Kitabı oku: «Die Engel der Madame Chantal», sayfa 7

Yazı tipi:

Kapitel 11

Selbstverständlich freute sich Mister Lin-Lin aus Tianjin darauf, Chantal wieder einmal zu sehen. Und natürlich bedauerte er außerordentlich den Tod des geschätzten Harald.

»Wie geht es jetzt weiter?«, wollte er mit seiner hellen Stimme wissen.

»Genau darüber will ich mit meinem chinesischen Schlitzohr sprechen«, lachte Chantal.

»Aber nix nua splechen«, kicherte der Chinese. Er hatte inzwischen Deutsch-Unterricht genommen, und konnte sich ganz passabel in deutscher Sprache unterhalten. Darauf war er stolz.

»Achtung mein gelber Freund. Das ist jetzt sehr wichtig! Warum habt ihr die Anfragen aus Deutschland nicht beantwortet? Du bringst das in den nächsten Tagen in Ordnung. Ansonsten darfst du gleich wieder nach Tianjin zurückfliegen. Haben wir uns verstanden?!«

Nach einigen Sekunden war zunächst ein leises „Oh“ zu hören. Chantals Worte waren für den Chinesen höchst ungewohnt. Eine solche Wortwahl, und noch dazu in dieser Tonlage, hätte er dieser Frau niemals zugetraut. Dazu wäre der geschätzte Harald niemals fähig gewesen. In den weiteren Sekunden der Stille dachte er wohl über die Beteiligung von fünfundzwanzig Prozent und mit Sicherheit auch an die schönen Nächte mit dieser Frau nach. Denn er krächzte kleinlaut in Englisch:

»Yes. I’ll do it immediately.«

»In Ordnung«, lachte Chantal. »Dann darfst du kommen. Aber nur, wenn du genug Kraft mitbringst. Wir werden zwei Nächte in meinem Haus im Odenwald übernachten.«

»Odenwald?«

»Yes. Big forest. No one around.«

»Oh. Das viel spannend«, kicherte Mister Lin-Lin, und legte auf.

Zwei Tage später, der chinesische Unternehmer hatte es sehr eilig, holte Chantal den fröhlich grinsenden Mann am Frankfurter Flughafen ab. Dr. Ewald Pausch hatte einen Tag zuvor äußerst beeindruckt mitgeteilt, dass die Unterlagen aus China eingetroffen seien.

Als sie vor der alleinstehenden stattlichen Villa standen, war der Besucher beeindruckt. Hier in dieser Einöde würde er zwei Tage mit dieser attraktiven Frau verbringen?!

Mister Lin-Lin hatte aus seiner Sicht viel Kraft mitgebracht. Zumindest wurde Chantal nicht müde, den chinesischen Unternehmer zu loben und mit vielen bunten Komplimenten

zu überschütten. Dafür durfte sie ihn ab sofort Tao nennen.

Tao konnte sich an Chantal nicht sattsehen. Mit breitem und zufriedenen Grinsen streichelte er die herrlichen Brüste seiner deutschen Gespielin. Er war vernarrt in diese festen Rundungen.

»Tao. Ich habe ein kleines Problem«, flüsterte Chantal und schloss hierbei ihre Augen.

»Es gibt keine Probleme, die man nicht lösen kann. Man muss nur seinen Instinkten folgen.«

»Mein Verstand sagt, dass du schon reich genug bist«, seufzte die Frau mit den schönen Brüsten. »Aber mein Instinkt sagt mir, dass du mit meinen Entscheidungen vielleicht nicht ganz glücklich sein könntest.«

Diese Sätze hatten den Jagdinstinkt des Chinesen geweckt. Fast ruckartig setzte er sich im Bett auf.

»Man kann nie reich genug sein. Vielleicht kann ich dir bei deinen Entscheidungen behilflich sein.«

Chantal lächelte in sich hinein.

»Nun ja. Zwei Unternehmen haben mir einen stattlichen Preis für HARLAM-CHEM geboten. Wie du weißt, habe ich nun auch einen Anteil an der Firma von Larousse in Frankreich geerbt. Und ich brauche zusätzlich deinen Rat, was ich mit meinem Anteil an deinem Unternehmen machen soll.«

»Wir sind doch Freunde«, sagte der Chinese. »Sage mir deinen Preis. Ich vertraue dir.«

Chantal überlegte einige Sekunden. Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie noch immer nackt war. Deshalb setzte sie ein aufreizendes Lächeln auf, spreizte ihre Beine, und lachte:

»Deine Chantal ist noch hungrig. Das hier ist eigentlich kein Platz, um über Geschäfte zu sprechen.«

Am anderen Vormittag machten sie einen Spaziergang durch den frühlingshaften Odenwald. Anschließend bummelten sie durch Michelstadt. Als Chantal sagte, dass es noch viele solcher Städte in Deutschland geben würde, versprach der beeindruckte Chinese, sie so bald wie möglich wieder zu besuchen.

Irgendwann in der Nacht bestand Tao darauf, noch einmal über die Geschäfte zu sprechen zu wollen. Chantal verstand diesen dezenten Hinweis. Ihr Opfer brauchte offensichtlich eine Verschnaufpause.

»Ich habe mir das alles noch einmal überlegt«, kam Chantal dem schnaufenden Chinesen zuvor.

»Es wäre doch schade, wenn ich alles verkaufen würde.«

Tao wartete sichtlich gespannt auf den nächsten Satz seiner Partnerin.

»Dann würden wir uns höchstwahrscheinlich irgendwann aus den Augen verlieren.«

Zitternd streichelte Tao über Chantals Hand.

»Bei allen Göttern. Das darf natürlich nicht passieren.«

Sekunden später grinste er Chantal schelmisch an.

»Wie ich dich inzwischen einschätze, bist du eine weitaus härtere Verhandlungspartnerin als es mein geschätzter Freund Harald war. Oh, ich vermisse plötzlich meinen Freund.«

Fast blitzartig griff er nach dem Kopfkissen und presste es theatralisch an seine Brust; einem Schutzschild gleich.

»Mach‘ es nicht so teuer. Ich bin ein armer Chinese«, grinste er mit aufgerissenen Augen.

»Was hältst du davon? Ich halte weiterhin die Anteile in China. Das wäre doch dumm von mir. Ich habe mir die Wachstumsraten von LIN-CHIN geben lassen.«

Der Chinese klopfte auf sein weiches Schutzschild.

»Du bist eine sehr kluge Frau. Leider bin ich schon verheiratet.«

»Dein Glück«, kicherte Chantal. »Stell‘ dir einmal vor, ich würde dich jeden Tag in mein Bett holen – und das über Monate und Jahre.«

»Das wäre eine dramatisch-verlockende Idee.« Mister Lin-Lin presste seine Luft mehrere Male hörbar zwischen seine geschlossenen Lippen hindurch.

»Okay. Bleiben wir beim Geschäft. Du kaufst HARLAM-CHEM. Ich sorge dafür, dass du auch das französische Unternehmen bekommst. Auf diese Weise hast du Zugriff auf den gesamten europäischen Markt. An beiden Unternehmen will ich ebenfalls mit fünfundzwanzig Prozent beteiligt sein.«

»Du bist eine gefährliche und geschäftstüchtige Frau«, antwortete Tao tief schnaufend. »Aber dieser Larousse?« Er zuckte mit den Schultern. »In Deutschland habt ihr einen interessanten Begriff dafür. Dieser Mann ist eine harte Nut.«

Chantal spitzte mit einem vielsagenden Lächeln ihre Lippen.

»Das werde ich in die Hand nehmen. Ich werde diese Nuss einfach zerquetschen. Du wirst das Geräusch bis nach China hören.«

Tao riss mit einem dumpfen »Oh« seine Augen auf.

Danach entstand eine knisternde Stille im Raum.

Bei den folgenden Sätzen wollte der Chinese allem Anschein nach keinen Augenkontakt haben:

»Dann würde ich es sehr begrüßen, wenn du den Aufsichtsratsvorsitz dieser beiden Firmen übernimmst. Aber … bei einem Unternehmen in China geht das natürlich nicht so einfach. Hier schlage ich dir eine beratende Funktion vor, wie man in Deutschland zu sagen pflegt.«

Chantal schlang ihre Beine um den Körper des plötzlich müde wirkenden Mannes und gab ihm einen herzhaften Kuss.

»Das klingt verlockend. Das werde ich mir genau überlegen, du gelbes Schlitzohr.«

Bereits zwei Tage später saßen vier Gäste im großen Salon der Villa, dessen Besitzerin nun offiziell Chantal war: der Rechtsanwalt Dr. Ewald Pausch, der Notar Kurt Hochländer, der Steuerberater Kai Hesselberg sowie Ferdinand Papenburg, der Privatdetektiv.

Vor allem Dr. Pausch blickte Chantal ab und zu mit offenem Mund an.

Diese Frau ist um Galaxien intelligenter, als er das bislang angenommen hatte. Sie ist mehr als das. Sie ist sogar gerissen und verschlagen; eine kleine Teufelin.

»Du lieber Himmel. Harald würde weinen und wäre stolz, wenn er Sie jetzt hören und sehen könnte«, stammelte er nach einigen Stunden.

Chantal klopfte lachend auf den Unterarm des Anwalts.

»Was meinen Sie, warum wir diese Besprechung heute hier abhalten? Harald ist unter uns. Er hat uns die ganze Zeit zugehört.«

Sekunden später verfinsterte sich ihre Mine, als sie fauchte:

»Das bin ich Harald schuldig. Wir werden gemeinsam diese Schweine schlachten, und das Fleisch auf einen Abfallhaufen werfen.«

Während sich Ferdinand und der Anwalt über die Wortwahl der Kampfeslustigen zu amüsieren schienen, blickten sich Hochländer und Hesselberg entsetzt an.

Zwei weitere Tage später hatte sich die gleiche Crew im Konferenzraum von HARLAM-CHEM verabredet.

Am großen Konferenztisch saßen der Geschäftsführer Klaus Kunzmann, der Finanzvorstand Eduard Zischler sowie ein grinsender und offensichtlich selbstzufriedener Marlon Larousse aus Lyon.

Die Herren hatten zunächst Chantal nicht erkannt. Hier ging es um Geschäfte. Heute sollte in diesem Raum eine Schlacht stattfinden. Deshalb hielt sie es für stilgerecht, in einem gestreiften Hosenanzug und einer strengen Hochfrisur zu erscheinen.

Chantal hasste den Geschäftsführer Klaus Kunzmann von der ersten Sekunde an. Sie blickte ihm in die Augen. Darin sah sie einen Anflug von Respekt. Aber auch abgrundtiefe Verschlagenheit.

Was hatte sich Harald dabei gedacht, dieses Wesen zum Geschäftsführer zu machen? Haralds Worte in Kanada klangen ihr immer noch in den Ohren.

Genau genommen war dieses Schwein Schuld daran, dass Harald Überstunden gemacht hatte.

Ferdinand durfte zwei weitere Detektive hinzuziehen. Einen von ihnen, es war ein Finanz-Genie, schleuste Chantal in das Unternehmen ein. Sie tarnte es als einen Freundschaftsdienst für einen Verwandten. Hannes Kursawe war zudem schauspielerisch begabt. Er spielte seine Rolle als unbedarftes und wenig selbstsicheres Wesen hervorragend. Kunzmann schickte ihn von Abteilung zu Abteilung; immer in der Hoffnung, dass dieser dumme Kerl von sich aus die Segel streichen würde.

Chantal stellte zunächst die anwesenden Herren vor. Ferdinand hatte sie für den Schluss aufgehoben.

»Diesen Herrn kennen Sie zwar noch nicht persönlich. Dafür kennt er Sie besser, als Sie sich selbst. Das ist mein langjähriger Freund Ferdinand Papenburg, ein äußerst versierter und ideenreicher Privatdetektiv. Er und seine beiden Kollegen haben Sie seit einigen Monaten unter die Lupe genommen. Einen von seinen Freunden kennen sie recht gut. Es ist Hannes Kursawe.«

Kunzmann und Zischler blickten sich mit großen Augen an. Larousse sprang so rasch und energisch auf, dass sein Ledersessel krachend nach hinten wegkippte.

Er schrie mit hochrotem Kopf:

»Merde. Du billige Nutte. Das werde ich mir nicht länger anhören!«

»Monsieur Larousse. Setzen! Sofort!«, sagte Chantal.

Ihre dunkle Stimme klang, wie die einer strafenden Lehrerin.

Dazu passte ihre Mimik und ihr Zeigefinger, der auf den umgestürzten Stuhl deutete.

»Wenn Sie diesen Raum verlassen, wird in spätestens zwei Wochen in den französischen Zeitungen zu lesen sein, dass das Unternehmen LYONLA Insolvenz angemeldet hat und der Mitinhaber und Geschäftsführer in Untersuchungshaft sitzt. Compris?!«

Larousse stand einige Sekunden wie versteinert. Mit blassem Gesicht, das einer Totenmaske ähnelte, richtete er den Sessel wieder auf und nahm am Konferenztisch Platz.

»Ich warte!«, sagte Chantal laut und drohend.

Der Franzose zuckend mit den Schultern.

»Auf eine Entschuldigung selbstverständlich!«

»Je vous demande«, quetschte Larousse zwischen seinen Lippen hervor, ohne aufzublicken.

»Auf Deutsch bitte. Jeder hier im Raum soll es schließlich auch verstehen!«

Stille entstand im Raum. Man hätte eine Stecknadel fallen hören.

»Ich bitte um Entschuldigung«, entschied sich der Franzose. Doch dieses Mal blickte er Chantal in die Augen.

»Bon. Gut. Dann lassen Sie uns beginnen meine Herren«, sagte Chantal, und blickte Klaus Kunzmann, Eduard Zischler und Marlon Larousse der Reihe nach in die Augen. Hier, an diesem Konferenztisch, saß schon seit vielen Minuten nicht mehr die Edel-Nutte. Hier saß Chantal Mauriac; die harte, rachsüchtige und zielstrebige Unternehmerin.

Am Ende dieses sehr langen Tages unterzeichneten Klaus Kunzmann und Eduard Zischler einen Aufhebungsvertrag – mit sofortiger Wirkung. Darüber hinaus verpflichteten sie sich, 100 000 Euro auf ein Konto zu überweisen. Im Gegenzug verzichtete Chantal auf eine Anzeige, die zu einer hässlichen Untersuchung geführt hätte; dies mit der Folge, dass die beiden Herren als vorbestraft gegolten hätten. Danach konnten die beiden Männer den Raum verlassen. Ihr Büro durften sie nicht mehr betreten.

Ferdinand Papenburg kannte die Geschichte zwischen Chantal und Marlon Larousse. Damals, als sie Harald unterstützen wollte, dachte sie leichtes Spiel, mit dem athletisch gebauten Larousse zu haben. Doch da hatte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben geirrt; sogar schwer geirrt. So fühlt es sich an, wenn eine arme Frau vergewaltigt wurde, dachte sie damals. Und sie war sich dessen sicher: Dieser Mann hatte schon vielen Frauen das Grausen gelehrt. Es war auch das erste Mal in ihrem Leben, dass sie nach diesem „Beisammensein“ weinte und Frauen verstehen konnte, die solchen Männern ein Messer zwischen die Rippen rammten. Das Allerschlimmste war, dass sie danach zwei Mal an einem Geschäftsessen mit diesem Mann und Harald teilnahm – und gute Miene zum bösen Spiel machen musste. Harald durfte dieses böse Geheimnis niemals erfahren. Er weinte damals vor Freude über den riesigen Erstauftrag.

Chantals offene Beichte waren für den Detektiv ein ganz besonderer Anreiz, sich wie eine Klette an Larousse zu kleben und alles daran zu setzen, so viel belastendes Material wie nur irgend möglich zusammen zu tragen.

Bereits nach zehn Minuten brach Larousse unter dieser Last in sich zusammen. Er wusste, dass er nicht die leiseste Chance hatte.

Dieser Mann hatte Harald schändlich hintergangen. Der Schaden bei HARLAM-CHEM war im Laufe der Jahre beträchtlich. Der Gutgläubigkeit von Harald war es zuzuschreiben gewesen, dass sich einige Männer bereichert hatten. Aber vor allem in Frankreich hätten die Unterlagen dazu geführt, dass LYONLA in sich zusammengebrochen wäre; dass Larousse auch Privatinsolvenz hätte anmelden müssen; unabhängig von diversen Gerichtsverfahren.

Chantal wollte eine rasche Abwicklung. Dieses erbärmliche Wesen durfte seine Villa und sein Privatvermögen behalten. Dafür würde sie für LYONLA bzw. für die 75 Prozent Anteile keinen Cent bezahlen. Notar Hochländer zog einen Einigungs-Vertrag aus seiner dünnen Aktentasche. Der blasse Hüne Marlon Larousse setzte mit Tränen in den Augen seine Unterschrift unter die Dokumente. Er unterschrieb auch, alles daran zu setzen, dass die Kunden in Frankreich, Spanien, Italien und in den Niederlanden erhalten blieben. Sollten in den kommenden Monaten zehn Prozent der Kunden, aus welchen Gründen auch immer, abspringen oder abwandern, wäre die Vereinbarung hinfällig. Dann würde auch sein Privatvermögen dahinschmelzen.

Als Larousse mit hängenden Schultern seine Augen schloss, und glaubte, dass der Kelch an ihm vorübergegangen war, drehte sich Chantal noch einmal um und sagte lächelnd:

»Ach ja. Dieses Ferienhaus in der Camargue. Das brauche ich zum Ausspannen.«

An dieser Stelle bekam Larousse zuerst einen Schreikrampf, dem ein Weinkrampf folgte. Selbstverständlich hatte Kurt Hochländer auch hierfür einen Vertrag vorbereitet.

Zwei weitere Verträge wurden an diesem Abend unterzeichnet; mit den Nachfolgern von Klaus Kunzmann und Eduard Zischler. Sie kamen aus den eigenen Reihen. Ferdinand Papenburg hatte sie auf Herz und Nieren überprüft und vorgeschlagen.

Wenige Tage später flog Chantal mit ihren Beratern nach Tianjin.

Tao Lin-Lin starrte die Frau ungläubig an, deren Brüste er vor knapp einer Woche genüsslich gestreichelt hatte.

»Wie hast du denn das so schnell geschafft?«, stammelte er einige Male.

Vor allem Notar Kurt Hochländer, er hatte schon viele Konzernlenker nach China begleitet, verstand die Welt nicht mehr, wie schnell und geräuschlos die Verhandlungen und Vertragsunterzeichnungen abgewickelt werden konnten. Als er sah, wie der schmächtige Chinese im Flur zu den Toiletten fast andächtig Chantals Brüste streichelte, war für ihn die Welt wieder in Ordnung. Allerdings dachte er:

»Ach du lieber Himmel. Diese Frau möchte ich nicht zum Gegner haben.«

Später hörte er zufällig, wie Mister Lin-Lin Chantal leise fragte:

»Hast du dir die Sache mit der Aufsichtsratsposition überlegt?«

»Noch zwei Wochen du Schlitzohr. Ich habe vielleicht eine bessere Idee. Denke doch einmal nach. Was fängst du schon mit einer gestressten und abgekämpften Chantal an?«

Und er sah, wie der Chinese die Hände faltete, nach oben blickte und grinsend flüsterte:

»Oh ihr Götter. Ihr solltet einmal überprüfen, ob es sich bei dieser Frau tatsächlich um ein menschliches Wesen handelt.«

Kapitel 12

Darauf hatte sich Chantal schon einige Wochen gefreut.

Nach Taunusstein wollte sie dieses Mal nicht fahren. Miranda sollte zu ihr in die Villa kommen.

Chantal lächelte über ihre total verrückte Idee. Noch einmal ließ sie ihr neues Schlafzimmer entrümpeln. Bevor sie damals nach dem Frühstück das Haus in Taunusstein verließ, hatte sie mit ihrem Smartphone viele Aufnahmen von der Inneneinrichtung des Hauses gemacht; selbstverständlich auch vom Schlafzimmer von Frau Dr. Miranda Meinhard. Ihr neues Schlafzimmer und das Bad mussten denen von Miranda ähneln; quasi wie eine Kopie sein. Sie sollte sich wohl und heimisch fühlen. Auch die Toilette und den in die Jahre gekommenen Whirl-Pool hatte sie erneuern lassen. Im Grunde genommen war dies kostenneutral. Dieser ekelhafte Kunzmann und der Finanzvorstand Zischler waren für diese Kosten aufgekommen; indirekt natürlich.

»Das ist der verrückteste Auftrag meines Lebens«, hatte Ferdinand vor Wochen gesagt.

»Sind sie ganz sicher, dass es nicht an der Zeit wäre, sich in sorgende Hände zu begeben?«, hatte er lachend hinzugefügt.

»Es ist herrlich, sich ab und zu einen Spleen leisten zu können, vor dem man selbst ein bisschen erschrickt«, hatte Chantal geantwortet.

Warum sie wegen einer Frau einen solchen Aufwand betrieb, konnte sie sich nicht beantworten. Irgendwann wischt sie auch alle diese Fragen beiseite. Sie wischte auch die wichtigste Frage beiseite - wie es weitergehen sollte.

Moosbacher, der Rendezvous-Geschäftsführer, hatte sie bis auf Weiteres von seiner Liste gestrichen; unter lautem Protest. War es ein gutes Gefühl reich zu sein? Ja. Fraglos. Aber es machte auch irgendwie satt. Das herrliche Knistern fehlte ihr. Neue Männer, auf die sie sich einzustellen hatte. Stammkunden, die sich auf sie freuten. All das war in den letzten Jahren herrlich gewesen. Sie hatte guten Sex und viele neue Impressionen. Nur Harald fehlte ihr, jeden Tag. Wenn sie aufwachte, dachte sie an ihn. Und wenn sie allein in diesem großen Bett lag, hatte sie das Gefühl, als läge er noch neben ihr.

Seit zwei Wochen dachte sie zunehmend an eine Frau. Gestern hatte sie Miranda angerufen – und sie eingeladen; in ihre Villa nach Frankfurt.

Sie flatterte heran wie ein Schmetterling. Sie trug ein luftiges und buntes Chiffonkleid.

Sie wirkte im ersten Moment wie zwanzig; höchstens fünfundzwanzig – aus der Ferne. Doch als sie sich, mit kleinen Tränen in den Augen und ein wenig zitternd, von Chantal in die Arme nehmen ließ, war sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die selbstsichere Managerin war verschwunden; wie ausgelöscht.

Als sie in der riesigen Halle der Villa stand, und den gigantischen Salon sah, so drückte sie es zumindest aus, sackte sie erst recht in sich zusammen. Chantal führte Regie. An ihrem Drehbuch für diesen Nachmittag bis tief in die Nacht hinein hatte sie viele Nächte geschrieben.

Sie führte den traurigen Schmetterling durch alle Räume der Villa. Mit einem Seufzer zeigte sie ihrem Gast das Schlafzimmer, worin Haralds Geist noch wohnte. Und dann, ganz zum Schluss öffnete sie das danebenliegende Schlafzimmer.

»Du meine Güte. Ich glaube ich spinne«, schrie Miranda auf. »Das, das ist mein Schlafzimmer! Da stimmt jedes Fitzelchen. Wie konntest du dich so genau daran erinnern?«

Und dann … plötzlich … blickte sie auf dieses riesige Bild an der Wand. Sie blickte in ihr Spiegelbild.

»Oh Gott, oh Gott!« Sie hielt sich ihre Hände vor ihren geöffneten Mund; die Augen weit aufgerissen.

»Woher hast du diese Aufnahme?! Es ist eine verdammt gute Aufnahme.«

Doch dann stutzte sie.

»Ach du Scheiße! Diese Aufnahme wurde in meinem Schlafzimmer gemacht. Wie ist so etwas möglich?«

Chantal nahm die völlig Fassungslose in die Arme.

»Selbst, wenn ich in China war - du hattest die ganze Zeit einen Schutzengel. Das warst du mir wert. Okay. Er hatte auch die Aufgabe, eine Aufnahme von dir zu machen. Ich wollte dich in meiner Nähe haben. Ist das schlimm?«

Das war zu viel für die Ex-Managerin. Chantal konnte sie auffangen und auf das Bett gleiten lassen.

Nein. Chantal hatte in diesem Moment kein schlechtes Gewissen. Sie hatte sogar ein bisschen mit dieser Szene gerechnet. Miranda ging es ähnlich, wir ihr damals, als Harald ihr den Schlüssel der Wohnung im 22. Stock in die Hände drückte. Diese Szene gehörte zu ihrem Drehbuch; war mit einkalkuliert.

Wie in Trance legte sie sich neben die Ohnmächtige. Sie streichelte sanft über ihre Haare, über ihre Wangen, ihren Hals und noch sanfter über ihre Brüste.

Erst nach vielen Minuten, Chantal ließ sich Zeit, öffnete Miranda langsam die Augen. Sie fühlte die sanften Berührungen – und schien es mit offenem Mund zu genießen.

Doch plötzlich schnellte sie vom Bett hoch und schrie:

»Du bist ein Biest! Du bist blemm blemm! Du hast einen schweren Hau weg!«

Danach warf sie sich auf die noch Liegende, um sie zu küssen, und dazwischen fast atemlos zu jauchzen: »Ich liebe dich. Ich liebe dich. Verdammt! Ich liebe dich.«

Chantal löste sich von ihr, sprang aus dem Bett und zog die Weinende und gleichzeitig Lachende hoch und führte sie nach draußen.

»Komm. Ich muss dir noch etwas zeigen«, kicherte sie.

Sie klang plötzlich wie ein kleines Mädchen.

Mit einem Ruck öffnete sie die Tür des Badezimmers.

Miranda schrie erneut:

»Himmel hilf. Das ist mein Badezimmer. Da stimmt jede kleinste Kleinigkeit. Ich glaub‘, ich dreh‘ durch.«

Spätestens an dieser Stelle verlor die Besucherin ihre Contenance.

Begleitet von einem Weinkrampf sank sie auf die Knie und klammerte sich um Chantals Beine; wie an den Mast eines sinkenden Schiffes. Und spätestens an dieser Stelle machte sich Chantal Vorwürfe, es mit ihrem Drehbuch eine Spur übertrieben zu haben.

Vorsichtig beugte sie sich zur fast hysterisch Weinenden hinunter.

»Soll ich einen Arzt holen? Oder gehen wir zusammen in den Whirl-Pool«, sagte sie mit fester Stimme.

In irgendeinem Psycho-Schmöker hatte sie gelesen, dass es in einer solchen Situation kontraproduktiv gewesen wäre, leise und bemitleidenswerte Töne anzuschlagen. Laute Worte. Hoffnung machen. Ein Ziel vor Augen projizieren, stand in diesem Schmöker.

Fast schlagartig blickten die verweinten Augen zur Rettenden nach oben.

»Oh ja. Ein Whirl-Pool wäre jetzt toll.«, lachte sie.

Und während sie sich mit dem Handrücken die Tränen von der Wange strich, fügte sie hinzu: »Und ein Gin-Tonic.«

Chantal half Miranda aus ihren Kleidern. Hierbei küsste sie die noch immer leicht Zitternde auf ihre kleinen Brüste und ihren Bauch.

»Das riecht hier alles neu«, flüsterte die Besucherin mit geschlossenen Augen.

»Ist es auch. Wurde erst vor vierzehn Tagen installiert. Das ist alles noch jungfräulich.«

»Du scheinst es ja zu haben«, schmollte Miranda.

»Stimmt. Im Moment wird es mir selbst ein wenig unheimlich.«

Im Whirl-Pool setzte sich Chantal auf die Oberschenkel von Miranda und nahm sie in die Arme. Ihre flachen Bäuche und ihre Brüste berührten sich. So saßen sie lange; viele kleine Unendlichkeiten. Sie genossen die wohlige Wärme, die sanfte Nähe, das schwere Schlagen ihrer Herzen und das herrliche Blubbern des Wassers.

Danach spazierten sie nackt durch den Garten.

Es war ein sonniger und warmer Juni-Tag.

Chantal lachte, als Miranda von einer Statue zur anderen ging, um sie zu streicheln.

»Das ist einmalig hier. Warum lachst du?«

»Weil ich hier am ersten Tag fast genau das Gleiche getan habe. Es war dunkel damals. Harald hatte das Flutlicht eingeschaltet und darüber gelacht, dass ich erpicht darauf war, jeder einzelnen Statue und Figur einen Kuss zu geben.«

Miranda nahm ihre Freundin in die Arme.

»Wir haben nie darüber sprechen können. Du besuchst sein Grab sicher sehr oft.«

»Das brauche ich nicht.«

»Nicht?! Aber du hast ihn doch geliebt. Sehr sogar, wie ich hörte.«

»Weil ich ihn immer in meiner Nähe haben wollte. Du stehst genau vor ihm.«

Miranda, die gerade vor einer großen und lachenden Buddha-Statue stand, blickte sich mit entsetzter Mine fragend um.

Chantals Hand tastete sich an Miranda vorbei, um den Bauch des Buddhas zu streicheln.

»Da drin ist seine Urne. Er ist immer bei mir. Vielleicht, wer weiß das schon, beobachtet er uns gerade. Falls ja, hoffe ich, dass ihm das gefällt, was er sieht.«

Ihr leises Lachen ging in ein Kichern über, als sie sah, wie Miranda mit erstarrter Mine einige Meter zur Seite wich.

»Du lieber Himmel. Wie viele Überraschungen hast du denn heute noch auf Lager?!«

»Wer weiß. Wer weiß. Der Tag, der Abend und die Nacht sind ja noch lange.«

Miranda hakte sich bei ihrer exzentrischen Geliebten unter, und zog sie in Richtung Villa.

»Ich habe plötzlich Hunger. Immer wenn ich mich erschrecke, brauche ich etwas zum Essen. Meine Eltern haben bereits über diese seltsame Marotte gelacht.«

Im Haus war es kühl. Chantal hatte zwei Bademäntel bereitgelegt.

Kurz vor Mirandas Ankunft hatte ein Chinese eine große Warmhalte-Box mit verschiedenen Speisen gebracht.

Die beiden Frauen nahmen auf der großen Terrasse Platz, und blickten auf die Garten-Anlage. Sie genossen einen Moselwein. Aus dem Haus drang ausnahmsweise schwungvolle Musik, und in den Gärten der umliegenden Villen lärmten die Vögel.

»Das hier ist der Himmel auf Erden«, sagte Miranda mit einem halbvollen Weinglas in der Hand.

»Du kannst doch mit deinem Palast in Taunusstein auch zufrieden sein.«

Miranda leerte ihr Glas, um anschließend sofort wieder nachzuschenken.

»Meine Reserven reichen bis Jahresende. Spätestens dann muss ich eine Hypothek auf mein Haus aufnehmen.«

Chantal, die im Begriff war zu trinken, stellte das Glas auf den Tisch zurück.

»Wenn ich deine Worte richtig interpretiere, hast du immer noch keinen neuen Job?«

»Stimmt. Als ob sich die ganze Welt gegen mich verschworen hätte.« Sie leerte das randvolle Glas in einem Zug.

»Billig verkaufen kann ich mich später immer noch.«

Der süßliche Wein schien langsam seine Wirkung zu zeigen, denn Miranda öffnete das Oberteil ihres Bademantels, und lachte heiser:

»Wenn ich solche schönen Brüste hätte wie du, würde ich vielleicht umsatteln.«

Sie schüttelte sich mit einem lauten »Brrrr«. Aber wie du weißt, mache ich mir nichts aus Männern.«

Chantals Drehbuch sah an diesem Abend und vor allem in dieser Nacht noch einige Überraschungen vor. Jetzt war immer noch die Zeit des Small Talks.

»Vergiss die Männer. Die Nachfrage nach gutaussehenden und intelligenten Frauen ist im Großraum Frankfurt riesig.«

Miranda lehnte sich müde in ihren Sessel zurück.

»Wie lange könnte ich so etwas machen. Hast du eine Ahnung, wie alt ich schon bin. Und was ist danach?«

Eine fast beängstigende Stille machte sich auf der Terasse breit. Aus dem großen Haus erklang keine Musik mehr. Es begann zu dämmern. Zunehmend setzte Vogelkonzert ein.

Chantal wusste selbstverständlich, dass ihre bereits ziemlich angesäuselte Besucherin fünf Jahre älter war als sie selbst. Miranda war bereits fünfundfünfzig. Normalerweise wirkte sie jünger. Doch heute? Heute war sie tatsächlich fünfundfünfzig. Und sie wirkte müde.

»Bitte lege dich zu mir«, bettelte Miranda eine halbe Stunde später.

»Ich brauche deine Nähe und deine Wärme. Bitte.«

Erst gegen Mitternacht erwachte sie wieder – von Chantals Liebkosungen. Sie waren noch immer nackt.

»Ach du lieber Himmel. Sag‘ bloß, dass ich geschlafen haben«, seufzte Miranda.

Chantal flüsterte zwischen vielen Küsschen:

»Psssst. Reden können wir später.«

Später, viel später, lauschten sie, engumschlungen, wie sich das Gewitter ihrer Liebe verzog; wie ihre pochenden Herzschläge langsam nachließen; ruhiger wurden. Sie genossen die Wärme und die wohlige Müdigkeit ihrer Körper.

»Du bist eine Hexe und eine Fee gleichzeitig«, stöhnte Miranda genüsslich; begleitet von

einem Lachen. »Ich begreife es immer noch nicht, woher du diese Fantasie hast. Du bist ein Naturtalent.«

»Das ist ganz einfach zu erklären«, sagte Chantal mit dunkler und warmer Stimme.

»Seit meinem sechzehnten Geburtstag habe ich immer nur Liebe gekannt. Für mich war und ist es mehr als bloßer Sex. Es ist in mir. Es muss raus. Ich will es spüren. Ich will es vor allem auch geben. Alles andere kommt von allein. Ich genieße es. Es ist mein Leben. Ich würde sterben, wenn ich das nicht mehr spüren und fühlen dürfte.«

Vielleicht grinsten irgendwelche bösen Geister im Moment. Wer weiß das schon so genau. Oder das Schicksal zuckte mit den Schultern. Weil es bereits wusste, welche Bedeutung diese Worte bald haben würden. Chantal sollte dieses Leben noch ein wenig genießen. Heute, das war der 15. Juni, ein Samstag.

Doch zunächst hatten die beiden Frauen Hunger. Chantal kicherte, als sie Mirandas Magenknurren hörte.

Sie holte ihre Geliebte erst, nachdem das Holz im Kamin flackert und knisterte. Auf dem kleinen Tisch davor warteten Schnittchen und eine Flasche Rotwein.

Eingewickelt in warme Decken saßen sie nun, um diese Stunde zu genießen. Es war kurz nach drei Uhr – in der Nacht.

₺146,32

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
590 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783742734006
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre