Kitabı oku: «Und die Maus hört ein Rauschen», sayfa 2

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1 Die Reise beginnt!


Abb. 2: Die Reise durch das Buch

Am Anfang eines Entwicklungs- oder Veränderungsprozesses macht sich zumeist ein unwillkürliches, kleines, kaum spürbares Mini-Signal bemerkbar. Zu Beginn ist es oft nur schwach spürbar, vielleicht in einem Bauchgrummeln, einem Unbehagen oder einer noch nicht erklärbaren Unruhe. Dieses Signal kann sich zum Gedanken, dass etwas anders werden soll, zum Gedanken, dass es so nicht mehr weitergehen kann, oder auch zu einem sogenannten psychosomatischen Phänomen entwickeln.

An dieser Stelle, am Beginn der Reise durch das Buch, möchten wir nicht mit dem WissensRaum beginnen, wie in allen anderen Welten, sondern mit dem ErlebnisRaum. Das macht uns insofern Sinn, als Veränderung und Entwicklung zumeist über ein anderes Erleben beginnt und wir uns dann erst die Frage stellen, was nun zu tun sei.

Nach der Einladung, einmal selbst zu erleben, wie so eine Reise beginnen könnte, möchten wir dich im WissensRaum mit dem Konzept der somatischen Marker vertraut machen, über menschliche Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Autonomie nachdenken sowie darüber, wie gelingende Kooperationsbeziehungen aufgebaut werden können, in denen über Veränderung und Entwicklung geforscht werden kann. Abschließend wollen wir ein paar Gedanken zum Thema Auftragsklärung mit dir teilen.

Im BegegnungsRaum findest du zu all diesen Themen methodische Anregungen sowie Vorschläge, wie du dich als Begleiterin von Veränderungs- und Entwicklungsprozessen mit dem »Reisebeginn« von Menschen auseinandersetzen kannst. Wobei hier natürlich noch angemerkt werden muss, dass die meisten Menschen sich bereits auf die Reise gemacht haben, bevor sie ins Coaching, zur Therapie oder Beratung kommen. Wir wollen diese Metapher hier dennoch verwenden, da die Reise sich durch hypnosystemische Konzepte unserer Erfahrung doch sehr von anderen unterscheidet. Aber prüfe das selbst …

ErlebnisRaum


Wir möchten dir zu diesem Anfang, wo das unwillkürliche Signal ins bewusste Denken kommt und sich uns dann die Frage stellt, ob und wie wir diesem Hinweis nachgehen wollen, eine Geschichte erzählen. Es ist eine »indianische« Geschichte, eine Erzählung der Native Americans, mit dem Titel »Springende Maus«. Sie handelt von einer kleinen Maus, die eines Tages ein ihr unerklärliches Rauschen hört. Wir möchten diese Geschichte gerne mit dir teilen, da wir sie als sehr stimmige Metapher für den Beginn von Veränderungs- und Entwicklungsprozessen kennengelernt haben. Und weil wir beide als Kinder selbst Indianergeschichten geliebt haben. Wir haben uns erlaubt, die Version, die wir im Buch von Steve Foster und Meredith Little (Foster u. Little 2012, S. 15ff) gefunden haben, ein klein wenig zu verändern (wobei wir davon ausgehen, dass die Fabel bisher schon von jeder Erzählerin ohnehin etwas anders weitererzählt wurde als beim ersten Mal, und auch im Internet verschiedene Varianten zu finden sind).

Die Geschichte von »Springende Maus«



Es war einmal eine Maus.

Sie war eine viel beschäftigte Maus, die unentwegt umhersuchte, das Gras mit ihren Barthaaren abtastete und immer in Bewegung war. Sie war viel beschäftigt wie alle Mäuse, beschäftigt mit Mäusedingen. Doch ab und an hörte sie ein seltsames Geräusch. Dann hob sie ihren Kopf, kniff die Augen fest zusammen, sträubte ihre Barthaare und wunderte sich. Eines Tages eilte sie zu einem benachbarten Mäuserich und fragte ihn: »Hörst du ein Rauschen in deinem Ohr, mein Bruder?«


Du kannst die Geschichte auch auf der Website anhören oder selbst lesen: www.hypnosystemischer-erlebnisraum.at

»Nein«, antwortete der Mäuserich, ohne seine viel beschäftigte Nase vom Boden zu heben. »Ich höre nichts. Ich bin beschäftigt. Sprich später mit mir.«

Sie stellte einer anderen Maus die gleiche Frage, doch diese sah sie ganz seltsam an. »Bist du nicht ganz richtig im Kopf? Was für ein Geräusch?«, fragte sie und schlüpfte in ein Loch im Stamm eines umgestürzten Baumes.

Die Maus zuckte mit den Barthaaren und beschäftigte sich wieder mit Mäusedingen, fest entschlossen, die ganze Sache zu vergessen. Aber da war es schon wieder … dieses Rauschen. Es war undeutlich, sehr undeutlich. Aber es war da! Beunruhigt ging sie schlafen, geplagt von Träumen. Sie war doch nicht verrückt, sie hörte es wirklich. So ging das eine ganze Zeit …

Eines Tages reichte es der Maus, und sie entschloss sich, dieses Geräusch ein wenig zu erforschen. Sie verließ die anderen viel beschäftigten Mäuse, lief ein kleines Stück und horchte wieder. Da war es. Sie lief immer weiter und war eifrig am Horchen, als plötzlich jemand sie grüßte.

»Hallo«, sagte die Stimme. Die Maus sprang vor Schreck fast aus der Haut, sie krümmte Rücken und Schwanz und wollte davonlaufen.

»Hallo«, sagte die Stimme wieder. »Ich bin es, Waschbär.« Und tatsächlich, er war es. »Was machst du denn hier ganz alleine?«, fragte der Waschbär. Die Maus errötete und senkte ihre Nase fast bis zum Boden. »Ich … ich höre ein Rauschen in meinen Ohren und bin dabei es zu erforschen«, antwortete sie verschüchtert.

»Ein Rauschen in deinen Ohren?«, erwiderte der Waschbär, während er sich neben sie setzte. »Was du hörst, ist der Fluss.«

»Der Fluss?«, fragte die Maus neugierig. »Was ist ein Fluss?«

»Komm mit, und ich zeige dir den Fluss«, sagte der Waschbär.

Die Maus hatte furchtbare Angst, aber sie war wild entschlossen, sich ein für alle Mal über das Rauschen Klarheit zu verschaffen. »Ich kann zu meiner Arbeit zurückkehren«, dachte sie, »nachdem diese Sache erledigt ist. Und wer weiß, vielleicht kann dieses Ding mir sogar bei meinen geschäftigen Mäusesachen behilflich sein. Und meine Schwestern und Brüder sagten alle, es wäre nichts! Ha, ich werde es ihnen zeigen! Ich werde den Waschbären bitten, mit mir zurückzukehren, dann habe ich einen Zeugen.«

»Also gut, Waschbär«, sagte die Maus. »Führe mich bitte zum Fluss, ich werde mit dir gehen.«

Die Maus ging mit, ihr Herz hämmerte in der Brust. Waschbär führte sie auf fremde Pfade, und Maus roch den Duft von Dingen, die an diesem Weg vorbeigegangen waren. Viele Male fürchtete sie sich so sehr, dass sie beinahe umgekehrt wäre. Dann, endlich, kamen sie zum Fluss.

Er war ungeheuer groß und atemberaubend, tief und klar an manchen Stellen und trübe an anderen. Die Maus war außerstande, über den Fluss zu sehen, weil er so groß war. Der Fluss brüllte, sang, schrie und donnerte auf seinem Weg. Die Maus sah große und kleine Stücke der Welt, die auf seiner Oberfläche fortgetragen wurden.

»Er… er ist mächtig …«, sagte die Maus, nach Worten suchend.

»Er ist eine große Sache«, antwortete der Waschbär, »und hier, lass mich dich einem Freund vorstellen.«

An einer ruhigeren und seichteren Stelle war ein Seerosenpolster, leuchtend und grün. Darauf saß ein Frosch, fast so grün wie das Polster, auf dem er saß. Der weiße Bauch des Frosches stand hervor.

»Hallo«, sagte der Frosch. »Willkommen am Fluss.«

»Ich muss dich jetzt verlassen«, unterbrach der Waschbär, »hab keine Angst, der Frosch wird sich nun um dich kümmern. Und der Waschbär ging seines Weges, am Flussufer entlang, wo er weiter Nahrung suchte, die er waschen und essen konnte.

Die Maus näherte sich vorsichtig dem Fluss und blickte hinein. Sie sah eine verängstigte Maus dort widergespiegelt. »Wer bist du?«, fragte sie das Spiegelbild. »Hast du keine Angst so weit draußen im großen Fluss?«

»Nein«, antwortete der Frosch, »ich habe keine Angst. Mir wurde bei meiner Geburt die Gabe gegeben, sowohl auf dem Fluss als auch in ihm zu leben. Wenn der Wintermann kommt und diese Medizin einfriert, kann ich nicht gesehen werden. Aber während der Zeit, in der der Donnervogel fliegt, bin ich hier. Um mich zu besuchen, muss man kommen, wenn die Welt grün ist. Ich bin der Hüter des Wassers.«

»Erstaunlich«, sagte endlich die Maus, wiederum nach Worten suchend.

»Möchtest du etwas Medizinmacht haben?«, fragte der Frosch.

»Medizinmacht? Ich?«, fragte die Maus. »Ja! Ja, ja! Wenn das möglich ist.«

»Dann duck dich so tief du kannst und spring so hoch wie du dazu imstande bist! Du wirst deine Medizin bekommen!«, sagte der Frosch.

Die Maus tat, was ihr der Frosch geheißen hatte. Sie duckte sich, so tief sie konnte, und sprang. Als sie es tat, sahen ihre Augen die Heiligen Berge. Maus traute ihren Augen kaum. Aber da waren sie. Dann fiel sie zur Erde zurück und landete im Fluss. Es gelang ihr, zum Ufer zu schwimmen, nass, und zu Tode erschrocken. »Du hast mich getäuscht!«, schrie sie den Frosch an.

»Warte«, sagte der Frosch. »Du bist nicht verletzt. Lass dich durch deine Angst und Wut nicht blenden. Was hast du gesehen?«

»Ich«, stotterte die Maus, »ich sah die Heiligen Berge!«

»Und du hast einen neuen Namen!«, sagte der Frosch. »Er ist Springende Maus«.

»Ich danke dir. Ich danke dir«, sagte Springende Maus und dankte ihm abermals. »Ich möchte zu meinem Volk zurückkehren und über das, was ich gesehen habe, berichten …«

Die Figuren aus der Geschichte möchten wir dir auf der Reise als Gefährtin und Gefährten zur Seite stellen.

Wir alle sind im Laufe unseres Lebens immer wieder einmal Maus oder Frosch, und manche von uns sind auch Waschbär.

Maus folgt dem Rauschen, das sie in den ErlebnisRäumen der verschiedenen Welten erforschen kann. Sie möchte es verstehen (Ich-Welt), es bebildern (Es-Welt), erleben und verkörpern (Körper-Welt) und schließlich alles miteinander verbinden oder, besser gesagt, es verbindet sich alles miteinander (Universelle Welt). Am Ende dieser Reise ist sie, und etwas in ihr, heimgekommen (Integration).

Waschbär erforscht in den BegegnungsRäumen unterschiedliche Möglichkeiten, Mäuse auf ihren Forschungsreisen zu begleiten. Um dorthin zu gelangen, führt ihn sein Weg davor ebenfalls durch die ErlebnisRäume, um das eigene Rauschen noch besser kennenzulernen.

Und wenn wir still lauschen, in uns hinein und um uns herum, dann sind wir auch Frosch. Frosch ist verbunden mit allem, sicher geborgen in der Unsicherheit – manchmal nur als Ahnung und auch nur für Sekunden. Er ist das Symbol für das große Ganze und vertraut darauf, dass es genauso sein soll und sein darf, wie es gerade so ist. Ganz prosaisch könnten wir schreiben, dass Frosch die Liebe verkörpert (die auch nach Meinung der Quantenphysik das Universum zusammenhält).

Lass dich überraschen, wie die drei ihren Weg durch die Welten des Buches beschreiten, wie sie dich begleiten und welche Assoziationen sie in dir anregen. Und weil uns die drei beim Schreiben zu Freunden und Freundin geworden sind, werden wir Maus, Waschbär und Frosch wie Namen, ohne Artikel, verwenden.

Einladung zum Erforschen des Rauschens

Kennst du das?

Wie ist das bei dir? Woran bemerkst du, dass »etwas im Busch ist«? Dass

»etwas ansteht«? Dass »etwas Neues in die Welt möchte«? »Es nicht mehr passt?«

Wo macht sich das bei dir bemerkbar?

Wie spürst du es? Oder ist es mehr ein Ahnen?

Wie sind deine bisherigen »Reisebeginne« verlaufen? Hast du rasch auf das Rauschen reagiert? Oder eher lange nachgedacht?

Gibt es vielleicht ein bestimmtes Anliegen, für das du dieses Buch liest … oder lesen möchtest? Spür da mal nach …

Vielleicht bist du neugierig, was diese »hippo-systematische« Beratung eigentlich ist?

Oder vielleicht möchtest du insbesondere etwas über neue Methoden erfahren?

Vielleicht geht es dir auch darum, als Waschbär zukünftig Mäuse auf eine andere Art zu begleiten?

Oder du bist auf der Suche nach noch mehr Frosch-Momenten?

Was wäre es für dich? Aus welchem Raum heraus möchtest du dich von dem Buch einladen lassen?

Was auch immer dir gerade wichtig ist, sei herzlich dazu eingeladen, dieses

»Rauschen« mit einer Reise durch das Buch zu erforschen!

WissensRaum

In diesem WissensRaum möchten wir dir gerne die folgenden Begriffe näherbringen:

 Somatische Marker

 Zwei Bewertungssysteme »hin zu/weg von«

 Neurozeption willkürlich/unwillkürlich – bewusst/unbewusst

 Aufmerksamkeitsfokussierung

 Haltung

 Pacing

 Räume

Zur leichteren Orientierung möchten wir dir den WissensRaum mit Hilfe von sogenannten Statements anbieten. Diese bieten einen Überblick über die Themen, die wir für den Reisebeginn als nützlich erleben.

1 1) Informationen zu Stimmigkeit-Unstimmigkeit laufen blitzschnell, permanent unwillkürlich und auch oft unbewusst in uns ab.

2 2) Über somatische Marker greifen wir auf unseren gesamten Erfahrungsschatz zu.

3 3) Auf der Ebene der somatischen Marker verfügen wir über zwei voneinander unabhängige Bewertungssysteme.

4 4) Der erste Hinweis auf Veränderungsbedarf zeigt sich oft in somatischen Markern.

5 5) Es interessiert uns, wir beobachten es – die Aufmerksamkeit wird darauf fokussiert.

6 6) Das Erforschen des Rauschens braucht BegegnungsRäume mit Haltung.

7 7) Wir wissen zu schätzen, was auftaucht (Eigenpacing).

Informationen zu Stimmigkeit-Unstimmigkeit laufen blitzschnell, permanent unwillkürlich und auch oft unbewusst in uns ab

Wir alle kennen diese kleinen Signale, die uns unser Organismus zur Orientierung zur Verfügung stellt. Dadurch bekommen wir blitzschnell Rückmeldung, wie das, was uns in der äußeren Welt oder auch in der inneren Welt gerade begegnet, von unserem Organismus eingeschätzt wird. Droht Gefahr für unsere Stabilität, oder dient es unserer Stabilität und Sicherheit? Vielleicht nennst du es »Bauchgefühl« oder auch »Intuition«, manche nennen es »Stimmigkeit« – Gunther Schmidt spricht oft vom »Untrüglichen Wissen des Organismus« (Schmidt 2007). Stephen Porges, der Begründer der Polyvagaltheorie, die wir später noch erläutern werden, schlägt dafür den Begriff der Neurozeption vor (Porges 2019).

Die Entwicklung unseres Gehirns beruht auf all den Erfahrungen, die unser gesamter Organismus in Wechselwirkung mit all den Umwelten macht – von zunächst labilen Verschaltungen im Gehirn hin zu immer komplexeren Schaltkreisen. Viele Teile unseres Gehirns sind bereits weit vor der Geburt ausgereift und speichern jene Vorgänge, die im Inneren des Körpers ablaufen – dies entspricht einem völlig unbewussten Informationsfluss. Hier werden Muster neuronaler Netzwerke und somit der Zustand des Organismus abgebildet, die von Antonio Damasio als »somatische Marker« (Damasio 1997, S. 227–276) bezeichnet werden. Wir erleben diese Signale oft nur recht undifferenziert, und zumeist sind sie schwer oder gar nicht beschreibbar und in Worte zu fassen. Diese Erfahrungen des Organismus dienen uns als Referenzsystem für die Bewertung von eigenen Erfahrungen, die auf der Ebene von Körpersignalen beschrieben, erlebt und auch genützt werden können.

Über somatische Marker greifen wir auf unseren gesamten Erfahrungsschatz zu

Alles, was ein Mensch erlebt und macht, wird nicht nur als Erfahrung gespeichert, sondern immer auch mit einer Bewertung dieser Erfahrung versehen. Diese diffusen Körpersignale können spürbar unterschieden werden in eher angenehme und eher unangenehme Gefühle – sie stellen eine Orientierung für den Organismus dar, um sich in der von ihm vorgefundenen Umwelt bestmöglich im Sinne des Überlebens zurechtzufinden.

Wir möchten hier die Metapher der Wächterin anbieten – lokalisiert im Bereich des Stammhirns –, die ständig und in jeder Sekunde unseres Lebens, auch dann, wenn wir schlafen, über unsere äußere Welt, unsere Umwelt und auch unsere körperlichen Befindlichkeiten und Prozesse wacht. Diese Instanz bemerkt kleinste Veränderungen, kleinste Reize, und gleicht diese blitzschnell mit unseren bisherigen Erfahrungen ab. Sehr schnell und daher auch etwas ungenau bekommen wir eine Einschätzung, ob das, was gerade wahrgenommen wird, eher zu unserer Stabilität beiträgt oder eher eine Gefahr sein könnte. Vor allem auf Gefahr können wir blitzschnell reagieren. Unser Organismus stellt sofort alles zur Verfügung, um für den Umgang mit dieser Gefahr gerüstet zu sein.

Unser gesamter Organismus ist stets um eine gute Balance, eine Homöostase bemüht. Er gleicht aus, fügt hinzu, fährt Prozesse runter oder rauf – immer im Sinne des Überlebens und einer möglichst optimalen Anpassung an die vorgefundenen Umwelten. Und das alles ohne unser willentliches Zutun – diese Prozesse laufen ganz unwillkürlich, zumeist unbewusst ab. Nehmen wir unser Herzkreislaufsystem, wenn wir uns schneller bewegen oder bergauf unterwegs sind: Der Organismus erkennt, dass mit dem derzeitigen Sauerstoffgehalt im Blut und mit der derzeitigen Herzfrequenz die Aufgabe nicht zu lösen ist – es entsteht ein Ungleichgewicht. Und so wird die Atmung verändert, der Herzschlag angepasst, was dem Organismus ermöglicht, auch diese Herausforderung zu meistern.

Hier möchten wir auf die Begriffe »unwillkürlich – willkürlich – unbewusst – bewusst« eingehen: Unwillkürliche Prozesse können unbewusst ablaufen, so wie z. B. die vielen kleinen, permanent ablaufenden Erneuerungsprozesse unserer Haut oder in unseren Zellen uns nicht bewusst sind und auch von uns willentlich nicht beeinflusst werden können. Andere unwillkürliche Prozesse, beispielsweise unsere Atmung, können wir uns bewusst machen und sie auch willentlich beeinflussen (jedoch nicht willentlich beenden). Man könnte sagen, unser Körper ist die ganze Zeit dabei, so gut für uns zu sorgen, dass wir uns um viele Details bewusst-willentlich nicht kümmern müssen.

Mehr dazu findest du im WissensRaum der Körper-Welt (S. 102).

Diese Signale, die der Organismus zur Verfügung stellt, müssen, vor allem beim Entdecken von Gefahren, nicht unbedingt immer richtig liegen. Das heißt, wenn unser Organismus sich auf die Abwehr von Gefahren oder auch den Schutz vor Gefahren einrichtet, so müssen diese in der gerade erlebten Situation nicht als tatsächliche Gefahren bewertet werden. Unser intuitives Wissen greift zurück auf das durch Erfahrung erworbene Referenzsystem.

Auf der Ebene der somatischen Marker verfügen wir über zwei voneinander unabhängige Bewertungssysteme

Anders als lange Zeit angenommen, sind hier keine Pole eines Kontinuums zu entdecken, sondern vielmehr zwei Bewertungssysteme zu lokalisieren, die unabhängig voneinander arbeiten und auch unterschiedlichen neuronalen Schaltkreisen zugeordnet werden können. Aber es zeigen sich nicht nur diese beiden Systeme, sondern sie können auch noch in ihrer Intensität unterschieden werden. Von einem leicht mulmigen Gefühl im Bauch bis hin zu einer massiven Abwehr- bzw. Fluchtreaktion genauso wie auf der angenehmen Seite von einem kaum merklichen Lächeln oder warmen Gefühl bis hin zu einem explodierenden Hochreißen der Arme und einem Jubelschrei. Die extremsten Ausprägungen sind zumeist leichter spür- und einordbar als die zarten Hinweise, und es braucht bewusstes Beobachten und auch Neugier für die eigene innere Welt, um Zugang zu diesen zarten Empfindungen zu bekommen.

Die in der Schweiz tätige Psychologin und Autorin Maja Storch schlägt den Begriff »somato-emotionale Marker« (Storch u. Krause 2005, S. 48) vor, da die Signale sowohl auf körperlicher Ebene spürbar werden können, z. B. über ein kribbelndes Gefühl im Bauch oder eine Enge in der Brust, aber auch auf emotionaler Ebene im Sinne von gefühlter Freude, Wut oder Trauer. Daher kann niemals von einem sogenannten richtigen oder falschen Erleben eines Menschen gesprochen werden – aufgrund seiner individuellen Lebensgeschichte sind die unbewussten Bewertungen des Organismus immer stimmig. Menschen haben über somatische Marker zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens Zugriff auf ihre gesamte Lebenserfahrung.

So oder ähnlich können wir uns das System der somatischen Marker vorstellen: Unsere Wächterin wacht nicht nur über unsere äußeren Umwelten, um sie aufgrund der bisherigen Lebenserfahrungen zu bewerten und es dem Organismus zu erleichtern, darauf zu reagieren. Es werden auch innere Prozesse, körperliche Prozesse, innere Anliegen, Bedürfnisse gescannt und bewertet, um dann die entsprechenden Signale zu setzen, um uns Hinweise darauf zu geben, dass hier ein inneres Ungleichgewicht wahrgenommen, entdeckt wurde.

Mehr dazu findest du im WissensRaum der Es-Welt unter dem Begriff der bezogenen Individuation (S. 82).

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