Kitabı oku: «Internationales Privatrecht», sayfa 3
1. Teil Einführung und Überblick › B. Begriff, Bedeutung und Gegenstand des IPR
B. Begriff, Bedeutung und Gegenstand des IPR
2
„Es gilt das Grundgesetz, und nicht die Scharia“, behauptete Bundeskanzlerin Angela Merkel am 6.10.2010.[1] Tatsächlich müssen auch deutsche Gerichte ihre Urteile mitunter auf der Grundlage ausländischer Gesetze wie der Scharia fällen.[2] Wann dies der Fall ist, darüber entscheidet das IPR.
Der Begriff IPR ist irreführend. Auch wenn das IPR mehr und mehr durch Staatsverträge und Europarecht geregelt wird, handelt es sich zumindest traditionell um nationales Recht.[3] Das bringt die Legaldefinition des IPR in Art. 3 EGBGB am Ende zum Ausdruck, wonach sich das anzuwendende Recht bei Sachverhalten mit einem ausländischen Staat nach den Vorschriften „dieses Kapitels“ (= Art. 3 bis Art. 46 EGBGB) bestimmt, sofern nicht vorrangiges Europa- oder Völkerrecht anzuwenden sind. Seinen internationalen Charakter erhält das (nationale) IPR dadurch, dass es nur bei Sachverhalten mit Auslandsbezug Anwendung findet.
Beispiel
Wenn ein deutsches Gericht mit der Frage befasst ist, ob dem Scheidungsantrag der Inländerin F, die seit sechs Monaten von ihrem deutschen Ehemann E getrennt lebt, zu entsprechen ist, wird es die Antwort nach deutschem Recht (hier: §§ 1565, 1566 BGB) ermitteln. Mangels Berührungspunkten zu ausländischen Rechtsordnungen spielt das IPR keine Rolle
Im Zeitalter der Globalisierung sind grenzüberschreitende Sachverhalte häufiger geworden. Internet, Migration, Import und Export von Waren, weltweites Reisen, kurz: die Internationalisierung der Lebensverhältnisse führt zu einem steten Bedeutungszuwachs des IPR – in der Ausbildung wie in der gerichtlichen Praxis.[4]
Hinweis
Der massive Zuzug von Flüchtlingen ab September 2015 hat in der Praxis zu einem sprunghaften Anstieg von Fällen mit Auslandsbezug geführt.
3
Aufgabe des IPR ist es nicht, die Antwort auf die Rechtsfrage in der Sache zu liefern (im Beispiel Rn. 2: Ist dem Scheidungsantrag zu entsprechen?), sondern die vorgelagerte Frage zu klären, welches Sachrecht (z.B. deutsches BGB, französischer Code Civil, italienischer Codice Civile etc.) zur Ermittlung des Ergebnisses überhaupt heranzuziehen ist.
Beispiel
Wenn anders als im obigen Beispiel (Rn. 2) F und E nicht deutsche sondern französische Staatsangehörige sind, wird sich das deutsche Gericht aufgrund des jetzt bestehenden Auslandsbezugs zunächst die Frage stellen, ob es das BGB oder den französischen Code Civile anzuwenden hat. Allein darüber entscheidet das IPR.
Wie das vorliegende Beispiel zeigt, kann diese „Vorentscheidung“ das Gesamtergebnis durchaus beeinflussen: Im französischen Familienrecht ist der Scheidungsantrag im Unterschied zu § 1566 BGB an keine Frist des Getrenntlebens gebunden, sodass das Gericht dem Scheidungsantrag der F anders als im obigen Beispiel (Rn. 2) entsprechen müsste, wenn französisches Scheidungsrecht anwendbar wäre.
Anmerkungen
[1]
Zitiert nach Spiegel Online vom 8.10.2010, abrufbar unter: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/familien-und-erbrechtsfaelle-deutsche-gerichte-wenden-scharia-an-a-722220.html (Abruf hier und im Folgenden jeweils vom 10.8.2018).
[2]
Verletzt das deutsche Gericht seine Pflicht aus § 293 ZPO zur Ermittlung ausländischen Rechts, kann diese Rechtsverletzung mit dem Rechtsmittel der Revision als Verfahrensrüge geltend gemacht werden (vgl. BGH NJW 2014, 1244 sowie BGH NJW 1992, 2026, 2029). Die fehlerhafte Anwendung ausländischen Rechts ist hingegen nicht revisibel nach § 545 Abs. 1 ZPO (siehe BGH JZ 2014, 102 = NJW 2013, 3656 m. Anm. Riehm JZ 2014, 73 sowie Roth NJW 2014, 1224).
[3]
Vgl. nur Kadner Graziano AD LEGENDUM 2013, 136, 138 f.
[4]
Vgl. Kadner Graziano AD LEGENDUM 2013, 136, 143.
1. Teil Einführung und Überblick › C. Ziele des IPR
C. Ziele des IPR
4
Jede Rechtsordnung ist auf Inlandsfälle zugeschnitten, für die sie eine gerechte Lösung als Idealziel bereit zu halten versucht. Was jedoch bei Inlandssachverhalten gerecht sein mag, kann bei Fällen mit Auslandsbezug wegen der unterschiedlichen rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten zu offensichtlichen Ungerechtigkeiten führen. Um dies zu vermeiden, versucht das IPR diejenige Rechtsordnung zur Anwendung zu bringen, die dem Auslandssachverhalt am nächsten steht und deshalb für gerechte Entscheidungen am ehesten geeignet ist (sog. „Prinzip der engsten Verbindung“). Dabei gilt für Sachverhalte mit überwiegendem Auslandsbezug die Anwendung ausländischen Rechts als im Grundsatz angemessener.[1]
5
Das dem Ideal der Gerechtigkeit verpflichtete „Prinzip der engsten Verbindung“ ist jedoch in hohem Maße unbestimmt. Es geht auf Kosten eines anderen Idealziels: Dem der Rechtssicherheit, das für berechenbare Entscheidungen feste Regeln fordert. Um beiden Idealzielen möglichst nahe zu kommen, folgen internationalprivatrechtliche Vorschriften (Kollisionsnormen) einer Mischung aus festen Regeln und dem flexiblen „Prinzip der engsten Verbindung“.
6
Als drittes Ziel verfolgt das IPR größtmöglichen Entscheidungseinklang.[2] Damit ist zum einen gemeint, dass der Ausgang eines Rechtsstreits nicht davon abhängen soll, ob der Kläger im In- oder im Ausland klagt; stattdessen soll dieselbe Rechtsfrage möglichst in allen Staaten nach demselben Recht beurteilt werden (sog. internationaler Entscheidungseinklang). Zum anderen sollen dieselben Rechtsfragen durch inländische Gerichte und Behörden möglichst einheitlich beurteilt werden (sog. interner Entscheidungseinklang). Denn es wäre nicht sachgerecht, wenn z.B. eine Ehe von der Passbehörde bei der Namenseintragung als wirksam angesehen wird, das Gericht dem Ehegatten jedoch deshalb kein Zeugnisverweigerungsrecht einräumt, weil es von der Unwirksamkeit der Ehe ausgeht.
Anmerkungen
[1]
Kropholler IPR § 4 I S. 24.
[2]
Sendmeyer JURA 2011, 588, 589.
1. Teil Einführung und Überblick › D. Systematik des inländischen IPR
D. Systematik des inländischen IPR
7
Das IPR besteht aus einem allgemeinen (Art. 3–6 EGBGB[1]) und einem besonderen Teil (Art. 7–46). Wie im BGB enthält der kurze allgemeine Teil Grundregeln, die grundsätzlich auf allen Gebieten des IPR gelten.[2] Anders als im BGB gehören das Recht der natürlichen Personen und der Rechtsgeschäfte (Art. 7–12) nicht zum allgemeinen Teil, sondern bilden den Auftakt zum besonderen Teil des IPR. Dieser gliedert sich weiter in das Internationale Familienrecht (Art. 13–24), das Internationale Erbrecht (Art. 25–26), das seit dem 17.8.2015 durch vorrangiges Verordnungsrecht (EuErbVO) geregelt wird, das Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse (Art. 38–42), das jedoch seit dem 11.1.2009 weitgehend durch europäisches Verordnungsrecht (Rom II-VO) verdrängt wird, und das Internationale Sachenrecht (Art. 42–46). Nicht mehr im EGBGB enthalten ist das Internationale Vertragsrecht. Es hat sich bis zum 17.12.2009 in den mittlerweile aufgehobenen Art. 27–37 EGBGB a.F. befunden. Seit dem 17.12.2009 ist es durch die Rom I-VO europäisch einheitlich geregelt. Bislang nicht kodifiziert ist das Internationale Gesellschaftsrecht. Es beruht weitgehend auf Richterrecht.
Anmerkungen
[1]
Artikel ohne Gesetzesbezeichnung sind im Folgenden solche des EGBGB.
[2]
Der europäische Gesetzgeber ist zwar bereits auf zahlreichen Gebieten des IPR tätig geworden; einen allgemeinen Teil hat er für das europäische IPR aber bislang nicht erlassen. Ausführlich zur Erforderlichkeit eines solchen allgemeinen Teils (plastisch als „Rom 0-VO“ bezeichnet) Kieninger IPRax 2017, 200, 205 ff.; Leible in: FS Martiny 2014, 429 ff.; Hinweise zu einem Normierungsvorschlag finden sich in Mansel/Thorn/Wagner IPRax 2013, 1, 2.
1. Teil Einführung und Überblick › E. Historische Entwicklung
E. Historische Entwicklung
8
In der Antike gab es kaum Kollisionsrecht.[1] Die Römer wendeten für Fremde den Teil des eigenen Rechts an, der ihrer Ansicht nach Gemeingut aller Völker war (sog. ius gentium).[2] Von Oberitalien ausgehend, entwickelte sich ab dem frühen 19. Jahrhundert die sog. Statutenlehre, die drei verschiedene Statute (lat. statuta = Gesetz) vorsah: statuta personalia, statuta realia, statuta mixta. Für Fragen der Person (z. B. Handlungsfähigkeit) sollte nach der statuta personalia das Heimatrecht des Fremden gelten, für Immobilien gemäß der statuta realia das Recht des Ortes, an dem sich die unbewegliche Sache befand, und für alle anderen Angelegenheiten (z.B. Delikte) galt nach dem Auffangtatbestand der statuta mixta grundsätzlich das Recht des Handlungsortes. Die unscharfen Grenzen dieser drei Kategorien ließen eine eindeutige Zuordnung im Einzelfall jedoch kaum zu. Mit der Kritik von Carl Georg von Wächter in den Jahren 1841/42 fand die Statutenlehre daher ihr Ende.[3] An ihre Stelle trat die Entwicklung des modernen IPR, die eng mit den Namen Joseph Story, Pasquale Mancini und insbesondere Friedrich Carl von Savigny (1779-1861) verbunden ist.[4]
9
Hinweis
Beachten Sie, dass der häufig gebrauchte Begriff „Statut“ zumeist nicht in diesem historischen Sinne verstanden wird, sondern die zur Anwendung berufene Rechtsordnung als Ergebnis der kollisionsrechtlichen Prüfung meint.[5]
Anmerkungen
[1]
Kegel/Schurig § 3 I S. 162.
[2]
Vgl. Rauscher Rn. 21.
[3]
Gebauer JZ 2011, 213, 220; Rauscher Rn. 29.
[4]
Eingehende Behandlung mit Abbildungen Kegel/Schurig § 3 IX-XI S. 181 ff.; knapper Rauscher Rn. 30 ff.
[5]
Vgl. Hoffmann/Thorn § 2 Rn. 33; Sendmeyer JURA 2011, 588.
1. Teil Einführung und Überblick › F. Rechtsquellen des IPR und ihre Rangfolge
F. Rechtsquellen des IPR und ihre Rangfolge
10
Zu den Wesensmerkmalen des IPR gehört die teils schwer durchschaubare Gemengelage von Europarecht, staatsvertraglichen Regelungen und autonomem deutschen Recht.
Hinweis
Lassen Sie sich davon nicht abschrecken, sondern verstehen Sie diese „Rechtsquellenpluralität“ als Chance. Während in einer typischen Zivilrechtsklausur die heranzuziehende Rechtsquelle meist offensichtlich ist, werden „IPR-Klausuren“ häufig nach einem nicht einschlägigen Gesetz bearbeitet. Dies zu vermeiden ist nicht schwer. Denn in Prüfungen werden nur Kenntnis und Zusammenspiel einer sehr begrenzten Anzahl nationaler und internationaler Kollisionsnormen erwartet. Mit deren Beherrschung werden Sie in der Klausur punkten können: Weil das Aufspüren der richtigen Rechtsquelle bereits zu den Herausforderungen im IPR gehört, an der etliche Studierende scheitern, zahlen sich die Kenntnis der wesentlichen Rechtsquellen und ihrer Rangfolge aus. Zusätzlich vereinfacht wurde das Auffinden der richtigen Rechtsquelle durch die neu gefasste „Überblicksnorm“ des Art. 3 Nr. 1, der die für „IPR-Klausuren“ wichtigsten EU-Verordnungen aufführt. Um die entsprechenden Verordnungen und Staatsverträge nachfolgend leichter auffinden zu können, werden jeweils die Fundstellen in den Gesetzessammlungen Jayme/Hausmann (im Folgenden: J/H) und Arzt/Staudinger (im Folgenden: A/S) in den Fußnoten mit angegeben.
1. Teil Einführung und Überblick › F. Rechtsquellen des IPR und ihre Rangfolge › I. Europäisches Recht
I. Europäisches Recht
11
Der Einfluss des Europarechts auf das nationale IPR wächst stetig. Art. 81 AEUV liefert der EU die dafür nötige Kompetenzgrundlage. Die Motive für den europäischen Vereinheitlichungsprozess, an dem der Mitgliedstaat Dänemark nicht beteiligt ist,[1] sind vielfältig:
• | Erstens verkompliziert die Vielfalt an nationalen IPR-Vorschriften die Bestimmung des anwendbaren Rechts und führt so zu erhöhten Rechtsfindungs- und Transaktionskosten.[2] |
• | Zweitens birgt es die Gefahr des sog. forum shopping, bei dem der Kläger seine Klage in demjenigen Land anhängig macht, dessen nationales IPR zur Anwendung eines für ihn günstigen Sachrechts führt. |
• | Drittens werden Rechtsverhältnisse seltener nach einem Recht als wirksam und nach einem anderen als unwirksam angesehen (sog. hinkende Rechtsverhältnisse). Diese Nachteile nationaler IPR-Gesetzgebung werden durch Kollisionsrechtsvereinheitlichung abgebaut. |
• | Schließlich bringt die sukzessive Ablösung völkerrechtlicher Verträge[3] durch europäisches Verordnungsrecht den Vorteil, dass bei Aufnahme neuer Staaten in die EU nicht erst Beitrittsübereinkommen geschlossen werden müssen, um die IPR-Vorschriften zur Geltung zu bringen.[4] Es bedarf auch keiner Ratifizierung von Protokollen mehr, um die Auslegungskompetenz des EuGH zu begründen; diese stellt sich gem. Art. 267 Abs. 1 AEUV vielmehr automatisch ein.[5] |
1. EU-Verordnungen
12
Das Verordnungsrecht der EU bildet neben dem deutschen EGBGB heute die Hauptquelle des IPR. Im Unterschied zum EGBGB, das alle wichtigen nationalen Kollisionsnormen in einem Gesetz bündelt, verteilt sich das europäische Kollisionsrecht auf eine Vielzahl einzelner Verordnungen, die in ihrer Struktur zahlreiche Parallelen aufweisen.[6]
Für das Examen wichtig sind insbesondere die in Art. 3 Nr. 1 a) bis g) aufgeführten:
a) | Die Rom II-VO,[7] die das Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse regelt, |
b) | die Rom I-VO,[8] die das Internationale Vertragsrecht regelt, |
c) | die Europäische Unterhaltsverordnung[9] (EuUntVO), |
d) | die sog. Rom III-VO[10] zum Internationalen Scheidungsrecht, |
e) | die Europäische Erbrechtsverordnung[11] (EuErbVO), |
f) | die ab 29.1.2019 geltende Europäische Güterrechtsverordnung[12] (EuGüVO) und |
g) | die ab 29.1.2019 geltende Europäische Partnerschaftsverordnung[13] (EuPartVO). |
Hinweis
Zu den beiden letztgenannten „EU-Güter-Verordnungen“ (= EuGüVO und EuPartVO), die ab 29.1.2019 gelten, sind Ende 2018 nationale Durchführungsbestimmungen[14] erlassen worden, die im Jayme/Hausmann Textausgabe Internationales Privat und Verfahrensrecht, 19. Auflage 2018 (Rechtsstand: 1. September 2018), aber noch nicht berücksichtigt werden konnten.[15] Daher wird auf diese nationalen Durchführungsbestimmungen im Folgenden nicht näher eingegangen.
13
Weniger prüfungsrelevant sind europäische Richtlinien und die folgenden (überwiegend verfahrensrechtlichen) Verordnungen, von deren Existenz Sie jedoch wissen sollten:[16]
• | Die seit dem 13.11.2008 geltende Europäische Zustellungsverordnung (EuZustellVO),[17] |
• | die seit dem 12.12.2008 geltende Europäische Mahnverfahrensverordnung (EuMVVO),[18] |
• | die seit dem 1.1.2004 geltende Europäische Beweisverordnung (EuBVO),[19] |
• | die seit dem 1.1.2009 geltende Europäische Bagatellverordnung (EuBagatellVO),[20] |
• | die seit dem 21.10.2005 geltende Verordnung zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (EuTVO),[21] |
• | die seit dem 31.5.2002 geltende Europäische Insolvenzverordnung (EuInsVO),[22] |
• | die ab dem 11.5.2015 geltende Verordnung zur Anerkennung von Schutzanordnungen.[23] |
2. Innergemeinschaftliche Staatsverträge
14
Der Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen zwischen der EU und den Mitgliedstaaten war lange Zeit das dominierende Handlungsinstrument der EU auf dem Gebiet des IPR. Die prominentesten Beispiele sind das EuGVÜ vom 27.9.1968,[24] das seit dem 1.3.2002 durch die EuGVO[25] weitgehend abgelöst wurde, und das EVÜ[26] vom 19.6.1980, das außer im Verhältnis zu Dänemark durch die Rom I-VO vom 17.12.2009 ersetzt wurde. Wie diese Beispiele verdeutlichen, haben innergemeinschaftliche Staatsverträge im IPR heute kaum noch Bedeutung.
3. Richterrecht
15
Schließlich bildet die Rechtsprechung des EuGH eine europäische Rechtsquelle, die durch die Zunahme an europäisiertem Kollisionsrecht an Einfluss gewinnt. Der Gerichtshof entscheidet letztverbindlich über die Auslegung von Verordnungs- und Richtlinienrecht. Aus dem Kanon der bekannten Auslegungsmethoden greift der EuGH verstärkt auf die systematisch-teleologische Auslegung zurück und betont das Effizienzgebot (effet utile) des europäischen Rechts;[27] das hat zur Folge, dass der Anwendungsbereich europäischen Sekundärrechts tendenziell weit ausgelegt wird.[28] Insbesondere das Europäische Zivilverfahrens- und das Internationale Gesellschaftsrecht sind in hohem Maße durch die Rechtsprechung des EuGH geprägt.
1. Teil Einführung und Überblick › F. Rechtsquellen des IPR und ihre Rangfolge › II. Völkerrechtliche Staatsverträge
II. Völkerrechtliche Staatsverträge
16
Völkerrechtliche Staatsverträge werden zwischen mindestens zwei Staaten geschlossen. Zweiseitige Verträge (Abkommen) werden als bilateral bezeichnet. Wenn mehr als zwei Vertragspartner beteiligt sind, wird von multilateralen Verträgen (Übereinkommen) gesprochen.[29] Letzteren kommt deutlich größere Bedeutung im IPR zu.[30]
17
Daneben können völkerrechtliche Verträge nach ihrem Wirkungsbereich unterschieden werden: Sie können auf Gegenseitigkeit beruhen oder allseitig (als sog. loi uniforme) gelten. Ersteres meint, dass der Vertrag nur im Verhältnis der Vertragsstaaten zueinander anwendbar ist (so etwa Art. 8 des Haager Eheschließungsabkommens[31]). Sofern der Vertrag dagegen als loi uniforme ausgestaltet ist, gilt er auch im Verhältnis zu sog. Nichtvertragsstaaten/Drittstaaten.
Beispiel[32]
In Österreich hatte der Oberste Gerichtshof (OGH) über einen Verkehrsunfall zwischen einem deutschen Lkw und einem österreichischem Sattelzug zu entscheiden. Der Unfall ereignete sich in Deutschland.
Der OGH wendete zur Ermittlung des anwendbaren Rechts das Haager Straßenverkehrsunfall-Übereinkommen[33] an, obwohl allein Österreich, nicht aber Deutschland Vertragsstaat dieses Übereinkommens ist. Die Entscheidung des OGH ist deshalb zutreffend, weil das Straßenverkehrsunfall-Übereinkommen nach seinem Art. 11 als loi uniforme ausgestaltet ist.