Kitabı oku: «Wirklichkeiten», sayfa 2

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Also ein Spiel nennt Platon die Versuche, die Veränderungen der Körper auf mathematische Gesetze zurückzuführen; zwar ein geziemendes und verständiges Spiel ist es, ein Genuß, dem keine Reue folgt, weil er kein sinnlicher Genuß ist, aber doch ein Unternehmen, dem eine Sicherheit des Erfolges nicht entspricht; nicht darum, weil jene Gesetze nicht vorhanden wären, sondern nur darum, weil sie zu versteckt lägen. Nichtsdestoweniger entschließt sich auch Platon, dieses Spiel zu versuchen. In seinem Gespräch, das den Namen »Timäus« führt, entwickelt er eine Reihe von Hypothesen, zum Teil in dichterischem Gewande, um die Bildung des Kosmos aus der Materie zu erklären, wie sie der Weltbaumeister vielleicht nach mathematischen Gesetzen vollzogen hat.

Manches in diesen Erklärungen, auf die ich jedoch nicht eingehen will, mutet uns ganz modern an. Die Lehre von den Elementen entnahm er der Schule der Pythagoreer, aber er formte sie geometrisch. Die kleinsten Teilchen der Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde denkt er sich als regelmäßige Körper; die des Feuers haben die Gestalt von Tetraedern, die der Luft von Oktaedern, die des Wassers von Ikosaedern. Diese drei Elemente können sich in einander verwandeln, indem sich die Dreiecke, von denen die Partikeln der Elemente begrenzt sind, sowohl zu Tetraedern, wie Oktaedern oder Ikosaedern vereinigen können. Für Platon besteht nämlich das Wesen des Körpers in seiner Begrenzung, weil diese das Gesetz der Gestalt und Größe enthält; die Grenze bestimmt in der unbestimmten Ausdehnung des Raumes das, was als Körper zusammengehört. So meint Platon, daß z.B. aus dem acht Begrenzungsflächen des Oktaeders (eines Luftteilchens) zwei Tetraeder, d.h. zwei Feuerteilchen entstehen können. Ebenso ist ein Wasserteilchen als Ikosaeder äquivalent 2-1/2 Luft- oder 5 Feuerteilchen.

Man kann hieraus die Ähnlichkeit und den Unterschied seiner Auffassung und der modernen recht deutlich erkennen. Auch bei Platon ist ein Teil der Körper in andere verwandelbar, indem sich ihre Molekeln in Urbestandteile zerlegen und zu anders gestalteten Molekeln zusammensetzen, gerade wie in unserer Chemie. Daß er dabei Luft, Wasser und Feuer, d.h. das Warme, als Elemente betrachtet, ist unwesentlich; charakteristisch für die mathematische Begründung der Naturwissenschaft ist, daß Platon bereits ein Gesetz der chemischen Äquivalente aufstellt, wonach nur bestimmte Mengen von Luft, Wasser, Wärme in einander verwandelbar sind. Aber hier zeigt sich zugleich der fundamentale Unterschied von der modernen Methode. Die Äquivalentzahlen sind nicht aus der Erfahrung durch Abwägen und Messen entnommen, sondern durch eine kühne Konstruktion a priori dekretiert; und selbst dieses würde ja als Hypothese berechtigt sein; aber es wird gar nicht daran gedacht, diese Hypothese aus der Erfahrung durch Messungen zu bestätigen. Eben weil eine solche Bestätigung des vermeintlichen mathematischen Gesetzes Platons unmöglich schien, darum beschränkte er die Physik auf das Gebiet der Mutmaßungen. Und diese mußten allerdings um so unsicherer erscheinen, als ihnen die Wirklichkeit in der Tat nicht entsprach.

Verhängnisvoll für die Entwickelung der Physik in den beiden folgenden Jahrtausenden ward nun der Ausweg, den Platon ergreifen mußte, um das Eintreten einer Veränderung überhaupt, um die Bewegung der Elementarteilchen zu erklären. Ganz wie in unseren kinetischen Theorien der Materie beruht auch bei Platon jede Veränderung körperlicher Eigenschaften auf Bewegung. Ein Körper wird durch Wasser aufgelöst, nicht durch Luft, weil die Teilchen des Wassers infolge ihrer Größe die Teilchen des Körpers (der Erde) auseinander treiben, während die kleineren Luftteilchen zwischen jenen hindurchgehen können, ohne den Zusammenhang zu schädigen. Ist aber der Körper fest zusammengepreßt, so sind nur die Feuerteilchen imstande sich hindurchzudrängen und ihn zu schmelzen. Alle Veränderungen geschehen allein durch die gegenseitige Verdrängung der kleinsten Körperteilchen. Auch die Anziehung der Körper, wie beim geriebenen Bernstein oder beim Magneten, ist nur eine scheinbare, keine wirkliche; auch sie beruht auf einem Druck, den die sich nähernden Körper von außen erleiden. Denn da es nach Platon keinen dauernd leeren Raum geben kann, so sind die Elemente gezwungen, in einem Kreislauf nach ihrem natürlichen Orte, dem sie zustreben, zurückzukehren.

Warum aber, wird man hier fragen, setzen sich die Elemente überhaupt in Bewegung? Warum teilen sich die Elementarkörperchen? Wo sind die mathematischen Gesetze, welche diese Veränderungen bestimmen? Im letzten Grunde muß die Ordnung der Bewegung von den ewigen Ideen, den zwecksetzenden Bestimmungen abhängen. Aber wie können diese die Materie bewegen? Das Gesetz der Veränderung, das zwar als Zweckmäßigkeit in den Ideen liegt, muß auch zugleich im Raum, im gestaltlosen Stoffe, als gestaltbildend tätig sein. Und zu diesem Zwecke führt Platon eine neue Hypothese ein, das ist die Weltseele. Die Weltseele ist das All, insofern es Selbstbewegung enthält. Sie knüpft die sinnliche Erscheinung an die ewigen Ideen und realisiert in jener das mathematische Gesetz der Bewegung; mit einem Worte, sie enthält das Gesetz der Wechselwirkung.

Mit dieser Auffassung der dynamischen Wechselwirkung als der Betätigung einer Weltseele ist nun der Verzicht auf eine mathematisch-mechanische Welterklärung vollendet die in dem Grundgedanken Platons so verheißungsvoll angestrebt war. Die dichterische Weltauffassung hat die mathematische zurückgedrängt. Es ist ja für die junge unerfahrene Wissenschaft der Natur der nächstliegende Gedanke. Veränderungen in der Welt sehen wir vor allem ausgehen von unserem eigenen Körper, und wir sind uns bewußt, diese Veränderungen mit Bedacht hervorzubringen. Woher also sollen die Veränderungen in der Natur überhaupt stammen, zumal wenn sie vernünftigen Zwecken dienen sollen, als von einer Vernunft? Also von einer Seele, die in der Welt ebenso bewegend schafft wie unser Geist in unserem Körper. Oder richtiger: Wie die Bewegungen unseres Körpers als zweckmäßige sich von selbst dadurch erklären, daß wir uns dieser Zwecke bewußt sind, so sind – wie es scheint – auch die Veränderungen in der Natur zu erklären durch eine das Weltall durchsetzende Kraft, die nach Art der Seele zu denken ist.

So schlug bei dem Schöpfer des Grundgedankens der Naturwissenschaft die Mathematik in Psychologie um; die Wechselwirkung ward zur Weltseele.

II.
Von der Weltseele zum Weltäther

Das Grundproblem aller Naturerklärung ist gleichbedeutend mit der so einfach klingenden Frage: Worin besteht die Wechselwirkung der Dinge? Die Realität des mathematischen Gesetzes, die den Gedankengang Platons beherrschte, gibt uns nur einen Teil der gesuchten Aufklärung über die Realität der Dinge. Die majestätische Ordnung des Gesetzes steht zu unvermittelt über dem bunten Inhalt der sinnlichen Erfahrung. Es muß noch eine andere Realität geben als die mathematische Form, einen Inhalt in den Dingen, der im Raum sich stößt und treibt, den wir als Empfindung in Ton und Farbe, als Druck und Wärme erleben. Wie kann sich die Wissenschaft dieses Inhalts bemächtigen? Die Geschichte der Erkenntnis geht auch hier von der naiven Anschauung kindlicher Erfahrung aus.

Daß wir unseren Körper bewegen und diese Bewegung auf andere Körper übertragen, ist eine Wahrnehmung, durch die wir überhaupt in unser Ichbewußtsein hineinwachsen. Wir suchen daher zunächst keine Erklärung dafür, sondern nehmen im Gegenteil diese Tatsache als Ausgangspunkt aller Erklärung. Aber auch für die Übertragung und den Ursprung der Bewegung pflegt es für den Menschen, der über seine Umgebung nachzudenken beginnt, eines schönen Tages irgend ein Weltmittel der Erkenntnis zu geben, das ihn plötzlich vor die Frage stellt: Wie ist das möglich? Irgend ein künstlicher Mechanismus, gewöhnlich eine Uhr, vielleicht eine Dampfmaschine oder Ähnliches, bringt dann eine plötzliche Erleuchtung: Es gibt ganz bestimmte mechanische Gesetze, die in den Gegenstände die Bewegung beherrschen, und deren Wirkung wir zugleich in der Empfindung sinnlich spüren.

In einem Uhrwerk freilich können wir noch die Wechselwirkung der bewegten Teile sozusagen mit den Händen greifen. Das Geheimnisvolle, in welchem die Tiefe des Problems der Wechselwirkung unserem Geiste aufgeht, tritt erst dann auf, wenn eine ungewohnte Wirkung durch unsichtbare und untastbare Mittel von uns wahrgenommen wird. Bei jedem, dem physikalische Experimente oder ähnliche technische Verrichtungen nicht vertraut sind, erweckt es stets ein bewunderndes und immer zu neuen Versuchen anspornendes Staunen, zu beobachten, wie die Magnetnadel sich von selbst wieder nach Norden einstellt, oder wie sie durch die Annäherung eines Magnetpols von der einen Seite abgestoßen, nach der anderen angezogen wird. Man kann dann mit Sicherheit auf die Frage rechnen: Wie kommt das? Aber wie kommt es, daß wir an der Erde haften und der geworfene Stein wieder herabfällt? Und warum fällt der Mond nicht auf die Erde, die Erde nicht auf die Sonne? Der Gelehrte wird uns zwar sagen, sie fallen tatsächlich, bloß immer ein bißchen vorbei; Newton hat uns ja gelehrt, daß Stein, Mond und Erde nach demselben Gesetze fallen. Aber dieses Gesetz? Das ist es eben! Wie machen es die Körper, daß sie wissen, was das Gesetz von ihnen verlangt? Warum müssen sie? Und wie macht es das Gesetz, daß ihm die Körper gehorchen? Was verbindet die Magnetnadel und den Nordpol, die Erde und die Sonne?

Wie machen wir es denn selbst, wenn wir uns bewegen? Wenn wir ganz ehrlich sind und uns genau beobachten, so wissen wir es allerdings selber nicht. Es kitzelt uns jemand, und wir lachen oder stoßen ihn fort; es winkt uns jemand, und wir laufen auf ihn zu; wir hören und erheben die Stimme zur Antwort. Wir wissen nicht, wie es geschieht, aber wir machen es eben. Dagegen, wenn wir tot sind, so kann uns ganz dasselbe geschehen, Kitzeln, Winken, Rufen – wir rühren uns nicht. Also, das scheint klar, wir bewegen uns, weil wir lebendig sind. Wodurch aber sind wir lebendig?

Darauf ist nun die uralte Antwort die: Wir leben, weil wir eine Seele haben. Das wäre ja auch ganz schön, wenn man genau wüßte, was eine Seele ist. Es gibt zwar viele kluge Leute, die behaupten, es ganz genau zu wissen, sogar, daß sie unsterblich sei; nur sind die Ansichten darüber leider außerordentlich mannigfaltig. Vielleicht könnte man mit nicht minder gutem Rechte sagen: Wir haben eine Seele, weil wir leben.

Früher habe ich behauptet, man könnte ebensogut annehmen: »Wir haben Vorstellungen, weil es Objekte gibt«, als: »Es gibt Objekte, weil wir Vorstellungen davon haben.« Dieselbe Frage tritt hier wieder auf, nur eingeschränkt auf das Objekt, das wir den Lebensprozeß des menschlichen Körpers, speziell des Nervensystems, nennen. Leben wir als organische Wesen, weil wir eine Seele haben, oder haben wir eine Seele, weil wir als organische Wesen leben? Beides zu bejahen ist richtig und doch nicht genau. Das organische Leben und das Beseeltsein ist wieder nur der Ausdruck für dieselbe Tatsache, von zwei verschiedenen Gesichtspunkten gesehen. Leben und Seele verhalten sich nicht wie Ursache und Wirkung oder wie Grund und Folge. Vielmehr betrachten wir uns als Körper, deren Teile und Organe durch das Nervensystem mit den übrigen Körpern in gesetzlicher Wechselwirkung stehen, so dürfen wir sagen, weil wir solche Körper sind, sind wir beseelt; und betrachten wir uns als Seelen, die als eine Einheit sich ihrer Zustände bewußt sind, so dürfen wir sagen, weil wir Seelen sind, so leben wir. Tatsächlich können wir nicht eins durch das andere erklären. Aber es scheint so, da beide Tatsachen aneinander haften, daß wir das eine erklärt haben, wenn wir das andere zu erklären vermöchten. Wüßten wir genau, wie alle Wechselwirkungen zwischen der Welt und unseren Organen und dem Gehirn vor sich gingen, so wäre uns – vielleicht – geholfen. Nun wissen wir das aber nicht. Dagegen scheint es dem naiven Bewußtsein ganz selbstverständlich, daß wir wissen, was in uns selber als beseelten Wesen vor sich geht. Und das ist ja auch gewiß, daß wir uns als lebendige Wesen in Wechselwirkung mit unserer Umgebung fühlen. Daher ist denn in der Geschichte des Denkens der Versuch, die Wechselwirkung der Körper zu begreifen, nicht von der mechanischen Bewegung, sondern von der Seele ausgegangen. So lange wir eine Seele haben, leben wir und bewegen uns: also wird auch das ganze Universum, da es sich bewegt, leben und eine Seele haben.

Heute erscheint uns dieser Schluß sehr fraglich. Durch die Entwickelung der Naturwissenschaft haben wir eben die Wechselwirkung der Körper als eine besondere Realität kennen gelernt, die in dem Gesetze notwendigen Geschehens begründet ist, während die Erscheinungen des Bewußtseins vom Gefühl der Freiheit begleitet sind. Deswegen sträuben wir uns gegen die Annahme der Weltbeseelung, welche die Natur gesetzlos zu machen droht; zum mindesten ist sie für das Naturerkennen überflüssig. Aber im Beginn der Naturerkenntnis, als Platon den Begriff der Weltseele für die Wechselwirkung der Körper in Anspruch nahm, lag die Sache nicht so. Damals waren die Begriffe Bewegung und Bewußtsein, körperlich und seelisch noch keineswegs in strenger Weise geschieden. Alles Geistige wurde zugleich körperlich gedacht, und so konnte auch die Veränderung des Körperlichen aus seelischen Vorgängen erklärt werden.

Es ist eine volkstümliche Ansicht, welche die wissenschaftliche Betrachtung der griechischen Philosophen schon vorfand und in ihre Weltauffassung mit aufnahm, daß die Seele, insofern sie Leben und Bewußtsein bedingt, ein Stoff sei, der Ausdehnung im Räume besitzt. Das Wort für Seele – Psyche – Anima – bedeutet den Atem, den Lebenshauch. Er ist das Zeichen des Lebens: wir hauchen die Seele aus. Mit dem Atem beginnt und verschwindet das Leben. Und der Atem ist warm; hören wir auf zu atmen und zu leben, so werden wir kalt und starr. Darum gilt die Seele zugleich als Lebenswärme. So wird denn auch die Weltseele als ein seiner Stoff gedacht, der das Universum erfüllt, die Wärme desselben bedingt und das Ganze in Bewegung erhält. Diesen Gedanken hat Heraklit, genannt der dunkle Philosoph, bereits ein Jahrhundert, bevor Platon wirkte, zur Grundlage seiner Welterklärung gemacht. Durch Verschmelzung mit der platonischen Lehre von der mathematischen Wirkungsweise der Weltseele ist daraus eine Vorstellung entstanden, die noch heute der modernen Naturwissenschaft unentbehrlich ist, nämlich nichts Geringeres als der Begriff vom Weltäther.

Wie Platon durch die ewige Geltung des mathematischen Gesetzes der Naturwissenschaft ihr Fundament gab, so lieferte Heraklit ihr eine Anschauung, die ihr den Zusammenhang mit dem bunten Wechsel der sinnlichen Erscheinung zu erhalten vermochte. Denn wenn die platonische Idee die Realität für sich allein in Anspruch nahm, so mußte die sinnliche Empfindung schließlich als trügerischer Schein betrachtet werden, und dadurch verlor sich das Interesse für die Natur. Heraklit dagegen lehrte umgekehrt, daß gerade der unablässige Wechsel, daß die Veränderung selbst das eigentliche Wesen der Dinge sei; die Dinge vergehen; die Veränderung bleibt. Nach Platon ist auch die Veränderung Schein, es bleibt nur das Gesetz. Heute sagen wir: Das Gesetz der Veränderung ist es, wodurch die Natur bestimmt wird. Die Realität eines Zustandes sehen wir darin begründet, daß mit ihm zugleich der auf ihn folgende Zustand notwendig, d .h. durch ein Gesetz, bedingt ist. Wir nennen das Kausalität. Beleuchten wir einen bewegten Körper, etwa einen fallenden Tropfen, durch einen momentanen Lichtblitz, so scheint er zu ruhen: ob er ruht oder wirklich fällt, wird bestimmt durch die Folgen, die an diesen Zustand geknüpft sind, d. h. sein Zustand ist der der Ruhe oder der Bewegung, je nachdem sich seine Lage zu benachbarten Körpern im nächsten Zeitteil verändert; diese Veränderung ist entscheidend über die Natur eines gegebenen Zustandes. Der moderne Gedanke der Naturerklärung ist also, die Natur zu beschreiben als den gesetzlichen Zusammenhang zwischen den Veränderungen der Zustände. Der Wert, den Heraklit auf die Veränderung als das Wesen der Dinge legte, konnte daher wesentlich dazu beitragen, auf den Punkt hinzuweisen, an welchem die Naturwissenschaft den Hebel der Erkenntnis anzusetzen habe, den Platon im mathematischen Gesetze entdeckt hatte. Wenn es möglich wurde, das Gesetz der Veränderung mathematisch zu formulieren, so war damit der Eingang in die Naturwissenschaft gewonnen. Dieses Mittel bietet seit Leibnitz die Differenzialrechnung.

Doch was hat dies mit der Weltseele und dem Weltäther zu tun? Eben dies, daß das Suchen nach dem Gesetz der Wechselwirkung der Dinge im Universum darin bestand, die Vorstellungen von der Weltseele und dem Weltäther auszubilden, bald, indem man sie phantastisch in eins zusammenzog, bald, indem man die mechanische Wirkung im Äther von der zweckmäßigen der Seele zu trennen suchte.

»Die Welt hat weder der Götter noch der Menschen einer gemacht, sondern sie war immer und ist und wird sein, ein ewig lebendes Feuer«, so lehrte Heraklit, und er wollte damit sagen, der Bestand der Welt beruht darauf, daß sie in fortwährendem Vergehen und Neuentstehen begriffen ist. Es gibt nichts Beharrendes, sondern »alles wird umgetauscht gegen Feuer, und Feuer gegen alles, wie Waren gegen Gold, und Gold gegen Waren.« Denn »Feuer« – damit meint er aber nicht bloß die Flamme, sondern die Wärme überhaupt – ist der Stoff, der alles umwandelt und aus dem alles wieder hervorgeht. Die Harmonie der Welt hat ihren Grund in der gegenseitigen Spannung der Gegensätze, wodurch eben alles, was ist, nur die Bedeutung eines Durchgangspunktes besitzt, während der in dieser Spannung bedingte Umtausch der Zustände in einander das wahrhaft Reale ist. Das Feuer, man könnte sagen der Äther, wie man im achtzehnten Jahrhundert der »Wärmestoff« sagte, ist der Träger dieser Umwandlungen. Wer denkt dabei nicht an die Energie und ihre Formen, die das Äquivalent der umzutauschenden Werte mißt, und deren gegenseitige Spannung den Eintritt des Geschehens bestimmt? Es ist in der Tat derselbe Gedanke, der bei Heraklit vorliegt, und was ihm zur modernen Auffassung fehlt, ist nur die Kenntnis des mathematischen Gesetzes, die quantitative Äquivalenzbeziehung und damit freilich das, was die Wissenschaft von der Dichtung unterscheidet.

Wäre dieser Gedanke Heraklits von den Schülern Platons so mit dessen Lehre verbunden worden, daß man die Auffindung des mathematischen Gesetzes der Veränderung als Ziel der Naturerklärung angestrebt hätte, so wäre vielleicht die Entwickelung der Naturwissenschaft in einer weniger verschlungenen Linie verlaufen. Aber der große Nachfolger des Platon, Aristoteles, schlug eine andere Richtung ein, er machte den Zweck zum Prinzip der Naturerklärung. Und Aristoteles, im Mittelalter der anerkannte Philosoph der Kirche, beherrschte die Wissenschaft der ganzen abendländischen Welt. Wir finden daher die Spuren von Heraklit und Platon nur in einer Reihe nebenhergehender Weltanschauungen, die erst dann von maßgebendem Einfluß wurden, als die neuen Entdeckungen der empirischen Forschung das aristotelische Weltsystem sprengten.

In dieser Hinsicht war die Lehre der Stoiker ganz besonders wirksam. Sie nahm den heraklitischen Gedanken auf und übermittelte ihn der Neuzeit in der Form, daß alle Veränderung eine stoffliche Grundlage besitze. Auch die Atomistik des Altertums, die namentlich durch Epikur neue Verbreitung fand, hätte den gleichen, für die Naturwissenschaft kaum entbehrlichen materialistischen Zug unterstützen können. Aber zwei Umstände machten sie für diese Vermittlerrolle weniger geeignet als die stoische Weltansicht. In physikalischer Hinsicht stand nämlich die Atomistik dem herrschenden System des Aristoteles, der die Teilbarkeit der Materie ins Unendliche lehrte, viel schroffer gegenüber als die Lehre der Stoiker, die als Gegner der Atomistik in diesem Punkte wenigstens mit Aristoteles übereinstimmten. Galt doch die aus der stoischen Schule hervorgegangene Schrift »über den Kosmos« durchweg als eine echte Schrift des Aristoteles. Dazu kam zweitens, daß Epikur seiner Moral wegen als ein höchst verwerflicher Philosoph galt, während die strenge Tugendlehre der Stoiker bei der christlichen Welt größeres Vertrauen zu erwecken imstande war.

Die Stoiker sind in der Physik konsequente Materialisten. Für sie gibt es nichts anderes, das wirklich ist, als das Körperliche; denn wirklich sei nur das, was wirkt oder leidet, und das kann ihrer Ansicht nach nur der Körper. Daher ist sowohl die Seele als selbst die Gottheit ein Körper, und auch alle Eigenschaften der Körper haben eine materielle Grundlage; sie gelten als körperliche Ausströmungen der Dinge. Das Zusammenwirken dieser Eigenschaften, das sie sich als eine gegenseitige Durchdringung der Körper mit ihren Ausströmungen vorstellen, denken sie sich nun vermittelt durch einen die ganze Welt durchsetzenden Lebenshauch, das »Pneuma«. Es ist dies eine warme luftartige Substanz, ein feuriger Dunst, daraus alle Dinge hervorgegangen sind, und in das sie sich einst in einem ungeheuren Weltbrande wieder auflösen werden, um diesen Prozeß bis ins Unendliche zu wiederholen. Dieser Weltäther also ist die Urkraft; aber da durch sie die gesamte Welteinrichtung zweckmäßig geordnet ist, so muß sie auch zugleich die Weltseele, die Gottheit selbst sein. Als Vernunft und als Verhängnis enthält so der Weltäther das gemeinsame Gesetz für alles Geschehen. Durch Verdichtung und Verdünnung erzeugt er die Elemente und gibt den Dingen die Spannung, den »Tonos«, die innere Intensität ihres Wesens, Lebens und Beseelung.

Als im sogenannten Neuplatonismus, vornehmlich durch Plotinus im dritten Jahrhundert nach Christus, die Lehren Platons neues Leben gewannen, wurde nun auch die Theorie der Weltseele weiter ausgebildet. Bei Plotin beruht das ganze Dasein der Körperwelt überhaupt auf der Weltseele, die allein den Körpern die Teilnahme an der Idee, d.h. an der unendlichen Weltvernunft, und damit an der Existenz und dem Leben verleihen kann. Nicht die Seele tritt in den Körper ein, sondern sie erfüllt Universum als ein Ganzes, ohne Quantität, ohne Masse, und sie läßt den Körper in sich eintreten. Ihre Selbstbewegung ist die Zeit, und indem der Körper in die Weltseele eintritt, erhält er erst Existenz in der Zeit, er entsteht als sinnlich wahrnehmbares Wesen; sie gibt ihm das Gesetz (Logos) seines Seins in der Erfahrungswelt. Die sinnliche Erscheinungswelt hat also ihren gesetzlichen Zusammenhang in der Wechselwirkung, die als Weltseele das Leben des Universums bedingt.

Will man diese Verbindung und Wechselwirkung der Körper im Interesse der Naturerkenntnis verwerten, so liegt es nahe, nach einer Veranschaulichung zu suchen, und dadurch wird man sich wieder der stofflichen Auffassung der Weltseele als Weltäther nähern. Diese Veranschaulichung findet sich schon in der neuplatonischen Schule selbst. Platon hatte ja bereits gelehrt, daß die Weltseele zwischen den Ideen und den sinnlichen Dingen, entsprechend dem geometrischen Gesetz, vermittle. Dieses Gesetz ist der Raum. Bei den Stoikern erfüllt die Weltseele den Raum. Nun wird der Raum mit der Weltseele selbst für identisch erklärt. Bei Proklus, im fünften Jahrhundert nach Christus, wird der Raum als ein körperliches und beseeltes Wesen betrachtet, das aus dem feinsten Lichte besteht. Das Licht zeigt ein Beispiel der gegenseitigen Durchdringlichkeit von Körpern; so scheint es begreiflich, wie die Weltseele die Körper in sich aufnehmen kann; als lichterfüllter Raum enthält sie die Materie; als lebendige Seele bewegt sie diese; als Gesetz der Wechselwirkung gestaltet sich die Materie zur Ordnung der sinnlichen Dinge. In jedem Zustand ist bereits durch das Wesen der Weltseele der folgende Zustand angelegt, die Tendenz zur Veränderung ist das Wirkliche, was den Dingen als Weltseele innewohnt. Wer nur wüßte, wie diese Tendenz im einzelnen Falle beschaffen ist! Was muß hier an dieser Stelle geschehen, in diesem, Samenkorn, damit es aufgeht, in diesem Fieberkranken? damit er gesundet, in dieser Schmelzmasse, damit sie sich in lauteres Gold verwandelt?

Wer das wüßte, der wäre der Herr der Natur, der große Magus, der die Dinge verwandeln könnte, nicht als ein Zauberer, sondern als ein Wissender ihrer Gesetze. Jeder Zustand ist eine reale und gesetzliche Bedingung der folgenden Zustände; alle Körper stehen durch die räumlich-seelische Kraft des Weltäthers in Wechselwirkung: dieser allgemeine Gedanke ist als Bedingung einer Naturwissenschaft und Naturbeherrschung vom Altertum der Neuzeit überliefert. Aber die Vorstellung ist zu unbestimmt; daher bleibt sie phantastisch. Die Wissenschaft verlangt die Kenntnis des einzelnen, isolierten Vorgangs, die Kenntnis des quantitativen Gesetzes zur Berechnung dessen, was wirklich eintreten muß.

Wir überspringen das Jahrtausend, dessen geistiges Leben fast durchaus vom kirchlichen Interesse erfüllt ist. Das sechzehnte Jahrhundert ist angebrochen, die großen Umwälzungen der Kulturgeschichte haben begonnen. Die Gedanken sind in ihrer Verbreitung nicht mehr beschränkt auf die handschriftliche Vervielfältigung; die Erde ist umsegelt, ihre Kugel steht nicht mehr im Mittelpunkte der Welt, und es gibt Länder, in welchen der Bannstrahl des Papsttums die neue Auffassung der Dinge nicht mehr erreicht. Die Wissenschaft kann aus ihrem Schlummer erwachen. Aber eine Naturerkenntnis gibt es noch nicht. Die Wechselwirkung der Körper ist noch nicht mathematisch gefesselt, die Weltseele feiert zunächst ihre Auferstehung als Spiritus mundi.

Im ganzen sechzehnten Jahrhundert stellt man sich die Körperwelt als belebt vor, und diese Weltseele ist zugleich körperlicher Natur, ein Weltgeist, Spiritus, und ein Element, das den andern übergeordnet ist. Die Auffassung stimmte insoweit mit Aristoteles, als auch er eine allgemeine Lebenswärme, einen Weltäther, als fünftes Element zugelassen hatte. Diese »quinta essentia« die Quintessenz der Alchymisten, hat jetzt durch die Verschmelzung mit den stoischen und neuplatonischen Vorstellungen die Bedeutung des Prinzips aller Wechselwirkung gewonnen. Wer sie herzustellen vermag, der beherrscht die Umwandlung der Dinge; sie ist der eigentliche Stein der Weisen. Agrippa von Nettesheim († 1535) erzählt, er habe den Spiritus mundi selbst aus Gold gezogen, aber nicht mehr Gold daraus machen können, als das Gewicht des Goldes betrug, aus welchem die Quintessenz extrahiert wurde. Denn als ausgedehnte Größe kann sie nicht über ihr eigenes Maß hinaus wirksam sein.

Dieser Versuch ist indessen bereits kennzeichnend für den jetzt erfolgenden Übergang von der Weltseele zu quantitativen Gesetzen. Agrippa mißt die Menge des aufgelösten und des aus der Lösung wieder niedergeschlagenen Goldes, und er bemerkt die Äquivalenz; die Weltseele ist hier eine extensive, mit der Wage bestimmbare Größe. Mag auch immer noch das physische Geschehen als Tätigkeit eines in den Elementen wirksamen Lebensgeistes aufgefaßt werden, dieser Lebensgeist hat doch die Vertrauen erweckende Eigenschaft, Gewicht und Ausdehnung zu besitzen. Er ist nicht mehr der phantastische Kobold, der nur der dunkeln Verschwörungsformel gehorcht, sondern es ist Hoffnung, daß ein durchsichtiges Gesetz seine Umwandlung bestimmt. Siegreich drängt sich dem Bewußtsein der Zeit die klare Überzeugung auf: Wohl mag die Natur ein Reich der Geister sein, aber diese Geister sind nichts anderes als die Gesetze, nach denen die Körper aufeinander wirken; es gibt keine Willkür im Naturgeschehen; die Natur ist erkennbar.

Es war das große Verdienst des berühmten Arztes Theophrastus von Hohenheim, genannt Paracelsus, daß er die Auffassung der Natur als einen gesetzlichen Umwandlungsprozeß zur Geltung brachte. Zwar beruht auch nach ihm die Wirksamkeit der Elemente auf den in ihnen befindlichen »Archei« oder Lebensgeistern. In jedem Elemente steckt ein »Fabrikator«, ein Arbeiter, der für uns durch den Befehl Gottes sorgt Tag und Nacht. Aber dieser Archeus soll die Gesetzmäßigkeit der Welt nicht aufheben, sondern gerade begründen. Die Archei sind nach Ansicht des Paracelsus nicht persönliche Geister, sondern Naturkräfte, die schaffenden Prinzipien oder wirkenden Kräfte in den Dingen, sie wirken nur als stoffliche Elemente. Das Sein der Dinge ist ihr Wirken. Das Leben des Wassers ist seine Flüssigkeit, das des Feuers seine Flüchtigkeit, die wesentlichen Eigenschaften der Dinge sind das, was ihr Leben ausmacht. So wird bei Paracelsus das Leben zum chemischen Prozeß, und damit bereitet er den Übergang zur naturwissenschaftlichen Erkenntnis durch Maß und Zahl vor. An Stelle der Elemente des Aristoteles, die durch die sinnlichen Eigenschaften »Wärme, Kälte, Feuchtigkeit, Trockenheit« definiert waren und sich somit jeder exakten Bestimmung entzogen, setzt er die unzerlegbaren Grundsubstanzen, auf welche die chemische Analyse führt. Diese kann die experimentelle Untersuchung mit Hilfe der Wage ermitteln; und so zeigt sich doch wenigstens ein Punkt, wo die Erfahrung, durch eigenes Zusehen und Probieren sich der Natur zu. bemächtigen vermag.

Immer aber waren diese Prozesse noch zu kompliziert, als daß die damaligen Mittel der Erkenntnis einen tiefer greifenden Erfolg hätten erzielen können. Es mußten einfachere Probleme gefunden werden, um aus der Mannigfaltigkeit der sinnlichen Erfahrung Ereignisse herauszulösen, die eine mathematische Darstellung gestatteten. Dies waren die Aufgaben, welche Astronomie und Mechanik darboten; Kepler und Galilei brachten die Lösung.

Kepler bietet in seinem eigenen Entwicklungsgange ein höchst interessantes Beispiel, wie sich im Anfang des siebzehnten Jahrhunderts der Umschwung von der Seelentheorie zur mechanischen Auffassung gestaltet. Wir können in Keplers Werken literarisch die Umwandlung der Weltseele in die mechanisch vermittelte Wechselwirkung anziehender Kräfte deutlich verfolgen. Es handelt sich um die Bewegung der Planeten.

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