Kitabı oku: «Die katholische Kirche im Pressediskurs», sayfa 7
2.5 Zusammenfassung
Die vorliegende Arbeit verdankt der Medien- und Kommunikationswissenschaft wichtige Erkenntnisse in Bezug auf die Kommunikationsbedingungen des Massenmediums Tageszeitung. Medium wird dabei als ein institutionalisiertes System um einen organisierten Kommunikationskanal verstanden, das über ein spezifisches Leistungsvermögen verfügt und gesellschaftlich dominant ist (siehe Abschnitt 2.1). Das Medium Tageszeitung vermittelt eine Form der Kommunikation, bei der Zeichen öffentlich, indirekt und einseitig durch technische Verbreitungsmittel an ein disperses Publikum vermittelt werden (siehe Abschnitt 2.2). Diese Charakteristika des Mediums Tageszeitung wirken sich auf seine Medieninhalte aus. Hier liefert die Kommunikatorforschung weitere wesentliche Resultate: Unter Kommunikatoren sind alle am Prozess der Publikation beteiligten Personen und Institutionen zu verstehen. Sie sind insofern mächtig, als sie darüber entscheiden, welche Inhalte auf welche Weise Eingang in die Berichterstattung finden (siehe Abschnitt 2.3). In dieser Entscheidung werden sie allerdings durch mehrere Faktoren beeinflusst. So besagt die Nachrichtenwerttheorie, dass Kommunikatoren dann über Ereignisse berichten, wenn diese über bestimmte Merkmale verfügen (siehe Abschnitt 2.3.1). Die vorliegende Arbeit macht sich die Nachrichtenwerttheorie insofern zunutze, als sie untersucht, durch welche Merkmale sich kirchliche Ereignisse auszeichnen, die im Pressediskurs feszumachen sind. Methodisch greift die Medien- und Kommunikationswissenschaft gerne auf die Inhaltsanalyse zurück, um Medieninhalte zu beschreiben (siehe Abschnitt 2.4.2). Dabei werden mithilfe eines Kategoriensystems mitteilungsinterne Merkmale beschrieben, auf deren Basis man wiederum auf mitteilungsexterne Sachverhalte schließen kann. Die Katgeorien werden dabei sowohl theorie- als auch empiriegeleitet gebildet.
Medientheoretisch wird davon ausgegangen, dass sich Medien und Gesellschaft bzw. Kultur gegenseitig bedingen (siehe Abschnitt 2.4). Dies ist wesentlich, wenn es zu beschreiben gilt, wie Medien reale Ereignisse wiedergeben, oder anders gesagt, wie sie Wirklichkeiten konstruieren. So besagt das Modell der zirkulären Wirklichkeitskonstruktion nach Schmidt, dass Wirklichkeit in Abhängigkeit von Kultur, Kognition, Medien und Kommunikation konstruiert wird. Bentele spricht davon, dass Medien bzw. Journalisten und Redaktionen Realität rekonstruieren – und zwar nicht in einem individuellen Prozess, sondern beeinflusst vom dahinterstehenden System. Für die vorliegende Arbeit ist bedeutsam, dass objektive Berichterstattung möglich ist, obwohl es sich beim Pressediskurs eben um Rekonstruktion (und nicht etwa um Abbildung) von Wirklichkeit handelt. Allerdings ist Objektivität hier im Sinne von Realitätsadäquatheit (Richtigkeit, Vollständigkeit, Transparenz, Nachprüfbarkeit) zu verstehen (siehe Abschnitt 2.4.1).Medienlinguistik
3 Medienlinguistik
Die vorliegende Arbeit versteht sich als medienlinguistische Untersuchung. Die Medienlinguistik befindet sich an der Schnittstelle zwischen Medien- bzw. KommunikationswissenschaftKommunikationswissenschaft und Sprachwissenschaft. So verortet Beck (vgl. 2007: 157) Medienlinguistik als Teildisziplin der Kommunikationswissenschaft, Perrin (vgl. 2006a: 30) aber als Teildisziplin der Linguistik. Beheimatet ist sie irgendwo dazwischen, sich mit dem mehr oder weniger gleichen Forschungsgegenstand auseinandersetzend, aus beiden Traditionen schöpfend, was Theorien und Methoden anbelangt.
„Die Medienlinguistik und die Kommunikations- und MedienwissenschaftMedienwissenschaft (KMW) befassen sich beide mit öffentlicher Kommunikation – mit der Produktion und der Rezeption von Kommunikationsangeboten, mit den Produkten selbst und mit der Umwelt, die diese Kommunikation beeinflusst und durch sie beeinflusst wird. Interdisziplinäre Zusammenarbeit drängt sich hier auf […].“ (Perrin 2006a: 33)
Ganz ähnlich argumentiert Jannis Androutsopoulos, seit 2009 Professor für Linguistik des Deutschen und Medienlinguistik an der Universität Hamburg (vgl. Androutsopoulos 2009): Er (2003: 1) nennt die Medienlinguistik eine „Bindestrich-Disziplin“, die „Theorien und Methoden der empirischen Sprachwissenschaft“ (z.B. Text- und Soziolinguistik) „mit Konzepten und Fragestellungen der Medienwissenschaften“ verbindet. Dabei hebt sich die Medienlinguistik von den Medienwissenschaften durch ihre „Einschränkung auf die verbal-kommunikativen Aspekte von Medienprodukten“ sowie von Medienproduktion und -rezeption ab:
„Von anderen produktorientierten Ansätzen der Medienwissenschaften (Inhaltsanalyse, Mediensemiotik) unterscheidet sich [die Medienlinguistik] durch ihren Schwerpunkt auf Sprache (gegenüber den anderen Zeichensystemen, die bei der Konstitution von Medientexten mitwirken) sowie durch den Rückgriff auf linguistische Methoden.“
Wie Androutsopoulos weist auch Perrin (2006a: 31) darauf hin, dass die Medienlinguistik disziplinenüberschreitend ist: „Fragen nach einer angemessenen Methodik oder nach dem Sprachgebrauch in publizistischen Medien zum Beispiel greifen über die Medienlinguistik hinaus.“ Forschung ist multi- (Zusammenarbeit verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen), inter- (Zusammenarbeit wissenschaftlicher Disziplinen und gemeinsame Entwicklung von Methoden und Theorien) oder transdisziplinär (Zusammenarbeit wissenschaftlicher Disziplinen mit außerwissenschaftlichen Fächern). Die vorliegende Arbeit wäre demnach interdisziplinär angelegt, da sie linguistische und medien- bzw. kommunikationswissenschaftliche Methoden und Konzepte vereint.
Doch wie lässt sich nun Medienlinguistik definieren? Womit beschäftigt sie sich genau? Perrin (2006b: 177) beschreibt in einem Lexikoneintrag Medienlinguistik als
„Teildisziplin der (Angewandten) Linguistik, die sich mit der Sprache und dem Sprachgebrauch in medial vermittelter menschlicher Kommunikation befasst. ‚Medial‘ bezeichnet dabei ein technisches (Massen-)Kommunikationsmedium (Film, TV, Internet, SMS, Blogs etc); ‚menschliche‘ Kommunikation ist zu verstehen als privat oder öffentlich, mündlich oder schriftlich usw. – mit allen Zwischenstufen.“
Androutsopoulos (2003: 1) beschreibt Medienlinguistik bzw. linguistische Medienanalyse als „Sammelbegriffe für sprachwissenschaftliche Ansätze zur Untersuchung von Massen- und Individualmedien“. Im Vergleich zur Medien- und KommunikationswissenschaftKommunikationswissenschaft, bei der der Fokus sehr stark auf öffentlicher Kommunikation bzw. MassenkommunikationMassenkommunikation liegt, ist der linguistische Medienbegriff weiter gefasst und schließt auch Medien, die der privaten Kommunikation dienen, mit ein (Genaueres zum Medienbegriff in der Medien- und Kommunikationswissenschaft siehe Abschnitt 2.1).
Der Forschungsgegenstand der Medienlinguistik ist demnach grob gesagt die MedienspracheMediensprache (s. a. Pressesprache) bzw. der „Zusammenhang von Sprache und Medien“ (Perrin 2006a: 30). Die grundlegende Forschungsfrage sieht Androutsopoulos (2003: 1) darin,
„wie die technischen und institutionellen Rahmenbedingungen der Medienkommunikation den Sprachgebrauch in Medientexten und -gesprächen prägen […]. Spezifische Fragestellungen der Medienlinguistik betreffen u.a.:
die Auswirkung der technischen Einschränkungen von Presse, Radio, Fernsehen und Internet auf die Realisierung von Sprache;
die Beschreibung massenmedialer Darstellungsformen in ihren formalen und funktionalen Aspekten;
die Beziehung zwischen Sprachgebrauch und Zielgruppen der Medienkommunikation;
die Inszenierung von Mediengesprächen und das strategische Handeln ihrer Akteure;
die unterschiedliche Repräsentation von Wirklichkeit in den MassenmedienMassenmedien und ihre Rolle in der Konstituierung öffentlicher DiskurseDiskurs;
das Verhältnis zwischen Medien und Sprachwandel, den Wandel des Sprachgebrauchs in den Medien sowie den Einfluss der MassenmedienMassenmedien auf den allgemeinen Sprachwandel.“
Für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit sind die technischen und institutionellen Rahmenbedingungen der Presse bedeutsam (z.B. der Produktionsprozess). Von den angeführten Punkten werden Punkt 2 und Punkt 5 (die Beschreibung massenmedialer Darstellungsformen sowie die Repräsentation von Wirklichkeit in der Presse) in der Arbeit berücksichtigt.
Etwas anders beschreibt Perrin (2006b: 177) das typische Erkenntnisinteresse der Medienlinguistik, das nach ihm primär
„den Zusammenhängen von Sprachwandel und Mediennutzung oder von Sprachgebrauch und Medienwirkung [gilt]. […] Die M[edienlinguistik] greift im Sinn Angewandter Linguistik aber auch Probleme der Medienpraxis auf und kann zum Beispiel beitragen zur Untersuchung und Optimierung der Textproduktionskompetenz einer Medienredaktion. Auf einer Metaebene schließlich hinterfragt die M[edienlinguistik] etwa die Tradition der Linguistik, zur Untersuchung von Alltagssprache auf die öffentlich zugänglichen Sprachdaten aus (massen-)medialen Kontexten zu greifen.“Pressetextsorten
Die vorliegende Arbeit ist nicht in der Angewandten Linguistik anzusiedeln, im Sinne dessen, dass sie Gegebenes analysiert, Probleme ortet und im Anschluss den Redaktionen Vorschläge zur Optimierung liefert. Sie möchte sehr wohl aufzeigen, hinweisen und eventuell zur Optimierung anregen, doch das Wie der Optimierung wird nicht behandelt. Thema der Arbeit ist die Beschreibung der verwendeten Sprache, also des Sprachgebrauchs, des Wortschatzes, des Stils und der damit transportierten manifesten und latenten Inhalte und WertungenBewertung.
Hinsichtlich ihrer Methoden zur Datenerhebung und -auswertung hat die Medienlinguistik nichts vollkommen Neues entwickelt, „sondern lehnt sich an Forschungstraditionen der empirischen Sprachwissenschaft an, die dem spezifischen Gegenstandsbereich angepasst werden“ (Androutsopoulos 2003: 5). Die gebräuchlichsten Methoden sind nach Androutsopoulos die Analyse von Textsorten und Gattungen, die sogenannte Variationsanalyse (Analyse des Zusammenhangs zwischen Sprachgebrauch und Zielgruppe, z.B. indem Qualitäts- und BoulevardzeitungenBoulevardzeitung miteinander verglichen werden), die Gesprächsanalyse sowie die Kritische Linguistik und die DiskursanalyseDiskursanalyse. Die kritische Linguistik will aufzeigen, „welche Details der sprachlichen Formulierung zur Reproduktion sozialer Stereotype bzw. Verschleierung politischer Verantwortung beitragen können“ (Androutsopoulos 2003: 7). Perrin nennt außerdem noch die Versionenanalyse („linguistisches Verfahren zur Datengewinnung und -analyse, das sprachliche Merkmale in intertextuellen Ketten verfolgt“ (2006a: 50), also zum Beispiel Zitate nachverfolgt: ursprüngliches Zitat, Agenturmeldung, endgültige Druckversion), Progressionsanalyse (Verfahren zur Untersuchung von Textproduktionsprozessen; vgl. 2006a: 57) und Metadiskursanalyse (Verfahren zur Untersuchung des Sprachbewusstseins, z.B. das Leitbild einer Zeitungsredaktion; vgl. 2006a: 71).
Für die im Rahmen der vorliegenden Arbeit vorzunehmende Analyse der Zeitungsartikel wurde u.a. die Methode der DiskursanalyseDiskursanalyse gewählt (Genaueres siehe Abschnitt 5.3). Im Rahmen des Vergleichs verschiedener österreichischer und französischer Tageszeitungen wird aber auch eine Variationsanalyse vorgenommen, die es ermöglicht auf die verschiedenen RedaktionslinienRedaktionslinie rückzuschließen.
Es folgen nun relevante Forschungsergebnisse der Medienlinguistik.
3.1 Die Sprache(n) der Medien
MedienspracheMediensprache (s. a. Pressesprache) ist keine Fach- oder Sondersprache der Medien. Eine solche gibt es schlichtweg nicht, da der Sprachgebrauch in den verschiedenen Medien viel zu inhomogen ist (vgl. Bucher 1999a: 214). Mediensprache ist „als Oberbegriff für ein vielschichtiges kommunikatives Feld mit vielen Binnendifferenzen“ zu verstehen (Androutsopoulos 2003: 3). Perrin (2006c: 265) definiert aufbauend auf bisherige Theorien Mediensprache als „eine Menge konkreter Äußerungen, die mittels publizistischer Medien hergestellt und veröffentlicht werden sollen, gerade veröffentlicht werden oder veröffentlicht worden sind“. Die Verbreitung per MediumMedium bringt viele unterschiedliche Kommunikationsbedingungen mit sich, die die Sprachverwendung beeinflussen. Diese Bedingungen werden im folgenden Abschnitt beschrieben, wobei vor allem die PressesprachePressesprache (s. a. Mediensprache) in den Blick genommen wird.
3.1.1 Mediale Kommunikationsbedingungen
Nach Sager (2001: 202) ist die Linguistik „die Wissenschaft von der medialen Kommunikation“. Dieses „medial“ versteht er weder als „massenmedial“ noch als „materielle Trägersubstanz“, sondern plädiert für einen differenzierteren Medienbegriff (vgl. 2001: 202f. und 207). Medien sind als ein „vermittelndes Mittleres“ nicht nur Informationsträger, sondern auch „eine konstruierend konstitutive Instanz“. Darunter ist zu verstehen, dass Medien auch Wirklichkeit bzw. Wirklichkeitszugänge schaffen (siehe dazu Abschnitt 2.4.1). „In diesem Sinne bietet das MediumMedium immer mehr als die bloße Aussage über die Welt“ (Sager 2001: 207). Der linguistische Forschungsgegenstand birgt mediale Kommunikation in allen Formen, „die eine Gemeinschaftsherstellung über thematische Einlassungen darstellen“ (Sager 2001: 208). Sager versucht die Vielfalt der Formen bzw. Medien zu entflechten, sie nach bestimmten Kriterien zu klassifizieren und damit den linguistischen Kommunikationsbegriff bzw. die Kommunikationsbedingungen zu erhellen (vgl. 2001: 222). Er unterscheidet nach:
Medientypen: (1) performative (vorführende, vor Ort rezipierte) Medien (z.B. gesprochene bzw. geschriebene Sprache, Gestik, Rauchsignale) und (2) deponierte (abgelegte, zur Verfügung stehende) Medien (z.B. Zeitung, Plakat, Film) (vgl. 2001: 212f.);
Medienstufen: (1) Organisationsmedien (hinsichtlich der Presse wäre dies der Verlag), (2) Distributionsmedien (Zeitung), (3) Präsentationsmedien (TextMedientext, Grafik, Foto) und (4) Signifikationsmedien (gesprochene oder geschriebene Sprache, Piktografie) (vgl. 2001: 217f.);
Mediendimensionen: (1) Medienstatus (Zeitung: technische Hervorbringung – Druck), (2) Medienzugang (Zeitung: vermittelter Zugriff – Papier), (3) Medienausrichtung (Zeitung: hauptsächlich monologische Wirkrichtung – ohne Reaktionsmöglichkeit), (4) Präsentationsart (Zeitung: mobiler Rezeptionsraum – transportabel), (5) Präsentationsform (Zeitung: deponierte materielle Manifestation des Mediums – als statische Konfiguration zur Rezeption abgelegt), (6) Rezeptionsart (Zeitung: manifeste Organisation des Rezeptionsvorgangs – ortsfester Rezeptionsvorgang, Bewegung nicht notwendig), (7) Rezeptionsform (Zeitung: linearer und flächiger Abtastprozess des Rezipienten – eindimensionaler TextMedientext, zweidimensionales Bild), (8) Zeitverhältnis (Zeitung: zeitliche Relation zwischen Produktion, Vorführung und Rezeption – zeitversetzte Produktion und Rezeption der Zeitung) (vgl. 2001: 221).
Die Sprache eines Mediums passt sich seinem Typ, seiner jeweiligen Stufe sowie seinen verschiedenen Dimensionen an.
Weitere medienspezifische bzw. institutionelle Kommunikationsbedingungen, die die Sprache der Medien beeinflussen und die „für eine sprachwissenschaftliche Analyse der Medienkommunikation […] von Bedeutung“ sind, sind bei Bucher angeführt (1999a: 216):
Mehrfachautorenschaft: Pressetexte haben eine „mehrschichtige Urheberschaft“, indem sie verschiedene Quellen aufweisen (Agenturmeldungen, Dokumente, Texte, Äußerungen, Bilder von Agenturen, Pressefotografen, Privatpersonen u.a.). Weiters werden Artikel oft mehrfach überarbeitet und formatiert (vgl. 1999a: 216).Kommentar
Mehrfachadressierung: Die Zielgruppe von Medientexten ist sehr breit gefächert. Im Fernsehen spricht man bei manchen Angeboten von inneren und äußeren Kommunikationskreisen. Teilnehmer des inneren Kommunikationskreises einer Talk-Show wären der Moderator, die eingeladen Gäste sowie das Live-Publikum. Teilnehmer des äußeren Kommunikationskreises wären die Zuseher zu Hause. In der Zeitung zeigt sich die Mehrfachadressierung beispielsweise in der Leseransprache im Editorial; implizitBewertung, implizite auch „in der thematischen Differenzierung des Medienangebots nach Themen, Ressorts, Darstellungsformen sowie in den verschiedenen Orientierungshilfen, die eine selektive Mediennutzung unterstützen sollen“ (1999a: 217). Bei Burger findet man hier den Terminus „diachrone Intertextualität“, d.h., der MedientextMedientext bezieht sich auf vorhergehende Texte, z.B. Agenturtexte, Gespräche usw. (vgl. 2005: 72–89).1TextsortePressetextsorten
Präsentierte Kommunikation:Mediensprache (s. a. Pressesprache) Die technische Übertragung der medialen Kommunikation wirkt ebenfalls auf die Mediensprache ein. Pressetexte werden im Rahmen der Möglichkeiten des Mediums „Papier“ erstellt und in ihrer Darstellungsform und Länge an die Layout-Vorgaben angepasst (vgl. Bucher 1999a: 217f.).
Daneben formuliert Bucher (1999a: 218f.) sechs medienspezifische Kommunikationszusammenhänge:
Redaktionelle Kommunikationszusammenhänge: In der Presse wirkt die Art der Recherche, der Produktionsbedingungen oder der NachrichtenselektionNachrichtenselektion auf die verwendete Sprache ein.
Periodische Kommunikationszusammenhänge: Die Erscheinungsperiodizität des Mediums beeinflusst die Themenentwicklung und die zum Einsatz kommenden Textsorten; z.B. sind in Tageszeitungen im Vergleich zu Wochen- und Monatszeitschriften nur wenige Hintergrundreportagen zu finden.
Konstellative Kommunikationszusammenhänge: Herausgebildete Konstellationsformen wie Bericht-Kommentar-Sequenzen, Abfolgen von Ankündigungs- oder Aufmachungsmeldung und Vertiefungsbericht; modulare Clustertypen aus Berichten, InterviewsInterview, Hintergrunddatenkästen, Bildern oder Grafiken erbringen im Rahmen eines Informationsangebotes verschiedene Informationsleistungen und ermöglichen den RezipientInnen eine selektive Lektüre.
Dialogische Kommunikationszusammenhänge: Dazu gehören in der Presse InterviewsInterview oder dialogische Sequenzen monologischer Beiträge mit Anknüpfungs- oder Wiederaufnahmeäußerungen (z.B. Gegendarstellungen oder Kommentar-Gegenkommentar-Sequenzen).
Intermediale Kommunikationszusammenhänge: Medien stehen nicht isoliert da, sondern sind Teil eines Mediengeflechts bzw. Teil der öffentlichen Kommunikation; Medien beeinflussen sich gegenseitig, Themen werden bestimmt, übernommen usw.
Anschlusskommunikationen der RezipientInnen: Reaktionen der RezipientInnen auf Medienbeiträge, z.B. in Form von Leserbriefen, geben Aufschluss über ihre Themendeutungen, ihre Wissenserweiterung oder ihre Qualitätsansprüche.
Neben diesen Strukturen beschreibt Bucher (vgl. 1999a: 219–222) vier Organisationsprinzipien von Medientexten, die gleichzeitig verschiedene sprachwissenschaftliche Forschungsfelder repräsentieren:
Sequenzmuster und Darstellungsformen: Journalistische Handlungen folgen einer bestimmten Abfolge, so etwa in Form verschiedener Pressetextsorten, in Form modularer Cluster verschiedener Texte und Bilder oder in bestimmten sprachlichen oder auch bildlichen Mitteln (in Kommentaren kommen z.B. bestimmte Argumentations- und Bewertungsmuster vor.
Sprachliche Ausdrücke und Äußerungsformen: Die sprachlichen Mittel der verschiedenen sprachlichen Ebenen (Lexik, Syntax, Stilistik) hängen von der jeweiligen journalistischen Aufgabe, vom jeweils abzuhandelnden Thema bzw. vom jeweiligen Verwendungszusammenhang und damit von der jeweiligen Funktion der Aussage oder des Medientextes ab. Will sich ein Journalist vom Berichteten abgrenzen, kann er dies mithilfe syntaktischer Mittel (z.B. Konjunktiv, Modalverben) ausdrücken. Will er Informationsschwerpunkte setzen, markiert er dies mithilfe der Wortstellung. Besonders augenscheinlich sind die syntaktischen und lexikalischen Mittel der Schlagzeilen (Nominalisierungen, Ellipsen, Metaphern, Komposita), die mehrere Funktionen erfüllen sollen. Auch je nach journalistischer Aufmachungsform wird auf andere sprachliche Mittel zurückgegriffen: In Kommentaren werden verstärkt Konjunktiv, Adjektive und Modalverben verwendet.
Wissensaufbau und Wissenskonstellation: Texte werden verfasst, indem bestimmtes Wissen bei den RezipientInnen vorausgesetzt wird (ersichtlich z.B. an Hintergrundinformationen in zusätzlichen Infokästen; oder an ironischen Formulierungen, die nur auf Basis eines gemeinsamen Wissens von Journalist und Rezipient verstanden werden können). Auch das Verständnis von Texten hängt vom Wissensstand der RezipientInnen ab und kann daher unterschiedlich sein. Die Zielgruppenorientierung einer Tageszeitung kann rekonstruiert werden, indem das vorausgesetzte Wissen analysiert wird. Innerhalb einer Tageszeitung kann z.B. ein Kommentar auf dem in einem Bericht vermittelten Wissen aufbauen.
Thematische Strukturen: Aufschlussreich ist die Analyse der thematischen Strukturen eines Mediums (behandelte Themen, Themenprofile, Themenkarrieren, thematische Schwerpunkte, Textgestaltung im Sinne des Themenmanagements, z.B. durch Überschriften, Vorspann, Anreißermeldungen, Inhaltsverzeichnisse, Themenüberblicke …).
Strategische Prinzipien und Informationspolitik: Nicht zuletzt verfolgt jedes MediumMedium eine gewisse Informationspolitik, um ein bestimmtes Informationsziel zu erreichen. Das ist erkennbar an der thematischen Struktur (welche Themenbereiche oder Sichtweisen werden ausgeblendet?), an gleichgerichteten Kommentaren bzw. BewertungenBewertung, aber auch an textsortenspezifischen Aufbaumustern (z.B. Prinzip der umgekehrten Pyramide des Berichts). Hierher gehört wohl auch die Trennung zwischen Bericht und Kommentar oder die Vorliebe einer Zeitung für bestimmte Textsorten (z.B. ReportagenReportage in Aujourd’hui en France, siehe Abschnitt 10.4.2)Pressesprache (s. a. Mediensprache).
Dieser Abschnitt hat gezeigt, wie viele verschiedene Faktoren auf die Sprachverwendung in den Medien einwirken. Die Komplexität der Einflussfaktoren bedingt auch die Komplexität der Mediensprache. Es kann daher allenfalls die Rede von Tendenzen der Sprache eines Mediums bzw. einer Textsorte eines Mediums sein. So auch, wenn es um die Besonderheiten der Pressesprache geht.