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IV. Beweislast

258

Der Klauselgegner hat diejenigen Umstände zu beweisen, welche zu Beurteilung führen, dass die Klausel objektiv ungewöhnlich ist. Häufig ergibt sich dies freilich bereits aus dem Inhalt der Klausel oder doch aus Aufmachung und Systematik des schriftlichen Vertragstextes.

259

Wenn die Klausel objektiv ungewöhnlich ist, muss der Verwender beweisen, dass der Vertragspartner gleichwohl mit ihr rechnen musste[1]. Insbesondere obliegt dem Verwender der Nachweis, dass er den Kunden ausdrücklich auf die Geltung der Klausel hingewiesen hat[2]. Diesen Nachweis kann er nicht dadurch führen, dass er den Kunden eine vorformulierte Erklärung unterschreiben lässt, worin der Kunde bestätigt, die Klausel zur Kenntnis genommen zu haben oder auf sie hingewiesen worden zu sein: Eine solche Klausel ist nach § 309 Nr. 12 b BGB unwirksam[3]. Bei notariell beurkundeten Verträgen hat der Verwender zu beweisen, dass der Notar den Kunden ordnungsgemäß über die ungewöhnliche Klausel belehrt hat[4].

Anmerkungen

[1]

BGH NJW 1990, 576, 577.

[2]

BGH NJW 1978, 1519, 1520; Staudinger/Schlosser BGB, § 305c Rn. 5.

[3]

BGH WM 1978, 723, 725 hält eine solche Klausel sogar ihrerseits für überraschend i.S.d. § 305c BGB.

[4]

BGH NJW 1979, 2387, 2388.

V. Rechtsfolgen

260

Wenn eine Bestimmung in AGB überraschend ist und deshalb nach § 305c I BGB nicht Vertragsbestandteil wird, kommt der Vertrag ohne sie zustande (§ 306 I BGB)[1]. Bei einer aus mehreren selbständigen Teilen zusammengesetzten Klausel beschränkt sich deren Nichteinbeziehung auf den jeweils ungewöhnlichen und überraschenden Regelungsteil. Hierdurch entstehende Lücken sind durch dispositives Gesetzesrecht, hilfsweise ergänzende Vertragsauslegung zu schließen (§ 306 II BGB). Der überraschende Charakter einer Klausel kann nicht im abstrakten Unterlassungsverfahren nach § 1 UKlaG geltend gemacht werden[2]. Denn nach dem Wortlaut diese Vorschrift ist ihr Anwendungsbereich auf die Unwirksamkeit von AGB nach §§ 307–309 BGB begrenzt.

Anmerkungen

[1]

BGHZ 130, 150, 155.

[2]

OLG Düsseldorf NJW-RR 2005, 1692; OLG Karlsruhe MDR 2006, 1035 f. = VersR 2006, 1233.

Teil 3 Die inhaltliche Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen

Teil 3 Die inhaltliche Überprüfung Allgemeiner Geschäftsbedingungen › 1. Kapitel Das Verhältnis von Auslegung und Inhaltskontrolle im AGB-Recht

1. Kapitel Das Verhältnis von Auslegung und Inhaltskontrolle im AGB-Recht

Inhaltsverzeichnis

I. Das Gebot der objektiven Auslegung von AGB

II. Die Unklarheitenregel des § 305c II BGB

1

Bevor man in die Inhaltskontrolle von AGB eintreten kann, ist es erforderlich, den Inhalt der jeweiligen Klausel durch Auslegung zu ermitteln. Nicht immer lässt sich nämlich der Sinn einer Klausel an ihrem Wortlaut zweifelsfrei ablesen.

2

Die Auslegung ist freilich nicht nur Vorstufe der Inhaltskontrolle. Sie hat vielmehr ebenfalls der Beurteilung vorauszugehen, ob eine Klausel überraschend ist (§ 305c I BGB) oder ob sie im Widerspruch zu einer Individualabrede steht und daher nach § 305b BGB hinter dieser zurücktreten muss.

I. Das Gebot der objektiven Auslegung von AGB

1. Gleichförmige Verwendung – gleichförmige Auslegung

3

Bei der Auslegung von AGB ist zudem zu beachten, dass sie für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind. Aus ihrer gleichförmigen Anwendung in der Vertragspraxis resultiert die Notwendigkeit einer einheitlichen Auslegung. Die Auslegung von AGB richtet sich daher nicht nach den Umständen des Einzelfalls. Wille und Absicht der Parteien des Einzelgeschäfts haben außer Betracht zu bleiben[1]. Vielmehr ist eine objektive, am typischen Sinn der Klausel orientierte Auslegung geboten[2]. Bei der Auslegung sind mithin diejenigen Verhältnisse zu berücksichtigen, welche bei Verwender und angesprochenem Kundenkreis typischerweise gegeben sind: die durchschnittlichen Interessen, Vorstellungen und Verständnismöglichkeiten redlicher Vertragsparteien, die ihrem Geschäftsverkehr eine allgemeine Grundlage geben wollen[3]. In der Rechtsprechung des BGH hat sich insgesamt die folgende Formel etabliert[4]:

4

Tipp

Der Sinngehalt der AGB Klausel ist nach objektiven Maßstäben, losgelöst von der zufälligen Gestaltung des Einzelfalls und den individuellen Vorstellungen der Vertragsparteien, unter Beachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise zu ermitteln.

5

Für die Auslegung von AGB unbeachtlich ist insbesondere die Entstehungsgeschichte der Bedingungen[5]. Im Individualprozess können ausnahmsweise die individuellen Umstände des Vertragsschlusses Beachtung finden, wenn ihnen eine sog. Auslegungsbedeutung abzugewinnen ist[6]; das soll etwa der Fall sein, wenn der Verwender oder seine Hilfspersonen Erläuterungen zu auslegungsbedürftigen AGB gegeben haben[7]. In jedem Fall kann die systematische Stellung einer Klausel für deren Auslegung Bedeutung haben[8], nicht aber die Entstehungsgeschichte der Bedingungen[9].

2. Das Verbot der Einzelfallbetrachtung

6

Der Grundsatz, dass individuelle Umstände außer Betracht zu bleiben haben, wirkt sich dabei nicht selten zum Nachteil des Klauselgegners aus.

7

Beispiel 58

In den AGB des V, der gewerbsmäßig Ferienhäuser vermietet, heißt es: „Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter bei Nichtbereitstellung der Unterkunft Schadensersatz zu leisten.“ M mietet für sich, seine Ehefrau und seine schwerbehinderte Tochter ein Haus des V für die ersten beiden Juniwochen, um dort Urlaub zu machen. Im März teilt V dem M mit, dass er das Haus verkauft habe und daher dem M nicht zur Verfügung stellen könne. M ist mangels Alternativen gezwungen, den Urlaub zu Hause zu verbringen. Gestützt auf die Klausel verlangt M von V Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit.

8

Die Klausel im Beispiel 58 bestimmt nicht eindeutig, ob unter dem „Schadensersatz“, der nach ihr verlangt werden kann, auch Schadensersatz wegen vertaner Urlaubszeit zu verstehen ist. Das OLG Oldenburg[10] hatte argumentiert, M mache hier einen immateriellen Schaden geltend. Es sei daher zu prüfen, ob die Klausel den Inhalt der Schadensersatzpflicht über § 253 I BGB hinaus auch auf immateriellen Schadensersatz ausdehne. Dies sei jedenfalls im Beispiel 58 zu bejahen, da M wegen der Betreuung einer schwerbehinderten Tochter besonders auf körperliche und seelische Erholung angewiesen sei.

9

Mit dieser Begründung ließ sich die Entscheidung methodisch nicht halten. Denn die Notwendigkeit, ein schwerbehindertes Kind zu betreuen, ist ein individueller Umstand, der bei der Beurteilung der Klausel außer Betracht zu bleiben hat[11]. Der BGH gelangte seinerzeit nur deshalb zu einem Schadensersatzanspruch, weil er die Vereitelung von Urlaub, der zur Wiederherstellung der Arbeitskraft dienen sollte, als materiellen Schaden betrachtete[12], der in jedem Fall zu ersetzen sei.

10

Die Entscheidung des BGH erging vor Inkrafttreten der §§ 651a ff. BGB. Würde der Fall heute entschieden, so wäre zunächst zu prüfen, ob ein Reisevertrag vorliegt. Das setzt nach § 651a I BGB an sich voraus, dass der Veranstalter eine Mehrheit von Reiseleistungen zu erbringen verspricht. Doch wendet der BGH die §§ 651a ff. BGB analog auf die Vermietung von Ferienhäusern an[13]. Folgt man dem, so erübrigt sich die Frage nach dem materiellen oder immateriellen Charakter vertaner Urlaubszeit. Denn der Ersatzanspruch ergibt sich dann bereits aus § 651f II BGB.

11

Für Reisen, die ab dem 1.7.2018 gebucht werden, ist freilich auf die gesetzliche Neuregelung des Reisevertrags hinzuweisen: Nach § 651a II 1 BGB wird die Pauschalreise definiert als eine Gesamtheit von Reiseleistungen. Der Idee, dass auch der Vermietung einer Ferienwohnung – und damit eine einzelne Reiseleistung – dem Anwendungsbereich des Reisevertragsrechts unterfallen könnte, hat die Gesetzesbegründung zur Neuregelung ausdrücklich eine Absage erteilt[14]. Auf derartige Verträge sind §§ 651a ff. BGB in Zukunft also nicht einmal mehr analog anwendbar. Freilich stellt sich dann in umso nachdrücklicherem Maße die Frage, ob im Anschluss an die frühere Rechtsprechung des BGH vertane Urlaubszeit als materieller Schaden einzustufen ist. Methodisch ehrlicher ist es, wenn man wie folgt argumentiert: Wer eine Leistung verspricht, die nach ihrer Zweckbestimmung Urlaubsgenuss vermitteln soll, verhält sich widersprüchlich, wenn er dieses Versprechen nicht erfüllt und sich wegen des immateriellen Schadens, den sein Kunde dadurch erleidet, hinter § 352 BGB verschanzt. § 253 I BGB ist vielmehr bei der Vermietung von Ferienwohnungen als stillschweigend abbedungen anzusehen[15]. Auf diese Weise wird es auch außerhalb des Reisevertragsrechts gelingen, einen Anspruch von Urlaubern auf immateriellen Schadensersatz zu begründen.

12

Tipp

Bei der Auslegung wird auf besondere Umstände des Einzelfalls keine Rücksicht genommen. Das gilt unabhängig davon, ob jene Umstände eher zugunsten der Interessen des Verwenders oder derjenigen des Klauselgegners ausschlagen.

13

Sofern der Klauselgegner – wie im Beispiel 58 – Verbraucher ist, wird sein Schutz vor einer unangemessenen Benachteiligung auf andere Weise sichergestellt, nämlich auf der Ebene der Inhaltskontrolle: Im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher sind nach § 310 III Nr. 3 BGB bei der Beurteilung, ob eine Klausel den Verbraucher unangemessen benachteiligt, auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Mit der Auslegung hat dies aber nichts zu tun; diese wird durch die Verbrauchereigenschaft des Klauselgegners (im Beispiel 58: des K) nicht beeinflusst.

14

Ebenso hat der BGH ausgesprochen, dass ein ausländischer Klauselgegner sich die AGB eines im Inland tätigen Verwenders mit derjenigen Bedeutung entgegenhalten lassen muss, wie sie ihnen ein vernünftiger und sorgfältiger Inlandskunde nach Lage des Falles beilegen durfte und musste[16].

3. Die Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise

15

Eine objektive Auslegung kann nur gelingen, wenn man verlässlich die Perspektive bestimmt, aus der heraus sie geschehen soll. Wenn hier die typische Sicht des angesprochenen Kundenkreises für maßgeblich erachtet wird, bedeutet dies, dass es zu ermitteln gilt, welche Verkehrskreise der Verwender mit seinen AGB ansprechen will.

16

Diese Verkehrskreise bestimmt der BGH nach dem Markt, den der Verwender unter Zugrundelegung des Klauselwerks bedient. So sind bei der Auslegung der AGB des Vereins Deutscher Maschinenbau-Anstalten auch solche Momente zu berücksichtigen, die auf dem allgemeinen Maschinenmarkt als bekannt vorauszusetzen sind[17]: Die angesprochenen Verkehrskreise sind diejenigen Kunden, die typischerweise Maschinen kaufen bzw. verkaufen. Damit ist der Kundenkreis, dessen Sicht für die Auslegung maßgeblich ist, relativ eng gefasst. Dagegen ist bei Versicherungsbedingungen auf die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse abzustellen[18]. Damit ist, dem Massencharakter des Geschäftsfeldes entsprechend, ein sehr weit gezogener Kundenkreis von den AGB angesprochen. Die Sicht dieses Personenkreises bestimmt folglich die Auslegung der AGB.

17

Die vorformulierte Klausel „zahlbar sofort netto ohne Abzug“ richtet sich an Teilnehmer des Handelsverkehrs und ist schon deshalb nicht unklar, weil sie im Handelsverkehr einen feststehenden Inhalt hat: Weder wird der Kaufpreis gestundet noch ein Preisnachlass für sofortige Zahlung gewährt[19].

4. Interpretation von Fachbegriffen

a) Der allgemeine Sprachgebrauch

18

Begriffe und Ausdrucksformeln, welche in AGB verwendet werden, finden grundsätzlich mit derjenigen Bedeutung Eingang in den Vertrag, die ihnen im allgemeinen Sprachgebrauch zukommt. Dabei ist die Bedeutung der verwendeten Begriffe im Zeitpunkt ihrer Einbeziehung in den Vertrag, nicht im Zeitpunkt der AGB-Aufstellung maßgeblich.

19

Beispiel 59

In den AGB der Feuerversicherung F AG heißt es: „Schäden, die an den versicherten Sachen dadurch entstehen, dass sie einem Nutzfeuer oder der Wärme zur Bearbeitung oder zu sonstigen Zwecken (z.B. zum Räuchern, Rösten, Braten, Trocknen, Plätten) ausgesetzt werden, fallen nicht unter den Versicherungs-schutz.“ N schließt eine solche Versicherung bei F ab. In der Folgezeit wird eine von N betriebene Heißrauchanlage bei einem durch sie verursachten Brand zerstört. Gestützt auf diese Klausel weigert sich die F, den daraus erwachsenen Schaden des N zu regulieren.

20

Die Anlage im Beispiel 59 ist einem Feuer zum Opfer gefallen, das von ihr selbst ausgegangen ist. Legt man demgegenüber die Klausel in den Versicherungsbedingungen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch aus, so erfasst der Risikoausschluss nur solche Schäden, die an anderen Sachen als der Feuerquelle entstanden sind: Das OLG Hamburg hebt mit Recht hervor, dass das Bügeleisen nicht seiner eigenen Wärme zum Plätten ausgesetzt ist[20]. Ebenso wenig, so wird man ergänzen können, ist der Herd seiner eigenen Wärme zum Kochen, der Backofen seiner eigenen Wärme zum Braten oder die Trockenmaschine ihrer eigenen Wärme zum Trocknen ausgesetzt. Konsequent ist auch die Heißrauchanlage nicht ihrem eigenen Nutzfeuer ausgesetzt. Das OLG Hamburg hat daher mit Recht im Beispiel 59 die F AG zur Regulierung des Schadens verurteilt[21].

21

Beispiel 60

Im Fall kollidierender AGB wurden die Begriffe „kostenlos“ und „unentgeltlich“ vom Ausgangspunkt des allgemeinen Sprachgebrauchs aus als deckungsgleich angesehen[22].

b) Legal definierte Begriffe

22

Bei der Auslegung juristischer Fachbegriffe wie im Beispiel 60 ist von wesentlicher Bedeutung, ob sie vom Gesetz in einer bestimmten Art und Weise verwendet werden. Sind sie erkennbar dem Gesetz entnommen, so muss ihnen der Sinn beigelegt werden, den sie in der betreffenden Rechtsvorschrift haben[23]. Wird also eine Gesetzesnorm wortlautgetreu oder nahezu wortlautgetreu übernommen, unterliegt sie nicht dem § 305c II BGB, da den Verwender insoweit keine Formulierungsverantwortung trifft. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Verwender versucht, den Sinn der Norm mit eigenen Worten wiederzugeben[24]; dann ist er dafür verantwortlich, dass die gegebene Erläuterung mit der geltenden Rechtslage exakt übereinstimmt.

23

Beispiel 61

V hat bei der D-AG eine Hausratversicherung abgeschlossen. Danach werden die in seiner Wohnung befindlichen Gegenstände gegen „Diebstahl“ versichert. In der Folgezeit dringen zwei maskierte Männer in seine Wohnung ein und zwingen ihn mit vorgehaltener Pistole zur Herausgabe einer antiken Vase. V verlangt von D, den Schaden zu regulieren.

24

Dem Regulierungsverlangen des V wird D im Beispiel 61 nicht nachkommen müssen. Denn der Begriff „Diebstahl“ ist im Gesetz (§ 242 I StGB) dadurch gekennzeichnet, dass der Täter dem Opfer eine bewegliche Sache „wegnimmt“. Wegnahme ist Bruch fremden und Begründung neuen Gewahrsams[25]. Im Beispiel 61 wurde die Vase dem V indes nicht weggenommen; vielmehr hat V sie selbst herausgegeben und damit den Gewahrsam an der Vase willentlich beendet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass er zur Herausgabe gezwungen wurde. Vielmehr stellt sich die Tat nach ihrem äußeren Erscheinungsbild[26] als eine räuberische Erpressung (§§ 253 I, 255 StGB) dar. Gegen diese ist V aber nach dem Vertrag nicht versichert. Der Begriff „Diebstahl“ ist vielmehr nur so auszulegen, wie das Gesetz (in diesem Fall das StGB) ihn versteht[27].

25

Selbst bei gesetzlichen Begriffen mit an sich feststehender Bedeutung kann es freilich bei der Formulierung der Klausel zu Unklarheiten kommen – nämlich immer dann, wenn im übrigen Klauseltext angedeutet wird, dass der Verwender den fraglichen Begriff möglicherweise mit einer anderen Bedeutung zugrunde legt.

26

Beispiel 62

In den AGB der Betriebshaftpflichtversicherung B-AG heißt es: „Mitversichert ist die gesetzliche Haftpflicht aus allen betriebs- und branchenüblichen Nebenrisiken, insbesondere aus Besitz, Halten und Gebrauch von nicht zulassungs- und nicht versicherungspflichtigen Kraftfahrzeugen (auch selbstfahrende Arbeitsmaschinen, z.B. Elektrokarren, Hubstapler, Gabelstapler).“ K ist bei B nach Maßgabe dieser AGB haftpflichtversichert. Einer seiner Mitarbeiter fügt dem D bei der Fahrt mit einem Gabelstapler Schaden zu. Der Gabelstapler ist entgegen gesetzlicher Vorschrift nicht zugelassen und versichert.

27

Der Begriff „selbstfahrende Arbeitsmaschinen“ ist ein Rechtsbegriff, welcher § 18 II Nr. 1 StVZO a.F. entnommen ist. Dort ist bestimmt, dass solche Arbeitsmaschinen einer Zulassung nicht bedürfen, wenn der Bundesverkehrsminister sie von der Zulassungspflicht ausgenommen hat. Daraus erschließt sich auch der Sinn der Klausel: Die Betriebshaftpflicht soll auch diejenigen Schäden abdecken, die nicht schon durch die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeuge nach dem PflVG abgedeckt ist. Daraus erschließt sich, dass B grundsätzlich die Haftung für solche Fahrzeuge übernehmen will, die nach § 18 II Nr. 1 StVZO a.F. tatsächlich von der Zulassungspflicht befreit sind: „Selbstfahrende Arbeitsmaschinen“ sind eben nur solche, die im Gesetz als solche bezeichnet sind. Da der Gabelstapler des K nicht nach § 18 II Nr. 1 StVZO a.F.als selbstfahrende Arbeitsmaschine von der Zulassungspflicht befreit war und daher schon nach dem PflVG hätte versichert werden müssen, scheidet die Haftung der B für den im Beispiel 62 entstandenen Schaden an sich aus.

28

Nun enthält die Klausel aber ihrerseits eine Erläuterung des Begriffs „selbstfahrende Arbeitsmaschine“, und zwar eine solche, die von der gesetzlichen Begriffsbestimmung abweicht: Danach gehören Gabelstapler ohne jede Beschränkung zu den „selbstfahrenden Arbeitsmaschinen“, d.h. insbesondere ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Bundesverkehrsminister tatsächlich von der Zulassungspflicht ausgenommen wurden oder nicht. In einem solchen Fall bestehen Zweifel, ob die Begriffsbestimmung in der Klausel oder die im Gesetz maßgeblich ist. Diese Unklarheit geht im Beispiel 62 zu Lasten der B: Die Risiken aus dem Gebrauch des Gabelstaplers sind mitversichert. B muss den K von dessen Ersatzpflicht gegenüber D freistellen[28].

29

Tipp

Wer bei der Gestaltung von AGB Begriffe aus gesetzlichen Vorschriften übernimmt und sie im vom Gesetz vorausgesetzten Sinne verstanden wissen will, sollte streng darauf achten, dass solche Begriffe im Klauselwerk nicht in einer vom Gesetz abweichenden Weise erläutert werden. Es kann und sollte vielmehr bei gesetzlichen Begriffen auf eine Erläuterung gänzlich verzichtet werden. Wer zum besseren Verständnis des Kunden einen besonderen „Service“ bieten will, mag auf die Rechtsvorschrift verweisen, welcher der Begriff entnommen wurde.

c) Sonstige Fachausdrücke der Rechtssprache

30

Bei Begriffen und Ausdrucksformeln der juristischen Fachsprache, die nicht dem Gesetz selbst entnommen sind, ist zu differenzieren:

31

Checkliste


Kommen diese Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch überhaupt nicht vor, so sind sie mit dem Inhalt auszulegen, mit dem sie in der juristischen Fachsprache verwendet werden. Die Klausel kann in einem solchen Fall freilich wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam sein (§ 307 I 2 BGB): Wenn die Klausel so sehr in den Nebel juristischer Fachtermini verhüllt ist, dass der rechtlich nicht vorgebildete Durchschnittskunde mit ihr schlechterdings nichts mehr anfangen kann, benachteiligt sie den Kunden allein schon deshalb unangemessen.
Kommen diese Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch vor und werden sie dort ebenso verwendet wie im juristischen Sprachgebrauch, so besteht kein Auslegungskonflikt: Das Ergebnis der Interpretation aus Experten- und aus Laiensicht stimmt überein und ist der Klauselinterpretation zugrunde zu legen.

Kommen diese Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch vor und werden sie dort anders verwendet als im juristischen Sprachgebrauch, so ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgeblich; denn vom Kunden kann nicht erwartet werden, in der Rechtssprache versiert zu sein.

32

Tipp

Kommt ein Begriff sowohl im Allgemeinen als auch im juristischen Sprachgebrauch vor, so meint die Klausel im Konfliktfall den Begriff in derjenigen Bedeutung, die ihm nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zukommt.

33

Beispiel 63

In den AGB eines privaten Krankenversicherungsunternehmens heißt es: „Keine Leistungspflicht besteht für wissenschaftlich nicht allgemein anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel.“

34

Aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ist „wissenschaftlich anerkannte“ Medizin gleichzusetzen mit der sog. Schulmedizin, derjenigen Medizin also, die an den Hochschulen gelehrt und praktiziert wird. Die sog. alternative Medizin (z.B. Naturheilverfahren) soll mithin komplett vom Leistungskatalog ausgeschlossen werden[29].

35

Die so verstandene Klausel im Beispiel 63 ist nach Ansicht des BGH gemäß § 307 II Nr. 2 BGB unwirksam. Zum einen wurden in den gleichen AGB die Kosten für die Behandlung durch Heilpraktiker für erstattungsfähig erklärt. Heilpraktiker wenden aber meist alternative Medizin an, so dass der Leistungsausschluss widersprüchlich erschien. Zum anderen gibt es bei als unheilbar geltenden Krankheiten keine anerkannten Behandlungsmethoden, so dass jedem Versuch, das Leiden des Patienten zu beheben oder auch nur zu lindern, zwangsläufig experimenteller Charakter innewohnt[30]. Dagegen soll die „Schulmedizinklausel“ wirksam sein, wenn sie eine Einstandspflicht des Krankenversicherers auch für schulmedizinisch nicht anerkannte Behandlungsmethoden für den Fall vorsieht, dass diese Methoden sich entweder in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder aber deshalb angewendet werden, weil schulmedizinische Behandlungsmethoden nicht zur Verfügung stehen[31].

36

Es kann aber auch umgekehrt vorkommen, dass zur Deutung eines Begriffs, welcher nicht der Fachsprache entnommen ist, Parallelbegriffe aus gesetzlichen Vorschriften herangezogen werden.[32]

37

Beispiel 64

In einem vorformulierten Wohnungsmietvertrag heißt es: „Die Mietraumfläche beträgt ca. 61,5 qm.“ Die Wohnung hat tatsächlich eine Grundfläche von diesem Umfang; doch wird ein Teil des Bodens durch Dachschrägen überdeckt. M mindert die Miete mit der Behauptung, nach den Vorschriften der Wohnflächenverordnung30 betrage die Wohnfläche lediglich 54,27 qm.

38

Die „Mietraumfläche“ ist ein gesetzlich nicht definierter Begriff. Der BGH hat zur Auslegung der Klausel im Beispiel 64 aber auf jene Vorschriften zurückgegriffen, mit denen bei der preisgebundenen Wohnraummiete die Wohnfläche berechnet wird. Das waren bis zum 1.1.2004 die §§ 42–44 der II. Berechnungsverordnung; an deren Stelle ist seither die Wohnflächenverordnung getreten. Auf der Basis dieser Vorschriften waren die von der Dachschräge betroffenen Raumteile in der Tat mit einer geminderten Teilfläche anzusetzen. M war daher nach § 536 I 2 BGB nur zur Zahlung eines entsprechend geminderten Teils der Miete verpflichtet[33].

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