzen liegt.
Als wir kurz vor dem Ausgang des Parks sind, bleibt er stehen und beginnt, mein Top hochzuschieben.
„Was tust du da?“, frage ich irritiert nach.
„Ich kremple dir das Top hoch. Du hast zu viel an.“
Seiner Vorstellung nach …
Er klemmt den überschüssigen Stoff unter meinen BH fest. Es hält und sieht gar nicht so scheiße aus, wie ich erst gedacht habe.
Er nimmt wieder meine Hand, als er weitergeht.
„In Zukunft wirst du dich aufreizender anziehen. Turnschuhe sind tabu. Nur noch hohe Schuhe“, sagt er in einem trockenen Ton.
„Ich habe aber nur ein paar Stiefeletten“, entgegne ich und hoffe, dieser Regel zu entkommen.
„Dann ziehst du eben die an oder kaufst dir was Neues.“ Ausreden funktionieren bei Liam einfach nicht.
„Hättest du dich bei diesem sommerlichen Wetter weiblicher angezogen, ein Kleid oder einen Rock, hätte ich dich schon längst gefickt. Irgendwo im Gebüsch. Also … in Zukunft keine Hosen mehr. Kleider, Röcke und hohe Schuhe. Verstanden?“