Kitabı oku: «Goldstück-Variationen», sayfa 10

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22. März

Bei der Mainzer Fastnacht im vergangenen Jahr sagte ein Redner namens Hans-Peter Betz: »Die AfD ist die Bremsspur in der Unterhose Deutschlands« und fluchte, einmal in Sportpalaststimmung gekommen, über die »braunen populistischen Kanalratten«. Ein anderer drohte: »In dem Europa, was wir uns wünschen, habt ihr keinen Platz. Packt Eure Koffer, ihr Geschichtsfälscher, ihr Kleingartenfaschisten, und macht euch auf die Reise.«

Ist das nun weniger schlimm, gleich schlimm oder schlimmer als die »Kümmeltürken«, das »Gesindel« und die »Kameltreiber« aus dem Munde des André Poggenburg? Bestimmt weniger schlimm, weil korrekt adressiert. Köterrasse und so. Der Unterschied zwischen derbem Witz und Hetze darf nämlich nicht nur an Begriffen festgemacht werden, entscheidend ist, wer gegen wen spricht. Meint zumindest die öffentliche bzw. veröffentlichte Meinung, wie speziell dieser Vergleich gezeigt hat.

Natürlich ist die Wortwahl in beiden Fällen abstoßend, aber offenbar müssen bei solchen Veranstaltungen Affekte bedient werden, die unsereiner nicht kennt, geschweige versteht. Darüber hinaus sind dergleichen Flegeleien objektiv desto unangenehmer, je weniger Widerstand sie hervorzurufen vermögen, je stärker sie auf Zustimmung zählen können, je mehr Menschen ihnen applaudieren. Das eigentlich Widerliche bei Figuren wie Betz ist ihr quietschender Opportunismus. Hier kommt jene Mentalität zum Zuge, die beflissen noch ein Stück Holz zum Scheiterhaufen beisteuert und vorgibt, ein gutes Werk zu tun. Ich bin geneigt, das noch unangenehmer zu finden als die Pöbeleien des AfD-Mannes. Die Mehrheit hat nicht zwingend Unrecht, aber sie ist zwingend abstoßend.


Ein Retrospektivlein noch. Uwe Tellkamps Erklärung, 95 Prozent der Migranten seien Einwanderer in die Sozialsysteme, nur fünf Prozent wirkliche Flüchtlinge, ist hinreichend begreint, aber nicht widerlegt worden. Auch da gab es im vergangenen Jahr eine Nachricht, auf die ich bei der Fahnenkorrektur gestoßen bin (wie gut ist es doch, eine Chronik zu besitzen!): »Fewer than 3% of migrants who reached Italy after crossing the Mediterranean in 2016 were deemed refugees, UN report shows«, meldete Daily Mail online am 25. April 2017, »UN said 181,436 migrants arrived in Italy last year, mostly across Mediterannean. Only 4,808 were granted asylum in Italy and 90,334 became ›clandestini‹.«

26. März

Liebe Kinder, unseren heutigen Thementag wollen wir unter das Motto stellen: Wer sich extrem auf das geltende Recht beruft, ist wahrscheinlich rechtsextrem. Zum Mitschreiben: Recht = rechts. Herz gibt es nur links.


Wie wir an den beiden Wochenend-Demonstrationen bzw. -Manifestationen zu Kandel, Rheinland-Pfalz, neuerlich studieren durften, läuft hierzulande in Sachen Buntheit kaum etwas ohne den Schwarzen Block. Verlässlich versuchte die Lückenpresse, den »Kandel ist überall«-Demonstranten, die daran Anstoß nehmen, dass ein juveniler afghanischer Schutzsuchender seine Beutefreundin totgemessert hat – also strenggenommen nehmen sie daran Anstoß, dass solche rustikalen Bräuche regierungsoffiziell importiert werden –, verlässlich versuchte die Presse, den Demonstranten die Etiketten »rechts« und »extrem« anzupappen und die ebenso verlässlichen Ausschreitungen der Linken in eine letztlich verständliche Empörung umzuinterpretieren. »Was das kostet«, zitiert etwa die FAZ eine ansässige Verkäuferin. »Und was man mit dem Geld für die Integration tun könnte …«. Die »Zeitung für Deutschland« erklärt: »Sie meine damit das große Polizeiaufgebot, das sichern soll, dass die Demonstration friedlich bleibt, aber auch die Maßnahmen des Ordnungsamtes, den Aufwand, den die Stadt Kandel betreiben muss, um sich instrumentalisieren zu lassen.« Mit der Demonstration, die mit Hilfe und Hege eines großen Polizeiaufgebots friedlich bleiben soll, meint die FAZ-Schreiberin übrigens die »Kandel ist überall«-Demonstration, die friedlich ablief, weil es normale Bürger sind, die dort mitlaufen. Das große Polizeiaufgebot folgt tatsächlich der empirisch über Jahre gewonnenen Erkenntnis: Die Gefährlichkeit einer rechten Kundgebung bemisst sich an der Zahl der dabei von Linksextremisten verletzten Personen. Die mutwillige, wider besseres Wissen fabrizierte Verdrehung von Ursache und Wirkung seitens der FAZ-Scheiberin ist natürlich Lumpenpresse par excellence. »Was die richtige Reaktion auf die rechten Kräfte ist«, setzt sie ihren ADN-Kommentar fort, »auf diese Frage haben die Bewohner Kandels noch keine abschließende Antwort gefunden.«

Was wohl im Wesentlichen damit zusammenhängt, dass sie gar nicht gefragt werden. Das bunte Bündnis »Wir sind Kandel« wurde überwiegend aus umliegenden Landesteilen in die Kleinstadt gekarrt – auf wessen Kosten, wird hoffentlich eine Kleine Anfrage der AfD im Landtag klären. Nichtstaatlich organisierte Demos und Initiativen kommen inzwischen nur noch von »rechts«; Vera Lengsfeld, die noch mehr als ich aus der Zukunft stammt, konstatiert die »Rückkehr der staatlich verordneten Demonstrationen«. Den engagierten Gratisreisenden konnte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) dann beschwingt zurufen, sie werde es nicht genehmigen, dass der Tod einer 15-Jährigen »instrumentalisiert« werde, die Landesregierung stehe an der Seite der Bürger, die für ein »weltoffenes, liberales und gewaltfreies Miteinander« einträten und dergleichen Kandelgelaber mehr. Als sie weg war, apropos gewaltfreies Miteinander und was das kostet, legte die Antifa los, während von den schlimmen Merkel-Gegnern wie immer keine Gefahr und erst recht keine Gewalt ausging.


Der Staatsrechtler Ulrich Vosgerau hat in einem Cicero-Essay mit dem prägnanten Titel »Die Herrschaft des Unrechts« im Herbst 2015 jene Zustandsbeschreibung formuliert, die später von Horst Seehofer popularisiert wurde, ohne dass der bayerische Ministerpräsident an besagtem Unrecht irgendetwas zu ändern gedachte; beides, die Rüge und das Nichtstun, war sicherlich mit der Kanzlerin vorher so abgesprochen. Nun fasst Vosgerau in einem handlichen Buch, für dessen Zusendung ich kalten Herzens danke, noch einmal die geltende Rechtslage in der Asylfrage zusammen. Da viele Menschen, sofern sie schon länger hier leben, verunsichert sind und nicht wissen, was sie nun glauben sollen, gestatte ich mir, die Situation aus der Sicht des Rechtsstaatsfundamentalisten (= Rechts-Extremisten) zu referieren.

Erstens: Der außerhalb der Problemgebiete viele Herzen wärmende Satz »Asyl kennt keine Obergrenze« ist falsch. »Bei dem Individualgrundrecht auf Asyl handelt es sich nicht um ein Abwehrrecht – ein reines Abwehrrecht würde in der Tat keine Obergrenze kennen, z.B.: willkürliche Einkerkerung ist immer verboten, unabhängig davon, ob der Staat einen oder tausend Menschen willkürlich einkerkern will –, sondern um ein Leistungsrecht.« Wer Asyl beantrage, wolle nicht vom Staat in Ruhe gelassen werden, sondern verlange etwas von ihm. Jedes Leistungsrecht unterliege einem stillschweigenden »Vorbehalt des Möglichen«. Wenn mehr Menschen studieren wollten, als Studienplätze da seien, müsse der Staat auch nicht so lange Universitäten gründen, bis alle individuellen Bedürfnisse gestillt seien.

Man merkt sofort, wie gemein diese Rechts-Extremisten argumentieren; als ob man die Studienplätze derer, die erst nach ihrem Abschluss auf Hartz IV ankommen, mit denjenigen vergleichen könnte, die sofort nach der Einreise »in unseren Sozialsystemen zu Hause sind und sich auch zu Hause fühlen können« (Katrin Göring-Eckhardt)! Außerdem gilt im Deutschen spätestens seit der Frühjahrsoffensive 1918, die auf den schönen Namen »Michael« getauft wurde, der stillschweigende Vorbehalt des Unmöglichen.

Indessen und zweitens, fährt der furchtbare Jurist fort, komme es auf die Frage nach der Obergrenze rechtlich gar nicht an. »Denn fast niemand, der aus Syrien zu uns kommt – selbst wenn er wirklich aus Syrien kommt –, ist in Deutschland asylberechtigt.« Nur individuelle politische Verfolgung, der sich der Fliehende –

Wehe dem Fliehenden

Welt hinaus ziehenden! –

Fremde durchmessenden,

Heimath vergessenden,

Mutterhaus hassenden,

Freunde verlassenden

Folget kein Segen, ach!

Auf ihren Wegen nach!

(Rellstab/Schubert: »In der Ferne«)

– nicht anders zu entziehen vermag als durch die Einreise nach Deutschland, bilde einen Asylgrund. »Krieg und Bürgerkrieg, auch die allgemeine, praktisch alle Menschen betreffende Gefährdung durch Gewalt und Willkür im Heimatland und erst recht wirtschaftliche Perspektivlosigkeit wegen Korruption und hoher Arbeitslosigkeit sind keine Asylgründe.« Wäre es anders, »dann hätten gut 80 % der derzeitigen Weltbevölkerung einen Anspruch auf Asyl in Deutschland.«

Doch es kommt, drittens, noch schlimmer, woraus sich auch die massive Ablehnung des geltenden Rechts durch die Rechtgläubigen herleitet: Selbst wer einen individuellen Asylgrund nachweist, besitzt kein Recht auf Asyl in Deutschland, wenn er über einen sicheren Drittstaat eingereist ist, in dem er seinen Antrag längst hätte stellen müssen.

Aber, so wird uns täglich verklickert bzw. eingehämmert, das Unionsrecht! Ober, pardon, Dame sticht Unter! Durch die EU wurde doch der »subsidiäre Schutz« eingeführt! »Das bedeutet für die Bundesrepublik jedoch nur, dass sie denjenigen Personen subsidiären Schutz gewähren muss, die in Deutschland einen Asylantrag stellen durften, der aber erfolglos blieb, weil keine individuelle Verfolgung bestand. Personen hingegen, die – wie es eben auch die Dublin III-Verordnung vorsah und unverändert vorsieht – einen Asylantrag in Ungarn oder Österreich, in Italien oder Griechenland hätte stellen müssen und die nie nach Deutschland hätten einreisen dürfen, erhalten auch keinen ›subsidiären Schutz‹ in Deutschland.«

Das war bereits viertens. Merken Sie jetzt, geneigter Leser, wie schlimm der Nationalismus ist? Ungarn, Österreich, Italien, Griechenland, Deutschland, das ist doch alles eins! No borders! Aber hat, fünftens, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Abschiebung erfolgloser Asylbewerber aus Deutschland etwa in griechische Auffanglager nicht als Menschenrechtsverletzung gerügt? »Das ist zwar richtig«, räumt der kaltlandländische Jurist ein, »betrifft aber nur Asylbewerber, die in Deutschland zunächst Aufnahme gefunden hatten und mithin der völkerrechtlichen Zuständigkeit (…) der Bundesrepublik unterlagen. Es gibt jedoch gewiss keinen menschenrechtlichen Anspruch von Ausländern aus anderen Kulturkreisen, ausgerechnet in die Bundesrepublik Deutschland einzureisen.«

Daher sei rechtlich eher das Gegenteil richtig: »Gerade wegen der teils einigermaßen rigiden Rechtsprechung des EGMR (dessen Richter zumeist von Staaten entsandt worden sind, die selbst keine Einwanderung dulden und auch kein Asyl gewähren) dürfte man die Kriegseinwanderer gar nicht erst ins Land lassen.«

So finster sähe es aus, herrschte tatsächlich Recht. Aber in Ausnahmefällen schützt allahlob immer noch die Führerin das Recht. Um die Rechts-Extremisten kümmern sich derweil die Presse und die Antifa. Fiat iniustitia et pereat mundus!

»Neueste Umfragen in afrikanischen Ländern zeigen, dass bis zu zwei Drittel der Einwohner auswandern wollen«, meldet die Welt. »Dabei sind nicht allein Not und Terror ein Antrieb, sondern oft Verwandte und Freunde, die schon in Europa sind.«

Spätere Historiker in anderen Weltteilen werden sich wahrscheinlich wundern und die Köpfe schütteln über die erstaunliche Naivität und Blindheit, mit welcher die Europäer, die einstigen Weltbeherrscher und vor allem -befruchter, ihre Territorien einer reißenden Völkerwanderung geöffnet haben (die Spenglerianer ausgenommen, die wissen, was kulturelle Erschöpfung bedeutet). Doch wie Rolf Peter Sieferle (R.I.P.) geschrieben hat, besteht die womöglich finale Befruchtungstat Europas gegenüber zumindest dem zivilisierten Rest der Welt darin, ein abschreckendes Beispiel zu geben.


Die Zeit fragte, und Daniel Kehlmann, der momentan an der New York University als Germanist doziert, ließ sich nicht lumpen und sprach: »Es gibt keine Notwendigkeit, Nazis an die Uni einzuladen.« Ein bisschen absonderlich ist dieses Statement schon – wer mag jemals das Gegenteil behauptet haben? Neugierig liest man nach dieser Überschrift also weiter:

»Zeit: Ein Professor schrieb in der New York Times, dass Aktivisten der sogenannten Alt-Right-Bewegung wie Milo Yiannopoulos nicht auf dem Campus reden dürfen. Wie sehen Sie das?

Kehlmann: Das war mein Kollege und Freund Ulrich Baer, der vergleichende Literaturwissenschaft und Germanistik an der New York University unterrichtet. Er hat einen Text über die sogenannte Snowflake-Generation geschrieben, die vor Positionen geschützt werden will, die sie emotional zu sehr verletzen. Dazu gehören auch rechte Positionen. Hier in den USA wollen sich Angehörige der Alt Right per Gerichtsklagen selbst Eingang in die Unis verschaffen. Ich hätte in dieser Debatte zwar nicht mit der Befindlichkeit der Studenten argumentiert, aber ich lande beim gleichen Ergebnis. Rechtsextreme haben kein vorgegebenes Recht, auf dem Campus zu sprechen.«

Rechtsextreme? Wo bleiben die Nazis?

»Und in der Physik lädt man ja auch keine der vielen Wirrköpfe ein, die behaupten, die Relativitätstheorie sei eine Verschwörung.«

Wirrköpfe? Ich will Nazis!

»Zeit: Aber in der Physik werden Fakten diskutiert. Der derzeitige Streit ist ein Streit der Ideale und Ansichten. Muss man den nicht führen?

Kehlmann: Man muss ihn vielleicht führen, aber er hat auch Grenzen. Es gibt keine rechtliche Notwendigkeit, Nazis an die Uni einzuladen.«

Na das wurde aber auch Zeit! Der Zirkelschluss geht so: Alt-Right = Rechtsextreme = Verschwörungstheoretiker = Wissenschaftsleugner = Nazis. Und repräsentativ dafür steht Milo Yiannopoulos. Es besteht keine »rechtliche Notwendigkeit« – ich wundere mich, wie Kehlmann je in den Ruch geraten konnte, übermäßig intelligent zu sein –, die Trump-Schwuchtel einzuladen. Der Witz ist nur, dass die Universität Berkeley genau das getan hat, sie hat Yiannopoulos, der, mit Verlaub, weder ein Wirrkopf noch ein Extremist ist und bei den Nazis im KZ gelandet wäre, als Redner eingeladen, und was dann am Campus passierte, hat sich bis hierher herumgesprochen, wahrscheinlich war die Antifa ein bisschen neidisch auf die Randale, die übrigens sogar auf der englischsprachigen Wikipedia als »Protest« firmiert, etwa so als habe am 10. Mai 1933 auf dem Berliner Opernplatz ein Protest stattgefunden. Es verhält sich also genau andersherum, als der saubere Gevatter Kehlmann suggeriert, und nach Lage der Dinge stellt unser Gratismutiger sich auf die Seite jenes Mobs, der die freie Rede mit Knüppeln und Brandsätzen verhindert hat, worauf gerade Autoren, die öffentlich aufzutreten gedenken, sensibel reagieren sollten.

In wessen Diensten, zu welchem Zweck das alles? Kehlmann: »Der Staat ist eben für das gesundheitliche und wirtschaftliche Wohl seiner Bürgerverantwortlich. Man sollte nicht ständig ums Überleben kämpfen müssen. Diese Idee hat in der englischsprachigen Welt nie viel Unterstützung gehabt, und das wirkt sich nun katastrophal aus. Es ist schon erstaunlich: Ausgerechnet die politisch scheinbar so stabile, liberale angelsächsische Welt springt plötzlich geschlossen von der Klippe, während Deutschland und Frankreich dem bisher entkommen sind.«

Der Staat ist für das wirtschaftliche Wohl seiner Bürger verantwortlich, das ist ungefähr eine so stimmige Behauptung wie die, der Tierpräparator sei für das Wohl seiner Objekte verantwortlich. Ich habe das hier gelegentlich ausgeführt: Gerade die deutsche Version des Sozialstaats ist eine Ausplünderungs- und Beuteverteilungsveranstaltung, ein Gegeneinander-Ausspielen von Gruppenansprüchen, das in einem zunehmend rechtsfreien Raum stattfindet, durch die Bedürftigenschwemme seit der Grenzöffnung 2015 nun aber, wenn das kecke Bild gestattet ist, in die Zielgerade eingebogen ist. Insofern wohnt der Formulierung, der Staat sei dazu da, dass die Bürger nicht ums Überleben kämpfen müssen, so etwas wie der Zauber einer visionären Satire inne.

Was noch fehlt, ist die kollektive Denunziation, und ich sagte ja bereits, Kehlmann lasse sich nicht lumpen (sic!), und er ist schlau genug, immer Witterung und »Fährte« zu haben, wen er gefahrlos verbellen kann, um sich im Betrieb an der Oberfläche zu halten: »Wenn man sich mit Trump-Wählern unterhält und sich nicht gleich echauffiert, sondern immer weiterfragt, endet man früher oder später beim Rassismus und auf eine nicht ganz so drastische Weise bei Misogynie. Sie sagen: Amerika sollte nicht von einer Frau regiert werden, aber schon gar nicht von einem Schwarzen. Der amerikanische Journalist Ta-Nehisi Coates analysiert die Situation gut, er sagt sehr überzeugend, dass sich letztlich die ganze Trump-Bewegung auf tief sitzenden Rassismus zurückführen lässt. Ich denke, das stimmt.«


Woher der rassistische Wind derzeit am heftigsten weht, auch das wurde hier öfter thematisiert, lässt sich in Afrika besichtigen, vor allem am Kap, wo die Enteignung, Vertreibung und Niedermetzelung weißer Farmer längst systematisch geschieht: »The murders so brutal they shocked even South Africa: Couple shot dead, then son aged 12 is drowned in scalding bath«.

28. März

Ein Staat würde es sich dreimal überlegen, die individuellen Freiheiten anzutasten, wenn jeder Bürger daheim ein Gewehr im Schrank hätte. Diese Feststellung stammt nicht von mir, sondern von Friedrich Engels (wörtlich: »Welche Regierung würde es wagen, die politische Freiheit anzutasten, wenn jeder Bürger ein Gewehr und fünfzig scharfe Patronen zu Hause liegen hat?« MEW Bd. 21, S. 345). Der Marx-Dioskure mag nicht geahnt haben, wie sehr seine Worte auf sozialistische Regierungen zugetroffen haben würden und es immer noch tun, doch sie sind und bleiben richtig. Es gibt kein besseres Mittel zur Verhinderung einer Diktatur – mag sie auch auf Samtpfötchen und schnurrend Einzug halten wie jene von George Soros und seinen Spießgesellen finanzierte – als bewaffnete Bürger. Ich gehe davon aus, dass das den Diktatoren in statu nascendi völlig klar ist, weshalb die Kampagnen gegen die Freiheit des Waffenbesitzes immer wieder angestachelt werden, während die westlichen Staaten der Gegenwart den Waffenbesitz von Kriminellen weder verhindern können noch problematisieren. Auch virile beutelustige Einwanderer benähmen sich in Gebieten, wo die Bürger Waffen besitzen oder gar tragen, deutlich friedfertiger als beispielsweise auf dem abendlichen Alexanderplatz, dem Görlitzer Park oder am Kottbusser Tor. Gerade in überalterten Gesellschaften stellt das Schießeisen jene Waffengleichheit her, die den körperlich Überlegenen erfolgreich abschreckt. Wenn der Mob durch die Straßen zieht – und wer bezweifelt, dass auch uns dies, wenngleich wahrscheinlich nur in schlechteren Wohngegenden, eines Tages bevorsteht, zum Beispiel weil kein Schutzgeld (= Hartz IV) mehr gezahlt werden kann? –, ist es doch ein beruhigendes Gefühl, daheim das Magazin zu füllen und zu wissen, dass die draußen es ebenfalls wissen …

Nun kommen die Gegenbeispiele. Der Drogenkrieg in Mexiko etwa, dem Stammland der illegalen Waffen. Aber würde dieser Krieg an Stärke zulegen, wenn jeder Normalmexikaner daheim eine Knarre hätte, oder doch eher abflauen? Das käme auf den Versuch an. Und die Amokläufe in den USA! Das ist das Königsargument, unabweisbar, erschütternd, jede Diskussion beendend. Nun, es gibt für ein echtes Problem nie die Lösung, sondern immer nur die Für-und-Wider-Abwägung. Wie viele Messerattacken hätten durch Schusswaffen verhindert werden können! Wie rasch hätte der Wachschutz Breivik in einem US-amerikanischen Schüler-Camp am Weitermorden gehindert! Wie schnell finden Attentäter in Israel den Weg zu den 72 Huris!

Der Vorstoß, den Besitz automatischer Waffen einzuschränken, ist nach dem Massaker von Las Vegas angebracht. Mehr aber nicht. Die Heuchelei bei der Berichterstattung über Schusswaffentote in Übersee beginnt damit, dass die Relationen nie bekannt gemacht werden. Die meisten davon sind nämlich Selbstmörder (gewisse Wahrheiten klingen zynisch, ohne es zu sein: Es ist für die Aufräumtrupps viel angenehmer, solche Suizidanten wegzuschaffen als Springer oder sich-vor-den-ZugSchmeißer). Beim Rest wiederum handelt es sich überwiegend um Tote bei Kämpfen im kriminellen Milieu, also Menschen, die den Mord und das Ermordetwerden zum Bestandteil ihrer Lebensphilosophie gemacht haben, meistens übrigens von Schwarzen erschossene Schwarze, was auch der Grund ist, warum darüber kaum berichtet wird. Die Amoklauf-Opfer sind zwar am spektakulärsten, aber weitaus am seltensten.

Man erwarte kein Resümee von mir. Ich denke vom Ernstfall her. Ein Mann mag frei sein ohne Waffe. Mit Waffe ist er freier.

PS: »Wir sind«, bemerkt Leser *** zum Waffen-Thema, »sozusagen einen Staatsvertrag eingegangen, der das Gewaltmonopol an die dafür von uns finanzierten Stellen überträgt. Dafür erwarten wir von den zuständigen Stellen umfassende innere und äußere Sicherheit, sowie eine unabhängige Justiz, die Kriminelle tatsächlich straft. Was bedeutet es aber nun, wenn unsere Sicherheit in immer geringerem Umfang gewährleistet wird und selbst üble Straftäter, wenn überhaupt, mit Bewährung davon kommen? Das läuft mehr und mehr auf eine einseitige Kündigung dieses Staatsvertrages hinaus. Nur echte freie Bürger haben das Recht, Waffen zu besitzen und zu führen, Untertanen aus Sicherheitsgründen für die herrschende Klasse nicht. Eine Schusswaffe stellt auch für im Regelfall körperlich unterlegene Frauen einen Gleichmacher dar und versetzt diese in die Lage, ihre körperliche Unversehrtheit durchzusetzen. Voraussetzung dabei ist aber stets die mindestens ausreichende Beherrschung der Waffe durch entsprechendes Training.«

PPS: »Verehrter Herr Klonovsky, immer wieder wird mißverstanden – wie auch bei dem von Ihnen zitierten Leser –, daß das Gewaltmonopol des Staates auch den Verzicht auf private Waffen einschließt. Das ist ein gefährlicher Trugschluß. Das Gewaltmonopol des Staates bezieht sich auf die Gerichtsbarkeit und nicht auf die Ausübung unmittelbarer Gewalt. Der Bürger hat nur insofern einen entsprechenden Vertrag geschlossen, als er dem Staat die exklusive Gerichtsbarkeit überträgt. Das heißt, er verzichtet auf Lynchjustiz oder z.B. Clangerichtsbarkeit (gibt es ja mittlerweile wieder bei uns). Das leuchtet sofort ein, wenn man sich eine Notsituationvorstellt, in der man nur durch Waffeneinsatz seine Gesundheit und sein Leben schützen kann. Schließlich hat nicht jeder Bürger – außer natürlich den paar Privilegierten, die das Waffenverbot exekutieren – einen oder mehrere Bodyguards. Übrigens wurden – soviel ich weiß – nach der Machtergreifung der Nazis als erstes die Juden entwaffnet und damit weitgehend wehrlos gemacht.«

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