Kitabı oku: «Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union», sayfa 19

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b) Aufgaben

[274] Die Aufgaben des Europäischen Rates werden in Art. 15 Abs. 1 EUV wie folgt umschrieben:

Der Europäische Rat gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen und Prioritäten hierfür fest.

Der Europäische Rat wird nicht „gesetzgeberisch“ tätig, was aber nicht ausschließt, dass der Europäische Rat als zentrales Entscheidungsgremium vor allem in institutionellen Fragen357 Rechtsakte beschließen kann, die auch Rechtswirkungen für Dritte entfalten können358. Die eigentliche Funktion des Europäischen Rates selbst besteht aber gleichwohl darin, die allgemeinen politischen Leitlinien für das Handeln der EU festzulegen. Die Wahrnehmung seiner Aufgaben erfolgt durch den Erlass von politischen Grundsatzentscheidungen oder die Formulierung von Richtlinien und Aufträgen[S. 176] für die Arbeit des Rates der EU oder der Europäischen Kommission. Derartige Anstöße sind vom Europäischen Rat etwa für die Wirtschafts- und Währungsunion, das Europäische Währungssystem, die Direktwahlen des Europäischen Parlaments sowie für sozialpolitische Aktivitäten und in Beitrittsfragen ausgegangen.

Darüber hinaus nimmt der Präsident des Europäischen Rates – unbeschadet der Befugnisse des Hohen Vertreters der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik – die Außenvertretung der EU in Angelegenheiten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 15 Abs. 6 EUV) wahr.

[275] Daneben trifft der Europäische Rat eine ganze Reihe von Personalentscheidungen. Er wählt seinen Präsidenten (Art. 15 Abs. 5 EUV), er ernennt mit Zustimmung des Präsidenten der Kommission den Hohen Vertreter der EU für die Außen- und Sicherheitspolitik (Art. 18 Abs. 1 EUV), und er ernennt nach Zustimmung des Europäischen Parlaments den Präsidenten und die Mitglieder der Kommission (Art. 17 Abs. 7 EUV).

c) Arbeitsweise

[276] Der Europäische Rat tritt mindestens zweimal pro Halbjahr unter dem Vorsitz seines Präsidenten zusammen, der im Rat der EU den Vorsitz innehat. Die Tagungen finden nunmehr ausschließlich in Brüssel statt359. Daneben können bei Bedarf weitere Zusammenkünfte (sog. „Sondergipfel“) einberufen werden.

[277] Die Ergebnisse der Tagungen werden in einem Schlussdokument („Schlussfolgerungen“ oder Communiqué) festgehalten. Es enthält neben politischen Grundsatzentscheidungen und allgemeinen Erklärungen zu weltpolitischen Fragen auch mehr oder weniger konkrete Richtlinien und Aufträge für die Arbeit des Rates und der Europäischen Kommission.

Weiterführende Literatur: Decker, Die Organe der Europäischen Gemeinschaften und der Europäischen Union, JuS 1995, S. 883, 1072; Epping, Grundstrukturen der Europäischen Union, Jura 1995, S. 449; Everling, Die Rolle des Europäischen Rates gegenüber den Gemeinschaften, EuR 1995, S. 41; Glaesner, Der Europäische Rat EuR 1994, S. 22; Hummer/Obwexer, Die „EU-Präsidentschaft“, EuR 1999, S. 409; Ludlow, Die Führung der Europäischen Union durch den Europäischen Rat: Übergang oder Krise?, integration 2005, S. 3–15; de Schoutheete/H. Wallace, Der Europäische Rat, Paris, 2002; Wessels, Das politische System der Europäischen Union, 2008, S. 155 ff.; Westlake, The Council of the European Union, 1999; Zuleeg, Die Organisationsstruktur der Europäischen Union – Eine Analyse der Klammerbestimmungen des Vertrages von Amsterdam -, EuR 1998 [Beiheft[S. 177] 2], S. 151.

2. Rat der Europäischen Union (Art. 16 EUV)360
a) Zusammensetzung und Vorsitz


Zusammensetzung
Je ein Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten auf Ministerebene, die in unterschiedlicher Zusammensetzung je nach Sachgebiet im Rat zusammenkommen, und zwar entweder im „Rat für Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen“ oder in den weiteren acht „Fachministerräten
Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten „AStV I und II“ Sonderausschuss Landwirtschaft
Arbeitsgruppen
Generalsekretariat
Aufgaben
Rechtsetzung Koordinierung der Wirtschaftspolitik Haushalt Ernennungen Außenbeziehungen

[278] Im Rat sind die Regierungen der Mitgliedstaaten vertreten, dies allerdings nicht in der vom Bundesstaat geläufigen Form einer 2. Kammer, sondern als Vertretungen der Mitgliedstaaten. Die Besetzung ist deshalb auch nicht proportional repräsentativ, sondern beruht auf der Gleichheit der Mitgliedstaaten. Alle 27 Mitgliedstaaten entsenden einen Vertreter auf Ministerebene, der befugt sein muss, für die Regierung des jeweiligen Mitgliedstaats verbindlich zu handeln (Art. 16 Abs. 2 EUV). Die Befugnis, für die jeweilige Regierung eines Mitgliedstaates zu handeln, ergibt sich aus dem nationalen Recht.

Für Deutschland können die Vertretung der Bundesregierung übernehmen:

• ein Bundesminister, der nach Art. 62 und 65 Satz 2 GG seinen jeweiligen Geschäftsbereich innerhalb der Richtlinien des Bundeskanzlers selbständig und in eigener Verantwortung leitet.

• ein Landesminister, sofern im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind. Dies ermöglicht Art. 23 Abs. 6 GG, wonach die Wahrnehmung[S. 178] der Rechte der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der EU vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen werden kann.

• Entgegen dem Wortlaut des Art. 16 Abs. 2 EUV, der einen Vertreter im Ministerrang verlangt, ist gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass auch die beamteten oder parlamentarischen Staatssekretäre die Regierungen der Mitgliedstaaten im Rat vertreten können.

[279] Die verschiedenen Möglichkeiten der Vertretung einer Regierung eines Mitgliedstaates machen bereits deutlich, dass es keine ständigen Ratsmitglieder gibt; vielmehr tagt der Rat in verschiedener personeller wie fachlicher Zusammensetzung.

Im Interesse der Kohärenz und Kontinuität der Arbeiten des Rates wurden die Formationen des Rates auf zehn reduziert. Zur Behandlung der fach- und ressortübergreifenden Fragen wurde dabei ein „Rat für Allgemeine Angelegenheiten“ eingerichtet, der gewöhnlich einmal im Monat zusammentritt. Im Rat für allgemeine Angelegenheiten kommen die Außenminister unter Vorsitz der jeweiligen Präsidentschaft zusammen. Als Rat „Allgemeine Angelegenheiten“ sorgt dieser Rat für die Kohärenz der Arbeiten des Rates in seinen verschiedenen Zusammensetzungen und bereitet zusammen mit den Präsidenten des Europäischen Rates und der Kommission die Tagungen des Europäischen Rates vor. Herausgehoben aus den anderen Fachministerräten ist daneben der „Rat für Außenbeziehungen“, der stets unter Vorsitz des Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zusammen kommt. Er gestaltet das auswärtige Handeln der EU entsprechend den strategischen Vorgaben des Europäischen Rates und sorgt für die Kohärenz des Handelns der EU. Daneben bestehen acht weitere Ratsformationen, in denen die jeweiligen Fachminister der Mitgliedstaaten zusammenkommen: (1) Wirtschaft und Finanzen (sog. ECOFIN-Rat), (2) Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, (3) Beschäftigung, Sozialpolitik, Gesundheit und Verbraucher, (4) Wettbewerbsfähigkeit, (5) Verkehr, Telekommunikation und Energie, (6) Landwirtschaft und Fischerei, (7) Umwelt, (8) Bildung, Jugend und Kultur.

[280] Der Vorsitz im Rat wird, mit Ausnahme des „Rates der Außenminister“, von den Mitgliedstaaten nacheinander für jeweils sechs Monate wahrgenommen. Die Reihenfolge wird vom Rat einstimmig beschlossen. Der Wechsel im Vorsitz findet jeweils am 1. Januar und am 1. Juli eines Jahres statt361 (2020: Kroatien, Deutschland; 2021: Portugal, Slowenien; 2022: Frankreich, Tschechische Republik; 2023: Schweden, Spanien; 2024: Belgien, Ungarn; 2025: Polen, Dänemark). Angesichts des relativ häufigen Wechsels im Vorsitz wird unter den jeweiligen Präsidentschaften auf der Grundlage eines Arbeitsprogramms vorgegangen, das mit den zwei jeweils nachfolgenden Präsidentschaften abgestimmt wird und somit über einen Zeitraum von 18 Monaten gültig ist (sog. „Team-Präsidentschaft“).

[S. 179]

[281] Dem Vorsitz im Rat kommt vor allem die Aufgabe zu, die Arbeiten im Rat und in den ihm zuarbeitenden Ausschüssen federführend zu gestalten. Der Vertreter des den Vorsitz im Rat einnehmenden Mitgliedslandes führt zugleich auch den Vorsitz in den verschiedenen Ausschüssen des Rates. Daneben kommt dem Ratsvorsitz auch politische Bedeutung insoweit zu, als der dem Rat der EU vorstehende Mitgliedstaat in der Weltöffentlichkeit aufgewertet wird und deshalb vor allem auch kleinere Mitgliedstaaten die Gelegenheit erhalten, sich in dieser Rolle gegenüber den „Großen“ politisch ins Bild zu setzen und in der Europa-Politik zu profilieren.

b) Aufgaben

[282] Eine allgemeine Aufgabenumschreibung, d.h. der Rechte und Pflichten des Rates, enthält Art. 16 Abs. 1 EUV. Dort heißt es: „Der Rat wird gemeinsam mit dem Europäischen Parlament als Gesetzgeber tätig und übt gemeinsam mit ihm die Haushaltsbefugnisse aus. Zu seinen Aufgaben gehört die Festlegung der Politik und die Koordinierung nach Maßgabe der Verträge“. Damit umfasst der Aufgabenkatalog des Rates Funktionen im Bereich der Gesetzgebung, der Exekutive und der Kontrolle. Hinzu kommen besondere Zuständigkeiten für die wirtschaftspolitische Koordinierungsfunktion.


Aufgaben
Rechtsetzung Art. 288 AEUV Koordinierung • Wirtschaftspolitik: Art. 121 Abs. 2, Art. 136 Abs. 1; • Beschäftigungspolitik: Art. 146 Abs. 2; • Strukturfonds: Art. 177 Abs. 1 AEUV Haushalt Art. 314 AEUV Ernennungen • Rechnungshof: Art. 286 AEUV • WSA: Art. 302 AEUV • RdA: Art. 305 AEUV Außenbeziehungen Art. 218 AEUV

aa) Rechtsetzung

[283] Der Rat ist (zusammen mit dem EP) das eigentliche Rechtsetzungsorgan. Seine konkreten Rechtsetzungszuständigkeiten ergeben sich aus den einzelnen Handlungsermächtigungen in den EU-Verträgen. Dabei kommt es teilweise auch zu nicht unbeachtlichen Übergriffen in reine Exekutivfunktionen (z.B. Art. 182 Abs. 4 AEUV: Entscheidung über spezielle Forschungsprogramme; Art. 108 Abs. 2 UAbs. 3 AEUV: Ausnahmen vom Beihilfeverbot; Art. 126 Abs. 6 AEUV: Maßnahmen gegen übermäßige öffentliche Defizite; Art. 215 Abs. 2 AEUV: Embargo-Beschlüsse gegenüber Drittstaaten).

[S. 180]

Im Rechtsetzungsverfahren362 kann der Rat zwar nur auf Vorschlag der Kommission tätig werden; er kann die Kommission jedoch auffordern, die nach seiner Ansicht zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele geeigneten Untersuchungen vorzunehmen und ihm entsprechende Vorschläge zu unterbreiten (vgl. Art. 241 und Art. 135 AEUV).

bb) Koordinierung

[284] Dem Rat kommt weiterhin eine Koordinierungsfunktion zu. Dabei kann es sich zum einen um die Koordinierung nationaler Politiken handelt, wie z.B. im Falle der Wirtschafts- oder Beschäftigungspolitik (Art. 121 Abs. 2, Art. 136 Abs. 1 bzw. Art. 146 Abs. 2 AEUV), oder zum anderen um die Koordinierung verschiedener Politikinstrumente auf EU-Ebene, wie z.B. im Falle der Koordinierung der Strukturfonds untereinander sowie mit anderen Finanzierungsinstrumenten (Art. 177 Abs. 1 AEUV).

Die Koordinierung kann sowohl in Form unverbindlicher Beschlüsse als auch in Gestalt verbindlicher Rechtsakte geschehen.

Besonders wichtig und weitreichend sind die Befugnisse des Rates im Bereich der Koordinierung der Wirtschaftspolitiken der Mitgliedstaaten. Der Rat formuliert für die Mitgliedstaaten die „Grundzüge der Wirtschaftspolitik“ (für die Mitgliedstaaten allgemein: Art. 121 Abs. 2 AEUV; für Mitgliedstaaten der Eurozone: Art. 136 Abs. 1 Buchstabe b) AEUV). Zur Durchsetzung dieser Grundzüge kann der Rat im Falle eines festgestellten Fehlverhaltens „Empfehlungen“ an den betreffenden Mitgliedstaat richten (vgl. Art. 121 Abs. 4 AEUV) und im Falle der Nichtbefolgung „Abmahnungen“ aussprechen (vgl. Art. 126 Abs. 9 AEUV) oder „Sanktionen“ verhängen (vgl. Art. 126 Abs. 11 AEUV)363.

cc) Haushalt

[285] Der Rat stellt zusammen mit dem EP auf der Grundlage eines Vorentwurfs der Kommission den Haushaltsplan der EU auf (Art. 314 AEUV). Er ist es auch, der dem EP die Entlastung der Kommission im Hinblick auf die Durchführung des Haushaltsplans empfiehlt (Art. 319 AEUV).

dd) Ernennungen und Personalentscheidungen

[286] Der Rat ernennt

• die Mitglieder des Rechnungshofes nach vorheriger Konsultation des EP (Art. 286 AEUV),

[S. 181]

• die Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses „WSA“ aufgrund von Listen, die von den Mitgliedstaaten aufgestellt werden, und nach Anhörung der maßgeblichen europäischen Verbände und der Kommission (Art. 302 AEUV),

• die Mitglieder des Ausschusses der Regionen „AdR“ aufgrund von Listen, die von den Mitgliedstaaten aufgestellt werden (Art. 305 AUGV).

ee) Außenbeziehungen

[287] Der Rat ist das zuständige Organ für den Abschluss von Abkommen zwischen der EU einerseits und Drittstaaten oder internationalen Organisation andererseits (Art. 218 AEUV).

c) Arbeitsweise

[288] Die Arbeitsweise des Rates ist im Einzelnen in der Geschäftsordnung des Rates364 festgelegt. Sie enthält etwa die Bestimmungen über die Einberufung des Rates (Art. 1), die Aufstellung der Tagesordnung (Art. 3), der Öffentlichkeit der Tagungen und Aussprachen (Art. 5), Geheimhaltungspflichten (Art. 6), Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten (Art. 10), Modalitäten der Abstimmung (Art. 11) oder die Bekanntgabe der Rechtsakte (Art. 17)365.

[289] In der Praxis vollzieht sich das Handeln des Rates im Wesentlichen in drei Schritten:

1. Schritt: Vorbereitung der Ratssitzungen

[290] Die Vorbereitung der Ratssitzungen wird von zwei ständigen Einrichtungen wahrgenommen, die in die Organisationsstruktur des Rates eingegliedert sind.

[291] (1) Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten (AStV). Der AStV, für den auch die französische Abkürzung COREPER (Comité des représentants permanents) als Bezeichnung gebräuchlich ist, hat die Aufgabe, die Arbeiten des Rates inhaltlich vorzubereiten und die ihm vom Rat übertragenen Aufträge auszuführen.

Damit dieser Ausschuss alle ihm übertragenen Aufgaben erfüllen kann, tritt er als AStV I und AStV II zusammen. AStV I: In ihm kommen die Stellvertreter der Ständigen Vertreter zusammen, die im Wesentlichen für die Vorbereitung der eher technischen Fragen der Fachministerräte zuständig sind. AStV II: In ihm tagen die Ständigen Vertreter selbst, wobei im Wesentlichen alle politischen Fragen behandelt werden. Ausgenommen von dieser Aufgabenverteilung ist der Bereich der Landwirtschaft, für den 1960 ein „Sonderausschuss Landwirtschaft“ (SAL)[S. 182] eingerichtet worden ist, der die Rolle des AStV in landwirtschaftlichen Fragen übernimmt.

Die Vorbereitung der Ratssitzungen erfolgt auf der Ebene des AStV und des SAL in zweifacher Weise:

• Zunächst geht das Bemühen dahin, bereits auf Ausschussebene ein Einvernehmen über die Lösung der zu regelnden Fragen herzustellen. In diesem Zusammenhang können die Ausschüsse auf ca. 100 sektorbezogene Arbeitsgruppen zurückgreifen, die ständig im Rat eingerichtet sind. Daneben können sie aber auch sog. „Ad-hoc-Gruppen“ einsetzen, denen ein befristetes Mandat zur Lösung spezifischer Probleme übertragen wird.

• Daneben werden die Beratungen im Rat dadurch vorbereitet, dass diejenigen Fragen, die von den Ratsmitgliedern selbst diskutiert und entschieden werden müssen, herausgestellt und durch Hintergrundberichte aufgearbeitet werden.

Diese beiden Ansätze der Vorbereitung spiegeln sich konkret in der Tagesordnung einer Ratssitzung wider. Während diejenigen Fragen, über die Einigkeit erzielt werden konnte, als sog. „A-Punkte“ auf der Tagesordnung des Rates erscheinen, werden die offenen, noch zu beratenden Fragen als sog. „B-Punkte“ behandelt.

[292] (2) Generalsekretariat. Das Generalsekretariat unterstützt den Rat (und in gleichem Maße auch den AStV und den SAL) in verwaltungsmäßiger Hinsicht. Es kümmert sich insbesondere um:

• die technische Vorbereitung der Sitzungen,

• organisiert den Dolmetscherdienst (die Vertreter der Mitgliedstaaten sprechen in ihrer Landessprache),

• sorgt für notwendige Übersetzungen,

• stellt die Rechtsberatung des Rates und der Ausschüsse und

• verwaltet den Haushalt des Rates.

[293] In verwaltungsmäßiger Hinsicht wird das Generalsekretariat geführt vom Generalsekretär, der vom Rat benannt wird und unter Aufsicht des Rates für das ordnungsgemäße Funktionieren dieses Apparats zu sorgen hat (vgl. Art. 23 GO des Rates).

2. Schritt: Beratungen im Rat

[294] Der Rat wird von seinem Präsidenten (Vertreter desjenigen Mitgliedstaates, der den Vorsitz im Rat innehat, oder der Hohe Vertreter der EU für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik) aus eigenem Entschluss, auf Antrag eines seiner Mitglieder oder auf Antrag der Kommission einberufen.

Der Ratspräsident stellt für jede Sitzung eine vorläufige Tagesordnung auf, die den anderen Ratsmitgliedern und der Kommission 14 Tage vor Beginn der Sitzung zugeleitet wird. Die vorläufige Tagesordnung besteht aus einem Teil A und einem Teil B. In Teil A werden die Punkte aufgenommen, die der Rat ohne Aussprache annehmen kann. Es sind dies diejenigen Punkte, über die bereits im AStV oder SAL Einvernehmen[S. 183] erzielt werden konnte. Dies schließt allerdings nicht aus, dass ein Ratsmitglied oder die Kommission bei der Annahme dieser A-Punkte Meinungen äußert oder Erklärungen in das Ratsprotokoll aufnehmen lässt. Führt eine solche Stellungnahme jedoch zu einer Aussprache oder wird Letztere sogar ausdrücklich beantragt, wird der Punkt von der Tagesordnung abgesetzt und erscheint auf einer späteren Sitzung als B-Punkt.

[295] Der Rat berät und beschließt nur auf der Grundlage von Schriftstücken, die in den 24 Amtssprachen vorliegen. Bei Dringlichkeit kann einstimmig von der Anwendung dieser Sprachenregelung abgewichen werden. Dies gilt auch für Änderungsvorschläge, die noch während der Ratssitzungen eingebracht und diskutiert werden.

Der Rat tagt öffentlich, wenn er über Gesetzgebungsvorschläge berät oder abstimmt. „Beratungen“ in diesem Sinne sind nicht nur Verhandlungen über die inhaltliche Gestaltung des Gesetzgebungsaktes, sondern auch Diskussionen über Verfahrensfragen. „Abstimmungen“ werden bei allen verfahrensabschließenden Maßnahmen durchgeführt. In der Praxis wird die Öffentlichkeit dadurch hergestellt, dass die Ratstagungen audiovisuell in sog. „Mithörsälen“ im Ratsgebäude übertragen werden.

[296] In den Beratungen des Rates vollzieht sich der Ausgleich zwischen den Einzelinteressen der Mitgliedstaaten und dem Unionsinteresse. Auch wenn im Rat vor allem die Interessen der Mitgliedstaaten zur Geltung gebracht werden, so sind die Ratsmitglieder doch zugleich auf die Ziele und Notwendigkeiten der EU im Ganzen verpflichtet. Der Rat ist ein EU-Organ und keine Regierungskonferenz. Deshalb ist auch in den Beratungen des Rates nicht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner zwischen den Mitgliedstaaten zu suchen, sondern nach dem optimalen Ausgleich zwischen dem Unionsinteresse und den Interessen der einzelnen Mitgliedstaaten.

3. Schritt: Beschlussfassung

[297] Für die Abstimmungen im Rat sehen die EU-Verträge grundsätzlich die Mehrheitsregel vor: Als Regel gilt dabei die qualifizierte Mehrheit (Art. 16 Abs. 3 EUV). Die Berechnung der qualifizierten Mehrheit gestaltet sich wie folgt:

[298] Seit dem 1. November 2014 gilt das System der doppelten Mehrheit, wonach die qualifizierte Mehrheit erreicht ist, wenn mindestens 55 % der Mitglieder des Rates, gebildet aus mindestens 15 Mitgliedstaaten, die mindestens 65 % der Bevölkerung der EU repräsentieren, den Gesetzgebungsvorschlag unterstützen. Um zu verhindern, dass wenige bevölkerungsreiche Mitgliedstaaten die Annahme einer Entscheidung verhindern können, ist vorgesehen, dass eine Sperrminorität aus mindestens vier Mitgliedstaaten, die mindestens 35 % der EU-Bevölkerung repräsentieren, bestehen muss. Falls diese Zahl nicht erreicht wird, gilt die qualifizierte Mehrheit selbst dann als erreicht, wenn das Bevölkerungskriterium nicht erfüllt ist. Vervollständigt wird das System durch einen Mechanismus, der dem „Kompromiss von Ioannina“ sehr[S. 184] ähnlich ist: Für den Fall, dass eine Sperrminorität nicht zustande kommt, kann das Entscheidungsverfahren ausgesetzt werden. Der Rat der EU geht in diesem Fall nicht zur Abstimmung über, sondern setzt die Verhandlungen während eines „angemessenen Zeitraums“ fort, falls Mitglieder des Rates, die mindestens 75 % der Bevölkerung oder mindestens 75 % der Anzahl der Mitgliedstaaten vertreten, die für die Bildung einer Sperrminorität erforderlich sind, dies verlangen.

In den Fällen, in denen der Rat nicht auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission beschließt, wird eine erweiterte qualifizierte Mehrheit gefordert, die verlangt, dass 72% der Mitgliedstaaten, die mindestens 65% der EU Bevölkerung repräsentieren, den Rechtsakt unterstützen (Art. 238 Abs. 2 AEUV).

Schließlich gibt es noch die „umgekehrte qualifizierte Mehrheit“, die etwa bei Entscheidungen über eine mögliche Beeinträchtigung der finanziellen Interessen der EU infolge genereller Defizite im Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat zur Anwendung kommt. Hier gilt ein Kommissionsvorschlag als durch den Rat angenommen, es sei denn der Rat weist den Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit zurück.

[299] De jure kann der Rat der EU dieses System mit qualifizierter Mehrheit ändern; allerdings ist in einem Protokoll vorgesehen, dass darüber zuvor Beratungen im Europäischen Rat zu erfolgen haben, die nur mit Einstimmigkeit zum Beschluss führen können.

[300] Die einzelnen Mitgliedsländer verfügen über die folgende Anzahl von Stimmen im Rat, Bevölkerungszahl und Anteil an der Bevölkerung der EU:


Mitgliedstaat Stimmen Bevölkerung (x 1000) Anteil an EU-Bevölkerung
Deutschland 29 80 523,7 15,93 %
Frankreich 29 65 633,2 12,98 %
Italien 29 59 685,2 11,81 %
Spanien 27 46 704,3 9,24 %
Polen 27 38 533,3 7,62 %
Rumänien 14 20 057,5 3,97 %
Niederlande 13 16 779,6 3,32 %
Belgien 12 11 161,6 2,21 %
Tschechische Republik 12 10 516,1 2,08 %
Griechenland 12 11 062,5 2,19 %
Portugal 12 10 487,3 2,07 %
Ungarn 12 9 908,8 1,96 %
Schweden 10 9 555,9 1,89 %
Österreich 10 8 451,9 1,67 %
Bulgarien 10 7 284,6 1,44 %
Dänemark 7 5 602,6 1,11 %
[S. 185]Finnland 7 5 426,7 1,07 %
Slowakei 7 5 410,8 1,07 %
Irland 7 4 591,1 0,91 %
Kroatien 7 4 262,1 0,84 %
Litauen 7 2 971,9 0,59 %
Slowenien 4 2 058,8 0,41 %
Lettland 4 2 023,8 0,40 %
Estland 4 1 324,8 0,26 %
Zypern 4 865,9 0,17 %
Luxemburg 4 537,0 0,11 %
Malta 3 421,4 0,08 %

[301] Die Bedeutung der Mehrheitsabstimmung liegt nicht so sehr darin, dass durch sie kleine Staaten gehindert werden können, wichtige Beschlüsse zu blockieren, sondern das Mehrheitsprinzip ermöglicht eine Überstimmung einzelner großer Mitgliedstaaten. Allerdings bleibt die sog. „Luxemburger Vereinbarung“ in der Abstimmungspraxis zumindest als politische Größe zu beachten. Mit dieser Vereinbarung, die einem Mitgliedstaat bei Beeinträchtigung sehr wichtiger staatlicher Interessen ein „Vetorecht“ gegenüber der betreffenden EU-Maßnahme einräumt, wurde eine Krise des Jahres 1965 beigelegt, als Frankreich in der Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik wichtige Interessen seines Landes nicht berücksichtigt sah und mit einer „Politik des leeren Stuhls“ die Beschlussfassung im Rat für mehr als sechs Monate blockierte. Mit der Luxemburger Vereinbarung vom 29.1.1966 wurde diese Krise beigelegt. Diese bestimmt hinsichtlich Mehrheitsabstimmungen:

„I. Stehen bei Beschlüssen, die mit Mehrheit auf Vorschlag der Kommission gefasst werden, sehr wichtige Interessen eines oder mehrerer Partner auf dem Spiel, so werden sich die Mitglieder des Rates innerhalb eines angemessenen Zeitraums bemühen, zu Lösungen zu gelangen, die von allen Mitgliedern des Rates unter Wahrung ihrer gegenseitigen Interessen und der Interessen der Gemeinschaft gemäß Artikel 2 des Vertrages angenommen werden können.

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