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Kitabı oku: «Deportiert auf Lebenszeit», sayfa 37

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Achtes Capitel.
Auszug aus dem Tagebuch des Ehrwürdigen James North

21. October. Jetzt bin ich wieder auf sechs Monate in Sicherheit, denn meine letzte Pause dauerte länger, als ich erwartete. Ich denke eines Tages einen Paroxysmus zu bekommen, der mich tödtet. Ich werde mich nicht darum grämen.

Obwohl dieser mein Vertrauter, – ich verabscheue jetzt diesen Ausdruck, mich der leichtsinnigen Bemühung anklagen wird, eine Entschuldigung ausfindig zu machen, wenn ich sage, daß ich meinen Wahnsinn für eine Krankheit halte? – Ich glaube es wirklich. So wenig wie ein Wahnsinniger das Schreien und Toben lassen kann, so wenig kann ich es lassen, mich zu betrinken. Es würde vielleicht anders sein, wenn ich ein zufriedener Mann wäre, glücklich verheirathet, mit Kindern um mich her und Familiensorgen, um mich zu zerstreuen. Aber so wie ich bin, ein düsterer, phantastischer Mensch, von aller Liebe ausgeschlossen, verzehrt vom Spleen, gequält von unerfüllbaren Wünschen, – so bin ich für mich selbst eine lebende Qual. Ich denke an glücklichere Männer, mit schönen Frauen, zärtlichen Kindern, die lieben und geliebt werden, – an Frere zum Beispiel und dann fühle ich etwas Fürchterliches in mir regen, ein Ungeheuer, dessen Gier nicht zu befriedigen ist, – das nur in Branntwein ertränkt werden kann.

Büßend und zerschlagen gelobe ich, ein neues Leben zu führen, dem Branntwein abzuschwören und nur Wasser zu trinken.

Gewiß, der Anblick und der Geruch von Branntwein macht mich allein schon krank. Alles geht gut während ein paar Wochen; dann werde ich nervös, unzufrieden und mißmüthig. Ich rauche, das beruhigt mich ein wenig. Aber ich kann mich nicht mäßigen; nach und trag vermehre ich die Dosis Tabak. Auf fünf Pfeifen täglich werden sechs bis sieben. Dann zähle ich sogar zehn bis zwölf, dann gehe ich wieder zu drei und vier zurück, steige in einem Sprung bis elf, – und verliere dann ganz und gar die Uebersicht. Vieles Rauchen erregt das Gehirn. Ich fühle mich klar, hell und heiter. Meine Zunge klebt des Morgens am Gaumen und muß etwas trinken, um buchstäblich die Kehle anzufeuchten. Ich trinke mäßig Wein oder Bier und Alles geht gut. Meine Glieder bekommen ihre Geschmeidigkeit wieder, meine Hände ihre Kühle, mein Gehirn seine Ruhe und Klarheit. Ich fange an zu fühlen, daß ich einen Willen habe. Ich bin vertrauend, voll Hoffnung und ruhig. Dieser Stimmung folgt aber sogleich die tiefste Melancholie. Ich bleibe eine Stunde oder länger in völlige Starrheit versunken. Die Erde, Luft, Meer, Alles erscheint kahl und farblos. Das Leben ist eine Last. Ich sehne mich zu schlafen und wenn ich schlafe, kämpfe ich, um zu erwachen, weil schreckliche Träume mich umschwirren. In der Nacht rufe ich: O Gott, wäre es doch Morgen! Und am Morgen: Wollte Gott, es wäre Abend! Ich fluche mir und Allem um mich her. Ich bin kraftlos, willenlos, von einer Last niedergedrückt, wie die Last Sauls. Ich weiß wohl, was mich wieder herstellt und dem Leben und Behagen zurück gibt, aber nur, um mich in tiefere Verzweiflung zu stürzen. Ich trinke. Ein Glas – mein Blut erwärmt sich, – mein Herz schlägt voller, – meine Hand zittert nicht länger. Drei Gläser – ich erhebe mich, mit Hoffnung im Herzen, – der böse Geist verläßt mich. Ich fahre fort, – liebliche Bilder füllen mein Gehirn, die Felder fangen an zu blühen, die Vögel zu singen, das Meer schimmert wie Sapphire, der warme Himmel lächelt. Großer Gott! Welcher Mensch könnte solcher Versuchung widerstehen?

Mit Anstrengung bekämpfe ich den Wunsch zum Trinken, indem ich meine Gedanken auf meine Pflichten richte, auf meine Bücher, auf die unglücklichen Gefangenen. Es gelingt mir für eine kurze Zeit, aber mein Blut, von dem Wein erhitzt, der Gift für mich ist und zugleich mein Leben, kocht in meinen Adern. Ich trinke wieder und träume. Das Tier in mir rührt sich. Tages wandern meine Gedanken allen möglichen, ungeheuerlichen Dingen. Die vertrautesten Dinge flößen mir entsetzliche Gedanken ein. Schändliche und schmutzige Bilder umgeben mich. Am Tage fühle ich mich, wie ein Wolf in Schafskleidern, wie ein Mann vom Teufel besessen, der jeden Augenblick bereit, auszubrechen und sich selbst zu zerreißen. Nachts werde ich ein Satyr. Während dieser Qualen hasse ich und fürchte mich zugleich. Ein helles Gesicht ist immer vor mir, durch alle heißen Träume scheinend, wie ein dahinfliehender Mond in glühender Mitternacht eines tropischen Sturmes. Ich wage mich nicht in die Gegenwart derer, die ich liebe und achte, denn meine wilden Gedanken könnten in wilderen Worten Ausdruck finden. Ich verliere meine Menschlichkeit. Ich bin ein Tier. Aus dieser Tiefe ist nur ein Ausweg. Hinunter. Ich muß das Ungeheuer ertränken, damit es wieder schläft. Ich trinke und vergesse. In diesen letzten Paroxysmen muß ich Branntwein haben. Ich schließe mich allein ein und schütte lange Züge des fürchterlichen Getränks hinunter. Es steigt in meinen Kopf. Ich bin wieder ein Mann. Und wenn ich meine Männlichkeit wieder erlangt habe, dann falle ich um, sinnlos trunken!

Aber das Erwachen! Ich will es nicht schildern. Das Delirium, das Fieber, der Abscheu vor mir selbst, die Erschöpfung, die Verzweiflung. Ich sehe im Spiegel ein hohlhäugiges Gesicht mit rothen Augen. Ich sehe herunter auf zitternde Hände, welke Muskeln und verschrumpfte Glieder. Ich denke darüber nach, ob ich wohl auch bald eins dieser halb lächerlichen, halb melancholischen Geschöpfe sein werde, welche mit blöden Augen und fließenden Nasen, geschwollenen Bäuchen und verschrumpften einen einhergehen. O, – es ist nur zu wahrscheinlich.

22. October. Ich habe den Tag mit Mrs. Frere zugebracht. Sie wünscht augenscheinlich, den Ort zu verlassen – eben so sehr, wie ich es wünsche. Frere freut sich über seine mörderische Gewalt und lacht über ihre Ermahnungen. Ich glaube, die Männer werden ihrer Frauen überdrüssig. In meiner gegenwärtigen Gemüthsstimmung ist es mir unbegreiflich, wie ein Mann wohl seiner Frau irgend etwas abschlagen kann. Ich glaube nicht, daß sie sich überhaupt etwas aus ihm macht. Ich bin kein selbstsüchtiger Gefühlsmensch, wie die meisten Verführer. Ich würde nie eine Frau ihrem Manne fortnehmen aus bloßem Gefallen an ihr. Ich glaube, es gibt Fälle, in denen ein Mann, der liebt, gerechtfertigt sein kann ein Frau glücklich zu machen, wenn er auch sein eigenes Seelenheil dabei aufs Spiel setzt.

Sie glücklich machen! Das ist der Punkt. Würde sie glücklich sein? Es gibt wenig Menschen, welche es ertragen können, übersehen zu werden, beleidigt, gekränkt! Frauen leiden unter diesen Dingen noch mehr als Männer. Ich, ein grau gewordener Mann in den Vierzigern, bin nicht solch eingebildeter Narr, zu denken, daß ein Jahr schuldvollen Glückstaumels eine sein erzogene, gefühlvolle Frau entschädigen könnte für den Verlust sozialer Würde, der doch ihr festes Glück ausmacht. Ich bin nicht so blödsinnig, zu vergessen, daß eine Zeit kommen kann, wenn die Frau, welche ich liebe, aufhört, mich zu lieben und dann, ohne Selbstachtung ohne soziale Stellung oder Familienpflichten, um sie zu halten, ihren Verführer die Todesqual fühlen läßt, welche er sie gelehrt hat, ihrem Gatten zu bereiten.

Ganz abgesehen von der Sünde gegen das sechste Gebot, erwäge ich die Frage, ob der schlimmste Gatte, die traurigste Häuslichkeit nicht in unseren gesellschaftlichen Verhältnissen besser ist, als der ergebenste Liebhaber!

Ein sonderbarer Gedankengang für einen Geistlichen. Wenn dies Tagebuch je in die Hände eines gottesfürchtigem rechtschaffenen Menschen fiele, der nie zu der Sünde versucht wurde, in mittlerem Alter die Frau eines Anderen zu lieben, – wie würde er mich verdammen und mit Recht!

4. November. In einem Zimmer eines der Kerkermeister des neuen Gefängnisses kann man eine Art Zaum sehen, der zuerst in demjenigen, der ihn sieht, eine große Ueberraschung hervorruft. Man kann sich gar nicht denken, was für ein Tier der Schöpfung einen so kleinen Zaum braucht. Auf Anfrage erfährt man, daß es ein Zaum ist, vollkommen mit Stirnband, Gebiß und Allem für ein menschliches Wesen. An dem Zügel ist ein rundes Stück gekreuztes Holz befestigt, von fast vier Zoll Länge und ein und ein halben Zoll im Durchmesser. In dem Holz ist ein kleines Loch und wenn es gebraucht wird, steckt man das Holz in den Mund und das kleine Loch ist das einzige Mittel zum Athmen. Dies mit allen den verschiedenen Riemen und Schnallen versehen, könnte nicht besser ausgedacht werden.

Ich war gestern Abend um acht Uhr im Gefängnis. Ich hatte Rufus Dawes besucht und als ich hinaus ging, fragte ich nach Hailey.

Gimblett, welcher Mr. Vane zwei hundert Pfund geraubt, war gegenwärtig. Er war jetzt ein Schließer mit einem Passe dritter Klasse und einem Einkommen von zwei Schilling täglich. Alles war ganz still. Ich konnte nicht umhin, mich zu wundern, wie still das Gefängnis war, als Gimblett sagte: »Da spricht Jemand. Ich weiß, wer das ist.«

Und sogleich nahm er von dem Haken einen der Zäume, den ich soeben beschrieben und ein paar Handschellen. Ich folgte ihm nach einer der Zellen, welche er öffnete und in welcher ein Mann auf Stroh lag, unangekleidet und allem Anschein nach fest im Schlaf. Gimblett befahl ihm, aufzustehen und sich anzukleiden. Der Mann that es und kam in den Hof, wo Gimblett den Zaum in seinen Mund legte.

Der Ton des Athmens durch dieses Holz, welches mit großer Schwierigkeit verbunden zu sein schien, glich einer leisen, undeutlichen Pfeife.

Gimblett führte den Mann nach dem Laternenpfahl im Hofe und ich sah, aß das Opfer seiner leichtfertigen Tyrannei der alte, blinde Mooney war. Er wurde mit dem Rücken an den Laternenpfahl gestellt, seine Arme herumgenommen und mit Handschellen versehen, an den Pfosten befestigt. Man sagte mir, daß der alte Mann drei Stunden in dieser Lage bleiben müsse. Ich ging sogleich zu dem Kommandanten. Er wollte mich im Besuchszimmer empfangen, aber ich hatte so viel Bestand, das zurückzuweisen. Er wollte auf keine Bitte um Gnade eingehen.

»Der alte Betrüger macht seine Blindheit immer zu einem Vorwande für Ungehorsam,« sagte er.

– Und dies ist ihr Gatte! —

Neuntes Capitel.
Der längste Strohhalm

Als Rufus Dawes am nächsten Tage an die »Kette« ging, hörte er von der schändlichen Quälerei seines Freundes. E stieß keine Rachedrohung aus, sondern stöhnte nur.

»Ich bin nicht so stark, wie ich war,« sagte er, als ob er sich wegen seines Mangels an Geist entschuldigen wolle. »Sie haben mich entnervt!« Und er blickte traurig auf seine schmal gewordene Gestalt und auf seine zitternden Hände.

»Ich kann es nicht länger ertragen,« sagte Mooney grimmig. »Ich habe mit Bland gesprochen und er will es auch thun. Du weißt, was wir beschlossen haben. Laß es uns jetzt thun!« Rufus Dawes starrte aus die leblosen Augenhöhlen, welche sich zu ihm wandten. Seine Finger fühlten nach Etwas, das er in seiner Brust verborgen hielt. Ein Schauer durchzitterte ihn. »Nein, nein, setzt nicht,« sagte er.

»Du fürchtest Dich doch nicht, Mann?« fragte Mooney, seine Hand in der Richtung der Stimme ausstreckend. »Du willst doch nicht zurücktreten?«

Der Andere vermied die Berührung und trat zurück, den Blinden noch immer anstarrend.

»Du wirst uns doch nun nicht verlassen, nachdem Du – geschworen hast, Dawes? So bist Du doch nicht? Sprich, Mann, sprich.«

»Will Bland?« fragte Dawes, umherblickend, als ob er diesen Augen entgehen wollte.

»Ja, er ist bereit. Sie haben ihn gestern wieder gepeitscht.«

»Laß es Alles bis morgen,« sagte Dawes endlich.

»Nein, laß es jetzt bald vorüber sein,« sagte der alte Mann mit Eifer. »Ich bin zu müde.«

Rufus Dawes warf einen durchdringenden Blick nach der Himmelsrichtung in der das Haus des Kommandanten lag und wiederholte, die Hand in die Brust gesteckt: »Laß es bis morgen!«

Sie waren so vertieft in ihre Unterhaltung, daß Keiner von ihnen die Annäherung ihres gemeinsamen Feindes bemerkte.

»Was verbirgst Du da,« rief Frere, Dawes am Handgelenk packend. »Mehr Tabak, Du Hund?«

Die Hand des Deportierten, die so plötzlich ergriffen wurde, öffnete sich unwillkürlich und eine verwelkte Rose fiel heraus. Frere, zugleich erstaunt und ärgerlich, bückte sich und nahm sie auf.

»Hallo! Was zum Teufel ist das? Du hast doch aus meinem Garten keinen Strauß geholt, Jack?«

Der Kommandant nannte alle Deportierten Jack, wenn er witzig war. Es war seine Art von Humor.

Rufus Dawes stieß einen traurigen Ruf aus und stand dann zitternd und gebeugt da. Seine Gefährten, welche diesen Ausruf der Wuth und des Kummers hörten, blickten Alle hin, um zu sehen, ob er die Blume zurücknehmen oder irgend etwas Gewalttätiges beginnen würde. Vielleicht war es seine Absicht, aber er Führte dieselbe nicht aus. Man mußte denken, daß in der Blume ein Zauber stecke, denn Dawes blickte urverwandt darauf hin, als Kapitain Frere’s starke Finger sie herum drehten.

»Du bist ein hübscher Kerl, mußt eine Blume für Dein Knopfloch haben. Gehst Du nächsten Sonntag mit Deinem Schatz aus?«

Die Bande lachte.

»Wo hast Du die Blume her?«

Dawes schwieg.

»Du solltest es lieber sagen.«

Keine Antwort.

»Troke, wir wollen sehen, ob Mr. Dawes nicht die – Sprache findet. Ziehe Dein Hemde herunter. – Ich denke, das ist der Weg zu Deinem Herzen, was Jungen?«

Bei dieser feinen Anspielung auf die Peitsche lachte die Bande wieder und sah einander erstaunt an. War es möglich, daß der Anführer des Ringes feige geworden? So schien es wirklich zu sein, denn Dawes rief zitternd und bleich:

»O Herr, lassen Sie mich nicht wieder peitschen! Ich habe sie gestern aus dem Hofe gefunden. Sie fiel aus Ihrem Knopfloch eines Tages.«

Frere lächelte mit innerer Genugthuung über die Wirkung feiner Bestrafungen. Die Erklärung klang sehr wahrscheinlich. Er pflegte Blumen in seinem Rock zu tragen und es war unmöglich, daß der Gefangene sie auf andere Weise erlangt hatte. Wenn es ein Stück Tabak gewesen wäre, so mußte sich der gewitzte Kommandant sagen, daß viele Leute es ins Gefängnis gebracht haben konnten. Aber wer würde die Peitsche riskieren, wegen einer so werthlosen Sache wie eine Blume? «

»Künftig hebe Du keine Blumen mehr auf, Jack.« sagte er. »Wir ziehen die Blumen nicht zu Eurer Unterhaltung.«

Und verächtlich die Rose über die Mauer werfend, ging er davon.

Die Bande einen Augenblick sich selbst überlassend, richtete ihre Aufmerksamkeit auf Dawes. Große Thränen rollten über seine Wangen und er stand da und starrte auf die Mauer, wie im Traum. Sie sahen ihn verächtlich an. Ein Kerl, mitleidiger als die Andern, zeigte auf seine Stirn und blinzelte. »Er wird toll,« sagte der gutmüthige Mensch, welcher nicht verstehen konnte, was ein gesunder Mann mit Blumen zu thun haben konnte. Dawes erholte sich und die verächtlichen Blicke seiner Gefährten schienen die Farbe wieder in seine Wangen zu bringen. »Wir wollen es diese Nacht thun,« flüsterte er Mooney zu und Mooney lächelte vergnügt.

Seit der Tabakgeschichte waren Dawes und Mooney in das neue Gefängnis gebracht worden, mit einem Manne zusammen, mit Namen Bland, der schon zwei Mal versucht hatte, sich zu tödten. Als der alte Mooney von der Zaumtortur zurückkam und über sein hartes Schicksal klagte, schlug Blond vor, daß die Drei nun einen Plan in Ausführung rächten, bei welchem wenigstens zwei von ihnen Erfolg haben mußten.

Der Plan war ein sehr verzweifelter und wurde dazu nur in der äußersten Noth gegriffen. Es war Sitte bei den Mitgliedern des Ringes, das jeder schwören mußte, nach besten Kräften das auszuführen, was sie erdacht, wenn zwei andere Mitglieder seinen Beistand forderten.

Die Sache war – gleich allen großen Ideen – ganz einfach.

Am Abend, als die Zellenthür fest verschlossen war und man wenigstens auf eine freie Stunde ohne den Besuch des revidierenden Gefängniswärters rechnen konnte, brachte Bland einen Strohhalm zum Vorschein und hielt ihn seinen Kameraden hin. Dawes nahm ihn, zerriß ihn in drei ungleiche Enden und gab sie Mooney. »Der längste ist’s,« sagte der blinde Mann, »kommt Jungen und greift in den Glückstopf.«

Es war augenscheinlich, daß Loose gezogen wurden, um zu bestimmen, wem die Freiheit werden sollte. Die Männer zogen schweigend, dann sahen Bland und Dawes einander an. Der Preis war zurückgeblieben. Mooney, der Glückliche, hatte den längsten Halm in der Hand behalten. Bland’s Hand zitterte, als er die Halme mit seinem Gefährten verglich. Einen Augenblick waren Alle still, während die armen Augen des Blinden die Finsterniß zu durchdringen suchten, als ob es ihnen in diesem erhabenen Augenblick gelingen könne.«

»Ich habe den kürzesten Halm,« sagte Dawes zu Bland. »Du mußt es thun.«

»Das freut mich,« sagte Mooney.

Bland schien entsetzt über die Gefahr, welche das Schicksal ihm vorbehalten hatte und zerriß den unheilvollen Halm zwischen seinen Fingern, einen Schwur ausstoßend und dann saß er in verzweifelter Angst, an seinen Nägeln kauend. Mooney streckte sich auf seinem Lager aus.

»Komm, Kamerad,« sagte er.

Bland streckte eine Zitternde Hand aus und faßte Rufus Dawes am Aermel. »Du hast mehr Muth als ich, thue Du es.«

»Nein, nein,« sagte Dawes, fast so bleich wie sein Gefährte. »Ich habe auch gezogen und es war Dein Vorschlag.«

Der Feigling, der auf sein eigenes Glück vertraut hatte und nun in die Grube gefallen, die er Andern gegraben, saß da und wiegte sich hin und her, seinen Kopf in die Hände gelegt.

»Beim Himmel, ich kann es nicht thun,« flüsterte er, sein weißes, thränennasses Gesicht erhebend.

»Worauf wartet Ihr,« sagte der glückliche Mooney. – »Kommt, ich bin bereit!«

»Ich, ich dachte – Du würdest vielleicht erst beten wollen,« sagte Bland.

Dieser Gedanke schien den Alten ein wenig aus der Aufregung zu wecken, in die ihn sein Glück versetzt. »Ja, ja,« sagte er; »Beten, das ist ein guter Gedanke!« Er kniete nieder, schloß seine Augen, – es war, als ob ihn ein starkes Licht blendete, – von dem seine Kameraden nichts sahen und seine Lippen bewegten sich.

Das Schweigen wurde endlich durch die Tritte des Wärters unterbrochen. Bland begrüßte sie wie eine Erlösung von dem, was er fürchtete. »Wir müssen warten, bis er fort ist,« flüsterte er eifrig. »Er könnte herein sehen.«

Dawes nickte und Mooney, dessen scharfes Ohr ihn genau die Entfernung des sich nähernden Aufsehers beurtheilen ließ, stand von seinen Knien auf und sah strahlend aus. Das saure Gesicht von Gimblett erschien an dem Fensterchen der Zellenthür. »Alles in Ordnung?« fragte er, wie es den Dreien er schien, weniger mürrisch.

»Alles in Ordnung,« war die Antwort und Mooney fügte hinzu: »Gute Nacht, Mr. Gimblett.« »Ich möchte wissen, was den alten Mann so vergnügt macht,« dachte Gimblett, als er in den nächsten Korridor ging.

Der Ton der sich entfernenden Tritte war kaum an den Ohren der beiden weniger glücklichen Looszieher verhallt, als sie den dumpfen Ton des Zerreißens von Wolle hörten. Der glückliche Gewinner riß einen Streifen von seiner wollenen Decke ab. »Ich denke, das wird’s thun,« sagte er und probierte in seinen Händen die Stärke. »Ich bin ein alter Mann.«

Es war möglich, daß er die Stärke des Deckenstreifens prüfte der ihn etwa in einen Abgrund hinunter lassen sollte.

»Hier, Bland, fasse an. Wo bist Du? Sei nicht schwachherzig Mann. Es dauert nicht lange.«

Es war jetzt ganz dunkel in der Zelle, aber als Bland vortrat, schien eine weiße Maske durch die Dunkelheit zu scheinen, so geisterhaft blaß war er. Dawes drückte die Hand seines glücklichen Kameraden und zog sich in den äußersten Winkel zurück. Bland und Mooney schienen einige Augenblicke sich mit dem Strick zu beschäftigen, – gewiß die Flucht vorbereitend. Das Schweigen war nur durch das krampfhafte Klirren von Blands Eisen unterbrochen. Er zitterte heftig.

Endlich sprach Mooney wieder in leisem, sanftem Ton:

»Dawes, mein Junge, glaubst Du, daß es einen Himmel gibt?«

»Ich weiß, daß hier eine Hölle ist,« sagte Dawes, ohne sich umzuwenden.

»Ja, und einen Himmel. Ich werde in den Himmel gehen. Du auch, mein Kind, – Du auch, denn Du bist gut gewesen gegen mich, sehr gut. Gott segne Dich, Du ist sehr gut zu mir gewesen!«

* * *

Als Troke des Morgens hereinkam, sah er mit einem Blick, was geschehen war und beeilte sich, den Körper des erwürgten Mooney herauszunehmen.

»Wir haben Loose gezogen,« sagte Rufus Dawes, auf Bland zeigend der in der fernsten Ecke kauerte, so weit von seinem Opfer ab, als möglich. »Es fiel ihm zu, es zu thun. Ich war Zeuge.«

»Sie werden Dich dafür hängen « sagte Troke.

»Das hoffe ich,« sagte Dawes.

Der Plan der Deportierten, den ihr verzweifeltes Hirn ausgedacht, war Folgender. Drei Mann waren zusammen. Sie zogen Loose, um zu wissen, wer gemordet werden sollte. Derjenige, der den längsten Halm zog, war der »Glückliche«. Er wurde getödtet. Derjenige welcher den nächst langen Halm zog, war der Mörder. Er wurde gehangen. Der »Unglückliche« war der Zeuge. Er hatte natürlich auch die Aussicht gehangen zu werden, doch war das nicht so gewiß und deshalb sah er sich als den »Unglücklichen« an.

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Litres'teki yayın tarihi:
10 aralık 2019
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