Kitabı oku: «Strafrecht Allgemeiner Teil», sayfa 6

Yazı tipi:

II. Kausalität

98Die Prüfung der Kausalität dient der Feststellung, ob der Täter für den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges ursächlich geworden ist, dass also zwischen seinem Verhalten und dem Erfolg ein naturgesetzlicher Zusammenhang besteht.[97] Es sollen solche Handlungen von der weiteren Strafbarkeitsprüfung ausgenommen werden, die schon keinerlei Bedingung für den Erfolgseintritt gesetzt haben.

1. Kausalitätstheorien
a) Äquivalenztheorie

99Grundlage für die Bestimmung der Kausalität ist die sog. Äquivalenztheorie oder Bedingungstheorie.[98] Danach ist jede Handlung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele (Conditio-sine-qua-non-Formel). Dieser Ansatz wird als Äquivalenztheorie bezeichnet, weil danach alle Bedingungen gleichwertig (äquivalent) sind. Anhand dieser einfachen Formel können regelmäßig Ereignisse als Ursachen ausgeschlossen werden, die nicht mit dem Erfolg verknüpft sind. Ruft etwa A den O in dem Moment an, in dem dieser von B erschossen wird, so kann der Anruf des A hinweggedacht werden, ohne dass der Tod des O entfiele. Die Handlung des A ist daher nicht kausal, anders als der Schuss des B, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Tod des O entfiele.

100|35|In bestimmten Konstellationen führt die Anwendung der Äquivalenztheorie jedoch nicht weiter.[99] Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen der Bedingungszusammenhang hypothetisch unklar ist.[100] Werden etwa dem Patienten O die Arzneimittel X und Y verabreicht und erleidet O hierauf Lähmungen, kommt es für die Frage, ob das von A hergestellte Mittel X hinweggedacht werden kann, ohne dass die Lähmungen des O entfielen, darauf an, ob X überhaupt geeignet ist, Lähmungen hervorzurufen. Die Frage der Kausalität soll aber gerade durch die Conditio-sine-qua-non-Formel geprüft werden.

101Problematisch ist weiterhin die nahezu uferlose Weite der Äquivalenztheorie. Sie kann zu einem Rückgriff auf unendlich weit zurückliegende Ereignisse führen (regressus ad infinitum).[101] Wird etwa O von A erschossen, so sind neben A auch die Hersteller der Schusswaffe, die Eltern des A, die diesen gezeugt haben, und wiederum deren Eltern usw. für den Tod des O aufgrund der Gleichwertigkeit der Bedingungen nach der Äquivalenztheorie kausal. Hieraus folgt, dass die Conditio-sine-qua-non-Formel allenfalls die Mindestbedingungen der Zurechnung eines tatbestandlichen Erfolges klären kann.

b) Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung

102Eine Möglichkeit, der ausufernden Weite der Äquivalenztheorie zu begegnen, besteht darin, dass man bei der Feststellung der Kausalität von vornherein eine andere Kausalitätstheorie zugrunde legt. Diesen Ansatz verfolgen bspw. die Anhänger der Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung.[102] Diese geht zwar ebenso wie die Äquivalenztheorie von der Gleichwertigkeit aller Bedingungen aus. Statt aber im Sinne der Conditio-sine-qua-non-Formel zu prüfen, ob eine Handlung hinweggedacht werden kann, fragt sie, ob der eingetretene Erfolg mit der Handlung (durch eine Reihe von nachfolgenden Ereignissen) nach den bekannten Naturgesetzen notwendig verbunden war.[103]

103Die Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung hat in der Literatur vielfachen Zuspruch erfahren. Ob sie tatsächlich geeignet ist, den gegen die Äquivalenztheorie erhobenen Einwand der Uferlosigkeit zu umgehen, muss jedoch bezweifelt werden. Denn auch auf ihrer Grundlage bleiben ganz entfernte Bedingungen eines Erfolgseintritts für diesen ursächlich, solange sich nur nach den bekannten Naturgesetzen eine notwendige Verbindung feststellen lässt.

|36|c) Adäquanztheorie

104Einen anderen Ansatz zur Bestimmung der Kausalität liefert die Adäquanztheorie.[104] Nach dieser sind nur solche Bedingungen kausal, die nach der Lebenserfahrung allgemein geeignet sind den tatbestandsmäßigen Erfolg herbeizuführen. Regelwidrige, völlig atypische Kausalverläufe sollen vom objektiven Tatbestand nicht umfasst sein.

105Die Adäquanztheorie ist im Zivilrecht herrschend, hat sich aber im Strafrecht zu Recht nicht durchgesetzt. Denn sie vermischt die naturwissenschaftliche Kausalitätsfeststellung mit der Wertungsfrage der Adäquanz. Dadurch werden aber keine klaren Unterscheidungen ermöglicht. Auch erscheint fraglich, ob die Adäquanztheorie überhaupt als „echte“ Kausalitätstheorie einzuordnen ist, oder ob sie nicht lediglich eine Einschränkung der auf der Grundlage der Äquivalenztheorie ermittelten Ergebnisse bewirkt.[105]

d) Relevanztheorie

106Vereinzelt wird vorgeschlagen, den Kausalzusammenhang auf der Grundlage der Relevanztheorie zu ermitteln.[106] Diese will die Ursächlichkeit zunächst nach dem Gedanken der Äquivalenztheorie bestimmen, um anschließend solche Geschehensabläufe von der Haftung auszunehmen, die keine strafrechtliche Relevanz aufweisen.

107Gegen diesen Ansatz spricht insbesondere seine begriffliche Unbestimmtheit. So mag es noch einleuchten, das Zeugen eines Kindes, das sich im weiteren Verlauf seines Lebens zu einem Intensivtäter entwickelt, als strafrechtlich irrelevant einzuordnen. Wo in sonstigen Bereichen die Grenze der strafrechtlichen Relevanz und damit der Zurechenbarkeit überschritten wird, hängt indes von der zunächst zu leistenden Interpretation des Schutzzwecks des konkret betroffenen Tatbestandes ab. Ebenso wie die Adäquanz- liefert auch die Relevanztheorie darüber hinaus keine Ersetzung, sondern lediglich eine Ergänzung der Äquivalenztheorie.

2. Fallgruppen zum Kausalzusammenhang

108Trotz der gegenüber der Äquivalenztheorie erhobenen Kritikpunkte sollte sie in der Falllösung bei der Prüfung der Kausalität zugrundegelegt werden.[107] Hierbei ist zu beachten, dass Rechtsprechung und Literatur für einzelne wiederkehrende Fallgruppen konkrete Anwendungsregeln entwickelt haben bzw. eine Modifizierung der Conditio-sinie-qua-non-Formel vornehmen, um die Ursächlichkeit einzelner Verhaltensweisen sachgerecht bestimmen zu können. |37|(Prüfungs-)Relevant sind insbesondere die nachfolgend dargestellten Konstellationen.

a) Kausalität bei ungeklärtem Wirkungszusammenhang

109Insbesondere im Bereich der strafrechtlichen Produkthaftung ist häufig die Frage zu klären, ob das Inverkehrbringen (oder der unterlassene Rückruf) eines bestimmten Produkts für Schädigungen der körperlichen Integrität ursächlich ist. Der BGH hat die Anwendung der Äquivalenztheorie in zwei Entscheidungen dahingehend konkretisiert, dass der Wirkungszusammenhang nicht völlig geklärt sein muss, sondern es vielmehr ausreichen kann, wenn die Ursächlichkeit sonstiger Verhaltensweisen ausgeschlossen werden kann.

110Der sog. Lederspray-Entscheidung lag der Fall zugrunde, dass drei Herstellerfirmen Lederspray produziert hatten, das kurz nach Gebrauch bei vielen Personen gesundheitliche Beeinträchtigungen (bis hin zu Lungenödemen) hervorrief. Welche der in dem Spray zusammengesetzten Substanzen die Schädigungen verursachten, konnte nicht festgestellt werden. Der BGH führte hierzu aus: „Ist in rechtsfehlerfreier Weise festgestellt, dass die – wenn auch nicht näher aufzuklärende – inhaltliche Beschaffenheit des Produkts schadensursächlich war, so ist zum Nachweis des Ursachenzusammenhangs nicht noch weiter erforderlich, dass festgestellt wird, warum diese Beschaffenheit schadensursächlich werden konnte, was also nach naturwissenschaftlicher Analyse und Erkenntnis letztlich der Grund dafür war (…). Freilich müssen dort, wo sich die Ursächlichkeit nicht auf diese Weise darlegen lässt, alle anderen in Betracht kommenden Schadensursachen aufgrund einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung ausgeschlossen werden können.“[108]

111In der Holzschutzmittel-Entscheidung stellte der BGH fest, dass die Klärung der Kausalität Gegenstand der freien richterlichen Beweiswürdigung (vgl. § 261 StPO) sei. Ein Ursachenzusammenhang zwischen einer Holzschutzmittelexposition und einer Erkrankung sei „nicht etwa nur dadurch nachweisbar, dass entweder die Wirkungsweise der Holzschutzmittelinhaltsstoffe auf den menschlichen Organismus naturwissenschaftlich nachgewiesen oder alle anderen möglichen Ursachen einer Erkrankung aufgezählt und ausgeschlossen werden. Ein Ausschluss anderer Ursachen kann vielmehr – ohne deren vollständige Erörterung – auch dadurch erfolgen, dass nach einer Gesamtbewertung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse und anderer Indiztatsachen die – zumindest – Mitverursachung des Holzschutzmittels zweifelsfrei festgestellt wird.“[109]

|38|b) Nichtberücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe

112Hypothetische Kausalverläufe sind für die Prüfung des Kausalzusammenhangs bei Begehungsdelikten nicht zu berücksichtigen. Hat der Täter eine für den Erfolgseintritt kausale Handlung vorgenommen, kann er sich also regelmäßig nicht darauf berufen, dass der gleiche Erfolg auch bei Untätigbleiben seinerseits infolge anderer Umstände eingetreten wäre.[110] Bringt A den O dadurch ums Leben, dass er die Bremsen seines Wagens manipuliert und O hierdurch in einen Unfall verwickelt, ist er somit auch dann ursächlich für den Todeseintritt des O, wenn für den Fall, dass er die Bremsen unangetastet gelassen hätte, der B die identische Manipulation vorgenommen hätte. Abzustellen ist bei der Äquivalenztheorie nur auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt. Reserveursachen dürfen nicht hinzugedacht werden.[111] Unerheblich ist auch, ob andere Bedingungen den gleichen Erfolg später herbeigeführt hätten.

113Ausnahmsweise zulässig und geboten ist der Rückgriff auf einen hypothetischen Kausalverlauf zur Erfassung der Fallgruppe des Abbruchs rettender Kausalverläufe, in denen der Täter nach allgemeiner Meinung wegen eines vollendeten Begehungsdeliktes strafbar ist.[112] Schießt A ein Loch in den auf O zutreibenden Rettungsring, woraufhin O ertrinkt, während er ohne das Versenken des Rettungsrings hätte gerettet werden können, ist A somit ursächlich für den Tod des O.

c) Abgebrochene bzw. überholende Kausalität

114In Fällen der abgebrochenen bzw. überholenden Kausalität besteht kein Kausalzusammenhang zwischen dem Täterverhalten und dem Erfolg, weil eine neue Ursachenreihe die Fortwirkung des Täterverhaltens beseitigt und ihrerseits den Erfolg herbeigeführt hat.[113] Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn A dem O eine tödliche Dosis Gift verabreicht, O jedoch von B erschossen wird, noch bevor das Gift zu wirken beginnt. Der Kausalverlauf von der Handlung des A zum Tod des O wird „abgebrochen“, weil ein neuer Kausalzusammenhang an dessen Stelle tritt, den alten also „überholt“. Die von A gesetzte Bedingung kann für den Tod des O hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele. Tatsächlich ursächlich geworden ist allein der B.

115Keine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs ergibt sich allerdings allein daraus, dass noch andere Bedingungen zum Erfolg beigetragen haben. Dem Rotlicht-Fall des BGH lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Angeklagte von der Polizei angehalten wurde, weil er bei Dunkelheit ein KFZ ohne Rücklicht fuhr. Zunächst sicherte die Polizei den Verkehr durch Aufstellen einer |39|roten Lampe. Ein Polizist nahm die Lampe aber vorzeitig von der Fahrbahn. Unmittelbar darauf fuhr ein LKW auf das KFZ des Angeklagten auf, wobei der Beifahrer des auffahrenden LKW tödlich verletzt wurde. Trotz des nachfolgend pflichtwidrigen Verhaltens der Polizeibeamten bejahte der BGH das Vorliegen eines Kausalzusammenhangs zwischen dem Verhalten des Angeklagten und dem tödlichen Auffahrunfall: Voraussetzung für die Annahme des Ursachenzusammenhangs sei allein, dass „die ursprünglich für einen bestimmten Erfolg gesetzte Bedingung auch wirklich bis zum Eintritt des Erfolges fortgewirkt hat.“[114]

116Anders als von der älteren Lehre vom Regressverbot angenommen, wird die Ursächlichkeit eines (fahrlässigen) Erstverhaltens auch nicht generell dadurch unterbrochen, dass ein vorsätzliches Zweitverhalten die zeitlich letzte Ursache für einen tatbestandlichen Erfolgseintritt begründet. Wenn etwa der Leiter einer Justizvollzugsanstalt einem erkennbar rückfallgefährdeten Vollzugsinsassen einen Hafturlaub (vgl. §§ 13 Abs. 1 i.V.m. 11 Abs. 2 StVollzG) gewährt, in dessen Verlauf der Vollzugsinsasse eine vorsätzliche Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) verwirklicht, hat der Leiter durch die Urlaubsgewährung eine Ursache für den Körperverletzungserfolg gesetzt und kann sich nicht darauf berufen, dass die Begehung der Körperverletzung auf einem freien Entschluss des beurlaubten Vollzugsinsassen beruht.[115] Denn in dieser Konstellation unterbricht der vorsätzlich handelnde Begehungstäter, der an einen bereits in Gang gesetzten Kausalverlauf anknüpft, den Kausalverlauf nicht, sondern stellt lediglich das erforderliche Bindeglied zwischen den bereits gegebenen Bedingungen und dem tatbestandlichen Erfolgseintritt her.[116] Teilweise wird in dieser Konstellation allerdings eine Unterbrechung des objektiven Zurechnungszusammenhangs unter dem Gesichtspunkt des eigenverantwortlichen Dazwischentretens eines Dritten (dazu noch Rn. 145) angenommen.[117]

d) Alternative Kausalität

117Von alternativer Kausalität (oder „Doppelkausalität“) spricht man, wenn zwei Kausalverläufe, die durch voneinander unabhängige Handlungen in Gang gesetzt wurden, gleichzeitig zum Erfolg führen.[118] Sie liegt etwa dann vor, wenn A und B voneinander unabhängig jeweils eine tödliche Menge Gift in den Kaffee des O schütten, der infolge des Austrinkens des Kaffees verstirbt. Bei Zugrundelegung der Conditio-sine-qua-non-Formel ließe sich sowohl die Handlung des A als auch diejenige des B hinwegdenken, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele, so dass für beide die Kausalität zu verneinen wäre. Daher wird die Formel|40| der Äquivalenztheorie für Fälle der alternativen Kausalität modifiziert: Von mehreren Bedingungen, die zwar alternativ, nicht jedoch kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Erfolg entfiele, ist jede ursächlich für den Erfolg.[119] Da die Handlungen von A und B zwar alternativ, nicht aber kumulativ hinweggedacht werden können, ohne dass der Tod des O entfiele, sind auf Grundlage der modifizierten Äquivalenztheorie beide ursächlich für den tatbestandlichen Erfolgseintritt.

118Keine Schwierigkeiten bereitet die Fallkonstellation der alternativen Kausalität für die Vertreter der Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung (hierzu Rn. 102f.). Da sowohl A als auch B eine tödlich wirkende Dosis Gift in den Kaffee des O geschüttet haben und dieser tatsächlich infolge des Trinkens des Kaffees verstorben ist, haben sowohl A als auch B eine Handlung vorgenommen, die nach den bekannten Naturgesetzen notwendig mit dem Tod des O verbunden ist.

e) Kumulative Kausalität

119Ein Fall der kumulativen Kausalität liegt vor, wenn mehrere unabhängig voneinander vorgenommene Handlungen den Erfolg erst durch ihr Zusammenwirken herbeiführen.[120] Sie ist etwa dann gegeben, wenn A und B unabhängig voneinander jeweils eine Giftmenge in den Kaffee des O schütten, die jede für sich genommen nicht tödlich wirkt, durch ihr Zusammenwirken jedoch eine tödliche Dosis ergeben.

120Die Konstellationen der kumulativen Kausalität lassen sich durch einfache Anwendung der Conditio-sine-qua-non-Formel lösen, ohne dass diese modifiziert werden müsste. Da im Beispielsfall der Tod des O entfiele, wenn eine der beiden Giftmengen hinweggedacht wird, ist sowohl die Handlung von A als auch diejenige von B kausal für den Tod des O.

f) Atypischer Kausalverlauf

121Das Verhalten des Täters ist auch dann kausal für den konkreten Erfolg, wenn Letzterer aufgrund eines besonders untypischen Kausalverlaufs eingetreten ist. Von einem solchen ist dann auszugehen, wenn der eingetretene konkrete Erfolg weit außerhalb des nach allgemeiner Lebenserfahrung Üblichen liegt. Stößt etwa A den O gegen eine Mauer und verstirbt O wegen einer besonders seltenen allergischen Sensibilität gegen das an sich ungefährliche Baumaterial, kann das Verhalten des A gleichwohl nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Tod des O entfiele (vgl. auch noch Rn. 144).[121]

|41|3. Leitentscheidungen

122BGHSt 1, 332, 333; Kausalität bei Erfolgsqualifikationen: Der Täter versetzt einem Kaufmann einen kräftigen Schlag auf die linke Gesichtshälfte, ohne hierbei einen Todeseintritt für möglich zu halten. Infolge des Schlages erleidet der Kaufmann eine Gehirnerschütterung, die zum Einriss von Blutadern der Hirnhäute und hierdurch zu seinem Tod führt. – Der Tod des Kaufmanns ist dem Täter im Rahmen einer Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) zuzurechnen. Auch bei den Erfolgsqualifikationen bestimmt sich der Ursachenzusammenhang zwischen Verwirklichung des Grunddeliktes und Eintritt der schweren Folge nach der Bedingungstheorie, so dass es nicht darauf ankommt, ob der Schlag nach allgemeiner Lebenserfahrung generell dazu geeignet war, den Tod zu verursachen.

123BGHSt 2, 20, 23ff.; Hypothetische Kausalität: Ein Polizeipräsident verfügt gegenüber vier Personen die Einweisung in ein Konzentrationslager, wo drei von ihnen ums Leben kommen. Hätte er die Einweisung nicht angeordnet, wäre diese mit hoher Wahrscheinlichkeit durch seine vorgesetzte Behörde erfolgt. – Trotz dieser „Reserveursache“ ist die Einweisungserklärung des Polizeipräsidenten ursächlich für den Todeseintritt. Eine Handlung kann auch dann nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele, wenn die hypothetische Möglichkeit besteht, dass ohne die Handlung des Täters ein anderer eine Handlung vorgenommen hätte, die ebenfalls den Erfolg herbeigeführt haben würde.

124BGHSt 30, 228, 231f.; Hypothetische Kausalität: Ein KFZ-Führer fährt mit überhöhter Geschwindigkeit in eine ordnungsgemäß gesicherte Unfallstelle und verletzt dort zwei Personen. Wäre er mit einer den Sichtverhältnissen angepassten Geschwindigkeit gefahren, hätte er den Unfall vermeiden können. Stattdessen wäre jedoch der nach ihm fahrende Fahrzeugführer in die Unfallstelle gefahren und hätte zumindest eine der anwesenden Personen verletzt. – Das pflichtwidrige Verhalten des KFZ-Führers ist ursächlich für die Verletzung beider Personen. Der Ursachenzusammenhang wird nicht dadurch aufgehoben, dass bei ordnungsgemäßem Fahrverhalten seinerseits ein anderer Fahrzeugführer in die Unfallstelle gefahren wäre und dort die (teilweise) identischen Personenschäden herbeigeführt hätte.

125BGHSt 37, 106, 114, 130ff.; Kausalität bei Kollegialentscheidungen (hierzu bereits Rn. 110): Die vier Geschäftsführer einer GmbH stimmen dafür, Ledersprays zu vertreiben. Die Beschlüsse der GmbH werden mit einfacher Abstimmungsmehrheit getroffen, d.h. auch für den Fall, dass ein Geschäftsführer mit „Nein“ gestimmt hätte, wären die Ledersprays aufgrund des Abstimmungsverhaltens der anderen drei vertrieben worden. – Kommt es infolge der Verwendung der Sprays zu Gesundheitsschädigungen der Verbraucher, ist das Abstimmungsverhalten jedes Geschäftsführers trotz der geltenden Abstimmungsregeln dafür ursächlich. Zwar hätte ein abweichendes Stimmverhalten nichts am Zustandekommen des Beschlusses geändert, jedoch setzt jeder, der nur durch Zusammenwirken mit anderen eine zur Schadensabwendung erforderliche|42| Maßnahme herbeiführen kann, eine Ursache für das Unterbleiben der gebotenen Maßnahme, wenn er es trotz seiner Mitwirkungsbefugnis unterlässt, auf ihr Zustandekommen hinzuwirken.

126BGHSt 39, 195, 198f.: Alternative Kausalität: Der Täter schießt in Tötungsabsicht auf das Opfer, wobei die Verwundungen, die dieses dabei erleidet, geeignet sind, den Tod herbeizuführen. Kurz darauf schießt der Täter erneut auf das Opfer, wobei dieses andere Verletzungen erleidet, die aber wiederum für sich genommen geeignet sind, den Tod herbeizuführen. Das Opfer stirbt infolge des „Zusammentreffens“ der Verletzungsfolgen. – Beide Schüsse sind kausal für den Todeseintritt. Zwar tritt dieser durch ein Zusammenwirken der beiden Schüsse ein, wäre aber auch durch die separate Wirkung eines jeden Schusses eingetreten. Bereits der erste Schuss führt damit zu einem vollendeten Tötungsdelikt, da seine Wirkung nur alternativ, nicht jedoch kumulativ mit der des zweiten Schusses hinweggedacht werden kann, ohne dass der Todeserfolg entfiele.

127BGHSt 49, 1, 3ff.; Hypothetische Kausalität (vgl. auch Rn. 116): Die verantwortlichen Ärzte einer psychiatrischen Klinik gewähren einem zwangsweise eingewiesenen Patienten Ausgang, den dieser zur Begehung mehrerer Gewalttaten missbraucht. Hätten sie den Ausgang nicht genehmigt, wäre es dem Patienten aufgrund der schlechten Sicherung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes gleichwohl gelungen, die Klinik zu verlassen. – Die von den Ärzten durch die Genehmigung gesetzte Ursache für die tatsächlich eingetretenen Gewalttaten wird durch die hypothetische Möglichkeit des Ausbruchs nicht beseitigt, da dieser ein außerhalb der konkreten Tatsituation liegendes Geschehen darstellt und einer zusätzlichen autonomen Willensbildung des Patienten bedurft hätte.

₺746,27

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
725 s. 9 illüstrasyon
ISBN:
9783846344927
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre