Kitabı oku: «Das Gesundheitswesen im internationalen Vergleich», sayfa 8

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2.3.4 Schweden

Grundstruktur

Schwedens Gesundheitswesen ist durch einen öffentlichen Gesundheitsdienst gekennzeichnet, der der gesamten Bevölkerung zur Verfügung steht und auf kommunaler Ebene organisiert sowie – überwiegend – auch über diese Ebene finanziert wird. Während sich der Zentralstaat weitgehend auf die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen und Zielvorgaben beschränkt, liegt die Verantwortung für die Sicherstellung und Finanzierung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung bei den 21 Landkreisen und den Gemeinden. Allerdings ist auch in Schweden der bereits mehrfach erwähnte Prozess des Bedeutungszuwachses der Zentralebene zu beobachten. So veröffentlicht die schwedische Zentralregierung beispielsweise Kennzahlen, die Aufschluss über die Qualität der Kliniken geben. Neben dem kommunalen Gesundheitsdienst verfügt Schweden auch über ein, als Volksversicherung konzipiertes, obligatorisches Sozialversicherungssystem, das Teile des Gesundheitswesens mitfinanziert.

Der Markt der privaten Krankenversicherung wächst in Schweden angesichts einer Wartelistenproblematik im Bereich elektiver Behandlungen dynamisch. Aktuell verfügen rund 10 der Bevölkerung im Alter zwischen 16–64 Jahren über eine Zusatzversicherung, die im Regelfall einen schnelleren Zugang zu fachärztlichen und elektiven Eingriffen gewährleistet. Die diesbezüglichen Versicherungsprämien werden häufig von den Arbeitgebern finanziert.

Finanzierung

In Schweden lagen im Jahr 2017 sowohl der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP als auch die Gesundheitsausgaben je Kopf über dem Durchschnitt aller EU- bzw. OECD-Staaten. Mit einem Anteil der Gesundheitsausgaben am Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 11,0 Prozent gab Schweden im Jahr 2017 etwas weniger seiner Wirtschaftskraft für Gesundheit aus als Deutschland. Von den vier skandinavischen Ländern ist dies mit Abstand der höchste Anteil. Auch bei der Kennzahl „Gesundheitsausgaben pro Kopf“ gibt Schweden mit kaufkraftbereinigten 5.264 US-Dollar deutlich mehr aus als der Durchschnitt aller EU-Staaten, aber dennoch deutlich weniger als Norwegen. Dafür war das durchschnittliche jährliche Wachstum dieser Kennzahl in den vergangenen 10 Jahren mit einem Plus von 5,6 Prozent p.a. sogar noch etwas höher als in dem westlichen Nachbarstaat.

Das schwedische Gesundheitswesen wird dominant aus Steuermitteln sowie aus Beiträgen der Sozialversicherung finanziert. Im internationalen Vergleich ist der Anteil der öffentlichen Finanzierung an der Finanzierung der Gesundheitsausgaben mit fast 84 Prozent überdurchschnittlich hoch und kommt fast an den norwegischen Spitzenwert heran. Hauptfinanzierungsquelle des schwedischen Gesundheitssystems sind allgemeine Steuern der Landkreise und Gemeinden, die jeweils eigene Steuerhoheit besitzen (rd. 70 Prozent). Neben ihren eigenen Steuereinnahmen können die Kommunen zudem – ebenfalls steuerfinanzierte – Zuweisungen des Zentralstaats zur Finanzierung der Gesundheitsdienste erhalten (rd. 17 Prozent). Diese Zuweisungen dienen zum Teil dem Ausgleich der unterschiedlichen Finanzkraft der Kommunen, zum Teil sollen sie aber auch spezifische gesundheitspolitische Aufgaben unterstützen. Rund 90 Prozent aller Ausgaben der Landkreise und rund 30 Prozent aller Ausgaben der Gemeinden werden für die Finanzierung von Gesundheitsleistungen verwendet.

Die privat finanzierten Gesundheitsausgaben gehen mit rund 15 Prozent nahezu ausschließlich auf Zahlungen der privaten Haushalte – insbesondere für fach- und zahnmedizinische Versorgung sowie Arzneimittel – zurück.

Die Zuschüsse für zahnmedizinische Behandlungen sowie für verschreibungspflichtige Arzneimittel werden hingegen – ähnlich wie in Finnland – von der beitragsfinanzierten Sozialversicherung getragen, die auch das Krankengeld und finanzielle Leistungen bei Mutterschaft bereitstellt. Der Krankenversicherungsbeitrag in Höhe von 4,35 Prozent des Bruttoeinkommens wird allein vom Arbeitgeber entrichtet. Für die Elternschaftsversicherung, die auch Leistungen bei Mutterschaft finanziert, fällt ein weiterer, ebenfalls allein vom Arbeitgeber zu tragender Beitragssatz an.

Die Höhe der Zuzahlungen bei ambulanter oder stationärer Behandlung wird von den Kommunen festgelegt. Bei Krankenhausbehandlung zahlt der Patient maximal umgerechnet rund 9,50 Euro pro Tag; diese Selbstbeteiligung kann bei finanzieller Bedürftigkeit reduziert werden. Für die Konsultation eines Hausarztes sind je nach Kommune umgerechnet bis zu 28 Euro Praxisgebühr zu entrichten. Für eine fachärztliche Behandlung und für die ambulante Notfallbehandlung im Krankenhaus beläuft sich die Selbstbeteiligung auf einen Betrag zwischen 19 und 38 Euro. Im letzteren Fall sind Jugendliche und Kinder unter 20 Jahren von der Gebühr befreit. Die gesamte Selbstbeteiligung für ambulante oder stationäre Behandlung ist im Jahreszeitraum auf einen vom Zentralstaat festgelegten Höchstbetrag von umgerechnet 109 Euro beschränkt (die Zuzahlungen bei Arzneimitteln bleiben dabei unberücksichtigt).

Bei Arzneimitteln trägt der Patient zunächst sämtliche Kosten bis zur Höhe von umgerechnet rund 100 Euro im Jahr. Die darüber hinausgehenden Kosten werden – abhängig von weiteren Kostengrenzen – zu mindestens 50 Prozent erstattet. Die maximale Höhe der Selbstbeteiligung bei Arzneimitteln beträgt 218 Euro pro Jahr. Die zahnmedizinische Versorgung (Behandlung und Zahnersatz) ist nur bis zum Alter von 20 Jahren kostenlos. Für die zahnärztliche Grundversorgung zahlt die nationale Sozialversicherung den Leistungserbringern einen von der Regierung bestimmten Festbetrag; der Patient muss die verbleibenden Kosten bis zu einer Höhe von umgerechnet 850 Euro im Jahr selbst tragen. Für Rentner existieren Sonderregelungen.

Leistungen

Es gibt keine offizielle Auflistung der vom staatlichen Gesundheitswesen Schwedens zur Verfügung gestellten Leistungen. Der Leistungskatalog ist jedoch vergleichsweise umfänglich – und ist allen Einwohnern zugänglich. Zu den von den Kommunen – von den angeführten Zuzahlungen abgesehen – kostenlos bereitgestellten Sachleistungen im ambulanten und stationären Sektor kommen die Leistungen der nationalen Sozialversicherung hinzu, die die Kosten verschreibungspflichtiger Arzneimittel und die Kosten von Zahnbehandlungen und Zahnersatz zu großen Teilen übernimmt sowie Krankengeld und Elternschaftsleistungen gewährt.

Organisation der Versorgung

Für die ambulante ärztliche Versorgung sind die Landkreise verantwortlich. Sie kommen dieser Verantwortung nach, indem sie Ärzte in Gesundheitszentren beschäftigen und mit niedergelassenen Ärzten Verträge zur Leistungserbringung abschließen. In der hausärztlichen Versorgung dominiert die Anstellung in den 1.100 überwiegend öffentlichen Gesundheitszentren. In diesen Gesundheitszentren arbeiten in der Regel mindestens vier Allgemeinärzte sowie Vertreter und Vertreterinnen anderer Gesundheitsberufe. Rund 27 Prozent aller Hausarztkontakte in Schweden erfolgen in privaten Praxen, der Rest in den öffentlichen Zentren. Den Hausärzten kommt nur in manchen Landkreisen die Rolle des Gatekeepers zu. In den meisten Landkreisen gibt es für die Patienten keine Verpflichtung, vor dem Besuch des Spezialisten zunächst den Hausarzt zu konsultieren, sie haben freie Arztwahl und direkten Zugang zu Facharzt. Die ambulante fachärztliche Versorgung findet durch niedergelassene Spezialisten oder – in rund 70 Prozent aller Fälle – in den Polikliniken der Krankenhäuser statt.

Die oben beschriebene Wahlfreiheit ist allerdings zunächst auf die Anbieter im entsprechenden Landkreis beschränkt. Kann der Landkreis eine Behandlung nicht innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen organisieren, hat der Patient jedoch Anspruch darauf, dass der Landkreis für eine Behandlung in einer anderen Region sorgt. Der Patient hat allerdings gegenüber diesem zweiten Landkreis keinen Anspruch auf Behandlung, sodass ihm, wenn auch dort Wartelisten existieren, durch diese Regelung kaum geholfen wird. Die Verbesserung bei den Behandlungsgarantien bzw. Wartelisten steht so auch im Fokus der jüngsten gesundheitspolitischen Reformen in Schweden.

Die schwedischen Krankenhäuser befinden sich überwiegend in öffentlicher Trägerschaft der Landkreise und in geringerem Umfang in privatwirtschaftlicher Trägerschaft. In der Krankenhauspolitik wurden die Landkreise jüngst in sechs Gesundheitsregionen zusammengefasst – mit dem Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den stationären Einrichtungen in den einzelnen Regionen zu verbessern. Patienten haben die freie Wahl unter regional-öffentlichen Kliniken und zugelassenen privaten Einrichtungen.

Im internationalen Vergleich gibt es in Schweden mit 4,1 Ärzten je 1.000 Einwohner etwas mehr Ärzte als im EU-Schnitt. (3,6; beide Zahlen 2017). Ferner fällt neben den anderen skandinavischen Staaten auch Schweden durch eine sehr gute und weit überdurchschnittliche Ausstattung mit Pflegekräften auf. Andererseits gibt es in Schweden mit 2,2 Betten je 1.000 Einwohner deutlich weniger Krankenhausbetten als im Durchschnitt der EU- und OECD-Staaten. Auch in Bezug auf diesen Indikator zeigen sich in Schweden also sehr ähnliche Tendenzen wie in den anderen drei skandinavischen Wohlfahrtsstaaten.

Zuständige Behörden im Internet

Ministerium für Gesundheit und soziale Angelegenheiten: www.sweden.gov.se

Nationale Behörde für Gesundheit und Sozialwesen: www.socialstyrelsen.se

Vertiefende Literatur

Anell, A. et al. 2012: Sweden. Health system review. Health Systems in Transition, Copenhagen.

Glenngard, A.H. 2017: The Swedish Health Care System, in: Mossialos, E. et al. (Eds.): International Profiles of Health Care Systems. Commonwealth Fund. Washington, 153–160.

OECD/European Observatory on Health Systems and Policies 2019: Sweden: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, OECD Publishing, Paris/ European Observatory on Health Systems and Policies, Brussels.

2.4 Länder mit Sozialversicherungssystemen

In Ländern mit einem Sozialversicherungssystem besteht ein Anspruch auf Leistungen im Krankheitsfall üblicherweise erst durch Mitgliedschaft und Versicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse. Finanziert werden die gesetzlichen Krankenversicherungen durch einkommensbezogene Sozialversicherungsbeiträge, die oft teilweise von den Arbeitgebern übernommen werden. Dies schließt eine Mitfinanzierung durch staatliche Zuschüsse nicht aus. Dem Staat kommt häufig nur die Rolle des Rahmengesetzgebers zu. Viele Einzelheiten z.B. bezüglich des Leistungsumfangs und der Vergütung der Leistungserbringer werden auf der Ebene der Selbstverwaltung von den Krankenkassen als Finanzierungsträgern und den Leistungserbringern selbst geregelt. Die Leistungserbringung erfolgt meist durch unabhängige, meist nicht staatliche Anbieter. Sozialversicherungssysteme sind regelhaft durch ein Umlageverfahren gekennzeichnet: Die eingezahlten Beiträge werden unmittelbar für die Finanzierung der laufend erbrachten Leistungen genutzt; Rücklagen werden üblicherweise nicht gebildet. Der Beitragszahler erwirbt im Gegenzug einen Leistungsanspruch, den er im Bedarfsfall geltend machen kann.

2.4.1 Deutschland

Grundstruktur

Deutschland gilt als das Mutterland der Sozialversicherung: Unter Reichskanzler Bismarck wurde 1883 die erste gesetzliche Absicherung im Krankheitsfall in Form einer – damals zunächst für Industriearbeiter – obligatorischen Sozialversicherung eingeführt. Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) hat bis heute Bestand; im Laufe der Zeit wurde der in ihren Schutz einbezogene Personenkreis Zug um Zug ausgeweitet.

Zentrales Charakteristikum des deutschen Gesundheitswesens ist das Prinzip der Vielfachsteuerung: Während der Bund für die Rahmengesetzgebung zuständig ist, fällt die Planung und (Investitionskosten-)Finanzierung der Krankenhausversorgung in die Zuständigkeit der Bundesländer. Den Selbstverwaltungspartnern wiederum – also den Krankenkassen als Kostenträgern einerseits und den Leistungserbringern, d.h. den niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern andererseits – kommt die Aufgabe zu, die gesetzlichen Vorgaben durch Verträge z.B. zur Vergütung, zu Leistungsmengen und zur Qualität umzusetzen.

Organisiert wird die GKV durch 105 gesetzliche Krankenkassen (2020), zwischen denen die Versicherten seit 1996 weitestgehend frei wählen können. Einige Kassen – insbesondere die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) – sind allerdings regional, zumeist auf ein Bundesland oder maximal drei Länder, beschränkt. Gleiches gilt für manche Betriebskrankenkassen (BKK), von denen einige wiederum nur den Beschäftigen eines bestimmten Unternehmens offen stehen (sog. geschlossene BKK).

In der GKV pflichtversichert sind alle abhängig Beschäftigten mit einem monatlichen Einkommen, das unter der sog. Versicherungspflichtgrenze liegt. Diese beläuft sich im Jahr 2020 auf 62.550 Euro pro Jahr. Pflichtversichert sind ferner Rentner, Arbeitslose und weitere Sozialleistungsbezieher. Abhängig Beschäftigte, deren Einkommen diese Versicherungspflichtgrenze für einen Zeitraum von mehr als einem Jahr überschreitet, sind versicherungsfrei und können dann wählen, ob sie sich als freiwillige Mitglieder weiter in der GKV versichern oder in die private Krankenversicherung (PKV) wechseln wollen. Nicht erwerbstätige Ehepartner und Kinder sind in der GKV beitragsfrei mitversichert.

Im Gegensatz zu allen anderen Ländern Europas ist es damit in Deutschland bis zum heutigen Tage nicht gelungen, die gesamte Bevölkerung in die gesetzliche Krankenversicherung zu integrieren. Vielmehr existieren in Deutschland zwei unterschiedliche Säulen der Absicherung im Krankheitsfall nebeneinander: Während knapp 90 Prozent der Bevölkerung in der GKV abgesichert sind, verfügen gut 10 Prozent über eine sog. substitutive private Krankenversicherung (in Abgrenzung zur privaten Zusatzversicherung mit ergänzendem, komplementären Schutz). Etwa die Hälfte der privat Versicherten sind Beamte, die für einen Teil ihrer Krankheitskosten eine staatliche Unterstützung erhalten und sich daher nur für den nicht durch die sog. Beihilfe getragenen Teil privat versichern müssen (bei aktiven Beamten trägt die Beihilfe im Regelfall 50 Prozent, bei Pensionären 70 Prozent der Behandlungskosten). Eine beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen gibt es in der PKV nicht.

Bis ins Jahr 2008 bestand für die nicht in der GKV Pflichtversicherten kein gesetzlicher Zwang zur Versicherung. Seit 2009 gilt in Deutschland hingegen eine umfassende Versicherungspflicht, die auch den Bereich der PKV umfasst: Personen, die privat krankenversichert oder der PKV zuzuordnen sind, müssen mindestens über einen Versicherungsschutz verfügen, der ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst. Vertraglich vereinbarte Selbstbehalte dürfen einen Betrag von 5.000 Euro im Jahr nicht überschreiten (vgl. ausführlich Schölkopf 2009).

Die Möglichkeit zur Absicherung in der PKV haben neben Beamten nur Selbstständige sowie abhängig Beschäftigte, deren Einkommen ein Jahr über der o.g. Versicherungspflichtgrenze liegt. Die Versicherungsunternehmen unterlagen bis Ende 2008 keinem Kontrahierungszwang, sodass Personen mit einem schlechten Gesundheitszustand/-risiko in der PKV keinen Versicherungsschutz erhielten oder zumindest erhebliche Risikozuschläge bzw. Leistungsausschlüsse in Kauf nehmen mussten. Es ist nicht überraschend, dass diese Regelungen eine Risikoselektion zulasten der GKV begünstigt haben: Die Morbiditätsstruktur der PKV-Versicherten, die gleichzeitig über im Durchschnitt um zwei Drittel höhere Einkünfte verfügen, ist deutlich besser als jene der GKV-Versicherten. Seit dem Jahr 2009 müssen die privaten Krankenversicherer zwar allen Personen, die in der PKV versichert sind oder sich dort versichern können, einen leistungsmäßig der GKV vergleichbaren Basistarif anbieten, bei dem ein Kontrahierungszwang gilt und Leistungsausschlüsse und Risikozuschläge unzulässig sind. Einen Finanz- oder Risikostrukturausgleich zwischen den beiden Systemen, so wie er in den Niederlanden bereits vor der umfassenden Gesundheitsreform des Jahres 2006 existierte, gibt es in Deutschland aber bis heute nicht.

Finanzierung

Mit einem Anteil von 11,2 Prozent am BIP gehört Deutschland zu den OECD-Ländern mit den höchsten Gesundheitsausgaben; im Ranking der 30 Staaten lag Deutschland im Jahr 2017 auf dem vierten Platz; in der EU knapp hinter Frankreich sogar auf Platz 2. Kaum anders sieht es bei der Kennzahl „Gesundheitsausgaben pro Kopf aus“: Hier liegt Deutschland 2017 mit kaufkraftbereinigten 5.848 US-Dollar ebenfalls auf dem vierten Platz im Ranking der OECD-Staaten – und damit sehr deutlich über dem Durchschnitt von rd. 4.000 US-Dollar. Betrachtet man das durchschnittliche jährliche Wachstum dieser Kennzahl über die letzten 10 Jahre, so zeigt sich mit einem Plus von 3,1 Prozent p.a. ein Wert im oberen Mittelfeld der in der in diesem Buch betrachteten Staaten.

Mit einem öffentlichem Finanzierungsanteil von 84 Prozent an den gesamten Gesundheitsausgaben liegt Deutschland auf einer Linie mit den skandinavischen Gesundheitssystemen. Nur 13 Prozent der Gesamtausgaben werden direkt von den privaten Haushalten finanziert – dieser Anteil liegt damit beim privaten Finanzierungsanteil vieler Staaten mit nationalem Gesundheitsdienst. Die freiwillige private Krankenversicherung (als Zusatzversicherung) trägt mit einem Prozent nur marginal zur Finanzierung der Gesamtausgaben bei.

Die gesetzliche Krankenversicherung Deutschlands beruht auf einem Umlagesystem und finanziert sich im Wesentlichen über Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber auf den Bruttolohn bzw. die Rente bis zur sog. Beitragsbemessungsgrenze von 4.687 Euro im Monat (Stand 2020). Während bis Ende 2008 jede Krankenkasse innerhalb gewisser gesetzlicher Vorgaben über ihren Beitragssatz selbst entscheiden konnte, wird dieser seit 1. Januar 2009 zentral von der Bundesregierung festgelegt. Krankenkassen, die mit diesem Finanzrahmen nicht auskamen, mussten entweder einen einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag oder einen einkommensunabhängigen Zusatzbeitragssatz erheben. Seit dem Jahr 2015 gibt es einen für alle Krankenkassen identischen sog. „allgemeinen Beitragssatz“, der von der Bundesregierung festgelegt wird – sowie einen kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz, über dessen Höhe die jeweilige Krankenkasse entscheidet. Im Jahr 2020 liegt der allgemeine Beitragssatz bei 14,6 Prozent, wovon Arbeitgeber und Beschäftigte jeweils 7,3 Prozent tragen. Der kassenindividuelle Zusatzbeitrag variiert in der Bandbreite von 0,4 bis 1,5 Prozent (Stand 2020); auch er wird seit 2019 wieder hälftig von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen. Seit dem Jahr 2004 fließt zudem ein steuerfinanzierter Zuschuss aus dem Bundeshaushalt an die gesetzliche Krankenversicherung. Dieser dient der teilweisen Mitfinanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben der GKV und soll ebenfalls zur Senkung bzw. Stabilisierung der Höhe der Lohnnebenkosten beitragen. Im Jahr 2019 lag der Bundeszuschuss bei 14,5 Mrd. Euro.

Basierend auf dem „GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz“, erhalten die Krankenkassen seit Januar 2009 entsprechend der Zahl- und Krankheitsstruktur ihrer Versicherten Zuweisungen aus einem zentralen Gesundheitsfonds, der als Sammelstelle für alle Beitragseinnahmen und die Zuschüsse aus Steuermitteln dient. Kommen die Kassen mit diesen Zuweisungen nicht aus, müssen sie von ihren Versicherten die o.g. Zusatzbeiträge erheben. Durch diese neue Finanzierungsstruktur wurde das Preissignal und somit der Preiswettbewerb in der GKV deutlich gestärkt; Kassen mit Zusatzbeitrag verloren damals massiv Mitglieder.

Zuzahlungen haben in der GKV eine vergleichsweise geringe Bedeutung. Bei einer Krankenhausbehandlung fallen in den ersten vier Wochen des Kalenderjahres 10 Euro pro Tag an. Bei ambulanter ärztlicher Behandlung wurde im Zeitraum 2004 bis Ende 2012 eine Praxisgebühr in Höhe von 10 Euro erhoben, die beim ersten Besuch einer Arzt- oder Zahnarztpraxis pro Quartal fällig wurde. Von der 2003 beschlossenen Einführung der Praxisgebühr versprach sich der Gesetzgeber sowohl eine steuernde Wirkung, also einen Rückgang der im internationalen Vergleich sehr hohen Zahl an Arztkontakten, als auch eine Verbesserung der Einnahmen der Krankenkassen. Aufgrund der vergleichsweise geringen Steuerungswirkung der Praxisgebühr sowie der 2012 sehr guten Finanzsituation und wohl auch, weil im Jahr 2013 eine Bundestagswahl stattfand, wurde die Praxisgebühr mit Wirkung ab Januar 2013 wieder abgeschafft. Bei Arzneimitteln sowie Heil- und Hilfsmitteln gilt der Grundsatz, dass die Zuzahlung sich auf 10 Prozent beläuft, dabei aber 5 Euro nicht unter- und 10 Euro nicht überschreiten darf (liegt der Preis des Medikaments mindestens 30 Prozent unterhalb eines vorgeschriebenen Festbetrags, entfällt die Zuzahlung in der Regel). Kinder, Jugendliche und Schwangere sind von Zuzahlungen ausgenommen. Die Zuzahlungen dürfen zudem 2 Prozent des Bruttohaushaltseinkommens nicht überschreiten; darüber liegende Beträge werden von der GKV übernommen. Für schwerwiegend chronisch Kranke liegt diese Grenze bei 1 Prozent des Haushaltseinkommens.

Die substitutive private Krankenversicherung (PKV) finanziert sich über Beiträge, die keinen Bezug zum Einkommen des Versicherten aufweisen, sondern sich – neben dem versicherten Leistungsumfang – am Alter und Gesundheitsrisiko des einzelnen Versicherten zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses orientieren. Insofern kann es hier keine allgemeine Aussage über die Beitragshöhe in der PKV geben. Nur ein Teil des Beitrags dient zur Finanzierung der aktuellen Leistungsausgaben, ein anderer Teil – die sog. Alterungsrückstellung – wird erst mit fortgeschrittenem Lebensalter des Versicherungsnehmers zur „Glättung“ bzw. Abmilderung des Beitragsanstiegs verwendet und vorher auf dem Kapitalmarkt angelegt. Da die PKV im Gegensatz zur GKV kein Solidarprinzip kennt und sich nicht an der Finanzierung der weitestgehend der GKV überlassenen Solidarlasten beteiligt, ist der Beitrag eines jüngeren, gesunden Menschen mit höherem Einkommen für seine private Krankenversicherung im Regelfall trotz eines oft umfassenderen Leistungsanspruchs niedriger als in der GKV. Die Beitragsdynamik in der PKV ist allerdings ungleich brisanter als in der GKV. In der PKV sind die Beiträge in den letzten Jahren regelmäßig deutlich stärker gestiegen als in der GKV. Da sich der Versicherungsbeitrag nicht auf das Einkommen bezieht, wird seine Höhe insbesondere im Ruhestand – wenn das Einkommen meist zurückgeht – nicht selten zum Problem.

Leistungen

Der im Regelfall auf dem Sachleistungsprinzip beruhende Leistungskatalog der GKV ist aus international-vergleichender Perspektive sehr umfangreich. Er umfasst Prävention und Gesundheitsförderung, Früherkennungsleistungen, ambulante ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Medikamente, Heilund Hilfsmittel, stationäre Behandlung, häusliche Krankenpflege, medizinische Rehabilitation und Soziotherapie. Sehhilfen und Krankentransporte werden nur unter bestimmten Voraussetzungen bzw. in eingeschränktem Umfang übernommen. Auch Krankengeld und Mutterschaftsleistungen sind hingegen Teil des Leistungsumfangs der GKV. Der Leistungskatalog der GKV wird maßgeblich vom sogenannten Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ausgestaltet. Die Existenz dieses Gremiums ist Ausdruck der Gemeinsamen Selbstverwaltung von Leistungserbringern und Kostenträgern. Der Ausschuss besteht aus Vertretern der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des GKV-Spitzenverbands sowie drei unparteiischen Mitgliedern. Patientenvertreter haben ein Mitberatungs-, aber kein Stimmrecht. Zentrale Aufgabe des G-BA ist es, den vom Gesetzgeber im Grundsatz erstellten Leistungskatalog der GKV durch Richtlinien zu konkretisieren und dabei sicherzustellen, dass die Versorgung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Aufgrund der großen Tragweite seiner Richtlinienkompetenz für das deutsche Gesundheitssystem wird der G-BA häufig als „Kleiner Gesetzgeber“ bezeichnet.

Der Leistungsumfang in der PKV hängt vom jeweils vereinbarten Versicherungstarif ab; einige Leistungen der GKV sind i.d.R. nicht erfasst (so z.B. Rehabilitation oder Psychoanalyse). Andererseits decken viele private Krankenversicherungsverträge typische Zusatzleistungen wie Wahlleistungen im Krankenhaus (Chefarztbehandlung oder Ein- bzw. Zweibettzimmer) ab, die die GKV im Regelleistungskatalog nicht vorsieht. Die im Vergleich zur GKV höhere Vergütung bei ambulanter ärztlicher Behandlung sichert privat Versicherten zudem weitere Vorteile; insbesondere in Bezug auf einen schnellen Zugang zur fachärztlichen Versorgung. In der PKV gilt das Kostenerstattungsprinzip: Der Versicherte tritt in Vorleistung und reicht die Rechnung später bei seiner Versicherung ein.

Organisation der Versorgung

Die ambulante ärztliche Versorgung wird in Deutschland in erster Linie durch selbstständige, niedergelassene Ärzte sichergestellt, die überwiegend in Einzelpraxen, zunehmend aber auch in Gemeinschaftspraxen tätig sind. Seit einigen Jahren wird zudem die koordinierte Leistungserbringung von Haus- und verschiedenen Fachärzten im Rahmen von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) gefördert. Die MVZ werden nicht selten von Krankenhausträgern gegründet und gemanagt. Ferner ist die Politik bestrebt, die Hausärzte verstärkt in die Rolle des Gatekeepers zu bringen. Die Krankenkassen müssen ihren Versicherten deshalb ein Versorgungsmodell der hausarztzentrierten Versorgung anbieten. Versicherte akzeptieren mit ihrer Einschreibung in einen solchen Tarif die steuernde Rolle des Hausarztes. Dafür werden sie mit verschiedenen materiellen (z.B. Verzicht auf Zuzahlungen bei verordneten Arzneimitteln) und immateriellen Boni (z.B. verkürzte Wartezeit oder Zugang zu Abendsprechstunden) belohnt. Abgesehen hiervon gilt in Deutschland sowohl im haus- wie im fachärztlichen Bereich der Grundsatz der freien Arztwahl. D.h. es ist regelhaft der direkte Zugang zu ambulant tätigen Fachärzten möglich. Die ambulante fachärztliche Versorgung findet im ersten Schritt durch niedergelassene Ärzte statt, erst im Eskalationsfall folgt die Einweisung ins Krankenhaus. Im internationalen Vergleich fällt der in Deutschland sehr breite und schnelle Zugang zur ambulanten Versorgung positiv auf; vgl. hierzu auch Kapitel 7 dieses Buches. Gesteuert wird dieser Leistungsbereich nicht durch einen staatlichen Akteur, sondern ebenfalls im Rahmen der o.g. Gemeinsamen Selbstverwaltung von Leistungserbringern (Kassenärztlichen Vereinigungen) und Finanzierungsträgern (Krankenkassen).

Die Sicherstellung der stationären Versorgung fällt in Deutschland in die Zuständigkeit der 16 Bundesländer. Die Kliniken befinden sich jeweils zu etwa einem Drittel in kommunaler, freigemeinnütziger oder privatgewerblicher Trägerschaft, wobei letztere in jüngerer Zeit an Bedeutung gewonnen hat. Die Krankenhäuser sind trotz zahlreicher gesetzgeberischer Öffnungsversuche, von Ausnahmen abgesehen, nicht für die ambulante Versorgung geöffnet. Die Patienten können zwischen den Krankenhäusern frei wählen. Im internationalen Vergleich fällt die in Deutschland sehr hohe Anzahl an Krankenhausbetten auf: Bezogen auf die Kennzahl „Krankenhausbetten je 1.000 Einwohner“ liegt Deutschland mit einem Wert von 8,0 sehr deutlich über dem Schnitt aller OECD- und EU-Staaten (4,7 bzw. 5,0 2017). Mit dieser Bettendichte liegt Deutschland an der ersten Stelle der EU-Staaten; weltweit gibt es nur in Japan und Korea und Russland noch mehr Krankenhausbetten je 1.000 Einwohner.

Auch die Anzahl der Ärzte und Pflegepersonen pro 1.000 Einwohnern lag mit 4,3 bzw. 12,0 jeweils deutlich über dem EU-Durchschnitt (3,6 und 8,5; Zahlen für 2017). Auffällig ist allerdings, dass die Anzahl der Allgemeinärzte dabei um rd. ein Viertel unter dem europäischen Durchschnitt liegt.

Zuständige Behörden im Internet

Bundesministerium für Gesundheit: www.bmg.bund.de

Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA): www.g-ba.de

Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband): www.gkv-spitzenverband.de

Vertiefende Literatur

Simon, M. 2017: Das Gesundheitssystem in Deutschland. Eine Einführung in Struktur und Funktionsweise, 5. Auflage. Göttingen: Hogrefe.

Blümel, M./Busse, R. 2017: The German Health Care System, in: Mossialos, E. et al. (Eds.): International Profiles of Health Care Systems. Commonwealth Fund. Washington, 69–76.

Busse, R./Blümel, R. 2014: Germany. Health systems review. Health Systems in Transition. Copenhagen.

OECD/European Observatory on Health Systems and Policies 2019: Germany: Country Health Profile 2019, State of Health in the EU, OECD Publishing, Paris/ European Observatory on Health Systems and Policies, Brussels.

Rosenbrock, R./Gerlinger, T. 2014: Gesundheitspolitik. Eine systematische Einführung, 3. vollständig überarbeitete Auflage, Bern: Hans Huber.

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25 mayıs 2021
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