Kitabı oku: «K.E.E. Ein bisschen Apokalypse», sayfa 2
4 Mysteriöse Erscheinung
„Hallo!?“
Maximilian schrak zusammen. Eine fremde Stimme! Noch dazu eine Weibliche! Er hatte sie genau gehört, wenn auch sehr leise.
„ICH KANN SIE VERSTEHEN!“ Schrie Maximilian wie wahnsinnig auf.
„Seien sie nicht so laut! Ihre Stimme tut mir in meinen Ohren weh.“ Kam es leise zurück.
Hatte er die Frau wirklich richtig verstanden?
„ABER ICH VERSTEHE SIE KAUM. KÖNNEN SIE VIELLEICHT LAUTER SPRECHEN?“
Die Frau am anderen Ende der Wandseite antwortete erst nach einem langen Moment. Auch sie schien sich zu wundern.
„VERSTEHEN SIE MICH JETZT BESSER? KÖNNEN SIE BITTE LEISER SPRECHEN, DAS WÄRE HERZALLERLIEBST.“
Maximilian glaubte nicht, seinen Ohren trauen zu können. Hatte diese Frau wirklich herzallerliebst zu ihm gesagt?
„KÖNNEN SIE MIR VIELLEICHT HELFEN? DANN WÜRDE ES SCHNELLER GEHEN.“ Fragte ihn die Fremde.
„Aber ich habe kein passendes Werkzeug. Die Wand ist viel zu hart.“ Erwiderte Maximilian frustriert.
„UND WARUM GEHT ES DANN AUF MEINER SEITE?“
Maximilian Bauch krampfte und Übelkeit breitete sich in seinem Unterleib aus. Tausend Fragen wollte er dieser Frau stellen, die kam um ihn zu befreien und dennoch musste er sich gedulden, bis sie sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstanden.
„ICH BIN HIER GANZ ALLEIN, WISSEN SIE? ICH HABE KEINE HILFE!“ Stellte Maximilian seine Situation dar.
„SIE SOLLEN DOCH NICHT SO SCHREIEN, IHRE STIMME TUT MIR IN MEINEN OHREN WEH.“
Maximilian fasste sich an seine Stirn. Er stieß nach der Apokalypse und dreißig langen Jahren auf die erste Frau und schon wurde er von der Situation überfordert. Er zog es vor nichts mehr zu sagen und einfach abzuwarten. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis ...
Er schrak von der Wand zurück, als eine silbrigmetallen glänzende Kralle durch den Putz hindurchdrang. Spitz zulaufend und wie ein verlängerter Fingernagel wirkend, schien sie keinerlei Schaden genommen zu haben, als sie von ihrem Besitzer durch den Stein hindurchgedrückt worden war.
Um das kleine Loch herum bröckelte es, dann wurden zwei weitere Fingerspitzen sichtbar. Auch sie besaßen diese Bewährung und wirkten überhaupt überdimensioniert und seltsam mechanisch auf Maximilian. Sie schienen nicht menschlich zu sein, waren von einem wabenförmigen glänzenden Material umhüllt und an den Gelenken und Fingerrücken mit Verstrebungen und Protektoren geschützt, ähnlich denen eines Polizeihandschuhs.
„Hallo! Ich bin die Wanda. Schön sie kennenzulernen.“
Drang die Stimme der Frau jetzt klar und deutlich an Maximilians Ohr.
„Was sind sie?“ Er konnte seine Unsicherheit vor dieser seltsamen Erscheinung nicht verbergen und hielt die Maschinenwaffe hinter seinem Rücken verborgen.
„Wie bitte?“ Fragte die Fremde mit verwunderter Miene zurück.
„Sind sie ein Mensch?“ Stotterte der Bunkerbewohner, ängstlich Abstand zu diesem seltsamen Gebilde suchend.
„Na das hoffe ich doch. Sie auch?“ Ein heiteres Lachen drang in Maximilians Ohr. „Wollen sie mir nicht ihren Namen sagen? Dann wäre schon mal ein Stück vom Eis gebrochen.“ Schlug sie ihm vor.
Maximilian zeigte sich völlig überfordert mit dieser Situation. Nach dreißig Jahren traf er auf Leben und dieses plauderte mit ihm, als hätte man sich gerade in der Kneipe kennengelernt.
„Kommen sie, um mich zu befreien?“ Fragte er die Fremde.
Hinter dem Wanddurchbruch wurde jetzt ein bildhübsches Frauengesicht sichtbar. Blaue Augen mit langen schwarzen Wimpern, feingliedrige Augenbrauen, Stupsnase und hohen Wangenknochen. Dabei wurde es von einem üppigen Kussmund abgerundet und stellte damit eine der schönsten Erscheinungen dieser Art da, die Maximilian bisher in seinem Leben zu Gesicht bekommen hatte.
„Ich befreie sie?“ Kam von ihr die Gegenfrage.
Die Züge der jungen Frau wirkten in diesem Moment unsicher.
„Sie schob jetzt ihren ganzen Arm durch das Loch, schien es ohne Mühe dabei zu vergrößern und bog mit ihrer linken Hand ein paar Stahlstreben zur Seite, so als ob es sich bei diesen um Blumendraht handeln würde.
Maximilian konnte nicht begreifen, was er da sah. Ängstlich wich er vor dem Loch zurück und wäre am liebsten weggelaufen. Das Wesen dort, dass sich in diesem Augenblick durch den Spalt zwängte, konnte kein Mensch sein. Es glich viel eher einem Roboter, oder Droiden aus einem Sciencefictionfilm. Die gesamte Haut, bis hinauf zum Hals bildete dieser schwarze, in kleinen Poren aufgegliederte Stoff, den er schon an ihrer Hand bemerkt hatte. Wie schon bei den Fingern, wurde auch er an allen wichtigen Körperteilen und Glieder durch mattschwarze Beschläge, Einfassungen und Protektoren geschützt. Dabei schien es sich um ein regelrechtes Exoskelett zu handeln. Die Figur einer Frau blieb dabei nicht nur erhalten, nein, der weibliche Körper wurde übertrieben und nur auf eine sexuelle Wirkung hin dargestellt. Riesige Brüste, eine viel zu schmale Taille und ein sehr breites Becken spiegelte die idealisierte Vorstellung einer fruchtbaren Frau wieder. Dabei wurden Bauchmuskeln und Oberschenkel durch Beschläge definiert, genauso wie auch Schulter und Wadenmuskulatur. So wirkte diese Gestalt einerseits wie ein Maschinenmensch auf Maximilian und anderseits wie ein nacktes Busenwunder. Sogar die Scham war durch einem metallenen Schild nachgebildet worden.
„Was starren sie mich denn so entgeistert an? Es wäre schön, wenn sie mir aufhelfen würden, wie es sich für einen Mann mit guter Erziehung gebührt.“ Jammerte die Fremde, nachdem sie auf ihre Knie heruntersank. Sie schien Probleme mit der Koordination ihrer Bewegungen zu haben.
Maximilian konnte gar nicht anders als ihren Wunsch nachzukommen. Dabei kam er sich wie ein kleiner Junge vor, der seiner Mutter aufhalf. Denn dieses seltsame Wesen war riesengroß!
Auch die Frau schien überrascht, blickte fragend auf ihn herunter und druckste herum.
„Ich möchte ja nicht beleidigend auf sie wirken, aber sind sie ein Kleinwüchsiger?
Maximilian starrte sie entgeistert an.
„Was? Ich? Nein!“
Er blickte an sich herunter und anschließend wieder zu ihr auf. Sie überragte ihn um zwei Köpfe!
„Ich bin ein Meter vierundachtzig groß.“ Stellte er entgeistert fest.
„Jetzt reden sie mal keinen Unsinn. Ich bin gerade mal ein Meter vierundsechzig, wie können sie da ...“
Maximlian deutete mit seinem rechten Zeigefinger auf die Decke über ihnen. Die Frau trug ein schwarzes Barett und dieses scheuerte bereits am Mauerwerk.
„Das kann doch nicht wahr sein!“ Ungläubig hob sie ihre rechte Hand an die Betondecke, strich mit ihren Zeigefinger über den Stein und blickte anschließend vor sich und wäre dabei beinah gestürzt. Sie wirkte unbeholfen und wackelig auf ihren Beinen.
Maximilian spürte, dass ihre Aufregung nicht gespielt war. Sie erweckte bei ihm den Anschein, dass sie mit sich selbst noch weniger anfangen konnte, als er und schien zu begreifen, dass irgendetwas mit ihr nicht stimmte.
„Meinen sie, ich könnte mich hier irgendwo umziehen?“ Fragte sie ihn schließlich.
Der Bewohner des Archivs kratze sich nachdenklich an seinem Hinterkopf.
„Es gibt hier Toiletten- und Duschräume. Aber was wollen sie anziehen?“
Die Frau wirkte in diesem Moment verschämt.
„Ich würde mich erst einmal nur gerne ausziehen, verstehen sie?“
Sie zeigte sich erst verlegen und dann ganz offen ihre Verunsicherung.
„Das klingt jetzt irgendwie seltsam ich weiß.“
Maximilians Blick blieb an ihrem riesigen Dekolette hängen. Was für eine Größe würde es ausmachen? G? Vielleicht auch H?
„Starren sie mich nicht so an! Das ist mir unangenehm.“
Maximilian erschrak und Röte stieg in sein Gesicht.
„Kommen sie! Ich zeige ihnen alles.“ Versuchte er, von diesem peinlichen Moment abzulenken.
Die Riesin wankte und setzte langsam und seltsam andächtig einen Fuß vor den anderen. Fast wäre sie dabei gestolpert und der Länge nach hingeschlagen. Ihr Gang glich dem eines behinderten Menschen oder Betrunkenen in diesem Moment.
„Sind sie verletzt?“ Fragte Maximilian besorgt.
Das seltsame Wesen verneinte und stützte sich auf einem der Schreibtische ab, so, als ob sie sich auf dem Deck eines Schiffes im Sturm bewegen würde.
„Nein, aber meine Nerven scheinen verrückt zu spielen. Ich versuche meine Beine ganz behutsam zu bewegen, und sie schlagen regelrecht aus dabei. Bei meinen Armen und Fingern ist es ähnlich, so als ob ich meine Kraft nicht mehr richtig dosieren kann.“
Ihr lief eine Träne aus dem rechten Auge, die sie sich, peinlich berührt, mit ihrem linken Unterarm wegzuwischen suchte. Dabei führte sie diese Bewegung so heftig aus, dass sie sich selbst mit voller Wucht ins Gesicht schlug.
Ein geller Aufschrei wurde laut, dann krachte ihr massiger Körper auf den Boden herunter.
„Aua!“
Maximilian sprang ihr bei, wollte ihr Gesicht und ihren Kopf untersuchen, fand beides aber völlig unbeschadet. Im Anschluss wollte er ihr das Barrett abnehmen, doch es ließ sich keinen Millimeter bewegen.
„Helfen sie mir bitte. Ich will das ausziehen.“
Sie weinte und es tat Maximilian weh, sie so zu sehen. Er streichelte vorsichtig über ihre Wange und wunderte sich wie glatt und hart sich dabei ihre Porenhaut anfühlte.
„Das heißt, sie sahen vorher anders aus?“
Sie blickte ihn erschrocken an.
„Wie meinen sie das?“
Maximilian suchte sie nicht zu überfordern und fragte anders.
„Woran erinnern sie sich denn als Letztes? Ich meine, als alles noch für sie in gewohnten Bahnen gelaufen ist.
„Ich habe im letzten Monat ein Vorstellungsgespräch gehabt und sollte im Sekretariat des U-Turms anfangen. Das Letzte, woran ich mich erinnern kann, ist der medizinische Eignungstest. Ich sollte mich auf eine Behandlungsliege legen und ein paar Fragen beantworten. Danach wäre dann mein Körper an die Reihe gewesen. Es war von der Berufsgenossenschaft die Rede oder so ähnlich ...“
„Und dann?“
„Ich bin in diesem Operationssaal aufgewacht. Ich konnte mich nicht bewegen, weil meine Arme und Beine von diesen Klammern gehalten wurden. Ich habe gerufen und um Hilfe geschrien, doch es war niemand da, der mich hätte hören können.“
„Sie lagen die ganze Zeit gefesselt auf diesem Tisch?“
Die Frau blickte ihn seltsam an.
„Was meinen sie mit ‚ganze Zeit‘?“
Maximilian stütze ihren mächtigen Körper so gut es ging und half ihr beim Aufstehen.
„Welches Datum haben wir?“ Fragte er sie mit gebrochener Stimme.
Sie lächelte mitleidig, so als ob sie an seinen Verstand zweifeln würde.
„Ich weiß natürlich nicht, ob ich ein paar Tage verschlafen habe, aber es müsste der 20. Dezember sein, denke ich.“
„Und welches Jahr?“
Die Frau erstarrte.
„Was soll diese komische Frage denn? Zweitausendundsiebzehn, selbstverständlich.“
Maximilian dachte nach. Diese Frau lebte also in ihrer Vorstellung noch in der Zeit vor der nuklearen Katastrophe. Und sie sah sich als eine normale Person, ihr ganzes Verhalten und auch der bisherige Dialog sprachen dafür.
„Kommen Sie! Wir gehen jetzt der Sache auf den Grund.“
Er führte sie so gut es ging, versuchte ihr Gewicht zu tragen und gab ihr die Zeit, die sie brauchte, um einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es ging jetzt etwas besser als zuvor und nach ein paar Minuten erreichten sie die sanitären Einrichtungen des Bunkerkomplexes.
„Wir sind da, sie müssen dort hinein.“
Er deutete auf die Tür der Damentoilette.
„Kommen sie denn nicht mit?! Ich weiß nicht, ob ich mich alleine ausziehen kann.“ Fragte sie ihn sehr direkt.
Maximilian erinnerte sich daran, wie sich die Frau selbst ins Gesicht geschlagen hatte. Ähnlich einem Spastiker schien sie nicht dazu in der Lage zu sein, ihre Muskeln zu steuern.
„Sie wollen, dass ich sie ...?“ Fragte er verblüfft.
Sie lächelte.
„Es geht ja nicht anders, oder? Sie machen einen vernünftigen Eindruck auf mich und werden sicher auch schon mal eine nackte Frau gesehen haben, oder etwa nicht? Sie können mir ja gleich helfen und meine Blöße bedecken. Haben sie vielleicht ein paar Handtücher da?“
Er bejahte ihre Frage in einem unsicheren Ton, half ihr dabei sich auf eine schmale Holzbank zu setzen, die unter dem Gewicht ihres schweren Körpers ächzte und verließ im Anschluss den Raum. Er kochte seine Wäsche in dem Kessel der Kantine aus und hängte sie dort auch zum Trocknen auf. Dafür hatte er Kabel durch die ganze Küche gespannt und seine Hosen, Shirts und Tücher darüber gehängt. Alles Bestände der Bundeswehr, die er im Lagerinventar des Geheimdienstes gefunden hatte.
„Reichen die? Sie sind eigentlich zu klein für ihre Größe.“ Fragte er seine neue Bekannte, nachdem er das Gefragte geholt hatte.
Ihre blauen Augen strahlten ihn an in diesem Moment und zeigten ihm ihre Dankbarkeit.
„Sie sind lieb, wissen sie das? Ich verstehe das alles nicht. Ich war eher klein, wissen sie? Und jetzt bin ich solch ein Elefantenbaby?“
Sie hielt sich eines der Tücher vor ihr mächtiges Dekolleté und tatsächlich bedeckte es nur die Hälfte davon.
„Wie kann ich ihnen jetzt helfen?“ Fragte er sie unsicher.
Sie blickte ihn erstaunt an. Sie wusste es ja selbst nicht genau.
„Sehen sie vielleicht einen Reißverschluss oder irgendwelche Knöpfe?“
Maximilian untersuchte ihren Körper genau, fand aber nichts dergleichen. Stattdessen berauschte er sich an ihren Duft, der blumig und markant auf ihn wirkte.
„Sie riechen gut, wissen sie das? Haben sie das Parfüm irgendwo gefunden?“
„Ich nehme gar keins.“ Sie roch an ihrem Handgelenk und blickte ihn skeptisch an. „Ehrlich nicht.“
Langsam hörte er auf, sich über etwas zu wundern.
„Also ich sehe nichts, was auf einen Mechanismus hindeutet. Und wenn ich mir den Übergang an ihren Hals ansehe ..., zur Gesichtshaut meine ich.“
Ihre Porenhaut schien nahtlos in die ihres Gesichtes überzuwechseln.
„Aber das kann doch nicht sein. Helfen sie mir aus dem Ding heraus, bitte!“ Sie flehte ihn an und ihre Tränen flossen in Strömen ihre Wangen herunter.
„Wanda! Beruhigen sie sich. Wir klären das alles, einverstanden?“
Er fasste sie an ihren Unterarm und streichelte vorsichtig über diese seltsame Porenhaut hinweg.
Sie schrak auf und entzog sie ihm dabei so energisch, dass sie beinahe von der Bank heruntergerutscht wäre.
„Entschuldigen sie, ich wollte ihnen nicht ...“ Versuchte Maximilian, sich bei ihr zu entschuldigen.
Ihre hellblauen, stark geröteten Augen starrten ihn entgeistert an.
„Ich fühle sie!“
Maximilian stutzte.
„Wie meinen sie das?
„Wenn sie mich anfassen! Das ist mir vorher gar nicht so bewusst geworden, aber ich spüre ihre Berührungen sehr intensiv.“
Sie blickte sich suchend um.
„Gibt es hier einen Spiegel, in dem ich mich sehen kann?“
Maximilians Blick wanderte zu den kleinen Spiegeln hinüber, die sich über den Waschbecken auf der anderen Seite des Raums befanden. Tatsächlich waren sie aber um einiges zu niedrig angebracht worden, als das sich Wanda in ihnen ungehindert hätte betrachten können.
„Nein, einen für sie Geeigneten leider nicht. Aber ich habe eine Idee, wie sie sich dennoch in Augenschein nehmen können.“
Wanda blickte ihn schweigend an, hob betont vorsichtig ihren Unterarm zu ihrem Gesicht hinauf und wischte sich, wie in Zeitlupe, über die Augen. Ihre Tränen liefen unentwegt, während sie selbst mit aller Anstrengung ihre Fassung zu bewahren suchte. Wenigstens schlug sie sich dieses Mal nicht dabei.
„Kommen sie mit. Vielleicht wird ihnen leichter, wenn sie sich im Ganzen sehen können.“
Sie atmete tief durch und nickte ihm zu. Selbst jetzt im Sitzen, war sie fast genauso groß wie er.
„An ihre Größe werde ich mich erst noch gewöhnen müssen. Geht´s?“ Fragte er sie.
Sie stand vorsichtig auf, ließ sich von Maximilian helfen und hielt ihn weiter an seiner Hand fest. Es sah jetzt vollends so aus, als ob ein kleiner Junge neben seiner Mutter herlaufen würde.
„Ihre Hand fühlt sich überhaupt nicht kalt an. Eigentlich sogar sehr warm.“
Wanda schien von seinen Feststellungen nichts mehr hören zu wollen.
„Bitte, können wir erst einmal nicht mehr davon sprechen?“
Maximilian versprach es ihr und führte sie in einen kleinen Raum hinein, der vor der Katastrophe als Konferenzraum gedient hatte. Er bat sie vor einer Leinwand stehen zu bleiben, holte einen Laptop aus dem Großraumbüro, verband es mit einer Stromsteckdose und klappte es auf. Er richtete dabei die kleine Webcam auf Wanda und hoffte, dass ihre Qualität zu diesem Zweck ausreichte.
„Noch einen kleinen Moment dauert es, dann können sie sich betrachten.“
Sie antwortete ihm nicht, zeigte ihm aber durch ein Nicken an, dass sie ihn verstanden hatte.
Langsam heizte sich die Projektorlampe des Beamers auf, dann warf er einen erst sehr matten, dann zusehens helleren Schein an die Wand. Sein Lüfter sprang an und ließ ein weiches Rauschen hören. Schon wurden blasse Schemen eines Frauenkörpers erkennbar, dann erste klare Konturen.
„Wer hat mir das angetan?“ Fragte Wanda verstört.
Maximilian hatte jede ihrer Reaktionen genau beobachtet. Erst hatte sie schockiert ihr Abbild angestarrt, dann sich angewidert davon abgewendet.
„Ich weiß es nicht. Aber vielleicht finden wir es noch heraus?“
Wanda zögerte, dann drehte sie sich noch einmal zu ihrem Spiegelbild an der Wand um.
„Mein Gesicht, es sieht ganz gut aus, oder?“ Ihre Stimme klang versöhnlicher.
„Es ist sehr hübsch, ja.“ Stellte Maximilian fest.
Vorsichtig hob sie ihre Hand an die Stirn und strich sich über die Augenbrauen.
„Ich kann alles fühlen und spüren. Dieses Ding dort, das bin tatsächlich ich.“
Sie kam mit dieser Erkenntnis nur sehr schwer zurecht.
„Finden sie meinen Körper anziehend?“
Maximilian blickte sie überrascht an.
„Warum fragen sie mich das?“
„Na ja, sie haben mir vorhin auf meine Brüste gestarrt und ...“
Er druckste herum und wusste nicht, was er ihr zur Antwort geben sollte. Schließlich rang er sich doch dazu durch, bei der Wahrheit zu bleiben.
„Sie entsprechen so ziemlich dem Ideal, ja.“
Wanda nahm es hin, drehte ihren Oberkörper ein wenig seitlich ein und strich sich über ihre ausladende Hüfte.
„Ich war eher ein wenig mollig, wissen sie? Nicht viel, aber vielleicht hätte ich mir gewünscht, ein wenig so auszusehen wie jetzt.“
Sie zog einen der Stühle vom Konferenztisch weg, ließ sich darauf nieder, doch gab dieser sofort mit lautem Krachen nach. Wieder stürzte sie und blieb verdutzt auf den Boden sitzen.
„Das gibt es doch nicht!“
Maximilian half ihr erneut auf und schlug vor, sich auf den massiven Tisch zu setzen. Wanda weinte und hielt sich beide Hände vor das Gesicht.
„Ich halte das nicht aus. Ich wünschte, ich wäre tot.“ Ihre Stimme klang gebrochen und weinerlich.
Maximilian konnte sie gut verstehen. Wie oft in den letzten Jahren hatte er sich ähnlich gefühlt, wie sie in diesem Augenblick. Überfordert von den Umständen, die er erst langsam mit der Zeit gelernt hatte für sich zu akzeptieren.
„Sie haben mir heute viel Hoffnung und Glück geschenkt, wissen sie das eigentlich?“
Sie senkte ihre Hände und blickte über sie hinweg zu ihm rüber.
„Wie das denn?“
„Sie sind seit dreißig Jahren der erste Mensch, mit dem ich mich unterhalten kann.“
„Dreißig Jahre?“ Die Riesin sah ihn an, als ob sie an seinen Verstand zweifeln würde.
„Wanda, ich möchte sie nicht weiter quälen, von daher ...“
„Sagen sie schon! Was ist passiert?“ Bat sie ihn schließlich.
„Es hat einen Atomkrieg gegeben, mehr weiß ich selbst nicht.“
„Ich kann das nicht glauben, ich meine wie ...“
Maximilian unterbrach sie und erzählte ihr kurz zusammengefasst von der Weihnachtsfeier seines Betriebes. All seine Kollegen waren oben geblieben, um im alten Vereinshaus miteinander zu feiern und es sich gut gehen zu lassen. Er allein war zurückgeblieben, mit dem Versprechen seiner engsten Freunde ihn zwei Stunden später abzulösen. Auch zwei Mitarbeiter vom Geheimdienst teilten sein Schicksal, doch nachdem von oben keine Nachricht mehr eingegangen war, sind sie mit dem Fahrstuhl hochgefahren, um nachzusehen. Sie ließen ihn zurück, weil sie mit einem Terroranschlag gerechnet hatten und er keinerlei militärische Erfahrung besaß.
Mit zittriger Stimmer berichtete er Wanda von dem Schlüsselmoment.
„Kaum das sich die Schleusentür hinter ihnen geschlossen hatte, habe ich die Nachricht von den Umweltsensoren bekommen. Innerhalb kurzer Zeit hatte es fünf riesige Temperaturausschläge gegeben, so heiß wie die Oberfläche der Sonne. Ab diesen Zeitpunkt gab es kein Anzeichen dafür, dass über mir noch etwas am Leben war.
„Wir sind hier unter der Erde?“ Fragte Wanda schockiert und blickte sich instinktiv nach Fenstern um. „Haben sie nicht versucht, wieder hinaufzugelangen?“ Ihre Stimme überschlug sich.
Maximilian verneinte.
„Nein. Der Weg zur Schleuse ist blockiert. Die Türen gehen nicht mehr auf.“
„Kann es nicht sein, dass diese Sensoren ...“
Maximilian schüttelte seinen Kopf. Diese Fragen kannte er alle schon. Er hatte sie sich selbst oft genug gestellt.
„Ich fürchte nicht. Es gibt keine Verbindungen mehr nach außen, trotz vierfacher Redundanz. Keine Zwischenstelle antwortet mehr, auch keiner der Netzknoten.“