Kitabı oku: «Trauer und Licht», sayfa 5

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DER MÜSSIGGÄNGER AUF ABWEGEN

Tomasi di Lampedusas Palazzo liegt in der Kalsa, einem Viertel, das auf der einen Seite vom Meer begrenzt wird, an der Piazza Marina beginnt und sich bis zur Via Lincoln erstreckt. Ein geheimnisvoller Name, noch dazu mit einem Anfangsbuchstaben, der im italienischen Alphabet eigentlich nicht vorkommt und nur verwendet wird, wenn man auf Distinktion Wert legt. Wie meistens in Sizilien ist er Teil der hybriden Geschichte. Er geht auf die Zeit der arabischen Besatzung im 9. Jahrhundert zurück: Al Khalisa, »die Reine« oder »die Auserwählte«. Mitten in der Kalsa stößt man auf die Überreste von Santa Maria dello Spasimo, die in Palermo kurz Lo Spasimo heißt. Nach sechs Jahren Bauzeit wurde die Kirche 1515 eingeweiht. Jetzt ist sie nur noch eine Ruine, aber eine gotische, was schon an sich spektakulär ist, vor allem wenn einem schwindelig von den Schleifen, Kurven und Rosetten der vielen Barockkirchen ist. Raffael malte seine Kreuztragung Christi (1517), die über undurchsichtige Händel der Kirchenoberen mit den Vizekönigen in Spanien landete und heute im Prado hängt, für den Altar dieser Kirche. Gebete und Messen wurden hier nur ein paar Jahrzehnte lang gefeiert. Schon im 17. Jahrhundert nutzte man Lo Spasimo als Theater, später beherbergten die Mauern Pestkranke, Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Bau Teil eines Krankenhauses, und jedes Mal riss man ein paar Mauern nieder. Inzwischen finden hier Konzerte statt, aber irgendetwas von den vielen verschiedenen Bestimmungen liegt noch in der Luft, vor allem abends.

Die Kalsa, auf die während des Zweiten Weltkrieges auch ein paar Bomben fielen, ist ein spezielles Viertel, und zwar bis heute. Hier wuchsen mächtige sizilianische Mafiosi wie Tommaso Buscetta ebenso auf wie die 1992 ermordeten Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino. Ohne seine Kindheit in der Kalsa hätte er das Phänomen Mafia nie verstehen können, stellte Falcone des Öfteren fest. Durch die Gassen in der Nähe seines Geburtshauses schwärmen auch im Frühsommer 2017 lauter Kinder. Kleine Banden, Fußballmannschaften, die gerade eben noch auf ein improvisiertes Tor schossen, zwischen vier und neun Jahren alt, Mädchen und Jungen, ein Kleinkind wird auf dem Arm mitgeschleppt. Als sie der fremden Erwachsenen gewahr werden, beginnen sie zu kreischen und versperren den Weg. »Un dazio, un dazio, ihr müsst Zoll bezahlen, los, ihr seid reich, gebt uns einen Euro!« Wie Wegelagerer fordern sie Geld für die Durchquerung ihres Territoriums. Scharfe Erwiderungen nützen nichts, das Geschrei wird lauter, außerdem hagelt es Plastikflaschen und Steine. Der öffentliche Raum ist in diesen Straßen nicht öffentlich, sondern ein Ort, der denjenigen gehört, die ihn beherrschen. Die Leute haben hier allerdings nicht viel. Das Armutsrisiko ist in Sizilien höher als überall sonst in Europa, von den spanischen Exklaven in Marokko einmal abgesehen, 2017 betraf es 41,8 Prozent der Inselbevölkerung. In Palermo, das heute knapp 669.000 Einwohner hat, gelten 200.000 als arm. Das Durchschnittseinkommen liegt mit 21.800 Euro im Jahr deutlich niedriger als im Rest Italiens, die Arbeitslosigkeit beträgt 21,5 Prozent; im norditalienischen Bozen sind es 3,1 Prozent. Für die jungen Leute sieht es nach den Daten der europäischen Statistikbehörde noch schlechter aus – da liegt die Quote bei beinahe 59 Prozent, in Palermo gehen knapp 32 Prozent der zwischen 15- und 24-Jährigen weder einer Arbeit nach noch in die Schule. Was von den Zahlen nicht erfasst wird, sind die unzähligen informellen Beschäftigungsverhältnisse: Jobs auf dem Markt, im Restaurant der Tante, im Schuhladen des Onkels. Auch in der Kalsa verrichten überall illegale Parkwächter mit Umhängetaschen ihren Dienst, wissen, wo noch ein freier Platz ist, dirigieren Autos hin und her. Anschließend drücken ihnen die Fahrer einen Obolus in die Hand. Den großen Abstand zu den alteingesessenen, reicheren Einwohnern können sie damit nicht überwinden: Die wohlhabenden Palermitaner verdienen acht Mal so viel wie die ärmeren.

1885 schilderte der Architekt Felice Giarrusso, beauftragt mit einem Sanierungsplan für die Innenstadt, die Lage der Bevölkerung: »Kaputte Türen führen zu Eingängen armseliger Zimmer, die meistens keine weiteren Fenster haben, um Luft und Licht hereinzulassen, der Fußboden, der manchmal tiefer liegt als die Straßen, besteht aus roten, vollkommen porösen Ziegeln. Die Straßen sind nicht gepflastert, haben weder ein Schotterbett noch Abflussrinnen, die Kloaken befinden sich gleich daneben. An den Wänden der Behausungen läuft zu allen Jahreszeiten Wasser hinunter, es ist immer feucht, darüber liegt das Dach. In einer Ecke gibt es eine armselige Feuerstelle, daneben ein Waschbecken, das auch als Toilette und für alle Abwässer dient, Quell unzähliger Infektionen. Wenn man noch die dicht gedrängten Gassen und Höfe bedenkt, wo neun Monate im Jahr Licht und Sonne fehlen, bekommt man einen Eindruck davon, welche Fäulnis in unserer Stadt herrscht.« Als Anfang der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts der Soziologe Danilo Dolci (1924–1997) nach Palermo kam, war die Lage nicht viel besser. Der umtriebige Aktivist, gegen die Mafia engagiert und von bewundernswerter Zähigkeit, stellte den Einwohnern der Kalsa und anderer Viertel eine Reihe von Fragen. Es ging um Schulbildung, Beruf, die Anzahl von Arbeitstagen im Jahr und reichte bis zu Überlegungen wie: »Will Gott, dass du arbeitslos bist?« und »Spielt es bei der Arbeitssuche eine Rolle, ob du Mitglied in einer Partei bist?« Dolci gewann das Vertrauen der Palermitaner, schaute ihre Wohnungen an, nahm die Interviews auf Tonband auf und veröffentlichte seine Ergebnisse.

Dass in den 50er und 60er Jahren auf einmal ein Bewusstsein für Armut im eigenen Land, aber auch für handwerkliche Traditionen, ethnische Herkunft, Sitten und Gebräuche entstand, lag an Dolci, der wiederum an den Anthropologen Ernesto De Martino anknüpfte. Danilo Dolci, der »sizilianische Gandhi« genannt, war als Sohn eines sizilianischen Eisenbahners im Norden aufgewachsen und hatte Architektur studiert. 1952 hatte er sich in Trappetto bei Palermo niedergelassen. Nach dem Tod eines kleinen Jungen wegen Unterernährung war Dolci öffentlichkeitswirksam in Hungerstreik getreten, um auf die Vernachlässigung dieser Gegend aufmerksam zu machen. Immerhin sahen sich die Behörden gezwungen, zumindest eine Abwasseranlage einzurichten. In der Kalsa ging Dolci mit einem Zollstock durch die Behausungen und stellte fest, dass sie meistens nicht größer als 18 Quadratmeter waren. Die durchschnittliche Anzahl der Bewohner: acht, die Betten teilte man sich häufig zu dritt. Genau wie Giarrusso 75 Jahre zuvor bemerkt hatte, gab es keine abgetrennte Toilette, sondern nur einen Abtritt in einer Zimmerecke. Über die Hälfte der Einwohner des Viertels war im Vorjahr an Typhus erkrankt, 13 Prozent an TBC. Die Familienoberhäupter arbeiteten überwiegend als Fischer, was bedeutete, dass sie nur die eine Hälfte des Jahres beschäftigt waren. Zigarettenschmuggel bot ein Nebeneinkommen. Staatliche oder kommunale Unterstützung gab es kaum, Prostitution war allgegenwärtig. Aber Danilo Dolci beschränkte sich in seiner Inchiesta a Palermo (1956) nicht auf statistische Erhebungen und seinen Fragenkatalog, sondern ließ die Gesprächspartner erzählen. Eine verwitwete Arbeiterin einer Fischkonservenfabrik kommt zu Wort, die Sardinen, Anchovis und Thunfisch einlegt und sich mit ihren Kolleginnen bei Behördenkontrollen verstecken muss, weil sie keinen Vertrag haben. Oder ein Familienvater, der als Drehorgelspieler durch die Stadt zieht, bis ihm das Instrument wegen einer fehlenden Lizenz weggenommen wird. Ein anderer vertreibt Kurzwaren, hat einen Unfall, muss sich bei Wucherern verschulden und gerät in immer größere Abhängigkeit, wie beinahe jeder im Viertel. 1964 drehte Gianfranco Mingozzi, angeregt von Dolcis Erhebungen, in Palermo einen elfminütigen Dokumentarfilm über i mali mestieri, die »schlechten Berufe«. Von Luftballonverkäufern über Männer, die mit einer langen Stange Rollläden mit Schmierfett ausstatten, bis hin zu Seilern, Wahrsagerinnen und Verkäufern von Heiligenbildern und denjenigen, die Behördenpost vorlesen oder Briefe beantworten, ist alles vertreten. Man hört Stimmen und Geschrei, während der Erzähler sizilianische Sprichwörter rezitiert. Besonders berührend sind Kinder, die sich mit ernsten Gesichtern Lasten auf die Schultern laden, oder vorsichtig trippelnde Greise mit Körben voller Gemüse. In einem Umfeld wie diesem war die Armut eines Fürsten Anfang der fünfziger Jahre nicht weiter auffällig. Immerhin hatten Tomasi di Lampedusa und seine Frau ein Dach über dem Kopf und genügend Geld für die tägliche Kuchenration und für Bücher.

Die Via Butera ist nur ein paar Schritte entfernt. Gioacchino Lanza Tomasi hat mir Bücher geliehen, ich will mir die Bibliothek noch einmal näher anschauen. Wir gehen auf die Terrasse. Eine laut polternde amerikanische Professorin steht plötzlich da, zwei Studentinnen im Schlepptau. Sie möchten eine Widmung von Gioacchino, die eine will den Roman ihrem »fiancé« schenken, sie sagt wirklich »fijansääh«, in breitester amerikanischer Aussprache. Nein, gelesen hat sie das Buch noch nicht, aber sie wird es tun. Sie hat italienische Großeltern! Ein Foto muss her! Beglückt hält Don Gioacchino die beiden Mädchen im Arm. »Ihr Freund schickt ihr jeden Tag Rosen«, erzählt die Professorin gerührt, »fast wie ein Sizilianer.« Die jungen Damen beleben Gioacchino, dessen Redefluss in Wettstreit mit der plätschernden Bewässerung tritt. Auch Giuseppe Tomasi di Lampedusa war von der Jugend seines späteren Adoptivsohnes Gioacchino hingerissen, dem Zukunftsfrohen, und sicher gefiel ihm auch seine Verlobte, la fidanzata Mirella Radice, Gioacchinos verstorbene erste Frau.

Der amerikanische Wirbelsturm flaut ebenso rasch wieder ab, wie er auftauchte, und Gioacchino beginnt zu erzählen. »Tomasi verdankte alles seiner Frau, wirklich alles. Licy liebte mich sehr, und als sie sah, dass Giuseppe und ich uns verstanden und ich ein paar Freunde hatte, sagte sie: ›Schau, es gibt diese jungen Leute, triff dich mit ihnen, bring ihnen etwas über Literatur bei.‹ Wir kamen regelmäßig zusammen, sein Leben nahm noch einmal eine andere Wendung.« Ein bisschen hatte auch Bebuzzo dazu beigetragen, der eigentlich Pietro Sgàdari di Lo Monaco hieß, auch er ein Baron, eine Institution in Palermo: großer Musikkenner, Kritiker, Mäzen und unübertrefflicher Gastgeber, weitläufig verwandt mit Tomasi di Lampedusa. Er lag sogar ein paar Mal bei Licy auf der Couch, was er aber bald wieder sein ließ. Gioacchino holt einen Band, in dem er mit Bildern Tomasis Biographie dokumentiert hat: I luoghi del Gattopardo – Die Orte des Leoparden heißt es. Auch Bebuzzo ist vertreten, ein aufgeschlagenes Buch in der einen Hand, sitzend im Anzug, aber ohne Krawatte, stattdessen mit extravagantem, weit geöffnetem weißen Hemdkragen. Mit seiner rundlichen Statur, den großen Augen und dem glatzköpfigen Schädel strahlt er etwas Kugeliges aus. Ein Tennisball, der mal hierhin, mal dorthin schießt, er wirkt äußerst lebhaft und beweglich. »Ich war damals gerade 19, studierte Musik und frequentierte die Abendessen, die Bebuzzo gab«, erklärt Gioacchino. »Bebuzzo war homosexuell, die Liebenswürdigkeit in Person und pflegte seine Marotten. Er lud alle ein, Komponisten, Sänger, Schriftsteller. Es waren andere Zeiten, es gab keine Flugzeuge, man hetzte nicht von Termin zu Termin, das Leben war einfach, die Milieus nicht so getrennt. Bei ihm habe ich zum Beispiel Italo Calvino kennengelernt. Und dort bin ich dann Giuseppe Tomasi di Lampedusa wieder begegnet. Er sprach wenig, aber wenn er einen Kommentar abgab, saß der. Das gefiel mir, und so erneuerten wir unsere Freundschaft.«

In Bebuzzos Gästebuch, das anlässlich eines Cocktails unter lauter Berühmtheiten herumgereicht wurde, hinterließ Tomasi di Lampedusa in der für ihn typischen Mischung aus Arroganz und Understatement eines Tages den Eintrag: »too proud to compete«. Bebuzzo vermittelte auch den Kontakt zu Francesco Orlando, dem literarisch ambitionierten Jurastudenten aus dem Kreis von Tomasis Jüngern. Orlando besuchte Tomasi di Lampedusa erstmals im Juli 1953 zu Hause, auch er war gerade erst 19 Jahre alt. Die weitläufige Terrasse, die Ehefrau mit dem exotischen Akzent, die reich bestückten Bücherregale und die Umgangsformen überwältigten den jungen Mann, der aus einer großbürgerlichen Familie kam und immerhin einen Ministerpräsidenten unter seinen engen Verwandten hatte, seinen Onkel Vittorio Emanuele Orlando, der Italien bei den Friedensverhandlungen in Versailles 1919 repräsentiert hatte. Aber das alles spielte weder für den Fürsten noch für seine Frau eine Rolle. Wer nicht aus einer adligen Familie stammte, war nicht ebenbürtig und wurde mit subtiler Herablassung behandelt. Francesco Orlando sah darüber hinweg. Tomasi empfing ihn, lieh ihm Bücher, traf ihn mit Gioacchino im Café und veranstaltete dann bald die schon erwähnten, berühmten kleinen Unterrichtsstunden.

»Seine literarische Bibliothek befand sich im ersten Stock und erstreckte sich über sämtliche Wände in dem Zimmer, in dem die Fürstin vormittags und nachmittags ihre Patienten empfing«, heißt es in den 1962 erschienenen Erinnerungen von Francesco Orlando an Tomasi. »Wir nahmen mit dem Fürsten im angrenzenden Raum Platz, der auf die Terrasse zum Meer hin ging, und dieses Zimmer ist der Hintergrund vieler Nachmittage, an die ich mich erinnere: Weder habe ich den bullernden Gasofen, der einem immer Tränen in die Augen trieb, vergessen, den Basso continuo unserer Stimmen im ersten Winter, noch den zittrigen Diener, der sich in weißer Livree im Vorzimmer aufhielt und Giubino hieß, ein Name, der dafür gemacht war, um von Lampedusa mit einem schönen b ausgesprochen zu werden, das er aber nicht verdoppelte, wie es vielen seiner sizilianischen Besucher zu eigen war.« Ein Distinktionsgewinn auch in diesen kleinen Dingen, der sich Francesco Orlando einprägte. Der Fürst hatte immer etwas zu beanstanden, und zu Palermo hatte er spezielle Theorien, vielleicht auch von Licy inspiriert. So deutete er die Neigung zum endlosen Palavern psychoanalytisch als Verschiebung libidinöser Energien: »Es gibt keine Stadt, in der weniger gevögelt wird«, erklärte er dem verschüchterten Orlando, der kaum einen anderen Ort kannte. Palermo sei unerträglich provinziell. London stattdessen, dort könne man sich verlieren und in der Masse verschwinden. Orlando bewunderte das schier endlose Wissen, das Tomasi di Lampedusa vor ihm ausbreitete: Man traf sich schon morgens im Café Mazzara, sprach und diskutierte. Der Jurastudent suchte den neuen Bekannten dann drei Mal in der Woche gegen sechs Uhr nachmittags auf und blieb bis neun. Auf einem Tisch fand er einen Stapel eng mit rotem Kugelschreiber beschriebenes kariertes Papier vor. Ausführungen zur englischen Grammatik und Aussprache, die er zu studieren hatte. Doch bald erweiterte Tomasi das Feld, ihn interessierten Romane, französische und englische. Schließlich schrieb der Fürst regelrechte Vorlesungen auf, die dann bei ihm zu Hause von Orlando vorgetragen wurden. Tomasi hörte zu, lächelte verschmitzt in sich hinein, während er Zigarette um Zigarette rauchte. Seine jungen Gäste, zu denen außer Gioacchino und Francesco Orlando noch Francesco Agnello und das junge Ehepaar Antonio und Beatrice Pasqualino gehörten, unterbrachen den Vorleser dann und wann, forderten Erklärungen und Erläuterungen. Es waren heitere Zusammenkünfte mit viel Gelächter. So etwas gab es an der Universität nicht. Tomasi, so viel wird deutlich, vertrat teils abenteuerliche, teils hochinteressante Thesen. Er hielt große Stücke auf Jane Austen und Virginia Woolf, verehrte Proust, obwohl dieser »zehn Seiten braucht, um von einem Zimmer ins andere zu kommen«. Der Fürst kannte Schriftsteller, die in Palermo niemand je gelesen hatte. Auch die Langeweile sei eine Qualität bei der Lektüre. Er unterschied die »mageren« von den »fetten« Autoren – die »mageren« seien diejenigen, die niemals explizit werden, sondern alles verklausulieren, mit Andeutungen arbeiten und einer kundigen Interpretation bedürfen. Die »fetten« hingegen sprechen alles aus, tragen ihre Bezüge offen zur Schau, sind opulent und wortreich und weisen dem Leser eine bestimmte Rolle zu. Beide haben ihre Qualitäten. Zu den »fetten« zählten nach seiner Einteilung Dante, Montaigne, Shakespeare, Balzac, Thomas Mann, Proust. Die »mageren« sind fast ausschließlich Franzosen mit einem hohen stilistischen Ideal, das sie fast nie erreichen: Racine, La Rochefoucauld, Madame de la Fayette, Choderlos de Laclos, Stendhal, Mérimée, Mallarmé, Gide. »In jenem ersten Jahr unserer Freundschaft, das auch das beste bleiben sollte, zeigte sich Lampedusa mir gegenüber überaus großzügig und freundlich«, schildert Orlando die Verbindung. »Er war zweifellos glücklich, seine intellektuelle Einsamkeit endlich überwunden zu haben. In seinem Verhalten gab es, auch wenn er so viel älter war als ich, keine Spur von Väterlichkeit im Sinne einer eindeutigen Zuneigung, was auch mit seiner bewusst antisentimentalen und antisüditalienischen Polemik zu tun hatte […]. In jedem Falle hatte er mit mir unendliche Geduld, wenn es darum ging, mir etwas beizubringen, auch wenn er mich nicht lehrte, Englisch zu sprechen.« Er versorgte den jungen Schüler mit Lektüre, schenkte ihm einige Bücher, zum Beispiel ein einsprachiges englisches Wörterbuch mit der perfiden Widmung: »From G. Lampedusa with the happy remark that you have never proved an urgent need to consult it.« Für Orlando war die Begegnung dennoch eine Initiation, denn schon anderthalb Jahre später wechselte er von Jura zu Literaturwissenschaften.

Man kann sich die Befriedigung des heimlichen Privatgelehrten gut vorstellen: Nach Jahrzehnten der Isolation, in denen er nur mit seiner Frau und seinem Cousin Lucio Piccolo gelehrte Zitate ausgetauscht hatte, interessierte sich auf einmal jemand für seine Bildung! Noch dazu junge Leute, die gierig alles aufsogen, was er zu sagen hatte, und ihn bewunderten. Es waren tatsächlich diese Gespräche, die Giuseppe bewusstmachten, dass er etwas zu erzählen hatte. Im Sommer 1954 fand die Reise nach San Pellegrino statt, und nur ein halbes Jahr später endeten die Unterrichtsstunden für seine jugendlichen Freunde. Tomasi begann, Tag für Tag am Cafétisch im Mazzara an seinem Roman zu arbeiten. Innerhalb kurzer Zeit schaffte es der melancholische Fürst, seine reiche Kultur, die Familienanekdoten, die Geschichten über seinen Urgroßvater, der sich auf Astronomie verstand, in eine ästhetische Form zu bringen.

DER LEOPARD
Wer hat in Sizilien die Macht?

Es beginnt mit einem Rosenkranz. Die letzten Gebetsformeln hängen noch in der Luft, dann rascheln die Röcke der Töchter, erzittert der Fußboden aus Majolikafliesen unter den Schritten des Fürsten. Der Patriarch Don Fabrizio Salina Corbèra, ein blonder Hüne mit blauen Augen, erhebt sich. Es sind akustische Wahrnehmungen, die die ersten Zeilen des Leoparden bestimmen. Der Erzähler scheint selbst die Ohren zu spitzen: Das Gewebe der Stimmen umhüllt die Fresken des Rokokosalons geradezu, die freizügigen mythologischen Szenen wirken auf einmal züchtig, bis sie nach dem Gebet ihre kecke Sinnlichkeit zurückgewinnen, auch weil die Kleider der Frauen den Blick auf die mit Gottheiten verzierten Kacheln freigeben. Das Changieren zwischen Zeigen und Verdecken stimmt ein auf die Verschlüsselungstechnik, die Lampedusa bei aller unmittelbaren erzählerischen Opulenz nach stendhalschem Vorbild benutzt. Er sei wohl leider auch einer jener »fetten« Schriftsteller, bemerkte er Orlando gegenüber, dem er später sechs der acht Teile in die Schreibmaschine diktierte, eben doch wortreich und nicht sparsam an Adjektiven: »Ist das nicht eine Schweinerei?«, fragte er den jungen Freund. Denn sein Ideal eines trockenen, nüchternen Stils hatte er verfehlt. Aber an indirekten Verweisen und Anspielungen, ebenfalls ein Kennzeichen der »Mageren«, bietet der Leopard dennoch einiges. Tatsächlich überwiegen auf den ersten Seiten die sinnlichen Eindrücke: die überwältigenden Gerüche des Gartens, die den Fürsten an einen grausigen Fund vier Wochen zuvor erinnern, nämlich den Gestank des Leichnams eines bourbonischen Soldaten, der aufgeschlitzt unter einem Zitronenbaum verendet war. Dann der Geruch der schwitzenden Pferde, des Leders und des Paters, der ihn in der Kutsche nach Palermo begleitet, schließlich der Klang der Stimme seiner Geliebten Mariannina, die auf dem Höhepunkt des Vergnügens ausruft »o Principone«, »Ach, du Riesenfürst«.

Der Zeitrahmen der ersten Kapitel des Leoparden ist die Phase kurz vor der italienischen Einigung im April 1860, als der norditalienische Freiheitskämpfer Giuseppe Garibaldi mit seinen Freiwilligen in Sizilien landete und begann, die seit 1734 herrschenden spanischen Bourbonen in die Flucht zu schlagen. Die Gründung eines italienischen Königreichs steht bevor, und Sizilien soll nach Jahrhunderten der Fremdherrschaft dazu gehören. Don Fabrizio kann das alles nicht ernst nehmen, schließlich hat sich seine Familie stets mit den jeweiligen Machthabern arrangiert. Die Insel war schon immer geopolitisch von Bedeutung gewesen, und die Abfolge der Besatzungen ist schwindelerregend. Nicht nur Griechen und Römer, Wandalen und Ostgoten, sondern ab 535 n. Chr. auch Byzantiner. 827 begann die islamische Zeit, rund zweihundert Jahre später kamen die Normannen, 1198 der legendäre Stauferkönig Friedrich II., der tatsächlich totalitär und tyrannisch regierte, für kurze Zeit Karl von Anjou, ab 1282 schließlich das Haus Aragon, 1516 der spanische Habsburger Karl V. Zwar war unter dem Normannenkönig Roger 1097 ein Parlament aus den wichtigsten Lehnsherren, dem Klerus und Vertretern von 42 Städten eingerichtet worden, aber es war lediglich beratend tätig. Die spanischen Vizekönige beschnitten es nicht, entschieden jedoch unabhängig über Gesetze und lehnten viele Eingaben ab. So stolz man später darauf war, eines des ältesten Parlamente der Welt zu besitzen – einen vergleichbaren Einfluss wie in Frankreich oder England gewann es nie. Einige Revolten hatte es gegeben. 1282 die Sizilianische Vesper gegen die Franzosen, die später zum Inbegriff einer patriotischen Revolution stilisiert wurde, 1647 kam es in Palermo zu Aufständen, knapp dreißig Jahre später in Messina, hundert Jahre darauf noch einmal in Palermo. Mit Karl II. endete 1713 die habsburgische Linie in Spanien und Sizilien, der Erbe war Philipp von Bourbon, ein Enkel Ludwigs XIV. Zwischen 1713 und 1720 gab es ein Intermezzo mit den norditalienischen Savoyern, aber schon damals war der piemontesische König Viktor Amadeus III. äußerst unbeliebt. Dabei war er der erste wahrhaftige König seit 1535, den die Sizilianer zu Gesicht bekamen, doch ihnen missfielen die einfachen Gewänder aus ungefärbter Wolle und die groben Stiefel. Kein Vergleich mit dem Gold, den Spitzengewändern und dem Pomp der spanischen Vizekönige. Viktor Amadeus bereiste die Insel sogar und hatte einige gute Ideen: Er brachte Glasbrenner mit, wollte eine Papierfabrik errichten, neue Arbeitsverträge einführen und die riesigen Latifundien in kleinere Bauerngüter unterteilen. Aber die Sizilianer waren viel zu stolz, um sich den Reformanstrengungen zu unterwerfen, den Piemontesen mangelte es an Geduld und Durchhaltevermögen im Umgang mit einer traditionalistischen Gesellschaft, außerdem bekämpfte die Kirche jeden Schritt nach vorn. Jede Gruppierung besaß ihre eigene Gerichtsbarkeit mit speziellen Regeln zur Immunität, nicht nur der Klerus, sondern auch der Heeresinspektor, die Münzpresse und selbst die Handwerkergilden. Am Ende tauschten die Savoyer die Insel resigniert gegen Sardinien ein und traten sie beim Friedensschluss von Den Haag 1720 an den Habsburger Karl VI. ab. Und 1734 kamen die spanischen Bourbonen, zuerst Karl III., ab 1759 Ferdinand, der zuerst Ferdinand III. von Sizilien und verwirrenderweise zugleich Ferdinand IV. von Neapel hieß und 1816 dann Ferdinand I. wurde, König »beider Sizilien«, also von der Insel Sizilien und vom Königreich Neapel, wozu neben den Marken der gesamte italienische Süden gehörte, Kampanien, Apulien und Kalabrien. Dieser Ferdinand war für seine Infantilität berühmt, sein ganzer Hofstaat musste mit ihm Blinde Kuh spielen, seine Frau inbegriffen, die scharfsinnige Maria Carolina, eine Tochter Maria Theresias. Am liebsten ging er auf die Jagd; die Regierungsgeschäfte führte Sir John Acton, der erste Minister.

Mein Gastgeber Gioacchino Lanza Tomasi erklärt mir die historischen Hintergründe der Dynastie. »Die Familie von Giuseppe Tomasi war im 17. Jahrhundert extrem religiös«, erzählt Gioacchino Lanza, während wir auf der Terrasse die verschiedenen Anpflanzungen betrachten, die Gioacchinos Frau pflegt. »Der erste Herzog von Palma di Montechiaro Carlo Tomasi e La Restía, 1614 geboren, war dem Theatinerorden beigetreten. Sein Zwillingsbruder Giulio war genauso fromm. Er ging als ›Heiliger Herzog‹ in die Chronik ein, denn er bekam zwar acht Kinder, entschied aber später, enthaltsam zu leben. Seine Frau war einverstanden, stellen Sie sich das vor!«, amüsiert sich Lanza. Immerhin kümmerte er sich um die Armen und baute in Palma di Montechiaro ein Benediktinerinnen-Kloster. Er schenkte es später seiner Tochter, die mystische Texte verfasste, nur auf Knien speiste, sich geißeln ließ und nach ihrem Tod seliggesprochen wurde. Einer der Söhne wurde Kardinal und brachte es sogar zum Heiligen. »Sie waren vollkommen fanatisch, alle Schwestern traten schließlich in den Orden ein«, meint Gioacchino. »Das hatte natürlich etwas sehr Theatralisches. Aber unter den sizilianischen Adligen war bei allem Katholizismus diese Form von Religiosität eher ungewöhnlich.«

Sizilien blieb auch nach 1789 immun gegen alle Erneuerungen. Die Insel hatte um 1790 anderthalb Millionen Einwohner, die landwirtschaftlichen Erträge waren gering, teils weil die Grundbesitzer niemals auf ihren Gütern waren und es für die Pächter keine Gewinnbeteiligung gab, teils wegen Heuschreckenplagen und ungünstiger Anbaumethoden. Es zeichnete sich eine Entwicklung ab, wie wir sie heute noch kennen: Die Dörfer verloren über die Hälfte ihrer Einwohnerschaft, einige verschwanden ganz, die Felder verwaisten. Wer über die Schafstriften quer durch Sizilien ritt, sah halbe Tage lang keine einzige Ansiedlung, nicht einmal ein Bauernhaus. Es gab keine Straßen, was den Transport der Ernte erschwerte. Den rund 2500 Adligen war das gleichgültig, sie verprassten ihre Erträge in Palermo und kümmerten sich um die Steigerung ihres Prestiges. »Auf Bildung wurde nicht sonderlich viel Wert gelegt, meine Familie war eher eine Ausnahme, genau wie die von Tomasis Mutter, die Töchter hatten alle Studien betrieben, sie waren kluge junge Frauen«, erzählt Gioacchino. »Auf der väterlichen Seite haben wir seinen Urgroßvater, der das Vorbild für den Helden des Leoparden ist, er hat zum Vergnügen Astronomie betrieben, war aber längst nicht so bedeutend und weltoffen, wie er im Roman dargestellt wird.« In Catania, wo der Anbau von Zitrusfrüchten betrieben wurde und mehr Aktivität herrschte als in Palermo, gab es immerhin einige kultivierte Aristokraten. Ein Baron schrieb ein Handbuch über den Ackerbau. Der Fürst von Biscari richtete ein berühmtes Privatmuseum ein und modernisierte die Produktion von Leinen und Rum. Als Catania von der Lebensmittelzufuhr abgeschnitten war, versorgte er einen Monat lang unentgeltlich die gesamte Bevölkerung.

Den meisten Adligen ging es um rasche Gewinne und nicht um nachhaltiges Wirtschaften. Die schiere Größe der Besitztümer hatte zu einem Pachtvertrag geführt, der gabella hieß: Das gesamte Gut wurde einem Pächter, dem gabellotto, für drei oder sechs Jahre überlassen. Er bezahlte im Voraus und kümmerte sich um die Bauern, was den Baronen erlaubte, sich das ganze Jahr in Palermo aufzuhalten. Ende des 18. Jahrhunderts sprach man von den gabellotti als den neuen Despoten, die rücksichtsloser als die Barone waren, Reichtümer horteten und den Ehrgeiz besaßen, in eine höhere Gesellschaftsklasse aufzusteigen. Natürlich spielte die Gesetzgebung den Wohlhabenden in die Hände. Statt das Grundeigentum zu besteuern, was bei den Adligen zu Protesten geführt hätte, gab es Getreidesteuern. Der Handel wurde durch Zollschranken gebremst. Nicht die Regierung übernahm die Eintreibung der Zölle, sondern Privatleute, denen man dieses Amt verpachtete. Sie durften eigens dafür bewaffnete Polizisten beschäftigen, die wie ein privater Sicherheitsdienst agierten. Es gab ein kompliziertes System von Bestimmungen zur Einlagerung von Getreide für den heimischen Bedarf und ein ebenso kompliziertes Genehmigungsverfahren für Exporte, von dem um 1726 ausschließlich sechs Getreidemakler in Palermo profitierten. Ihre Praktiken erinnern an Hedgefonds: Noch vor der Aussaat kauften die Makler mitunter ganze Ernten auf und spekulierten auf die Preisdifferenz. Es gelang ihnen immer wieder, an ein und demselben Tag die Preise zu heben und zu senken. Sie streuten Gerüchte über Engpässe, konnten die Ware billig erwerben und brachten dann Nachrichten über ein voraussichtlich sehr gutes Jahr in Umlauf, woraufhin ein höherer Export gestattet wurde. Das Nachsehen hatten die Bauern. Klientelismus war ein Bestandteil dieses Beziehungsnetzes, hinzu kam einträglicher Schmuggel. Ein britischer Konsul vermutete 1790, dass ein Drittel des Getreides beiseitegeschafft würde, eher mehr. Dasselbe galt für Fleisch, Gerste, Gemüse oder Wein, denn man versuchte, die hohen Ausfuhrgebühren zu umgehen.

Unterdessen verschoben sich auch die politischen Machtachsen. 1796 begann die französische Armee unter dem Oberbefehl eines begabten jungen Generals namens Napoleon Bonaparte, große Teile der italienischen Halbinsel zu erobern. Die Bourbonen schlossen sich immer enger an Großbritannien an, auch um das Königreich Neapel überhaupt halten zu können, was schließlich misslang. Deshalb wurde Palermo der Zufluchtsort von König Ferdinand, der mit seinem 2000-köpfigen Gefolge, von Admiral Nelson geleitet und mit dem einflussreichen britischen Gesandten Sir William Hamilton und seiner Frau, der berühmten Lady Emma Hamilton im Schlepptau, im Dezember 1798 am Hafen von Palermo anlandete. Zum ersten Mal konnten die Sizilianer ihren König in Augenschein nehmen. Die Palermitaner fanden seinen Unterhalt zwar teuer, unterstützten ihn aber gegen das revolutionäre Frankreich. Außerdem nutzte der Adel die Gunst der Stunde, um zuvor erlassene Reformen wieder zurücknehmen zu lassen. Ferdinands Gattin Maria Carolina brachte die Lage im Januar 1799 in einem Brief an den neapolitanischen Botschafter in Wien auf den Punkt: »In Palermo gärt es, und ich rechne mit ernsten Vorfällen. Dabei sind wir ohne Truppen und Waffen, es mangelt uns an allem. Ich mache mich auf alles gefasst und bin ganz verzweifelt. Hier sind die Priester völlig korrupt, das Volk ist grausam, der Adel mehr als wankelmütig und von fragwürdiger Loyalität. Das Volk und der Klerus würden uns vielleicht ziehen lassen, wenn wir versprechen, der Gründung einer Republik zuzustimmen. Aber die Adligen würden sich unserem Aufbruch widersetzen, denn dann wären sie verloren, und sie fürchten die Demokratisierung des Landes. Lieber würden sie sich erheben und an die Spitze einer Bewegung stellen, die uns niedermetzelt, uns und alle Neapolitaner.« 1799 startete Kardinal Ruffo von Kalabrien aus seine Gegenoffensive, um Neapel wieder zu befreien und den Vormarsch der französischen Truppen und damit die Verbreitung des italienischen Republikanismus zu unterbinden. Seine heruntergekommene Armee von 17.000 Mann marodierte und mordete. In Neapel schlug sich das Volk aus Verdruss über die aufgeklärten Adligen auf die Seite der Truppe, im Juni 1799 kam es zu einem Gemetzel unvorstellbaren Ausmaßes, Entmannung der Jakobiner und Kannibalismus inbegriffen. Ferdinand kehrte zurück, aber nur für wenige Monate, im August ging er wieder nach Palermo. Es begann ein prunkvolles Hofleben, sehr nach dem Geschmack der ortsansässigen Adligen. Sie fanden jetzt die vielen Engländer interessant. Am Spieltisch machte Lady Hamilton auf sich aufmerksam, über deren Affäre mit Admiral Nelson ohnehin jeder tratschte.

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