Kitabı oku: «Verteidigung in der Hauptverhandlung», sayfa 13
Anmerkungen
[1]
OLG München NStZ 2005, 706; LR-Gollwitzer § 228 Rn. 9.
[2]
Meyer-Goßner/Schmitt § 228 Rn. 3.
[3]
Früher 10 Tage, geändert durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz vom 24.8.2004, BGBl. I, 2198; kritisch hierzu Behm/Wesemann StraFo 2006, 354.
[4]
BGH StV 1982, 1; Meyer-Goßner/Schmitt § 228 Rn. 1.
[5]
BGHSt 52, 24.
[6]
BGH StraFo 2007, 507, 509.
[7]
Zur Vertiefung der Problematik Mandla NStZ 2011, 1.
[8]
BGH NStZ 2009, 225; BGH NStZ 2011, 532; BGH NStZ 2014, 220
[9]
BGH NStZ 2008, 115.
[10]
BGH NJW 2006, 3077; Gössel JR 2007, 41.
[11]
BGH NStZ 2011, 229.
[12]
BGH StV 1998, 359; dort auch zu den Anforderungen an den Revisionsvortrag.
[13]
BGH StV 1998, 359.
[14]
BGH StV 1997, 282.
[15]
So zu Recht Knauer/Wolf NJW 2004, 2934; Keller/Meyer-Mews StraFo 2005, 356; a.A. allerdings BGH NJW 2006, 3077 m. Anm. Gössel JR 2007, 40; Knauer StV 2007, 340; Dietmeier NStZ 2007, 576.
[16]
BGH NJW 2009, 384.
[17]
LR-Becker § 229 Rn. 1 m.w.N.
[18]
Zur Entscheidung über Beginn und Ende einer krankheitsbedingten Hemmung der Unterbrechungsfristen vgl. BGH NStZ 2016, 688.
[19]
BGH NStZ 2016, 171.
[20]
Vgl. Meyer-Goßner/Schmitt § 228 Rn. 4; OLG Düsseldorf StV 1997, 282.
[21]
BGH NStZ 1983, 281; LR-Gollwitzer § 265 Rn. 108; Meyer-Goßner/Schmitt § 265 Rn. 45.
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › XI. Aussetzungsanträge › 2. Aussetzung wegen verspäteter Ladung
2. Aussetzung wegen verspäteter Ladung
169
Neben dem Angeklagten ist der Pflichtverteidiger stets, der Wahlverteidiger jedenfalls dann zu laden, wenn seine Wahl dem Gericht angezeigt worden ist (§ 218 S. 1). Die Vorlage einer Vollmacht ist nicht vorausgesetzt.[1] Sowohl für den Angeklagten als auch für den Verteidiger gilt, dass zwischen der Zustellung der Ladung und dem Tag der Hauptverhandlung eine Frist von mindestens einer Woche liegen muss (§§ 217 Abs. 1, 218 S. 2). Dies gilt nicht für die Fortsetzung einer unterbrochenen Hauptverhandlung, bei der keine förmliche Ladung und somit auch nicht die Einhaltung einer Ladungsfrist erforderlich ist.[2] Hat der Angeklagte mehrere Verteidiger, so sind grundsätzlich alle zu laden.[3] Ist der Verteidiger rechtzeitig, der Angeklagte jedoch verspätet geladen worden, so kann der Verteidiger einen Aussetzungsantrag nur im Namen des Angeklagten stellen. Kenntnis des Verteidigers vom Termin ersetzt nicht seine Ladung.[4] Allerdings geht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon aus, dass ein Aussetzungsantrag des Verteidigers zu Recht abgelehnt werden könne, wenn feststünde, dass dieser zuverlässige Kenntnis vom Termin bereits zu einem Zeitpunkt erlangt habe, in dem eine Ladung noch rechtzeitig gewesen wäre,[5] eine (abzulehnende) Auffassung, die immerhin nichts weniger als den Gesetzeswortlaut gegen sich hat! Die bloße Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Termin genügt jedoch auf keinen Fall.[6]
170
Der Aussetzungsantrag kann bereits vor der Hauptverhandlung schriftlich gestellt werden.[7] Nicht ausreichend ist allerdings die mündliche Bitte an den Vorsitzenden, den Termin zu vertagen.[8] In der Hauptverhandlung ist der Antrag bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten zur Sache möglich (§§ 217 Abs. 2, 218 S. 2). Ist der Verteidiger erst nach Verhandlungsbeginn erschienen, so gilt diese Begrenzung nicht; allerdings hat er den Antrag dann unverzüglich nach seinem Erscheinen zu stellen.[9]
Hinweis
Kann der Verteidiger den Hauptverhandlungstermin trotz verspäteter Ladung wahrnehmen, so ist stets zu überlegen, ob ein Aussetzungsantrag tatsächlich sinnvoll ist. Bringt dieser in der Sache nichts, ist also insbesondere keine weitere Zeit zur Vorbereitung der Hauptverhandlung erforderlich, so dürften in der Regel die mit dem Aussetzungsantrag verbundenen Nachteile für den Angeklagten größer sein als die Vorteile. Nicht zuletzt sollte der Verteidiger in einem solchen Fall an die mit einer Verfahrensverzögerung verbundenen Kosten für den Mandanten denken. Der Verzicht auf die Einhaltung der Ladungsfrist kann auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden, etwa dann, wenn der Verteidiger vor der Hauptverhandlung erklärt hat, er habe vom Termin Kenntnis und werde diesen wahrnehmen.[10]
171
Muster 13 Aussetzungsantrag wegen verspäteter Ladung des Verteidigers und des Angeklagten
An das
Landgericht
…
In der Strafsache
gegen …
b e a n t r a g e
ich zugleich für den Angeklagten und im eigenen Namen die Aussetzung der heutigen Hauptverhandlung.
Die Ladung zum heutigen Termin wurde dem Angeklagten durch Niederlegung bei der Post erst vor vier Tagen zugestellt. Ich selbst habe eine schriftliche Ladung gegen Empfangsbescheinigung sogar erst vor zwei Tagen erhalten. Die Ladungsfrist des § 217 Abs. 1 StPO ist daher weder im Fall meines Mandanten noch bei der Ladung meiner Person eingehalten worden.
Obwohl ich eine halbe Stunde vor Beginn der heutigen Hauptverhandlung telefonisch mitgeteilt habe, dass ich mich um etwa 15 Minuten wegen eines nicht vorhersehbaren Verkehrsstaus verspäten müsse, hatte die Hauptverhandlung schon begonnen, als ich genau 12 Minuten nach dem angesetzten Verhandlungsbeginn den Sitzungssaal betrat. Der Angeklagte war gerade dabei, sich zur Sache zu äußern. Entgegen dem Wortlaut des § 217 Abs. 2 ist bei dieser Sachlage der Aussetzungsantrag nicht verspätet. Weder meinerseits noch von Seiten des Angeklagten liegt ein Verzicht auf die Einhaltung der Ladungsfrist vor. Zwar kann ein solcher Verzicht auch schlüssig erklärt werden, etwa dadurch, dass der Angeklagte bis zum Beginn seiner Vernehmung zur Sache einen Aussetzungsantrag nicht stellt. Dies würde allerdings voraussetzen, dass der Angeklagte seine Rechte kennt oder über sie belehrt worden ist. Meinem Mandanten war das Recht, wegen der verspäteten Ladung einen Aussetzungsantrag zu stellen, jedoch nicht bekannt. Er ist hierüber, wie er mir soeben mitgeteilt hat, auch vom Vorsitzenden nicht belehrt worden.
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Hat das Gericht einen bereits vor der Hauptverhandlung wegen verspäteter Ladung gestellten Aussetzungsantrag des Verteidigers abgelehnt und ist der Verteidiger tatsächlich an der Wahrnehmung des Termins gehindert, so bleibt dem Mandanten nichts anderes übrig, als entweder einen anderen Verteidiger zu beauftragen oder selbst einen Antrag auf Aussetzung der Hauptverhandlung zu stellen. Einen entsprechenden Antrag sollte der Verteidiger für seinen Mandanten vorbereiten. Lehnt das Gericht einen solchen, rechtzeitig, also vor der Vernehmung des Angeklagten, gestellten Aussetzungsantrag ab, so wird die Verteidigung in unzulässiger Weise beschränkt. Das Urteil beruht auf diesem Verfahrensfehler selbst dann, wenn der Angeklagte nun ein Geständnis ablegen sollte, wenn er sich bis dahin nicht zur Sache eingelassen hatte und auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Verteidigungsverhalten des Angeklagten im Beistand seines Verteidigers möglicherweise ein anderes gewesen wäre.[11]
Anmerkungen
[1]
OLG Bamberg NJW 2007, 393.
[2]
BGH NStZ-RR 2003,98.
[3]
BGHSt 36, 259, 260; BGH NStZ 1995, 298; BGH StV 2001, 663 m.w.N.
[4]
OLG München NJW 2005, 2470; OLG München NJW 2006, 1366.
[5]
BGH StV 1985, 133, 134 (obiter dictum); BGH StV 1996, 57.
[6]
BGH StV 1996, 57.
[7]
KK-Gmel § 218 Rn. 10.
[8]
OLG Celle NJW 1974, 1258.
[9]
KK-Gmel § 218 Rn. 8.
[10]
Vgl. Burhoff Hauptverhandlung, Rn. 598.
[11]
KG StV 1996, 10.
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › XI. Aussetzungsanträge › 3. Aussetzung wegen verspäteter oder unvollständiger Akteneinsicht
3. Aussetzung wegen verspäteter oder unvollständiger Akteneinsicht
173
Die Aussetzung des Verfahrens wegen Verletzung des Akteneinsichtsrechts ist gesetzlich nicht geregelt. Allerdings erfordert ein rechtsstaatlich geordnetes Verfahren, zu dem auch der Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör zählt, das Recht der Verteidigung auf Akteneinsicht in dem Umfang, wie die Akten dem Gericht bei der Urteilsfindung vorliegen.[1] Aus dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit ergibt sich, dass sämtliche Schriftstücke und sonstige Beweismittel, aus denen sich für den Schuldspruch oder die Rechtsfolgen relevante Umstände ergeben können, der Akteneinsicht nicht entzogen werden dürfen. Hierzu gehören im steuerstrafrechtlichen Verfahren auch die von der Steuerfahndung beigezogenen Betriebsprüfungsakten.[2] Verweigert die Steuerfahndung die Herausgabe, so sollte mit dem Aussetzungsantrag ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 147 Abs. 5 verbunden werden.[3] Nach h.M. in der Rechtsprechung sind allerdings Audiodateien Augenscheinsobjekte, auf deren Aushändigung kein Anspruch bestehen soll und die am Ort ihrer amtlichen Verwahrung besichtigt werden können.[4] Hinsichtlich der Notwendigkeit einer Aussetzung oder Unterbrechung der Hauptverhandlung kann aber nichts anderes gelten als bei unvollständiger Einsicht in „klassische“ Akten. Zur Akteneinsicht gehört nicht nur die bloße Kenntnisnahme des dem Gericht vorliegenden Aktenmaterials, sondern auch die Möglichkeit, sich anhand dieser Kenntnis auf die Hauptverhandlung vorzubereiten. Zu diesem Zweck ist die Hauptverhandlung auf Antrag des Verteidigers auszusetzen.[5] Zwischen Akteneinsicht und Hauptverhandlung muss daher ein angemessener Zeitraum liegen. Der Verteidiger darf sich nicht darauf einlassen, umfangreiches Aktenmaterial erst wenige Tage vor der Hauptverhandlung zur Einsicht zu bekommen oder, was bei der Wahrnehmung auswärtiger Hauptverhandlungen durchaus nicht selten zugemutet werden soll, die Akten „eine Stunde vor der Hauptverhandlung auf der Geschäftsstelle“ einzusehen. Der Verteidiger muss vielmehr auf einer ausreichenden Vorbereitungszeit bestehen. Das Gleiche gilt, wenn während der Hauptverhandlung weiteres Beweismaterial zur Akte gelangt, von dem er bisher keine Kenntnis hatte. Gewährt das Gericht auf einen entsprechenden Aussetzungsantrag die verlangte Akteneinsicht entweder gar nicht oder ohne die entsprechende Bearbeitungszeit, so liegt hierin in der Regel eine gemäß § 338 Nr. 8 mit der Revision zu rügende Beschränkung der Verteidigung,[6] ein Umstand, auf den der Verteidiger nötigenfalls deutlich aufmerksam machen sollte.
174
Muster 14 Aussetzungsantrag wegen verspäteter Akteneinsicht
An das
Landgericht
…
In der Strafsache
gegen …
b e a n t r a g e
ich, die Hauptverhandlung auszusetzen.
Mit Schriftsatz vom 1.2.2017 habe ich mich als Verteidiger des Angeklagten gemeldet und die Gewährung vollständiger Akteneinsicht beantragt. Diese wurde am 15.2.2011 gewährt. Ausweislich meiner Unterlagen umfassten die Prozessakten zum damaligen Zeitpunkt 250 Seiten.
Zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung habe ich zur Vervollständigung meiner Unterlagen nochmals abschließende Akteneinsicht beantragt und auch erhalten. Zu diesem Zeitpunkt waren lediglich weitere 30 Seiten zur Akte gelangt, die jedoch im Wesentlichen Ladungsformalitäten betrafen. Ich hatte gleichzeitig darum gebeten, mir unverzüglich nochmals Akteneinsicht zu gewähren, falls weitere Unterlagen zu den Akten gelangen sollten.
Gestern Nachmittag erhielt ich nun zwei weitere Leitzordner mit insgesamt über 600 Seiten, die vor allem aus Protokollen über die Vernehmung von Zeugen bestehen, die mir im Zusammenhang mit dem hier vorliegenden Verfahren bisher nicht bekannt waren. Ein erster grober Überblick über diese Protokolle hat ergeben, dass es sich bei den vernommenen Personen im Wesentlichen um Belastungszeugen gegen meinen Mandanten handelt. Ich hatte bisher weder Gelegenheit, die Aussagen im Einzelnen durchzuarbeiten, noch deren Inhalt mit meinem Mandanten zu besprechen.
Zur angemessenen Vorbereitung der Hauptverhandlung ist die Aussetzung des Verfahrens für mindestens 2 Wochen notwendig. Da ich in den nächsten Tagen zahlreiche nicht aufschiebbare Gerichtstermine vorzubereiten und wahrzunehmen habe, genügt eine kürzere Unterbrechung der Hauptverhandlung hierfür nicht.
Anmerkungen
[1]
BGH StV 1988, 193, 194; OLG Saarbrücken NStZ 2005, 344; OLG Frankfurt NStZ 2003, 566.
[2]
OLG Rostock NStZ 2016, 371.
[3]
OLG Rostock NStZ 2016, 371
[4]
OLG Hamburg NStZ 2016, 695;OLG Celle NStZ 2016, 305; nach KG NStZ 2016, 693 können diese ausnahmsweise und bei Ausschluss jeder Missbrauchsgefahr dem Verteidiger überlassen werden; ausführlich hierzu Wettley/Nöding NStZ 2016, 633 ff.
[5]
LG Koblenz StV 1997, 239.
[6]
BGH NStZ 2000, 212.
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › XI. Aussetzungsanträge › 4. Aussetzung zur Einziehung von Erkundigungen
4. Aussetzung zur Einziehung von Erkundigungen
175
Gemäß § 246 Abs. 2 kann der Verteidiger zur Einziehung von Erkundigungen die Aussetzung der Hauptverhandlung beantragen, wenn er aufgrund verspäteter Namhaftmachung geladener Zeugen oder Sachverständigen keine Möglichkeit hatte, deren Glaubwürdigkeit und sachliche Zuverlässigkeit zu prüfen und mögliche Gegenbeweise anzubieten.[1] Das Gleiche gilt, wenn eine zu beweisende Tatsache nicht rechtzeitig vorgebracht worden ist. Die Aussetzungsmöglichkeit besteht nicht nur dann, wenn während der Hauptverhandlung überraschend ein neuer Zeuge präsentiert wird. Häufiger dürfte der Fall sein, dass der Verteidiger auf der vom Gericht bereits zu Beginn der Verhandlung vorgelegten Liste der zu vernehmenden Zeugen einen Name entdeckt, der ihm aus der Akte nicht bekannt ist. Es empfiehlt sich dann, zunächst beim Vorsitzenden anzufragen, was es mit diesem Zeugen auf sich habe und zu welchem Beweisthema er gehört werden soll.
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Der Verteidiger hat es in der Hand, den Zeitpunkt des Aussetzungsantrages selbst zu bestimmen. Er kann zunächst die übrige Beweisaufnahme, ja sogar die Verwendung des Beweismittels selbst abwarten, um sodann unter Berücksichtigung der gesamten Beweislage zu prüfen, ob ein Aussetzungsantrag sinnvoll ist oder nicht.[2]
Hinweis
Da das Gericht über den Aussetzungsantrag „nach freiem Ermessen“ (§ 246 Abs. 4) entscheidet, wobei auch zu prüfen sein soll, ob Erkundigungen in Bezug auf das neue Beweismittel nach Lage der Sache überhaupt notwendig sind,[3] sollte ein Aussetzungsantrag möglichst sorgfältig begründet werden. Es empfiehlt sich darzulegen, welche Erkundigungen der Verteidiger einziehen will. Setzt sich das Gericht trotz Kenntnis der für den Aussetzungsantrag maßgeblichen Gründe über das Gesuch des Verteidigers hinweg, so kann hierin ein Ermessensfehler liegen, der die Revision begründen kann.[4] Bei seiner Ermessensentscheidung hat das Gericht die Aufklärungspflicht nach § 244 Abs. 2 und die Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu berücksichtigen. Auch der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen Anklagebehörde und Verteidigung kann tangiert sein.
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Muster 15 Aussetzungsantrag zur Einziehung von Erkundigungen
An das
Landgericht
…
In der Strafsache
gegen …
b e a n t r a g e
ich, die Hauptverhandlung gemäß § 246 Abs. 2 StPO auszusetzen.
In der heutigen Hauptverhandlung hat die Staatsanwaltschaft zum Beweis dafür, dass der Angeklagte sich zum Zeitpunkt der Tat nicht, wie von ihm angegeben, in seiner Wohnung befunden habe, sondern am Tatort, den Zeugen X benannt. Dieser hat heute in seiner Vernehmung die unter Beweis gestellte Tatsache bestätigt und bekundet, er selbst habe den Angeklagten am Tatort gesehen.
Der Angeklagte bezeichnet diese Aussage des Zeugen X als wahrheitswidrig. Es wird ihm möglich sein, über eine Bekannte, die er allerdings erst im Laufe der nächsten Woche erreichen kann, Zeugen ausfindig zu machen, die bestätigen können, dass sie zu dem genannten Zeitpunkt mit dem Zeugen X eine Urlaubsreise im Ausland unternommen haben, so dass dieser gar nicht am Tatort sein konnte.
Angesichts der Tatsache, dass die notwendigen Erkundigungen nicht sofort eingezogen werden können und dem Unterzeichner im nächsten Monat durch zahlreiche andere Gerichtstermine nicht ausreichend Zeit hierfür zur Verfügung steht, genügt eine Unterbrechung der Hauptverhandlung nicht. Wie bekannt, befindet sich der Angeklagte in Haft, so dass er gehindert ist, selbst tätig zu werden.
Anmerkungen
[1]
Meyer-Goßner/Schmitt § 246 Rn. 2.
[2]
KK-Krehl § 246 Rn. 2; Burhoff Hauptverhandlung, Rn. 165.
[3]
BGH MDR 1984, 278 (H).
[4]
BGH NJW 1990, 1124.
Teil 3 Beginn der Hauptverhandlung › XI. Aussetzungsanträge › 5. Aussetzung wegen veränderter Rechtslage
5. Aussetzung wegen veränderter Rechtslage
178
Gemäß § 265 Abs. 1 ist der Angeklagte darauf hinzuweisen, wenn das Gericht bei seiner Entscheidung eine von der zugelassenen Anklage abweichende rechtliche Beurteilung der Tat vornehmen will, unabhängig davon, ob die Änderung des rechtlichen Gesichtspunktes aufgrund neuer Tatsachen oder wegen einer anderen rechtlichen Beurteilung des gleich gebliebenen Sachverhalts in Erwägung gezogen wird.[1] Die Vorschrift dient der Sicherung einer umfassenden Verteidigung des Angeklagten und seinem Schutz vor Überraschungen.[2] Ein „anderes Strafgesetz“ i.S.v. § 265 Abs. 1 ist jeder gesetzliche Straftatbestand, der anstelle oder neben dem in der Anklage angeführten Straftatbestand in Betracht kommt, zum notwendigen Inhalt der Anklageschrift gehört und sich in irgendeiner Weise auf den Schuldspruch auswirken kann.[3] Die Hinweispflicht besteht daher etwa bei einem Wechsel der Begehungsform derselben Straftat (z.B. der Mordmerkmale[4] oder beim Wechsel vom Tun zum Unterlassen und umgekehrt[5]), bei Änderung der Schuldform (von Fahrlässigkeit auf Vorsatz und umgekehrt)[6], bei anderer Teilnahmeform (von Mittäterschaft auf Alleintäterschaft und umgekehrt)[7], und bei Wechsel der Konkurrenzform (von Tateinheit auf Tatmehrheit und umgekehrt)[8]. Gemäß § 265 Abs. 2 gilt die Hinweispflicht auch dann, wenn sich erst in der Hauptverhandlung besondere gesetzliche Umstände ergeben, die die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung rechtfertigen. „Besondere Umstände“ sind z.B. gegeben, wenn die Verurteilung wegen eines im Gesetz angeführten Regelbeispiels in Betracht kommt.[9] Dagegen soll nach h.M. das Vorliegen eines besonders schweren Falles außerhalb der Regelbeispiele keinen Hinweis erfordern,[10] ebenso wenig die Möglichkeit, dass neben der Verhängung lebenslanger Freiheitsstrafe die Feststellung der „besonderen Schwere der Schuld“ (§ 57a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StGB) in Betracht kommen könnte.[11]
179
Bestreitet der Angeklagte die neu hervorgetretenen Umstände,[12] die die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes als in der Anklage angeführt zulassen, und behauptet er, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, so ist auf seinen Antrag hin die Hauptverhandlung auszusetzen (§ 265 Abs. 3). Nach allgemeiner Meinung[13] darf das Gericht die behauptete ungenügende Vorbereitung der Verteidigung bei seiner Entscheidung nicht überprüfen. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, hat der Angeklagte einen Rechtsanspruch auf Aussetzung der Verhandlung.[14] Es widerspricht dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, wenn eine bloße Unterbrechung der Verhandlung als ausreichend angesehen wird.[15] Die Entscheidung über den Aussetzungsantrag ergeht durch unanfechtbaren Beschluss.[16] Ein Verstoß gegen § 265 Abs. 3 kann die Revision begründen.[17]
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Muster 16 Aussetzungsantrag wegen Veränderung der Sach- und Rechtslage
An das
Landgericht
…
In der Strafsache
gegen …
b e a n t r a g e
ich, die Hauptverhandlung gemäß § 265 Abs. 3 StPO auszusetzen.
In der gerichtlich zugelassenen Anklage wird dem Angeklagten A vorgeworfen, er habe im Zeitraum von September bis November 2016 mit insgesamt 2 kg Kokain Handel getrieben, die zuvor vom Mitangeklagten B aus den Niederlanden in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt worden seien. Nachdem sich der Mitangeklagte in der Hauptverhandlung erstmals zur Sache eingelassen und die Behauptung aufgestellt hat, auch der Angeklagte A sei an der Einfuhr der Drogen beteiligt gewesen, hat der Vorsitzende der Strafkammer den rechtlichen Hinweis erteilt, dass bezüglich des Angeklagten A auch eine Verurteilung wegen der Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht komme.
Der Angeklagte A bestreitet seine Beteiligung an den Beschaffungsfahrten des Mitangeklagten B. Er ist auf die Verteidigung gegen diesen Vorwurf jedoch nicht genügend vorbereitet, um ihn in der heutigen Hauptverhandlung widerlegen zu können.
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