Kitabı oku: «Auf Bali geht um Vier die Sonne unter», sayfa 3

Yazı tipi:

„Hey, was soll denn das?“ höre ich eine Frauenstimme schreien. Tja, Lady, wie du mir, so ich Dir. Mit den eigenen Waffen geschlagen. Schachmatt. Tom hat sich für mich entschieden. Auch wenn ich nun Gefahr laufe, eine homoerotische Beziehung mit einem Hemd einzugehen, freue ich mich enorm. Ich beschließe, den Einkauf von T-Shirts auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen und begebe mich direkt zur nächstgelegenen Kasse. Wenn ich das Ding jetzt kaufe, habe ich tatsächlich und unwiderruflich im Einkaufskampf der Geschlechter gesiegt. Taktik, Charme und Intellekt siegen nun doch immer über den haptischen Kaufzwang einer Frau. Während ich in der Schlange stehe, schaue ich bangend um mich in den Laden und wippe ungeduldig mit dem Bein. Die Diebin ist weit und breit nicht zu sehen. Endlich bin ich an der Reihe:

„Das macht dann 24,95 Euro, bitte.“

„Stimmt so.“

5. Die Miesepetrigkeit-Konzentrations-Matrix

Ich bin mal wieder viel zu spät dran. In 30 Minuten wollen Jonas, Linda, Matze und ich bereits im Stars die ersten Kugeln einlochen und ich sitze immer noch am Rechner. Jetzt wird es aber Zeit für den Feinschliff. Nochmal aufs Klo, Zähne geputzt, Haare gecheckt. Alles pikobello. Nur die Birne flackert wieder. Erinnerung an mich: Austauschen! Jetzt noch das neue Hemd aus dem Schrank geholt. Ich freue mich schon, Tom den anderen vorzustellen. Sie werden ihn sicherlich genauso lieben, wie ich. Letzteres aufgrund homoerotischen Touches bitte aus dem Protokoll streichen. Aber was ist das? Das kann nicht sein. Ich schaue noch einmal vergewissernd auf den Pappzettel, den ich gerade abgeschnitten habe. „24,95 Euro, Größe M“ steht da drauf. Okay, für Italiener und Franzosen ist das bereits L, aber hinter dem D steht eindeutig ein großes, fettes M. Aber mir ist das Hemd zu klein! Tom ist eindeutig zu eng für mich. Das homoerotische Protokoll bitte anzünden und aus dem Fenster werfen.

Ich kann es kaum fassen und befreie mich wieder aus dem Stück Stoff, welches einmal mein bester Freund werden sollte. Gut, dass Gott das Umtauschrecht erfunden hat. Bereits jetzt hasse ich mich dafür, dass ich dank meiner Faulheit bezüglich innergeschäftlicher Anproben nun noch einmal in das Innenstadtgetümmel rennen darf. Egal, jetzt stehen erst einmal andere Sachen an. Ich ziehe ein namenloses schwarzes Hemd über und hetze aus der Tür, um noch die angepeilte Bahn zu erwischen.

Als ich am Stars ankomme, warten Jonas und Linda bereits vor dem Eingang.

„Na, kommst du auch noch?“ ruft Jonas hämisch zu mir herüber.

„Jaja. Sind doch nur fünf Minuten. Und Matze ist doch auch noch nicht da...“

„Ach der. Der zählt als Referenzpunkt doch schon lange nicht mehr“ sagt Linda und begibt sich Richtung Eingang. Wir gehen runter in die Billardhalle und bestellen einen Tisch, zwei Weizen und eine Cola. Kaum sind die ersten Jacken auf den Stühlen abgelegt, fängt auch schon die entspannende Billard-Atmosphäre zu wirken an, was sich in einer erhöhten Anekdotendichte bemerkbar macht.

„Ich werde nie verstehen, warum Frauen Katzen lieben...“ fängt Jonas mit einem leicht grimmigen Blick an, während er die Kugeln im Holzdreieck positioniert.

„Hä? Wie kommst du denn da drauf?“

„Katzen sind unabhängig, gehorchen nicht, kommen nicht herein, wenn man sie ruft, bleiben gern die ganze Nacht weg und wollen, wenn sie zu Hause sind, am liebsten in Ruhe gelassen werden und den ganzen Tag lang schlafen.“ Er legt das Dreieck zur Seite, legt die weiße Kugel auf den Anstoßpunkt und fängt an die Spitze seines Queues mit blauer Kreide zu beschmieren.

„Ja und?“

„Mit anderen Worten: Jede Eigenschaft, die Frauen an Männern hassen, lieben sie an Katzen.“

BUMM-KLACK-KLACK-KLACK

Mit einem heftigen Stoß versenkt er zwei Halbe.

„Was ist denn los mit Dir?“ fragt Linda ihn etwas besorgt.

„Ach, nichts. Sonja möchte sich nur eine Katze zulegen. Sie braucht angeblich etwas zum Kuscheln...“

„Und da sind du und Deine Wampe ihr nicht kuschelig genug?“ frage ich ihn, während ich mir ein Lachen nicht verkneifen kann.

„Haha, wie lustig.“

Sag ich doch. Ich bin lustig. Linda und ich haben jedenfalls unseren Spaß.

„Du leidest wohl an Elurophobie, was?“ fragt Linda lachend. Eine neumodische Sache, die sich bei uns eingebürgert hat: Das Erlernen kurioser Ängste und Phobien.

„Was soll das denn sein?“

„Na, die Angst vor Katzen!“

Jonas grummelt nur noch vor sich hin. Das Schlimme daran, wenn Jonas schlecht gelaunt ist, ist, dass sich sein Billardspiel klar verbessert. Antiproportional ist das Stichwort. Sicherlich eine Konzentrationssache. Gefühle und Aggressionen soll man ja im Sport freien Lauf lassen, um Bestleistungen erzielen zu können. Das scheint bei Jonas momentan gut zu funktionieren, denn die nächsten zwei Kugeln finden ihre Bestimmung.


Während Jonas mit überlegter Mine den Billardtisch umläuft und dabei hin und wieder eine Pose wie ein Golfer vor dem entscheidenden Putt-Versuch einnimmt, kommen unsere Getränke und Linda und ich setzen uns an den kleinen Bistrotisch.

„Und, wie läuft es bei dir so, Linda?“

„Och joa, soweit ganz gut. Ich muss mich erst einmal wieder an alles hier gewöhnen. In den Staaten war es irgendwie alles aufregender.“

Na-türlich.

„Kann ich mir denken. Halt eine ganz andere Welt. Aber schön, dass du wieder da bist. Hier hast du doch immerhin deine Freunde und Familie.“

„Ja, stimmt schon. Aber New York ist halt etwas Besonderes.“

Klack. Die nächste Halbe versinkt schamhaft in einem Loch. Am Tisch gegenüber erleuchtet die Tischlampe. Kurze Zeit später kommen ein Pärchen und eine junge Frau in den Raum und setzen sich an deren kleinen Beistelltisch.

„So, du bist dran“ sagt Jonas und hält mir einen Queue vor die Nase. Er hat sich anscheinend wieder etwas eingekriegt. Zumindest hat er seine vorletzte Kugel nicht einlochen können. Ich genehmige mir erst noch einen Weizenschluck und einen Blick zum Nebentisch. Die junge Frau zieht ihre Jacke aus und es kommt ein bauchfreies Oberteil zum Vorschein. Und das Wichtigste daran ist: Sie kann es tragen. Diese Kombination gibt es heutzutage viel zu selten. Ich stehe auf und umkreise den Billardtisch. Dabei versuche ich möglichst nachdenklich und professionell auszusehen. Die Konzentration ist auf dem Siedepunkt. Ich sammle meine kleinen Geschicklichkeitsreserven, um mein eigentliches Dasein als totaler Bewegungslegastheniker möglichst gekonnt zu vertuschen. Da eine leicht verwandelbare Kugel nicht beeindruckend genug wirkt, entschließe ich mich zu einer fortgeschrittenen Variante: Den Queue führe ich hinter meinen Rücken entlang, um die weiße Kugel über eine halbe Kugel hinweg zu spielen und so meine Volle in der Ecktasche zu versenken. Im Fernsehen klappt das immer. Schon während ich den Holzstab unangekreidet in den grünen Filzstoff ramme, erscheint mir die Fernsehwelt nicht als die Realität, wie ich sie mir vorgestellt habe. Nichtsdestotrotz macht die weiße Kugel das, was sie sollte: Sie fliegt. Nur die angedachte Richtung scheint ihr nicht sonderlich in den Kram zu passen. Ebenso anscheinend nicht unser Tisch. Sie knallt auf den Boden und rollt dem Nachbartisch entgegen. Madame Bauchfrei stoppt die Kugel lässig mit dem Fuß und hebt sie auf.

„Ist das etwa Deine Kugel hier?“

„Ähm, ja... Tschuldige. Kommt nicht wieder vor.“

„Ach, kein Problem. Viele Männer haben halt Probleme beim Einlochen“ sagt sie mit einem verschmitzten Grinsen. Ich denke mir, das ist einen Versuch wert.

„Na da gehöre ich aber nicht zu. Eine einmalige Geschichte.“

„Das sagen sie alle...“

„Du, sag mal. Schläfst du nachts eigentlich auf Deinem Bauch?“

„Nein, das ist mir unangenehm. Wieso?“

„Darf ich das dann?“

Batz.

Ich setze mich an unseren Bistrotisch und lege mir das kühlende Weizenglas an die Wange. Der missglückte Versuch ist mir absolut schleierhaft. Warum bringen Frauen derartige Vorlagen und laden einen Mann geradezu dazu ein, dreckige Kommentare zu machen, wenn es dann doch wieder nur Backpfeifen hagelt? Die machen sich wohl einen Spaß draus? Zumindest machen Jonas und Linda das.

„Ha, die hat gesessen!“ sagt Jonas hervor preschend. „So eine hatte ich zum Glück schon lange nicht mehr.“

Und schon erscheint ihm seine Sonja wieder wie die bestmöglichste Freundin auf Erden. So hat mein Versagen doch noch etwas Gutes gehabt und wir doch noch eine Chance, ihn beim Billard zu besiegen.

„Tja, Lebensgefährtin kommt wohl von Lebensgefahr, was Jonas?“ sagt Linda in sich hinein glucksend.

„Nene. Das kommt von Lebensgefährt. Immerhin kann man auf ihr reiten.“

„Hehe, nicht schlecht“ hake ich ein. „Kennt ihr eigentlich schon Anatidaephobie?“

Beide schütteln nur erwartungsvoll die Köpfe.

„Das ist die Angst irgendwie, irgendwo von einer Ente beobachtet zu werden!“

„Hammer!“

Wir stoßen lachend mit unseren Gläsern an und spielen weiter.

6. Du Lutscher

Am kommenden Wochenende fahre ich einen Freund in Köln besuchen. Um etwas Proviant zu besorgen und die heimischen Vorräte aufzustocken, geht es heute in den Supermarkt. Ich benötige vor allem Haargel, was einen Einkauf heute dringend notwendig macht. Bezogen auf den Erwerb von Lebensmitteln bin ich immer noch ein großes kleines Kind. Schon früher habe ich es geliebt, die Einkaufstüten meiner Mutter nach Neuem und Leckerem zu durchstöbern. Und so ist es gekommen, dass ich ein zettelloser Einkäufer geworden bin. Klar, ich habe immer mal bestimmte Sachen, die ich unbedingt einkaufen muss, und die meist auch den Gang zum Supermarkt überhaupt ankurbeln, aber eine Einkaufsliste schreibe ich nie. Das ist zu bürokratisch, zu Deutsch. Da lasse ich mich lieber vom Sortiment leiten und spontan erleuchten. Von vielen Sachen weiß man im Vorfeld ja auch gar nicht, dass man sie unbedingt braucht, weil sie so bunt und lustig und neu sind. Das Einzige, was sich bei mir systematisiert hat, ist die Strecke, die ich im Laden durchlaufe. Wie von der Supermarktarchitektur gewollt, starte ich bei den Salaten und Obst. Frische spanische Salami und frisches Mett von der Theke und zu den Broten. Brötchen, Müsli, Brotbelag, Nudeln, Reis, bei den Sonderangeboten im Kühltisch vorbei und zum Tiefgekühlten. Gerade noch rechtzeitig fällt mir ein, dass ich noch Gewürz-Ketchup benötige. In der Regalreihe mit den Soßen und Gemüsekonserven schlängle ich mich an einer Frau vorbei, die gerade mehrere Gurkengläser vergleichend studiert. Schlecht sieht die ja nicht aus... Und einen Freund scheint sie ihrem Einkaufskorb nach zu urteilen auch nicht zu haben, denn da liegen lauter gesunde Sachen drin. Frauenzeugs also. Ich schlängle mich erneut an ihr vorbei, um einen besseren Blick auf sie zu haben. Eines der Gurkengläser stellt sie zurück ins Regal, das andere legt sie in ihren Korb. Oh nein, sie scheint gehen zu wollen, verdammt. Schnell schnappe ich mir eine Flasche Ketchup und gehe eine Regalreihe weiter. Puh, da ist sie ja. Sie will anscheinend mit einer Verkäuferin reden.

„Ähm, entschuldigen Sie? Ich suche eine hautfreundliche Quarksorte, um eine Aloe vera-Maske zu machen...“

„Die sind im Kühlregal auf der rechten Seite.“

„Danke schön.“

Soso, ich kenne also ihr Ziel. Um eine Gangreihe versetzt renne ich so unauffällig wie es mit einem vollbepackten Einkaufskorb nur eben geht zum Kühlregal. Dort angekommen greife ich nach einem der Quarkbecher und tue so, als würde mich interessieren, was da so alles drin ist.

„Entschuldigen Sie? Könnte ich mal kurz...?“ fragt sie mich auch schon, ob ich ein Stück zur Seite gehen könnte.

„Ähm, klar...kein… Problem“ hechle ich zurück, noch immer etwas außer Puste von dem Zwischenspurt. Im Sport war ich ja schon immer eine Niete, aber wenn es um das Erreichen eines persönlichen Ziels geht – also Frauen, Geld oder Schlaf – bin ich auf der motivationalen Höhe. So, jetzt aber schnell, bevor sie alle unnützen Informationen auf der Packung durchgelesen und sich entschieden hat.

„Wozu braucht man eigentlich eine Gesichtsmaske, außer zum Banküberfall?“

Sie schaut verdutzt zu mir rüber. Mein Grinsen verliert von Sekunde zu Sekunde an Selbstsicherheit und gewinnt an Verlegenheit. Fräulein Gesichtsmaske scheint genug unnützes Zeug gelesen und gehört zu haben und geht einfach. Keine Reaktion. Ein kleines Augenzwinkern wäre doch nicht zu viel verlangt gewesen, oder? Irgendwie zweifle ich mittlerweile daran, dass Comedians mehr Erfolg bei Frauen haben. Vielleicht sollte ich es eher als Totengräber versuchen. Ich mache mich auf zur Kasse. Selbstverständlich hat man sich heute entschlossen, nur zwei Kassen aufzumachen. Macht ja auch Sinn, bei etwa 3,6 Millionen wartenden Kunden. So hat man wenigstens Zeit, sich für eine der beiden Schlangen zu entscheiden. Links ist die kürzere Schlange mit vier, fünf, nein sechs Leuten. Dafür allerdings ein Mann über 80, eine Frau mit Kleinkind am Arm und ein Mann, der anscheinend nur einmal im Jahr einkaufen geht und dann aber auch alles kauft, was er sieht. Die andere Schlange besteht aus geschätzten zehn Zahlungseinheiten, die aber allesamt jung und darin bestrebt aussehen, dieses Stück vorgezogenes Fegefeuer so schnell wie nur irgendwie möglich hinter sich zu bringen. Schnell betrachte ich noch einmal die Arbeitsfrequenz der beiden Kassiererinnen, und entscheide mich doch für die kürzere Schlange. Es geht sogar schneller voran, als ich gedacht hatte. Schon fast hämisch schaue ich zu dem bemitleidenswerten Pack von Kasse 3 herüber. Ha, falsche Entscheidung, Freunde!

„7,83 Euro? Das hab‘ ich klein.“

War ja klar, dass der Genosse, der mit Juppi Heesters zusammen im Kindergarten gewesen sein muss, die Kohle passend dabei hat. Als die Kassiererin ihm helfen muss, Euro-Stücke von Cent-Münzen zu unterscheiden, keimen Anzeichen von Ungeduld bei mir auf. Nach gefühlten fünf Minuten stellt sich heraus, dass der alte Mann vier Cent zu wenig passend hat.

„Oh, dann bezahle ich mit Karte.“

Kaum hatte er das ausgesprochen, legt der Einmal-pro-Jahr-Käufer den Restbetrag auf den Tisch. Dass gerade er es so eilig hat, wundert mich dann doch ein wenig. Der kleine Junge zieht immer wilder an der Hand seiner Mutter. Die telefoniert natürlich an ihrem Handy. Er möchte Schokolade, sie ihre Ruhe. Ich schaue kurz herüber, ob sich ein schneller Schlangenwechsel lohnt. Gerade als ich einen Schritt in Richtung der neuen Hoffnung mache, kommen mir drei andere Kunden zuvor. Ich bleibe und gönne mir selbst ein bisschen Nervennahrung. Schnell öffne ich eine Packung Twix, gebe mir ein Stück, und das andere dem Jungen. So ist jedem geholfen. Der Jahreseinkauf vom Typen ganz vorne dürfte mittlerweile immerhin bei September angekommen sein. Solange noch betrübtes Warten bei allen im hinteren Schlangenbereich angesagt ist, versuche ich mein Bestes, Profit aus der Situation zu schlagen. Ich tippe dem Typen vor mir auf die Schulter und frage ihn:

„Sag mal, kennen wir uns?“

Er dreht sich um, mustert mich einmal von oben nach unten und meint:

„Das bezweifle ich.“

Das habe ich mir gedacht, da ich ihn auch noch nie gesehen habe.

„Darf ich mich vorstellen?“ frage ich mit meinem nettesten Gesichtsausdruck.

„Ähm, natürlich.“

Danke schön, Trottel. Ich nehme meinen Einkaufskorb, schreite an ihm vorbei und fange an, meine Einkäufe auf das Band zu legen.

„Danke schön. Sehr nett von Ihnen.“

Ich merke, wie er den Ärger in sich hineinfrisst und versucht, gelassen zu wirken. Da spielt einem dann in die Karten, dass fünfzehn Leute gelangweilt warten und jedes Gespräch mithören. Und so bin ich schon ein Toastbrot, zwei Packungen Wurst, eine Schachtel Zigaretten und eine Tiefkühlpizza näher am Ziel. Nachdem ich längere Zeit in der Warteschlange gestanden habe, als ich mit dem eigentlichen Einkauf beschäftigt war, bin auch ich endlich an der Reihe. Natürlich muss noch schnell die Papierrolle an der Kasse getauscht werden, aber schon kann es weiter gehen.

„Das macht dann 41,01 Euro.“

Ich gebe ihr einen 50-Euro-Schein. Für ein ‚stimmt so‘ war mir der Einkauf dann doch nicht angenehm genug. Die Kassiererin gibt mir das Wechselgeld und wünscht einen schönen Tag. Ein Wunder, dass ich keinen Aufschlag wegen Überlänge zahlen musste. Das kann ja nur noch besser werden. Auf dem Weg nach Draußen merke ich, dass ich das Twix-Papier noch in der Tasche und gar nicht mit bezahlt habe. Sofort fühle ich mich verfolgt von sämtlichen nicht vorhandenen Sicherheitskameras und beschleunige meinen Schritt etwas. Doch endlich habe ich das Ziel erreicht: Den Ausgang. Zum Glück wohne ich nur einen Katzenwurf vom Supermarkt entfernt. Schnell schaue ich noch nach Post – nur Werbung und Rechnungen – und schon geht es vollbepackt die 84 Stufen hinauf. Oben angekommen schließe ich schnaufend die Tür auf, lasse die Einkaufstüten im Flur liegen und schmeiße meine Klamotten auf mein Bett. Beim flüchtigen Blick in den Flurspiegel fällt mir ein, dass da doch noch was war: Haargel. Vergessen. Der eigentliche Grund für mich, überhaupt einkaufen zu gehen. Hätte mir das nicht in der Schlange einfallen können? Genervt packe ich die Einkäufe in die jeweils dafür vorgesehenen Schränke und lasse mich auf mein Bett fallen. Und hart, wie ich nun einmal arbeite, ist nun auch noch abendliche Fortbildung angesagt. Ich schalte den Fernseher ein. Denn auch wenn Comedy ein härterer Job zu sein scheint, als ich es mir zunächst vorgestellt hatte und auch nicht bei unbedingt allen Ladies anzukommen scheint - eines steht fest: Eine wahre Fundgrube der meist ungewollten Komik ist in einem Kölner Privatsender mit den Initialen R, T und L gesichert. Neben saukomischen Darbietungen von Dorflaienschauspielgruppen in Gerichts- und Kriminalshows, lassen sich auch in den mehr und mehr amerikanisierten Fernsehserien hier und da wahre Perlen der Comedy aufsagen. Und auch heute habe ich Glück: Es läuft eines der 26 CSIs und ein Ermittler kommt gerade aus einem Befragungsraum, in dem ein Verdächtiger sitzt. Lässig zieht er seine Sonnenbrille von der Nase und sagt:

„Wir haben ihm gesagt, dass wir auch Big Tony verhören, da hat er so schnell ausgepackt, als wäre Weihnachten.”

Klassiker! Grandios. Schnell schreibe ich den ersten Höhepunkt meines Tages in den bereit liegenden Block. Der Rest der Sendung bietet leider nur maue Situations-komik. Mein Block füllt sich auch beim Zappen durch andere Programme nur spärlich. Nur die Call-In-Quizsendung hält, was sie verspricht und füllt mir immerhin eine Seite. Ein geschlängeltes Wort wird gesucht. Beim ersten Blick denke ich an Lutscher, aber noch während ich weiter zappe, merke ich, dass das irgendwie nicht passt. Ich schalte zurück, überlege mit zwei Sekunden ungewöhnlich lange und komme auf Schulter. Ja, genau, Schulter. Gerade möchte ich weiter schalten, da fängt der „Moderator“ an, hilfreiche Tipps zu geben:

„Das kann man in den Mund stecken. Ist was zu essen...“

Nach einer halben Stunde wache ich im Halbschlaf auf. Mein Handy hat gepiept:

„Sorry, bin gestern Abend vorm Fernseher eingepennt. Bis die Tage, Matze.“

Typisch. Was für ein Loser, schläft vor dem Fernseher ein. Ich raffe mich wieder auf und schaue auf den Bildschirm. Anscheinend ist das Spiel immer noch nicht gelöst.

„Leute, das kann doch nicht so schwer sein. Hier noch ein Tipp: Manchmal ist in der Mitte noch etwas anderes zum essen, ein Kaugummi, oder was Saures... Ja, wen haben wir da in der Leitung?“

„Holger.“

„Hallo Holger. Was ist Deine Lösung?“

„Lutscher?“

„Jaa!“

Im Hintergrund ertönt ein lautes Dööht. Der Moderator fasst sich kurz an sein Ohr, nickt und macht weiter.

„Jaaa, das war leider auch eine falsche Lösung. Mensch, Leute, das ist doch so einfach! Denkt dran, es ist etwas unter eurem Kopf...“

Ich weiß momentan nicht, ob ich mich freuen soll, endlich etwas Input zu bekommen, oder um die deutsche Fernsehlandschaft trauern muss. Um mein Gewissen etwas zu erleichtern und die Gedanken auf ein Ziel zu fixieren, entschließe ich mich, nach der Arbeit das Vergnügen in mein Leben zu lassen. Und spontan erinnere ich mich dabei an eine Weisheit, die mir Medien Manager Jonas mal gesagt hat und die wohl das Hilfreichste und Tiefgründigste war, was er mir jemals mitgeteilt hat. In einer dieser Papieransammlungen mit Buchstaben drin hat er nämlich Folgendes gelesen:SCHULHINTERTÜR

“Beim Switchen haben sich ganz individuelle und angebotsspezifische Nutzungsformen entwickelt, wie sie Friedrich Krotz und Uwe Hasenbrink vor einiger Zeit beobachtet haben: Beim Switchen zwischen zwei gleichzeitig laufenden Softpornos entsteht für den Zuschauer in der Wahrnehmung ein dritter, kombiniert aus den beiden gezeigten.”(vgl. Hickethier, K. (1999). Rezeptionsgeschichte des Fernsehens - ein Überblick. In Klingler, W., Rothers, G. Gerhards Maria (Hrsg.): Medienrezeption seit 1945. Forschungsbilanz und Forschungsperspektiven. Baden-Baden 1999. S. 129-141.)

Danke Jonas. So hat man(n) mehr vom (Nacht)Leben.