Kitabı oku: «Wie aus dem Ei gepellt ...», sayfa 12
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Wie der Weihnachtsmann das Osterfest rettete
Puschel war sehr stolz. Nicht nur, dass er zum Hilfsosterhaseneieraufpasser ernannt worden war, sondern man hatte ihm auch den großen Schlüssel für das Vorratslager anvertraut. Gemeinsam mit seinem besten Freund Schwarzpfote stand er vor der großen Höhle, die für die Eier vorgesehen war, welche von Frau Henne und den anderen Hühnern geliefert werden sollten. Die beiden kleinen Hasen hüpften ungeduldig auf der Stelle herum. Schwarzpfote wollte den Schlüssel auch mal halten, doch Puschel war unerbittlich.
Sein Vater hatte nur ihm das große Messingding anvertraut, da er dringend in die große Stadt zur Hasenakademie musste. Puschels Vater war für die Ostereier und Geschenke rund um den großen Wald verantwortlich. Wenn er befördert werden würde, dann kämen auch die Häuser der Menschen jenseits des Bachs dazu.
Jetzt aber ging es darum, die Eier der Hühner sicher in der Höhle zu verstauen. Schwarzpfote entdeckte das gackernde Federvieh als Erster. Ganz wichtig trippelten die Hühner heran, jedes schwer beladen mit frischen Eiern, die später von den Hasen des Waldes eingefärbt und verziert werden würden.
Bis dahin aber mussten sie gut versteckt werden, denn es gab viele Räuber im Wald. Der rot gewandete Fuchs, die flinken Marder und natürlich die Backenvollstopfer, wie Puschel und Schwarzpfote die Hamster nannten. Mit denen lagen die beiden Hasenkinder ständig im Streit. Ganz zu schweigen von den vielen Streichen, die sie sich gegenseitig spielten. Sicher versuchten die Backenvollstopfer auch dieses Jahr, Eier zu stehlen. Damit dies nicht geschah, drehte Puschel extra zweimal den großen Schlüssel herum, nachdem er sich artig bei Frau Henne und den anderen Hühnern für die Lieferung bedankt hatte.
„Meinst du, die Eier sind dort drinnen richtig gelagert? Die Nächte sind doch noch so kalt“, fragte Puschel seinen Freund.
„Vielleicht. Was könnten wir auch sonst tun?“
„Na, die Heizung einschalten?“
Schwarzpfote nickte.
„Das ist eine prima Idee.“
Puschel schloss nochmals die große Tür auf, schaltete die Heizung ein und drehten den Regler auf kuschelig warm.
In den nächsten Tagen widmeten sich die zwei Freunde all den Dingen, die Hasenkinder gerne machten. Sie gingen zur Hasenschule, ärgerten die Backenvollstopfer, aßen köstlichen Möhrenkuchen von Mama und ließen es sich gut gehen.
Dann war Vater Hase zurück. Mit stolzgeschwellter Brust verkündete er, dass er in den obersten Rat der Osterhasen berufen worden war. Alle waren begeistert. Nach dem Essen machten Puschel und sein Vater sich auf den Weg zur großen Höhle. „Na mein Sohn, hat mit der Lieferung alles geklappt?“
„Natürlich Papa. Ich habe es den Eiern sogar extra schön warm gemacht.“
„Du hast was? Oh, oh, ich ahne Schlimmes.“ Auf einmal hatte es Vater Hase sehr eilig. Hastig hoppelte er voran, sodass Puschel kaum mithalten konnte.
An der Höhle angekommen, sperrten sie die Tür auf und wurden von einem fröhlichen Gepiepse begrüßt. Flauschig weiche Küken im gelben Federkleid trippelten zwischen den Eierschalen hin und her.
Schuldbewusst sah Puschel seinen Vater an. „War ich das etwa?“
„Ja, leider. Als du die Heizung eingeschaltet hast, wurde es so warm, dass die Küken ausgeschlüpft sind. Was machen wir bloß? Frau Henne schafft es doch nie bis zum Fest, neue Eier zu liefern. Wie sollen die Kinder Ostern ohne bunte Eier feiern?“
Traurig stand Puschel zwischen all den piepsenden Küken, die freudig an ihm hoch hüpften.
Sein Vater sah, wie bedrückt sein Sohn war, und strich ihm über die Hasenohren. „Ich werde mich auf den Weg machen und Frau Henne mitteilen, dass sie sich um einen größeren Stall Gedanken machen muss. Und wenn ich zurück bin, überlegen wir uns, was wir tun können.“
„So was kann auch nur ein Hase anrichten“, kicherten zwei Backenvollstopfer, die schadenfroh zur Tür hereinlugten.
„Euch werde ich helfen!“, rief Puschel und lief wütend hinter ihnen her. Die Hamster flüchteten und der kleine Hase hielt bittere Tränen weinend inne.
„Was hältst du davon, wenn wir Graufeder fragen?“ Schwarzpfote, der dazugekommen war und der alles mitbekommen hatte, stand auf einmal hinter ihm.
„Ja, vielleicht hat der eine Idee.“
Doch auch Graufeder, ein kluger, junger Waldkauz und guter Freund der beiden Hasen wusste keinen Rat. Dafür aber führte er sie zum weisen Uhu.
„Uhu.“ Bedächtig nickte der weise alte Vogel. „Es gibt nur einen, der euch jetzt noch helfen kann.“ Müde zog er den Kopf zwischen seine Flügel und wollte gerade die Augen schließen. Die Sonne stand schon hoch am Himmel und er musste endlich schlafen.
„Wer denn, kluger Uhu, wer kann jetzt noch helfen?“
„Uhu, habe ich das nicht gesagt? Ich werde wohl etwas vergesslich.“ Der alte Uhu schüttelte den Kopf.
„Der Weihnachtsmann natürlich, wer denn sonst? Uhu!“
Klar, wer denn auch sonst. Doch wo wohnte der Weihnachtsmann und wie kam man zu ihm?
Noch einmal raffte sich der Alte auf, um den Hasenkindern zu antworten. „Der Adler könnte einen kleinen Hasen hinfliegen. Er ist stark genug.“ Er sah Puschel an. „Sag einfach, du würdest von mir kommen und nimm Graufeder mit, ansonsten kann es sein, dass der Adler nicht hilft.“
So machten sich die drei Freunde auf den Weg zum Adler.
Verblüfft hörte der die ungewöhnliche Bitte, doch er verstand, das Ostern in Gefahr war, und zögerte deshalb nicht lange.
Noch bevor Puschel sich versah, schnappte ihn der mächtige Vogel und erhob sich mit ihm in die Lüfte. „Sagt meinen Eltern Bescheid“, rief er noch hinab und war auch schon auf dem Weg zum Weihnachtsmann.
Gerade kostete der Weihnachtsmann in einem gemütlichen Sessel vorm Kamin sitzend, von seinem heißen Kakao, als es klopfte. Brummend erhob er sich und öffnete die Tür. Verdutzt schaute er nach unten. „Sag mal, erwarten wir Besuch vom Schneehasen?“
Kopfschüttelnd eilte die Frau des Weihnachtsmanns herbei. Sie trug den völlig durchgefrorenen Puschel in die warme Stube und klopfte ihm den Schnee, in dem ihn der Adler hatte plumpsen lassen, aus dem Fell. Adler sind nicht so feinfühlig, wenn es darum geht, Passagiere hoch oben in Finnland abzusetzen.
Puschels Fell trocknete am warmen Feuer während er mit betrübter Stimme und kläglich herabhängenden Ohren seine Notlage schilderte. Frau Weihnachtsmann griff zum Taschentuch und schnäuzte sich vor Rührung. Dann stieß sie energisch ihrem Mann mit dem Ellenbogen in die Rippen.
„Da kannst du doch sicher helfen, nicht wahr mein Lieber?“
„Also … ich weiß nicht … es ist schließlich nicht Weihnachten und ich wollte doch meinen Osterurlaub genießen.“
„Ja, ja. Du willst also diesem tapferen kleinen Hasen hier helfen, damit die Kinder ein tolles Osterfest erleben dürfen und Puschel keinen weiteren Ärger bekommt. Das wolltest du doch gerade sagen, nicht wahr?“
„Genau, meine Liebe.“ Der Weihnachtsmann nickte. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, seiner Frau zu widersprechen. Also schickte er seine Boten aus und tatsächlich erfuhr er, dass in einem fernen Land noch genügend Eier für das Osterfest zu finden waren. Mit dem großen Rentierschlitten flogen der Weihnachtsmann und der kleine Hase los und holten die Lieferung ab.
Als sie dann vor Puschels Haus landeten, gab es ein freudiges Geschrei. Alle waren glücklich über die Rettung des Osterfestes und der kleine Hase bedankte sich noch einmal beim Weihnachtsmann.
Dieses Osterfest gab es besonders große Eier. Nun ja, schließlich kamen sie auch aus Australien. Doch glücklicherweise war genügend Farbe da und alle halfen noch bis spät in die Nacht beim Bemalen der Straußeneier.
Lars Buchmann, geboren 1974 in Bernburg, studiert momentan Rechtswissenschaften. In seiner Freizeit schreibt er Geschichten, von denen mehrere bereits veröffentlicht wurden, und arbeitet an einem Romanprojekt. Er liest sehr gerne und interessiert sich für Kunst, Theater, Literatur und Geschichte.
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Lauras Osterschweinchen
Sie blinzelte, weil die Strahlen der Morgensonne ihr Zimmer so hell erleuchteten, und kuschelte sich tiefer in ihre Kissen, als es ihr urplötzlich einfiel. Ruckartig setzte sie sich in ihrem Bett auf. Wie weggeblasen war der letzte Rest Müdigkeit. Ostern! Es war Ostern!
Schwupp di wupp schlug sie die Bettdecke zur Seite, schob ihre nackten Füße in die grasgrünen Pantoffeln und stürmte aus der Tür.
„Hey, wo willst du hin? Zieh dir was an. Es ist kalt draußen!“ Mamas Worte klangen in Lauras Ohren, aber stehen bleiben mochte sie nicht. Sie musste es wissen. Immer wieder hatte sie gerechnet. Mehr als vier Mal hatte sie es überprüft und sicherheitshalber noch einmal im Buch nachgelesen: Die Trächtigkeit bei Meerschweinchen dauert 65 bis 68 Tage.
Seit dem aufregenden Nachmittag, an dem Lauras Freundin Mia ihr Meerschweinchen Paul mitgebracht hatte, waren 66 Tage vergangen. Lauras Lotte und Mias Paul hatten sich auf Anhieb supergut verstanden. Das konnte man sehen, und hören, an den leisen Gluckslauten, mit denen sie aufeinander zuliefen und sich begrüßten.
„Wenn Lotte echt Meerschweinchenbabys kriegt, gibst du mir eins ab, okay?“, hatte Mia gebettelt und Laura hatte genickt.
Mama hatte sie lieber nichts von dem Treffen der Meerschweinchen erzählt. In ihrem Buch stand, dass gesunde Meerschweinchen keine Probleme mit der Geburt haben und dass die Kleinen ebenfalls keine Hilfe benötigen. Sie haben Fell, offene Augen und können riechen und hören. Schon am zweiten Tag fangen sie an, vom normalen Körnerfutter der Mutter zu knabbern. Was sollte also schief gehen? Besser, wenn Mama nichts wusste und keine Gelegenheit bekam, sich Sorgen zu machen. Denn irgendwie wurde Laura das Gefühl nicht los, dass Mama einen Grund finden würde, sich Sorgen zu machen.
Nun stand sie bibbernd vor dem Meerschweinchengehege. Mama hatte recht. Es war wirklich kalt. Neugierig suchte Laura den Käfig mit den Augen ab. Lotte saß in ihrem Häuschen. Nur die kleine Nase steckte sie neugierig schnuppernd heraus.
„Fröhliche Ostern, Lotte!“ Laura wollte gerade die Stalltür öffnen, um Lotte zum Schmusen auf den Arm zu nehmen, als sie ein kleines, hellbraunes Bällchen neben Lottes rechtem Vorderfuß entdeckte. Ungläubig schaute sie genauer hin. Das Bällchen bewegte sich. Entzückt quietschte Laura auf. Prompt zog Lotte sich erschrocken ein Stückchen tiefer in ihr Häuschen zurück und gab den Blick frei auf ein zweites Bällchen, eines mit weißen und schwarzen Flecken im hellbraunen Fell.
Vor Aufregung und vor Kälte tippelte Laura unaufhörlich von einem Fuß auf den anderen. Es war nicht zu fassen! Sie hatte die beste Osterüberraschung der Welt entdeckt: lebendige, neugeborene Meerschweinchen. „Meine Osterschweinchen“, flüsterte sie zärtlich. Dann flitzte sie über den Rasen zurück ins Haus. Das musste Mama sich angucken. Unbedingt!
„Mama!“ Noch im Laufen schrie Laura ihre Aufregung und Freude durch den Garten. Dann plötzlich blieb sie wie angewurzelt stehen. Was, wenn Mama sich gar nicht freute? Womöglich hatte sie etwas gegen lebendige Osterüberraschungen. Aber nun war es zu spät. Mama hatte ihr Rufen gehört und stand bereits in der Terrassentür. „Was gibt es denn?“
Laura holte tief Luft, nahm allen Mut zusammen und fragte: „Magst du Osterschweinchen?“
„Osterschweinchen?“ Mama sah Laura verständnislos an. „Was soll das sein? Ich kenne Osterhasen und Osterküken und auch Osterlämmer, aber Osterschweinchen? Nie gehört. Warum fragst du?“
„Weil wir welche im Garten haben“, wollte Laura gerade erklären, als Mama fortfuhr: „Und ich kenne Glücksschweinchen. Meinst du die vielleicht?“
Laura nickte begeistert. Na klar, Glücksschweinchen. Das war es. Ihre Meerschweinchenbabys waren allesamt Glücksschweinchen. Osterglücksschweinchen genau genommen. Was für ein Glück, dass Mama selbst darauf gekommen war. Freudestrahlend lief sie auf Mama zu, schlang ihre Arme fest um Mamas Bauch, drückte ihre Nase in den so vertraut und gut nach Mama riechenden Pullover und flüsterte: „Ich wusste, du würdest dich freuen. Du bist die beste Mama der Welt.“
„Moment mal!“ Sanft, aber bestimmt schob Mama Laura ein wenig von sich weg, hockte sich hin und blickte ihr forschend in die Augen. „Worüber soll ich mich freuen?“
„Na ja“, begann Laura zögerlich – und dann erzählte sie Mama alles: von dem Nachmittag mit Mia und ihrem Meerschweinchen Paul und davon, wie gut Lotte und Paul sich vertragen hatten, von der Vorfreude auf kleine Meerschweinchenbabys und von der Geburt. Am Ostersonntag! Das musste man sich vorstellen! So ein Glück!
Mama schwieg. Unsicher biss Laura auf ihre Unterlippe und zeichnete mit dem rechten Fuß kleine runde Kreise auf den Boden.
„Zeig mir mal deine Osterschweinchen.“ Mama erhob sich seufzend.
„Echt?“ Nun gab es kein Halten mehr. Die Erleichterung ließ Laura lossprudeln: „Ich hab ein hellbraunes und ein geflecktes gesehen. In meinem Buch steht alles über Meerschweinchengeburten und ich hab alles gelesen. Ich kenn mich aus mit Trächtigkeit, Aufzucht und Entwicklung.“ Stolz präsentierte sie diese Fachwörter. „Du wirst sehen, es ist alles ganz einfach.“
Erwartungsvoll und nur noch ein ganz kleines bisschen besorgt beobachtete sie Mama, die lange stumm und bewegungslos vor dem Gehege stand.
„Tatsächlich, zwei kleine Osterschweinchen“, murmelte Mama schließlich kopfschüttelnd. „Sehen aus wie richtige Meerschweinchen“, staunte sie. „Nur kleiner, viel kleiner.“ Schmunzelnd zwinkerte sie Laura zu: „Und viel niedlicher.“ Dann lachte sie und Laura wusste, dass alles gut war.
Christiane Amendt ist 55 Jahre alt und lebt mit ihrer Familie in Minden/NRW. Sie ist Autorin des Buches „Babsi, Tobi und Co. Geschichten aus dem Leben eben“, das 2006 zusammen mit wortgleichen CDs als Lesetrainingsmaterial erschien. Außerdem gehört sie zu den Preisträgern des Mindener Schreibwettbewerbes 2009 und hat Gedichte und Geschichten in verschiedenen Anthologien veröffentlicht. Neben dem Lesen und Schreiben gehört die Beschäftigung mit ihren Hunden Lolle und Leopold und seit dem vergangenen Sommer auch mit den beiden Katern Gustav und Knud zu ihren liebsten Freizeitaktivitäten.
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Am Ufer der Vechte
Frühling lag in der Luft. Lottas sehnlichster Wunsch war es, endlich den Osterhasen kennenzulernen, von dem Tessa ihr so oft erzählt hatte.
„So ein Quatsch, den gibt es doch gar nicht“, hatte Freddy, Lottas Mann, gesagt. „Hasen sind einfach nur gefährliche Angeber.“
Auch ihre gemeinsame Tochter Cleo hatte Zweifel. Die schwarzweißen Zwergkaninchen lebten bei Tessas Familie. Sie hatte die drei vor einem Jahr von ihren Eltern geschenkt bekommen.
Auf einmal hörten sie Schritte, jemand betrat den Verschlag, in dem sich ihr Käfig befand. Endlich würde es Futter geben und vielleicht konnten sie sogar ins Freigehege. Aber es war nicht Tessa, sondern ihr Vater. Schade, dann würde aus dem Freigehege wohl nichts.
„Na, ihr?“, brummte er und öffnete die mit grünem Maschendraht bespannte Käfigtür. Tessas Vater war groß und besaß riesige Hände, deshalb flüchteten sie sicherheitshalber schnell in die hinterste Ecke. Wie immer gab es nur Trockenfutter, obwohl Lotta sich so sehr nach frischem Gras sehnte. Kaum war Tessas Vater wieder verschwunden, stürzten sich Cleo und Freddy auf den gefüllten Fressnapf. Nur Lotta zögerte, denn irgendetwas war anders als sonst. Genau, Tessas Vater hatte doch tatsächlich den Verschluss der Stalltür offen gelassen. Vorsichtig schob sie die Tür mit ihren Vorderläufen auf, hoppelte zum Ausgang des Verschlags und spähte nach draußen.
Verlockend leuchtete das Grün des Rasens im Licht der untergehenden Sonne. Mit einem einzigen Satz hüpfte sie hinaus und begann gierig ein Büschel Gras nach dem anderen zu rupfen. Es zerging auf der Zunge. Entzückt schloss Lotta die Augen. Wie lange hatte sie diesen Geschmack vermisst, stundenlang hätte sie weitermümmeln können, aber eine Kaninchenmutter ist eben eine Kaninchenmutter. Also lief sie zurück zu Mann und Tochter.
„Ist euch nichts aufgefallen?“, fragte sie.
Freddy und Cleo hockten noch immer vor dem Fressnapf. Lotta hörte das typische Mahlen ihrer Zähne auf dem harten Futter. Die beiden schüttelten kurz ihre Köpfe.
„Wo warst du?“, fragte Freddy.
„Im Garten, das Gras schmeckt herrlich, kommt mit!“
Das ließen sie sich nicht zweimal sagen. Sofort folgten sie Lotta nach draußen und machten sich ebenfalls über die saftigen Halme her.
„War das lecker“, murmelte Cleo, als sie einander schließlich pappsatt gegenübersaßen.
„Dann wollen wir mal zurück in den Käfig“, meinte Freddy.
„Nein, auf keinen Fall!“, knurrte Lotta energisch. „Nie mehr. Wir verschwinden von hier und machen uns endlich auf die Suche nach dem Osterhasen.“
„Jetzt geht das schon wieder los“, stöhnte ihr Mann, „das sind doch nur Geschichten für Menschenkinder. Denkst du überhaupt nicht an Tessa?“
„Schon, aber irgendwann wird sie neue Kaninchen bekommen.“
Weil auch Cleo die Idee, in die Welt hinauszuziehen großartig fand, gab Freddy schließlich nach. Im Schutz der zunehmenden Dunkelheit machten sie sich auf den Weg, stießen aber schon kurz nach den Rhododendronbüschen auf einen riesigen Zaun.
„Da kommen wir doch nie hinüber“, meinte Lotta enttäuscht, während ihr Blick an der grünen Absperrung hochwanderte.
„Dann müssen wir eben unten durch“, sagte Freddy und wühlte sich mit seinen Vorderläufen in die tiefschwarze Erde. Wenn es darauf ankam, konnte sich Lotta immer auf ihren Mann verlassen. Deshalb liebte sie ihn so sehr.
Schon nach kurzer Zeit gelangten die drei Kaninchen auf die andere Seite, stellten sich spähend auf ihre Hinterläufe und sahen auf einen träge dahin fließenden Fluss, dessen Uferböschung mit großen, braunen Feldhasen bevölkert war.
„Sind das alles Osterhasen?“, fragte Cleo.
„Still, Kind!“, zischte Freddy. „Besser, sie bemerken uns nicht. Denen kann man nicht trauen.“
Aber es war zu spät. Auf einmal standen wie aus dem Nichts zwei riesige Rammler vor ihnen. „Wer seid ihr und was habt ihr hier zu suchen?“, herrschte einer der beiden sie an.
Cleo und Lotta duckten sich tief auf den Boden, auch Freddy hatte Angst, aber er versuchte sich so groß wie möglich zu machen: „Das geht euch gar nichts an, hier darf sich jedes Tier aufhalten, ob Kaninchen oder Feldhase“, knurrte er und trommelte kräftig mit seinen Hinterläufen auf den Boden.
Lotta fürchtete, Freddy würde sie durch seine forsche Art in Gefahr bringen. Mit eng an den Kopf gelegten Ohren versuchte sie die beiden Rammler zu besänftigen. „Nichts für ungut, meine Herren, aber mein Mann meint das nicht so. Wir sind aus einem benachbarten Garten und suchen den Osterhasen.“
Die beiden sahen sich an. „Was? Wieso ausgerechnet hier?“
„Einfach so. Ihr seid die Ersten, die wir fragen können. Was ist das eigentlich für ein Fluss?“
Die Feldhasen fühlten sich geschmeichelt. Ihnen gefiel es, ahnungslosen Zwergkaninchen die Welt zu erklären. „Die Menschen nennen ihn Vechte“, begann einer der beiden mit wichtiger Miene. Dann hielt er einen langen Vortrag, erklärte, wo der Fluss entsprang, welches Gras an seinen Ufern wuchs und so weiter und so weiter. Schließlich sagte er: „Was wollt ihr eigentlich vom Osterhasen?“
„Wir wollen ihn kennenlernen und ihm helfen“, schaltete sich Cleo aufgeregt ein.
Nachdenklich kratzten sich die Rammler hinter ihren langen Ohren. „Na gut, folgt uns.“ Blitzschnell drehten sie sich um und verschwanden hinter einem prachtvoll blühenden Forsythienstrauch in einem Höhleneingang.
Die Zwergkaninchen folgten ihnen und trauten ihren Augen nicht. Hier unten herrschte geschäftiges Treiben. Hasen hoppelten hin und her, manche mit Farbe bekleckert, andere mit Kiepen beladen, in denen sie herrlich bunte Eier zum Ausgang trugen. Die bekleckerten Hasen gehörten zu einer Gruppe von Malern, die gut gelaunt und hoch konzentriert ein Ei nach dem anderen färbten, um sie dann den Trägerhasen zu übergeben.
„Glaubst du jetzt endlich, dass es den Osterhasen gibt?“, fragte Lotta ihren Mann und puffte ihn mit ihrer Schnauze in die Seite.
Freddy antwortete nicht, denn im gleichen Augenblick kam ein Hase auf sie zu, der ihnen nicht nur durch seine Größe Respekt einflößte, sondern auch durch seinen Blick. Darin spiegelten sich Klugheit und Güte, aber gleichzeitig eine gewisse Strenge. „Ihr wollt mich sprechen? Ich bin der Osterhase“, sagte er freundlich.
„Genau“, stotterte Freddy.
„Was kann ich für euch tun?“
„Wir würden dir gerne helfen“, antwortete Lotta.
„Hm … Zwergkaninchen haben wir noch nie als Helfer beschäftigt.“ Zweifelnd musterte der Osterhase die Besucher. Gespannt wartete Cleo auf seine Antwort. Alles würde sie für ihn tun, selbst wenn sie nur die Höhle sauber machen durfte. „Also gut“, sagte der Osterhase schließlich. „Zum Tragen der schweren Kiepen seid ihr natürlich nicht geeignet, aber ihr könntet beim Malen helfen. Wir brauchen noch Tiere, die die kleinen Eier färben.“ Er sah sich suchend um. „Hey, Lothar, hier sind drei Zwergkaninchen. Nimm sie unter deine Pfoten. Bei den kleinen Eiern braucht ihr doch noch Helfer, oder?“
Lothar hüpfte heran und wackelte mit seinen langen Hasenohren. „Gute Idee, Boss.“ Und zu den Zwergkaninchen sagte er: „Dann kommt mal mit.“ Er erklärte ihnen, was sie zu tun hatten und schon kurze Zeit später waren Lotta, Freddy und Cleo an der Arbeit.
Verliebt sah Freddy seine Frau an. „Du bist großartig, Lotta. Ohne dich hätten wir das alles hier nicht erlebt“, seufzte er.
„Ich weiß, ich weiß“, antwortete Lotta leicht errötend, weil sie sich sehr über das Kompliment freute. Endlich hatte sie mit ihrer Familie den Platz fürs Leben gefunden hatten.
Mathias Meyer-Langenhoff wurde 1958 im westfälischen Dingden geboren. Nach seiner Zivildienstzeit als Altenpfleger studierte er in Bonn und Münster Diplompädagogik und war danach in verschiedenen pädagogischen Berufen tätig. Seit 1993 arbeitet er als Lehrer für Pädagogik und Psychologie an einer Berufsschule.