Kitabı oku: «Glauben - Wie geht das?», sayfa 5

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Der Mensch scheint ihn auch nicht zu brauchen, er kommt offensichtlich auch ohne Gott ganz gut aus. So wird die Welt säkularer, und es fragt sich, ob das Christentum selbst zu dieser Säkularisierung beigetragen hat,24 weil der Glaube die intellektuelle Auseinandersetzung sucht (fides quaerens intellectum, der Glaube sucht den Intellekt). Vieles, was früher zum Thema Glauben gehörte, ist heute entweder erklärbar oder unwesentlich geworden. So müssen wir im Folgenden weiterfragen, wie es um die Frage nach Gott und den Glauben heute steht, wie Gott sich heute zeigt und welche Transformationsprozesse zurzeit ablaufen.

Um sich zunächst der Frage nach Gott und seiner Erscheinungsweise im Menschen Jesus Christus zu nähern, kann man zwei Wege wählen. Man kann entweder fragen, ob das überhaupt denkbar ist, dass Gott Mensch geworden ist, und dann von dort aus das Verhältnis von Gott Vater und dem Mensch gewordenen Sohn rekonstruieren. Dann stellt sich das Problem, dass man einige Voraussetzungen übernehmen muss, die erst hinterher erklärt werden können. Oder man geht den umgekehrten Weg – der hier eingeschlagen wird –, dass man zunächst die Setzung des Christentums mit einem dreifaltigen Gottesbild übernimmt und dann rückwärts aufrollt, wie es dazu gekommen ist: beide Wege haben ihre Schwäche, weil man immer zuerst etwas voraussetzen muss, was erst später erklärt werden kann. Dem Leser kann diese Mühe leider nicht erspart bleiben. Wenn er offen ist, kann er den Weg gut und leicht mitgehen. Es ist auch der Versuch, das Gottesbild mit Grundstrukturen der Welt in Verbindung zu bringen.

2. Das dreifaltige Gottesbild – Die Grundstruktur der Welt ist Beziehung

Man kann einen ersten Zugang zur heutigen Gottesfrage finden, indem man sich dem christlichen Gottesbild zuwendet. Es ist ein Gottesbild, bei dem das Wort des Gottes Mensch wird. Dieser Mensch gewordene Gott (Jesus Christus) nennt den Gott Jahwe seinen Vater. Das Verhältnis beider wird vermittelt durch den einen göttlichen Geist, den Heiligen Geist. Die Theologie sagt, dieser Gott sei ein Gott in drei Personen. Und dann geht es um die Frage, wie man sich dieses Verhältnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist vorstellen kann. Es geht dabei um das Verhältnis dieser drei göttlichen Personen vor der Erschaffung der Welt und nach der Erschaffung der Welt, also in dieser Welt. Es geht auf der einen Seite um ein innergöttliches Geschehen und auf der anderen Seite um das Verhältnis dieses Gottes zum Menschen in dieser Welt. Philosophisch kann man es so ausdrücken: Der Grund allen Seins ist nicht eine starre Substanz, sondern ein dynamisches Beziehungsgeschehen zwischen Vater, Sohn und Geist. Es ist ein Beziehungsgeschehen des Dialoges und der Liebe, und in dieses Beziehungsgeschehen ist der Mensch mit hineingenommen.

Gott ist also schon vor Erschaffung der Welt ein Beziehungsgeschehen in sich selbst in der Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Er ist sich selbst genug und braucht die Welt nicht als Gegenüber. Das bedeutet zweierlei: Er ist in sich ein Liebesgeschehen dreier Personen und er ist dadurch ganz frei. Gott braucht die Welt und den Menschen nicht als ein „Liebesobjekt“. Er ist alles in sich und kann daher die Welt aus voller Freiheit schaffen. Daran hängt – das wird später ausgeführt – auch der ganze Freiheitsgedanke des Menschen.

Gott hätte die Schaffung einer endlichen Welt auch lassen können. Die theologische Antwort auf die Frage, warum es die Welt gibt, kann eigentlich nur so lauten: weil Gott es aus seiner Freiheit heraus wollte. Es gab keine Notwendigkeit zur Welt. Wie die Welt dann entstanden ist, ob durch Urknall oder anders, ist eine naturwissenschaftliche Frage. Gott setzt eine Initialzündung und dann entwickelt sich die Welt von selbst. Wenn die Welt durch die Initialzündung des Urknalls entstanden ist und die Urknall-Theoretiker mit dem Urknall die Nichtexistenz Gottes aufweisen wollen, müsste man sie fragen, ob das Nichts überhaupt knallen kann, ob da, wo nichts ist, überhaupt etwas aus dem Nichts entstehen kann. Anders gesagt: Wo nichts ist, knallt auch nichts.

Das Entstehen aus dem Nichts ist das, was die Theologie Schöpfung nennt. Gott allein, der sich aufgrund seines innergöttlichen Beziehungsgeschehens aus sich selbst heraus versteht und insofern selbst-verständlich ist, kann etwas aus dem Nichts ins Sein setzen (creatio ex nihilo, Schöpfung aus dem Nichts). Wenn er diese Welt aus dem Nichts schafft, was nur er selbst kann,25 kann er sie so schaffen, dass sie sich dann von selbst weiterentwickelt. Insofern – das wurde schon gesagt – kann Schöpfung durchaus evolutiv vonstattengehen.

Wenn es diese Einheit der drei göttlichen Personen vor Erschaffung der Welt gibt, dann ist es eine Einheit in Verschiedenheit, eine Einheit von Beziehungen, eine Einheit in Polarität (der Vater ist ganz anders als der Sohn), eine Einheit in Pluralität. Das ist die Grundlage dafür, dass es auch in der Welt Spuren von Polarität gibt (Plus- und Minuspol, Mann und Frau), Spuren von Pluralität (zum Beispiel unterschiedliche Positionen in einer Demokratie oder die Pluralität von Weltanschauungen und Religionen) und die Einheit der Beziehung innerhalb einer Liebe (die Liebe zwischen verschiedenen Menschen).

Mit der Schaffung einer endlichen Welt und mit dem Menschen hat Gott auch eine endliche Freiheit geschaffen. Damit hat er die Möglichkeit eröffnet, dass der Mensch „Nein“ sagt zu Gott. Damit geht Gott das Risiko ein, dass der Mensch sich gegen ihn wendet und damit letztlich auch gegen sich selbst und gegen den anderen. Genau das hat der Mensch auch getan. Angesichts dieses vollzogenen „Nein“ des Menschen zu Gott (geschildert mit dem Ungehorsam in der Paradiesgeschichte; Gen 1, 3) und des Missbrauches der Freiheit kommt es im Alten Testament sogar zu der Aussage: „Da reute es den Herrn, auf der Erde den Menschen gemacht zu haben, und es tat seinem Herzen weh“ (Gen 6, 6).

Mit der Schaffung endlicher Freiheit hat sich Gott womöglich auch seiner Allmacht beraubt. Vor der Schöpfung war er allmächtig, er konnte die Welt schaffen oder auch nicht. Nach der Schaffung des Menschen mit seiner Freiheit war er es womöglich nicht mehr, denn jetzt ist er auf das Mitwirken des Menschen in der Welt angewiesen. Er kann an der Freiheit der Menschen vorbei womöglich nichts tun. Er kann den Menschen nicht zu sich hinzwingen. Denn dieser Zwang widerspräche der Freiheit und der Liebe. Die Freiheit ist offensichtlich der Preis der Liebe,26 denn Liebe geht nicht ohne Freiheit. Niemand kann zum Lieben gezwungen werden.

Wenn Gott innerhalb seines Beziehungsgeschehens die Liebe ist (1 Joh 4, 8), dann will er keine Menschen als Marionetten und keine Wesen, die irgendwelchen Schicksalsmächten unterworfen sind, sondern Wesen, die aus ihrer Freiheit und ihrem Willen heraus „zurücklieben“ und etwas Selbständiges tun.27 „Ohne die Annahme des freien Willens und seiner selbstursächlichen Letztverantwortung könnte sich der Mensch überhaupt nicht als Subjekt betrachten; er wäre vielmehr ein Spielball fremder Kräfte, die ihren Streit in seiner Seele austragen.“28 Und so soll der Mensch auch aus freien Stücken der Liebe Gottes mit seiner Gegenliebe antworten. Liebe ist immer Antwort auf Geliebtwerden. Allerdings sind sowohl der freie Wille als auch das Lieben-Können „angeschlagen“. Der Mensch neigt zum Nein gegen Gott, er will das Gute tun, tut doch das Böse und versteht sich selbst nicht. (Röm 7, 19)

Das liegt daran, dass der Mensch hineingestellt ist in die Unheilsgeschichte der Welt. Er bekommt von den Eltern das an Verstellungen mit auf den Weg, was die Eltern nicht aufgelöst haben. Und so geht das durch die Generationen hindurch. Letztlich geht es zurück bis zu den ersten Menschen, die sich von Gott abgewendet haben. Durch diese Abwendung begann die Unheilsgeschichte der Welt. Der einzelne Mensch, aber auch ganze Völker sind in sie verwickelt, ob sie wollen oder nicht. Die theologische Tradition hat hieraus die Lehre von der Erbsünde entwickelt. Diese hat nichts mit persönlicher Schuld zu tun, sondern mit dem Hineinverwobensein in diese unheilvolle Weltgeschichte. Aus dieser inneren Verwobenheit, Gebrochenheit, Zerrissenheit und der daraus resultierenden Unfähigkeit, seine Freiheit wirklich vollziehen zu können, muss der Mensch befreit werden. Der Mensch muss zur Freiheit befreit werden, (Gal 5, 1) damit er das Gute auch wirklich tun kann.

Die Auffassung vom dreifaltigen Gott sagt auch etwas aus über die Grundstruktur der Welt. Der Grund von allem (Gott) ist ein Beziehungsgeschehen, er ist ein ständiger Dialog (Trialog) zwischen den göttlichen Personen. Darin kann man wieder Mehreres erkennen: zum einen, dass diese Grundstruktur – wie schon erwähnt – Bedingung der Möglichkeit der Liebe und der Freiheit ist und dass der Mensch nur frei werden kann, wenn auch Gott ganz frei ist. Gleichzeitig kann der Mensch nur deshalb lieben, weil er in diesen Dialog der Liebe eingebunden ist. Innerweltlich heißt das, dass er sich dieser Liebe aktiv zuwenden sollte, da er letztlich nur aus dieser Angebundenheit heraus sich selbst und damit den anderen dauerhaft zu lieben vermag.

Daher ist das Gebot der Selbstliebe, Nächstenliebe und Gottesliebe auch genau so zu lesen: In der Anbindung an Gott findet der Mensch seinen inneren Halt. Er ist von Gott bedingungslos angenommen und geliebt. Dadurch kann er schrittweise ein gutes Selbstverhältnis und eine gute Selbstliebe aufbauen sowie auch alle seine eigenen Schattenseiten akzeptieren lernen. Er kann all seine Projektionen, mit denen er sich ein Bild von sich selbst und vom anderen macht, schrittweise zurücknehmen. Er kann auch, weil er von Gott unbedingt angenommen ist, alle Kompensationsversuche, die ihn seine Minderwertigkeitsgefühle überdecken lassen, zurücknehmen und so immer authentischer werden.

So wird er langsam ein gutes Verhältnis zu sich selbst finden (Selbstliebe) und von dort aus auch den anderen annehmen und lieben lernen. Da er so immer authentischer wird, wird er selbst auch immer liebenswerter und attraktiver. Ohne in der Quelle der Liebe und der Wahrheit verankert zu sein, wird der Mensch letztlich nicht zu seiner Wahrheit, seiner Authentizität und Attraktivität finden, und seine Kraft zum Lieben wird im Laufe des Lebens abnehmen. Sie reicht dann nicht für ein ganzes Leben, und die Lichter gehen zu früh aus.29 Selbsterkenntnis, Erkenntnis des anderen als des anderen und Erkenntnis Gottes gehören ebenso zusammen wie Selbstliebe, Gottesliebe, Nächstenliebe.

3. Die drei göttlichen Personen in der Welt

Die drei göttlichen Personen sind also in einem dynamischen Zueinander vor Erschaffung der Welt „da“ und zeigen sich in unterschiedlicher Weise auch in dieser Welt. Der Schöpfergott Jahwe, der vom göttlichen Sohn als der Vater bezeichnet wird, zeigt sich indirekt in der Größe und Schönheit seiner Schöpfung. Der Sohn zeigt sich als Mensch unter den Menschen. Er lebt den Menschen vor, wie das Leben geht.30 Und er sagt von sich als dem menschlichen Gegenüber: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18, 20) Dieser göttliche Sohn wird schließlich getötet und hinterlässt der Welt nach seinem Tod den göttlichen Geist, den Heiligen Geist. Dieser Geist zeigt sich im Innersten des Menschen als Teil seines Gewissens (s. u.). Er zeigt sich auch in der Welt, in der Kirche und in den Heiligen Zeichen der Kirche, die als Sakra-mente (Heilige Mittel) bezeichnet werden. Dieser Geist wirkt indirekt in den Zeichen der Zeit sowie in den Ereignissen des Lebens. Er ist der Geist, der lebendig macht, (Joh 6, 63) und die Früchte dieses Heiligen Geistes sind Liebe, Freude und innerer Friede. (Gal 5, 22)

So wie Gott sich in seiner Dreifaltigkeit in dieser Welt zeigt, so kann der Mensch umgekehrt dieses Wirken des dreifaltigen Gottes in dieser Welt erkennen. Er kann – wie erwähnt – Gott als den Vater in der Schöpfung erkennen, den Sohn in jedem zwischenmenschlichen Kontakt und den Heiligen Geist in seinem Innersten, aber auch in den Sakramenten, in der Kirche, in der Welt. Allerdings kann man die drei göttlichen Personen nicht so auseinanderdividieren, das man hier den Vater, da den Sohn und dort den Heiligen Geist erkennt. Es ist der eine Gott und der eine Geist, der in allem wirkt. Der ganze Kosmos ist durchwirkt und getragen von diesem dreifaltigen Gott.31

Daher geht es bei einer solchen Auffassung von der Dreifaltigkeit auch nicht darum, diese Dreifaltigkeit als ein Dogma des Christentums auswendig zu lernen, sondern zu verstehen, was sie für den Alltag des Menschen aussagt. Sie sagt nämlich nicht nur etwas aus über Gott, sondern auch etwas über sein Verhältnis zur Welt und zum Menschen sowie über die Struktur der Welt. Es geht also um etwas Grundsätzliches und Existenzielles, und nicht um etwas, das der Mensch zusätzlich auswendig lernen muss. Er muss einmal darauf hingewiesen werden, dass sich im Menschen sowie in den Strukturen der Welt der dreifaltige Gott in je unterschiedlicher Weise zeigt. Dieser Gott ist also in allem und nicht neben allem.

Es stellt sich dabei immer wieder die Frage, woher der Mensch das alles weiß, woher er weiß, dass der christliche Gott ein dreifaltiger Gott ist und dass er Mensch geworden ist. Es muss hier wiederholt werden, was schon gesagt wurde, dass der Mensch zwar an das Absolute herandenken kann, aber von sich aus nicht wissen kann, wie es ist. Das Absolute selbst muss sich zu erkennen geben und sich zeigen, es muss sich offenbaren. Das hat der Gott Jahwe getan, indem er sich in der Schöpfung geäußert hat, und dadurch, dass er einzelne Menschen wie die Propheten, Mose und Abraham berufen hat. Schließlich hat er sich geäußert in seinem Sohn als Mensch. Judentum und Christentum sowie später der Islam werden deshalb auch als Offenbarungsreligionen bezeichnet.

4. Der göttliche Sohn – Das menschliche Gegenüber

Um zu verstehen, wie der absolute Gott Mensch geworden sein kann, gibt es zunächst folgenden Hinweis: Es heißt, dass das Wort Gottes Mensch geworden ist, dass das Wort bei Gott war und Gott das Wort war. (Joh 1, 1)Wort hat etwas mit Gedanken zu tun, auch mit Geist. Gott ist Geist. (Joh 4, 24) Dieser Geist ist Wort geworden, und durch das Wort ist Wirklichkeit geworden (vgl. oben der hebräische Begriff „dabar“), und schließlich ist das Wort Mensch geworden. Man kann daher sagen, dass der Geist Gottes sich im Menschen Jesu Christus offenbart hat. Dieser Geist Gottes ist der Heilige Geist. Man kann auch anders formulieren: Den Vater und den Sohn verbindet der gleiche göttliche Geist, der Heilige Geist. Dieser Geist wird von Jesus Christus nach seiner innerweltlichen Existenz und nach seinem Tod an die Menschen weitergegeben.32Es geht also nicht um zwei oder drei Götter im Christentum. Sondern das, was Jahwe (den Jesus Vater nennt) aus sich heraussetzt, was er spricht, was er „äußert“, wird Mensch. Das göttliche Wort vermenschlicht sich. Nicht Jahwe selbst wird Mensch, sondern das Wort, der Logos, den er aus sich heraussetzt und nach außen bringt (äußert), wird Mensch. „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“, heißt es in Joh 1, 14. Es ist das göttliche Wort, das in Jesus Christus Mensch wird und letztlich auch in jedem Menschen „wohnt“. Nur steht der Mensch aufseiten des Geschöpfes und der Gottessohn aufseiten des Schöpfers.

Wenn es heißt: Im Anfang war das Wort (Joh 1, 1), im Anfang war der Logos, dann ist Logos womöglich nicht nur als Wort zu verstehen, sondern Logos ist mehr als Wort, es ist auch Logik, Sinn und Vernunft. Man könnte auch so übersetzen: Im Anfang war die Logik, im Anfang war der Ur-Sinn, die Ur-Vernunft. Und dieser Sinn war bei Gott und der Sinn war Gott und dieser Sinn ist leibhaftig als Mensch erschienen. Mit der Frage, was das bedeutet, dass der Logos Mensch geworden ist und wie das Verhältnis zum Vater und zum Geist zu denken ist, hat sich die Kirche mehr als 300 Jahre lang beschäftigt. Erst beim Konzil von Nizäa im Jahre 325 hat man versucht, diese Zusammenhänge einigermaßen denkerisch zu erfassen. Es ging darum, das Verhältnis von Vater, Sohn und Heiligem Geist zu bestimmen. So entsteht eine Grundreflexion über den einen Gott, und diese Grundreflexionen werden zu Kernaussagen zusammengefasst. Diese Kernaussagen werden verdichtet zu dem, was man im 19. Jahrhundert als Dogma bezeichnet hat. Das theologische Fach, das sich mit diesen Grundfragen beschäftigt, nennt man die „Dogmatik“.

Die Dogmatik versucht also in Sätzen zusammenzufassen, wie man sich die Zusammenhänge, Hervorgänge, Beziehungen zwischen Gott als dem Vater und dem Mensch gewordenen Wort Gottes, Sohn genannt, sowie dem Heiligen Geist, der beide verbindet, denken soll. Dogmen geben Antworten auf entstandene Fragen. Da aber das Christentum davon ausgeht, dass die Wahrheit eine lebendige Person ist (Jesus Christus), ist diese Wahrheit in der verschriftlichten Form eines Dogmas nicht vollständig und immer nur annäherungsweise zu fassen und muss möglicherweise neuen Verstehenshorizonten oder neuen Begrifflichkeiten angepasst werden. Christentum ist primär gerade keine Buchstabenreligion, keine Buch-Religion, kein verschriftlichtes Dogma, sondern die Botschaft eines lebendigen Menschen. Allerdings muss man versuchen, die Frage zu beantworten, an welchen Gott man glaubt und wie die drei Personen sich zueinander verhalten. So kommt man an einer Zusammenfassung und einer Verschriftlichung nicht vorbei. Der Glaube als persönlicher Vollzug des Menschen muss auch mit Inhalt gefüllt werden, damit der Mensch sich klar werden kann, an welchen Gott er eigentlich glaubt.

Da aber die Wahrheit eine lebendige Wahrheit ist, wird eine verschriftlichte Form dieser Wahrheit im Rahmen dogmatischer Überlegungen hinter der lebendigen Wahrheit zurückbleiben. Eine lebendige Wahrheit ist nicht starr (schon Gott in sich ist nicht starr, sondern lebendiger Austausch), und für den Menschen ist diese Wahrheit immer nur in diesem Beziehungsgeschehen zwischen Gott und Mensch sowie im Prozess des Suchens, des Fragens und des Dialoges zu finden. Wahrheitssuche in diesem Sinn hat Wegcharakter. Daher findet man neben den Worten Jesu „Ich bin die Wahrheit“ und „Ich bin das Leben“ das dritte Wort Jesu: „Ich bin der Weg.“ (Joh 14, 6) Wegen dieses Wegcharakters und wegen der Begrenztheit der menschlichen Erkenntnis werden Aussagen über den unendlichen Gott in einer endlichen Welt unvollkommen ­bleiben.

Daher gilt die Aussage des Paulus, dass unser Erkennen Stückwerk ist, (1 Kor 13, 9) und das Gebot des Judentums, sich kein Bild von Gott zu machen, nach wie vor. Es bleibt auch für Christen bestehen, obwohl sie sich ein Bild von Gott machen können, da Jesus Christus selbst das Bild Gottes ist. Also beides ist richtig: Der Mensch darf sich kein Bild von Gott machen in dem Sinne, dass er Gott „vorschreiben“ könnte, wie dieser in der Welt handeln müsse, und er darf sich doch ein Bild von Gott machen, da Jesus Christus selbst das Bild Gottes ist. Durch ihn hindurch kann der Mensch den Vater erkennen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ (Joh 14, 9) Durch die Person Jesu erfährt der Mensch, wie Gott ist: Gott ist die Liebe, Gott ist barmherzig, Gott will den Menschen retten und zum Heil sowie zur Fülle des Lebens führen. (Joh 10, 10)

Dieser Sohn bringt also seine Botschaft als ein lebendiges Zeugnis in diese Welt. Es ist eine Botschaft aus einer anderen, göttlichen Welt, in die der Mensch von sich aus denkerisch nicht hineinkommen kann. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ (Joh 18, 36) Es ist eine Botschaft von „drüben“, aus der anderen Welt. Wenn der Mensch aus seiner menschlichen Dackelperspektive hinübertreten will auf die andere Seite der Welt und hinter die Kulissen schauen will, wenn er von der Seite des Geschöpfes auf die Seite des Schöpfers treten will, dann muss er hören lernen, was dieser Jesus ihm zu sagen hat. Nur so kann er – zumindest partiell – vom Ufer innerweltlichen Denkens hinübergelangen an das andere Ufer des göttlichen Seins. Und weil diese andere Welt so anders ist und doch mit der unsrigen zu tun hat, deshalb ist sie so schwer zu verstehen.

Dieses Verstehen, das dem Menschen zugemutet wird, geht wiederum nur, weil der Mensch auch in sich diesen göttlichen Resonanzboden der anderen Welt trägt. Es ist das göttliche „Element“ in ihm, das die Tradition den Heiligen Geist nennt. Der Gott von „drüben“, der verleiblicht ist in der Person Jesu Christi, ist auch in jedem Menschen gegenwärtig als Heiliger Geist. Nur deshalb kann Gott als Gegenüber aus der fremden Welt zum Menschen sprechen, weil derselbe Gott als Geist in jedem einzelnen Menschen wohnt. Dies ist derselbe Geist, der den Vater und den Sohn verbindet. Als letzte Konsequenz heißt das: Der Mensch ist hineingenommen in den Dialog zwischen Vater und Sohn im Heiligen Geist. Derselbe Geist, der die beiden göttlichen Personen verbindet, ist im Menschen anwesend. Der Mensch ist in den innergöttlichen Dialog hineingenommen und dort wie in einem Mutterschoß geborgen. Der Mensch ist Tempel des Heiligen Geistes. (1 Kor 6, 19)

Das heißt aber gerade nicht, dass dieser Gott in unser kleines menschliches Schema zu pressen ist (mach dir kein Bild), und es heißt auch nicht, dass der Mensch keine Eigenverantwortung hätte. Im Gegenteil: Gerade aufgrund dieser Geborgenheit ist der Mensch herausgesetzt in seinen Eigenstand und seine Eigenverantwortung. Sich kein Bild von Gott zu machen, bedeutet, zu verstehen, dass Gottes Gedanken andere Gedanken sind als unsere Gedanken – und seine Wege nicht unsere Wege sind. Gottes Vernunft übersteigt die Vernunft des Menschen um ein Unendliches.

Gott ist aber deshalb nicht – wie viele meinen – im Bereich des Unvernünftigen und Irrationalen zu finden, sondern – wenn man so sagen darf – im Bereich des Übervernünftigen und Überrationalen. Gottes Vernunft liegt der menschlichen Vernunft voraus und ist ihr überlegen, sie ist mehr als die menschliche Vernunft und nicht weniger. Sie ist, wie das Neue Testament sagt, der Logos, die Urvernunft, die alles ins Sein setzt. An dieser Urvernunft nimmt die menschliche Vernunft teil, das menschliche Denken partizipiert am göttlichen Denken. Der Mensch kann sich langsam hineindenken und hineinfühlen in das Denken und Fühlen Gottes. Restlos erfassen kann er es – zumindest auf dieser Erde – nie.

Der Mensch kann nach-denken, weil schon jemand vorgedacht hat, er kann ant-worten, weil schon jemand ge-wortet hat. Dies ist aber nicht als eine starre Vorherbestimmung (Prädestination) zu denken, in der bereits jedes Wort und jede Handlung feststeht, sondern als ein ständiger Dialog. Gott sieht weiter als der Mensch, er ist ihm voraus, und der Mensch tut gut daran, sich ihm anzuvertrauen – und nicht blinden Schicksalsmächten. Das kann er deshalb tun, da dieser Gott es gut mit dem Menschen meint. Er führt ihn nicht in die Irre. Da Gott die Liebe ist, (1 Joh 4, 16b) kann der Mensch sich ihm anvertrauen.

Vielleicht noch einmal anders: Das Wort Gottes zeigt sich in menschlicher Gestalt. Es ist ganz menschlich. Es kommt aber aus einer anderen Welt, und gerade deshalb ist es ganz menschlich. Es ist deshalb ganz Mensch („seht, da ist der Mensch“, Joh 19, 5), weil es göttlich ist, weil es aus einer anderen Welt kommt und diese andere Welt repräsentiert. Es kommt aus der anderen Welt, inkarniert sich in der hiesigen und muss schrittweise wieder zurück in das Reich, das nicht von dieser Welt ist. (Joh 18, 36) Das ist auch der Grund für die Aussage des zwölfjährigen Jesus, der seine Eltern verlässt und auf ihre Vorwürfe hin antwortet: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist?“ (Lk 2, 41–52) Da „Vater“ im Aramäischen auch „Ursprung“ heißt, muss er zurück zu seinem göttlichen Ursprung, um von dieser Anbindung her als wahrer Mensch zu leben.

Das gilt letztlich auch für jeden Menschen: Jeder Mensch muss zurück zu seinem göttlichen Ursprung, er muss innerhalb seiner innerweltlichen Existenz hinfinden zum göttlichen Ursprung und Urgrund, um in ihm seinen letzten Halt zu finden. Sonst steht er in der Gefahr, sein Menschsein zu verfehlen. Er soll zu diesem Göttlichen zurückkehren, um von dort aus erst wirklich zu erkennen, wer er selbst ist und was Menschsein bedeutet. Erst von dieser Perspektive her weiß der Mensch, wer er eigentlich ist. Der Satz von Pascal wurde schon erwähnt: Der Mensch überschreitet den Menschen um ein Unendliches.

Zusammengefasst: Jesus Christus hat als das Wort Gottes und als Sohn Gottes einige Zeit auf dieser Welt gelebt. Er hat gepredigt und Menschen geheilt. Er hat von der Wahrheit gesprochen und davon, dass er diese Wahrheit selbst ist („Ich bin die Wahrheit“, Joh 14, 6). Er hat mit den Menschen über das Leben diskutiert und ihnen vorgemacht, wie das Leben geht („Ich bin das Leben“, Joh 14, 6). Er hat deutlich gemacht, dass das Leben ein ständiger Prozess des Reifens ist und dass man sich an ihm (Christus) orientieren soll. („Ich bin der Weg“, Joh 14, 6) Er hat von den letzten Dingen und vom Reich Gottes gesprochen. Dieses Reich ist nicht von dieser Welt und der Mensch soll sich in dieses Reich hineinleben, es soll in ihm Platz greifen. „Dein Reich komme“, heißt es im Vaterunser: Jesus Christus hat die Menschen heil gemacht und sie aus ihrer Zerbrochenheit wieder in ihre innere Mitte und Einheit zurückgeführt. Heil hat etwas mit „ganz“ zu tun, und heil machen heißt wieder ganzmachen, so wie Kinder sagen: Papi, mach mir bitte mein Spielzeug wieder heile.

Das innere Heilwerden führt womöglich auch aus einer Krankheit heraus zu innerweltlicher Heilung (muss es aber nicht). Daher gibt es viele Wundererzählungen im Neuen Testament als Heilungsgeschichten. Jesu Christus ist der Heiland, er ist derjenige, der den Menschen von innen her wieder ganzmachen kann. Er ist die Tür zum Leben (Joh 10, 7), er ist der gute Hirte für die Schafe (Joh 10, 11), er ist das Brot des Lebens (Joh 6, 35) und das Licht der Welt (Joh 8, 12), er ist die Liebe. Wunderheilungen sind Ausdruck einer viel tieferen existenziellen Heilung und nicht einfach nur ein äußeres Gesundmachen. Die äußere Heilung kann eintreten. Das kann der Mensch sehen, es ist dem Menschen zugänglich, aber das eigentliche Geschehen liegt dahinter. Die Gesundung ist der äußere Ausdruck eines viel tieferen inneren Geschehens. Deshalb hat Jesus beides miteinander verbunden und Kranke auch äußerlich geheilt.

Ob diese (Heilungs-)Wunder gegen die Natur sind, wurde viel diskutiert. Womöglich sind sie nicht gegen die Natur, sondern nur – wie schon Augustinus bemerkte – „gegen die uns bekannte Natur“.33 Womöglich kann man mit mehr Wissen auch manches erklären. Wunder bedürfen der Mitwirkung des Betroffenen, daher wird bei Heilungen immer wieder gesagt: Dein Glaube hat dir geholfen (Lk 8, 48), und im umgekehrten Fall: Er konnte in seiner Heimatstadt keine Wunder wirken, weil sie keinen Glauben hatten (Mk 6, 5). Gegen die Freiheit des Menschen kann auch Gott keine Wunder wirken. Denn Glauben heißt hier: sich öffnen für das Wirken Gottes, aber auch hinfinden zu einer tieferen Einsicht ins Leben und innere Umkehr. Ohne Umkehr letztlich keine tiefgreifende Heilung.

So hat Jesus Christus nicht nur von seinem Vater gesprochen, sondern auch von dem Heiligen Geist, der die Menschen schrittweise zur Erkenntnis führen und in die tieferen Geheimnisse des Lebens einweisen wird. Nach seinem Tod hat er der Welt diesen Geist hinterlassen. „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14, 26) Wer dieser Heilige Geist ist, kann indirekt erschlossen werden durch sein Wirken im Menschen und in der Welt. Er hat etwas zu tun mit richtigem (heilen, heiligen) Denken, mit Erkennen, mit Wissen, aber auch mit innerer Kraft, Weisheit, Klugheit, auch mit Heilung. Die sieben Gaben dieses göttlichen Geistes im Menschen werden beschrieben mit: Weisheit, Erkenntnis, Glaubenskraft, Krankheiten heilen, Wunderkräfte, prophetisches Reden, Unterscheidung der Geister (1 Kor 12, 8–10).

Diesen Heiligen Geist kann jeder Mensch in sich entdecken. Er kann ihn in seinem inneren Wirken erfahren und durch Alltagserfahrungen hindurch erkennen. Er wirkt im Menschen als Teil seines Gewissens (ein anderer Teil sind innerweltliche Prägungen wie das internalisierte Über-Ich, das Freud schon für das ganze Gewissen hielt), er ist auch ein innerer Antrieb im Menschen, eine wirkliche Wirkkraft. Dort wirken auch noch andere „Stimmen“ und „Geister“. Es sind dies die Stimmen von Vater und Mutter sowie von anderen Über-Ich-Strukturen (Schule, Kirche). Diese verschiedenen Stimmen kann der Mensch unterscheiden lernen. Er kann die Stimme des Heiligen Geistes aus den anderen heraushören lernen. Im Kapitel über die Unterscheidung der Geister wird näher darauf eingegangen.

Auch der Menschensohn ringt mit diesen verschiedenen Stimmen und Geistern in sich. Er ist wie jeder Mensch Versuchungen ausgesetzt (Lk 4, 1–13). Auch in ihm gibt es einen dauernden Kampf zwischen den menschlichen Neigungen und dem göttlichen Geist, zwischen dem menschlichen Willen und dem göttlichen Wollen. Der Auftrag Jesu ist, den Willen des Vaters zu erfüllen, und so muss er sich diesem immer wieder angleichen. Diese Doppeltheit der verschiedenen Willen ist ausgedrückt in der Zwei-Naturen-Lehre Jesu: der göttlichen Natur und der menschlichen Natur. Er ist ganz Mensch und ganz Gott. Beide Naturen liegen in dem einen Menschen unvermischt und ungetrennt vor, wie es das Dogma von den zwei Naturen formuliert. Beide Naturen sind zu trennen und kommen doch in dem einen Menschen gemeinsam vor. Im Folgenden soll etwas über diese beiden Naturen in der Person Jesu Christi gesagt werden.

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