Kitabı oku: «Mann 2020», sayfa 2
Wieder ein anderes Sekret ist für die Säure zuständig, die gebraucht wird, um den pH-Wert im weiblichen Geschlechtstrakt gut abzupuffern, damit die Samenzellen überleben können.
Die Menge des Ejakulats ist übrigens keine Messlatte für die Potenz. Sie hängt einmal ganz banal davon ab, wie groß die Samenblasen sind, die die Flüssigkeit produzieren. Zweitens spielt die Ernährung eine Rolle. Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand der Prostata sind möglich, allerdings anders, als man es erwarten würde. Eine vergrößerte Prostata erkennt man nicht an einer gewaltigen Ladung Samenflüssigkeit. Im Gegenteil, oft verringert sich die Menge dann sogar, oder die Ejakulation wird schmerzhaft.
So ein Schmerz im schönsten Augenblick kommt zum einen daher, dass sich ja nicht nur das funktionelle, gute Drüsengewebe vergrößert. Zum anderen werden die 30 bis 50 Ausführungsgänge von der Größe so abgedrückt, dass sie nicht mehr gut gereinigt werden. Diese winzigen Gänge und Schläuche, von denen auch kaum ein Mann eine Ahnung hat, verhalten sich dann wie eine umgekehrte Brause.
Eine der Hauptrollen in all diesem Zusammenspiel haben die Hormone über. Was Hamlet oder Mephisto am Theater sind, ist das Testosteron in der Entwicklungsgeschichte unserer Kastanie. Erst das Testosteron macht die Prostata während der Pubertät zu einem funktionsfähigen Organ. Und die Balance der Hormone, insbesondere von Testosteron, Östrogen und Progesteron ist ganz entscheidend für spätere Probleme.
WIE ERKENNT MAN SIE NUN, DIE PROBLEME?
DIE MÖGLICHKEITEN DER DIAGNOSTIK
In der Diagnostik hat sich auf dem Gebiet der Prostata-Erkrankungen in den vergangenen Jahren immens viel getan.
• Die einfachste und leichteste Methode ist nach wie vor die Fingeruntersuchung, die den meisten Männern solchen Respekt abringt. Sie ist vielleicht unangenehm, aber schmerzlos.
Die Daumenregel dabei: Eine gesunde Prostata fühlt sich etwa so an, als drücke man mit dem Finger der einen Hand auf die zur Faust geballte andere Hand, und zwar genau zwischen Daumen und Zeigefinger. Im Fall von Prostata-Krebs hat man das Gefühl, etwas danebengegriffen und auf einen Knöchel gedrückt zu haben.
Mit der Fingeruntersuchung lassen sich etwaige Knoten ertasten, sie gibt Aufschluss über Größe und Beschaffenheit. Die Prostata kann sich elastisch, teigig oder verhärtet anfühlen, da gibt es riesige Unterschiede. Die Oberfläche gibt erste Hinweise auf mögliche Probleme. In jedem Fall bekommt man Informationen über die Spannung im Beckenboden und im Schließmuskel. Aus medizinischer Sicht ist es ungemein wichtig, den Patienten anzugreifen. Erst dabei bekommt man als Arzt ein Gefühl für die Sache und erfährt wesentlich mehr als aus den leblosen Labor-Werten. Obwohl diese ebenso wie die Harnuntersuchung wichtig für die Diagnostik ist.
• Eine ebenso einfache und bewährte Untersuchung ist die Harnflussmessung. Statt direkt in die Toilette pinkelt der Patient in einen Trichter. Simple Übung und im Normalfall absolut schmerzlos. Über einen Kurvenverlauf erkennt der Urologe, wie gut das Harnlassen funktioniert. Zeigt sich ein klassischer glockenförmiger Verlauf mit maximaler Flussgeschwindigkeit, kann man gleich wieder einpacken, dann ist die Miktion vollkommen in Ordnung. Flussgeschwindigkeit ist übrigens nicht mit Druck zu verwechseln. Druck durch Pressen ist beim Harnlassen nie etwas Gutes.
Pinkeln, man sollte es nicht glauben, ist ein perfekt orchestrierter Ablauf. Ab dem Moment, wo man sich hinstellt, setzt die unwillkürliche Muskulatur um die Blase und um die Prostata eine regelrechte Kaskade in Gang. Es ist nicht die Schwerkraft, die da die Arbeit macht, es ist der Blasenmuskel, der sich einerseits zusammenzieht und gleichzeitig den Schließmuskel der Harnblase, der sich auf Höhe der Prostata befindet, entspannt. Über den Beckenboden bedienen wir den willkürlichen Schließmuskel, der den Harnstrahl stoppt oder aktiviert. Deswegen gehört auch der Beckenboden immer mit in die Diagnostik hinein, insbesondere bei Patienten, die wiederholt Schmerzen mit der Prostata haben.
Man kann übrigens auch beim Pinkeln etwas falsch machen. Wenn man sich dabei nicht wirklich völlig entspannt, lernt man sich auf Dauer etwas Falsches ein, ähnlich wie beim Atmen. Harnlassen ist also nichts, was man nebenher macht, zwischen zwei Terminen, das Handy am Ohr und den Kopf bei der nächsten Präsentation. Es ist eine Krankheit unserer Gesellschaft, ständig überall erreichbar sein zu müssen. Auf die Toilette geht man allein, ohne Stress. Hinstellen, Beckenboden und Körper entspannen, nichts denken. Das wäre das Gesündeste.
Eine andere Art von Stress ist der heimliche Wettbewerb in der Disziplin Zurückhalten. Viele Männer fühlen sich umso stärker, je mehr Menge sie ansammeln und dann eindrucksvoll auf einmal abgeben können. Wer jetzt den Kopf schüttelt, war noch nie stolz, seinen Namen in den Schnee schreiben zu können, und ich meine den ganzen, nicht nur Herbert.
Einen Tag lang durchzuhalten, ohne auf die Toilette zu gehen, ist jedenfalls keine Heldentat. Man kann damit sogar einiges anrichten. Die Blase und die Muskelfasern werden überdehnt, verlieren ihre Kraft und können sich nicht mehr so gut zusammenziehen. Betreibt man das langfristig, entstehen zum Teil irreparable Schäden an der Blase.
• Ein ganz genialer Tumor-Marker ist das PSA, wir hatten es schon als Sekret, das die Samenflüssigkeit verdünnt. Das Enzym oder Protein erleichtert uns die Diagnose von Prostata-Krebs, der davor nur mit der Fingeruntersuchung festzustellen war, ganz entscheidend. Nach der Zulassung der Untersuchung 1986 stieg die Zahl der Früherkennungen tatsächlich sehenswert an, die Krebserkrankungen gingen entsprechend zurück.
Allerdings war die Geschichte nicht ungetrübt. Vor einigen Jahren ließen eine US-amerikanische und eine europäische Studie aufhorchen, die durch die Medien gingen und den Benefit der PSA-Untersuchung in Verruf brachten.
Der Kritikpunkt war letztlich durchaus einsichtig. Weil die Urologen eine Zeitlang so glücklich waren über die Möglichkeit, die ihnen diese Tumorhinweise boten, wurde biopsiert, was das Zeug hielt. Selbst wenn der Wert nur leicht erhöht war, schaute man sich zur Sicherheit auch das Gewebe an. Ich erspare Ihnen jetzt die Tücken der Diagnostik, rückblickend kann ich nur sagen, wir haben damit Heerscharen von Männern verunsichert und ihnen so einige Sorgen bereitet.
Fakt ist, dass PSA ein guter Marker ist, der aus vielen Gründen erhöht sein kann, der schlechteste davon ist Prostata-Krebs, und selbst der tritt nur in den selteneren Fällen ein. Ein etwas erhöhter PSA-Wert bedeutet also nicht immer sofort: um Gottes willen, Krebs. Er bedeutet: Da ist etwas, das man sich anschauen sollte. Dieses Etwas kann eine Prostata-Vergrößerung, eine Entzündung oder einfach nur eine Alterserscheinung sein. Heute wissen wir: Warnt der PSA-Wert, besteht kein Grund zur unmittelbaren Panik, man soll den Kopf aber auch nicht in den Sand stecken.
• Die Magnetresonanz ist eine Errungenschaft, mit der wir eine sehr gute bildgebende Diagnostik dazugewonnen haben. Die Prostata ist dabei nicht nur in ihrer Größe und Struktur, sondern auch in ihren Veränderungen zu sehen. Zu unterschiedlichen Zeitpunkten, meist frühzeitig und mit einer relativ hohen Treffsicherheit.
Nach einem Schulnotensystem wird in PI-RADS (Prostate Imaging – Reporting and Data System) klassifiziert, also P wie Prostata. Beim weiblichen Brustkrebs misst man in BIRADS, B für Brust.
• PI-RADS 1 ist eine Prostata, wie Gott sie schuf. Sieht man so gut wie nie, außer man beglückt einen 20-Jährigen mit der Untersuchung.
• PI-RADS 2 ist ein typischer Befund, der eine Prostata mit Anzeichen einer gutartigen Vergrößerung zeigt. Leider kann auch hier in wenigen Fällen Krebs vorliegen.
• PI-RADS 3 lässt bereits eine Läsion erkennen, die von den Radiologen nicht eindeutig als gut- oder bösartig eingestuft werden kann. Das bedeutet Kontrolle oder eine Probenentnahme zur weiteren Diagnostik.
• PI-RADS 4 ist eine sehr suspekte Läsion und damit ein deutlicher Hinweis auf eine bösartige Veränderung.
• PI-RADS 5 ist aus radiologischer Sicht ein sicherer Krebsnachweis, das MRT zeigt ein Karzinom. Die endgültige Diagnose stellt man nur mittels Biopsie, ohne weitere Informationen gibt es keine Therapie.
• Der Ferrari der bildgebenden Diagnostik ist derzeit das sogenannte PSMA-PET-MR, die Kombination einer nuklearmedizinischen Untersuchung mit einem hochsensitiven Marker für Prostata-Krebs-Zellen und dem MRT. Das gibt es übrigens auch in Kombination mit der Computertomografie als PSMA-PET-CT. PET ist eine Emissions-Tomografie, die schon erfolgreich bei der Schilddrüse im Einsatz ist.
Man spritzt radioaktive Substanzen, die sich im veränderten Gewebe anreichern, und es mit der grandiosen Detailauflösung der MRTs darstellen. Die Möglichkeiten, die man damit hat, sind enorm. Vor allem bei Patienten, die bereits ein Prostata-Karzinom haben, vielleicht auch schon operiert wurden, erhält man mit PSMA-PET-MR einen Hinweis darauf, ob es womöglich wieder aufgetretenist. Früher blieb einem nichts anderes übrig, als abzuwarten, ob der Wert wieder hinaufging.
Für Sie klingt das jetzt vielleicht nur, als freute sich ein Arzt über ein neues Verfahren, das ihm die Arbeit erleichtert. Es ist weit mehr. Es ist eine Revolution.
Zwischenfrage: Wer hat Angst vor einer Biopsie?
Alle. Allein schon das Wort auszusprechen, ist ein heikler Moment. Aus fachlicher Sicht wird bei einer Biopsie Gewebe aus dem Körper zur pathologisch-histologischen Aufarbeitung entnommen. Männer haben da ein weniger medizinisches Bild vor sich. Sie sehen rotglühende Stricknadeln auf sich zukommen, die ihnen in der nächsten Sekunde da unten hineingerammt werden. In den Anfängen dieser Untersuchung war die Vorstellung nicht ganz so weit daneben wie heute. Man tastete sich mit einer Fingerschiene quasi blind zur Prostata vor und schnitt mit einer Hohlnadel einen Zylinder heraus. Und das alles bei vollem Bewusstsein.
Inzwischen erledigt man das Ganze mit ungeheuer sympathischen, schlanken Ultraschall-Sonden und meistens über den Enddarm. Mit dem Schall geht es an der Innenauskleidung des Enddarms bis zur richtigen Stelle, wo eine feine Nadel durch den Darm direkt in die Prostata vordringt. Von all dem kriegt der Patient nichts mit, er liegt entweder in Narkose, aber in den meisten Fällen genügt eine örtliche Betäubung direkt bei den Nerven neben der Prostata.
Eine andere Biopsie-Variante heißt im Fachjargon transperinal und bedient sich nur eines anderen Winkels. Die feinen Nadeln gehen durch den Bereich zwischen Hodensack und After, das Perineum oder auch Damm genannt. Der Darm bleibt dabei unangetastet.
Wenn man durch den Darm geht, und Keime in die Prostata kommen können, sind Infektionen die größte Gefahr, wenn auch sehr selten. Üblicherweise kann das der Körper gut bearbeiten. Wenn jemand mit dem Immunsystem Probleme oder bereits eine Infektion hat, empfiehlt sich doch eher die transperinale Methode. Das kleinere Risiko sind Blutungen, die grundsätzlich immer passieren können, wenn man mit einer Nadel in den Körper sticht.
Die Prostata-Biopsie wird neuerdings auch mit den MRT-Bildern kombiniert und führt als sogenannte MRT-Fusions-Biopsie zu einer höheren Treffsicherheit. Sozusagen der Porsche unter den Biopsie-Verfahren.
WAS HEISST DAS ALLES FÜR SIE?
DIE THERAPIEMÖGLICHKEITEN BEI PROSTATA-KREBS
Es heißt vor allem: keine Panik. Die Nachrichten sind mehr als gut: Wir haben heute so gute Therapieformen in der Tumorbiologie, dass Prostata-Krebs in den meisten Fällen komplett geheilt werden kann. Selbst in fortgeschrittenen Stadien können wir die Krebserkrankung zu einer chronischen Erkrankung machen. Der exzellenten Forschung und dem unglaublichen Einsatz vieler hervorragender Kollegen gilt hier der Dank.
In den vergangenen 40 bis 50 Jahren gab es bei den Prognosen weniger Krebserkrankungen so einen deutlichen Rückgang wie bei Prostata-Krebs. Das Risiko, daran zu sterben, sank in den westlichen Ländern in den vergangenen 15 bis 20 Jahren deutlich. Und das bezieht sich nicht nur auf das onkologische Ergebnis, sondern auch auf die Lebensqualität. Wir konnten nicht nur die Nebenwirkungen der Therapien eindämmen, wir fanden auch heraus, dass man mitunter gar keine braucht.
Nicht jeder Prostata-Krebs muss behandelt und schon gar nicht operiert werden. Es gibt viele Männer mit einem Karzinom, das man nur kontrollieren und regelmäßig im MR beobachten muss. Vielleicht macht man noch einmal eine Biopsie, um Veränderungen zu untersuchen. Ansonsten lebt der Patient mit dem Krebs mittlerweile sehr gut.
Was tun?
Sollten Sie mit der Diagnose Prostata-Krebs konfrontiert sein, bewahren Sie Ruhe. Ein Prostata-Karzinom muss man nicht morgen operieren, es wächst in den meisten Fällen sehr langsam. Man hat also Zeit, um sich über die Behandlungsoptionen klar zu werden. Das heißt aber auf keinen Fall, die Diagnose oder etwaige Anzeichen nicht ernst nehmen zu müssen.
Das war nicht immer so. Schauen wir uns die Erfolgsgeschichte der Therapiemöglichkeiten kurz an:
Als einer der Ersten führte Hugh Hampton Young, damaliger Chef der Urologie im Johns Hopkins Hospital in Baltimore, 1904, also vor mehr als hundert Jahren eine Prostata-Operation durch. Er setzte den Schnitt im Dammbereich, was heute nur noch ganz selten gemacht wird.
1941 wiesen die amerikanischen Wissenschaftler Charles Huggings und Clarence Hodges nach, dass sich fortgeschrittene Prostata-Karzinome zurückbilden, wenn man ihnen das Testosteron entzieht. Man entfernte dazu nicht den gesamten Hoden, sondern schälte nur das funktionelle Gewebe heraus. Mittlerweile haben wir so gute Medikamente, dass selbst das obsolet ist. Es war der Beginn der Hormon-Therapie, 1966 bekam Huggins dafür den Nobelpreis.
Ein gewaltiger Meilenstein war 1982 die erste nervenschonende radikale Prostatektomie von Urologen-Papst Patrick Walsh, der später einer meiner Lehrer war. Lange bevor ich nach Johns Hopkins kam, hörte ich von ihm, als ich während meiner Allgemeinausbildung auch auf der Urologie gearbeitet habe. Schon damals faszinierte mich dieser Walsh, der in Baltimore so nervenerhaltend operierte. Die Prostata war immer eine große und schwierige OP, sie ist die Königsklasse in der Urologie, allein schon wegen der Lage. Wir konnten uns alle nicht vorstellen, wie Walsh das machte, und ob das alles überhaupt so stimmte, die österreichische Skepsis eben. In Wien, wie auch im Rest der Welt, ging man nach der geltenden radikalen Technik vor, indem man sie zur Gänze samt einem Teil des umgebenden Gewebes entfernte. Nerven zu schonen war damals kein Thema in der Chirurgie.
Für den Patienten hat sich mit der Walsh-Methode eine Welt verändert. Früher war es nach einer Prostata-OP vorbei mit dem Liebesleben, die durchtrennten Nerven machten eine Erektion unmöglich. Heute erhält man mit den Nerven auch in vielen Fällen die Sexualität, das Leben kann ganz normal weitergehen.
1991 gelang Professor Ralph Clayman, auch eine Kapazunder aus dem Urologen-Mekka in Baltimore, erstmals eine laparoskopisch durchgeführte Prostata-OP. Wir reden hier von Knopflochchirurgie, von winzigen Schnitten, von Kameras. Der Unterbauch wird mit Luft aufgeblasen, man operiert mit Stablinsenoptiken. Der Vorteil liegt in der schnelleren postoperativen Wundheilung und Erholung.
2001 erregte die erste robotische Prostata-Ektomie im Henry Ford Hospital in Detroit Aufsehen. Es war nicht der erste Einsatz von Robotern, die verwendete man schon länger. Aber erst dieses System, der daVinci-Roboter, brachte den wirklichen Durchbruch. Die Sensation war, dass der Chirurg erstmals getrennt von der Maschine agierte. Das heißt jetzt nicht, dass der Roboter operiert, und der Chirurg in der Kantine sitzt.
Wobei er das durchaus könnte, denn die Verbindung zwischen den beiden geht nur über ein Kabel. Der Arzt sitzt an einer Konsole, wo er die dreidimensionale Darstellung sieht, mit beiden Armen hineingreift und mit beiden Händen so etwas wie Greifzangen bedient und damit den Roboter steuert. Eine Revolution.
Und dahinter ein Evolutionssprung. Denn durch die Videoaufzeichnungen wurde es großen Auditorien möglich, bei der Operation zuzuschauen.
Schaut man noch ein bisschen weiter dahinter, taucht schnell das amerikanische Militär im Blickfeld auf. Wie so oft ist es auch in die Fortschrittsgeschichte des Roboters in der Medizin involviert. Der Gedanke war, Verletzte in Kriegsgebieten operieren zu können, obwohl die Chirurgen irgendwo friedlich an ihren Konsolen saßen. Dafür gab es gewaltige finanzielle Starthilfen für die Entwicklung der neuen Technologie. Die Rechnung ging nicht auf, es hakte an der Datenübertragung, die nicht mitmachte. Wenn wir nicht gerade mit Termingeschäften an der Börse beschäftigt sind, stört uns eine Latenzzeit von einer Sekunde nicht. Operationen aber müssen in Echtzeit ablaufen. Heute nähert man sich dem Ziel schon nach und nach an, die Investition der Rüstungsindustrie wird letztlich nicht hinausgeworfenes Geld gewesen sein.
Auch die Pharmaindustrie investiert schöne Summen in die Forschung. Vor allem die Medikamente, die bei bestehenden Prostata-Karzinomen eingesetzt werden, haben sich in den vergangenen zwanzig Jahren enorm weiterentwickelt.
So segensbringend es war, das Testosteron zu drosseln, um die Krebszellen am Wachsen zu hindern, löste es doch nicht alle Probleme. Im Gegenteil, man handelte sich damit ein paar neue ein. Das fehlende Testosteron zeigte nachhaltige Nebenwirkungen, zum Beispiel reagierte die Libido darauf gekränkt, und Depressionen hatten freie Bahn.
Man weiß auch schon länger, dass Prostata-Karzinome trotz Testosteron-Entzug nach einer gewissen Zeit weiterwuchsen. Man wusste nur nicht, warum. Bis wir vor kurzem verstanden haben, wie schlau Prostata-Krebs-Zellen sind. Aha, sagen die sich nämlich, sobald wir ihnen den Hormon-Hahn abdrehen, soso, ihr stoppt uns das Testosteron, dann produzieren wir es eben selber. Und das tun sie auch, sie machen sich unabhängig. Selbst die Signalwege, die durch Testosteron in einer Zelle entstehen, können sie nachspielen und sich ihre eigenen Wege suchen. Unglaublich, was eine Zelle, dieser kleinste Teil unseres Körpers, alles zustande bringt. Die neuen Therapien auf der hormonellen Schiene fußen auf diesem Verständnis.
Vor der Hormon-Therapie gab es überhaupt nur die Optionen zu operieren oder zu bestrahlen. Alle Versuche, bei Prostata-Krebs Chemo-Therapien einzusetzen, die bei anderen Krebsarten durchaus erfolgreich sind, scheiterten. Jeder Krebs hat seinen eigenen Mechanismus, wie er sich teilt und wie er wächst. Jedes Gewebe reagiert unterschiedlich auf die Formen der Chemo-Therapie. Manche setzen dort an, wo sich der Krebs teilt. Im Zellkern drinnen, genau dort, wo die Erbinformation repliziert wird, wo ein Spindelapparat ausgebaut wird und diese Informationen hin- und hergleiten und auseinandergehen. Es gibt Chemotherapeutika, die diesen Spindelapparat zerstören. Klingt nach einem todsicheren Vorgehen, funktioniert aber nicht bei jeder Krebszelle. Denn jede hat ihre eigene Art, sich weiterzuentwickeln.
Weil Chemo-Therapien grundsätzlich nur Zellen zerstören, die sich schnell teilen, beeinträchtigen sie auch die Fruchtbarkeit. Die Zellen im Eierstock und vor allem in den Hoden sind, wie Haarzellen, sehr schnell teilende Zellen. 2004 kam dann erstmals ein Chemotherapeutikum zum Einsatz, das es mit der flinken Truppe des Prostata-Karzinoms aufnehmen konnte.
Seit 2011 geht die jüngste Entwicklung von Medikamenten in die Richtung, den Mechanismus der Zellen, sich selbst Testosteron zu produzieren, zu unterdrücken. Und zwar ohne Chemo-Therapie. Wir werden sehen, wo uns das in den kommenden Jahren hinführt. Und danach müssen wir das nächste Medikament finden, das wir brauchen, wenn die Zellen gelernt haben, sich auch dagegen zu wehren. Was wir bereits haben, sind ganz neue Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen und für deren Entdeckung es 2018 einen Nobelpreis gab.
Generell ist die Zukunft der Therapie recht verheißungsvoll. Alles weist in Richtung weniger radikaler Therapieformen. Über das MRT lassen sich Veränderungen der Prostata schon so gut lokalisieren, dass man sie fokal behandeln kann. Anders gesagt: Es ist nicht mehr notwendig, alles zu entfernen, man beschäftigt sich nur noch mit den betroffenen Teilen. Und dafür stehen uns ganz neue Methoden mit den unterschiedlichsten Energieformen zur Verfügung.
Das Thema Prostata-Krebs ist ein riesiges, man kann damit viele Bücher füllen. Den Rahmen dieses Buches würde es sprengen, es soll auch nicht dessen Zielsetzung sein. Sollten Sie vom Prostata-Krebs betroffen sein oder sich für weitere Details interessieren, kann ich Ihnen das ausgezeichnete Buch meines ehemaligen Lehrers, des Ordinarius’ der Wiener Urologischen Universitätsklinik Professor Shariat mit dem Titel Prostatakrebs Vorbeugung. Diagnose. Therapie empfehlen. Auch die ausgezeichneten Informationsbroschüren und Awareness-Kampagnen sind eine gute Hilfe, allen voran die Lose Tie-Aktion der Österreichischen Krebshilfe gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie und dem Berufsverband der österreichischen Urologen.