Kitabı oku: «Pucki», sayfa 6

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6. Kapitel: Jahrmarktsfreuden

Pucki war seit Tagen in größter Aufregung. In Rahnsburg wurde am kommenden Dienstag der Jahrmarkt abgehalten, zu dem allerlei Buden errichtet wurden. Im vorigen Jahre waren die Eltern mit dem kleinen Mädchen nicht dort gewesen, weil Pucki in dieser Zeit an Masern krank zu Bett lag. Die drei Niepelschen Buben wussten von den Wundern dieses Tages so viel zu erzählen, dass es Pucki kaum noch aushalten konnte.

»Eine Bude mit Affen ist da, und würfeln kann man. Auch in einer Bude kann man schießen. Überall gibt es Pfefferkuchen und Bonbons, und auch noch ein Kasperletheater und tausend andere Buden.«

So schwärmten Walter und Fritz.

»Mutti, darf ich auch auf den Jahrmarkt?«

»Wenn du artig bist – ja.«

Pucki gab sich die größte Mühe, und es gelang auch. An jedem Morgen forschte die Kleine erneut, ob sie artig genug sei und wie lange es noch dauere, bis endlich Jahrmarkt wäre. Die Eltern hatten Mühe, die Ungeduld des Kindes zu zähmen.

Endlich war der ersehnte Dienstag herangekommen. Pucki war recht traurig, als sie hörte, dass sie erst am Nachmittag nach Rahnsburg zum Jahrmarkt dürfe. Onkel Niepel mit seinen drei Buben und Fräulein Irma wollten Pucki mitnehmen. Förster Sandler war dienstlich verhindert, und Frau Sandler wollte das Neugeborene nicht allein lassen. Der Gutsbesitzer versprach, auf die kleine Schar gut zu achten und Pucki am Abend wieder nach dem Forsthause zurückzubringen.

Als am Morgen die drei Buben auf dem Wagen an der Försterei vorüberfuhren, um die Schule zu besuchen, stand Pucki bereits am Zaun und wartete auf den Nachmittag. Als endlich die Knaben gegen zwölf Uhr wieder heimgefahren wurden, stand das kleine Mädchen wieder da.

»Geht's nun bald los? Habt ihr den Jahrmarkt gesehen?«

»Oh, der ist fein«, rief Walter, »die ganze Strasse steht voll Buden! Überall sind Leute drin, die feine Sachen haben. Und ein Karussell ist da. Wir essen ganz schnell Mittag, dann kommen wir mit dem großen Wagen.«

»Nicht mit dem weißen Pferdchen?«

»Nein, mit Vaters Stute.«

»O fein«, jubelte Hedi und tanzte im Garten umher. »Mit Vaters Stute! Ich hab' die Stute auch gern. – Gibt's auch ganz große Pfefferkuchen auf dem Jahrmarkt?«

»Du – ein Kasperletheater ist auch da, aber das war noch zu. Der Paul wollte hinter den Vorhang gucken, da hat er was auf die Finger bekommen.«

»Was macht das Kasperle?« fragte Pucki. Ihre Wangen glühten vor Erregung.

»Lauter dummes Zeug! – Na, du wirst lachen!«

Der Kutscher drängte zum Einsteigen, die Kinder mussten heim zum Mittagessen. Doch es gab noch so viel zu erzählen, dass er mehrfach mahnen musste.

»Wenn ihr nicht gleich in den Wagen steigt, können wir am Nachmittag nicht rechtzeitig zum Jahrmarkt fahren.«

Pucki schob die Jungen nacheinander an den Wagen und drängelte: »So steigt doch schnell ein, Jungs, damit wir bald auf den Jahrmarkt kommen.«

Beim Mittagessen war das Kind so erregt, dass es schon nach wenigen Bissen den Löffel niederlegte und meinte, es sei nun satt.

»Pucki, du wirst erst aufessen! Fisch ist so gesund, er schmeckt so gut – –«

»Nein, Mutti, der Fisch hat heute so viel Gräten. Ich mag aber die Gräten nicht essen, Mutti, mein Bäuchlein will sie nicht!«

»Dann darfst du auch nicht auf den Jahrmarkt.«

Seufzend ass Pucki weiter. Heute schmeckte das Essen nicht, die Kleine dachte beständig an den Jahrmarkt, und als gar ein Wagen vorüberfuhr, sprang sie stürmisch vom Tisch auf.

»Onkel Niepel mit der braunen Stute ist da!«

Es war aber nicht Onkel Niepel mit der braunen Stute, denn der Wagen rollte vorüber.

»Kommt er denn noch nicht?« seufzte Pucki und sah sorgenvoll durchs Fenster.

»Eines bitte ich mir aus«, mahnte der Vater ernsthaft, »du bist sehr artig und folgst Herrn Niepel und Fräulein Irma aufs Wort. Höre ich eine Klage, so tanzt die Rute auf unserem Pucki. Ich gebe dir zehn Pfennige, dafür darfst du dir etwas kaufen.«

»Was ich will, Vati?«

»Ja.«

»Dann kaufe ich mir Klotzpantinen!«

»Dummes Mädchen, Klotzpantinen brauchst du nicht. Ausserdem kosten sie viel mehr.«

»Mutti, weil ich so furchtbar artig war in der letzten Zeit, schenkst du mir auch noch zehn Pfennige?«

»Nein, Pucki, du hast genug.«

Das kleine Mädchen half beim Abräumen des Tisches, was es sonst niemals tat. Minna lobte das Kind. Da sagte Hedi leise:

»Weil ich doch so gerne zum Jahrmarkt will, schenke mir zehn Pfennige.«

»Ich will erst den Vater fragen, ob ich das darf.«

Pucki stieß einen Seufzer aus. »Frage mal nicht erst, er erlaubt es doch nicht. Wenn ich eine Mutti wäre, würde ich meinen Kindern noch zehn Pfennige schenken, weil es doch so ein schöner Jahrmarkt ist. Pucki möchte sehr gerne noch zehn Pfennige haben.«

»Was willst du denn dafür kaufen?«

»Klotzpantinen!«

»Die wünsche dir lieber zum Geburtstag, Pucki. Aber ich glaube, jetzt höre ich den Wagen kommen.«

»Onkel Niepel mit der Stute!«

Pucki stürmte aus der Küche, hinaus in den Vorgarten. – Richtig, es war der Niepelsche Wagen mit den drei Knaben, dem Kinderfräulein, und Onkel Niepel kutschierte selbst.

Hedi wollte ohne Hut und Mantel einsteigen, doch Förster Sandler rief das Kind zurück.

»Nicht wegfahren, Onkel Niepel, ich bin gleich wieder da!«

Auf die erneuten Ermahnungen der Eltern achtete Pucki nicht mehr. Sie war erst wieder ruhig, als sie neben den Knaben im Wagen saß.

»Ich habe soviel Geld«, sagte sie wichtig und zeigte den Knaben ihre beiden Fünfpfennigstücke, die sie krampfhaft in der kleinen Hand hielt. »Ich kaufe mir Pfefferkuchen und 'ne Lutschstange und ein Ding zum Piepen und was zum Blasen.«

»Und ich kaufe mir eine Radautrommel!«

»Und ich so'n Brülldings!«

Die Aufregung der Kinder wuchs von Minute zu Minute. Als die Stadt in Sicht kam, sagte Pucki aufgeregt: »Fahr doch 'n bisschen Galopp, Onkel Niepel, die Stute freut sich auch, wenn sie schnell zum Jahrmarkt kommt.«

»Erst fahre ich mit meinen drei Jungens zum Friseur, damit euch die Haare abgeschnitten werden.«

»Wir möchten doch auf den Jahrmarkt«, meinte Paul.

»Dafür ist noch lange Zeit. Erst geht es zum Friseur. Fräulein Irma kann mit Pucki langsam vorangehen.«

»Die hat's gut«, heulte Walter, »ich will auch mit Fräulein Irma gehen, ich will mir die Haare nicht schneiden lassen.«

»Es tut nicht weh«, beruhigte Pucki, »ihr braucht euch nicht zu fürchten.«

In der Stadt machte sich der Jahrmarktstrubel stark bemerkbar. Überall standen Buden, und Fräulein Irma hatte Mühe, die erregten Kleinen zu bändigen.

»Ich muss ausspannen, dann gehen wir zum Friseur, und dann dürft ihr zwei Stunden lang auf dem Jahrmarkt umherlaufen.«

Alles Jammern der Knaben half nichts, die drei kamen zum Friseur, während Fräulein Irma mit Pucki nach dem Jahrmarkt ging. Man hatte einen Treffpunkt verabredet. Neidvoll blickten die Buben den Davongehenden nach.

Der Friseur hatte es nicht leicht. Paul war recht ungeduldig; er wollte selbst eine Schere haben und schneiden, damit es schneller ging. Der Gehilfe, der Walter vornahm, fragte freundlich:

»Soll ich dir die Haare so schneiden, wie ich sie habe?«

Walter schaute den gut frisierten rothaarigen Mann an, schüttelte dann den Kopf und sagte: »So glatt – ja – aber schneid eine andere Farbe.«

Fritz zappelte am meisten. Der Vater musste sein Söhnchen erst tüchtig anfahren, ehe es ruhig saß. Endlich war es so weit. Man stürmte lärmend hinaus aus dem Geschäft, hin zu den Buden.

Fräulein Irma und Pucki waren schnell gefunden. Pucki zerrte das Kinderfräulein unruhig weiter. Es gab ja so viel zu sehen. Vor einer Würfelbude wurde halt gemacht. Fritz wollte würfeln, weil es hier große Pfefferkuchen gab. – Auch Pucki überlegte. Aber zehn Pfennige kostete der Wurf, und wenn man nichts gewann, war das viele schöne Geld weg.

Paul hingegen wagte es und gewann tatsächlich einen großen Pfefferkuchen. So beschloss auch Pucki ein Gleiches zu tun.

»Wo hast du dein Geld, Kleine?«

Entsetzt blickte das Kind in die beiden leeren Händchen. Dann begann es bitterlich zu weinen, so dass Herr Niepel rasch ein Zehnpfennigstück aus der Westentasche nahm, um das Leid der Kleinen zu stillen. Doch Pucki weinte weiter.

»Du brauchst doch nicht mehr zu weinen, Kind, du hast doch neues Geld bekommen.«

»Nun hätte ich zweimal Geld und könnte mir die schöne Puste kaufen und noch einen Pfefferkuchen.«

Erst als Onkel Niepel versprach, die Puste zu kaufen, beruhigte sich Pucki, weinte jedoch erneut, als sie an der Würfelbude nichts gewann.

Während man von Bude zu Bude ging, traf Gutsbesitzer Niepel seinen Viehhändler Dostal. Er begrüßte die Kinder herzlich und versprach, jedem etwas zu kaufen.

Pucki, die den Viehhändler noch niemals gesehen hatte, betrachtete ihn mit prüfenden Blicken.

»Na, Kleine, warum siehst du mich denn so an?«

»Weil ich dich nicht kenne«, sagte das Kind.

»Nun kommt, wir gehen zum Kasperletheater«, sagte Fräulein Irma.

Auf dem Rummelplatz erregte zunächst das Karussell die Aufmerksamkeit der Kinder. Dostal ließ die Kleinen einige Male fahren. Pucki fühlte sich auf dem Rücken des Pferdes sehr stolz.

»Ich bin auf der braunen Stute geritten – das war aber fein!«

Weiter ging es zu einer anderen Bude, in der ein Mann einen Leierkasten drehte. Auf dem Leierkasten saß ein Affe, der seine behaarte Hand ausstreckte, um Münzen oder Leckerbissen einzusammeln.

Vor der Kasperlebude war eine große Kinderschar versammelt. Noch war der Vorhang herabgelassen, doch ertönte soeben eine kleine Glocke, zum Zeichen, dass die Vorstellung nun bald begänne.

In atemloser Spannung wartete alles. Puckis Hand umschloss fest die ihres kleinen Freundes Paul.

»Tut er uns was, der Kasperle?«

»Quatsch! Der macht nur Unsinn!«

Endlich ging der Vorhang auf. Kasperle zeigte sich und begann mit krähender Stimme zu sprechen:

»Bimmele, bammele, hopsaßa

Kasperle ist wieder da!«

Pucki hatte noch niemals eine Kasperlevorstellung gesehen. Ihr Herzchen klopfte rascher, als Kasperle so närrische Sprünge ausführte.

»Er tut dir nichts«, beruhigte Fritz, »er ist fest im Kasten. Nachher kommt noch der Teufel und ein großes Tier, das will den Kasperle fressen. Du brauchst aber keine Angst zu haben. Ich passe gut auf dich auf.«

Kasperle erzählte den lauschenden Kindern von tollen Streichen, die er ausgeführt hatte. Die kleine Schar lachte herzlich, und auch Pucki stimmte in die Fröhlichkeit mit ein. – Dann kam Kasperles Großmutter. Sie jammerte über den ungeratenen Enkel. Sie rief ihn, und schon schoß Kasperle herbei.

»Na – Großmutter, was willst du von mir?«

»Ach, Kasperle«, zeterte die alte Frau mit der weißen Haube, »ich habe wieder viel Häßliches von dir gehört. Ich habe soeben einen Brief bekommen, in dem viel Schlimmes über dich geschrieben steht.«

»Ach, Großmutter, lass mich in Ruhe. – Wo hast du denn den Brief?«

Die alte Frau zog einen Bogen Papier hervor und entfaltete ihn. Kasperle sprang auf sie zu und wollte ihr die Brille von der Nase reißen, doch die Großmutter versetzte ihm einen kräftigen Klaps.

»Wenn du wieder unartig bist, Kasperle, sperre ich dich in den Hühnerstall!«

»Das kannst du machen, Großmutter, aber bilde dir nicht ein, dass ich Eier lege. Da bist du schief gewickelt!«

»Ach, Kasperle, du bist ein ungeratener Bursche. – Hier schreibt dein Onkel Itzebitz, du hast ihn gestern mit einer langen Wurst geschlagen.«

»Aber, Großmutter, was ist denn dabei? Es war doch eine Schlagwurst!«

»Dummer Junge, Onkel Itzebitz schreibt weiter, du hast ihn neulich die Treppe hinab geworfen.«

»Das ist nicht wahr, Großmutter, ich habe ihn nur eine Stufe hinuntergeworfen. Die anderen Stufen ist er von selber hinabgefallen.«

Die Kinder, die den Worten Kasperles aufmerksam lauschten, lachten immer lauter, Pucki wusste sich vor Freude kaum zu lassen.

»Freut euch das, Kinderle?« rief Kasperle krähend. »Wenn ihr mal eine Wurst habt, so 'ne Schlagwurst, dürft ihr euch auch damit schlagen. Dazu wird die Wurst gemacht!«


Die Großmutter jammerte weiter.

»Ach, Kasper, was hast du verbrochen,

das wird fürchterlich gerochen.

In diesem Brief, auf dem Papier,

steht manche Untat noch von dir!«

»Hört mal, Kinderchen«, sagte Kasperle ins Publikum, »es passt mir nicht, dass die Großmutter meine Streiche vorliest. Ich will ihr das verderben.«

Weg war er. Die gute Großmutter las inzwischen weiter und jammerte über den ungeratenen Enkel. Plötzlich erschien Kasperle wieder, hielt in beiden Händen einen Napf mit Marmelade, stellte sich hinter die Großmutter, die mit vorgeneigtem Kopf den Brief las, und kleckerte dann mit einem Löffel die Marmelade auf das Briefblatt.

»Hu –«, schrie die Großmutter, »was ist das? Woher kommt das?«

Klack – schon wieder ließ Kasperle die Marmelade auf den Briefbogen fallen.

Die Kinder jubelten in hellstem Entzücken.

»Großmutter, der Kasperle hat noch mehr Marmelade! – Großmutter, dreh dich mal um!«

»Ich muss erst fertig lesen«, erwiderte die Großmutter und drückte das Gesicht so nahe an den Briefbogen, dass es über und über mit Marmelade beschmutzt wurde.

Kasperle lachte schallend und die Kinder ebenso.

»So werde ich das immer machen«, sagte Kasperle. »Wenn die Großmutter einen Brief an den Onkel schreibt, beschmiere ich ihn auch mit Marmelade. – Findet ihr das nicht fein, liebe Kinder?«

»Ja – ja«, erscholl es vielstimmig.

Nun wurde die Großmutter sehr böse. Sie verschwand einen Augenblick und kam mit einem dicken Stock zurück, um auf Kasperle einzuschlagen.

»Großmutter«, rief der listige Bursche, »ich weiß was!«

»Was weißt du, du ungeratener Bengel?«

»Dort hinten sitzt einer, Großmutter, der hat eine Büchse. Großmutter, der sieht immerfort hierher.«

»Eine Büchse hat er?« rief die Großmutter erregt. »Will er etwa nach mir schießen? Da laufe ich lieber davon!« – Weg war sie.

Kasperle schüttelte sich vor Lachen.

»Hi hi hi, liebe Kinderchen, der Mann dort hinten hat nur eine Konservenbüchse! Hi – hi – hi –, nun fürchtet sich die alte Frau und ist weg.«

Doch plötzlich kam ein Tier gekrochen. Das machte das Maul so weit auf, dass Pucki angstvoll zu Onkel Niepel lief und sich an ihn klammerte.

»Onkel Niepel – frißt es mich?«

»Nein, nein, es will nur das unartige Kasperle fressen.«

»Kasperle – Kasperle«, rief Pucki in Angst, »lauf schnell weg, das böse Tier will dich fressen!«

Das große Tier machte Pucki gar keinen Spaß. Sie hatte Angst. Erst als Kasperle wieder aus dem Rachen des Ungeheuers gekrochen kam, beruhigte sich Pucki. Sie wollte hier nicht länger bleiben.

»Onkel Niepel, wir wollen nu zu der Pfefferkuchenbude gehen. – Lässt du mich noch mal würfeln? Ich möchte auch so 'nen großen Pfefferkuchen haben wie der Junge.«

Die drei Knaben wollten jedoch beim Kasperletheater bleiben. So wurde Fräulein Irma beauftragt, auf die Knaben aufzupassen, während Niepel mit Pucki weiterging.

Über den Platz wurde soeben ein Esel geführt, auf dem die Kinder reiten durften.

»Nur zehn Pfennige das Reiten«, rief ein aufgeputzter junger Bursche, der den Esel führte.

»Soll ich dich einmal reiten lassen, Pucki?«

»Schenk mir lieber die zehn Pfennige, Onkel, und dann lass mich auf dir reiten. Das ist ebenso schön.«

Niepel lachte, hob die Kleine empor und setzte sie auf seine Schultern.

»Das ist fein, Onkel – nu reiten wir zur Würfelbude, und dann krieg' ich einen großen Pfefferkuchen.«

Abermals durfte Pucki würfeln. Auch dieses Mal gewann sie nicht.

»Komm, wir würfeln noch einmal«, sagte Onkel Niepel.

»Ich kriege doch keinen Pfefferkuchen«, sagte Hedi.

Pucki drängte weiter. Es gab noch so vieles zu sehen. Da war eine Bude mit den Radautrommeln. Manches Kind hatte eine solche erworben und lärmte damit umher. Sehnsuchtsvoll schaute Pucki auf die herrlichen Instrumente.

»Onkel – –«. Pucki wies entsetzt auf einen Händler, »guck, dort sind die Schießer!«

Die Kleine riss sich von der Hand Niepels los und lief davon. Sie hatte einen Mann gesehen, der kleine, bunte Gasballons zum Kaufe anbot. Diese Ballons, die sie einst von Getreidehändler Henschel bekommen hatte, bereiteten dem Kinde heute noch Entsetzen. Das waren die bunten Bälle, die mächtig geschossen hatten, als es sich darauf setzte und später durch den Wald rannte. Niepel hatte Mühe, die kleine Ausreißerin einzuholen.

»Sie schießen, Onkel – es knallt mächtig!«

»Komm zurück zur Bude. Ich kaufe dir eine Knarre.«

»Ist der Schießer da?«

»Er tut dir nichts, mein Kind.«

Trotzdem war die Kleine voller Unruhe. Und als der Mann mit den Ballons wieder sichtbar wurde, drückte sie sich ängstlich an den Gutsbesitzer.

Als er ihr eine Knarre kaufen wollte, erblickte Pucki einen Knaben, der eine Röhre im Munde hatte, an der ein kleines Schweinchen hing. Je länger der Knabe in die Röhre blies, um so größer wurde das Schwein.

Pucki starrte das Wunder an.

»Onkel Niepel«, rief sie erregt, »der kleine Junge macht aus 'nem kleinen Schwein ein ganz großes Schwein, so ein großes, wie Vati hat!«

Abwartend stand das Kind neben dem Knaben, der das Schweinchen so weit aufpustete, bis es nicht mehr ging.

»Mach das Schwein noch größer«, sagte Pucki bittend.

»Das geht nicht.«

»Ach, Onkel Niepel, ich möchte auch so'n Schwein.«

»Das sollst du haben.«

Sehr bald hatte Pucki auch ein Schwein. Aus Leibeskräften blies sie in die Röhre, doch das Schwein wurde nicht größer. Im Gegenteil, sobald das Kind die Lippen von der Röhre nahm, schrumpfte es wieder zusammen.

»Onkel, es will nicht wachsen!«

»Es ist dick genug, sonst platzt es.«

»Macht man Wurst aus ihm?«

»Nein, du Dummerchen, das Schwein ist innen leer.«

»Kann man das nicht sehen?«

Das Spielzeug bereitete dem Kinde viel Vergnügen. Fritz sollte es durchaus sehen. So schritten die beiden zurück zum Kasperletheater. Die Vorstellung war gerade beendet. Niepel fand seine drei Jungen, die sofort den Vater bestürmten, er solle ihnen auch so ein Schwein kaufen.

Das geschah. Und nun bliesen die vier Kinder mit aller Lungenkraft darauf los. Pucki versuchte mit dem Fingerchen, ob das Schweinchen auch dick sei. – Da plötzlich gab es einen Knall, das Schweinchen zerplatzte.

»Es schießt!«

Pucki warf die Reste in weitem Bogen von sich und wollte wieder fortlaufen, wurde jedoch von Niepel festgehalten. Von nun an war die Freude am Jahrmarktsrummel stark beeinträchtigt. Das Kind wollte nicht einmal eine Mundharmonika haben, da es sich einbildete, dass auch sie schießen würde, wenn man sie an den Mund setze.

Die Knaben dagegen hatten Dutzende von Wünschen. Jeder wollte etwas anderes haben. Der Vater aber lehnte ab.

»Soviel Geld habe ich nicht. Ihr habt euer Vergnügen gehabt, seid nun zufrieden.«

Da erscholl plötzlich lautes Geheul. Niepel blickte sich um. Das war doch sein Paul. Fräulein Irma eilte davon. Da stand der kleine Paul Niepel heulend neben seinem großen Pfefferkuchen, der auf der Strasse lag. Über den Pfefferkuchen hinweg war ein Karrenwagen gegangen, er hatte ihn breit gefahren.

»Mein schöner Pfefferkuchen, nun ist er ganz dreckig! – Oh, mein schöner Pfefferkuchen!«

»Weine nicht, Junge, hier hast du zehn Pfennige, geh und kaufe dir einen anderen.«

»Den hab' ich doch gewonnen – ich will wieder so 'nen Pfefferkuchen. Oh, mein schöner Pfefferkuchen!«

Ein Herr drückte dem weinenden Knaben ein Zehnpfennigstück in die Hand und sagte lachend:

»Würfle noch einmal, vielleicht gewinnst du wieder.«

»Ich möchte auch Geld«, sagte Pucki.

Im Weitergehen zupfte sie Paul am Rock.

»Guck mal, ich habe den Pfefferkuchen aufgehoben.«

Der Pfefferkuchen schmeckte den beiden herrlich. Verstohlen wurde er gegessen.

Die zwanzig Pfennige, die Paul bekommen hatte, brachten keinen Segen. Zweimal würfelte er an der Bude – doch gewann er nicht.

»Ist alles Schwindel«, sagte Pucki, »die Frau behält sich den guten Pfefferkuchen. Sie will ihn allein essen.«

Als man endlich den Markt verlassen wollte, sah man eine alte Frau, die an der Straßenecke saß und einen Leierkasten drehte. Sie sah recht dürftig gekleidet aus. Fräulein Irma reichte Fritz und Pucki je ein Fünfpfennigstück und sagte:

»Die arme Frau soll auch eine Freude haben. Geht hin und gebt ihr jeder das Geldstück.«

»Ja«, meinte Pucki, »dann kann sie auch zur Würfelbude gehen. Aber sie gewinnt doch nichts.«

»Da kriegt sie ja zweimal Geld«, meinte Fritz, »das ist zu viel.«

»Das muss sie haben. Wir wollen ihr das Geld gönnen.«

Ein Weilchen standen die Kinder vor der Frau und lauschten der kleinen Drehorgel. – Dann gab Fritz sein Geldstück hin. Im selben Augenblick kam noch eine Frau, die der Alten ebenfalls ein Geldstück reichte. – Da schlossen sich Puckis Händchen fest um die Münze.

»Jetzt hat sie aber genug, jetzt braucht sie nichts mehr.«

Pucki behielt das Geldstück. Fräulein Irma fragte, ob sich die Frau gefreut hätte.

»Sie hat genug«, meinte Pucki. »Der Fritz hat ihr was gegeben und eine andere Frau. Ich habe das Geld behalten.«

»Aber Pucki, das ist eine ganz arme Frau.«

»Sie hat doch Geld bekommen.«

»Morgen ist kein Jahrmarkt, morgen geben ihr die Leute nichts. Nun hat sie morgen nichts zu essen. Du solltest ihr dein Geldstück auch noch hintragen.«

»Dann gebe ich ihr lieber ein Stück Pfefferkuchen.«

»Ich hatte gedacht, du bist ein artiges Mädchen. Dir würde es auch nicht gefallen, wenn du etwas nicht bekommst, was für dich bestimmt ist.«

»Nein, das würde mir nicht gefallen.«

»Nun komm, wir wollen uns die arme Frau nochmals ansehen.«

Gemeinsam ging man zurück.

»Sieh einmal«, mahnte Fräulein Irma, »die arme Frau ist so verrunzelt, das kommt davon, weil sie nicht immer genug zu essen hat. Sie kann auch nichts mehr verdienen, kann nur noch am Wege sitzen und orgeln. Ich würde ihr doch die fünf Pfennige geben.«

Pucki betrachtete die Alte, dann ging sie zu ihr und reichte ihr das Geld.

»Hier hast du, weil du schon so alt bist.«

Schließlich mahnte Onkel Niepel, es sei Zeit zum Heimfahren. Die Kinder wollten zwar nochmals zum Esel und zum Kasperle, doch mussten sie sich dem Wunsche des Vaters fügen.

»Ich finde«, sagte Pucki, als man vor dem Wagen stand, »dass wir heute sehr artige Kinder waren. Eigentlich müßtest du uns noch was kaufen, Onkel Niepel.«

»Ihr habt genug, seid zufrieden.«

Auf der Heimfahrt wurde viel Lärm gemacht. Pucki drehte ununterbrochen die Knarre, Paul blies die Mundharmonika, Walter und Fritz hatten kleine Trompeten. Fräulein Irma hielt sich mehrmals die Ohren zu, weil sie den Krach kaum ertragen konnte. Doch gerade das belustigte die Kinder. Alle vier fuchtelten vor ihrem Gesicht herum und lachten, wenn sie das Gesicht verzog.

Beim Aussteigen aus dem Wagen blieb Pucki dabei: »Wir waren heute furchtbar artige Kinder. Vati und Mutti können sich freuen über so'n artiges Kindchen!«

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