Kitabı oku: «Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 12», sayfa 2
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Haiku-Tanka-Paar
leiser Winterwind
lautes Gebell meines Hunds
unsere Einsamkeit
leiser Winterwind
es weihnachtet gerade
auf einsamem Hof
mein Hund bellt die Sterne an
als wäre er ein Wölfchen
Pawel Markiewicz lebt in Bielsk Podlaski in Polen.
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Weihnachtswünsche
Am Küchentisch sitzt eine schmollende, grummelnde Tochter in Volksschulalter einer entnervten Mutter gegenüber. Das sind die Müllers – und die Müllers sind furchtbar normale Leute. So normal, dass Hanna Müller in der Schule gehänselt wird für ihre zu normalen Kleider und Zöpfe und Mutter. So normal, dass Frau Maria Müller Erziehungsheftchen liest und versucht, ihre Tochter liberal zu erziehen. Also fragt sie taktisch ablenkend: „Hast du dir schon überlegt, was du dir zu Weihnachten wünscht?“
„Das Christkind mag die Reichen eh lieber! Oh nein, warte, ich wünsche mir, dass die in meiner Klasse alle zu Weihnachten Bauchweh bekommen!“
„Hannah, das darf man doch nicht wünschen! Du musst vorsichtig sein mit deinen Wünschen! Stell dir vor, dieser Wunsch ginge in Erfüllung, wie würdest du dich dann fühlen?“
Aber Hannah mag jetzt keine pädagogischen Gespräche führen. Hannah steht auf und knallt mit der Tür.
Frau Müller überlegt, was sie jetzt tun sollte, und kommt zu dem Schluss, dass Hannah in die Pubertät kommt und sie deshalb die nächste Edition der Elternratgeber bestellen sollte. Jetzt hat sie sowieso keine Zeit mehr, weil sie ins Immobilienbüro fahren muss. Den Job hat sie, seit Hannah sechs Monate alt ist, was ein Glück war, denn die Firma war die Einzige gewesen, die sie eingestellt und genug bezahlt hatte, sodass sie sich Hannahs Krippe leisten konnte. Während sie frisch verheirateten Pärchen Traumhäuser am Mittelmeer präsentiert, überlegt sie, wie es wohl wäre, in einem davon zu wohnen.
Frau Müller ist aus Prinzip wunschlos unglücklich. Aber mit Hannah direkt am Meer zu leben, das wäre schon noch ein Wunsch. Das Rauschen der Wellen, die kreischenden Möwen, die salzige Luft, eine fröhlich planschende Hannah …
„Entschuldigung, haben Sie mich richtig gehört? Ich wollte wissen, ob das hier in einer Gegend mit guter Infrastruktur liegt?“
„Wie? Oh, nun ja, es liegt in einer ruhigen Gegend.“ Das war die schönste Umschreibung, die ihr für Kaff einfiel. Und damit schrubbte sie den Wunsch nach einer Wohnung am Meer auch schon wieder von ihrem Horizont, denn in einem Kaff wollte sie mit Hannah nicht leben, das Kind sollte Chancen haben, nicht umsonst war sie mit ihr in die Großstadt gezogen.
Damit Hannah sozial angebunden war, hatte Frau Müller eine Weihnachtsparty am 23. Dezember für sie und ihre Klassenkolleginnen organisiert. Natürlich eine Überraschung für die Kinder, denn die wären ganz sicher dagegen gewesen. Nach der Arbeit war sie also nach Hause gelaufen, um alles vorzubereiten, viel zu spät dran wie immer, rührte sie wild im Weihnachtskuchenteig, während sie eigentlich aufräumen und den Weihnachtsbaum schmücken sollte. Als Hannah nach Hause kam, roch es natürlich nach verbranntem Kuchen und sie musste ihre Mutter von dem Weihnachtsbaum befreien, der umgekippt war, nachdem Frau Müller mit den Christbaumkugeln in der Hand auf dem Mehl am Boden ausgerutscht war.
Während sie die zerbrochenen Kugeln aufkehrte, rief die Mutter einer Klassenkameradin von Hannah an, um abzusagen, ihre Tochter hätte plötzlich Bauchschmerzen.
Was für eine lächerliche Ausrede!
Als auch noch die zweite und dritte Mutter mit der dummen Bauchwehbegründung absagte, wurde Frau Müller so wütend, dass sie die restlichen Kugeln gegen die Wand warf. Verzweifelt weinend sammelte sie die Scherben auf und da wurde ihr klar, dass sie als Mutter nichts anderes als eine völlige Versagerin sein konnte, dass ihr jegliche Voraussetzung zur guten Mutter fehlte und dass das auch nicht durch Erziehungshefte gutzumachen war.
Sie hatte kein Geld, daher keine Zeit und daher auch keine Nerven mehr, ihre Tochter war einsam und sie hatten kein Haus am Meer. Nun rief die fünfte Mutter an.
Dann kam Hannah freudestrahlend aus ihrem Zimmer. „Das Christkind ist doch gerecht!“ Ein schlimmer Virus musste die Klasse heimgesucht haben. „Und wenn du noch immer wissen willst, wie ich mich fühle – großartig!“
Das war natürlich absolut bedenklich und auch sehr schade für die Klasse, doch Frau Müller hatte ganz andere Sorgen. Kreidebleich stürzte sie zum Fenster, in der Erwartung, sich mit ihrem Haus plötzlich auf einer Insel am Meer zu befinden. Oh, wie sie das Wünschen bereute! Doch vor dem Fenster war die gleiche Straße wie immer zu sehen, das Haus hatte sich also keinen Zentimeter bewegt. Frau Müller seufzte erleichtert. Dann war es doch alles nur Zufall gewesen. Oder ihr Wunsch nach dem Leben in der Großstadt war stärker gewesen.
Da nun jeglicher Stress abfiel, widmete sie sich der Entsorgung des abgebrochenen Christbaums. Schon auf der Treppe flatterte ihr ein kreischender Vogel entgegen. War das … eine Möwe? Und wo kam das Wellenrauschen her?
Frau Müller schüttelte den Kopf, sie durfte jetzt noch nicht verrückt werden! Im Hof waren die Mülltonnen verschwunden. Stattdessen stand eine hausgroße, rechteckige Säule mitten im Hof. Und die Luft schmeckte salzig.
Ungläubig näherte sie sich der Säule, die ganz offensichtlich aus Wasser bestand. Sollte das ein Meer sein? Wellen kräuselten sich an der Oberfläche und in dem glasklaren Wasser konnte man Fische erkennen. Von ihrer Perspektive aus, war es nicht wirklich tief, es schloss mit dem Boden ab, sondern es war ziemlich hoch. Ob es gefährlich war? Ein Strudel? Haie? Der Schnee war aus dem Hinterhof verschwunden, die Sonne schien heiß und gleißend und jetzt bemerkte sie auch, dass sie Sand in den Schuhen hatte.
Plötzlich stand Hannah hinter ihr. „Was? Was ist das?“ Und gleich darauf: „Hast du dir das gewünscht?“
Frau Müller nickte betrübt. Doch Hannah rief „Großartig!“ und lief ins Haus, um gleich darauf im Bikini zurückzukommen und direkt in die Wassersäule zu laufen.
„Nein!“, konnte Frau Müller gerade noch schreien, als Hannah schon im Wasser verschwunden war. Panisch überlegte sie, was nun zu tun sei. Hannah war immer noch nicht zu sehen. Frau Müller lief um die Säule herum und rief nach ihrer Tochter, als Hannah plötzlich weiter oben den Kopf aus dem Wasser steckte.
„Komm rein, es ist ganz warm!“
Frau Müller schüttelte müde den Kopf. Das war zu viel Außergewöhnlichkeit für ein sonst so normales Leben.
Hannah aber hatte umso mehr Spaß. „Schau, ich kann bergauf schwimmen!“
Aber ihre Mutter nickte nur noch verwirrt.
Abends, Hannah übte gerade Köpfler vom Hausdach, rief das Immobilienbüro an. Ja, sie hatte sich für morgen freigenommen. Aber man brauche sie jetzt doch. Sie müsse natürlich nicht kommen, man könne ihr Gehalt auch den anderen Mitarbeitern als Weihnachtsprovision ausbezahlen.
Das war genug. Frau Müller schleuderte das Handy in die Wellen – langsam hatte sie einen Plan.
Am Morgen des 24. Dezembers gingen die Müllers einkaufen. Draußen schneite es bitterkalten Schnee, während sie Liegestühle, Handtücher, Gummitiere und Sonnenschirme nach Hause schleppten. Aus alten Brettern zimmerte Frau Müller eine Strandbar, während Hannah die Schirme und Stühle aufstellte. Dann malten sie noch ein Schild:
Weihnachten am Strand. Feiern Sie mit den Müllers.
Frau Müller hatte den ganzen Abend für über hundert Gäste Strandcocktails gemixt und Hannah beim Planschen mit den anderen Kindern zugesehen. Auch wenn sie laut Erziehungsratgeber die Schlafenszeit überschritten hatte – einsam war sie jetzt bestimmt nicht mehr. Jetzt waren die Gäste gegangen und Mutter und Tochter trieben auf einer Luftmatratze in Richtung Himmel.
„Und wie geht es jetzt weiter, Mama?“
„Na, wir machen hier Ferien. Und wenn die Schule wieder anfängt, eröffnen wir unser ganzjähriges Strandbad.“
Sarah-Sophie Schwarzhappel wurde am 3. Oktober 1998 geboren und lebt in Wien. Neben dem Schreiben spielt sie gerne Saxofon und Flöte, tanzt und engagiert sich ehrenamtlich. Außer Gedichten schreibt sie Kurzgeschichten, Poetry Slams und experimentelle Texte. 2013 war sie beim Badener Literaturwettbewerb Zeilenlauf und 2014 beim Vienna City Literaturwettbewerb bis zum Finale dabei, seitdem habt sie in Katalogen und 2015 in einer Anthologie veröffentlicht.
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Engelsgeschenke
Paul saß am Fenster und blinzelte in die Weihnachtsnacht. Bunte Lichter und funkelnde Sterne in den Fenstern zauberten einen warmen Glanz in die abendliche Stille der Straßen.
Paul war mit seinen Gedanken bei Max, dem kleinen Meerschweinchen, das mit seinen beiden Geschwistern und seiner Mama bei Hannes lebte. Hannes und Paul waren die allerbesten Freunde.
Vor ein paar Wochen hatte Hannes von seinen Eltern die Lotte geschenkt bekommen. Lotte war ein struwweliges weißes Meerschweinchen. Paul war sofort total verliebt in Lotte und ein bisschen neidisch auf seinen Freund Hannes. Doch dann passierte das Unglaubliche! Eines Morgens hatte Hannes Paul aus dem Bett geklingelt. Es war an einem Sonntag – und Mama hatte ganz knurrig geguckt, weil sie noch so müde war. Paul war dann in seine Hausschuhe geschlüpft und die Treppen bis in den vierten Stock gelaufen. Dort wohnte Hannes mit seinen Eltern und mit Lotte. An diesem Morgen jedoch war ein Wunder geschehen. Plötzlich, über Nacht, hatte Lotte Babys bekommen. Drei kleine Meerschweinchen wuselten durch das Heu und quiekten ganz leise.
Hannes’ Eltern waren auch ziemlich erstaunt, doch sie beschlossen, dass ein Kleines bei Lotte bleiben durfte.
Jeden Tag besuchte Paul seinen Freund Hannes – und jeden Tag saßen die beiden bei Lotte und ihren Babys und wurden ganz traurig bei dem Gedanken, dass zwei von ihnen zu fremden Menschen ziehen mussten.
Am ersten Advent saßen die Freunde vor dem Gehege und beobachteten die Meerschweinchen.
„Ich finde, die kleine Weiße sollte Lilly heißen“, sagte Hannes, während er an seinem Zimtkeks knabberte.
„Das ist ein schöner Name“, nickte Paul zustimmend. „Lotte und Lilly, das passt!“
„Lilly bleibt bei mir, aber die beiden Jungs brauchen ein neues Zuhause.“ Hannes schnaufte unglücklich. Er konnte sich gar nicht vorstellen, dass er sich von den Tieren trennen musste.
„Ich frage meine Mutter, ob Max zu mir ziehen darf“, sagte Paul schnell. Er hatte das schwarze Meerschweinchen längst Max getauft.
„Max?“, staunte Hannes. „Ich finde, dann sollte der Braune Moritz heißen.“
Die Jungen lachten vergnügt und waren sich einig, sie brauchten einen Plan. Lotte und Lilly und Max und Moritz waren eine Familie!
„Das soll so bleiben“, schworen Hannes und Paul. „Sie sollen nie weiter entfernt leben, als von dieser vierten Etage bis runter zur ersten!“
Pauls Mutter liebte die Weihnachtszeit. Den ganzen Tag über hörte sie Weihnachtslieder, buk Weihnachtsplätzchen und bastelte Weihnachtsschmuck. Es schimmerte und glitzerte in jedem Zimmer. Am Abend strickte sie Socken aus roter und grüner Wolle, und weil sie besonders gut gelaunt war, konnte sie Paul auch kaum einen Wunsch abschlagen.
Natürlich gab es auch Wünsche, die Paul am allerbesten auf seinen Wunschzettel schrieb, denn so war klar, dass diese besonders dringlich waren. Also malte Paul zwei Meerschweinchen auf das schöne Sternenpapier. Ein schwarzes und ein braunes, und er schrieb mit seiner schönsten Schrift in goldenen Buchstaben Max & Moritz darunter. Mehr Wünsche hatte er nicht!
Die Tage vergingen und Paul hatte immer noch keine zündende Idee, doch dann kam ihm ein Hinweis zu Hilfe, den ausgerechnet seine Mutter selbst gab. Weil es über Nacht doch noch winterlich kalt geworden war, holte Mama die dicke grüne Jacke aus dem Schrank und hielt sie Paul hin.
„Zieh die an, damit du nicht frierst“, lächelte sie, doch Paul mochte diese Jacke überhaupt nicht. Er hatte sie im letzten Jahr zu Weihnachten bekommen – und unglücklicherweise war er aus dieser nicht herausgewachsen. Er schlüpfte missmutig hinein – und sie passte. „Dieses doofe Ding“, maulte Paul, „die ist was für Mädchen mit der roten Zipfelmütze da hinten dran.“
Tatsächlich erinnerte die Jacke von hinten ein bisschen an das Mäntelchen eines Weihnachtszwerges.
„Aber Paul“, staunte Mama, „diese Jacke stammt aus der Weihnachtswerkstatt. Daran haben viele Engel gearbeitet, damit sie dir eine Freude machen können.“
Paul verdrehte die Augen. Glaubte Mama wirklich, was sie da sagte? Dann jedoch sagte Mama den alles entscheidenden Satz: „Engelsgeschenke kann man nicht umtauschen!“
Der Weihnachtsabend rückte immer näher. Die Aufregung bei Paul und Hannes steigerte sich, denn noch konnte ihr Plan scheitern. Gemeinsam bastelten sie an der goldenen Kiste, zimmerten an einem Holzhäuschen, das sie mit Sternen bemalten und legten einen kleinen Apfel, eine dicke Möhre und ein saftiges Stück Gurke in eine Schale. Nun musste alles gut verpackt werden, bevor der Weihnachtscountdown startete.
Es war am Nachmittag, als Oma und Opa kamen und gleich ganz geheimnisvoll in die Küche huschten. Paul wusste, dass Mama jetzt noch eine Weile zu tun hatte, bevor sie ihn ans Telefon holte. Jedes Jahr wünschte ihm Papa, sozusagen über Satellit, ein frohes Weihnachtsfest. Er lebte mit seiner neuen Familie weit weg und feierte mit ihnen unter Palmen. Paul konnte sich das nicht vorstellen. Für ihn ging nichts über einen großen Tannenbaum mit Kerzen und Lametta, bunten Kugeln und goldenen Engeln.
Als draußen alles still war, schlich Paul schnell zur Tür. Er erschrak ein bisschen, denn dort stand schon Hannes und blickte ihn an.
„Wo bleibst du?“, flüsterte der Junge außer Atem. „Bei uns geht gleich die Bescherung los. Und dann ist auch noch Max abgehauen!“
Paul durchfuhr diese Nachricht wie ein Blitz. „Wo ist er?“, fragte Paul schnell, doch Hannes drückte ihn schon ein weiches braunes Bündel in die Hände.
„Hier“, hauchte Hannes, „nimm! Den Max suchen wir später. Ich muss jetzt wieder hoch!“ Während Hannes die Treppen hinauf flitzte, lief Paul in sein Zimmer zurück und schloss die Tür mit einem leisen Klacken.
„Bescherung“, trällerte Mama und schon schwappte Glockenklang und Stille Nacht durch die Luft.
Pauls Herz klopfte wild, während er ins Weihnachtszimmer trat und in Omas und Opas strahlende Gesichter blickte. Während sie zu viert standen und gemeinsam sangen, schielte Paul zum Weihnachtsbaum hinüber. Alles war so wie vor einigen Minuten, als er heimlich dieses schöne Paket mit der roten Schleife und den Luftlöchern unter den dicken Tannenast gestellt hatte. Natürlich lagen da noch viel mehr Geschenke, doch die interessierten den Jungen nicht. Er hoffte, dass jetzt alles nach Plan lief.
Als das Lied zu Ende war, begrüßte Paul seine Großeltern und sagte noch ein Gedicht auf.
„Jetzt aber Geschenke!“, drängelte Opa.
Natürlich gab es für jeden etwas. Oma sprühte ihr neues Parfum in die Luft und packte ein Seidentuch aus. Opa warf sich einen selbst gestrickten Schal um den Hals und hielt ein Paar Wollsocken in Rot und Grün in die Höhe. Mama freute sich über eine neue Backform und ein kunterbuntes Tuschebild. Schließlich blickten alle Paul an, der sich daranmachte, ein ziemlich großes Paket auszupacken. Es dauerte einen Moment, doch dann öffnete er den Deckel und erstarrte. Er glaubte seinen Augen nicht! Da drinnen saß der kleine Max und blickte ihn an.
„Da ist ja noch ein Geschenk“, rief Mama und holte das Paket mit der roten Schleife. „Das ist bestimmt auch für dich.“
In Pauls Kopf purzelten die Gedanken wild durcheinander. Der Max war gar nicht abgehauen, der saß hier unter dem Weihnachtsbaum. Und nun würde Paul auch noch den Moritz auspacken! Denn der saß ja in dem letzten Paket.
„Sieh an“, lachte Opa, „gleich zwei Stück. Das ist sehr gut, denn Meerschweinchen sollten niemals alleine sein.“
„Das sind Max und Moritz“, sagte Paul ganz leise. „Das sind Engelsgeschenke.“
„Ja“, schmunzelte Mama, „und Engelsgeschenke kann man nicht umtauschen!“
Ramona Stolle lebt in ihrer Heimatstadt Berlin. Sie schreibt Geschichten und Gedichte für kleine und große Leserinnen und Leser. Die Weihnachtszeit ist für sie die schönste Zeit des Jahres.
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Der Elch Mirko
Es war einmal ein Elch, der lebte in einem tief verschneiten Zauberwald, in dem sich noch der Hase und der Fuchs „Guten Tag“ sagten.
Es war ein kalter Wintertag, die Schneeflocken rieselten leise vom Himmel und der ganze Wald war in Schweigen gehüllt. Da! Auf einmal gab es ein lautes Geräusch. Mirko, der Elch, ließ ein lautes Stöhnen von sich, das den gesamten Wald vor lauter Schreck erstarren ließ.
Ein kleiner Hase steckte seine Nase aus einem Kaninchenloch. „Was ist denn los, lieber Elch?“
„Ich hab solche Schmerzen“, antwortete Mirko und zeigte dabei auf seine Zähne.
„Oh nein, du armer Elch“, sagte der kleine Hase und hüpfte auf ihn zu. „Kann ich mir den Zahn mal ansehen?“ Und schon steckte der kleine Hase seinen kleinen Kopf in das Maul des Elchs und besah sich die Zähne. „Oh oh, das sieht nicht gut aus.“ Der kleine Hase schüttelte den Kopf und sah den Elch mitleiderregend an. „Da ist ein großer Zahn, der ist ganz entzündet.“
Während die beiden beschäftigt waren, näherte sich Linus, ein Vogel, der am anderen Ende des Waldes auf einem Baum hoch über den Wipfel gesessen hatte und von dem Schrei des Elchs fast vom Baum gefallen wäre. „Was ist hier los?“, zwitscherte er.
„Ich hab solche Zahnschmerzen“, gab der Elch zur Antwort.
„Ja, und es sieht echt übel aus“, merkte der kleine Hase an.
„Lass mal sehen“, sagte der Vogel Linus und schon quetsche er seinen Kopf in das Maul vom Elch. „Oh weh, das sieht wirklich nicht gut aus. Der Zahn muss raus.“ Mitfühlend legte er einen Flügel auf Mirkos Kopf und setzte sich auf seinen Rücken.
„Der Zahn muss raus? Nein, nein das geht nicht.“ Mirko, der Elch, machte einen Satz nach hinten und Linus wäre fast hinuntergefallen.
Da gesellte sich ein freches Eichhörnchen zu ihnen. „Was war denn das für ein Geschrei?“, fragte es und knabberte an einer Nuss weiter.
Der kleine Hase, Mirko, der Elch, und Linus, der Vogel, gaben gleichzeitig eine Antwort und man konnte vor lauter Aufregung kein Wort mehr verstehen.
„Einer nach dem anderen, bitte“, sprach das freche Eichhörnchen. Und so erzählten ihm die drei von dem Unglück.
„Ich verstehe.“ Nachdenklich kaute das Eichhörnchen an seiner Nuss weiter. „Der Zahn muss raus.“ Und frech wie es war, schmiss es eine der Nüsse direkt auf den Zahn des Elchs Mirko zu. Die Nuss prahlte laut ab, aber der Zahn war immer noch da.
„Einen Versuch war es wert“, lachte das Eichhörnchen und verschwand in seinem Baumversteck.
Da kam ein schlauer Fuchs dazu, der auf seiner Nase eine runde Brille trug. „Ich weiß, was wir machen. Danach wirst du keine Schmerzen mehr haben, lieber Elch.“ Der schlaue Fuchs nahm einen dicken Faden, wickelte ihn um den schmerzenden Zahn und gab das andere Ende Linus, dem Vogel.
„Linus, du fliegst so hoch, wie du kannst, und bindest den Faden am obersten Ast eines Baumes fest.“
So wie geraten, so getan.
Linus flog so weit hoch, wie er konnte, und machte den Faden fest. „So, und jetzt, lieber Mirko, musst du auf den untersten Ast klettern und dann in den Schneehaufen hüpfen.“
„Ich soll auf den Baum klettern? Aber das geht doch nicht, ich bin doch ein Elch und kein Eichhörnchen“, gab der Elch widerwillig zur Antwort. „Das funktioniert nie im Leben.“
Da kam ein starker Bär dazu und bot seine Hilfe an. Mit aller Kraft schoben sie Mirko, den Elch, auf den untersten Ast eines Baumes.
Vor Angst zitternd, saß nun der arme Elch auf dem Ast und traute sich nicht, in den Schneehaufen zu hüpfen. Da gab das freche Eichhörnen ihm hinterrücks einen Schubs und schon flog der Elch in den Schneehaufen. Und der Zahn baumelte in der Luft am Faden.
„Juhuu ich hab keine Schmerzen mehr“, rief Mirko, der Elch, und lachend umarmten sich alle.
Das Schneehüpfen hatte solchen Spaß gemacht, das man seit diesem Tag immer wieder Freudenjuchzer aus dem verzauberten Wald hören kann. Wer sich also eines Tages in einem verschneiten Zauberwald verirren sollte, muss nur dem lauten Lachen folgen.
Linda Hagspiel, 1991 im Allgäu geboren und aufgewachsen, schrieb ihre erste Geschichte mit zwölf Jahren. Nach ihrem Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften in Innsbruck zog sie zurück ins Allgäu. Dort arbeitet sie als Bildungskoordinatorin für Neuzugewanderte. Inspirationen für ihre Geschichten findet sie beim Wandern in den heimatlichen Bergen und Wäldern oder auf Reisen durch fremde Länder.