Kitabı oku: «Schopenhauer», sayfa 10

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2. Lord Byron

Während Schopenhauer sich zweimal längere Zeit in Venedig aufhielt, lebte hier Lord Byron, der im Mai 1818 wiederum nach Venedig gekommen war und im Landhaus La Mira, dann im Palast Mocenigo mit venezianischen Frauen niederen Standes ein tolles Leben führte, bis er im April 1819 die Gräfin Teresa Guiccioli kennen lernte und die Liebe zu ihr dem wüsten Treiben ein Ende machte. Seine jüngsten Dichtungen waren »Childe Harold«, »Der Gefangene von Chillon« und »Manfred«.

Schopenhauer hatte beim Antritt seiner Reise von Goethe eine Empfehlungskarte an Byron erhalten. Man weiß, welche hohe Verehrung beide Dichter füreinander, welche schwärmerische Bewunderung Goethes Schwiegertochter Ottilie für Byron hegte; diese Bewunderung wurde von ihrer vertrautesten Freundin Adele Schopenhauer geteilt, die nun mit großer Spannung den Nachrichten des Bruders entgegensah, aber zu ihrem Befremden aus seinen Briefen nichts über Byron erfuhr.

Als er eines Tages auf dem Lido mit seiner Freundin spazieren ging, jagte plötzlich ein Reiter im Galopp an ihnen vorüber. »Ecco il poeta inglese!« rief die Freundin aus und konnte den Eindruck Byrons nicht mehr vergessen. Dadurch wurde die Eifersucht Schopenhauers dergestalt erregt, dass er die Bekanntschaft dieses großen und interessanten Dichters vermied, was er in späteren Jahren außerordentlich bereut hat. So hat er jene Begegnung einem jüngeren Freunde, dem Musiker R. v. Hornstein, erzählt und hinzugefügt, dass damals die drei größten Pessimisten der Welt zugleich in Italien gewesen seien: Byron, Leopardi und er selbst.151

III. Die Unglücksbotschaft
1. Kampf und Sieg

Schopenhauer hatte Venedig verlassen und war schon in Mailand angelangt, als ihn im Juni 1819 hier ein Brief seiner Schwester mit einer schweren Unglücksbotschaft ereilte. Das Danziger Handlungshaus Ludwig Abraham Muhl & Co., dem die Mutter fast das ganze Vermögen der Tochter und den Rest des ihrigen, Arthur über den dritten Teil des seinigen zu hohen Zinsen anvertraut hatten, war zusammengebrochen. Jetzt war es Zeit nach Hause zu eilen und zu retten, was zu retten war. Als er im August nach Weimar kam, wo er Goethe zum letzten Mal sah und besuchte, waren Mutter und Schwester in Danzig. Er hatte der letzteren gleich nach dem Empfang der Nachricht geantwortet, dass er bereit wäre, das Wenige, das ihm verblieben, mit den Seinigen zu teilen (Juni 1819).

Jenes angesehene Handlungshaus wollte sich mit den Gläubigern auseinandersetzen und eine Zahlung von 30 % leisten unter der Bedingung, dass alle ohne Ausnahme den Vergleich eingingen; im andern Fall stand zu fürchten, dass sich das Haus völlig bankrott erklärte und keiner etwas bekam, womit der ökonomische Ruin der Mutter und Schwester Schopenhauers besiegelt war.

Er selbst bot der Gefahr Trotz und weigerte sich, den Vergleich anzunehmen; er wollte für seine Person das Abkommen weder hindern noch daran teilnehmen, sondern den Gang der Dinge abwarten und seine drei Solawechsel, die eine Forderung von 8000 Talern (zu 6 % verzinslich) repräsentierten, in der Hand behalten, um damit vorläufig, wie man im Kartenspiele sagt, »zu passen«. Er rechnete, dass der Akkord ohne ihn zustande kommen und nach Wiederaufrichtung der Firma das Haus ihm die Schuld bezahlen werde und müsse. Die Rechnung erwies sich als richtig. Sobald der erwartete Zeitpunkt eingetreten war, half den Danziger Herren kein Bitten und Sträuben, keine Versprechungen und keine Einladungen; er präsentierte einen Wechsel nach dem andern und bestand auf seiner Forderung bei Heller und Pfennig, nicht ohne heimliche Angst, um so mehr mit offenem Hohn und Spott in einer Reihe sehr grober, witziger und amüsanter Briefe. »Sollten Sie«, schrieb er den 1. Mai 1821, »doch noch Zahlungsunfähigkeit vorschützen wollen, so werde ich Ihnen das Gegenteil beweisen durch die famose Schlussart, welche der große Kant in die Philosophie eingeführt, um damit die moralische Freiheit des Menschen zu beweisen, nämlich den Schluss vom Sollen aufs Können. Das heißt: zahlen Sie nicht gutwillig, so wird der Wechsel eingeklagt. Sie sehen, dass man wohl ein Philosoph sein kann, ohne deshalb ein Narr zu sein.«152

Er siegte vollständig. Binnen zehn Monaten wurden seine Wechsel mit 9400 Talern eingelöst. Freilich hat er einige Jahre später diese Summe großenteils wieder verloren, da er sie auf den Rat eines Freundes in mexikanischen Scheinwerten anlegte, ein Verlust, den er bis an das Ende seines Lebens gespürt hat. Doch ist es ihm gelungen, durch weise Sparsamkeit ohne alle Kargheit und durch kluge finanzielle Maßregeln seine Mittel so gut zu verwalten, dass sich im Lauf der Jahre seine Einkünfte verdoppelt haben.

2. Das Zerwürfnis der Geschwister

Eine sehr traurige Folge jenes ökonomischen Unglücks war ein Bruch mit der Schwester, der über zehn Jahre gewährt hat. Adele Schopenhauer stand zwischen der Mutter und dem Bruder, dem sie mit zärtlicher Liebe zugetan, auch in mancher Hinsicht geistesverwandt war, aber ihre Lebensanschauungen liefen einander zuwider. Dass man von ihm als einem Gottes- und Menschenverächter sprach, empfand sie höchst schmerzlich; sie teilte weder seine unpatriotische Gesinnung, denn sie liebte ihr Vaterland, noch weniger seinen Unglauben und seine Misanthropie, obwohl sie über manche Scheinwerte der kirchlichen Religion und des geselligen Weltverkehrs keineswegs verblendet war. Wenn sie sein Werk las und auf Stellen traf, die ihren Gefühlen und Ansichten völlig widerstritten, so legte sie das Buch weg, »aus Feigheit«, wie sie ihm schrieb, denn sie scheue den Schmerz der Verschiedenheit. Voller Freude teilte sie ihm mit, dass Goethe sein Buch lese und lobe, dass er es eifrig und gründlich lesen wolle, auch gewisse Stellen, die ihm besonders Wohlgefallen, angestrichen habe;153 neuerdings aber sei er unterbrochen und auf das Gebiet der Politik abgelenkt worden, denn die Ermordung Kotzebues habe ihn bis ins Innerste erschreckt und empört. Adele Schopenhauer war, wie schon erwähnt, im Goethe’schen Hause einheimisch und Ottilie von Goethe, die Tochter und Frau des Hauses, ihre geliebteste Freundin.

Nun drängte sich die Danziger Katastrophe zwischen die Geschwister. Adele bemühte sich vergeblich, den Bruder zur Nachgiebigkeit zu bewegen; er beharrte auf seinem Entschluss, und der Erfolg hat ihm Recht gegeben, aber ihre Bitten hatten zuletzt seinen Argwohn erregt und ihn glauben machen, dass man ihr aus Ländereien, die nicht zur Konkursmasse gehörten, größere Deckungen versprochen habe, wenn sie dazu helfe, den Vergleich zu Stande zu bringen; er hat diesen Verdacht nicht bloß gehegt, sondern auch merken lassen und dadurch die Gefühle der Schwester schwer verletzt. Ihr Brief vom 22. November 1819 schloss mit den Worten: »Ich bin so wund, gedrückt und habe so verschiedene schmerzliche Losreißungen mit mir selbst in der Stille abzumachen, dass ich nichts weiter ertragen kann. Argwohn hat noch nie zu dem gehört, was ich erduldet; auch die leiseste Andeutung tritt scheidend zwischen uns. Ich habe Deine Festigkeit, aber auch Deinen Stolz, das vergiss nicht.« Er muss in seiner Antwort von dem drohenden Vermögensverlust wohl in Ausdrücken der Verzweiflung gesprochen haben, denn sie schließt ihren nächsten Brief (den 9. Dezember 1819) mit den Worten: »Endlich bleibt noch zu bemerken, dass ich als Mann mich nicht einmal vom Stuhl, viel weniger von einer Brücke stürzte, weil ich kein Geld hätte. Adio, es gehe dir gut, besser als mir!«

Die Jugendgeschichte Schopenhauers endet mit seinen Familienzerwürfnissen: im Beginn ihres letzten Abschnittes war der Bruch mit der Mutter erfolgt, am Schluss desselben erfolgte der Bruch mit der Schwester. Das waren keine guten Vorzeichen für die nächste Lebensperiode, nach deren Ablauf es wieder zu einigen Annäherungen kam, die von ihm ausgingen.

Viertes Kapitel

Die Berliner Periode und die letzten Wanderjahre (1820 – 1831)

I. Die akademische Lehrtätigkeit
1. Die Habilitation und die Vorlesungen

Von der Unstetigkeit des ererbten Geldbesitzes zu augenscheinlich überzeugt, suchte Schopenhauer gleich nach seiner Heimkehr sich eine erwerbsfähige Laufbahn zu gründen, die natürlich keine andere als die der akademischen Lehrtätigkeit sein konnte. Über den Ort der Habilitation erbat er sich von Blumenbach in Göttingen und von Lichtenstein in Berlin briefliche Ratschläge und wählte, nachdem er sie empfangen hatte, Berlin, wo Hegel seit dem Herbst 1818 mit großem Erfolge lehrte, und durch Solgers kürzlich erfolgten Tod eine Professur der Philosophie erledigt war.

In einem an die philosophische Fakultät gerichteten Schreiben, das er in Dresden am letzten Tag des Jahres 1819 abgefasst hatte, bewarb er sich um die venia legendi; unter Böckhs Dekanat hat er vor versammelter Fakultät den 23. März 1820 seine Probevorlesung in deutscher Sprache über die vier Arten des Grundes gehalten und in dem nachfolgenden Kolloquium mit Hegel disputiert, wobei dieser (nach einer mündlichen und späteren Überlieferung Schopenhauers) sich eine Blöße gegeben haben soll, indem er die »animalischen« Funktionen und Ursachen von den »organischen« nicht richtig zu unterscheiden gewusst habe. In seiner lateinischen Rede (declamatio in laudem philosophiae adversus fastidia temporis), die als öffentlicher Akt den Lehrvorträgen voranging, brauchte er zur Bezeichnung der berühmten nachkantischen Philosophen den Ausdruck »Sophisten«.154

Vierundzwanzig Semester hindurch hat Schopenhauer der Berliner Universität als Privatdozent der Philosophie dem Namen nach angehört, aber nur während eines einzigen Semesters gelesen. Im Frühjahr 1820 begann seine Lehrtätigkeit: er las »über die gesamte Philosophie oder die Lehre vom Wesen der Welt und vom menschlichen Geist«, sechsmal wöchentlich in der Stunde von 4 – 5 und schloss noch vor dem Ende des Semesters.155 In den beiden folgenden Semestern wurde dieselbe Vorlesung fünfstündig angekündigt, aber sie kam nicht zustande; ebenso ging es im Winter (1820/21) mit der zweistündigen Vorlesung über die Erkenntnislehre. Für das Sommersemester 1822 hatte er wieder die sechsstündige Vorlesung über die gesamte Philosophie angekündigt, aber nun fehlten nicht bloß die Zuhörer, sondern auch der Dozent, der seit dem 27. Mai 1822 auf Reisen war. Während der nächsten acht Semester (vom Winter 1822/23 bis Sommer 1826) fehlt sein Name in den Lektionsverzeichnissen. Während der folgenden acht Semester (vom Winter 1826/27 bis Winter 1831/32) hat er zwar Vorlesungen angezeigt, aber keine gehalten. Zu der Wintervorlesung 1826/27 hatten sich drei Mediziner gemeldet. Auf dem Anmeldungsbogen für die Wintervorlesung 1828/29 stehen fünf Namen: außer dem bekannten Hofrat Dorow ein Wechselmakler, ein Zahnarzt, ein Stallmeister und ein Hauptmann.156 Die angekündigte Stunde (12 – 1) war dieselbe, in welcher Hegel vor einer großen Zuhörerschaft las, die mit jedem Semester an Zahl und Eifer zunahm.

Warum er mit seiner Lehrtätigkeit ein so augenfälliges und selbstverschuldetes Fiasko gemacht hat, ist eine wohl aufzuwerfende Frage. Ich suche den Grund weder in der Wahl der Stunde noch in dem privaten Charakter der Vorlesung, am wenigsten in einem persönlichen Mangel an Lehrgabe, sondern hauptsächlich darin, dass er nicht über die herkömmlichen Fächer der Philosophie lesen, sondern sein eignes System vortragen wollte, soweit dasselbe ausgebildet und festgestellt war. Aus der Art der Ankündigung, wie aus den nachgelassenen Aufzeichnungen der Vorträge erhellt, dass er sein Werk zum Leitfaden derselben nahm. Nun aber war »Die Welt als Wille und Vorstellung« lange nicht so groß als ein Semester, wenn nämlich ein ganzes Semester hindurch fünf oder gar sechs Stunden wöchentlich darüber gelesen werden soll. Ich möchte glauben, dass Schopenhauer mit seinem Lehrstoff früher fertig war als das Semester, und dann für immer genug hatte. Das Missverhältnis zwischen dem Umfange seiner Lehre und dem eines akademischen Semesters auszugleichen, scheint er entweder nicht vermocht oder nicht gewollt zu haben. Warum sollte er es mit seiner mündlichen Lehre anders gehalten haben als mit seiner schriftlichen? Noch kurz vor seinem Tod hat er in dem Entwurf einer Vorrede zu einer Gesamtausgabe seiner Werke erklärt: »Ich habe stets nur dann geschrieben, wenn ich etwas zu sagen hatte. Wenn dieser Grundsatz allgemein würde, dürften die Literaturen sehr zusammenschrumpfen.« Nicht auch die Vorlesungen?157

2. Die Händel mit Beneke

Gleichzeitig mit oder unmittelbar nach ihm habilitierte sich der junge Philosoph Ed. Beneke, der nachmals durch seinen Standpunkt, seine Schriften und Schicksale die Aufmerksamkeit vieler erregt hat; er besuchte die Vorlesung seines zehn Jahre älteren Kollegen und schrieb über dessen Werk eine ausführliche Rezension in die jenaische Literaturzeitung, wobei er sich die tadelnswerte Freiheit nahm, in der Darstellung der Lehre Sätze, welche keineswegs der wörtliche Ausdruck des Verfassers waren, mit Anführungszeichen zu versehen.158 Dieser, der mit vollem Rechte auf seine eigene Ausdrucksweise das größte Gewicht legte und über ein solches Verfahren höchst entrüstet war, witterte, worin er ganz unrecht hatte, dahinter die bösen Absichten eines neidischen Nebenbuhlers und schrieb sogleich an Eichstädt, den Redakteur der Literaturzeitung, einen so groben und beleidigenden Brief, dass er denselben zurückerhielt. Der Verfasser der Rezension hieß darin »Ihr nobler Rezensentenjunge«. Nun ließ er auf eigene Kosten im Intelligenzblatt der Zeitung eine Gegenerklärung: »Notwendige Rüge erlogener Zitate« drucken, worin er das oben erwähnte Verfahren als »empörende Verfälschungen und verleumderische Lügen« bezeichnete (Februar 1821).

An eine Fälschung im schlimmen Sinne war nicht zu denken. Die Rezension war durchaus in dem ruhigen und anständigen Ton einer objektiven Besprechung gehalten. Gleich im Eingang wurde gesagt: »Das vorliegende Buch zeigt einen so großen philosophischen Scharfblick, einen solchen Reichtum geistvoller Gedanken, eine so seltene Gabe deutlicher und anschaulicher Darstellung; es enthält in der Widerlegung fremder und in der Aufstellung eigener Ansichten so viele helle und erhellende Bemerkungen über alle Teile der Philosophie, dass (Rez. muss auch diesen Panegyrikus elegisch schließen) wir die fast grenzenlosen, fast an Wahnsinn streifenden Verirrungen, zu welchen den Verfasser die folgerechte Durchführung weniger falscher Sätze geführt hat, nicht genug beklagen können.« Die Ästhetik wurde als der vorzüglichste Teil hervorgehoben, der einen großen Reichtum tiefer und geistreicher Bemerkungen über einzelne Gegenstände der Kunstlehre enthalte, Bemerkungen, welche der Beherzigung und des Studiums in ausgezeichnetem Maß würdig seien.

Die Rezension schloss mit einem gerechten Tadel, der die Person traf. Schopenhauer hatte von Fichtes Lehre als von »Windbeuteleien«, von der nachkantischen Philosophie als von Possenspielen geredet, die man über dem Grabe Kants aufführe. Beneke, obwohl er sich selbst im Gegensatze zu der angefeindeten Richtung fühlte, war über eine solche Art der Schmähung entrüstet und sagte mit vollem Recht: »Wir halten diese Sprache für eines Philosophen höchst unwürdig«.159

Wir können nicht umhin, hierbei zu bemerken, dass Fichte schon fünf Jahre tot war, bevor es Schopenhauer für gut fand, ihn öffentlich zu schmähen. Er hat es später mit Hegel genau ebenso gehalten. – Seine argwöhnischen Aufregungen grenzten allemal an Manie und waren unheilbar. Dass Beneke keineswegs der neidische Nebenbuhler und Streber war, für den er ihn hielt, hat er nie glauben wollen, auch nicht, als demselben kurze Zeit nach jenem Zwiste die venia legendi (auf Hegels Wunsch) durch den Minister Altenstein entzogen wurde; und noch dreißig Jahre später, als Beneke ein unglückliches und freiwilliges Ende genommen hatte, beharrte er bei seiner Meinung.

In einem Schriftchen, welches Rätze, ein Gymnasiallehrer in Zittau, verfasst und Beneke in jener Rezension mitbeurteilt hatte, wurde die Bedeutung der Ethik Schopenhauers hervorgehoben und in ihrem pessimistischen Charakter bekämpft. Noch sei wohl nirgends eine phantastische Heiligkeit so blendend, scharfsinnig und philosophisch dargestellt worden als in diesem Werk, das von allen wissenschaftlich Gebildeten studiert zu werden verdiene.160

Die erste Beurteilung war im »Hermes« erschienen, anonym, von der Hand des Philosophen Herbart in Königsberg, der sie auf den Wunsch des Verlegers geschrieben. Hier war Schopenhauer als ein ausgezeichneter, geistreicher Schriftsteller gewürdigt und mit Größen, wie Lichtenberg und Lessing, verglichen worden; unter den nachkantischen Philosophen sei Reinhold der erste, Fichte der tiefsinnigste, Schelling der umfassendste, Schopenhauer, der in diese Reihe gehöre, der klarste, gewandteste und geselligste, was an dieser Stelle so viel sagen wollte, als der geistreichste und unterhaltendste.

Seit dem Erscheinen des Werks waren im Lauf der ersten fünf Jahre diese drei Stimmen wohl die einzig bemerkenswerten, die sich darüber haben vernehmen lassen: Herbart, Rätze und Beneke; die beiden letzten waren Neulinge, von denen der erste unbekannt geblieben. Wären ihre Stimmen beachtet worden, so hätte die Begierde, ein Buch von so seltenen Eigenschaften kennen zu lernen, wohl in weitere Kreise dringen müssen. So aber blieb es fast ein Menschenalter hindurch so gut wie unbemerkt und ungelesen.

II. Die letzten Wanderjahre und die Rückkehr
1. Die zweite italienische Reise. München und Dresden

Ende Mai 1822 begab sich Schopenhauer wiederum auf Reisen und kehrte erst nach einer dreijährigen Abwesenheit im Mai 1825 zurück. Sein Weg ging diesmal durch die Schweiz nach Mailand und Venedig, er brachte den Winter in Florenz, das Frühjahr in Rom zu und war Mitte Mai 1823 schon auf der Rückreise in Trient; sein nächstes Aufenthaltsziel war München, wo er ein volles Jahr bis Ende Juni 1824 verweilte, nachdem er kurz vorher noch eine Badekur in Gastein durchgemacht hatte. Er hatte sich in München elend gefühlt, ohne allen geselligen Verkehr gelebt, von Krankheit heimgesucht, schwer besorgt wegen seines Gehörs, denn er war auf dem rechten Ohr fast ganz taub geworden. Nachdem er sich einige Zeit in süddeutschen Städten, wie Stuttgart, Heidelberg, Mannheim, aufgehalten hatte, ging er im September 1824 noch einmal zu längerem Aufenthalt in sein geliebtes Dresden und kehrte erst im Mai des folgenden Jahres in das ihm verhasste Berlin zurück.

In Italien hatte er meist mit reisenden Engländern verkehrt und sich in deren Sprache und Sitten von neuem so eingelebt, dass er auf englischem Fuß fortlebte, englisch sprach und schrieb, am liebsten englische Zeitungen las, englische Gewohnheiten annahm und die englische Nation, wo er nur konnte, als die intelligenteste der Welt pries. Es tat ihm wohl, sich in Deutschland fremd zu fühlen.

2. Lichtblicke

Die einzige Art der Lichtblicke, welche mitten in seiner ungeselligen und verdüsterten Stimmung die Welt ihm gewähren konnte, war die Anerkennung seiner Verdienste und seines Genies. In der jüngsten Zeit waren solche Sonnenscheine auf zwei seiner Werke gefallen.

Die Münchener Akademie der Wissenschaften hatte in ihrem Bericht über die Fortschritte der Physiologie während des gegenwärtigen Jahrhunderts bei der Lehre von den Sinneswerkzeugen seine Schrift »über das Sehn und die Farben« erwähnt und seinen Namen neben Purkinje genannt (1824). In seiner »Kleinen Nachschule zur ästhetischen Vorschule« war Jean Paul mit dem Vorschlag einer »Literaturzeitung ohne Gründe« aufgetreten. Diese sollte von den berühmtesten Männern geschrieben werden, deren Autorität vollkommen hinreichte, alle Gründe zu ersetzen. Ein Mann wie Goethe, der Peterskirche zu Rom vergleichbar, worin es für jede Nation einen besonderen Beichtstuhl gebe, brauche nur den Titel des Buchs zu nennen und zu sagen: »es gefällt mir oder es ist zu elend; es ist trefflich oder langweilig«. Um diese Rezensionsart zu kennzeichnen, gab Jean Paul unter anderen Beispielen auch sein Urteil über Schopenhauers »Welt als Wille und Vorstellung«. Es sei »ein genial philosophisches, kühnes, vielseitiges Werk voll Scharfsinn und Tiefsinn, aber mit einer oft trost- und bodenlosen Tiefe – vergleichbar dem melancholischen See in Norwegen, auf dem man in seinen finsteren Ringmauern von steilen Felsen nie die Sonne, sondern in der Tiefe nur den gestirnten Himmel erblickt, und über welchen kein Vogel und keine Woge zieht. Zum Glück kann ich das Buch nur loben, nicht unterschreiben.«161 Diese Worte nahm der Philosoph als vom Genie dem Genie gespendet, sie haben ihm unsäglich wohlgetan, und er hat sich gern darauf berufen.

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