Kitabı oku: «Fioria Band 3 - In Liebe und Hass», sayfa 3
„Ja, ja, ich überleg’s mir“, ertönte die Stimme des flauschigen gelben Geistes in meinem Kopf. „Vielleicht.“
„Na, immerhin“, dachte ich und öffnete die Augen wieder, um Shadow anzusehen. „Mal sehen, ob das was bringt.“
„Luna wird es dir danken“, lachte der Dämon. „Und was schreibt deine beste Freundin? Neuigkeiten aus der Zweigstelle Windfeld?“
Ich las den Brief durch, wobei mir der Mund aufklappte. „Wahnsinn! Es ist echt viel passiert. Ulrich arbeitet ohne Ende, Jakob hat sich den Korb seines Lebens von einer Technikerin aus dem Hauptquartier geholt und Haru hat nach einer Feier aus Versehen mit James geschlafen und bereut es jetzt zutiefst. Ich glaub es nicht! Haru und James! Dabei wollte sie nie was mit diesem Frauenheld zu tun haben!“ Fassungslos schüttelte ich den Kopf. „Das wird bei der Arbeit ab jetzt bestimmt unangenehm ...“
„Wahrscheinlich wird James so bald keinen Innendienst mehr machen, um ihr aus dem Weg zu gehen“, vermutete Shadow.
„Ich glaube eher, Haru wird alles tun, um ihm aus dem Weg zu gehen. Nicht umgekehrt.“ Ich fuhr mir durchs orange-braune Haar. „Die Arme. Bestimmt hat sie zu viel getrunken. Aber bei Melodia und Mark läuft es super, immerhin. Am besten schreibe ich gleich heute Abend zurück, schon allein um Haru ein wenig aufzumuntern.“
„Sie freut sich bestimmt über jede Ablenkung.“ Shadow schwebte ein wenig durchs Wohnzimmer, bevor er wieder vor mir stehen blieb. „Gib deinen fertigen Brief Celeps, er liefert ihn dann ab, wenn sich eine gute Gelegenheit ergibt.“
Ich lächelte ihn an. „Ich wüsste nicht, was ich ohne euch tun sollte. Dank euch habe ich noch Kontakt zu den anderen in der Zweigstelle. Und dank euch können wir mit Fiona und Nico schreiben.“
„Wir helfen dir doch gerne“, entgegnete er.
Langsam wurde mir schwindlig. „Oh, Shadow, ich fürchte ...“
„Ich spüre es gerade. Deine Kräfte lassen nach. Am besten verlasse ich Fioria“, beschloss er. „Wir sehen uns bald wieder.“
„Es tut mir leid, dass ich euch nur so kurz zu mir rufen kann“, wisperte ich, wobei mir Tränen in die Augen stiegen. „Es tut mir so leid!“
„Du musst deswegen doch nicht weinen“, rief der Dämon und legte mir beide Hände auf die Schultern. „Ich bin dir nicht böse, keins der Fiorita ist es. Wir verstehen es doch. Und wir wissen, dass du uns wieder öfter und länger rufen wirst, wenn dein Kind zur Welt gekommen ist.“
Da ich um mich herum nur Finsternis sah, schreckte ich zusammen, als mich plötzlich noch jemand berührte. Ich spürte zwei Arme, die mich einhüllten, und erkannte sofort den Geruch. „Lloyd?“, murmelte ich.
„Was hast du denn?“, fragte er besorgt.
„Es ... es ist nichts“, stammelte ich.
Shadow ließ mich wieder los. „Ich lasse euch allein. Mach dir keine Sorgen, Mia, ja?“
„Okay“, schniefte ich. Daraufhin verschwand der Dämon mitsamt seinem Schattenkreis und ließ mich mit Lloyd allein. Sofort fühlte ich mich kräftiger, der Schwindel hörte auf.
„Warum weinst du?“, wollte mein Freund wissen. Prüfend ruhten seine blauen Augen auf mir. „Stimmt was nicht?“
Wahrscheinlich sorgte er sich so sehr, weil ich mich anfangs in Renia jede Nacht in den Schlaf geweint hatte. Der Neuanfang war mir schwergefallen. Aber darum ging es gerade nicht. „Ich bin nur ... traurig, weil ich die Fiorita nicht lange bei mir halten kann.“
„Ach so, die Hormone mal wieder“, lachte er und drückte mich fest. „Okay, ich dachte, es wäre was Schlimmes.“
„Es ist schlimm, dass ich die Dämonen und Geister immer so schnell wegschicken muss“, widersprach ich schluchzend. „Du verstehst das einfach nicht!“
„Ich bin ja auch nicht mit den Fiorita verbunden“, antwortete er ruhig. „Aber ich glaube dir, dass es schwer für dich ist. Noch knapp fünf Monate, dann ist alles beim Alten. Oder nicht?“
Ich schniefte leise. „Ja ...“
Sein Blick fiel auf die Briefe. „Oh, Nachrichten aus Windfeld?“
„Und aus Färnau“, ergänzte ich mit rauer Stimme. „Von deinen Eltern.“
„Was schreiben sie denn?“, fragte er und griff nach dem Umschlag.
„Ich hab noch nicht reingeschaut. Machst du ihn auf?“, bat ich.
„Klar“, stimmte er zu und holte das Schreiben raus. „Bei ihnen ist alles gut, Fionas heiliger Vorgarten blüht, aber sie vermissen uns.“
„Kein Wunder, wir haben uns seit Monaten nicht gesehen.“ Ich warf einen Blick auf den Brief. „Hoffentlich treffen wir uns mal wieder.“
„Vielleicht können wir meine Eltern nach der Geburt hierher einladen“, grübelte Lloyd. „Wenn du sie mit Visunerm teleportieren kannst.“
Ich nickte. „Das wäre echt super! Der Geist des Raumes hilft uns bestimmt und so gibt es keinen schriftlichen Hinweis auf unseren Aufenthaltsort.“
„Und meine Eltern sehen ihr Enkelkind.“
„Das müssen sie!“ Immerhin waren Fiona und Nico zwei der wenigen Leute, die alles wussten und trotzdem hinter uns standen. Wobei mich ihre Reaktion, als wir ihnen alles gebeichtet hatten, wirklich überrascht hatte.
***
„Mia! Lloyd! Ich wusste gar nicht, dass ihr heute kommen wolltet“, begrüßte uns Fiona. Sie winkte uns ins Haus. „Kommt rein, es ist kalt draußen!“ Die etwa 45-jährige Frau schien gerade aus der Dusche zu kommen, jedenfalls waren ihre langen roten Haare nass, außerdem trug sie einen Schlafanzug.
„Entschuldige die späte Störung, Mama“, entgegnete Lloyd.
„Ist doch kein Problem. Ihr seht schrecklich fertig aus. Stimmt was nicht?“, erkundigte sie sich, als sie hinter uns die Tür schloss.
Lloyd blieb auf dem Gang mit den unzähligen Türen stehen. Ich kannte mich in diesem Haus immer noch nicht richtig aus. Es gab zu viele Zimmer. „Wir müssen mit dir und Papa reden. Dringend.“
Beunruhigt sah Fiona uns an. „Habt ihr was angestellt?“
„Hat meine Mutter dich noch nicht angerufen?“, erkundigte ich mich.
Sie schüttelte den Kopf. „Von Cassandra hab ich seit ein paar Tagen nichts gehört. Was ist denn los?“
„Hol Papa, wir setzen uns für das Gespräch besser ins Wohnzimmer“, schlug Lloyd vor.
„Ja, ist gut“, murmelte sie und lief über den Gang in eins der Zimmer.
Lloyd stellte seinen Rucksack an der Garderobe ab, ich tat es ihm gleich. Dann nahm er meine Hand. „Komm.“
„Das wird unschön“, murmelte ich.
„Wahrscheinlich ... Ich wette, Fiona verpasst mir eine Ohrfeige“, seufzte er und zog mich hinter sich her zum Wohnzimmer.
Der Raum wirkte einladend, geflutet von orangem Licht und herrlich warm. Ganz anders als die winterliche Nacht draußen. Wir setzten uns auf eins der beiden Sofas, die von einem Couchtisch getrennt wurden. Es lag eine Tüte Chips auf dem Tisch, direkt neben einer offenen Packung Kekse und einer Fernbedienung.
„Meinst du wirklich?“, fragte ich meinen Freund. „Ich glaube eher, dass sie völlig schockiert sein wird.“
„Oh Mann, ich weiß echt nicht, wie ich meinen Eltern das alles beibringen soll ...“
„Was willst du uns denn beibringen?“, meldete sich Fiona plötzlich zu Wort.
Ertappt drehten wir uns zur Zimmertür um. Fiona und der braunhaarige Nico, der ebenfalls einen Schlafanzug trug, kamen herein. Beide wirkten skeptisch.
„Setzt euch doch“, forderte Lloyd sie auf.
Ich drückte seine Hand fest. „Wir schaffen das schon.“
Er lächelte mich an. „Danke, Mia.“
Fiona und Nico nahmen uns gegenüber auf dem zweiten Sofa Platz. „Was ist hier los?“, wiederholte Fiona ihre vorherige Frage.
„Mama, Papa, passt mal auf“, begann Lloyd zögerlich. „Es ist echt viel passiert. Wo fange ich denn an ... äh ... ich hab euch angelogen, ziemlich lange. Was meine Arbeit angeht.“
„Wovon redest du?“, wunderte sich Nico. „Bist du etwa kein Ranger?“
„Nein, nicht ganz. Der einzige Ranger im Raum ist Mia“, gestand er.
„Na ja, ich bin inzwischen gefeuert worden und auf der Flucht“, wandte ich ein.
„Was?!“, riefen seine Eltern wie aus einem Mund.
„Also, noch mal von vorne“, murmelte er und sah mich lange an.
Unbehaglich schluckte ich. „Packen wir aus, Lloyd.“
Es dauerte lange, seinen Eltern alles zu erzählen. Wir berichteten von unserer früheren Arbeit, von den Rangern und Schattenbringern, von dem wahren Job meines Vaters, von Cassandras Reaktion und meiner Identität als Mädchen aus der Legende. Wir ließen nichts aus, obwohl die Gesichter der beiden immer entsetzter aussahen.
„Du hast in einer Verbrecherorganisation gearbeitet? In einer Organisation, die Erik gegründet hat und leitet?“, keuchte Nico. Lloyd nickte.
„Und d...d...du bist das Mädchen aus der Legende?“, stammelte Fiona. „Du warst illegal als Ranger tätig?“ Jetzt war ich dran, zu nicken.
„Und jetzt seid ihr beide auf der Flucht?“, vergewisserte sich Nico.
„Wir sind beide gesuchte Verbrecher“, flüsterte ich. „Die Schattenbringer haben den Rangern den Krieg erklärt. Wir müssen weg. Es ist genug.“
„Ich fass es nicht!“ Fiona raufte sich das inzwischen trockene Haar. „Lloyd, du ... ich hätte nie gedacht, dass ...“
Er starrte zu Boden. „Es tut mir leid, Mama. Wirklich. Ich konnte nichts sagen. Erik hat mich bedroht.“
„Das hätte ich nie von ihm gedacht“, äußerte sich Nico. „Er hat doch immer behauptet, er würde als Schreiner arbeiten.“
„Aber er hat gelogen“, schluchzte ich. „Er hat nur gelogen, jahrelang hat dieser Mistkerl nichts anderes getan!“
„Ganz ruhig“, redete Lloyd auf mich ein und umarmte mich fest. „Bald sind wir hier weg.“
„Wohin wollt ihr überhaupt fliehen?“, flüsterte Fiona. „Was habt ihr vor?“
„Wir müssen den Bezirk der Ranger verlassen“, erklärte Lloyd. „Wenn wir hierbleiben, werden wir irgendwann geschnappt. Die Ranger sind hinter Mia her, weil sie das Mädchen aus der Legende ist. Die Schattenbringer wollen sich an mir rächen. Vor allem will Erik mich von Mia trennen.“
„Ihr geht in die äußeren Provinzen?“, rief Nico.
Ich nickte. „In eine der friedlichen, ja. Nur da, wo die Ranger keinen Einfluss haben, sind wir in Sicherheit.“
„Ihr könnt wirklich nicht hierbleiben?“ Fiona sah uns besorgt an. „Wenn ihr vielleicht öfter mal umzieht, finden euch diese Organisationen bestimmt nicht. Ich will nicht, dass ihr verschwindet! Cassandra will das auch nicht, oder, Mia?“
Ich presste die Lippen zusammen. „Doch, das will sie. Sie will nichts mehr mit mir zu tun haben, seit sie alles erfahren hat.“ Meine Stimme versagte.
„Sie ist ausgeflippt“, erzählte Lloyd an meiner statt weiter. „Sie hat die ganze Geschichte nicht so gut verkraftet.“
„Kein Wunder“, murmelte Nico. „Dass Erik so etwas tut ...“
„Außerdem können wir nicht ständig umziehen“, wechselte ich das Thema. „Es wäre zu teuer und zu anstrengend. Und nicht gut für ...“
„Für wen?“, hakte Fiona nach, als ich verstummte.
Lloyd legte mir eine Hand auf den Bauch. „Für unser Kind.“
Seinem Vater klappte der Unterkiefer runter und Fionas Augen weiteten sich. Keiner der beiden brachte einen Ton heraus.
„Ich bin schwanger“, wisperte ich. „Darum müssen wir hier weg. Weg vom Krieg, weg von dem Chaos, einfach weg und neu anfangen.“
„Wir wollten nur, dass ihr das alles von uns erfahrt. Bevor euch die Ranger befragen oder Cassandra euch davon erzählt, während sie noch so ... hysterisch ist“, erklärte Lloyd. „Aber, bitte, verratet niemandem, dass wir heute hier waren. Und behaltet für euch, was wir euch gesagt haben.“
Fiona und Nico sahen sich lange an. Plötzlich stand Fiona auf und lief aus dem Zimmer. Verwirrt starrten wir ihr hinterher, doch da kam sie schon zurück und drückte Lloyd einen Schlüssel in die Hand. „Nimm. Das wird euch helfen.“
Er erhob sich vom Sofa. „Dein Auto? Wirklich?“
Tränen stiegen ihr in die Augen, doch sie nickte. „Bringt euch in Sicherheit. Ich will, dass es euch gut geht. Euch dreien. Aber meldet euch bei uns!“
„Danke!“, rief Lloyd und umarmte sie fest. „Danke, Mama!“
„Wenn uns die Ranger befragen, wissen wir von nichts“, äußerte sich Nico und stand ebenfalls auf, um seine Frau und seinen Sohn in die Arme zu schließen.
„Ihr seid die Besten“, flüsterte Lloyd.
Wehmütig betrachtete ich die drei. Wie sehr wünschte ich mir, meine Mutter hätte genauso reagiert ... So verständnisvoll, so liebevoll, so unterstützend.
„Komm, Mia“, forderte Fiona mich auf. Sie winkte mich zu sich. Verunsichert stand ich auf und ging einen Schritt auf Lloyds Familie zu. Da griff die Frau nach meiner Hand und zog mich in die Umarmung. „Pass gut auf dich auf, Liebes“, bat sie. „Wenn du etwas brauchst, kannst du dich jederzeit bei uns melden. Ob es jetzt Tipps zur Schwangerschaft, ein offenes Ohr oder irgendwelche Kleinigkeiten sind. Ganz egal!“
Nun bekam ich feuchte Augen. „Danke“, schluchzte ich.
„Ach was. Du gehörst zur Familie, das weißt du doch“, entgegnete sie.
„Wollt ihr heute Nacht hierbleiben?“, fragte Nico.
„Wir sollten sofort fahren“, lehnte Lloyd ab. „Die Ranger haben sicher längst gemerkt, dass Mia aus dem Gefängnis ausgebrochen ist. Sie werden bald darauf kommen, dass sie hier sein könnte. Und wenn wir heute Nacht durchfahren, sind wir morgen früh in Renia.“
„Renia?“, wiederholte Fiona. „Davon haben wir doch einen Reiseführer. Wir waren letztes Jahr dort, als wir unsere Weltreise gemacht haben. Es ist wirklich eine schöne, ruhige Provinz. Zwei große Städte, ansonsten nur Dörfer.“
Nico ließ uns los. „Ich hole den Reiseführer, vielleicht hilft er euch.“
„Danke, Papa.“
„Bist du gar nicht wütend, Fiona?“, erkundigte ich mich zaghaft.
„Ich bin schockiert“, entgegnete sie. „Ich bin wirklich schockiert. Aber ihr seid und bleibt meine lieben Kinder, alle beide. Und darum will ich, dass es euch gut geht. Euch und eurer kleinen Familie.“ Sie lächelte milde. „Ich werde euch unterstützen, so gut ich kann. Okay?“
„Wow, Mama, du ... du bist der Wahnsinn“, lachte Lloyd und drückte sie fest.
„Danke, Fiona“, schluchzte ich. „Danke!“
Sie reichte mir ein Taschentuch. „Nicht doch, Mia. Das ist selbstverständlich.“
Das sah meine eigene Mutter wohl anders ...
„Hier ist er“, riss Nico mich aus meinen trüben Gedanken. Er gab Lloyd den Reiseführer. „Für euch.“
Mein Freund blätterte das Büchlein auf, als ihm einige Geldscheine entgegenfielen. „Papa, was ...“
Nico lächelte schief. „Das ist auch für euch. Ihr werdet Geld brauchen, oder nicht? Essen, Benzin, Miete ...“
„Aber das ist zu viel!“, protestierte Lloyd.
„Nimm es schon“, motzte Fiona ihn an. „Ihr werdet es brauchen.“
„Danke, wirklich. Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, murmelte er.
„Etwas zu essen könnt ihr auch noch mitnehmen“, fiel seiner Mutter ein. „Ich hole schnell was.“
Lloyd und ich tauschten ein kleines Lächeln. Es tat gut, so viel Unterstützung zu erfahren. „Wenn wir das Auto nehmen, kannst du unterwegs ein wenig schlafen“, schlug mein Freund vor. „Du siehst echt müde aus.“
„Bin ich auch“, gestand ich. „Aber ist es echt in Ordnung, wenn du die ganze Nacht fährst?“
„Ja, ich bin fit genug. Und da du keinen Führerschein hast, muss ich so oder so fahren“, lachte er.
„Mich bringen die Fiorita überallhin ... Darum musste ich nie lernen, Auto zu fahren“, entgegnete ich.
„Der Tank ist voll, damit solltet ihr ein gutes Stück weit kommen“, vermutete Nico. „Braucht ihr sonst noch was?“
Lloyd schüttelte den Kopf. „Nein, Papa, ihr habt uns mehr als genug gegeben.“
„Wir wollen euch nicht noch tiefer in die ganze Sache hineinziehen“, flüsterte ich und umarmte Halt suchend meinen Freund.
Er strich mir über den Rücken. „Ja, das wäre besser.“
Fiona brachte uns eine große Tasche mit Lebensmitteln. „Hier, nehmt die mit. Es sind auch zwei Flaschen Wasser drin. Das reicht für die Fahrt.“ Lloyd schwang sich die Tasche über die Schultern.
„Wir machen das wieder gut“, versprach ich. „Irgendwann machen wir das wieder gut.“
„Das müsst ihr nicht“, winkte sie ab. „Passt nur gut auf unser zukünftiges Enkelkind auf, ja?“
Ich schlang mir die Arme um den Bauch. „Fest versprochen. Und wir finden einen Weg, uns bei euch zu melden.“
„Irgendwann wollen wir euren Nachwuchs aber kennenlernen. Wann werdet ihr zurückkommen?“, fragte Nico.
„Das können wir noch nicht sagen“, antwortete Lloyd. „Kommt ganz darauf an, wie es zwischen den Rangern und Schattenbringern weitergeht.“
„Aber vielleicht lässt sich irgendwann mal ein Treffen arrangieren“, merkte ich an. „Es wäre nur besser, wenn ihr unsere neue Adresse nicht kennt.“
„Damit ihr nicht noch mehr für uns lügen müsst“, murmelte Lloyd.
„Verstehe“, seufzte Fiona. „Hauptsache, wir hören von euch.“
„Das werdet ihr!“, versicherte ich ihr.
Sie umarmte uns so fest, dass es beinahe wehtat. „Ich wünsche euch alles Glück der Welt!“
Auch Nico drückte uns. „Dann seid vorsichtig und haut schon ab! Lasst euch nicht erwischen! Und bis bald.“
„Danke für alles“, wisperte ich.
„Ihr seid die Besten“, ergänzte Lloyd. „Ich hab euch lieb.“
„Und wir dich erst“, wisperte Fiona.
Die beiden begleiteten uns zu dem silbernen Wagen, dessen Schlüssel wir soeben bekommen hatten. Wir verstauten unsere Rucksäcke im Kofferraum, die Tasche mit den Lebensmitteln stellte ich in den Fußraum des Beifahrersitzes. Nach einer letzten Umarmung und einem schweren Abschied stiegen wir letztendlich ein.
Wir winkten Fiona und Nico zu, sie winkten zurück. Dann startete Lloyd den Motor und fuhr los, weg aus dem Bezirk der Ranger in Richtung der äußeren Provinzen. In unsere neue Heimat und unser neues Leben. Und obwohl mir eine Träne über die Wange kullerte, lächelte ich. Denn ich wusste, dass einige wundervolle Menschen hinter Lloyd und mir standen, egal, was passierte.
Kapitel 3
Mit Blick nach vorne
„Möchten Sie das Geschlecht des Kindes wissen, Frau Ito?“, fragte die freundlich lächelnde Ärztin. „Inzwischen kann man es erkennen.“
Mein Herz setzte beinahe einen Schlag aus, so aufgeregt war ich nach dieser Nachricht. „Wirklich?“
Die Blondine nickte. „Ja.“
„Wollen wir?“, fragte ich Lloyd, der neben mir stand, während ich auf der Liege den Ultraschall über mich ergehen ließ.
Er nickte. „Ich bin echt gespannt.“
„Na dann“, kicherte ich. „Was wird es denn?“
„Es wird ein Junge.“
Ein unbeschreibliches Glücksgefühl durchströmte mich. Lloyd und ich bekamen einen kleinen Jungen. „Wahnsinn“, flüsterte ich.
Mein Freund drückte meine Hand fest, Begeisterung stand in seinem Gesicht. „Ein Junge ...“
„Haben Sie sich schon einen Namen ausgedacht?“, erkundigte sich die Ärztin, als sie mir ein Tuch gab, um das Gel von meinem Bauch zu wischen.
„Noch nicht“, gestand ich. „Aber jetzt können wir langsam überlegen.“
„Viel Erfolg dabei und bis nächsten Monat“, verabschiedete sie sich.
Ich nickte ihr zu. „Danke, bis bald.“
Lloyd half mir beim Aufstehen und gemeinsam verließen wir die Praxis. Draußen empfing uns strahlender Sonnenschein. Perfektes Wetter für unser geplantes Picknick.
„Ich kann’s kaum glauben“, lachte ich auf dem Weg zum Park. „Es wird ein Junge! Wie nennen wir ihn bloß?“
„Oh Mann, ich freu mich so.“ Lloyd lächelte mich an. „Ich fasse es noch gar nicht so ganz. Fällt dir spontan ein Name ein?“
Lange überlegte ich, wir waren bereits im Park angekommen. „Ehrlich gesagt nicht. Dir?“ Er breitete unsere Decke auf einer der Wiesen aus, im Schatten eines hohen Baumes. Einige Leute gingen spazieren, teilweise mit ihren Feuerhunden, auch einige Kinder spielten hier.
„Hm, gerade nicht. Aber uns fällt schon noch was ein. Jetzt sollten wir erst mal unseren Jahrestag feiern, finde ich.“
Ich holte die Pappteller und die zwei Behälter mit Sandwiches und Obst aus dem Korb. Dann nahm ich die beiden Flaschen Saft und gab eine davon Lloyd, um mit ihm anzustoßen. „Auf unser erstes Jahr!“
Er hob die Flasche. „Unglaublich, dass schon so viel Zeit vergangen ist.“
„Viel unglaublicher ist, dass ich seitdem eine Tonne schwerer geworden bin“, entgegnete ich und grinste ihn an.
„Ach was, höchstens eine halbe.“ Er zwinkerte mir zu.
Ich verdrehte die Augen. „Na, vielen Dank, du bist so einfühlsam“, schnaubte ich sarkastisch und trank einen Schluck. „Am besten faste ich ein paar Tage.“
„Tust du nicht“, widersprach er und reichte mir ein Sandwich. „Dafür isst du derzeit zu gerne.“
Ich ließ den Kopf hängen. „Ertappt. Blödmann.“
Da lachte er. „Ist doch gut so“, beruhigte er mich. „Unser Kleiner soll doch groß und stark werden. Fasten täte ihm nicht gut.“
„Auch wieder wahr“, gab ich zu. „Wann musst du ins Krankenhaus?“
„Meine Schicht geht um halb sieben los, also noch gut zwei Stunden.“
„Dann haben wir ja Zeit. Guten Appetit!“, wünschte ich ihm.
Beim Essen ließ ich meinen Blick schweifen. Renia war wirklich eine schöne Gegend. Wir hatten uns ein gutes Dorf ausgesucht, nicht zu groß und nicht zu klein. Fionas Reiseführer hatte dabei sehr geholfen. Manchmal erinnerte mich diese friedliche Atmosphäre an Windfeld, was mich dann ein wenig wehmütig machte. Denn ich musste immer wieder an meine Arbeit als Ranger und meine lieben Kollegen denken. An all das, was ich hinter mir gelassen hatte.
„Takuto“, meldete sich Lloyd plötzlich zu Wort.
Ich wirbelte zu ihm herum, verdattert starrte ich ihn an. „Was?“
„Wie wäre es mit Takuto?“
Ich runzelte die Stirn. „Hä?“
„Für unseren Sohn.“ Er lächelte mich an. „Takuto würde doch zu ihm passen.“
Takuto! Der Name, den ich benutzt hatte, während ich als männlicher Ranger aufgetreten war, mein alter Deckname. Auf diese Idee konnte auch nur Lloyd kommen. Gerührt erwiderte ich sein Lächeln. „Dir würde der Name wirklich gefallen?“
Er nickte. „Ja. Schon allein, weil du ihn immer benutzt hast.“
„Aber als Ranger hast du mich doch gehasst“, wandte ich ein.
Er hob mein Kinn mit Daumen und Zeigefinger an. „Weil ich da noch nicht wusste, wer du wirklich bist.“
„Und weil ich dich unbedingt verhaften wollte“, kicherte ich und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen, woraufhin mich Lloyd näher an sich zog, um aus dieser sanften Geste eine leidenschaftliche zu machen.
Als wir uns voneinander lösten, lehnte er seine Stirn an meine. „Also, was sagst du dazu?“
„Mir würde der Name gefallen“, gab ich zu. „So heißt immerhin die Hauptfigur aus meinem Lieblingsbuch.“
„Dann wird er Takuto heißen.“
„Oh, Lloyd, ich freu mich so“, jubelte ich und umarmte ihn fest. Vor etwa vier Monaten hatte ich kaum daran geglaubt, wirklich glücklich werden zu können. Doch mit meinem Freund war ich es. Auch wenn unser Kind ungeplant gekommen war, ich freute mich riesig darauf.
„Ich mich auch“, flüsterte er, als er mich fest an sich drückte.
„Lloyd? Mia? Was macht ihr denn hier?“, rief eine bekannte Stimme.
Wir lösten uns voneinander, um aufzublicken. „Quirin! Hallo“, begrüßte mein Freund ihn. „Verbringst du deinen freien Tag wohl mit Freunden im Park?“
„Nein, meine Freunde machen heute einen Ausflug in die Stadt“, erzählte der Junge sichtlich deprimiert. Er spielte mit dem schmutzigen Ball in seiner Hand herum. „Papa hat mir nicht erlaubt mitzufahren ... Aber ich wollte nicht den ganzen Tag daheim sitzen.“
Ich verzog das Gesicht. „Verständlich. Hast du vielleicht Hunger? Wir haben noch ein Sandwich und etwas Obst.“
„Darf ich?“, fragte er begeistert.
„Klar, setz dich doch“, schlug ich vor.
„Ihr seid die Besten!“, jubelte er und schnappte sich das Sandwich, nachdem er auf der Decke Platz genommen hatte. „Spielt ihr nachher mit mir Fußball?“
„Äh, ich glaube nicht, dass Mia Fußball spielen sollte“, wandte Lloyd ein.
„Ein bisschen Bewegung schadet mir doch nicht“, entgegnete ich. „Ich muss ja nicht gleich Vollgas geben.“
„Super!“, freute sich Quirin. „Das wird toll!“
„Du kannst einfach nicht Nein sagen“, seufzte Lloyd.
„Jetzt gönn’s ihm doch“, flüsterte ich. „Er durfte nicht mal mit seinen Freunden wegfahren.“
„Ich gönn’s ihm, ich mach mir nur Sorgen um dich. Um euch.“
„Keine Panik.“ Ich drückte seine Hand. „Ist alles in Ordnung.“
Nachdem Quirin sein Sandwich aufgegessen hatte, flatterten ein paar Farbfalter um mich herum. Ich lächelte sie an, dann stand ich ein wenig umständlich auf.
„Los geht’s!“, rief der Junge. „Die beiden Bäume sind das Tor.“
Nach einer guten Stunde, von der ich keine halbe mitgespielt hatte, hörten wir auf. Lloyd musste sich auf den Weg zur Arbeit machen. „Wir sehen uns morgen Nachmittag. Ich hol dich von der Praxis ab“, verabschiedete er sich und umarmte mich.
Ich schmiegte mich an ihn. „Du wirst mir fehlen“, seufzte ich. „Bis morgen.“ Er würde erst nach Hause kommen, wenn ich schon in der Animaliaarztpraxis war. Also sahen wir uns frühestens nach meiner Arbeit.
Wir küssten uns, dann trennten sich unsere Wege. Ich ging mit Quirin zu den Reihenhäusern, die wir bewohnten, Lloyd marschierte zum Krankenhaus. „Willst du noch mit zu mir kommen, Mia?“, fragte der Junge unterwegs. „Mama würde sich bestimmt freuen. Vielleicht macht sie auch wieder einen Nachtisch.“
Ich schmunzelte. „Das ist lieb von dir. Aber ich kann doch nicht einfach ohne Einladung zu euch kommen.“ Außerdem hatte ich keine Lust auf zwei Abende mit Elly und Burkhard hintereinander ...
„Bitte“, quengelte Quirin. „Wir können Mama doch fragen. Sie hat bestimmt nichts dagegen.“
Ich strich mir über die blonde Perücke. „Ja ...“, seufzte ich. Vielleicht hatte Lloyd recht und ich konnte nicht Nein sagen. Quirin tat mir so leid.
Also blieb ich noch eine gute Stunde bei ihm daheim. Elly freute sich sehr über meinen Besuch, Burkhard war zum Glück nicht da, was die Atmosphäre sehr entspannte. Als es dunkel war, verabschiedete ich mich aber. Immerhin wollte ich noch zwei Briefe beantworten, außerdem die Perücke und die Kontaktlinsen loswerden.
Daheim angekommen legte ich meine Tarnung ab und duschte mich erst mal. Nachdem ich meine Haare geföhnt und meinen Schlafanzug angezogen hatte, setzte ich mich mit Stift und Papier an den Esstisch. Zuerst antwortete ich Fiona und Nico, berichtete vom Ergebnis des heutigen Ultraschalls. Danach schrieb ich Melodia und meinen anderen Freunden aus Windfeld. Ein paar tröstende Worte für Jakob und Haru, ansonsten nur allgemeiner Smalltalk.
Wie immer. Bisher hatten Melodia und ich kein Wort über die Ereignisse zwischen Rangern und Schattenbringern gewechselt. Aber seit Elly gestern Abend erwähnt hatte, was für schlimme Dinge passierten, war ich doch ein wenig neugierig.
Heftig schüttelte ich den Kopf. Dieses Leben lag hinter mir! Ich war kein Ranger mehr. Ich wollte nichts mit diesem Krieg zu tun haben. Meine Entscheidung stand fest. Um nicht nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen zu fragen, packte ich die beiden Briefe schnell in Umschläge.
Ich holte mir ein Glas Apfelschorle, dann lief ich die Treppen hoch ins Schlafzimmer. Es war spät geworden und morgen musste ich früh aufstehen. Doch als ich im Bett lag, konnte ich nicht einschlafen. Ich drehte mich von einer Seite zur anderen, fand aber keine Ruhe. Ich fühlte mich ... einsam. Wie immer, wenn Lloyd nicht da war.
Seufzend setzte ich mich auf und machte das Nachttischlicht an. Wenn ich sowieso wach war, gab es keinen Grund, nicht mit den Fiorita zu reden. Und ich wusste genau, mit wem ich ein wenig plaudern wollte. Ich schloss die Augen und sang das wohl komplizierteste Lied, das ich kannte. Lunas Lied in der Sprache der Geister. Es war eine besondere Sprache, die kein Mensch kannte oder verstand. Ich verstand sie intuitiv, die Fiorita benutzten sie immer, wenn sie mit mir redeten.
Mit dem hellsten aller Lichtblitze erschien Luna vor mir. Der dreifarbige Geist des Lichts richtete seine dunkelbraunen Augen direkt auf mich. „Hallo Mia“, erklang ihre glockenhelle Stimme.
„Hi Luna“, antwortete ich und streichelte über das weiche hellrosa Fell an ihrem Kopf. Am Schweif erstrahlte es so gelb wie das ihres Bruders Sol, am Körper hellblau.
Die Anführerin der Geister schmiegte sich an meine Hand. „Du machst dir schon wieder so viele Sorgen.“
„Ich wollte hinter mir lassen, dass ich jemals Ranger war“, flüsterte ich. „Aber sobald ich allein bin, denke ich ständig daran. Ich hab Angst um meine Freunde und Kollegen. Ich will, dass mein Vater hinter Gitter kommt ...“
„Das betrifft dich nicht mehr, wie du es wolltest. Du bist so weit weg“, redete sie auf mich ein.
„Manchmal frage ich mich, ob ich das wirklich hinter mir lassen kann.“ Ich drückte Luna an mich. „Aber egal. Darum geht’s gar nicht. Das Schlimmste ist gerade eigentlich, dass ich mich etwas einsam fühle. Ich hab mich wohl schon zu sehr daran gewöhnt, dass Lloyd immer bei mir ist.“
Sie lächelte milde. „Dann schlafe doch ein, solange du mich noch auf Fioria halten kannst“, schlug sie vor.
Ich erwiderte ihr Lächeln und machte das Licht aus. „Gute Idee“, flüsterte ich und kuschelte mich an sie. „Ich muss für die Arbeit morgen fit sein.“
„Genau, morgen geht der Alltag wieder los. Und dann hast du bestimmt so viel zu tun, dass du gar nicht mehr an die Ranger und Schattenbringer denken kannst“, vermutete sie. „Und denk erst an die Geburt eures Takuto. Der hält euch bestimmt auf Trab!“
Ich kicherte. „Da hast du recht. Kindererziehung ist eine Herausforderung, darauf wette ich.“
Luna nickte. „Es ist ja schon anstrengend, auf meinen Bruder aufzupassen, diesen Kindskopf. Aber deine Ermahnung hat ihm zu denken gegeben.“
„Immerhin“, murmelte ich im Halbschlaf. Ich wurde immer müder, auch vor Erschöpfung, weil ich ein so mächtiges Fiorita bei mir hatte.
Das Letzte, was ich noch hörte, war Lunas Flüstern: „Schlaf gut, Mia. Und mach dir keine Sorgen mehr. Denk nur an das Hier und Jetzt.“