Kitabı oku: «Pucki», sayfa 20

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Frau Sandler rief zum Kaffee. Da stürmte Hedi davon, kam mit hochroten Wangen wieder und trug in beiden Armen das riesige, vollgestopfte Kissen.

»Vati«, sagte sie strahlend, »jetzt wirste weich im Rücken sitzen. Das habe ich alles ganz allein gemacht! – Guck, hier musst du es anbinden, und dann musst du dich dransetzen. – Ist es nicht herrlich?«

»Wirklich ganz herrlich«, sagte der Förster. »Was soll das vorstellen, Pucki?«

»Nun, ein Rückenkissen für dich!«

»Wirklich fein!« Der Förster wollte es auf den Stuhl legen, doch wagte er nicht, sich darauf zu setzen. Das Kissen musste ja zerplatzen.

»Aber Vati, das ist doch nicht zum Draufsitzen, es ist für den Rücken. – Sieh mal – so! Und nun setz dich mal hin.«

Herr Sandler setzte sich wieder, doch das Kissen, das Pucki an die Rückenlehne hielt und anzubinden versuchte, stand wegen seiner Fülle so weit vor, dass der Förster, als er sich auf dem Stuhl niederließ, den Oberkörper weit nach vornüber biegen musste. Wie ein Häufchen Unglück saß er da.

Pucki verschränkte die Arme und betrachtete den Vati.

»Ist's fein?« fragte sie zaghaft.

»Ganz herrlich!« klang es zurück.

Obwohl Sandler sehr unbequem saß, ließ er das Kissen ruhig an seinem Platz. Er konnte es nicht übers Herz bringen, seiner Pucki die Enttäuschung zu bereiten, dass ihr Rückenkissen in dieser Form einfach unbrauchbar sei.

3. Kapitel: Freude für alle

Jubelnd wurde der Sohn des Oberförsters Gregor, der Student Claus Gregor, von Pucki in der Försterei begrüßt. Stolz wies sie auf das goldene Herzchen, das sie am Halse trug.

»Es ist noch nicht ganz schwarz geworden, großer Claus, ich habe es immer am Halse baumeln, und immer denke ich an dich. Du bist mein allerbester Freund!«

»Ich freue mich, meine kleine Pucki wiederzusehen«, entgegnete der Student. Jedes Mal, wenn er zu den Ferien heimkam, ging er ins Forsthaus, um das kleine Mädchen aufzusuchen, das er schon lange kannte.

»Weißt du auch, großer Claus, dass Freundschaft etwas sehr Schönes ist? Eine Freundschaft muss dauern, bis man alt ist, und du bleibst mein Freund, bis ich hundert Jahre geworden bin.«

»Aber freilich, Pucki.«

»Und weil du mein bester Freund bist, Claus, musst du mir auch in mein Poesiealbum einen schönen Vers schreiben. In mein Tagebuch schreibe ich dann, dass du mein Freund bist und bleibst. – Willst du mir einen Vers schreiben?«

»Gerne, Pucki, du kannst mir dein Album bringen, ich nehme es mit heim, und wenn du in den nächsten Tagen zu uns kommst, wird der Vers im Buche stehen. Soll mein Bruder Eberhard auch etwas einschreiben?«

»Meinetwegen«, sagte Pucki gleichgültig, »er ist zwar nicht mein Freund, aber in Muttis Album stehen auch so viele Kinder, die nicht mehr ihre Freunde sind.«

»So lauf und hole das Album«, sagte er lachend.

»Ich habe doch noch keins! Erst wenn ich Geburtstag habe, großer Claus, wünsche ich mir eins von dir. Und weil ich noch lange nicht Geburtstag habe, wünsche ich es mir schon jetzt, weil es mir doch so viel Freude macht, und weil du einen Vers hineinschreiben sollst.«

Claus Gregor lachte belustigt. »Ich soll dir ein Poesiealbum schenken?«

Pucki nickte. »Ach ja! Die Freundin von Mutti hat ihr mächtig viel Geld geschenkt, damit sie was lernen kann. Und wenn jemand einen Freund hat, oder wenn du eine Freundin hast, musst du auch was geben.«

»Eigentlich wollte ich dir zum Wiedersehen etwas anderes schenken, Pucki, da du aber durchaus ein Poesiealbum haben möchtest, sollst du es übermorgen, wenn du zu uns kommst, von mir bekommen.«

»Wenn du mir noch was schenken willst, großer Claus, nehme ich auch das mit, wenn ich übermorgen zu dir komme.«

»Ach nein, Pucki, immer hübsch eins nach dem anderen! Was ich dir zugedacht hatte, bekommst du nun erst im Sommer.«

Pucki fragte mehrmals, was er ihr denn hätte schenken wollen, aber Claus schwieg beharrlich.

»Ach, ich weiß«, sagte sie schließlich, »du schenkst mir ein Schaukelpferd oder ein Tagebuch oder eine Puppe, die sprechen kann, wenn man sie auf den Bauch drückt oder – – einen kleinen Wagen, auf den ich Holz laden kann – – oder eine große Trompete, wie sie der Paul Niepel hat. Ach, großer Claus, schenke mir doch noch eine Trommel dazu, die macht so schön Radau, und dann noch ein Kätzchen mit einem weißen Fell. Wenn du willst, kannst du mir auch noch einen kleinen Möbelwagen schenken, wie er beim Kaufmann Puche in Rahnsburg steht.«

»Bescheiden bist du gerade nicht, Pucki. Ein kleines Mädchen darf sich nicht so viel auf einmal wünschen.«

Das Kind hielt sich mit beiden Händen den Mund zu. »Jetzt rutscht auch kein Wunsch mehr 'raus, großer Claus, und wenn mir später noch was einfällt, sage ich es dir ganz leise.« –

Voller Ungeduld erwartete das Försterkind den Mittwoch, an dem es mit der Mutter und Waltraut nach der Oberförsterei gehen sollte. Pucki wollte das kleine Reh, Harras und den geliebten Kater Peter mitnehmen, aber der Vater erlaubte es nicht.

»Du hast in der Oberförsterei den Greif, mit dem du spielen kannst.«

»Und den großen Claus. Der ist mir noch viel lieber als das Kätzchen, Mutti. Der Claus schenkt mir ein Poesiealbum, dann schreibt er gleich einen Vers von der Freundschaft hinein.«

»Pucki, du darfst nicht so aufdringlich sein. Du bist ein achtjähriges Mädchen, und der Claus ist schon ein junger Herr, der anderes im Kopf hat, als mit so kleinen Mädchen zu spielen. Du darfst auch nicht immer Wünsche äußern. Eines Tages wird Claus ärgerlich sein, dann kommt er nicht mehr ins Forsthaus.«

Pucki kniff die Augen zusammen und lachte hellauf. »Hast du 'ne Ahnung, Mutti! Der Claus ist doch mein bester Freund, er freut sich fürchterlich, wenn er nach der Försterei kommt. Wirklich, Mutti, ich weiß das!« –

Kaum hatten die Gäste die Oberförsterei betreten, als Pucki auf Claus Gregor zustürmte und lebhaft rief:

»Du kommst doch gerne zu mir, nicht? Mutti meint, du wirst böse, wenn so ein kleines Mädchen wie ich mit dir spielen will?«

Claus Gregor hob das Kind empor, schwenkte es durch die Luft und sagte lachend: »Nein, kleine, liebe Pucki, der große Claus wird nie böse, er hat dich herzlich lieb.«

Hedi drehte sich zur Mutter um: »Hast du es nun gehört?«

Sehr bald fragte sie nach dem Poesiealbum. Mit hellem Entzücken betrachtete sie das kleine blaue Buch, das ihr Claus reichte. Auf dem Deckel stand, genau wie bei dem Buch der Mutti, das Wort »Poesie-Album«.

Pucki drückte das Buch ans Herz und sprang damit wie unsinnig vor Freude im Zimmer umher. Dabei rief sie laut: »Nun habe ich auch ein Buch von der Freundschaft!«

»Waltraut will auch so ein Buch haben«, klang es.

»Pah«, sagte Pucki ein wenig verächtlich, »du Dummsack bist noch viel zu klein, um zu wissen, was Freundschaft ist.«

Dann schlug sie das Buch auf und las:

»Willst du glücklich sein im Leben,

Trage bei zu anderer Glück,

Denn die Freude, die wir geben,

Kehrt ins eigene Herz zurück.

Seiner kleinen Freundin in herzlicher Liebe

der große Claus.«

Pucki las den Vers andächtig zweimal durch. »Das ist gewiss sehr was Schönes, großer Claus, was du mir da 'reingeschrieben hast. Das ist so was Ähnliches, wie ich mal auf einem Wandbrett gelesen habe: Beglücke du, dann wirst du glücklich sein!«

»Ja, Pucki, das ist ganz dasselbe. Da ich weiß, wie gerne du immer bereit bist, anderen etwas Liebes zu erweisen, habe ich für dich diesen Vers ausgesucht. Den sollst du während deines späteren Lebens beherzigen und immer daran denken, dass man nur dann recht glücklich sein kann, wenn man andere Menschen glücklich macht. Wenn wir sehen, dass wir andere froh machen, ist unser Herz – –«

»Ich weiß, ich weiß«, schrie Pucki begeistert, »als die vielen Kinder bei uns Waffeln gegessen haben, war ich auch froh. Und als die Rose Scheele bei uns war und – und – als ich der Schmanzgroßmutter endlich eine Geschichte vorlesen konnte – –« Pucki neigte sich wieder über das Poesiealbum und las noch einmal:

»Denn die Freude, die wir geben,

Kehrt ins eigene Herz zurück.

Ja, großer Claus, jetzt weiß ich, wie das ist. Und ich werde auch überall Freude geben, weil du es hier hineingeschrieben hast.«

»Nicht deswegen, Pucki, das muss man ganz aus sich selbst heraus tun.«

Pucki nickte: »Ja, großer Claus.« Dann fragte sie: »Hat der Eberhard auch etwas eingeschrieben?«

Sie schlug die Seite um und las:

»Unsere Freundschaft, die soll brennen

Wie ein dickes Dreierlicht,

Freunde wollen wir uns nennen,

Bis der Greif französisch spricht!

Dies schrieb Dir zur Erinnerung Dein Dich herzlich

liebender Eberhard Gregor.«

Pucki lachte hellauf. »Hahaha, der Greif soll französisch sprechen? Er ist zwar ein hübscher Hund, aber – – so ein Quatsch! Greif, komm mal rasch her!«

Schweifwedelnd umsprang der Jagdhund das kleine Mädchen. Pucki nahm ihn bei den Ohren: »Kannst du Französisch?«

»Wau, wau, wau«, bellte der Hund.

»Wau, wau, wau, hat er gesagt, das ist doch kein Französisch. Aber nun kommt, ich möchte gern zu eurem schönen Auto gehen.«

Der Rundgang durch den großen Hof und die vielen Ställe begann. Jedem Tier erwies Pucki eine Liebkosung. Ganz plötzlich blieb sie stehen. In einer Ecke des Hofes saß ein alter Mann auf einem Klotz und spaltete Holz. Er schien weder Claus noch das kleine Mädchen zu beachten.

Hedi schaute ihm längere Zeit aufmerksam zu, denn es sah gar zu lustig aus, wenn das Holz in kleinen Stücken nach rechts und links flog. Daheim kamen auch mitunter zwei Männer, die die großen Holzstücke zersägten und zerschlugen, doch bei dem alten Manne ging es viel schneller.

»Weidmannsheil, lieber Mann!« rief Pucki.

Der Alte hackte wortlos weiter. Pucki trat noch einige Schritte näher heran.

»Weidmannsheil!« klang es noch einmal erheblich lauter.

Der Alte hob nicht einmal den Kopf, er ließ sich in der Arbeit gar nicht stören. Da stellte sich Pucki dicht vor ihn hin und sagte mit ganz lauter Stimme:

»Weidmannsheil, alter Mann!«

Nun erst hielt der Mann im Arbeiten inne. Er nickte dem kleinen Mädchen freundlich zu, antwortete aber immer noch nicht.

»Weidmannsheil!« rief da Pucki zum vierten Male.

Der Mann begann schon wieder mit dem Holzhacken. Da lief Pucki zu Claus zurück, der etwas abseits stehen geblieben war, und sagte unwillig: »Den alten Mann kann ich gar nicht leiden, der sagt ja nichts!«

»Das ist ein sehr lieber alter Mann, Pucki, er kommt schon seit vielen Jahren in die Oberförsterei und zerkleinert das Holz. Es ist der gute Vater Haegler. Leider kann er nicht hören.«

»Warum hört er denn nicht?«

»Weil er taub ist, kleines Mädchen. Das ist sehr traurig, und darum hat er deinen Gruß auch nicht beantwortet.«

Die blauen Kinderaugen richteten sich voller Entsetzen auf den Arbeitenden. »Taub ist er? – Großer Claus, kann er gar nichts hören? Auch nicht, wenn das Holz kracht?«

»Das hört er vielleicht noch ein klein wenig. Man muss aber sehr laut sprechen, wenn er etwas verstehen soll.«

»Wenn er taub ist, kann er doch auch die Vöglein nicht singen hören?«

»Nein, Pucki, das kann er leider nicht.«

»Und wenn die Leute zusammen reden – hört er das auch nicht?«

»Nein, auch nicht.«

»Aber wenn mal Musikanten kommen und Musik machen?«

»Das wird er auch nicht hören können.«

»Schrecklich«, klang es nach einiger Zeit, »dann hat er doch gar keine Freude. Ich freue mich immer, wenn die Vöglein singen und wenn eine Musik kommt.«

»Darum muss man immer sehr gut zu dem tauben Manne sein, liebe Pucki.«

Pucki suchte in der Tasche ihres Kleidchens. Schließlich zog sie ein Stückchen Zucker hervor. »Es ist zu dreckig, das schmeckt ihm nicht mehr. – Aber nachher, wenn wir bei euch guten Kuchen bekommen, schenke ich ihm ein Stück. Du musst mir oft Kuchen hinhalten, Claus, und dann immer sagen: Nimm doch! Dann bekommt der taube Mann etwas von mir, und dann freut er sich.«

Als die beiden weitergingen, wandte sich Pucki noch mehrmals nach dem tauben Manne um. Es schien ihr furchtbar, dass der taube Holzhacker nichts von dem schönen Gezwitscher der Vöglein hören konnte. Sie überlegte, ob denn gar keine Möglichkeit bestünde, ihm auch einmal eine Freude zu machen. – Ja, wenn sie die schöne Trillerpfeife hätte, mit der der Vati den Harras herbeirief, die würde er hören können, und dann würde sich der alte Mann gewiss sehr freuen.

Ganz plötzlich jauchzte sie auf. Ein glücklicher Gedanke schoß durch ihren kleinen Kopf.

»Hackt der Mann morgen wieder?« fragte sie.

»Ja, Pucki, morgen und noch viele Tage.«

»Au, das ist fein! Na, der wird sich aber freuen!«

»Worüber denn, Pucki?«

»Ach, das sage ich dir später. Du wirst dich dann auch freuen. – Weißt du, großer Claus, wir sollen doch anderen Leuten Freude machen – ach, wird der aber lachen!«

»Was hast du denn vor?«

Aber das Kind verriet nichts, nur das Gesicht strahlte wie Sonnenschein.

Schon auf dem Heimwege bettelte Hedi um die Erlaubnis, morgen nachmittag zu Niepels gehen zu dürfen.

»Mutti, du musst es erlauben! Wir wollen jemandem eine Freude machen.«

»Wird's auch keine Dummheit?«

»Aber Mutti«, sagte das kleine Mädchen entrüstet.

»Willst du mir nicht sagen, was du vorhast?«

»Ach, Muttilein«, schmeichelte das Kind, »es macht noch viel mehr Spaß, wenn wir es dir erst hinterher sagen.«

Als Pucki am anderen Tage aus der Schule heimkehrte, eilte sie zu Minna in die Küche und schaute mit prüfenden Blicken auf den Küchenrahmen, an dem die verschiedensten Küchengeräte hingen.

»Minna, gib mir doch mal den Trichter und die große Holzkeule 'runter.«

»Was willst du damit machen, Pucki?«

»Freude machen«, klang es wichtig.

Nur zögernd reichte Minna dem Kinde die gewünschten Gegenstände, und als nach einer Stunde der Niepelsche Wagen ankam, um Pucki nach dem Gute zu holen, schleppte sie Holzkeule und Trichter mit sich.

»Fein wird's, Mutti!«

Mit den Drillingen, denen Puckis Kommen mitgeteilt worden war, fand eine heimliche Beratung statt.

»Weil er doch gar nichts hört, weil er nur hört, wenn man ganz laut was sagt, müssen wir ganz laute Musik machen. Du kommst mit deiner Trommel, Fritz, du nimmst deine Trompete, Paul, und der Walter die schöne Knarre. Ich habe die Tute, und dann holen wir noch 'ne Blechkanne von Onkel aus der Küche, auf die hau' ich mit der Keule. Das ist dann die Pauke, wie wir sie damals auf dem Rummelplatz gesehen haben.«

»Ich hab' noch 'ne Pfeife«, schrie Paul.

»Und ich hab' noch eine andere Trommel!«

»Und ich nehme zwei Blechdeckel, die knall' ich zusammen!«

»Au fein, so wird es gehen! Dann schleichen wir ganz leise an den tauben Mann heran, und – bums, da geht es los! – Na, der wird sich freuen, mal 'ne Musik zu hören!«

Die Niepelschen Knaben waren von diesem Plan begeistert. Als gar zu viel aus der Küche getragen wurde, erschien Frau Niepel und fragte, was die Vorbereitungen zu bedeuten hätten.

»Wir sind eine Kapelle, Tante«, rief Pucki begeistert, »eine große Musikkapelle mit viel Radau. Jetzt fahren wir mit dem weißen Pferdchen zur Oberförsterei, und dann geht's mächtig los!«

Nachdem Frau Niepel erfahren hatte, dass es sich um einen harmlosen Spaß handelte, beschloss sie, den Kindern die Freude zu lassen, vorher aber Frau Gregor zu verständigen, dass die kleine Horde in einer Viertelstunde ankommen würde, um dem alten Holzhacker auf ihre Weise eine Freude zu bereiten.

Frau Gregor war ebenfalls einverstanden und meinte, sie wolle ein wachsames Auge auf die Kinder haben.

Vom Fenster aus sah sie, wie die Kinder ankamen und ihre Instrumente vom Wagen nahmen. Paul hatte im letzten Augenblick noch eine große Milchkanne ergriffen und auf den Wagen gesetzt, damit der Taube die Pauke recht gut hören sollte. Walter zog verschmitzt lachend unter dem Sitz eine große Klingel hervor.

»Die habe ich in dem Hausflur abgerissen. – Na, die macht Krach!«

Dann lugten die Kinder vorsichtig in den Hof. Richtig, dort saß wieder der alte Vater Haegler und hackte Holz. Ein großer Haufen war neben ihm aufgetürmt. Im Bogen schlichen sich die Kinder heran. Kanne, Töpfe, Trommel, die Klingel, der Trichter, und was sie sonst noch mitgebracht hatten, alles wurde verteilt. Es waren weit mehr Instrumente vorhanden, als versorgt werden konnten. So erfolgte erst eine längere Beratung, wie sie es machen wollten, um möglichst viel Krach zu schlagen.

»Ich bin der Kapellmeister«, schrie Paul, »ich gebe mit der Klingel das Zeichen, wenn es losgeht!«

»Die Klingel hab' ich mitgebracht, ich klingle«, brüllte Walter.

»Macht doch keinen Krach«, rief Pucki, »macht lieber Musik, damit sich der alte Mann freut!« Dann griff sie nach Pauls Trompete, in die andere Hand nahm sie die Knarre und rannte damit nach vorn, so dass sie unmittelbar hinter dem alten Haegler stand, und blies los. Walter klingelte wie rasend, Fritz hieb auf die Trommel, Paul bearbeitete die Milchkanne mit einem Fleischklopfer, kurzum, es entstand ein Höllenlärm. Dazu sang Pucki mit ihrer schrecklich krähenden Stimme: »Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus.«

Der alte Mann ließ die Axt sinken und blickte sich verdutzt um.

»Er hört es!« schrie Pucki, vom angestrengten Blasen krebsrot im Gesicht. »Macht es dir Freude, alter Vater?«

Das erste, was in Stücke ging, war die Trommel. Fritz glaubte, mit den Schlegeln nicht genügend Lärm zu machen, und hatte ein Stück Holz ergriffen und damit die Trommel nach Leibeskräften bearbeitet. Der Boden der Milchkanne wies bereits zahlreiche Beulen auf, doch unentwegt hämmerte Paul darauf los.

Der alte Holzhacker lachte über das ganze Gesicht. Da ließ Pucki die Trompete sinken und schaute ihn aufmerksam an.

»Er freut sich«, sagte sie glücklich, »und ich freue mich auch. Nun denkt er, er hört die Vöglein im Walde singen.« Dann trat sie dicht an den alten Mann heran und schrie ihm ins Ohr: »Hörst du die Vöglein singen? War es schön?«

»Ei, ei, wie schön! Du liebes, kleines Ding.«

»Er hört mich«, jauchzte Pucki, »nun bin ich wieder so froh, wie damals, als die vielen Kinder bei uns die Waffeln gegessen haben!«

In der Oberförsterei stand Gregor mit seiner Frau und den beiden Söhnen am offenen Fenster. Sie lachten herzlich.

»Wenn die Milchkanne heil heimkommt, lass ich mich fressen«, sagte der Oberförster. »Der Bengel drischt ja darauf herum, als wenn er Steine klopfen wollte.«

Bis ins Wohnzimmer hörte man Puckis kreischende Frage: »Willst du, dass wir noch einmal Musik machen?«

Und wieder brach der Höllenlärm los. »Immer doller«, schrie Pucki, »damit er recht gut hört!«

Plötzlich flog die Kugel des Fleischklopfers vom Stiel. Da griff auch Paul zu einem Stück Holz, um damit die Milchkanne weiter zu bearbeiten.

»Ich kann nicht mehr«, sagte Pucki schließlich und atmete tief. Die Trompete flog auf die Erde, und nun schlug auch sie mit den Fäusten auf die Milchkanne ein.

»Jetzt machen wir, wie wenn's regnet, und es geht immer: Tropf, tropf! Das soll er auch noch mal hören.«

Bum – bum – bum fielen die Schläge auf die Milchkanne, und wieder schrie Paul dem alten Haegler die Frage ins Ohr:

»Hörst du, wie's regnet?«

Der alte Haegler hatte die Arbeit unterbrochen und schaute auf die sich wie wild gebärdenden Kinder. Und weil es gar so drollig aussah, wie sich alle aus Leibeskräften anstrengten, lachte auch er.

»Jetzt hab' ich genug Glück«, sagte Pucki endlich und hielt im Schlagen inne. »Ach, das war fein!«

Walter kam mit der großen Klingel und schüttelte sie dicht am Ohr des tauben Mannes. Der fuhr entsetzt zurück.

»Er hört es«, jubelte Pucki erneut, hüpfte von einem Bein auf das andere, hielt dann aber erschrocken inne und schaute zu Boden. Die schöne Trompete, auf der sie eben geblasen hatte, war zerbrochen. »Aus ist's«, klang es traurig. »Kaputt! – Ach, dass die schönen Sachen immer gleich kaputt gehen müssen!«

Greif, der Jagdhund, hatte das Konzert mit wütendem Gebell unterstützt, und als jetzt Oberförster Gregor in den Hof trat, eilte Pucki auf den Hund zu, umarmte ihn stürmisch und schrie in heller Begeisterung: »Hast du auch unsere Musik gehört? – Nächstens kommen wir wieder!«

»Nun kommt mal ins Haus, ihr kleinen Musikanten, trinkt einen Schluck Limonade und eßt ein Stück Kuchen. Ihr habt eure Sache sehr schön gemacht, nur dürft ihr die Milchkanne nicht zerschlagen. Solch eine Kanne kostet viel Geld.«

»Ach was, mein Vater hat tausend«, meinte Paul.

»Tausend hat er nicht, du Aufschneider, außerdem darf man fremde Sachen nicht mutwillig zerschlagen.«

Als die Kinder dann den Kuchen erhielten, stieß Pucki den großen Claus an. »Halte mir mal noch ein Stück hin.«

Der große Claus legte dem Kinde drei große Kuchenstücke auf den Teller. Hedi sprang sogleich auf und lief hinaus. Im Hof legte sie dem alten Haegler zwei große Stücke auf den Holzklotz.

»Soll ich sie haben, du liebes Kind?« fragte er freundlich.

»Ja«, schrie Pucki aus Leibeskräften. Dann lief sie zurück ins Haus.

Der Niepelsche Kutscher mahnte schließlich zur Heimfahrt. Die Kinder sagten auf Wiedersehen und kletterten auf den Wagen.

»Na«, meinte der alte, langjährige Kutscher, »wollt ihr denn nicht eure Instrumente mitnehmen? Sollen die hierbleiben?«

»Ach«, meinte Walter, »die Trompete ist kaputt, die Trommel auch, das kann hierbleiben.«

»Ihr liederliches Volk«, schalt Oberförster Gregor, »hier bleibt nichts liegen. Alles, was ihr hergebracht habt, nehmt ihr hübsch wieder mit!«

Nun ging es ans Suchen. Der Stiel der Holzkeule war nicht zu finden; wahrscheinlich war er unter das zerkleinerte Holz geraten. Ebenso fehlte der Trichter. Die Knarre fand man zertreten vor. Von der Trommel waren nur noch Stücke vorhanden.

Schließlich mussten Claus und Eberhard nach dem Trichter und dem Stiel suchen.

»Ladet alles ordentlich auf«, sagte der Oberförster. Er duldete es nicht, dass seine Söhne bei dieser Arbeit halfen.

Die drei Knaben mussten die zerbeulte Milchkanne allein auf den Wagen heben.

»Ich glaube«, sagte Fritz ein wenig kleinlaut, »der Vater wird bei uns auch den Trommler machen. Wir werden wohl was abkriegen.«

»Und Minna wird auch schelten«, meinte Pucki sorgenvoll. »Zu schlimm, dass immer auf eine große Freude großer Kummer folgt.«

Der Kummer folgte auch wirklich. Die Niepelschen Knaben erhielten eine Stunde Stubenarrest, und Pucki wurde von Minna gehörig ausgescholten. Aus der Sparbüchse wurden ihr fünfzig Pfennige genommen, und davon kaufte Minna einen neuen Stiel für den Fleischklopfer.

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