Kitabı oku: «Die Wirtschaftsethik der Weltreligionen», sayfa 6

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Diese Stellung des Beamtentums war seit einer für uns vorgeschichtlichen Zeit in Entwicklung begriffen. Die alte halb legendäre heilige Ordnung der Tschou- Dynastie, wie sie im Tschou-li überliefert ist, steht bereits auf dem Punkt, wo der urwüchsige Patriarchalismus in den Feudalismus überzugehen beginnt.

II. Soziologische Grundlagen: B. Feudaler und präbendaler Staat.

Soviel ersichtlich, war das politische Lehenswesen in China nicht primär mit der Grundherrschaft (im okzidentalen Sinn) als solcher verknüpft. Sondern beide sind, wie in Indien, aus dem »Geschlechterstaat« erwachsen, nachdem die Häuptlings sippen den alten Banden des Männerhauses und seiner Derivate sich entzogen hatten. Die Sippe stellte nach einer Notiz ursprünglich die Kriegswagen und sie war auch die Trägerin der alten ständischen Gliederung. Die an der Schwelle der sicheren geschichtlichen Kunde in einigermaßen deutlichen Umrissen erscheinende wirkliche politische Verfassung war die gradlinige Fortsetzung jener bei allen Eroberungsreichen urwüchsigen Verwaltungsstruktur, wie sie noch den großen Negerreichen des 19. Jahrhunderts eignete: dem »Reich der Mitte«, das heißt: dem direkt vom siegreichen Herrscher, als Hausmacht, durch seine Beamten: persönliche Klienten und Ministerialen, verwalteten »inneren« Gebiet um den Königssitz herum, wurden immer mehr durch Tributärfürsten beherrschte »Außen«-Gebiete angegliedert, in deren Verwaltung der Kaiser: der Herrscher des Reichs der Mitte, soweit, und nur soweit, eingriff, als die Erhaltung seiner Macht und die mit ihr verbundenen Tributinteressen dies unbedingt erheischten und: als er es vermochte. Daher naturgemäß bei zunehmender Entfernung vom Hausmachtgebiet mit abnehmender Stetigkeit und Intensität. Ob die Beherrscher der Außengebiete praktisch absetzbare oder erbliche Dynasten waren, wie oft das in der Theorie des Tschou-li anerkannte Beschwerderecht ihrer Untertanen beim Kaiser praktisch war und zu Eingriffen seiner Verwaltung führte, ob die neben und unter ihnen stehenden Beamten, wie die Theorie wollte, von den Beamten des Kaisers ernannt und entsetzt und praktisch von ihnen abhängig waren, ob also die Zentralverwaltung der drei großen und drei kleinen Räte (kung und ku) praktisch über die Hausmacht hinausgreifen konnte und ob die Wehrkraft der Außenstaaten dem Oberlehensherrn praktisch zur Verfügung stand: dies waren die jeweils durchaus labil gelösten politischen Probleme. Die politische Feudalisierung, welche sich aus diesem Zustand entwickelte, nahm nun hier die gleiche Wendung, wie wir sie in konsequentester Durchführung in Indien wiederfinden werden: Berücksichtigung bei der Besetzung der abhängigen Stellungen, vom Tributärfürsten bis zu dessen höfischen und Provinzialbeamten, beanspruchten und erreichten nur Sippen schon herrschender politischer Gewalthaber und ihrer Gefolgschaft. Vor allem die kaiserliche Sippe selbst. Ebenso aber die Sippen derjenigen Fürsten, welche sich ihm rechtzeitig unterworfen und im vollen oder teilweisen Besitz ihrer Herrschaft belassen waren86. Und endlich die Sippen aller derjenigen, die sich als Helden und Vertrauensleute ausgezeichnet hatten. Das Charisma haftete jedenfalls längst nicht mehr am einzelnen streng persönlich, sondern – wie wir dies als Typus später bei Erörterung der indischen Verhältnisse näher kennen lernen werden–an seiner Sippe. Nicht der durch freie Kommendation in die Vasallität und Investitur erlangte Lehensbesitz schuf den Stand, sondern – im Prinzip wenigstens – umgekehrt: die Zugehörigkeit zu jenen adligen Sippen qualifizierte, je nach dem herkömmlichen Rang der Familie, zu einem Amtslehen bestimmten Ranges. Minister- und selbst bestimmte Gesandtenposten finden wir im chinesischen feudalen Mittelalter fest in den Händen bestimmter Familien und auch Konfuzius war vornehm, weil er von einer Herrscherfamilie abstammte. Die auch in den Inschriften späterer Zeiten hervortretenden »großen Familien« waren diese charismatischen Sippen, die ihre Stellung ökonomisch vorwiegend aus politisch bedingten Einkünften, daneben aus erblich zusammengehaltenem Grundbesitz bestritten. Der Gegensatz gegen den Okzident war natürlich in mancher Hinsicht relativ, aber in seiner Bedeutsamkeit immerhin nicht gering. Im Okzident war die Erblichkeit der Lehen erst Entwicklungsprodukt. Und vollends die ständische Scheidung der Lehensinhaber, je nachdem sie Gerichtsbann erhalten hatten oder nicht, die Scheidung der beneficia nach der Art des Dienstes, endlich die ständische Scheidung des Ritterstandes von anderen, zuletzt auch vom städtischen Patriziat, vollzog sich innerhalb einer schon fest durch Appropriation des Bodens und (weitgehend) aller möglichen Verkehrserwerbschancen gegliederten Gesellschaft. Die erbcharismatische Stellung der (in vielem noch sehr hypothetischen) »Dynasten« im frühesten deutschen Mittelalter würde den chinesischen Verhältnissen am ehesten entsprechen. Aber in den Kerngebieten des westlichen Feudalismus war unter dem Umsturz der traditionalen Rangordnungen durch die Eroberung und Wanderung offenbar das feste Gefüge der Sippen stark gelockert, und die Kriegsnotwendigkeiten erzwangen gebieterisch die Aufnahme jedes tüchtigen, militärisch geschulten, Mannes in die Ritterschaft, also: die Zulassung jedes ritterlich Lebenden zur Ritterwürde. Erst die weitere Entwicklung führte dann zum Erbcharisma, schließlich zur »Ahnenprobe«. In China war dagegen das Erbcharisma der Sippe – in der für uns zugänglichen Zeit – stets das Primäre (mindestens der Theorie nach87; erfolgreiche Parvenus hat es immer gegeben). Nicht etwa (wie später im Okzident) die Erblichkeit des konkreten Lehens also: –die vielmehr als grober Mißbrauch galt –, sondern der durch den ererbten Sippenrang gegebene Anspruch auf ein Lehen bestimmten Ranges. Daß die Tschou-Dynastie die fünf Adelsgrade »eingerichtet« und dann das Prinzip der Vergebung von Lehen nach dem Adelsrang eingeführt haben soll, ist wohl Legende; daß aber damals die hohen Vasallen (Tschou-Lou, die »Fürsten«) nur aus Nachkommen alter Herrscher ausgelesen wurden, ist glaubhaft88. Das entsprach japanischen Frühzuständen und war: »Geschlechterstaat«. Als die Wei (nach dem Sturze der Han-Dynastie) ihre Hauptstadt nach Lo yang verlegten, führten sie nach der Annalistik die »Aristokratie« mit sich. Diese bestand aus ihrer eignen Sippe und aus alten erbcharismatischen Sippen. Ursprünglich also natürlich: Stammeshäuptlingsfamilien. Damals aber schon: Nachkommen von Amtslehen- und Amtspfründeninhabern. Und nun verteilten sie – noch damals! – den »Rang« (und dementsprechend den Anspruch auf Pfründen) je nach dem Amt, das einer der Vorfahren der Familie gehabt hatte (ganz das Prinzip der römischen Nobilität und des russischen Mjestnitschestwe)89. Ganz ebenso wie in der Teilstaatenzeit die höchsten Aemter fest in den Händen bestimmter Sippen (hohen erbcharismatischen Ranges) sich befanden90. Die Entstehung eines eigentlichen »Hofadels« tritt erst in der Zeit Schi hoang Ti's (von 221 vor Chr. an) gleichzeitig mit dem Sturz des Feudalismus auf: damals zuerst wird eine Rang verleihung in der Annalistik erwähnt91. Und da gleichzeitig die finanziellen Notwendigkeiten erstmalig den Aemterkauf – also: die Auslese der Beamten nach dem Geldbesitz – erzwangen, verfiel der Erbcharismatismus trotz prinzipieller Aufrechterhaltung der Rangunterschiede. Noch 1399 findet sich die Degradation zum »Plebejer« (ming) erwähnt92, allerdings damals unter ganz anderen Verhältnissen und in anderem Sinne93. In der Feudalzeit entsprach der erbcharismatischen Rangabstufung eine Ordnung der Lehen, nach Beseitigung der Subinfeudation und Uebergang zur Beamtenverwaltung: der Pfründen, die bald fest klassifiziert wurden: unter den Tsin und, nach ihrem Muster, den Han, in 16 Klassen von Geld- und Reisrenten fest abgestuft94. Das bedeutete schon die volle Beseitigung des Feudalismus. Den Uebergang stellte der Zustand dar95: daß die Aemter in zwei dem Range nach verschiedene Kategorien geschieden waren: koan nei heu: Land pfründen, und lie heu: Renten pfründen, die auf die Abgaben bestimmter Ortschaften angewiesen waren. Die ersteren waren die Nachfolger der alten Lehen der reinen Feudalzeit. Diese bedeuteten natürlich praktisch sehr weitgehende herrschaftliche Rechte über die Bauern. Sie bestanden so lange, als nicht das Ritterheer durch das fürstliche, später kaiserliche, aus Bauern ausgehobene und disziplinierte stehende Heer ersetzt war. Aeußerliche Aehnlichkeit des alten Feudalismus mit dem okzidentalen bestand also, trotz der innerlichen Unterschiede, in weitgehendem Maße. Insbesondere waren die nicht (ökonomisch und durch Waffenübung) Wehrfähigen natürlich von jeher in China ebenso von allen politischen Rechten entblößt wie überall sonst. Und zwar dies sicher schon vor dem Feudalismus. Daß angeblich der Fürst in der Tschou-Zeit das »Volk« vor Kriegen und bei Kapitalstrafen befragt, das heißt: die wehrhaften Sippen, entsprach den bei Bestand eines Heerbanns allgemein herrschenden Zuständen. Vermutlich ist durch das Aufkommen der Kriegswagen die alte Heeresverfassung gesprengt oder obsolet geworden und der erbcharismatische »Feudalismus« zuerst entstanden, der dann auf die politischen Aemter übergriff. Das älteste schon zitierte Dokument über die Verwaltungsorganisation: das Tschou-Li96, zeigt bereits ein stark schematisch konstruiertes97, aber immerhin auf bureaukratisch geleiteter Bewässerung, ebenso geleiteten Spezialkulturen (Seide), Rekrutierungslisten, Statistik, Magazinen ruhendes, sehr rational durch Beamte geleitetes Staatswesen, dessen Realität freilich recht problematisch erscheinen muß, da diese Rationalisierung der Verwaltung auf der anderen Seite, nach der Annalistik, erst als Produkt der Konkurrenz der feudalen Teilstaaten auftrat98. Immerhin mag man glauben, daß der Feudalzeit eine patriarchale Epoche nach Art des »Alten Reichs« in Aegypten vorausging99. Denn hier wie dort ist an dem sehr hohen Alter der – aus der Königsklientel erwachsenen – Wasser-und Baubureaukratie kein Zweifel möglich. Ihre Existenz temperierte von Anfang an den feudalen Charakter der Teilstaatenepoche und lenkte das Denken der Literatenschicht – wie wir sehen werden – immer wieder in die Bahn des verwaltungstechnischen und utilitarischen Bureaukratismus. – Aber für mehr als ein halbes Jahrtausend hat jedenfalls der politische Feudalismus geherrscht.

Eine Periode faktisch so gut wie ganz unabhängiger Lehenstaaten füllte die Zeit vom 9.-3. Jahrhundert vor Chr. aus. Von den in Kürze schon oben berührten Zuständen dieses Feudalzeitalters gibt die Annalistik100 ein immerhin leidlich klares Bild. Der Kaiser war Oberlehensherr; vor ihm stiegen die Vasallen vom Wagen; auf Verleihung durch ihn allein konnten letztlich »rechtmäßige« politische Besitztitel zurück geführt werden. Er erhielt von den Vasallenfürsten Geschenke, deren Freiwilligkeit ihn mit wachsender Ohnmacht in peinliche Abhängigkeit brachte. Er verlieh fürstlichen Rang in Abstufungen. Die Untervasallen hatten keinen direkten Verkehr mit ihm101. Die Entstehung der Lehen aus der Uebergabe einer Burg zur Bewachung, die dann zur Verleihung wurde, ist mehrfach (so für die Entstehung des Lehensstaats Tsin) berichtet. Die Lehen waren in der Theorie im Erbfall neu zu muten und der Kaiser verlieh sie rechtlich nach Ermessen dem qualifizierten Erben; indessen bei einem Konflikt zwischen der Bestimmung des Vaters und der des Kaisers über die Person des Erben gab, nach Bericht der Annalen, der Kaiser nach. Die Größe der Ritterlehen hat wohl geschwankt. Es findet sich in der Annalistik102 die Notiz, daß Lehen 10000 bis 50000 Mou (à 5,26 Ar, also 526-2630 Hektar) mit 100-500 Menschen umfassen sollen. An andren Stellen wird die Stellung eines Kriegswagens auf 1000 Menschen103 als normal gerechnet, nach andren (594 vor Chr.) rechneten 4 Siedlungseinheiten (wohl nicht bestimmter Größe104 – 144 Kriegern, wieder andre (später) rechnen bestimmte Deputate von Kriegswagen, Gepanzerten, Pferden und Proviant (Vieh) auf bestimmte – später meist sehr große – Einheiten105. Die ganze Art der späteren Steuer-, Fron-und Rekrutierungsumlegung knüpfte offensichtlich an diese Ueberlieferungen der Feudalzeit an: auch sie gingen in der älteren Zeit von Wagen- und Ritter-Gestellungen, erst später von der Gestellung der Rekruten für die Armee, Fronarbeitern und Natural-, dann Geldlieferungen aus, wie wir sehen werden.

Gesamtlehen, also Ganerbschaften unter Leitung des Aeltesten106, fanden sich. Die Primogenitur und die Designation des Nachfolgers aus den Söhnen und Anverwandten durch den Herrscher oder durch die höchsten Beamten standen auch im Kaiserhaus nebeneinander. Gelegentlich nahmen die Vasallen die Uebergehung des ältesten Sohnes oder des Sohnes der Hauptfrau zugunsten eines jüngeren oder eines Konkubinensohns zum Anlaß der Auflehnung gegen den Kaiser. Später und bis in die letzte Zeit der Monarchie galt, aus rituellen Gründen, die mit den Ahnenopfern zusammenhingen, die Regel: daß der Nachfolger aus einer dem toten Herrscher gegenüber jüngeren Generationsstaffel gewählt werden solle107. Politisch waren die oberlehensherrlichen Rechte fast auf ein Nichts zusammengeschrumpft. Das war die Folge davon, daß nur die Grenzvasallen: die Markgrafen, Kriege führten, und also: Militärmächte waren, der Kaiser – wohl eben deshalb – zunehmend nur pazifistischer Hierarch.

Der Kaiser war Oberpontifex mit rituellen Vorrechten: die höchsten Opfer zu bringen blieb ihm vorbehalten. Ein Krieg gegen ihn seitens eines Vasallen galt in der Theorie als rituell verwerflich und konnte magische Nachteile bringen, – was nicht hinderte, daß er gegebenenfalls dennoch unternommen wurde. Er beanspruchte, wie im römischen Reich der Bischof von Rom den Vorsitz der Konzilien, so seinerseits für sich oder seinen Legaten den Vorsitz in den von der Annalistik als mehrfach vorgekommen erwähnten Fürstenversammlungen; indessen in der Zeit der Hausmeier-(Protektor-)Macht einzelner großer Vasallen wurde dieser Anspruch mißachtet, (was freilich in den Augen der literarischen Theorie ein ritueller Verstoß war). Solche Fürstenkonzile kamen öfter vor: ein solches von 650 vor Chr. wendete sich z.B. gegen die Entrechtung des wahren Erben, gegen Erbämter, gegen Ämterkumulation, gegen die Todesstrafe bei hohen Beamten, gegen »krumme« Politik, gegen Verkaufsschranken für Getreide und trat für Pietät, Ehrung des Alters und der Talente ein.

Nicht in diesen gelegentlichen Fürstenversammlungen, sondern in der »Kultureinheit« kam die Einheit des Reichs praktisch zum Ausdruck. Und wie im Okzident im Mittelalter, so auch hier war jene Kultureinheit durch drei Elemente repräsentiert: 1. die Einheit der ständischen Rittersitte, 2. die religiöse, das hieß: rituelle Einheit und 3. die Einheit der Literatenklasse. Die rituelle Einheit und die Einheit des Standes der ritterlichen wagenkämpfenden Vasallen, der Burglehensinhaber, äußerte sich in ähnlichen Formen wie im Okzident. Wie dort »Barbar« und »Heide« identisch waren, so galt in China als Merkmal des Barbaren oder Halbbarbaren vor allem die rituelle Unkorrektheit: daß er die Opfer fehlerhaft darbrachte, ließ den Fürsten von Tsin noch weit später als einen Halbbarbaren erscheinen. Ein Krieg gegen einen rituell unkorrekten Fürsten galt als verdienstliches Werk. Auch später ist jede der zahlreichen tatarischen Erobererdynastien Chinas von den Trägern der rituellen Tradition alsbald als »legitim« behandelt worden, wenn sie sich den rituellen Regeln (und damit der Macht der Literatenkaste) korrekt angepaßt hatte. Teils rituellen, teils ritterlich-ständischen Ursprungs waren nun auch diejenigen »völkerrechtlichen« Ansprüche, welche wenigstens die Theorie als Ausdruck der Kultureinheit an das Verhalten der Fürsten stellte. Es findet sich der Versuch, durch eine Fürstenversammlung einen Landfrieden zu vereinbaren. Rituell unkorrekt war nach der Theorie ein Krieg gegen einen in Trauer oder gegen einen in Not befindlichen, namentlich einen durch Hungersnot bedrängten Nachbarfürsten; gegenüber diesem statuierte die Theorie die brüderliche Nothilfepflicht als ein den Geistern wohlgefälliges Werk. Wer seinen Lehensoberen Böses zufügte oder für eine ungerechte Sache focht, gewann keinen Platz im Himmel und Ahnentempel108. Die Ansage von Ort und Zeit der Schlacht galt als Rittersitte. Der Kampf mußte irgendwie zur Entscheidung gebracht werden: »man muß wissen, wer Sieger und Besiegter ist109«, denn der Kampf war Gottesurteil.

Die Praxis der Fürstenpolitik sah freilich in der Regel wesentlich anders aus. Sie zeigte einen rücksichtslosen Kampf der großen und kleinen Vasallen gegeneinander; die Untervasallen benutzten jede Gelegenheit sich selbständig zu machen, die großen Fürsten warteten ausschließlich auf jede Chance, die Nachbarn zu überfallen, und die ganze Epoche war ein Zeitalter von – nach den Annalen zu schließen – unerhört blutigen Kriegen. Die Theorie war gleichwohl nicht bedeutungslos, sondern wichtig als Ausdruck der Kultureinheit. Deren Träger wurden: die Literaten, d.h. die Schriftkundigen, deren sich die Fürsten im Interesse der Rationalisierung ihrer Verwaltung im Machtinteresse in ähnlicher Art bedienten, wie die indischen Fürsten der Brahmanen und die okzidentalen Fürsten der christlichen Kleriker. Noch die Oden aus dem 7. Jahrhundert besingen nicht: Weise und Literaten, sondern: Krieger. Der stolze altchinesische Stoizismus und die völlige Ablehnung der »Jenseits«-Interessen war eine Erbschaft dieser militaristischen Epoche. Aber für 753 wird die Ernennung eines offiziellen Hofannalisten (und das hieß auch: Hofastronomen) im Tsin-Staat erwähnt. Die »Bücher« – Ritualbücher und Annalen (Sammlungen von Präzedenzfällen) – der Fürsten begannen, auch als Beuteobjekte, eine Rolle zu spielen110 und die Bedeutung der Literaten stieg sichtlich. Sie führten die Rechnungen und die diplomatische Korrespondenz der Fürsten, von welcher die Annalistik zahlreiche (vielleicht als Paradigmata redigierte) Beispiele erhalten hat; sie gaben die meist recht »machiavellistischen« Mittel an, auf kriegerischem und diplomatischem Wege die Nachbarfürsten zu überwinden, schmiedeten die Allianzen und sorgten für die Kriegsbereitschaft. Vor allem durch rationale Heeresorganisation, Magazin-und Steuerpolitik: es ist offenbar, daß sie als Rechnungsführer der Fürsten dazu befähigt waren111. Die Fürsten suchten sich gegenseitig in der Wahl der Literaten zu beeinflussen, sie sich abspenstig zu machen, die Literaten ihrerseits korrespondierten miteinander, wechselten den Dienst, führten oft eine Art von Wanderleben112 von Hof zu Hof wie etwa okzidentale Kleriker und Laienintellektuelle des ausgehenden Mittelalters. Sie fühlten sich als eine ebenso einheitliche Schicht wie diese.

Die Konkurrenz der Teilstaaten um die politische Macht entband die Rationalisierung der Wirtschaftspolitik der Fürsten113. Sie war das Werk jener Literatenschicht. Ein Literat: Yong, gilt als Schöpfer der rationalen inneren Verwaltung, ein anderer, Wei Jan, als Schöpfer der rationalen Heeresverfassung in demjenigen Teilstaat, der später alle anderen überflügelte. Große Volkszahl und vor allem: Reichtum – des Fürsten wie seiner Untertanen – wurde hier wie im Okzident als Machtmittel politisches Ziel114. Wie im Okzident, so hatten auch hier die Fürsten und ihre literarisch-rituellen Berater den Kampf vor allem gegen ihre eigenen Untervasallen zu führen, von deren Renitenz ihnen das gleiche Schicksal drohte, welches sie ihren eigenen Lehensherren bereitet hatten. Fürstenkartelle gegen die Subinfeudation, die Festlegung des Grundsatzes durch die Literaten: daß die Erblichkeit einer Beamtenstelle rituell anstößig und daß Nachlässigkeit in der Ausführung der Amtspflicht magische Nachteile (frühen Tod) nach sich ziehe115, kennzeichnen die Verdrängung der alten Verwaltung durch Vasallen und also: durch die charismatisch qualifizierten großen Familien, zugunsten der Beamtenverwaltung. Schaffung von fürstlichen Leibgarden116, fürstlich equipierten und verpflegten Heeren mit Offizieren statt der Vasallenaufgebote brachten in Verbindung mit der Steuer- und Magazinpolitik die entsprechende Umwälzung auf militärischem Gebiet. Der ständische Gegensatz der großen charismatisch qualifizierten Sippen: derjenigen, welche dem Fürsten auf ihren Kriegswagen mit ihrem Gefolge in das Feld folgten, gegenüber dem gemeinen Volk, wird in der Annalistik überall als selbstverständlich vorausgesetzt. Es bestanden feste Kleiderordnungen117; die »großen Familien« suchten durch Ehepolitik118 ihre Stellung zu sichern und auch die rationalen Ordnungen der Teilstaaten, z.B. diejenigen Yongs im Tsin-Staate, hielten die Ständescheidung fest. »Edle« und Volk werden stets geschieden, – wobei jedoch deutlich hervortritt: daß unter »Volk« freie, nur von der Lehenshierarchie, dem Ritterkampf und der Ritterbildung ausgeschlossene Plebejersippen, nicht etwa: Hörige, zu verstehen sind. Es findet sich119 eine von den Edlen abweichende politische Stellungnahme des »Volks«. Immerhin wird sich uns später zeigen, daß die Lage der Masse der Bauern prekär war und erst die Entwicklung der Patrimonialstaaten hier wie überall die Fürsten mit den nicht privilegierten Schichten gegen den Adel zusammenführte.

Der Kampf der Teilstaaten verringerte deren Zahl zunehmend auf einen immer kleineren Kreis rational verwalteter Einheitsstaaten. Schließlich gelang es im Jahre 221 dem Fürsten von Tsin, nach Verdrängung der nominellen Dynastie und aller andern Vasallen als »erster Kaiser« ganz China dem »Reich der Mitte«, dem Patrimonium des Herrschers, einzuverleiben, d.h. der eigenen Beamtenverwaltung zu unterstellen. Eine echte »Selbstherrschaft«, unter Beseitigung des alten feudalen Kronrats, mit zwei Großwesiren (nach Art der praefecti praetorio), Scheidung der Militär- von den Zivilgouverneuren (nach Art der spätrömischen Institutionen), beide überwacht von fürstlichen Aufsichtsbeamten (nach persischer Art), aus denen später die reisenden »Zensoren« (missi dominici) entwickelt wurden, und streng bureaukratische Ordnung mit Avancement nach Verdienst und Gnade bei allgemeiner Zulassung zum Amt traten an die Stelle der alten theokratisch-feudalen Ordnung. Für diese »Demokratisierung« des Beamtentums wirkte dabei nicht nur das überall wirksam gewesene natürliche Bündnis des Selbstherrschers mit den Plebejerschichten gegen die ständisch Vornehmen, sondern auch ein finanzielles Moment: Es ist, wie schon bemerkt, kein Zufall, daß die Annalistik diesem »ersten Kaiser« (Schi Hoang Ti) die erstmalige Praktizierung des Aemter verkaufs zuschreibt. Dieser mußte ja die Folge haben: bemittelte Plebejer in die Staatspfründen zu bringen. Indes der Kampf gegen den Feudalismus war prinzipiell. Alle Verlehnung politischer Macht, auch innerhalb der Sippe des Kaisers, wurde verboten. Die ständische Gliederung blieb zwar unangetastet120. Aber mit der Etablie rung einer festen Aemterhierarchie, für welche die Vorstufen schon in einigen der Teilstaaten geschaffen worden waren, steigerte sich die Chance des Aufstiegs von Beamten niederer Herkunft. Tatsächlich setzte sich das neue Kaisertum gegen die feudalen Gewalten mit Hilfe plebejischer Mächte durch. Bis dahin war Leuten plebejischer Abkunft der Aufstieg zu politischem Einfluß nur innerhalb der Schicht der Literaten unter besonderen Umständen möglich gewesen. Es finden sich in den Annalen der Teilstaaten seit dem Beginn der Rationalisierung der Verwaltung Beispiele von fürstlichen Vertrauensmännern armer und unedler Abkunft, welche ihre Stellung nur ihrem Wissen verdankten121, und die Literaten beanspruchten kraft dieser ihrer Fähigkeiten und der Beherrschung der Riten für die höchsten Aemter den Vorzug selbst vor den nächsten Angehörigen der Fürsten122. Aber nicht nur war diese Stellung von den großen Vasallen nicht unbestritten, sondern in aller Regel fand sich der Literat in einer unoffiziellen Stellung, als eine Art von Minister ohne Portefeuille oder, wenn man will, von »Beichtvater« des Fürsten, und im Kampf mit dem Lehensadel, der hier, wie auch im Okzident, die Heranziehung von Fremden bei der Besetzung der Aemter, welche er selbst zu monopolisieren trachtete, bekämpfte. In den ersten Jahren Schi Hoang Ti's – im Jahre 237, noch vor Einigung des Reichs – findet sich denn auch eine Austreibung der fremdbürtigen Literaten (und Händler) berichtet. Aber die Machtinteressen des Fürsten führten ihn zunächst zum Widerruf dieser Maßregel123 und sein erster Minister blieb seitdem ein Literat, der sich selbst als Parvenu niederer Abkunft bezeichnet. Nach der Einigung des Reichs aber wendete sich der rationale traditionsfeindliche Absolutismus des Selbstherrschers – wie er auch in seinen Inschriften deutlich zutage tritt124 – mit Wucht auch gegen die soziale Macht der Bildungsaristokratie der Literaten. Das Altertum sollte nicht über die Gegenwart und seine Interpreten nicht über den Monarchen herrschen: »der Kaiser ist mehr als das Altertum«125. In einer gewaltigen Katastrophe suchte er – wenn wir der Ueberlieferung glauben können – die gesamte klassische Literatur und den Literatenstand selbst zu vernichten. Die heiligen Bücher wurden verbrannt und angeblich 460 Literaten lebendig begraben. Das damit inaugurierte Hereinbrechen des reinen, auf persönliche Günstlinge ohne Rücksicht auf Herkunft oder Bildung sich stützenden, Absolutismus kennzeichnete die Ernennung eines Eunuchen zum Großmeister des Haushalts126 und zum Lehrer des zweiten Sohnes, den nach dem Tode des Kaisers der Eunuch in Gemeinschaft mit dem Parvenuliteraten gegen den ältesten Sohn und den Kommandierenden des Heeres auf den Thron hob. Die von der Bildungsaristokratie der Literaten fortan durch alle Jahrhunderte des Mittelalters mit wechselndem Erfolg stets bekämpfte Günstlingswirtschaft des reinen orientalischen Sultanismus mit ihrer Verbindung von ständischer Nivellierung und absoluter Autokratie schien nun über China hereinzubrechen. Der Kaiser hatte, als Ausdruck der Stellung, die er beanspruchte, den alten Namen »Volk« (Min) für die Gemeinfreien beseitigt und den Namen Kien tscheu, »Schwarzköpfe«, sicherlich gleichbedeutend mit: »Untertanen«, an die Stelle gesetzt. Die kolossale Anspannung der Fronlasten127 für die kaiserlichen Bauten erforderte die rücksichtslose ungefesselte Disposition über die Arbeitskräfte und Steuerkräfte128 des Landes, nach Art des pharaonischen Reichs. Andererseits wird von dem unter Schi Hoang Ti's Nachfolger allmächtigen Palasteunuchen ausdrücklich berichtet129, daß er empfohlen habe, die Herrscher sollten sich mit dem »Volk« verbinden und die Aemter ohne Rücksicht auf Stand oder Bildung vergeben; es sei jetzt die Zeit, wo der Säbel herrschen müsse, nicht aber feine Manieren: ganz dem typischen orientalischen Patrimonialismus entsprechend. Der Kaiser wehrte andrerseits den Versuch der Magier130 ab, ihn – unter dem Vorwand der Erhöhung seines Prestiges – »unsichtbar« zu machen, d.h. wie den Dalai Lama zu internieren und die Verwaltung ganz in die Hände der Beamten zu legen, behielt sich vielmehr die »Selbstherrschaft« im eigentlichsten Sinn vor.

Die gewaltsame Reaktion gegen diesen schroffen Sultanismus kam gleichzeitig teils von seiten der alten Familien, teils von seiten des Literatenstandes, teils von seiten des durch die Schanzarbeit erbitterten Heeres und der durch Rekrutierung, Fronden und Abgaben überlasteten Bauernsippen unter der Führung von Männern niederer Herkunft131. Nicht die vornehmen Schichten aber, sondern ein Parvenu errang den Sieg, stürzte die Dynastie und begründete, während das Reich zunächst wieder in Teilstaaten zerfiel, die Macht der neuen Dynastie, welche das Reich wieder einte. Aber der Erfolg fiel schließlich doch wiederum den Literaten zu, deren rationale Wirtschafts- und Verwaltungspolitik auch diesmal für die Herstellung der Kaisermacht ausschlaggebend und der von ihnen stets bekämpften Günstlings- und Eunuchenverwaltung damals technisch überlegen war. Vor allem wirkte aber das gewaltige Prestige ihrer Ritual- und Präzedenzienkenntnis und ihrer – damals noch eine Art von Geheimkunst bildenden – Schriftkunde entscheidend in dieser Richtung.

Schi Hoang Ti hatte Einheit der Schrift, des Maßes und Gewichtes, der Gesetze und Verwaltungsreglements geschaffen oder doch erstrebt. Er rühmte sich, den Krieg abgeschafft132 und Frieden und innere Ordnung gestiftet, dies alles durch »Arbeit Tag und Nacht« erreicht zu haben133. Von der äußeren Einheitlichkeit blieb nicht alles erhalten. Aber das Wichtigste war die Abschaffung des Feudalsystems und die Durchführung eines Regiments von durch persönliche Eignung qualifizierten Beamten. Als Frevel an der alten theokratischen Ordnung von den Literaten verwünscht, wurden diese patrimonialistischen Neuerungen doch von der Restauration der Han Dynastie beibehalten und kamen schließlich nur den Literaten zugute.

Rückschläge in den Feudalismus sind auch weit später noch eingetreten. In der Epoche Se Ma Tsien's (2. Jahrhundert vor Chr.), unter den Kaisern Tschu fu yen und U, mußte der neuerstandene Feudalismus abermals niedergeworfen werden, der zuerst aus der Verlehnung von Aemtern an kaiserliche Prinzen wieder entstanden war. Zunächst wurden kaiserliche Ministerresidenten an die Höfe der Vasallen zur Ueberwachung geschickt, dann die Ernennung aller Beamten an den kaiserlichen Hof gezogen, dann (127 vor Chr.) die Erbteilung der Lehen verfügt, um die Macht der Vasallen zu schwächen, schließlich (unter U) niedrig Geborenen (darunter einem gewesenen Schweinehirten) die bisher vom Adel beanspruchten Hofämter verliehen. Gegen die letzte Maßregel opponierte der Adel heftig, die Literaten aber setzten (124 vor Chr.) durch, daß ihnen die hohen Aemter vorbehalten blieben. Wir werden später sehen, wie in diese für Chinas politische und kulturliche Struktur entscheidenden Kämpfe der Gegensatz der konfuzianischen Literaten gegen den – damals mit den Aristokraten, später mit den Eunuchen verbündeten, literatenfeindlichen und der Volksbildung im Interesse ihrer Magie abgeneigten – Taoismus hineinspielte. Zum endgültigen Austrag kam der Kampf auch damals nicht. In der Standesethik des Konfuzianismus wirkten feudale Reminiszenzen stark nach. Für Konfuzius selbst darf als unausgesprochene, aber selbstverständliche, Voraussetzung unterstellt werden: daß die klassische Bildung, welche er als entscheidende Voraussetzung der Zugehörigkeit zum Herrenstande verlangte, der Tatsache nach auf die herrschende Schicht der überlieferten »alten Familien« beschränkt sei, zum mindesten der Regel nach. Auch der Ausdruck: Kiün tse, »fürstlicher Mann«, für den konfuzianisch Gebildeten stammt – ursprünglich den »Helden«, aber allerdings schon bei Konfuzius selbst den »Gebildeten« bedeutend – aus der Periode ständischer Herrschaft jener erbcharismatisch zur politischen Gewalt qualifizierten Sippen. Immerhin konnte dem neuen Prinzip des »aufgeklärten« Patrimonialismus: daß das persönliche Verdienst, und nur dieses, zu den Aemtern, einschließlich selbst des Herrscheramts, qualifiziere, die Anerkennung nicht ganz wieder entzogen werden134. Die feudalen Bestandteile der sozialen Ordnung traten immer stärker zurück, und in allen wesentlichen Punkten wurde doch der Patrimo nialismus135, wie sich zeigen wird, die für den Geist des Konfuzianismus grundlegende Strukturform.

86.Wegen der Macht der Ahnengeister charismatischer Sippen scheint man sich oft geradezu gescheut zu haben, unterworfene Häuptlingsfamilien ganz des Landes zu berauben (E. H. Parker, Ancient China simplified, London 1908, p. 57). Im übrigen erklärt aber auch umgekehrt diese sippencharismatische Bedingtheit der Lehen- und Pfründenchancen die starke Stellung der Ahnengeister, wennschon sie nicht etwa ihre einzige Quelle war.
87.»Eine Familie schätzt man nach dem Alter, einen Gebrauchsgegenstand nach der Neuheit«, sagt ein Spruch im Schu-king.
88.Vgl. für die Daten: Fr. Hirth, The ancient Hist. of China, New York 1908. Uebersetzung der »Bambus«-Annalen von Biot im Journ. Asiat. 3e Série vol. XII p. 537 ff., XIII p. 381 ff. Ueber die Inschriften der Bronzevasen und die Oden des Schu-king als Quellen der Periode vom 18.-12. Jahrhundert v. Chr. Frank H. Chalfant, Early Chinese Writing, Mem. of the Carnegie Mus. (Pittsburgh) IV Sept. 1906.
89.S. dazu Chavannes Journ. As. X, Ser. 14, 1909, p. 33, Note 2.
90.S. Kun-Yu (Discours des Royaumes) ed. de Harlez Louvain 1895, p. II, V. 110.
91.S. Se Ma Tsien's Biographie Schi-Hoang-Ti's ed. Chavannes (1897) p. 139.
92.Yu tsiuan tung kian kong mu (Ming-Annalen) redigiert von Kaiser Kian Lung, übers. v. Delamarre h. a.
93.Nämlich damals: vom Graduierten, deshalb vor Fronden und Stockhieben Geschützten, zum Fronpflichtigen.
94.S. Chavannes' Ausgabe von Se Ma Tsien d. II App. I, p. 526, Note 1.
95.Se Ma Tsien's Biographie Schi Hoang Ti's, ed. Chavannes p. 149, Anm.
96.Uebersetzt von Biot: Le Tscheou-li, ou rites des Tscheou, 2 Bde. Paris 1851. Angeblich stammt es aus der Regierung Tschong Wangs, 1115 bis 1079 v. Chr. Es wird nur in seinem Kern für »echt« gehalten.
97.In den Bezeichnungen des Hausmeiers, Ackerbauministers, Zeremonienmeisters, Kriegsministers, Justizministers, Arbeitsministers als: Minister des Himmels, der Erde, des Frühlings, Sommers, Herbstes, Winters wohl zweifellos Literatenprodukt. Auch die Voraussetzung eines »Budgets«, welches der Himmelsmandarin feststellt, ist sicher unhistorisch.
98.Se Ma Tsien hat uns die tatsächliche Verwaltungsorganisation der Tsin und Han aufbewahrt (s. dieselbe in T. II der von Chavannes besorgten Ausgabe von Se Ma Tsien App. II). Neben 2 Veziern stand darnach (bis auf Kaiser U) der Tai Wai als Militärchef der Generäle; der Tschong Tscheng als Kanzler und Vorgesetzter der Missi dominici und Provinzialbeamten; der fong tscheng für den Opferkult, zugleich Groß-Astrologe, Groß-Augur, Groß-Arzt und – charakteristischerweise – verantwortlich für Deiche und Kanäle; dann die posche (Literaten); der lang tschong ling: Palastintendant; der wei wei: Palastgardenchef; der tai pu: Rüstkämmerer; der ting wei: Chef der Justiz; dertien ko: Chef der Vasallen und Barbarenfürsten; der tsong tscheng: Aufseher der kaiserlichen Familie; der tsche su nei sche: Magazinaufseher (und daher Minister für Ackerbau und Handel); der schao fu: Chef des kaiserlichen Haushalts (unter ihm der schang schu, ein Eunuch); der tschong wei: Chef der hauptstädtischen Polizei; der tsiang tso schao fu: Bau-Intendant; der tschong sche: Vorsteher des Hauses der Kaiserin und des Thronfolgers; der nei sche: Präfekt der Hauptstadt; der später mit dem tien ko (s. o.) vereinigte tschu tsio tschong wei: Kontrolleur der Vasallen. Man sieht, diese Liste weist – sehr im Gegensatz zu den rationalen und deshalb historisch nicht sehr glaubhaften Konstruktionen des Tschou li – alle Irrationalitäten eines aus der häuslichen, rituellen und Militär-Verwaltung durch Hinzutritt von Justiz-, Wasserwirtschafts- und rein politischen Interessen herausgewachsenen Patrimonialbeamtentums auf.
99.»Patriarchal« aber natürlich nicht im sultanistischen Sinn, sondern im Sinn des erbcharismatischen Sippen patriarchalismus mit überragender Macht eines vielleicht zuerst durch Designation (welche auch die klassischen Bücher an den Anfang stellen), dann erbcharismatisch überlieferten Ritualpontifex.
100.Zugänglich durch (teilweise) Uebersetzung sind vor allem die Annalen Se Ma Tsien's (1. Jahrh. vor Chr., hrsg. von Chavannes). Zusammenstellungen der aus den Annalen zu entnehmenden politischen Entwicklung der Feudalstaaten von Tsin, Han, Wei, Tschao und U von P. Tschepe (S. 7) a.a.O. (trotz der unvermeidlichen, oft etwas naiv wirkenden, »christlichen« Betrachtungen brauchbar). Wenn Tschepe ohne Zusatz zitiert ist, sind die Tsin-Annalen gemeint. Dazu die schon mehrfach zitierten »Discours des royaumes«.
101.Dieser politisch höchst wichtige Grundsatz für die fu yung (Untervasallen) erklärt sich am ungezwungensten aus dem Hervorgehen vieler politischer Vasallen aus ursprünglich selbständigen, dann tributär gewordenen Fürsten. Die Gaben der Vasallen selbst an den Kaiser galten – außer der pflichtmäßigen Militärhilfe – als freiwillig und der Kaiser hatte die Pflicht, sie durch Gegengaben zu entgelten. (Vgl. über diese Verhältnisse E. H. Parker, Ancient China simplified, London 1908, p. 144 f.)
102.Zitiert bei P. Alb. Tschepe (S. J.), Hist. du Royaume de Tsin, 777-207.
103.Nämlich auf 1000 Salzkonsumenten im Staat Tsin, der zuerst rationalisiert wurde, nach Hirths Interpretation (in dessen Ancient History of China, New York 1908) einer Stelle bei Kuan Tse.
104.Denn die Angaben bei E. H. Parker, Ancient China simplified (Lond. 1908) p. 83 scheinen nicht annehmbar.
105.Davon wird bei Besprechung der Bodenbesteuerung noch die Rede sein.
106.Es war die rituelle Stellung der jüngeren Söhne zugunsten des Aeltesten eine geminderte. Sie galten nicht mehr als »Vasallen«, sondern als Beamte (Ministerialen) und opferten nicht an dem großen alten Ahnenaltar der Familie, sondern an Seitenaltären (s. Se Ma Tsiens Traktat »Riten« Vol. III der Ausgabe von Chavannes).
107.Dies hatte die Folge, daß in den letzten Jahrzehnten der Monarchie ein Minderjähriger auf den andern als Kaiser folgte und teils ein Verwandter (Prinz Kung), teils Kaiserinnen-Witwen die Regierung führten.
108.Tschepe a.a.O. p. 54.
109.Tschepe a.a.O. p. 66.
110.Die technische Beschaffenheit dieser alten »Bücher« muß hier ganz dahingestellt bleiben. Papier ist erst ein weit späteres (Import-)Produkt. Aber geschrieben und gerechnet wurde längst vorher und zweifellos lange vor Konfuzius. Die später zu erwähnende Annahme v. Rosthorns, daß die Ritual-»Literatur« mündlich überliefert worden und der »Bücher brand« daher eine Legende sei, scheint von de Groot, der diesen noch in seinem letzten Werk als Tatsache annimmt, nicht anerkannt zu werden.
111.Die Annalistik (Tschepe a.a.O. p. 133) bewahrt Berechnungen der Militärkraft der einzelnen Teilstaaten anläßlich eines Allianzplans auf. Darnach sollte z.B. ein Areal von 1000 Quadrat-Li (1 Li = 537 Meter) 600 Kriegswagen, 5000 Pferde, 50000 Mann (davon 10000 Train, der Rest Kämpfer) haben stellen können. Ein (angeblicher) Lastenreformplan aus dem 12. Jahrh. vor Chr. (vermutlich – nach vorderasiatischen Analogien – einige Jahrhunderte nach der Zeit der Einführung des Kriegswagens) verlangte von der gleichen Fläche 10000 Kriegswagen.
112.Vgl. Tschepe a.a.O. p. 67.
113.Die Teilstaatenepoche war eine Zeit sehr starken Patriotismus, besonders in den Grenzstaaten gegen die Barbaren (vor allem: Tsin). Als der Tsin-König in Gefangenschaft geraten war, brachten »2500« Familien durch Subskription die Mittel zur Fortführung des Krieges auf. Der Versuch eines Han-Kaisers im Jahre 112 n. Chr., bei schwerer Finanzlage auf eine solche »Kavaliersanleihe« zu greifen – wie sie bekanntlich noch im leopoldinischen Oesterreich des 17. Jahrhunderts vorkamen – scheint dagegen einen schwachen Erfolg gehabt zu haben.
114.Tschepe a.a.O. p. 142.
115.Beides in dem Vortrag eines Literaten, wiedergegeben bei Tschepe a.a.O. p. 77.
116.Tschepe a.a.O. p. 61.
117.Tschepe a.a.O. p. 59.
118.Tschepe a.a.O. p. 14.
119.Tschepe p. 38.
120.»Edle und Volk halten sich in den Schranken ihres Ranges« sagt der Kaiser in einer in den Annalen überlieferten Inschrift (Tschepe a.a.O. p. 261). In einer andern werden »Edle, Beamte und Volk« unterschieden.
121.S. die später zu erörternde Stelle bei Tschepe, Hist. du R. de Han, Var. Sinol. 31 p. 43 (für das Wei-Fürstentum im Jahre 407 v. Chr.).
122.a.a.O. (vorige Anmerkung).
123.Die Tradition läßt den Literaten Li-se, den seither allmächtigen Minister, die Bedeutung der Literaten (und der Fremdbürtigen, auch der Kaufleute, überhaupt) für die Fürstenmacht in einer Denkschrift darlegen (Tschepe a.a.O. p. 231).
124.Z.B. in der von Se Ma Tsien in seiner Biographie (ed. Chavannes T. V, p. 166) aufbewahrten: alles Handeln gegen die Vernunft sei verwerflich. Zahlreiche andere Inschriften (ebendort wiedergegeben) rühmen die rationale Ordnung, die der Kaiser im Reiche hergestellt habe. – Dieser »Rationalismus« hinderte ihn nicht, nach dem Unsterblichkeitselixir suchen zu lassen.
125.Ausspruch Schi Hoang Ti's, überliefert in seiner Biographie von Se Ma Tsien (ed. Chavannes T. II, p. 162). Uebrigens war, – wie später zu besprechen sein wird, – die Meinung der Literatenminister in den Teilstaaten und selbst noch die Meinung Wang An Schi's (11. Jahrhundert nach Chr.) grundsätzlich nicht immer einer ähnlichen Auffassung abgeneigt.
126.Die Eunuchenwirtschaft findet sich, scheint es, erstmalig im 8. Jahrhundert v. Chr.
127.Die Zahl der an der großen Mauer Frondenden wird auf 300000 (?) angegeben, noch höhere Zahlen finden sich für die Fronlast im ganzen. Zwar ist die große Mauer im Lauf von langen Zeiträumen entstanden (da sie nach der Rechnung von Elisée Reclus mindestens 160 Millionen Kubikmeter aufgemauertes Massiv umfaßt, ließe sich die erforderliche Arbeit wohl abschätzen).
128.Für diese kam namentlich die Heranschaffung des erforderlichen Proviants für die fronenden Soldaten und Sträflinge in Betracht. Die Annalistik berechnete (Tschepe a.a.O. p. 275), daß auf dem Transport bis zur Konsumstätte 18200% Kosten entstanden seien (von je 182 Ladungen sei, infolge des Verzehrs unterwegs, immer nur eine an den Bestimmungsort gelangt, eine natürlich nur für einen Einzelfall vielleicht einmal zutreffende Angabe).
129.Tschepe p. 363 f. Der Eunuch selbst war aus vornehmer, aber vorbestrafter Familie.
130.Von diesem Versuch berichtet die Annalistik, insbesondere Se Ma Tsien in seiner Biographie Schi Hoang Ti's (ed. Chavannes, II, p. 178) einiges. »Meister Lu«, ein Taoist, den er mit dem Aufsuchen des Unsterblichkeitskrauts betraut hatte, scheint der Urheber des Plans gewesen zu sein. Der »echte Mensch«, hieß es, »verberge sich und zeige sich nicht« (eine besondre Art von Anwendung gewisser später zu besprechender Grundsätze Lao tse's). Aber Schi Hoang Ti regierte tatsächlich selbst und es war die Klage der »Weisen« aller Richtungen, daß sie von ihm nicht gebührend vorher befragt würden (p. 179 1. c.). Erst der Nachfolger, Eul schi hoang ti, lebte als »tschen«, »Verborgener«, unter der Obhut seines Günstlings, erteilte aber infolgedessen auch seinerseits den Beamten keine Audienz (p. 266 1. c.): die typische Klage der Konfuzianer, wenn die Taoisten und Eunuchen (beide meist verbündet, worüber später) herrschten. Sein Sturz brachte schon unter dem Gründer der Han-Dynastie die »Gefolgschaft«, d.h. die Feudalherren, wieder ans Ruder, obwohl die gesamte Bureaukratie Schi Hoang Ti's bestehen blieb und, vor allem, der Literateneinfluß wieder hergestellt wurde.
131.Tschen-tschu, der Führer der Heeresrevolte, war Arbeiter, Liu kang, der Führer der Bauern und Gründer der Han-Dynastie, Feldwächter eines Dorfs. Ein Bund seiner Sippe mit andern Bauernsippen bildete den Kern seiner Macht.
132.Tschepe p. 259 f. (angebliche Inschrift).
133.Tschepe p. 267 f.
134.Freilich setzte es sich äußerst langsam und unter fortwährenden Rückschlägen selbst rein theoretisch durch. Wie es in der Praxis stand, davon ist später zu reden.
135.Es tritt in der Annalistik (vgl. Tschepe p. 67 und oft, auch in den früher zitierten Stellen) sehr deutlich der Gegensatz zu den Vasallen und deren Haß und Verachtung gegen die von Hof zu Hof wandernden Scholaren zutage. Vgl. die Auseinandersetzung Yong's mit den Großen des Hofs des Fürsten Hiao Kong bei Tschepe p. 118.

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19 ağustos 2024
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