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|9|3. Überblick über die Beiträge des Bandes
Dem Gesamtkonzept der Reihe entsprechend behandelt der vorliegende Band das Freiheitsthema entlang der klassischen theologischen Teildisziplinen. Damit verbindet sich die Erwartung, die überreiche Fülle an Gedankenfiguren, Entwicklungslinien und Theorieansätzen aus je fachspezifischer Perspektive heraus strukturieren und pointiert zur Darstellung bringen zu können. Ergänzend treten zwei philosophische Beiträge hinzu, die zum einen den aktuellen Problemstand der Willensfreiheitsdebatte resümieren, zum anderen einen Überblick über die politische Tradition des Freiheitsbegriffs geben.
Zum Auftakt skizziert Uwe Becker die Grundlinien des alttestamentlichen Freiheitsverständnisses. Auch wenn das Alte Testament den Begriff ›Freiheit‹ nicht kennt, ist die mit ihm bezeichnete Sache sehr wohl präsent. Gemeinhin wird dabei der Exodustradition (Ex 1–14) eine zentrale Stellung zugewiesen: Die Erinnerung an die von Jahwe bewirkte Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens bildet das Urbekenntnis Israels. Allerdings ist hier gegenüber historischen Rückschlüssen Vorsicht geboten; auch liegt der Akzent nicht auf der politischen Befreiung von äußerer Fremdherrschaft. Stattdessen gilt ›Ägypten‹ – vor allem in der deuteronomistischen Tradition – als Chiffre für Not, Elend und Unterdrückung überhaupt. Mithin geht es nicht um ein zurückliegendes Auszugsgeschehen; vielmehr bekennt die jüdische Gemeinde im Medium erinnernder Vergegenwärtigung des Exodus ihren Glauben an das zu neuem Leben befreiende Heilshandeln Gottes. Ein besonderes Charakteristikum bildet dabei die enge Verschränkung von erfahrener Befreiung und ethischer Verpflichtung. So stellt die Einleitung des Dekalogs (Dtn 5,6; Ex 20,2) das gebotene Handeln programmatisch unter das Vorzeichen der grundlegenden Befreiungstat Jahwes. Auch dem profanen Sklavenrecht wird durch den Verweis auf den Exodus zunehmend ein theologisches Bruderethos unterlegt: »Du sollst daran denken, dass auch du Knecht in Ägyptenland warst« (Dtn 5,15). Mit dem jahwistischen Schöpfungsbericht (Gen 2,4b–3,24) rückt sodann eine zweite Linie des alttestamentlichen Freiheitsverständnisses ins Blickfeld. Die Aufmerksamkeit gilt hier dem zu verantwortlichem|10| Handeln aufgerufenen Menschen. Seine Freiheit ist zwar endlich und begrenzt, zudem liegt über ihr der Schatten der Verfehlung. Dennoch kann er ihr nicht entrinnen: Zu seiner Grundsituation gehört es, Entscheidungen treffen zu müssen – und mit dieser Aufgabe zugleich überfordert zu sein. In den späteren Texten des Alten Testaments machen sich schließlich vermehrt hellenistische Einflüsse bemerkbar. Während etwa die beiden Makkabäerbücher die griechische Tradition des politischen Freiheitsverständnisses aufnehmen, verhandelt Jesus Sirach das Problem des Verhältnisses von göttlicher Allmacht und menschlicher Freiheit. In deutlicher Abgrenzung zur Stoa werden beide Seiten hier nicht gegeneinander ausgespielt; vielmehr befähigt der von Gott verliehene Wille den Menschen zur Einhaltung der Tora (Sir 15,11–17).
Der neutestamentliche Beitrag von Friedrich Wilhelm Horn nimmt seinen Ausgang von dem auffälligen Befund, dass sich das Wort ›Freiheit‹ – von wenigen Ausnahmen abgesehen – allein in den paulinischen Briefen findet, dort jedoch eine zentrale Stellung einnimmt. Paulus hat insofern maßgeblich als Theologe der Freiheit zu gelten; ihm verdankt sich die Einführung des Freiheitsbegriffs in das christliche Denken. Dennoch ist umstritten, ob Paulus ein kohärentes eigenes Freiheitsverständnis entwirft und in welchem Maße er dabei auf Motive der stoisch-hellenistischen Tradition zurückgreift. Ihr gilt Freiheit vornehmlich als innere Unabhängigkeit von Begierden und Zwängen, die es im Gegenzug erlaubt, sich in die unabänderlichen Gegebenheiten der göttlichen Weltordnung einzufügen. Demgegenüber verankert Paulus die Freiheit nicht in der Natur des Menschen. Stattdessen gründet sie für ihn im Heilsereignis von Tod und Auferstehung Christi, kraft dessen der Mensch aus der Knechtschaft unter Sünde, Gesetz und Tod befreit worden ist. Allerdings darf diese Freiheit nicht mit blinder Willkür verwechselt werden, sondern realisiert sich gerade in der Bindung an Christus. Paulus kann sie daher sogar als Übergang in eine neue Knechtschaft beschreiben: Der von Christus Befreite ist zugleich der Sklave Christi (vgl. 1Kor 7,22). Dieser Grundgedanke wird in den einzelnen Briefen sodann unterschiedlich akzentuiert. In den Korintherbriefen steht die innere Unabhängigkeit im Vordergrund. Sie erlaubt es, die gegebenen sozialen Verhältnisse als solche zu |11|akzeptieren, da sie durch die Bindung an Christus zugleich ihre beherrschende Macht verloren haben (vgl. 1Kor 7,21–23). Hingegen betont der Galaterbrief den passiven Geschenkcharakter der Freiheit und verknüpft damit die Mahnung, sie nicht wieder zu verlieren: »Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen!« (Gal 5,1). Der Römerbrief schließlich rückt die durch Christi Befreiungstat erwirkte neue Lebensausrichtung in den Vordergrund. Im Vollzug der Taufe der Sünde abgestorben, verwirklicht sich die Freiheit des Christenmenschen im praktischen Dienst an der Gerechtigkeit. Damit wird erneut die paradoxe Grundstruktur des paulinischen Freiheitsverständnisses sichtbar: Freiheit und Bindung schließen einander nicht aus, sondern gehören zusammen. Die Befreiung von der Sünde bewährt sich in der Bindung an Christus: »Indem ihr nun frei geworden seid von der Sünde, seid ihr Knechte geworden der Gerechtigkeit« (Röm 6,18).
In seinem umfangreichen kirchengeschichtlichen Beitrag gibt Martin Ohst einen detaillierten Überblick über die weitverzweigten Entwicklungslinien und Debattenstränge des Freiheitsbegriffs vom frühen Christentum bis zum Ausgang der Reformationszeit. Die Darstellung Augustins markiert dabei einen ersten Schwerpunkt. Denn dieser hat mit seiner Entdeckung des unhintergehbar eigenen und zugleich faktisch immer schon missbrauchten Willens das Nachdenken über die Freiheit auf eine neue Ebene gehoben. Angetrieben durch die Frage nach der Herkunft des Bösen ringt Augustin um das Verhältnis von menschlicher Willensfreiheit und göttlicher Allwirksamkeit. Während er dem Menschen anfänglich ein durch die Sünde nur geschwächtes Vermögen freier Willensentscheidung zuschreibt, behauptet er später – unter dem Eindruck einer intensiven Beschäftigung mit Paulus – die völlige Unfähigkeit des Willens zum Guten. Allein die souveräne Gnade Gottes erwecke im Menschen den Glauben und schenke ihm die Freiheit, sich am Willen Gottes auszurichten. Auf der Kehrseite folgt daraus die harte Konsequenz einer doppelten Prädestination. Entlastung bietet hier allein die Kirche: In ihr wirkt nicht nur Gottes Heilswille; vielmehr leitet sie kraft ihres erzieherischen Wirkens den Einzelnen auf den rechten Weg und eröffnet ihm die Möglichkeit, seine Freiheit in innerer|12| Selbstgestaltung zu verwirklichen. Augustin führt so die drei klassischen Bezugsfelder des Freiheitsbegriffs – Freiheit als äußere Unabhängigkeit, inneres Selbstverhältnis und willentliche Selbstbestimmung – auf neue Weise zusammen. Seine Weichenstellungen wirken über das Mittelalter bis in die Reformationszeit nach: Die von ihm der sichtbaren Kirche zugemessene zentrale Stellung mündet erstens in eine zunehmende Betonung ihrer politisch-sozialen Selbständigkeit. Freiheit wird als äußere Freiheit der römischen Papstkirche begriffen und bis zum Anspruch einer Überordnung der geistlichen über die weltliche Gewalt zugespitzt. Der zweite Strang findet seine Aufnahme in der mönchisch-asketischen Lebensform. Verzicht und Gehorsam konstituieren hier einen Freiheitsraum, in welchem der Einzelne allen selbstischen Affekten und sozialen Zwängen enthoben und mithin frei ist, sein ganzes Leben am Willen Gottes auszurichten. Die mittelalterlichen Streitigkeiten über Prädestination, Gnade und Willensfreiheit knüpfen schließlich an das dritte Moment des augustinischen Freiheitsverständnisses an. Die radikale Diastase von göttlicher Gnade und menschlicher Freiheit wird dabei auf unterschiedliche Weise zu vermitteln versucht. Die Reformation steht nun zwar in der Tradition dieser Freiheitsdiskurse, unterzieht sie aber zugleich einer tiefgreifenden Umbildung. Den Auftakt markiert Luthers Einsicht, dass die Freiheit keine konstatierbare Zuständlichkeit darstellt, sondern allein als geschenkhafte Befreiung aus vorgegebener Unfreiheit Ereignis wird. Im Glauben vollzieht sich für Luther jene Umwandlung des Gottesverhältnisses, welches den Menschen in die Gemeinschaft mit dem Willen Gottes versetzt und so zum selbstlosen Dienst am Nächsten befreit. Damit wird zum einen die Gehorsam fordernde Freiheit der Kirche abgelöst durch die innere Freiheit des Christenmenschen, an der alle weltlichen und nicht zuletzt klerikalen Ansprüche ihre Grenze finden. Zum anderen bedarf diese Freiheit nicht mehr des Rückzugs auf eine mönchisch-asketische Lebensweise, sondern verwirklicht sich in der nüchtern-vernünftigen Mitwirkung an den Gestaltungsaufgaben des politisch-sozialen Lebens.
Der systematisch-theologische Beitrag von Martin Laube nimmt die neuzeitlichen Entwicklungslinien der Freiheitsthematik in den Blick und sucht die überbordende Vielfalt von Positionen, Debatten |13|und Perspektiven in einen systematischen Zusammenhang zu bringen. Ausgehend von der These, dass der neuzeitlichen Theologie vor allem an der Wahrung der begrifflichen Uneinholbarkeit von Freiheit einerseits, der Wahrnehmung ihrer elementarer Dialektik und Widersprüchlichkeit andererseits gelegen ist, skizziert er drei Stränge des theologischen Zugangs zur Freiheitsthematik. Der erste, christentumsgeschichtliche Strang bearbeitet das umstrittene Verhältnis zwischen christlich-protestantischem und neuzeitlichem Freiheitsverständnis. Hier steht zugleich die Selbstverortung des Christentums im Horizont der neuzeitlich-modernen Welt zur Debatte. Bei näherem Hinsehen lassen sich vier Narrative unterscheiden, die jeweils die Kontinuität, den Gegensatz, die Spannungen und die Überbietungen im Verhältnis von Christentum und Neuzeit betonen. Der zweite, dogmatische Themenstrang verhandelt die Freiheitsthematik im Rahmen des menschlichen Gottesverhältnisses. Der klassischen Dogmatik ist daran gelegen, die Freiheit des Geschöpfs gegenüber der Allmacht Gottes, die Unfreiheit des Sünders angesichts der Gnade Gottes und die Befreiung des Glaubenden durch die Heilstat Gottes zur Geltung zu bringen. Mit der Aufklärung und dem Zusammenbruch des metaphysischen Denkrahmens rücken diese Motive allerdings in einen neuen Problemhorizont. Er wird paradigmatisch abgesteckt durch die idealistischen Freiheitstheorien von Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Auf je unterschiedliche Weise schärfen sie die begriffliche Uneinholbarkeit und innere Dialektik der Freiheit ein. In der Folge werden die Anliegen der dogmatischen Tradition einer tiefgreifenden Umformung unterzogen: So überführt Friedrich Schleiermacher die altprotestantische Konkurrenz von göttlicher und menschlicher Freiheit in eine reflexive Selbstbesinnung auf das endliche Gegebensein der Freiheit; Sören Kierkegaard ersetzt die reformatorische Bestreitung der menschlichen Willensfreiheit durch den Aufweis ihrer inneren Widersprüchlichkeit; und Rudolf Bultmann entfaltet den dogmatischen Freispruch des Sünders im Glauben als symbolische Verschlüsselung des befreienden Ereignischarakters des Glaubens selbst. Mit dem dritten, ethischen Themenstrang tritt schließlich die Frage nach der Realisierung von Freiheit in den Mittelpunkt. Ein |14|exemplarischer Durchgang durch die Freiheitstheorien von Karl Barth, Trutz Rendtorff und Wolfgang Huber macht deutlich, dass es in christlicher Perspektive nicht darum geht, Freiheit überhaupt erst herzustellen, sondern dafür Sorge zu tragen, wie ihr uneinholbares, je individuelles Gegebensein unter geschichtlich-sozialen Bedingungen fassbare Gestalt gewinnen kann. Das Augenmerk liegt hier auf der fragilen Balance zwischen Autonomie und Abhängigkeit, Freiheit und Ordnung, Selbständigkeit und Gemeinschaft. Entsprechend lautet die entscheidende Aufgabe, diese Spannungen nicht einseitig aufzulösen, sondern gerade in ihrer pulsierenden Unruhe präsent zu halten. Im zusammenfassenden Rückblick kristallisieren sich damit vier charakteristische Momente eines neuzeitlich verantworteten christlichen Freiheitsverständnisses heraus: Freiheit ist verdankte Freiheit. Daraus folgen zum einen ihre Unhintergehbarkeit und Uneinholbarkeit, zum anderen ihre – dialektisch geprägte – Endlichkeit. Zum christlichen Freiheitsverständnis gehört drittens das Bewusstsein um ihre permanente Selbstgefährdung; ein vierter Grundzug besteht schließlich in der betonten Ausrichtung auf die konkrete Wirklichkeit der Freiheit.
Im Mittelpunkt des praktisch-theologischen Beitrags von Christian Albrecht steht die gegenläufige Doppelthese, dass die Freiheit nur ein Randthema in der Praktischen Theologie darstellt und doch zugleich als ihr Grundthema zu gelten hat. Auf der einen Seite fungiert der Freiheitsbegriff in praktisch-theologischen Zusammenhängen lediglich als affirmativ besetzte Globalchiffre, um ebenso gezielt wie unbestimmt das protestantische Freiheitspathos aufzurufen. Seine inhaltlichen Konturen bleiben daher zumeist unscharf; eine selbständige praktisch-theologische Aufnahme und Aneignung findet nicht statt. Bei näherem Hinsehen lassen sich gleichwohl mehrere Verwendungskontexte des Freiheitsbegriffs unterscheiden. So wird er – exemplarisch in der Seelsorgelehre – als Zielbegriff der kirchlichen Praxis eingeführt. Übereinstimmend erklären etwa Friedrich Schleiermacher, Otto Haendler und Joachim Scharfenberg die Wiedergewinnung von Freiheit zur Aufgabe seelsorgerlichen Handelns. Dabei greifen sie auf je verschiedene Traditionslinien des Freiheitsbegriffs zurück, ohne diesen selbst zum Thema zu machen. Ebenfalls in der Seelsorgelehre findet sich dann auch ein kriteriologischer |15|Gebrauch des Freiheitsbegriffs: Im Umgang mit der notorischen Methodenvielfalt ist legitim, was Freiheitsgewinn verspricht. In anderen Zusammenhängen wiederum wandert der Freiheitsbegriff gleichsam auf dem Umweg einer außertheologischen Wirtstheorie in die Praktische Theologie ein – so etwa bei der Rezeption soziologischer Institutionentheorien in der praktisch-theologischen Kirchenlehre. Die Religionspädagogik hingegen nutzt den Freiheitsbegriff zur Abbreviatur eines christlichen Menschenbildes: Zur Freiheit sei der Mensch bestimmt; daran habe sich folglich auch die religionspädagogische Praxis zu bemessen. Nicht selten wird der Freiheitsbegriff schließlich als summarische Pathosformel in Anspruch genommen, um den pauschalen Richtungssinn eines bestimmten Ansatzes oder eines bestimmten Praxisfeldes anzugeben – ohne dass damit eine ausgearbeitete Freiheitstheorie verbunden wäre. Doch trotz dieser eigentümlich pauschal-rhetorischen Rezeption hat der Freiheitsbegriff auf der anderen Seite als das zentrale Grundthema der Praktischen Theologie zu gelten. Obgleich zumeist nur implizit mitgeführt, prägt er ihre Aufgabe und ihr Selbstverständnis. Die Praktische Theologie zielt auf eine umfassende Bildung ihrer Adressaten – in Kirche und Schule –, damit sie gegenüber normativen Ansprüchen und unmittelbaren Zumutungen Distanz gewinnen können und zu einem selbständig begründeten Urteil befähigt werden. In dem Maße, in dem sich die Praktische Theologie einer solchen Bildungsaufgabe verpflichtet weiß, gilt ihr Augenmerk also vor allem der mündigen Freiheit derer, die in ihrem Beruf für Kirche und Christentum eintreten.
Gottfried Seebaß verknüpft in seinem Beitrag die Aufarbeitung der philosophischen Willensfreiheitsdebatte mit einer gebündelten Darstellung seines eigenen Konzepts von Freiheit als Hindernisfreiheit. Zur Vermeidung vorschneller Vereinnahmungen und Umdeutungen setzt er beim alltäglichen Sprachgebrauch an: ›Freiheit‹ erscheint hier gerade nicht als normativer, sondern vielmehr als deskriptiver Begriff. In seinem Kern beschreibt er den einfachen Tatbestand, dass Personen oder Kollektive nicht daran gehindert werden, etwas Bestimmtes tun zu können. Seebaß leitet daraus den Gattungsbegriff einer Hindernisfreiheit ab, der allen weiteren Arten und Unterarten der Freiheit zugrunde liegt. Freilich ist nicht jedes |16|Hindernis in gleicher Weise freiheitsgefährdend. Ausgeschlossen sind vielmehr nur solche Beschränkungen, die jemanden daran hindern, so zu leben oder sich zu entfalten, wie es seiner ›Natur‹ oder seinem ›Wesen‹ entspricht. Daraus ergeben sich zwei zentrale Freiheitskriterien: Freiheit setzt erstens einen Spielraum offener Möglichkeiten voraus, der jedoch zweitens nur solche Möglichkeiten umfassen muss, die für die wesentlichen Belange einer Person relevant sind. Mit äußeren Bedingungen allein ist es dabei nicht getan; vielmehr gibt es auch innere Ressourcen – wie etwa bestimmte intellektuelle Fähigkeiten oder relevante Wissensbestände –, die für das Gegebensein von Freiheit unverzichtbar sind. Beide Kriterien führen nun beim klassischen Hauptproblem des Verhältnisses von Freiheit und Determinismus zu einer strikt inkompatibilistischen Position. Was das Möglichkeitskriterium betrifft, diskutiert Seebaß das breite Spektrum der Versuche, einen determinismusverträglichen Sinn der Rede von alternativen Möglichkeiten zu formulieren, und kommt zu dem Schluss: In einem deterministischen Universum kann es keinen offenen Möglichkeitsspielraum und mithin keine Freiheit geben. Das Wesentlichkeitskriterium hingegen setzt eine Klärung voraus, was für jemanden als wesentlich zu gelten hat. Eine solche Klärung lässt sich jedoch nicht von den eigenen Einschätzungen und Entscheidungen der jeweils handelnden Person abkoppeln und setzt damit ihrerseits wieder einen Spielraum alternativer Möglichkeiten voraus.
Der Beitrag von Beate Rössler widmet sich dem Freiheitsbegriff in der politischen Philosophie. Im Unterschied zur Willensfreiheit des Einzelnen geht es hier um die individuelle Handlungsfreiheit und die dafür notwendigen politisch-sozialen Rahmenbedingungen. Den orientierenden Rahmen bildet die von Gerald MacCallum entlehnte triadische Formel: ›X ist frei von Beschränkungen Y, um Handlungen Z zu tun‹. Ein umfassender Freiheitsbegriff hat insofern drei Elemente gleichermaßen zu berücksichtigen: Es bedarf eines autonomen Subjekts (X), das unbeeinträchtigt von relevanten Hindernissen (Y) die Möglichkeit hat, bestimmte Optionen wählen und eigene Ziele verfolgen zu können (Z). Im breiten Spektrum der politisch-sozialen Freiheitsdebatten werden dabei die Akzente höchst unterschiedlich gesetzt. Klassische liberale Positionen betonen|17| den negativen Pol der Abwesenheit von Beschränkungen und Hindernissen. Aus der Sorge heraus, dass positive Freiheitskonzeptionen in paternalistische oder gar diktatorische Konsequenzen münden können, besteht Freiheit für sie in der Gewähr eines Schutzraums, in dem der Einzelne sich ohne Eingriffe des Staates oder der Gesellschaft bewegen kann. Der Libertarismus spitzt diese Tendenz auf eine möglichst ungestörte Verfolgung der je eigenen Interessen zu, übergeht jedoch die Frage nach notwendigen materiellen Ressourcen und zeigt keinen Sinn für institutionelle Sicherungsinstanzen der Freiheit. Egalitär-liberale Ansätze in der Nachfolge von John Rawls setzen hier anders an, indem sie den Freiheits- an den Gleichheitsbegriff binden und damit die Ebene der ökonomisch-sozialen Voraussetzungen für den Gebrauch von Freiheit in ihre Konzeptionen einbeziehen. In vergleichbarer Weise betont die neo-hegelianische Spielart des Liberalismus die unverzichtbare Bedeutung politisch-sozialer Institutionen für die Bewahrung der individuellen Freiheit. Demgegenüber legen republikanische Positionen den Akzent vorrangig auf den positiven Pol des Freiheitsbegriffs. Ihnen geht es darum, über die negative Machtbeschränkung hinaus die positive Machtausübung als zentrales Freiheitsmerkmal zur Geltung zu bringen. Wahrhaft frei ist nur, wer nicht lediglich Adressat, sondern vielmehr Autor der rechtlichen Ordnung einer Gesellschaft ist. Allerdings nähern sich liberale und republikanische Ansätze zunehmend in der Weise an, dass sie individuelle Freiheit und kollektive Selbstbestimmung nicht gegeneinander auszuspielen, sondern miteinander zu vermitteln suchen. Das zeigt sich nicht zuletzt in der gemeinsamen Betonung der politisch-sozialen Institutionen des liberal-demokratischen Staates, welche die negativen Schutzrechte und die positiven Partizipationsrechte des freien Individuums gleichermaßen schützen und mit Leben erfüllen. Damit rückt nun das freie Subjekt selbst in den Blick. Die bisher skizzierten Freiheitskonzeptionen setzen voraus, dass der Einzelne fähig und in der Lage ist, auf der Grundlage eigenen Nachdenkens selbständig darüber zu entscheiden, wie er leben will, und sein Leben dann auch entsprechend einrichten und führen kann. Zur Freiheit gehört in diesem Sinne die Autonomie des Subjekts: Sie gewinnt nur Wirklichkeit, wenn sie vom Einzelnen auch gebraucht und gestaltet |18|werden kann. Ihre kritische Spiegelung erfährt die skizzierte Trias von negativer, positiver und autonomer Freiheit schließlich durch die feministische Philosophie: Hier wird unter Berufung auf die negative Freiheit die Verweigerung der gleichen Freiheitsrechte für Frauen beklagt, im Namen der positiven Freiheit gerade umgekehrt die Anerkennung der selbständigen ›Andersheit‹ von Frauen gefordert oder eine neue, nicht einseitig rationalistische Konzeption von Autonomie propagiert, um die repressiven Strukturen der patriarchalischen Gesellschaft durchbrechen und auch für Frauen ein freies Leben ermöglichen zu können.
Die abschließende Zusammenschau unternimmt den Versuch, die einzelnen, durchaus pointiert angesetzten Beiträge auf ihre Konvergenzen und Divergenzen hin durchsichtig zu machen. Dabei geht es nicht darum, die zuvor aufgefächerte positionelle und inhaltliche Vielfalt im Zugriff auf die Freiheitsthematik gleichsam hinterrücks wieder einzuebnen. Stattdessen liegt das Augenmerk darauf, einige elementare Grundlinien, Motive und Problemstellungen zu präparieren, welche die Fülle der Ansätze und Theorien exemplarisch zu strukturieren erlauben. Damit verbindet sich zum einen die Absicht, die theologischen Beiträge – unbeschadet ihrer Unterschiede im Einzelnen – inhaltlich aufeinander zu beziehen. Zum anderen soll auf diese Weise ein Ansatzpunkt gewonnen werden, um die grundsätzlichen Differenzen zwischen theologischem und philosophischem Freiheitsdenken herauszuarbeiten, dabei aber zugleich die teils überraschenden, teils hintergründigen Gemeinsamkeiten aufscheinen zu lassen.